Fritz Reuter
Ut mine Stromtid
Fritz Reuter

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Kapittel 13.

Wenn Einer ut en Preister=Bedd in Preister Kledaschen ‘rinnen kümmt. –Worüm Braesig de ganzen Welt an sin Hart drücken wull, un worüm dat unner em knacken würd. – Wat Hawermann sick üm ‘ne Sak kümmert, de em eigentlich gor nich angeiht. – Worüm Jung‘=Jochen un Jung‘=Bauschan sick ankeken, un wat dat för en Enn‘ för Jung‘=Bauschanen namm un för en Enn‘ för den irsten Deil un von des‘ Geschicht.

Den annern Morgen – `t was de Sünndagmorgen – wakte Braesig up un lagg un reckte sich nu noch en beten in dat weike Bedd – "en Plesir," säd hei tau sick, "was ich mir sonsten meindag‘ nich habe gönnen künnt, was mich aber woll gefallen kann. – `S is aber auch woll man wegen der Neulichkeit, auf die Längde wird Einen das auch über," un hei wull all upstahn, as Frau Pastern ehr Stuwenmäten in de Dör `rinne wutschte, mit einen Griff sine Kledaschen tau faten kreg un dormit auffohrte, em aewer dorför en swarten Rock un swarten Hosen un `ne swarte West aewer `n Staul läd.

"Hoho!" lachte hei un bekek sick de swarte Utrüstung, "Sünndag is `t, un in `n Pasterhaus`is `t auch; sie werden doch nicht glauben, daß ich heut predigen soll?" Hei böhrte ein Stück Tüg nah `t anner in de Höcht un säd tauletzt: " Nu versteh ich Dir. `S bloß wegen den gestrigen Graben, wegen der Nassigkeit un der Dreckigkeit von meine eigene Appanage, daß ich mich `s nu in den Herrn Paster seine bequem machen soll. – Na, denn man zu!" – Aewer so fix gung dat nich, un von Bequemlichkeit was dat wid af; mit de Läng' gung dat allermeist, aewer in de Breid' funn hei in den Herrn Paster sine Büx man swack Hüsung; bi de West wiren de ündelsten Knöp abslutemang nich tautaukrigen, un as hei den Rock antrecken würd, knackte em dat eklich mang de Schullerbläder, un de Arm stunnen em von den Liw' af, as wir hei an desen Sünndagmorgen parat, de ganze Welt an sin truges Hart tau drücken.

So kamm hei nu bi de Fru Pastern unnen in de Stuw' herinner, utwarts unnen an de Bein', wat sörre sine Pangsionirung sine gewöhnliche Gangort was, aewer nu ok baben utwarts an de Arm, un de Fru Pastern müßte hell uplachen, flog aewer achter den Koffedisch taurügg, as Braesig ehr mit de ap'nen Arm entgegenkamm, as süll sei dat irste Opfer von sine Weltümarmung warden. – "Bleiben Sie mir vom Leibe, Braesig!" rep sei. "Das hätte ich nur ahnen sollen, daß meines Pastors gute Kleider sich so abscheulich an Ihrem ungeschickten Leibe ausnehmen würden, Sie hätten mir bis Mittag im Bette bleiben müssen, denn so lange wird es dauern, bis die Ihrigen gewaschen und getrocknet sind." – "Hoho!" lachte Braesig, "also derentwegen! Und ich hab' mich schon eingebildet, daß Sie mich die Pasterkledaschen geschickt hätten, daß ich Ihnen doch bei das Rangdewuh heut Morrn lieblicher vor Augen käme." – "Hören Sie mal, Braesig," fohrte de lütte Fru Pastern füerroth in 't Gesicht up, "Solche Anspielungen verbitte ich mir! Und wenn Sie in der Nachbarschaft umher gehn – Sie haben jetzt ja nichts weiter zu thun, als Geschichten von Einem zum Andern zu tragen – und erzählen die Geschichte von gestern Abend und von dem verdammten Rendezvous – Gott verzeih mir die Sünde an dem heiligen Sonntagmorgen! – dann sind wir geschiedene Leute." – "Frau Pasturin, wo werd ich!" rep Braesig un rückte mit de widutgebreid'ten Arm wedder up de Fru Pastern los, dat sei wedder achter den Disch fohrte. – "Na, fürchten Sie sich doch nich vor mir, ich bün jo doch kein Jesuwiter!" – "Nein, Braesig, ein alter Heide sind Sie, aber ein Jesuit nicht. – Doch, sagen Sie etwas davon.... ach, Du lieber Gott! Hawermann muß es wissen, mein Paster sagt es selbst. – Aber, wenn er darnach fragt, lassen Sie mich aus dem Spiele – denken Sie bloß, wenn die Pomuchelskopps dies erführen, ich wäre die unglücklichste Frau in der Welt. – Ach, Du lieber Gott! Und ich hab's doch nur aus gutem Herzen für das unschuldige Kind gethan, Braesig. – Ich habe mich doch nur für sie aufgeopfert." –"Das haben Sie, Frau Pasturin," säd Braesig recht truhartig, "und darum lassen Sie sich keine grauen Haare mehr wachsen, denn sehn Sie, wenn Korl Hawermann mich fragt, wo Sie dor mang gekommen sind, denn sag' ich – denn 'ne – denn sag' ich, Sie haben mich selbsten auf Rangdewuh bestellt." – "Sie? Schämen Sie sich!" – "Na, Frau Pasturin, bün ich nich ebenso gut as der Windhund? Und passen unsere Jahren nich besser zusammen?" Un dorbi sach Braesig so unschüllig ut, as hadd hei dat beste Utkunftsmiddel vörslagen, wat tau denken wir. – Fru Pastern sach em utdrücklich in dat ihrliche Gesicht un folgte ehre Hänn' ganz andächtig aewer ehre Mag' un säd: "Braesig, ich glaube Ihnen. – Aber, Braesig, lieber Braesig, richten Sie Alles zum Guten. – Und – und.... nu kommen Sie und trinken Sie eine Tasse Kaffee und setzen Sie sich," un dorbi fot sei em an einen von de stiwen Arm un dreihte em nah den Koffeedisch heran, as wenn en Möller 'ne Buckmaehl gegen den Wind dreiht.

"Schön!" säd Braesig un kreg de Taß tau faten un höll sei in den stiwen Arm von sick af, as wir hei en Kunststückmaker, un de Taß wög' hunnert Pund, un hei höll fei vör en verehrungswirthes Publikum in de Luft; un setten wull hei sick ok, aewer hei kannn nich dortau, denn as hei de Knei bögt hadd, fung dat an tau knacken, un hei flog tan Höchten – was dat nu de Pasterstaul oder de Pasterhos', hei wüßt 't ok nich, drunk aewer sinen Koffe in 'n Stahn ut un säd: dat wir ganz partie egal, denn Tid hadd hei doch nich, hei müßte tau Fru Nüßlern wegen den Breif. – Un wat de Fru Pasturin ok bidden ded, hei süll doch de Drögniß von sin eigen Tüg aftäuwen, dat hulp ehr nicks; Fru Nüßlern ehr blote Wunsch was för em en Befehl, de in 't Wachbauk von sin Gewissen inschrewen was, un so segelte hei denn af un flog up de langen, swarten Slippen von de Preisterkledasch' in den Sommermorgen herin nah Pümpelhagen un Rexow tau, langsam un swor, as wir 't Mod', Kreihen up de Mast tau jagen un sei nahsten Prauw' fleigen tau laten.

Bet Pümpelhagen kamm hei vörlöpig man; dor würd hei von Hawermannen anraupen, de aewer den Gorentun heraewer sach: "Mein Gott, Zacharies, wo sühst Du ut?" – "Verhältnissen, Korl, lauter Verhältnissen! As Du weißt, bün ich gestern in die swarze Mad' gefallen; aber Zeit hab' ich nich, ich muß zu Deine Swester." – "Braesig, min Swester ehr Sak ward mihr Tid hewwen, as min' hett; ick heww in dese letzte Tid woll markt, dat achter minen Rüggen wat vörgeiht, wat ick nich weiten sall. Dat wir ok egal; aewer sid gistern Abend weit ick, dat de Herr Pastur un de Fru Pasturin ok üm de Geschichten weiten, un wenn de Lüd' mi genaewer wat vertuschen willen, denn weit ick ok, dat dat blot ut ehren gauden Harten geschüht." – "wohrhaftig, Korl, bloß aus guten Herzen," föll Braesig in. – "Gewiß, Braesig, un von Mißtrugen weit min Seel ok gor nicks af; aewer mi is dat sid einige Tid swor up 't Hart follen, dat dat 'ne Sak is, de mi verdeuwelt neg' angeiht. – Wat hest Du gistern Abend mang de Sak tau dauhn hatt?" – "Ich, Korl, ich hab' bloß mit die Frau Pasturin 'ne Rangdewuh in den Wassergraben gehabt." – "Wat hett de Herr Pastur dor mang hatt?" – "Korl, von den haben wir selbsten nichts gewußt, der hat uns übergerascht." – "Wat hett de Herr von Rambow dor tau dauhn hatt?" – "Der hat Deinen Windhund in'n Kragen gekrigt und mir vermuthlich in den Graben gesmissen." – "Wat hett Fritz Triddelfitz mit de Geschicht tau dauhn hatt?" frog Hawermann nu hellschen indringlich. "Un wat hett Lowise ehr Haut un Dauk mit de Sak tau dauhn?" – "Weiter gor nichts, Korl, als daß sie die Frau Pasturin gor nich paßten, indem daß die Frau Pasturin for sie viel zu vüllig war." – "Zacharies," säd Hawermann un reckte em de Hand aewer den Tun heraewer, "dit sünd Utflüchten. – Willst Du mi 't nich seggen – wi sünd jo doch de beiden öllsten Frünn' – oder darwst Du mi 't nich seggen?" –"Korl, – hol' der Deuwel die ganze Rangdewuhgeschicht und die Frau Pasturin ihre Angst dazu!" rep Braesig un drückte Hawermannen sine Hand aewer den Tun 'raewer un schüddelte sei so lang' in den hogen Nettel, de an den Tun wuß, dat sei Beid' taurügg zuppten: "Korl, ich sag's Dir – der Paster will's Dir ja selbsten sagen – worüm ich nich? Dein Fritz Triddelfitz, der verfluchte Windhund, hat sich in Dir verliebt, vermuthlich wegen Deine väterlichen Vermahnungen um ihn, un nu is seine Liebe auch auf Deine Tochter übergesprungen, denn die Liebe springt ümmer über, zum Exempel: mit mir bei Deine Swester un bei Mining." – "Braesig, red' irnstlich!" – "Red' ich nich irnstlich, Korl, wenn ich von Deine Swester un Mining red'?" – "Dat weit ick," säd Hawermann un grep trotz den Nettel wedder nah Braesigen sine Hand, "aewer wat hett Franz dor mang tau dauhn?" – "Hat sich meindwegend auch in Dir verliebt, wegen Deiner Väterlichkeit, un is meinendwegend auch von Dir zu die Tochter übergesprungen." – "Dat wir en Unglück!" rep Hawermann, "en grotes Unglück! Un üm dat wedder in de Reih tau krigen, dor hürt en Anner tau, as ick; dor möt uns' Herrgott helpen!" – "Das wüßt ich gor nich, Korl, denn er hat zwei Güter...." – "Segg nicks, Zacharies, kumm 'rinne un vertell mi, wat Du weitst." –

Un as nu Braesig em Allens vertellt hadd, wat hei wüßt, un up den Fautstig nah Rexow hentau räuderte, stunn Hawermann un kek em nah un säd tau sick: "'T is en gauden Minsch, sin Hart sitt up dat richtige Flag, un wenn ick 't fünn, denn nem' ick 't woll up – aewer.... aewer!" – Hei meinte ditmal aewer nich Braesigen, hei meinte Franzen. – –

An desen Sünndag=Morrn satt Jung'=Jochen üm de Frühstückstid in sine Abeneck un in sinen Lehnstaul; Mining un Lining deckten den Frühstücksdisch un drogen ümschichtig de Teller mit Schinken un Wust un Brod un Botter up, un as Allens sauber un vullständig up den Disch stunn, kamm Fru Nüßlern sülben herinner, sett'te den Degel mit heite Speigeleier dortau: "So, Jochen, nu lat s' ok nich kolt warden!" un gung wedder 'rute, üm buten tau 'm Rechten tau seihn.

De Eier praetelten noch in den Degel – 't was recht feierlich – aewer Jung'=Jochen rögte sick nich. Was dat nu, wil hei sine Pip Toback noch nich ut hadd, de doch irst beschafft sin müßt, oder was dat nu, wil hei in en Bedenken satt aewer de beiden Breiw', de hei up den Schot tau liggen hadd; kortüm, hei rögte sick nich, un kek up ein Flag, blot up dit eine Flag. Un up dit eine Flagg, unner den Aben, ganz dicht bi em, lagg Jung'=Bauschan un kek em ok an. – Jung'=Bauschan was de jüngste Nahkam' von dat ganze Bauschan=Geslecht, wat sörre Oll=Jochen sine Tid in den Hus' upfött un anbännigt worden was; wenn hei anred't würd, würd hei 'Bauschan' raupen, wenn aewer von em red't würd, denn würd hei 'de Thronfolger' näumt, nich üm sinentwillen, ne üm Jochen sinentwillen, wil dit – so vel sick Minschen entsinnen kunnen – de einzigste Witz was, den hei mal in 'ne gaude Stunn' farig kregen hadd.

Also, as ick seggt heww, de beiden jungen Lüd', Jung'=Jochen un Jung'=Bauschan, keken sick enanner an, un jedwerein dacht sin Deil; Jung'=Jochen dachte an de Breiw', un Jung'=Bauschan jawoll an den Geruch, de em von den Eier=Degel in de Näs' kamen was. Jochen rögte sick nich, aewer de Thronfolger strek sick nah 'ne Wil mit de Pot aewer dat nahdenkliche Gesicht; sine Näs' würd wat spitzer, un de Näs'löcker tillfäut'ten in de Luft 'rümmer, hei krop unner den Aben 'rute, namm 'ne höfliche Min' an un makt Jung'=Jochen sin Kumpelment mit den Start. Jung'=Jochen rögt sick nich, un Jung'=Baudchan dach dorut, dat Allens in den gewöhnlichen Verfat was; hei gung also neger an den Disch, kek sick einmal scheiw üm, mihr nah Fru Nüßlern, as nah Jung'=Jochen, läd den Kopp up den Frühstücksdisch un sog sick vull selig Hoffnungen, as junge Lüd' dat aewerall dauhn. Mit de Hoffnung geiht dat nu aewer woll 'ne Tidlang, jedennoch – de Minsch will wat Reelles för sinen Snabel – de Thronfolger sett'te also sin beiden Beinen – blot de Vörbeinen – up en Staul un kamm em nu neger. Sin Näs' kamm aewer den Teller mit den roden Schinken un – na, junge Lüd'! – Bauschan snappte tau, grad' as unserein in junge Johren, wenn en por rode Lippen uns anlachen deden, un, grad' as wi, verfirte hei sick ok in den Ogenblick aewer sine Undaht un verkrop sick, aewer – dat ick 't seggen möt – mit den roden Schinken.

"Bauschan!" rep Jung'=Jochen so indringlich as 'ne Mudder, de aewer de roden Lippen sett't is, rögte sick aewer nich; indessen Bauschan – was dat nu, dat hei as Thronfolger glöwte, 'ne Ort Hoheitsrecht aewer alle roden Lippen in sinen Rik tau hewwen, oder was hei all so verdorwen, dat so 'n schönen heimlichen Kuß gor keinen Indruck mihr up em maken ded – hei kek Jochen frech in dat Gesicht, putzte sick blot de Snut un lickmünn'te nah mihr. – Jochen sach em ok drist in de Ogen, rögte sick aewer nich, un nah 'ne korte Wil' stunn Bauschan wedder up en Staul, aewer ditmal ok mit de Achterbeinen, un fret en Teller vull Wust up. – "Bauschan!" rep Jochen. "Mining, Bauschan frett uns' Wust up!" rögte sick aewer nich. – De Thronfolger aewer rögte sick, un as hei de Wust tau Bost hadd, makte hei sick an dat Hauptgericht, an den Degel mit de Speigeleier. – "Mudding! Mudding!" rep Jung'=Jochen, "hei frett uns de Eier up!" – Aewer Jung'=Bauschan hadd sick an den heiten Degel de wißnäs'te Näs' verbrennt, hei prallte taurügg, stödd den Degel üm, namm de Kaembuddel noch mit den Start wohr, un de ganze Disch, de rögte sick, blot uns' Jung'=Jochen rögte sick nich, hei rep blot ut sine Eck: "Mudding! Mudding! De verfluchte Hund! Mudding, hei frett uns de Eier up." –

"Was bröllst Du denn, Jung'=Jochen, in Deinen eigen Haus'!" rep Einer, de just in de Dör 'rinner kamm, aewer de ok nich so getacht was, dat Jochen sick dorbi beruhigen kunn. Hei let sine Pip vör Schreck ut de Mund fallen, reckte beide Hänn' nah vör un rep: "Alle gauden Geister lawen Gott den Herrn! Herr Paster, sünd Sei 't, oder Braesig, büst Du 't?"

Ja, Braesig was 't; tau 'm wenigsten kunn em Einer, wenn hei nipper tausach, un em Tid laten würd, unnenwarts an de gelen Stulpstäweln noch för en Entspekter anseihn, aewer Jochen würd dortau keine Tid laten, denn de Gestalt, de in de Dör kamen was, hadd soglik Bauschanen sine Undaht gewohr worden un fohrte in alle Ecken von de Stuw 'rümmer nah en däg'ten Stock för den Thronfolger sinen Puckel, un achter ehr her swemmten un slogen in de Luft en por lange, lange swarte Rockslippen, as wenn de Drak treckt, un ut den hogen, swarten Rockkragen un unner den hogen, swarten Haut, de halw aewer de Ogen gleden was, lücht'te en füerrodes, wüthendes Gesicht herut, as wenn en Schosteinfeger 'ne gläugnige Kahl in de Mund namen hett, üm Kinner grugen tau maken. Jung'=Jochen was grad' kein Kind mihr, aewer grugen würd em doch; hei was upsprungen un höll sick an de Lehn von sinen Staul wiß un rep ümmer ümschichtig: "Herr Paster! – Braesig! – Braesig! – Herr Paster!" – Un de Thronfolger was noch in de Kinnerjohren, em würd schrecklich grugen; hei fohrte ok in de Ecken 'rümmer un jaulte un kunn nich 'rut ut de Stuw', denn de Dör was tausnappt, un as em de swarte Gestalt mit en gelen Stock tau Liw' rückte, dunn – Noth breckt Isen – fohrte hei dörch de Finsterruten, un namm de halwe Finsterlucht mit up de Strat.

Na, bi den Larm kunnen jo Doden upwaken, worüm süll em denn nich Fru Nüßlern in de Kaek hüren? Un grad', as sei in de Dör 'rinne stört'te, schow sick Braesig mit de ein' Hand den Haut ut de Ogen un wis'te mit de anner un den Gelen up de leddige Finsterlucht un rep de ewig denkwürdigen Würd': "Da hätt'st Du eigentlich dörch müssen, Jung'=Jochen! Denn was versteht die unverstännige Kretur von Thronfolger davon? – All de schöne Kaem!" – "Mein Gott!" rep Fru Nüßlern dormang, un de Hänn' sackten ehr an den Liw' dal, "Jochen, wat heit dit? – Braesig, Gott in den Himmel, wo seihn Sei ut!" – "Mudding," säd Jung'=Jochen, "de Hund un Braesig.... Wat sall ick dor anners noch bi dauhn?" – "Schämen sollst Du Dir, Jung'=Jochen," rep Braesig un steg mit grote Schritten de Stuw' up un dal, dat de langen Rockslippen binah in den Kaem stippten; "wer is hier Herr in den Haus', Du oder Jung'=Bauschan?" – "Aewer, Braesig, wat hewwen Sei sick denn so gruglich utkled't?" frog Fru Nüßlern. – "So?" frog Braesig un kek sei grot an, "sünd Sie bei 'n Rangdewuh mit die Frau Pastern gestern Abend in 'n Graben gefallen, daß heut Morrn noch die reine Mad' an Ihre nassen Kledaschen sitzt? Haben Sie gestern en Brief gekriegt, daß Sie hier in Rexow sein sollen zu 'ner Fomilienrathslagung? – Und wo sollt ich das machen? – Kann ich dafor, daß uns' Herr Paster lang is, as Lewerenzen sein Kind, un dünndarwig, as 'ne Mad', un en weitläuftigeren Kopp hat, als ich? – Worum hat mich die Frau Pastern heut Morrn in die ganze Appanage von ihren Herrn Paster herein kumplementirt, worum haben die ollen dummen Bauern mir ümmer von firn' von den Kirchweg aus: 'Gu'n Morrn, Herr Paster!' titulirt, als daß ich aus guten Herzen mir mit die Fomiliengeschichte bemengen wollte?" – "Braesig," rep Jung'=Jochen, "ick swör Di...." – "Swör nich, Jung'=Jochen! Du swörst Dir in die Höll. – Nennst Du das 'ne Fomilienberathslagung, wo de Kaem in der Stub' 'rumläuft, und ich mir hier in 'ne Pasterkledasch' zu 'n Eulenspiegel machen muß?" – "Braesig, Braesig," rep Fru Nüßlern, de ehren ollen Jugendfründ in sinen Zorn gor nich wedder kennte un de Schören von den Fautbodden sammelte un dat Dischdauk taurecht treckte, "dit is jo 'ne Kleinigkeit. – Seihn S', nu is Allens wedder in die Reih." – Gegen Fru Nüßlern ehre fründlichen Würd' kamm Braesigen sin Zorn seindag' nich up, un as hei sick an den Frühstücksdisch dal nödigen let, gnurrte hei blot noch so vör sick hen: "Weiß der Deuwel, Jung'=Jochen, ich habe ümmer noch in der Hoffnung geswebt, daß Du mit die Jahren von die Unnußlichkeit los werden würdst; aber ich seh woll, was da in begris't is, is da auch in begragt't. – Indessen dennoch – was is denn hier passirt?"

"Je," säd Fru Nüßlern.... "Je," säd Jochen ok, un sin Fru sweg still, denn sei glöwte, Jochen wull würklich wat seggen; hei säd aewer nicks, as: "'t is All so, as dat Ledder is." –"Je," fung also Fru Nüßlern wedder an, "dor is den Rekter Baldrian sin Gottlieb, wat Jochen sin Swestersaehn is – en rechten framen Minschen, un recht gesetzt, un sall ok as Kannedat sine Ding' lihrt hewwen – na, Sei hewwen em jo hir ok all öfters seihn." – "Ja," nickte Braesig, "en rechter netter, junger Mensch, is 'ne Art von Petist, hat sich die Haare hinter die Ohren gekämmt, daß er aussehen möcht, as unser leibhaftiger Herr Christus, und hat mir mal bekehren wollen, daß ich 's Sünndag'smorrns nich zu's Angeln gehn sollte." – "Ja, den mein' ick. Un hei 's mit sin Schaulen woll noch nich ganz dörch, un nu bidd't de Rekter, dat wi em up etzliche Tid hir her nemen saelen, dat hei hir still för sick weg noch dat Letzte in den Kopp 'rinne studiren sall, un nu wullen wi Sei doch mal fragen, wat Sei dortau meinen deden." – "Worum nich? Die Petisten sünd stille Leut, un das Einzigst, was sie an sich haben, ist das Bekehren; un Sie, Frau Nüßlern, Sie werden ihnen doch wolll Gegenstand leisten, un Jüng'=Jochen, der is jo – Gott sei Dank! – so, daß er sich nich von mir un Jung'=Bauschan bekehren läßt." – "Ja, dat is All recht gaud, Braesig, aewer 't dick Enn' kümmt nah: dor is nu noch Kurzen sin Rudolf, hett jo ok up en Preister studirt, is jo ok en Swestersaehn von Jochen; hett de dat nu hürt, dat de Anner sick hir bi uns inmeiden will, de schriwwt nu gistern ok an uns, hei hadd in Rostock hellschen 'rümmer bummelt, un wull nu hir in Rexow dat Nothwennigste nahexiren. – Nu bidd' ick Sei! hett in Rostock all' de gelihrten Prefessers un hir in Rexow blot Jochen un mi!" – "Oh, ich kenn ihn ja," rep Braesig, "is ein hellschen netter Mensch! Als er grad' anfing zu studiren, da holt er mir schon ein halb Dutzend Bors aus dat swart Soll, der kleinst wog gut annerthalben Pund." – "Ih, wat wullen Sei em nich kennen! Hei was dat jo, de Mining, as sei mit söß Johren in ehre Dummheit in dat Aderborsnest up de Deckelledder 'rinne klattert was, un nu baben stunn un vör Lust in de Hänn' klappte, dat uns unnen gräun un gel' vör de Ogen würd, heil un gesund wedder 'runner bröchte. Ja, up sowat ward hei woll hellschen geläufig sin; aewer mit dat Lihren will dat nich so, un de Rektern Baldrianen seggt, hei hett sick dor in Rostock 'rümmer fecht. – Denken S' sick, mit blanke Degens hewwen sei sick dor fecht, un hei 's dor midden mang west, un dat sall jo von 'ne rike, hübsche Kopmannsdochter herkamen sin." – "Daß Du die Nase in's Gesicht behältst!" rep Braesig. – "Kik den Deuwel an, wat hei för Schauh verdröggt! – Un hat sich orndlich gefecht't, un wegen 'ne hübsche Kaufmannsdochter! – Ja, Jung'=Jochen, von die Frauensleut kommt allens Ungemach." – "Ja, Braesig, dat seggst Du woll; aewer wat saelen wi nu hirbi dauhn?" – "Na, was is denn dabei groß los? Wollt Ihr die beiden jungen, geistlichen Elemente nich haben, denn schreibt ihnen ab; wollt Ihr sie haben, denn schreibt ihnen zu; Platz habt Ihr, und auf's Essen und Trinken kann's nich ankommen, aber vor die Auslagen for die vielen Bücher, da hüt't Euch, denn das soll hellschen in's Laken reißen; un wollt Ihr bloß einen nehmen, denn nehmt dissen, den Fechter, denn ich for meine Perßohn will mir tausendmal lieber mit Einen 'rumfechten, als mir von Einen bekehren lassen." – "Ja, Braesig, dat is All recht schön," säd Fru Nüßlern, "aewer Gottlieb Baldrianen hewwen wi all tauschrewen, un nu kaenen wi de Kurzen doch nich so vör den Kopp stöten, dat wi ehren Rudolf afschriwen." – "Na, denn nehmt die Beiden." – "Je, Braesig, dat seggen sei woll; aewer uns' beiden lütten Dirns.... insegent sünd sei doch all.... Na, Jochen, nu red' Du!" – Un Jochen fung würklich an tau reden: "'T is All so, as dat Ledder is – süh mal, Braesig, Mining is doch so – Du weitst dat jo ok – as Erzieherin upfött worden, un min sel Mudding plegt ümmer tau seggen: 'ne Erzieherin un en Kannedat in ein un den sülwigen Hus', dat hett kein Ort." –"Hoho! Jung'=Jochen! Nu hör ich Dir laufen. Du meinst mit Liebschaften; aber das lütte Kropzeug un Liebschaften!" – "Ne, Braesig," föll Fru Nüßlern hastig in, "smiten Sei dat nich so wid weg! – Ick as Mudder möt dat weiten. – Seihn S', ick was noch nich so olt, as de Beiden, dunn kamm...." – Fru Nüßlern snappte af, denn Braesig hadd en verflucht langtaegsches Gesicht upsett't un kek ehr hellschen frag'wis' in de Ogen. – Tau 'm Glücken was Jung'=Jochen in 't Reden kamen un säd nu: "Braesig – Mudding, schenk doch Braesigen in – Braesig, dor kann doch wat ut entstahn, un wat saelen wi as Öllern denn dorbi dauhn?" – "Laß sie, Jung'=Jochen! Wozu hat ihnen unser Herrgott als junge Leute in die Welt gesetzt, und was haben sie for andere Geschäften als Liebesgeschichten. – Aber das lütte Kropzeug!" – "Dat is en Snack von Sei, Braesig," föll Fru Nüßlern hastig in. "So süllen Sei nich von so 'ne irnsthafte Sak reden, denn ut en schires Ei krüppt männigmal doch en Basilisk." – "Lassen Sie ihn 'raußer kraufen!" rep Braesig. – "So?" frog Fru Nüßlern. "Dat seggen Sei! – Ick aewer segg anners. Jochen is nich dortau andahn, dat hei sick üm sowat kümmert; för sinentwegen kaenen sick all' uns' Deinstdirns verleiwen, verplämpern un verfrigen, un ick – Du leiwer Gott – ick heww alle Hänn' vull tau dauhn, un mit min Ogen nah vören so vel wohrtauschugen, dat ick ok nich seihn kann, wat achter minen Rüggen passirt." – "Na, wofor bün ich denn?" frog Braesig.

– "Ach Sei!" Smet Fru Nüßlern so bi Sid weg, "in so 'ne Saken weiten Sei ok nich Bescheid." – "Wat!" rep Braesig" "ich, der ich mal drei Brauten...." – Wider kamm hei nich, denn Fru Nüßlern hadd ok so 'n lang Gesicht upsett't un kek em so fragwis' an, dat hei up sine Verlegenheit den lütten Kaem setten müßt, den Fru Nüßlern em inschenkt hadd. – "'Ne verfluchte Geschicht!" rep hei un stunn up, "un wer is doran Schuld? – Jung'=Jochen!" – "Je, Braesig, wat sall ick dorbi dauhn?" – "Was? Du läßt Dir hier von den Thronfolger das Frühstück vor die Nase auffressen, nimmst Dir hier zwei geistliche Kannedaten in's Haus und weißt denn Deinem Leibe keinen Rath! – Aber lassen Sie man sin, Frau Nüßlern, nehmen Sie getrost die beiden geistlichen jungen Herrn in Ihr Haus. – Ich – ich paß auf, ich paß auf das lütte Kropzeug, un die beiden ßackermentschen Bengels soll das Donnerwetter holen! Den Fechter, den Duwellfechter, den nehm ich über mir, schmeißen Sie man ab un an en Aug' auf den Bekehrer, denn das ist der slimmste." – "Je, 't ward ok nich anners," säd Fru Nüßlem un stunn ok up. –

Un up Micheli rückten de beiden geistlichen Rekruten in 't Quartir, un Franz gung af nah de landwirthschaftliche Schaul tau Eldena, un as hei ut den Gürlitzer Pastergoren gung, dunn kek em aewer den Tun, up dat sülwige Flag, wo Fritz mit dat Botterbrod un de Birbuddel seten hadd, en leiwes, herrliches Gesicht nah, un dit Gesicht sach ut, as en sidenen, rosenroden Geldbüdel, ut den de letzte Gröschen för den besten Fründ utgewen is. –

As Lowise desen Abend in 'n Schummern in de Stuw' kamm, treckte Fru Pastern dat grote, schöne Mäten up ehren Schot un küßte ehr den reinen Mund un drückte dat reine Hart an sick. – Na, de Frugenslüd' kaenen jo dat nich laten!


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