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Des Friedewünschenden Teutschlandes Zwischen-Spiel.

Erster Aufzug.

Monsieur Sausewind allein.

Dieser kömt sehr à la mode, jedoch etwas studentisch aufgezogen, fähet gar frech und frisch halb lachend an zu reden:

Was ist es gleichwol gleichwol, wie doch in Fragen und Ausrufen. eine brave Sache um einen jungen Kavallier, der was Redlichs hat studiret und sich auf allerlei Händel ausbündig wol verstehet! Ich zwar halte dieses vor meinen höhesten Reichthum und Glückseligkeit, daß ich kein ungeschickter grober Idiot, sondern in allen Sprachen, Künsten und Wissenschaften trefflich bin unterrichtet und erfahren. Ja, sehet ihr mich noch darauf an, ihr Herren? Meinet ihr vielleicht, daß ich etwan die Wahrheit allzu kärglich spendire, oder zu milde rede, oder meiner Weinigkeit gar zu viel Qualiteten zuschreibe? Mit nichten. Ich bin viel ein ander Kerls, als davor ihr mich achtet. Ich habe mich von meiner zarten Jugend beflissen, alles, was nur ein Mensch in seinem Kopf kan erdenken, zu wissen, zu lernen und zu behalten. Da war kein Knabe in der ganzen Schule in seinem Donat, Nomenclator und Grammatiken so fertig als ich beschlagen. Einen Syllogismum konte ich viel leichter daher machen, als ein Paar Schuh flicken. Eine Oration konte ich latinisando daher schneiden, wenn ich nur wolte; ja biß auf diese itzige Stunde bin ich so mächtig beredt, daß, wenn es mich nur gelüstet, ich die Leute alsobald kan lachen machen, welches ich noch diesen Tag wil probiren, gestalt es denn die Herren selber sehen und meiner itzigen Rede ganz gerne Beifall geben werden. Der Musik habe ich eine so treffliche Erfahrenheit, vornemlich aber bin ich ein solcher gewaltiger Künstler auf der Lauten, daß sich auch der Gautíer, J. Pauli Gautier, J. Pauli, Virtuosen der Zeit. und andre weltberühmte Lautenisten selber nicht geschämet haben, biß in das siebende Jahr von mir zu lernen, und hat man oft gesehen, daß, sobald ich nur ein Couräntchen zu schlagen angefangen, die Stühle, Tische und Bänke gehüpfet und gesprungen, daher man mich auch den anderen Orfeus pfleget zu nennen, dieweil auch oftermals, wenn ich die Saiten rühre, ein ganzer Haufe Ochsen, Esel, Säue und andere Bestien, wiewol in menschlicher Gestalt, üm mich her sitzen oder stehen, gleichwie sie hiebevor um jennen alten Orfeus gethan haben.

Nächst diesem bin ich auch in der Poeterei so unübertrefflich gut, daß der Franzosen Ronsard, Theophil und andere, der Italiäner Ariosto, der Latiner Virgilius und der Teutschen Opitz noch viel, viel von mir zu lernen hätten. Meine Lieder, welche ich setze, sonderlich in der teutschen Sprache, sind dermaßen kunstreich und anmuthig, vornehmlich wenn ich sie mit meiner lieblichen Stimme zu Zeiten vermähle und die Melodeien auf dem Mandörichen Mandörichen, Mandurchen, kleine Mandora (Art von Laute), Mandoline. dazu spiele, daß sich über die tausend Damen schon längst deswegen in mich verliebet haben. Ja, ich bin von glaubwürdigen Leuten berichtet, daß schon bei drei und zwanzig der allerschönsten aus lauter Liebe gegen meine brave Person jämmerlich sind gestorben und begraben, welcher Seelen der liebe Gott gnädig sein wolle.

Ferner so bin ich auch nicht aus der Zahl derjenigen, welche immer auf der Bärenhaut liegen und fast ihr Lebenlang nicht weiter als etwan biß nach San Jürgen, oder nach dem Ham, oder nach Altona ins Rothbier, oder, da es gar weit, biß nach Steinbeke, Blankenese und dem Bilwarder kommen. Nein, ihr Herren, ich habe, bei dem Element, die Welt ein weinig besser durchgetrampet und mancher sauberen Pfützen die Augen ausgetreten. Ich habe gereiset in Frankreich, in Holstein, in Spanien, in Meklenburg, in Engeland, in Westfalen, in Gothen und Wenden, Thüringen, Holland und Kassuben, und dieweil ich so viele Länder durchwandert, kan man leicht schließen, daß ich auch viele und unterschiedliche Sprachen müsse verstehen, und in dieser Meinung werdet ihr wahrlich nicht betrogen. Denn ich rede gut Barbarisch, ich rede mein Hitländisch, ich rede Marokisch, Chinesisch, Mexikanisch, Novazemblisch, Japonisch, Brasilianisch, Schlavonisch, Jütländisch, Peruanisch, Assirisch und ein weinig Eißländisch; doch ist das Deutsche fast mein bestes, denn ich mich dessen am meisten und zwar von zarter Jugend an habe gebrauchet. Ist unterdessen jemand unter den Herren fürhanden, der alle diese obgedachte Sprachen fertig redet und verstehet, der trete nur herauf, ich wil ihme dergestalt antworten, daß er sich höchlich samt allen anwesenden Herren und Frauenzimmern darüber sol verwunderen. Ferner bin ich auch ein trefflicher Mathematicus, Landmesser, Fortificator, Schanzenbauer, Wallmeister; wie ich denn des Marlois, Freitages, Treuen und anderer berühmter Mathematicorum Praeceptor etliche viel Jahr, auf mehr denn fünfzig Academien in Teutschland allein, der muskowitischen und grönländischen Universiteten allhie zu geschweigen, mit großem Ruhm und Ehren bin gewesen. Nebenst diesem verstehe ich mich auch trefflich wol auf des Himmels Lauf; ich kan Kalender machen, Nativiteten stellen, weiß zukünftige Dinge, ich kan auch aus der Hand wahrsagen und einem Diebe ganz eigentlich aus derselben vorher verkündigen, daß er sol aufgehenket werden, sonderlich wenn Meister Jürgen ihm dieselbe schon auf dem Rücken hat zusammengebunden.

Ueber dieses alles gebe ich auch einen braven Fechter und bin in dieser Kunst dermaßen fertig, daß ich mir auch oft mit einem dicken Filze das Angesicht lasse zubinden und doch gleichwol meinen Widerpart kan treffen, wo man es nur begehret, es sei ein Auge, den hintersten Zahn aus dem Maule, das linker oder rechter Ohr, ja ein gewisses Haar vom Kopfe oder aus dem Knebelbarte, und dieses alles thu ich nur im Blinden. Wie meinet ihr Herren, müsse ich wol ein Fechter sein, wenn ich meinen Gegentheil kan vor mir sehen?

Was ich vor ein Ausbund vom Bereuter bin, davon mügen diejenige Zeugnisse geben, welche mich auf des Pluvinels Reitschule zu Paris gekennet haben, woselbst ich meinen Meister weit übertroffen. Da höre ich, der gute ehrliche Mann sei schon gestorben, deswegen man mich auch bereits vor vielen Jahren an seine Stelle zum königlichen Bereuter mit Fleiß hat gefodert, welches ich aber dem Könige in Frankreich dazumalen in Gnaden abgeschlagen. Betreffend ferner das Voltesiren über die allergrößeste Elefanten, Meerkatzen, Murmelthiere und Kamele, so weiß ich meinesgleichen in der ganzen Welt nicht, und noch viel weiniger im Tanzen, denn es mir eine gar schlechte Kunst, über die fünfzig Capriolen auf einmal nacheinander daher zu schneiden und einen Luftsprung von der Erden sechs Ellen in die Höhe zu thun, wenn ich nur den Kopf nicht an die Balken stoße, und damit ich die Herren nicht gar zu lange aushalte, so wird wol heut zu Tage keine einzige Kunst noch Wissenschaft zu finden sein, in welcher ich nicht über alle maßen excellire. Aber ich mag mich selber nicht rühmen, dieweil es nach dem alten Sprichworte heißet, daß eigenes Lob nur stinke, darum sage ich nur kürzlich, daß mein Haubt ein Tempel oder Wohnhaus ist aller derer Dinge, welche ein Mensch in diesem Leben kan oder mag wissen und erlernen. Nunmehr gebe ich mich ganz und gar auf allerhand treffliche Künste, als auf die Malerei, Perspectiven, Perpetuum mobile, Quadraturam Circuli und sonderlich auf das Goldmachen, welches mir so gewiß und unfehlbar muß angehen angehen, gelingen., so gewiß ich gedenke ein ganzes Fürstenthum entweder in Arabia diserta oder auch in Nova Zembla, an mich zu kaufen, und bin ich des gänzlichen Willens, sobald nur mein Lapis fertig ist, innerhalb weinig Wochen die vornehmsten Thürme dieser weltberühmten Stadt, sonderlich die Domspitze wie auch die zu Sanct Peter und Sanct Katharinen von der Erde biß an den Knaufe ganz vergülden, oder auch wol, dafern es nicht gar zu viel Zeit kostet, mit feinem Dukatengolde von neuem decken zu lassen; unterdessen wollen sich die Herren nur ein weinig patientieren.

Mars tritt allein auf, siehet annoch sehr grimmig, spazieret an der einen Ecken des Schauplatzes auf und nieder.

Aber siehe da! Was mag doch der wol vor ein ansehnlicher Kavallier sein? Ich wil mich hier ein weinig an die Seite stellen und anhören, was er etwan vorbringen wolle; vielleicht ist er ein Mann, von dem ich auch noch etwas Sonderliches kan lernen.

Der ander Aufzug des Zwischen-Spieles.

Mars, Monsieur Sausewind.

Mars (annoch sehr entrüstet, spricht mit lauter Stimme): Phy! wie habe ich mich über diß schandlose Weib entrüstet! Kaum kan ich wieder zu meinem Odem kommen; ja ich bin fast müde geworden, diese lose Bestien zu schlagen und zu plagen. Aber ist das nicht schrecklich, daß Teutschland noch so eigensinnig und überaus halsstarrig ist, daß sie ihr Unrecht nicht einmal wil erkennen? Sie schläget, stößet und beißet auch mitten in ihrem Elende von sich, als ein rasendes und unsinniges Thier; sie schilt und fluchet mir ins Angesichte und ist bißweilen so trotzig, als wenn sie noch in ihrem besten Flor säße, da sie doch kaum ein Hemd mehr über dem Leibe hat; denn die vier Kavallier, welchen ich diese Schandbestie, das leichtfertige Teutschland, in ihre Hände übergeben, haben sie dermaßen zugerichtet, daß sie fast keinem Menschen mehr ähnlich siehet; gleichwol sind sie noch zu schwach, ihre Hartnäckigkeit völlig zu dämpfen und sie zu rechter Demuth und Erkenntnisse zu bringen, dahero ich mir habe vorgenommen, mich nach etlichen klugen und sinnreichen Köpfen, sonderlich aber nach ihren eigenen Landsleuten ümzusehen, ob ich etwan derselben, wenn ich sie, die Waffen anzunehmen, erstlich habe überredet, mich nützlich könne gebrauchen, das verstockte Teutschland durch Hinderlist und Praktiken zu zähmen, wenn es mir etwan mit den Waffen allein nach meinem Wunsche nicht wolte gelingen; ich zweifle nicht, der Posse sol gar wol angehen, in Betrachtung, daß Teutschland ihren eigenen Kinderen und Unterthanen nichts Böses wird zutrauen.

(Er siehet gleichsam ungefähr ungefähr, zufällig. den Sausewind.)

Aber, wer stehet dort an jenner Ecken? Ich muß ihm ein weinig näher kommen. Der ist gewislich ein Franzose, das merke ich fast an seinem Habit und leichtfertigen Geberden.

(Er spricht zum Sausewind)

Bon jour, Monsieur, comment vous va?

Monsieur Sausewind. Je me porte bien, Dieu mercy, à vostre commandement.

Mars. D'où venez vous, Monsieur? Estes vous un François?

Monsieur Sausewind. Nenny pas, Monsieur, je suis un Alleman.

Mars. Ist der Herr ein Teutscher, ei so lasset uns doch auch ein weinig teutsch miteinander reden.

Sausewind. Was meinem Herren gefällt, mir gilt es gleich viel, was einer vor eine Sprache mit mir zu reden begehret, dieweil ich sie alle verstehe.

Mars. Per Dieu, das wäre viel; so ist der Herr vor mich nicht so paßt der Herr nicht für mich., denn wenn ich kein Teutsch reden könnte, so wäre ich fast stumm; aber der Herr verzeihe mir, er wird gewislich ein Kavallier sein?

Sausewind. Ja, mein Herr, ich bin so ein armer, schlechter Kavallier, heiße sonst meinem rechten Namen nach Monsieur Sausewind.

Mars. Das ist mir in Wahrheit sehr lieb zu vernehmen, daß der Herr ein Kavallier ist; aber er sage mir doch, welcher Partei und wie lange hat er wol gedienet?

Sausewind. Um Verzeihung, mein Herr, ich bin kein Soldat, bin auch niemalen einer gewesen, gedenke auch mein Lebenlang keiner zu werden.

Mars. Monsieur, wie kan er dann ein Kavallier sein, wenn er kein Soldat ist; jedoch saget an, was könnet ihr sonst vor Künste?

Sausewind. Mein Herr, ich habe mich von meiner zarten Kindheit an biß auf diese gegenwärtige Stunde bloß und allein auf das Studiren geleget, und habe dadurch fast alle Sprachen, Künste und Wissenschaften erlernet, also daß ich mich zu allerhand Bedienungen sowol bei fürstlichen Höfen als anderswo nützlich kan gebrauchen lassen.

Mars. So ist der Herr ein Blakscheißer Tintenkleckser, Gelehrter., höre ich wol! Ja, ja, die sind eben die rechten Gesellen, die können was Schönes ausrichten!

Sausewind. Ei, der Herr verachte doch keine Leute, ehe und bevor er sie recht kennet; die Blakscheißer sind auch allezeit keine Narren.

Mars. Was haben sie aber vor Reputation in der Welt? Wer fürchtet sich vor ihnen? Wer gehorchet ihnen? Nur ich, der tapfere Mars und meine untergebene Generalen, Obriste, Rittmeister und Haubtleute, wir führen heute zu Tage das Regiment in der Welt, wir beherschen eigentlich die Königreiche, Fürstenthümer, Städte und Länder, wir schreiben den großen Potentaten Gesetze vor, wir sammlen die Schätze der Welt und lassen uns, beim Schlapperment, von keinem Schulfuchse etwas einreden.

Sausewind. Ja leider Gottes, es ist wol hoch zu beklagen und herzlich zu betauren, daß Kunst, Geschicklichkeit, Verstand und Tugend so gar weinig wird geachtet. Aber, gestrenger Herr, ich bitte unterthänig, Eure Excellenz halte mir es zum Besten, demnach ich vernehme, daß er der gewaltiger und unüberwindlicher Mars ist, so wolle er mich berichten, warum er doch die Gelahrten so gar weinig achte und seine Kriegesleute über alle andere erhebe.

Mars. Eben darum, Monsieur Sausewind, dieweil die Gelahrte insgemein armselige Tropfen sind, welche mit aller ihrer Kunst bei diesen martialischen Zeiten kaum das liebe Brod können erwerben, da ich und meine getreue Vasallen aller Dinge, so zu Belustigung menschlichen Lebens dienen, einen Ueberfluß haben, angesehen man uns alles contribuiren muß, was wir nur wünschen und begehren.

Sausewind. Es ist in Wahrheit nicht anders beschaffen, als es Eure Excellenz erwähnet, daß nämlich die Herren Soldaten gleichsam ohne Mühe, und vielmals in den Quartieren ganz müßig liegend, reich werden; im Gegentheil die allergelahrteste Leute, welche Gott und der Welt so nützlich dienen könten, müssen vielmals bei ihrer schweren und stetswährenden Arbeit Mangel leiden und darben. Fürwahr, ich ließe mich schier selber überreden, daß ich den Schulsack hinwegwürfe und auch ein Soldat würde.

Mars. Ja, mein Kerl, das wäre wol der rechte Weg zur wahren Glückseligkeit, da köntest du zu einem rechtschaffenen Mann und Kavallier werden, da du sonst mit allen deinen brodlosen Künsten dein Lebenlang ein Hümpler und Stümpler must bleiben.

Sausewind. Ja, mein allertapferster Mars, es wäre wol eine feine Sache, ein vornehmer Soldat zu werden, wenn man nicht, ehe und bevor ein guter, armer Gesell zu denen hohen Chargen gelanget, so gar vielem Ungemache, Krankheiten, Ueberfällen, Hunger, Elend, ja Leibes und Lebens Gefahr unterworfen wäre. Denn ich halte es gänzlich davor, daß das Kriegeswesen bei weitem nicht so glückselig sei, als viele unerfahrene, liederliche Leute davon urtheilen. Mir zwar ist noch unentfallen, was die Gelahrten pflegen zu sagen: Dulce bellum inexpertis. Wer es nie versuchet hat, der vermeinet, der Krieg sei lauter Wolleben; aber die Erfahrung bezeuget viel ein anderes.

Mars. Was sagest du, verzagter Mensch, von Gefahr und Ungemach? Es ist kein erwünscheter, glückseliger, wollustiger und fröhlicher Leben unter der Sonnen als eben das Soldatenleben, maßen ich dir dessen in dieser Stunde eine augenscheinliche Probe kan vorstellen.

Sausewind. Das hätte ich fürwahr wol Lust zu sehen, in Betrachtung ich biß anhero einer sehr schlechten Meinung gewesen von der itzlebenden Kriegesleute Beschaffenheit, Zustand, Thaten, Wandel und endlichem Abscheide aus diesem in ein anderes Leben.

Der Schauplatz öffnet sich, da sitzen ihrer vier an der Tafel, zwei spielen Piquet, die beiden andere spielen mit Würfeln oder verkehren im Brett; es stehen etliche Beutel vor ihnen auf der Tafel samt vielen Stapelen Thaler und anderem Gelde, mit welchem sie lustig klappern. Einer sagt, er habe 500 Dukaten gewonnen; der ander sagt, er habe 1000 Reichsthaler davon gezogen u. s. w. Nachdeme Sausewind nebenst dem Mars dieses ein wenig angesehen und betrachtet, schließet sich der Schauplatz.

Mars. Ja, Monsieur Sausewind, wie gefällt dem Herren diese Uebung? Ist das nicht eine rechte brave Lust, wenn man bißweilen des Abends mit ein paar tausend Dukaten zu Bette geht, welche zu erwerben nicht mehr Mühe haben gekostet als nur das bloße Gewinnen und hernach die Gelder fein zu sich stecken?

Sausewind. Fürwahr, großmächtigster Mars, dieses muß einen trefflich sanft ankommen, wann man also ohne Arbeit kan reich werden, und zwar so plötzlich; aber, wenn man auch bißweilen eine gute Summe Geldes verlieret, ja wol gar nackend zu Hause geht, so muß denn auch Herr Kornelius Kornelius, sprichwörtlich sehr häufig in Schriften des 17. Jahrhunderts, Betrübniß: den Kornelium haben. redlich turniren.

Mars. Was verlieren? Wer achtet so viel Geldes? Eines einzigen Monats Contribution kan solches alles wieder einbringen; müssen uns doch die Bauren das Geld mit Haufen zuschleppen.

Der Schauplatz eröffnet sich zum andern Mal; da sitzen eben diese vier Kavallier und saufen einander rechtschaffen auf die Haut. Ein Paar sitzet auf den Knieen, trinket Gesundheit, der dritte stehet auf dem Tische und säuft in floribus, der vierte singet inmittelst das Runda dinella und andere Sauflieder, haben einen Kerl mit der Leier oder sonst einen Bierfiedler bei sich, sind sehr lustig und machen allerhand Possen. Der Schauplatz schließet sich.

Mars. Was hältst du denn wol von diesem fröhlichen Leben, Monsieur Sausewind? Gehets da nicht lustig daher? So machen wir es alle Tage, von dem frühen Morgen an biß in die späte Nacht, der Hals muß stets geschmieret sein.

Sausewind. Ich kan nicht leugnen, mein tapferer Mars, daß Soldatenleben ein rechtes sorgloses, freies Leben sei. Denn wenn Gelahrte und andere Leute sitzen und wollen sich entweder zu Tode studiren, oder auch wol wegen des kümmerlichen Zustandes des allgemeinen Vaterlandes zu Tode sorgen, so sind die Soldaten rechtschaffen lustig und fröhlich, sie doppelen doppelen, würfeln. und spielen, freßen und saufen, daß es rauschet. Wer wolte sich nun wol länger mit den Bücheren schleppen? Ich wil ein Kavallier werden, und solte ich mich auch drüber zu Tode saufen.

Mars. So recht, Herr Sausewind, nun beginnest du endlich zu guten Gedanken zu kommen; aber ich wil dir noch mehr Lust und Freude des edlen Soldatenlebens bei dieser Gelegenheit zeigen.

Der Schauplatz gehet auf zum dritten Mal; da tanzet der eine Kavallier mit der Jungfrauen, der ander sitzet, hat ein Weibsbild im Arm, die übrigen beiden spielen mit anderen Damen um einen Kuß, thun heißen heißen, heischen, Gunstbezeigungen fordern. , heimliche Frage und dergleichen, gehet auch sonst über die Maße freundlich und ziemlich leichtfertig daher. Der Schauplatz wird geschlossen.

Sausewind. So recht! Das gehöret mit dazu; wenn keine braven Damen bei lustiger Gesellschaft sind, so achte ich kein Haar darauf. »Nur Mund an Mund, nur Brust an Brust, das schaffet rechte Freud' und Lust.«

Mars. Ja freilich, mein redlicher Sausewind, müssen Damen dabei sein, was wäre es sonst mit dem Kriegeswesen? An solcher Gesellschaft fehlet es den ehrlichen Soldaten nimmer. So manches neues Quartier, so manche frische Hure; wie könte ein unverehelichter Kavallier sonst in der Welt zu rechte kommen?

Sausewind. Das meine ich auch wol. Fürwahr es solte einer allein üm der Damen willen ein Soldat werden, denn ich ein so großer Liebhaber des Frauenzimmers bin, daß ich auch nicht einmal im Himmel zu sein begehre, wenn ich wüste, daß keine Damen darin wären.

Der Schauplatz öffnet sich zum vierten Mal, und stehet einer als ein General ganz prächtig bekleidet, vor welchem sich die andere drei fast biß zur Erde neigen und ihme die allerhöheste Ehre erweisen: hinter ihm stehet ein Baur, hat sein Hütlein in der Hand. Der Schauplatz wird geschlossen.

Sausewind. Aber, großmächtigster Mars, wer mochte doch wol der vornehmer Herr sein, welchem die anderen solche treffliche Ehre anthäten?

Mars. Dieser Kavallier, Monsieur Sausewind, den du gleich itz hast gesehen, zeiget dir abermal gleichsam in einem Spiegel die übergroße Glückseligkeit der Soldaten, denn ob er zwar aus gar schlechtem Stande ist entsprossen (wie denn derjenige Baur, der mit abgezogenem Hütlein neben ihm stund, sein leiblicher Vater gewesen), so hat er doch durch seine Tapferkeit es so hoch gebracht, daß er endlich ein großer General worden, welcher bei dieser Zeit vornehmen Fürsten und Herren hat zu gebieten, gestalt er denn auch von denen trefflichsten Leuten der Welt als ein halber Gott wird respectiret; weswegen du abermal mit mir wirst bekennen müssen, daß wer zu hohen Dignitäten und Ehren zu kommen gedenke, der müsse nothwendig ein Soldat werden.

Sausewind. Dem ist in der Wahrheit nicht anders. O allertapferster Mars, ich sehe es ja vor Augen, daß die Vollkommenheit aller weltlichen Glückseligkeit bloß und allein beim Kriege bestehe. Im Kriege kan ich ohne Mühe und Arbeit reich werden. Im Kriege kan man immer lustig sein, fressen und saufen, huren und buben, singen und springen. Im Kriege kan man zu hohen Ehren und Respect gelangen, da einer sonst sein Lebenlang wol ein schlimmer Bärenhäuter muß bleiben. Ich wil die Bücher vor alle Teufel hinaus werfen und dir, o großmächtigster Mars, nachfolgen, solange ich einen warmen Blutstropfen beim Heezen habe und einen Degen nebenst einem Paar Pistolen in der Faust kan führen. Sa, courage, vive la guerre!

Mars. Glück zu, mein redlicher Herr Sausewind, Glück und Heil zum neuen Obristen oder vielleicht gar zum General-Feldherren.

Sausewind. Ich bedanke mich unterdienstlich, großmächtigster Mars, und bitte demüthig, er wolle bei diesem neuen Stande mein großer Befoderer sein; ich verpflichte mich hinwider, ihm biß in den Tod getreu, redlich und unverdrossen zu dienen.

Mars. An meiner guten Gunst und Befoderung hat kein ehrlicher Kavallier zu zweifelen. Halte du dich nur in allen Occasionen, sonderlich Teutschland zu tribuliren, also, wie du itz hast angelobet, welches du auch nochmals mit Darreichung der Hand an Eides Statt wirst bekräftigen.

Sausewind. Warum das nicht, mein tapferer Mars? Siehe da, kraft dieser Handgebung versichere ich dem allgemeinen Beherscher der Kriege, dem unüberwindlichen Mars, daß ich mich hinfüro als ein ehrlicher, muthiger und rechtschaffener Soldat und Kavallier verhalten, auch ihme das halsstarrige Teutschland aller Müglichkeit nach wolle plagen helfen, solange ich lebe und die Waffen in der Faust kan führen.

Mars. So recht, mein ehrlicher Sausewind, da sehe nur zu. daß du dich brav ausmontierest, gute Rüstung, Pferde und Gewehr zur Hand schaffest und dich alsdenn bei Zeiten einstellest, damit du mir das hartnäckichte, verstockte Teutschland nebenst mehr anderen deinen kriegesbegierigen Landesleuten noch ferner mügest helfen tribuliren, peinigen und plagen. Ich aber gehe itz hin, alles dasjenige, was etwan mehr hiezu nöthig sein wird, mit sonderem Fleiße ferner anzustellen, nicht zweifelend, das verruchte, gottlose Teutschland nun bald zur äußersten Desperation und Verzweifelung dadurch zu bringen.

(Mars gehet allein vom Platze.)

Der dritter Aufzug des Zwischen-Spieles.

Monsieur Sausewind, Merkurius.

Sausewind. Nun wolan, die Haut ist verkaufet. Monsieur Sausewind ist nun auch ein braver Soldat worden und hat der elenden Blakscheißerei gute Nacht gegeben. Pfui! Schämen mag ich mich in mein Herz und Blut hinein, daß ich mich mit der losen Schulfüchserei so lange Zeit geplaget und nicht schon vor vielen Jahren in den ritterlichen Soldatenorden bin getreten; aber nun werde ich es redlich wieder nachholen, was ich so lange Zeit habe versäumet. Potz hundert tausend Element, wie werde ich mich hinfüro so frisch halten! Wie tapfer werde ich nun die Bauren scheren und tribuliren! Ich wil ihnen Haus und Hof, ja das ganze Dorf zu enge machen. Es sol auch hinfüro kein Pfeffersack sicher vor mir reisen, kein Adi Laus semper Adi Laus semper, Entstellung der Formel, mit der Rechnungen begannen: Laus semper Deo, hier zur Bezeichnung der Kaufleute. sol von mir unberaubet, ungezwicket und ungeplacket bleiben, Pferde und Kutschen, Kleider und Waaren wil ich ihnen alles fein säuberlich abnehmen und ihre Sammitten-Hösichen unter meine Reisemäntel lassen füttern. Ich werde mich auch ihrenthalben ernstlich bemühen, daß ihnen das Geld im Ränzel ja nicht verschimmele, denn mein Beutel muß rechtschaffen gespicket sein. Alsdenn kan ich anfangen zu doppelen und zu spielen, dieweil ich ohne das in dieser Kunst trefflich excellire. Wie werde ich so manchen stattlichen Beutel voll Dukaten davon tragen! Dann sol es erst redlich an ein Saufen gehen, aber da mag meines Theils einer wol ein Schelm heißen, der sonst einen nassen Trunk in seinen Hals geußet als den allerbesten Rheinwein, Malvasier und Muskateller, und solte ich auch drei Dukaten vor ein Stübichen bezahlen. Da wil ich denn mit den vornehmsten Kavallieren Brüderschaft machen und saufen, daß mir der Hals krachet. Ja, denn wil ich frisch anfangen zu huren und courtesiren. Per ma foi, wo mir nur eine schöne Dame zu Gesichte kommet, wil ich alsobald Haken anschlagen, denn ich ohne das bei dem Frauenzimmer so beliebet bin, daß sich oft ihrer zehen, ja wol mehr auf einmal üm mich gezanket und gerissen haben. Potz hundert tausend Dukaten, wie werde ich mit ihnen umspringen, daß ich auch gänzlich davor halte, ich könne alle vierzehn Tage Gevatteren bitten. Wenn ich mir denn mit Tribuliren, Baurendrillen, Spielen, Saufen, Schoßieren schoßieren, französisch choser, mit Frauenzimmern sich vergnügen. und dergleichen lustigen Uebungen einen braven Namen gemachet, so ist alsdenn kein Zweifel, ich werde gar leicht zu einer hohen Charge gezogen werden.

Merkurius gehet auf.

Es hilft ohne das im Kriege zur Beförderung am meisten, daß einer seiner soldatischen Qualiteten halber vielen bekant sei.

Nun könte ich zwar zum Anfange wol Rittmeister oder Capitain werden und eine feine Compagnie bekommen, aber die Wahrheit zu bekennen, es fällt mir dieses ein weinig zu schlecht, denn solcher Leute etliche beginnet man mit der Zeit hinter dem warmen Ofen zu machen, ja man gibt wol etlichen vornehmen Gesellen Compagnien, welche ihr Lebenlang keinen todten Mann im Felde (es wäre denn am Galgen oder auf dem Rade) gesehen haben. Ist wahrlich ein großes Wunder, daß man das Soldatenhandwerk so leicht und geschwinde kan auslernen und in einem einzigen Tage zugleich Schüler sein und Meister werden. Obrister Wachmeister oder auch Obrister Lieutenant wäre zwar wol etwas, es wird aber auch ziemlich gemein, und kan sich bißweilen ein guter Kerl und Aufschneider dazu liegen oder kaufen, welches denn eine gar geringe und schlechte Mühe ist. Ich mag so zum Anfange ein feines Regiment nehmen und Obrister werden. Mich dünket, es sol dennoch so gar übel nicht klingen, wenn man saget: Siehe, da tritt der Herr Obrister Sausewind her. Wenn ich denn nun erstlich in diesen heiligen Fastnachttagen bestallter Obrister werde (welches mir, ob ich wol niemalen eine Musquette oder Pike getragen, ja so große Ehre und Ruhm gibt als denen Hauptleuten und Rittmeistern, welche beim Schlaftrunke solche Charge erlangen und mit welchen es bißweilen also ist beschaffen, daß sie gestern eine Schuster- oder Schneidernadelen, auch wol den Schmiedehammer, heute aber den Commandodegen führen), so heiße ich etwan gegen Ostern, si Diis placet, General-Wachmeister, auf Pfingsten bin ich sonder Zweifel General-Lieutenant, und gegen die Hundstage, wenn die Bienen schwärmen, werde ich denn gar Feldmarschalk oder Generalissimus. Viel höher werde ich es doch wol nicht bringen.

Merkurius (stellet sich, als hätte er den Sausewind zuvor nicht gesehen). Glück zu, mein liebster Sausewind, wo hat der Herr so lange gestecket?

Sausewind antwortet ihm das Geringste nicht, kehret sich mit höhnischen Augen von ihme hinweg und wil ihn nicht einmal recht ansehen.

Merkurius. Ut Vales, literatissime Domine Sausewind! Siccine avertis faciem? Quid nunc iterum meditaris novi?

Sausewind. Was plaudert doch der vor ein Zeug daher? Ich weiß den Teufel viel was er saget.

Merkurius. Behüte Gott, Herr Sausewind, verstehet denn der Herr kein Latin mehr? Vor diesem, als er unter meiner Aufsicht studirte, hat er ja oft und vielmals mit mir geredet.

Sausewind. Was Latin reden! wer hat mit solcher Blakscheißerei etwas zu schaffen!

Merkurius. Das komt mir seltzam vor, Herr Sausewind. Wil der Herr kein Latin mehr wissen? Hat er doch vor diesem den besten Theil seiner Jugend in Erlernung guter Künste und Sprachen zugebracht.

Sausewind. Ja, Künste und Sprachen wollen mir nicht viel einbringen; es ist mir leid genug, daß ich meine gute Zeit in Erlernung solcher Bärenhäuterpossen habe verschlissen.

Merkurius. Warum denn, mein Herr Sausewind? Das sind ja leiden seltzame Reden.

Sausewind. Fraget ihr noch warum? Eben darum, dieweil sich bei dieser Zeit ein ehrlicher soldatischer Kavallier von Herzen muß schämen, wenn er in der Jugend etwas Sonderliches hat studiret.

Merkurius. Ach, erbarme es Gott, daß es schon so weit in der Welt kommen, daß man sich der rechten Weisheit, Tugend und Geschicklichkeit muß schämen!

Sausewind. Was Tugend und Geschicklichkeit! Im Kriege hat man sich wol üm andere Sachen zu bekümmern. Sa, vive la guerre!

Merkurius. Was höre ich? Ist es wol müglich, daß mein Sausewind, mein alter redlicher Student, ein Soldat worden?

Sausewind. Ja freilich bin ich einer worden. Der allertapferste Mars hat mich nunmehr zu seinem Gehülfen erwählet und angenommen, stehet nur darauf, daß ich mich erstlich brav ausmontire und darauf nebenst etlichen anderen frischen Kavallieren hinziehe unter seinem hochpreislichen Commando, das hartnäckichte und verstockte Deutschland rechtschaffen zu marteren und zu plagen; denn zu dem Ende bin ich vornehmlich ein Kavallier worden.

Merkurius. Behüte Gott, Herr Sausewind, du bist ja ein geborner Teutscher und wilt dich gleichwol erkühnen, deine eigene Königin und Mutter zu plagen?

Sausewind. Das weiß ich selber wol, Herr Pfaffe, daß ich ein geborner Teutscher bin, desto eher wil mir es auch gebühren, meinen Landesleuten das Haar rechtschaffen zu ropfen. Solte ich meinen Beutel nicht so wol als ein Fremder füllen? Was haben die vier großmüthige Kavallier, als der Don Antonio, Monsieur Gaston, Signoro Bartholomeo und Herr Karel, mehr vor Recht, das Teutschland zu berauben, als eben ich?

Merkurius. Das weiß der allerhöhester Gott, was sie vor Recht dazu haben. Meines Thuns ist es ganz und gar nicht, von der Gerechtigkeit ihrer Sache zu disputiren, ich beklage nur von Herzen die greuliche Misbräuche, welche bei dem leidigen Kriegeswesen unter allen Parteien in diesen Zeiten so gar die Ueberhand genommen. Aber, mein Sausewind, ich bitte dich höchlich, sage mir doch, wer hat dich auf diesen verkehrten Sinn gebracht, daß du nunmehr gleichsam mit Gewalt ein Soldate zu werden gedenkest?

Sausewind. Das hat der allertapferste Mars und meine Courage gethan, wie denn auch, daß mir gleichsam in einem Spiegel alle die Herlichkeiten, Freude und Wollust, derer man im Soldatenstande häufig, ja täglich hat zu genießen, von hochgedachtem Mars lebhaftig sind vor die Augen gestellet worden.

Merkurius. Ach, du elender Mensch, wie hast du dich so gar sehr lassen verblenden, daß du vermeinest, es sei im Kriege lauter nichtes als Freude und Herlichkeit zu finden?

Sausewind (etwas entrüstet). Das ist per Dieu keine Verblendung. Habe ich doch hell und klar gesehen, wie man im Kriege durch das anmuthige Spielen kan reich und mächtig werden, wie man daselbst frisset und sauft, huret und bubet, tanzet und springet, ja endlich zu den allerhöhesten Ehren gelanget. Was wolte doch ein Mensch in dieser Welt mehr wünschen und begehren? Darum bitte ich, Merkuri, du wollest dich nur nicht bemühen, mich von meinem löblichem Vornehmen, welches du einen verkehrten Sinn nennest, abwendig zu machen. Spare diesen Wind nur, mein lieber Pfaffe, biß du auf das Hölzchen das Hölzchen, die Kanzel. komst, alsdann hast du freie Macht zu reden, so lange und viel dir nur selber geliebet. Da kanstu es denn machen, wie etliche deiner Cameraden zu thun pflegen, welche, wenn sie sonst nicht viel auf ihre Predigten studiret haben, einen Haufen neuer Zeitungen und Avisen ihren Zuhörern vorschwatzen, wie viel man nämlich Städte gewonnen, was vor große Schlachten oder Treffen geschehen, wie viel Völker in denselben geblieben, wie viele Wagen, Pferde, Geschütze und Standarten erobert, und derogleichen tausenderlei neue Mähre, und über solches Blutvergießen können sie noch fröhlich sein und jauchzen. Wenn man aber solchen Zeitungen etwas weiter nachfraget, so ist die ganze Avisenpredigt nichts anderes als eine dicke, feiste, wolgespickete Lügen gewesen, und haben sich die guten Herren einen großen Haufen erdichteter Zoten Zoten, wie Possen, Lügen. lassen aufbinden; oder wenn sie von dergleichen Materi nichtes zu sagen wissen, alsdenn nehmen sie bißweilen wol redliche Leute vor, ziehen dieselbe aus lauter Privat affecten ehrenrühriger und verleumderischer Weise durch die Hechel, wollen ihnen gerne aus Misgunst, und dieweil sie es denselben nit können gleich thun, einen Klick Klick, Klex, Makel. anhängen, schreien derowegen und toben gleichsam durch ein ellenlanges Horn oder mageren Kranichshals ein paar gute Stunden daher, schlagen mit dem Fäustchen auf das arme Holz, daß es splittern möchte, sprützen ihren Speichel etliche Ellen weit von sich, daß er herabfällt wie der Thau vom Hermon Thau vom Hermon, Psalm 133, V. 3., und geberden sich aus lauter Rachgierigkeit und unchristlichem Hasse dermaßen eiferig, als ob sie lautere Jeremias wären, da sie doch rechte Pharisäer und Heuchler in der Haut sind und bleiben. Nein, Merkuri, auf diese Weise must du es mit Sausewind nicht machen, das wird dir wahrlich nicht angehen.

Merkurius. Hilf Gott, Sausewind, wie donnerst du so heftig! Das war ein starker Platzregen. Aber was gehen mich solche närrische Avisenprediger und misgünstige Neidhümmel, welche du gar unrecht meine (der ich nichts als die lautere Wahrheit predige) Kameraden nennest, was gehen mich, sage ich, solche Verleumder und Schwätzer an? Aber ach, mein ehemals lieber Sausewind, hast du denn gar kein Gewissen mehr? Wie lassest du dich doch den Teufel so jämmerlich betrügen! Vermeinest du etwan, daß die Kavallier, welche dir Mars gleichsam in einem Gesichte gezeiget hat, in Verübung solcher ihrer Weltfreude und Wollust gen Himmel sind gefahren?

Sausewind. Ob eben alle Soldaten gen Himmel fahren, weiß ich nicht, und was hat sich auch ein Cavallier, so lange er noch gesund ist, um den Himmel groß zu bekümmeren? Genug ist es, daß ich versichert bin, daß sie die allerglückseligste Leute auf der Welt sind und die allerbeste und lustigste Tage haben, so lange sie leben.

Merkurius. Ja wol, glückselige Leute! Gott bewahre ja alle fromme Herzen vor solcher Glückseligkeit, über welcher ihrer viele, wiewol nicht alle, erbärmlich zu Grunde gehen. Aber was dünket dich, Herr Sausewind, wenn ich dir eben dieser Kavallier klägliches Ende und jämmerlichen Untergang könte vor die Augen stellen, was würdest du denn wol sagen?

Sausewind. Wie denn, Merkuri, ist es diesen tapferen Kavallieren, welche mir der gewaltige Mars vor weniger Zeit hat gezeiget, anders als wol ergangen? Das wil ich ja nimmer hoffen.

Merkurius. Das solst du bald erfahren.

Der Schauplatz öffnet sich; da stehen ihrer zwei, raufen sich und erstechen einander, fallen beide todt danieder; der dritte sitzet an der Tafel, hat einen ledigen Beutel vor sich ligen samt einer Pistolen, mit welcher er sich selber erschießet; der vierte hat einen großen Block an den Füßen und ist mit starken Ketten gebunden.

Sausewind. Hilf Gott, Merkuri, was ist das vor ein Spektakul?

Merkurius. Diese sind eben die vier Kavallier, welche du zuvor hast gesehen so lustig spielen, labeten labeten, labete machen. und verkehren verkehren, würfeln.. Siehe, diese beide, welche einander dort niederstoßen, waren die allervertrautesten Duzbrüder; indeme aber unter dem Spielen der eine den anderen hat heißen liegen Lügner genannt., welche injuri, wie die Herren Soldaten sagen, anders nicht als durch Blut kan ausgesöhnet werden, sind sie mit ihren Degen zusammen gangen und haben einander ganz grausamer Weise niedergemacht und also dem Teufel zum neuen Jahr geschicket. Dieser, welcher sich selber erschossen, hat alle seine Werbgelder, auf die dreitausend Dukaten sich belaufend, schändlich verspielet, und dieweil sich der General hoch verschworen, daß er ihn, anderen dergleichen Spielern und Betrügern zum Abscheu, wolte henken lassen, als ist er in Verzweiflung gerathen und hat sich, größeren Schimpf, seiner Meinung nach, zu vermeiden, selber ganz jämmerlich erschossen. Dieser leister aber, welcher nicht allein sein eigenes, sondern auch anderer Leute Gelder hat verspielet, ist endlich, nachdem er abgedanket und aufs Land sich niedergesetzet, seinen Gläubigern in die Hände gerathen, welche ihn, mit großen Ketten gebunden, nunmehr in einen stinkenden Thurn wollen werfen lassen, biß daß er den letsten Heller bezahlet. Siehe doch, einen solchen schönen Ausgang nimt endlich das Spielen.

Der Schauplatz wird geschlossen.

Sausewind. Behüte mich mein Gott, Merkuri, pflegt es zuletst den Spielern so kläglich zu ergehen, so mag der Teufel üm des losen und leichtfertigen Spielens willen ein Soldate werden.

Merkurius. Ja, mein lieber Freund, es ist nicht alles Gold, was da gleißet; es schleppet der verfluchte Krieg einen so großen Jammer mit sich, daß es mit Worten nicht kan ausgesprochen werden.

Der Schauplatz öffnet sich; da ligen drei Personen todt auf dem Stroh, ein jeglicher mit einem weißen Tuche bedecket, und stehen viele Trinkgeschirr um sie her, einer sitzet als ein Wassersüchtiger mit einem sehr dickgeschwollenen Bauche, winselt und klaget gar kümmerlich.

Sausewind. Ach, Merkuri, sage mir, was sind doch diese vor Leute, welche ich, dieweil sie mit weißen Leilachen bedecket auf der Erde liegen, vor Todte ansehe, und wer ist doch der vierte mit dem erschrecklichen großen Bauche? Du bringest mir ja sehr klägliche Spektakul vor.

Der Schauplatz wird geschlossen.

Merkurius. Ja freilich mügen es wol klägliche Spektakul heißen. Siehe da, diese drei sind durch ihr viehisches Saufen erbärmlich üm ihr Leben kommen. Der erste hat bei voller Weise den Hals gebrochen, als er eine Stiegen herunter gehen wollen. Der ander hat sich in starkem Brantewein zu Tode gesoffen. Der dritte, als er beim Trunke einen unnöthigen Hader anfing, ward mit einem Brodmesser meuchlischer Weise erstochen, und sind diese drei in ihren Sünden also jämmerlich dahin gefahren. Der vierte aber hat sich die Wassersucht an den Hals gesoffen, leidet überaus große Schmerzen, kan weder leben noch sterben.

Sausewind. O du verfluchtes Saufen! Ist das der Lohn deiner gefährlichen Wollust? Fürwahr, es gereuet mich von ganzem Herzen, daß ich üm des üppigen Saufens und schändlichen Spielens willen mich in den Soldatenstand habe begeben. Ach wie übel habe ich bei mir selber gehandelt!

Merkurius. Mein liebster Sausewind, es ist noch früh genug, daß du wieder ümmekehrest und dieses ruchlose Leben verlassest; gedenke, o Sausewind, an dein Ende; zum allermeisten aber bedenke Tag und Nacht die unendliche Ewigkeit!

Der Schauplatz öffnet sich: einer hat sich selber erhänget, ein anderer hat sein Angesicht voller Pflaster, auch die Schenkel und Arm mit vielen Tüchern verbunden, der dritte läufet vor mit einem grausamen Geschrei und wird von einem anderen mit einer Pistolen erschossen.

Sausewind. Was sehe ich abermal vor erschreckliche Greuel, o Merkuri? Das Herz im Leibe solle einem davor erzitteren, ich weiß fürwahr selber kaum, was ich sehe.

Merkurius. Freilich mag ein christliches Herz erzitteren, wenn es die wunderbare Gerichte Gottes und dessen unausbleibliche Strafen betrachtet. Diese, welche du bei gegenwärtigem erbärmlichen Zustande vor Augen siehest, sind eben die vier höfliche Courtisanen und Aufwarter des Frauenzimmers, welche sich hiebevor mit den Damen so lustig gemachet haben. Dieser, welchen du dort siehest hängen, ist von einer Weibesperson, welche er mehr als seine eigene Seele hat geliebet, untreulich verlassen worden, worüber er in eine solche erschreckliche Verzweifelung und Melankolei gerathen, daß er sich selber hat erhenket. Jener dort mit den Pflastern und Tüchern hat sich so lange mit den Huren geschleppet, daß er darüber die edle Franzosenkrankheit an den Hals gekriegt und nunmehr nichts anders ist als ein lebendiges Aas. Der dritte aber, welcher vorläuft, ist bei eines anderen Weibe im Ehebruch ergriffen und drüber erschossen, der Thäter aber von des Entleibeten Bruder wieder erstochen worden.

Sausewind, Behüte Gott, was Unglück und Elend komt von Hurerei und Unzucht her! Nein, nein, davor wil ich tausendmal lieber in einem ruhsamen Stande das trockene Brod essen, als meinen armen Leib und Seele solcher äußersten Gefahr unterwerfen; keine Damen müsten mir so lieb sein, daß ich ihrenthalben ein solches zeitliches und hernachfolgendes ewiges Elend solle zu gewarten haben.

Der Schauplatz öffnet sich; da stehet an dem Tische ein General mit abgezogenem Wamse. Ein anderer Kriegesbedienter eilet auf ihn zu mit einer Partisanen oder Hellebarten, setzet ihm dieselbe auf die Brust, etliche andere stehen mit bloßen Schwerteren um ihn her und geben ihm vollend den Rest; der General fällt nieder mit einem grausamen Geschrei.

Sausewind. Abermal ein neuer Aufzug, und zwar ein solcher, der anders nichts als Mord und Todtschlag vorstellet; sage mir doch, Merkuri, wer ist dieser?

Merkurius. O Sausewind, da siehest du, wie die große Herlichkeit der Welt gleichsam im Augenblicke verschwindet. Dieser war ein mächtiger und prächtiger General, wie denn fast einen dergleichen, aber vielleicht nicht eben denselben, der Mars hiebevor in großer Pracht dich hat sehen lassen; und zwar eben dieser ist es, der den Königen ein Schrecken und den Fürsten Angst und Furcht mit seiner Gegenwart und unvergleichlichen Macht pflag einzujagen. Ja, dieser machte alle Städte und Länder zitteren, sobald er nur herannahete. Aber da wird er nun ganz unversehener Weise jämmerlich erstochen, und damit hat alle seine Pracht und Herlichkeit ein Ende. Wallenstein. Sic transit gloria mundi. Was dünket dich, Herr Sausewind, hättest du wol noch Lust, ein vornehmer General zu werden?

Sausewind. Ach, Merkuri, ich habe so viel gesehn, daß mir nunmehr vor dem Kriegeswesen von Herzen ekelt. Ach du grausamer, feur- und bluttriefender Krieg, was richtest du unzählig viel Elend und Jammer an unter den Menschenkindern! Nein, Merkuri, ich bin ganz einer anderen Meinung worden und danke dir von Grund meiner Seelen, daß du mich wieder auf den rechten Weg gebracht hast. Ach, ach! Nulla salus bello, pacem te poscimus omnes.

Hinweg, verfluchter Krieg, mir kanst du nicht gefallen;
Kom, tausendschöner Fried', ich liebe dich ob allen.
Kom, honigsüßer Fried'! Hinweg, verfluchter Krieg!
Ein ruhigs Leben geht weit über Krieg' und Sieg.

Merkurius. Gott sei hoch gelobet, mein Freund, der dir die Augen des Verstandes hat eröffnet, daß du nunmehr kanst erkennen, was vor ein großer Unterscheid zwischen Liecht und Finsternis, zwischen Tag und Nacht, Leben und Tod, Friede und Krieg ist. Danke du nun diesem liebreichen Gott von ganzem Herzen, daß er dich bei diesem verruchten Leben nicht hat wollen verderben lassen, befleißige dich hinfüro der wahren Gottesfurcht und entschlage dich aller weltlichen Eitelkeiten; vor allen Dingen, herzwerther Freund, bedenke mit höhestem Fleiße, wie kurz und flüchtig dieses elendes Leben sei, und daß wir alle, Hohe und Niedrige, Reiche und Arme, Gelahrte und Ungelahrte, aus dieser kaum augenblicklichen Zeit müssen hinwanderen in die lange Ewigkeit.

Sausewind. Von Herzen gern, Merkuri, wil ich deiner treuen Ermahnung folgen und die unchristliche Thaten des blutdürstigen Mars biß in den Abgrund der Höllen verfluchen; er spiele, hure und bube, so lange er wil! Ich aber, Merkuri, wil dir anhangen und deinem göttlichen Befehl biß in meine Grube nachkommen.

Merkurius. Dazu wolle dir die Barmherzigkeit Gottes gnädiglich verhelfen; folge mir derowegen nach, dieweil meines Bleibens allhie nicht länger ist, denn ich kan nicht unterlassen, das unglückselige Teutschland ferner zu suchen, ob ich ihr noch etwan mit Rath oder Hülfe, derer sie denn höchlich benöthiget, ersprießlich beispringen könte.

(Sie gehen ab.)

Ende des Zwischenspiels.

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