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2. Bhâravî

(Aus dem »Kirâtârjunîya«)
Reis und Wasserlilie

Der breitgerispete, durch Reifheit seiner Frucht
       Zur Rötlichkeit gelangte Halm vom Reise
       Neigt sich zu der dem Wasserfeld entblühenden
       Nymphä' und küßt die dunkle, duft'ge leise.

Gefärbt von Wasserlilien-Staubfädenglanz,
       Von Lotosblätterschimmer überflogen,
       Die Flut, gerötet von des Reises Ährenwuchs,
       Scheint ein entflohnes Stück vom Regenbogen.

Von der verachtungsvollen Wasserlilie
       Verschmäht, wiewohl vor ihr sein Haupt verneigend,
       Gelangt der Reis hier, dorrend mitten in der Flut,
       Zur Bleichheit, sich als liebverbrannter zeigend.

Nymphäentanz

Vom sanften Wind bewegt, ist fröhlich
       Hier ein Nymphäentanz zu schauen,
       In Wassern, die sich leise furchen,
       Wie muntrer Frauen Augenbrauen.

Liebesspiel

Der aus dem Auge mit Mundes Wind fürwahr
       Ein Blütenstäubchen nicht zu bringen ist imstand,
       Die Schöne stößt, von seinem Atem aufgeregt,
       Ihn stürmisch mit des hochgeschwellten Busens Rand.

Badeszene

Mit lotosbewegendem Fischgeschnalz,
       Mit Wellenschlag am reinen Gestade,
       Mit lauter Stimme von Möw' und Schwan
       Rief gleichsam der Strom die Frau'n zum Bade.

Vom glutendämpfenden, Lotosduft-
       Verhauchenden, wehenden leis' und linde,
       Geboten ward, gleichsam den Schönen der Arm
       Vom wellenkranzumfangenden Winde.

Durchs erste Tauchen der muntern Schar,
       Die strebend schwellende Lenden stemmte,
       In Unruh kam die geteilte Flut,
       Die strandwärts ihre Kraniche schwemmte.

Durch der Gandharven felsige Brust,
       Und der Himmelsfrauen strotzende Brüste,
       Beschäumter Welle zum Ufer geführt,
       Wird bleich das Wasser, als ob sich's entrüste.

Abstreifend Sandelsalbe dem Leib,
       Frau'nlocken wirrend, und Kränz' entflitternd,
       Zu großer Vertraulichkeit schuldig, ward
       Das Wasser gleichsam vor Strafe zitternd.

Den vor der Nebenbuhlerin ihr
       Der Freund auf die schwellende Brust gedrücket,
       Sie läßt nicht los den zerwässerten Kranz;
       Nicht ist's ja der Stoff, was die Liebe beglücket.

Die glänzenden Ohrgehänge der Frau'n,
       Vom Wasser genommen, im Wellengeflüster
       Umtreibend, sind nun kläglich zu schau'n
       Wie ihrer Würden entsetzte Minister.

Mit abgespületen Schminken des Aug's
       Und der Lippe, die Frau'n, die doch entzücken,
       Betrachtend, haben Gandharven erkannt,
       Daß selber den Schmuck nur der Leib kann schmücken.

Nie so verbrannt' er im vollsten Putz;
       Gewählt um des Freundes Herz zu gewinnen,
       Wie feucht nun verbrennt der schöne Leib
       Die Augen der Nebenbuhlerinnen.

Im Wasserwirbel von Frauenhand
       Geschlagen, ist Trommelgetön angebrochen,
       Wozu im Takte bewegt aufführt
       Herzraubende Tänze das Busenpochen.

Nymphäen verlachende, lächelnde
      Frau'nangesichter im Wogenbilde
      Belohnen schmückend den Strom dafür,
      Daß er den Nymphen sich zeigte milde.

Vom schnalzenden Fisch an der Hüfte berührt,
      Vor Schreck ausbreitend des Arm's Gezweige,
      Ein Schauspiel bieten die Schönen dar
      Den Freundinnen selbst, den Freunden geschweige.

Als wie aus Furcht vor dem Fisch in der Flut,
      Hat eine Spröde den Freund umschlungen;
      An Schönen gefällt ein verstelltes Tun,
      Aus unverstellter Neigung entsprungen.

Durch ihre vom Untertauchen verwirrt
      Ergossenen Locken verhüllt, erlangen
      Fraun'angesichte den Schein von Nymphä'n,
      An welchen Trauben von Bienen hangen.

Ausstreckend der Hände junges Gesproß
      Im Wasser, eia! dem gar zu tiefen,
      Ward Freundesumfahung der Stolzen zuteil,
      Ohne daß sie Gespielen als frech beriefen.

Von Freunden mit Händen voll Wasser bespritzt,
      Indem sie nun dehnen die Brust mit Stöhnen,
      Und ringen die Hand mit Gebärdenspiel,
      Erreichten den Zweck die koketten Schönen.

Als der sonst spröde Freund nun galant
      Sich erweisend, eine spritzt' ins Gesicht,
      Stahl gleichsam mit blinzelnden Augen dies
      Der Nebenbuhl'rinnen Wangenlicht.

Entsalbetem Aug' hat der schmachtende Blick,
      Entschminketen Lippen das leise Leben,
      Der Stirne, des Stirnezeichens beraubt,
      Hat Schmuck die matte Falte gegeben.

Die augendrehende, zwickende Schar,
      Die mit dem Freund um die Wette tauchet,
      Mit zitternden Gliedern und atmender Brust, –
      Hat Mattheit, hat Anmut sie angehauchet?

Nach anderem Strand verliebte Vögel scheuchend,
      Verstörend friedliches Nymphä'ngeschlechte,
      Nun aus dem Bade stiegen sie mit blanken
      Halsketten, wie sternflimmerreiche Nächte.

Von Sandelduft gefärbt, bunt überstreuet
      Von Flittern und geborstner Perlenkette,
      Glich, von den Frau'n genossen und verlassen,
      Das Wogenbett nun einem Liebesbette.

Sonnenuntergang

Da begierig mit Strahlenhänden
      Sie der Nymphäe Nektar getrunken,
      Ist die Sonne berauscht zur Erde,
      Rotgewordenen Leibs, gesunken.

Wie seinem Ruf der Nachtgetrennte
      Hin nach der nahen Gattin lenket
      Hat der Nymphäe blühend Antlitz
      Erloschner Freude sich gesenket.

Verlassend nun die nachtgetrübten
      Geschlossenen Nymphäenkronen,
      Entflieht der Glanz zum Sternenhimmel;
      Denn jeder will im Sichern wohnen.

Die Salbung des Liebesgottes

Zur Salbung Kâma's hat die Schöne
      Der Nacht nun den mit Lotossprossen
      Bestreuten Silbernapf voll Glanzflut,
      Den Mond voll Flecken ausgegossen.

Kâma's Grausamkeit

Umarmung unter Nägelzeichen,
      Kuß unter dichten Zahneindrücken;
      Ja, der sich nennt den zarten, weichen,
      Herb ist selbst Kâma im Entzücken.

Die rote Fußspur

Mit dem saftigen Lack der Sohlen
      Zeichnet die wandelnde Frauenherde
      Pfade, daß gleichsam von Indrahirten
      Wimmelt die gräsergerötete Erde.


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