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Sechste Szene

Pseudolus kommt aus dem Haus des Simo

Pseudolus: O Jupiter, wie alles mir, was ich auch mache,
hübsch und ganz nach Wunsch herauskommt:
Kein Gedanke ist in mir,
daß ich an irgend etwas zweifeln,
irgend etwas fürchten müsse.
Eine Dummheit ist es nämlich,
eine große Tat mit schwankendem Gemüt zu wagen;
sind doch alle Dinge so, wie man sie angeht,
so gefahrvoll, wie man sie sich macht.
Die Truppen hab' ich zweifach, dreifach
mir bereitgestellt – dazu die Listen, Ränke, alle Schliche,
so daß ich siegen muß, wo immer ich
auf meine Gegner treffe, so daß mit Betrug und Bosheit
meinen Feinden ich das Hemd vom Leibe reiße. –
Ich vertraue auf die Tüchtigkeit,
die meine Ahnen schon besaßen,
auf den eigenen Betrug,
den ich mit Eifer und mit Arglist so betreibe. –
Nun aber will ich diesen Feind – er ist es mir wie euch –
will diesen Ballio nun hübsch
in Grund und Boden ballern.
Paßt auf: Errichten will ich meine Schanzen
gegen diese Stadt. Noch heute soll sie fallen.
Meine Legionen führ' ich hier heran,
und wenn ich siege, will ich all den meinen
ein angenehmes Los bereiten;
gegen diese alte Festung da (er zeigt auf das Haus des Simo)
will gleich darauf ich meine Truppen führen,
daraus mich und meine Kameraden
voll und übervoll mit Beute füllen und beladen;
Furcht und Flucht dagegen meinen Feinden so bereiten,
daß sie wissen, wer ich bin. Ja, das ist meine Art:
Mir kommt es zu, die großen Taten zu bewirken,
welche nachher, weithin tönend, lange Zeit noch
meinen Ruhm verkünden sollen.

Harpax tritt auf

Doch wen seh ich da? Wer ist das, der, mir unbekannt,
mir vor Augen kommt?
Was der mit seinem Schwert hier will,
möcht' ich zu gerne wissen.
Dorthin zieh' ich mich zurück, von dort aus,
aus dem Hinterhalt, will ich erfahren, was er vorhat.

Siebte Szene

Harpax: Hier ist der Ort, auch der Stadtbezirk, den mir mein Herr beschrieben hat. Wie ich es nun vor mir sehe, so hat mein Herr, der Söldner, es gesagt: Das siebte Haus vom Tor sei es, wo dieser Kuppler wohnt, dem ich Bild und Geld überbringen soll. Nun wünscht' ich mir nur jemand, der mir ganz sicher sagen kann, ob hier der Kuppler Ballio wohnt.

Pseudolus: (für sich) Pst, jetzt still, wenn mich Götter und Menschen nicht im Stich lassen, gehört der Kerl mir. Jetzt ist neuer Rat und neue Überlegung nötig, plötzlich steh' ich einer neuen Lage gegenüber. Das kommt nun zuerst; was ich vorher begonnen habe, schieb' ich beiseite. Diesen martialischen Gesandten, der da ankommt, leg' ich euch elegant aufs Kreuz.

Harpax: An die Tür will ich klopfen und jemand herauszurufen.

Er geht zur Türe, Pseudolus tritt hervor

Pseudolus: Wer du auch bist, das Klopfen will ich dir ersparen. Ich stehe zwar draußen, aber ich bin der Schutzherr dieser Tür und bitte um Schonung, daß sie nicht mißhandelt wird.

Harpax: Bist du der Ballio?

Pseudolus: Nein, nur sein Unterballio.

Harpax: Was soll das heißen?

Pseudolus: Ich besorg' ihm, was hineingeht und was hinausgeht. Ich kümmere mich um das, was täglich nötig ist.

Harpax: Ein Hausverwalter also.

Pseudolus: Nein, dem hab' ich zu befehlen.

Harpax: Sklave oder frei?

Pseudolus: Im Augenblick tatsächlich Sklave.

Harpax: Das sieht man; nicht jedoch, daß du's verdienst, ein freier Mann zu sein.

Pseudolus: An dich denkst du wohl kaum, wenn du so ungerecht von andern sprichst.

Harpax: (für sich) Das muß ein übler Bursche sein.

Pseudolus: (für sich) Die Götter dienen mir, sie lieben mich! Der ist mein Amboß, auf dem ich meine Ränke schmieden will.

Harpax: (für sich) Was redet der vor sich hin?

Pseudolus: (laut) Nun also, junger Mann?

Harpax: Was ist?

Pseudolus: Bist du nun der Sklave oder bist du's nicht, kommst du nicht von diesem Söldner, dem mazedonischen Soldaten, der das Mädchen von uns gekauft hat, der dem Kuppler schon fünfzehn Minen Silber gegeben hat und fünf noch schuldig ist?

Harpax: Ich bin's, doch wo in aller Welt konntest du mich kennenlernen, wo hast du mich gesehen, wo gesprochen? Nie kam ich bis jetzt nach Athen und nie bis jetzt haben meine Augen dich gesehen.

Pseudolus: Mir schien, du seist es; nämlich damals, als der Söldner ging, wurde dieser Tag als Termin bestimmt, bis zu dem das Geld an uns zu zahlen sei. Aber es wurde bisher nicht gebracht.

Harpax: Doch, doch, hier ist es!

Pseudolus: Du hast's gebracht?

Harpax: Ich selbst, natürlich.

Pseudolus: Warum gibst du's dann nicht her?

Harpax: Dir soll ich's geben?

Pseudolus: Wem sonst! Ich bin's, der das Vermögen meines Herrn, des Ballio, verwaltet und der seine Rechnung führt. Ich nehme Geld entgegen, zahle aus, und wem er etwas schuldig ist, der kriegt sein Geld von mir.

Harpax: Und wenn du über den Besitz Jupiters verfügen dürftest: Dir vertrau' ich nicht das kleinste Stück Silber an.

Pseudolus: Es bräuchte nicht mehr Zeit, als du zum Niesen brauchst, und schon wär' die Sache abgewickelt.

Harpax: Ich bewahr' die Sache lieber eingewickelt, dafür sicher und unversehrt.

Pseudolus: Wehe dir, du bist erkannt, du willst meine Zuverlässigkeit aufspießen – wie wenn man mir nicht ständig ohne Zeugen sechshundertmal soviel anvertrauen würde.

Harpax: Möglich, daß es andere so halten, möglich aber auch, daß ich dir nicht traue.

Pseudolus: Du redest, als wollt' ich dich um das Geld betrügen.

Harpax: So, als würdest du so reden, wie wenn du mich betrügen wolltest, und als hätt' ich Verdacht geschöpft. Doch nun, wie ist dein Name?

Pseudolus: (für sich) Ballio hat einen Sklaven namens Syrus. Ich sage, das sei ich. (laut) Ich bin der Syrus.

Harpax: Der Syrus?

Pseudolus: Ja, das ist mein Name.

Harpax: Wir reden viel zu viel. Wie du auch heißen magst, wenn dein Herr zuhause ist, warum rufst du ihn nicht heraus, damit ich erledigen kann, wozu man mich hergeschickt hat?

Pseudolus: Wär' er im Haus, würd' ich ihn rufen. Aber wenn du's mir geben wolltest, wär' das Geschäft besser abgewickelt, als wenn du's ihm selber gibst.

Harpax: Weißt du, wie's um diese Sache steht? Das Geld zu zahlen, hat mir mein Herr aufgetragen, nicht es zu verlieren. Ich weiß, du bist ganz krank davon, weil du deine Klauen da nicht hineinschlagen darfst. Nicht einen Heller werd' ich irgend jemandem anvertrauen außer diesem Ballio selbst.

Pseudolus: Aber der ist jetzt beschäftigt: ein Prozeß ist vor dem Richter hängig.

Harpax: Die Götter mögen ihm dabei helfen. Ich komm' zurück, wenn ich denke, daß er zuhause ist. Du nimmst inzwischen hier den Brief und übergibst ihn deinem Herrn. Er ist nämlich das Erkennungszeichen zwischen ihm und meinem Herrn, was das Mädchen anbelangt.

Pseudolus: Ich weiß Bescheid: Demjenigen soll man das Mädchen anvertrauen, der uns das Geld bringt und dazu sein Bild, in Wachs gedrückt; einen andern Abdruck des Bildes ließ er hier zurück.

Harpax: Du weißt ja alles.

Pseudolus: Warum sollt' ich nicht?

Harpax: Dann gib ihm das Erkennungszeichen.

Pseudolus: Gut. Sag mir deinen Namen.

Harpax: Harpax heiß ich: Hakenklaue, weil ich alles an mich reiße. Harpax ist ein sprechender Name: an sich reißend, räuberisch. Das Wort ist abgeleitet von harpago: der Raubhaken, der Enterhaken. Im folgenden spielt Pseudolus mit dieser Bedeutung des Namens.

Pseudolus: Harpax, fort mit dir! Du paßt nicht hierher! Du kommst mir nicht ins Haus, nicht daß du drinnen hakst und klaust.

Harpax: Die Feinde reiß' ich lebendig aus den Reihen des Gegners. Daher kommt mein Name.

Pseudolus: Du reißt wohl eher kupferne Gefäße aus den Häusern.

Harpax: Nein, so ist das nicht. Doch Syrus, weißt du, um was ich dich jetzt bitte?

Pseudolus: Wenn du's sagst, weiß ich es.

Harpax: In der Schenke will ich einkehren, von hier aus gesehen in der dritten vor dem Tor, bei dem alten, dicken Faß von einer Wirtin, bei der lahmen und hinkenden Chrysis.

Pseudolus: Und, was willst du?

Harpax: Dort sollst du mich holen, sobald dein Herr nach Haus gekommen ist.

Pseudolus: Ganz wie du willst. Geht in Ordnung.

Harpax: Ich bin nämlich müde vom langen Weg und möchte mich ein wenig pflegen.

Pseudolus: Ganz vernünftig bist du: ein ganz gefälliger Entschluß. Paß aber auf, daß ich dich nicht suchen muß, wenn ich dich hole.

Harpax: Nach dem Essen leg' ich mich schlafen.

Pseudolus: Das find' ich gut.

Harpax: Sonst noch etwas?

Pseudolus: Nur, daß du schlafen gehst.

Harpax: Das geh' ich.

Harpax geht ab

Pseudolus: Harpax, hörst du noch? Schau, daß man dich gut zudeckt! Du wirst selig sein, wenn du so recht geschwitzt hast!

Achte Szene

Pseudolus: O ihr Unsterblichen, gerettet hat mich
dieser Mensch mit seinem Kommen!
Mit dem Wagen da (er zeigt den Brief) hat er mich
aus dem Dickicht auf den Weg zurückgeführt.
Gelegenheit, o Göttin du des rechten Zeitpunkts,
du selbst hättest mir gelegener nicht kommen können,
als mir dieser Brief gelegen kommt, zur rechten Zeit!
Denn hier kommt mir ein Füllhorn, voll mit allem,
was ich will: Fallstricke sind hier,
Schliche, Listen, Lügen, hier ist Geld,
und hier ist die Geliebte für den Liebenden,
für meinen jungen Herrn.
Um mich hochgesinnt und voller Mut zu machen,
hatt' ich alles schon bereitgestellt in meinem Geist,
hatt' es gerüstet, aufgestellt in Reih und Glied,
gesichtet und geordnet, um zu überdenken,
wie dem Kuppler dieses Mädchen zu entreißen wäre.
Doch, so ist's: Was hundert kluge Menschen ausgedacht,
macht diese eine Göttin ganz und gar zunichte –
die Fortuna. Und auch das ist wahr: Wie einer nutzt,
was ihm Fortuna schenkt, gradso vortrefflich ist er,
genauso klug und weise gilt er dann uns allen.
Ist einem, was er plante, gut gelungen,
halten wir den Kerl sogleich für einen klugen
und gewitzten Kopf, für einen Dummkopf aber einen,
dem es schlimm ausging – und wissen nicht, wir Toren,
wie wir irren können, wenn wir etwas wollen,
grad als ob wir wüßten, was uns nützt.
Fahren lassen wir, was sicher ist, erstreben Zweifelhaftes,
und bei aller Müh' kommt schließlich das heraus:
Daß sich der Tod ganz heimlich anschleicht
und uns plötzlich überrascht. –
Genug philosophiert. Ich weiß, ich rede viel zuviel.
Ihr Götter, was ich unversehens schnell erfand,
die Lüge da, mich als des Kupplers Sklaven auszugeben:
Mehr als pures Gold war sie doch wert. Mit diesem Brief
will ich nun drei zugleich betrügen:
meinen Herrn, den Kuppler sowie den,
der mir den Brief hier gab. – Wie schön!

Calidorus und Charinus kommen

Noch etwas ebenso Erfreuliches, das ich mir wünschte:
Dort kommt Calidorus, bringt noch einen mit,
ich weiß nicht, wen.

Neunte Szene

Calidorus: Alles Bittere und Süße hab' ich dir erzählt. Meine Liebe kennst du, auch mein Unglück und meine Not.

Charinus: Ich weiß alles. Nur das mußt du mir noch sagen: was soll ich für dich tun?

Calidorus: Pseudolus gab mir den Auftrag, ich soll ihm einen Mann zuführen, der tatkräftig sei, entschlossen und uns wohlgesinnt.

Charinus: Gut erfüllst du deinen Auftrag; du führst einen Freund und Wohlgesinnten zu ihm. Aber diesen Pseudolus, den kenn' ich gar nicht.

Calidorus: Ein Original von einem Kerl, wie er im Buch steht. Er ist der Ingenieur bei meinen Plänen und bei meinen Problemen.

Pseudolus: (für sich) So recht pathetisch red' ich den jetzt an.

Calidorus: He, wessen Stimme ist das?

Pseudolus: (laut) Io, io, dich, dich,
Tyrann und Herrscher über Pseudolus,
dich, dich erfrag' ich, dich, dich such' ich, dich,
dem dreimal dreifach dreigestaltig
dreierlei ich nun Vergnügen bringe,
dreifach auch erdient
mit Künsten, dreigestaltigen, dreifache Wonne,
dir bereitet durch Betrug, dreifachen:
Arglist, Bosheit, Täuschung.
Hier in diesem winzigkleinen Brief mit seinem Siegel
hab' ich alles dir herangeschafft.

Calidorus: Das ist der Mann.

Charinus: Wie der Halunke die Tragödie parodiert!

Pseudolus: Tritt näher, strecke kühn den Arm zum Gruß nach deinem Heil aus!

Calidorus: Grüß' ich dich als Hoffnung oder schon als Heil?

Pseudolus: Grüß mich als beides.

Calidorus: Also, liebes »beides«, ich grüße dich. Doch was ist geschehen?

Pseudolus: Warum bist du so besorgt?

Calidorus: (auf Charinus zeigend) Ich habe ihn dir besorgt.

Pseudolus: Wie hast du ihn »besorgt«?

Calidorus: Ich hab' ihn hergebracht, wollt' ich sagen.

Pseudolus: Und wer ist das?

Calidorus: Das? Mein teurer Freund Charinus.

Pseudolus: Wie schön, – wenn er nicht allzu teuer ist.

Charinus: Warum sagst du's mir nicht einfach, wenn du etwas von mir brauchst?

Pseudolus: Oh, danke. Es möge dir immer wohl ergehen.

Charinus. Aber ich möchte nicht, daß wir dir lästig sind.

Charinus: Mir lästig? Sicher nicht.

Pseudolus: Dann also bleib' weiterhin dabei.

Calidorus: Was also ist nun?

Pseudolus: Diesen Brief und das Erkennungszeichen hab' ich soeben abgefangen.

Calidorus: Ein Erkennungszeichen? Welches denn?

Pseudolus: Das von dem Söldner kam. Sein Sklave bracht' es, die fünf Minen noch dazu; er sollte sie wegholen, die du liebst. Den hab' ich schön hereingelegt.

Calidorus: Wie denn?

Pseudolus: Für das Publikum wird die Komödie aufgeführt. Das war dabei und weiß Bescheid. Euch zwei erzähl' ich die Geschichte später.

Calidorus: Was nun?

Pseudolus: Heute noch umarmst du die frei gewordene Geliebte.

Calidorus: Wirklich? Ich?

Pseudolus: Du, wie ich dir sage, und so wahr mein Kopf fest auf meinem Halse sitzen soll; – wenn ihr mir nur gleich einen Kerl beschafft.

Calidorus: Sofort!

Charinus: Was für einen?

Pseudolus: Einen schlauen, abgeschlagenen Schurken, der, hat er erst einmal den Anfang einer Sache im Griff, dank seiner Tüchtigkeit selber alles tun kann, was die Lage jeweils erfordert. Und man sollt' ihn hier möglichst noch nicht gesehen haben.

Charinus: Macht es etwas aus, wenn er ein Sklave ist?

Pseudolus: Im Gegenteil! Ein Sklave ist mir viel lieber als ein Freier!

Charinus: Ich glaube, da kann ich dir einen zur Verfügung stellen, einen schlimmen und gewitzten, einen, der in unserm Haus ist, aber gerade erst von Karystos ankam. Mein Vater hat ihn hergeschickt, und das Haus hat er seither noch nicht verlassen. Er war bis gestern auch noch nie in Athen.

Pseudolus: Gut kommt mir das zustatten. Außerdem brauchen wir noch fünf Minen Silber, die man sich irgendwo leihen muß. Ich gebe sie heute noch zurück. (auf Calidorus weisend) Sein Vater nämlich hat sie dann ohnehin an mich zu bezahlen.

Charinus: Die will ich dir geben. Such gar nicht woanders.

Pseudolus: Mann, wie kommst du mir gelegen! Dann brauchen wir aber noch einen Reisemantel, einen Reisehut und ein Schwert.

Charinus: Kannst du alles von mir haben.

Pseudolus: Ihr Götter, nicht nur ein teurer Freund, der Überfluß an allen Gütern ist er für mich. Doch der Sklave, der aus Karystos ankam, hat er auch Verstand und Geschmack?

Charinus: Geschmack sicher – in seinen Achselhöhlen: wie ein alter Geißbock.

Pseudolus: Da wird er eine Tunika mit langen Ärmeln tragen müssen. Hat der Kerl auch Scharfes, Beißendes in der Brust?

Charinus: Vom schärfsten Essig.

Pseudolus: Und wenn es nötig wäre, etwas Süßes daraus abzugeben, wie steht's damit? Hat er davon?

Charinus: Wie kannst du fragen! Honigmet mit Myrrhe, edler süßer Wein, Sirup aus Apfelmost und Honiglimonade, alles, was man aus Honig macht: Er war einmal dran, in seinem Herzen einen Schleckereienladen aufzumachen.

Pseudolus: Bestens, Charinus, du zerschleckst mich da mit meinem eigenen Scherz. Wie heißt denn dieser Sklave?

Charinus: Simia ist sein Name.

Pseudolus: Weiß er auch, wie man sich drehen und wenden muß, wenn sich das Ding zum Schlimmen kehrt?

Charinus: Kein Wirbelwind dreht sich so schnell.

Pseudolus: Ist er auch findig?

Charinus: Fündig wurde man bei ihm oft – bei mancher schlimmen Tat.

Pseudolus: Wenn man ihn auf frischer Tat ertappt?

Charinus: Ist er ein Aal; sofort entschlüpft.

Pseudolus: Und ist der Kerl gescheit?

Charinus: Kein Volksbeschluß ist gescheiter.

Pseudolus: Der Mensch ist brauchbar, wie du ihn rühmst.

Charinus: Sicher. Kaum hat er dich angesehen, sagt er dir von sich aus, was du von ihm willst. Aber was hast du vor?

Pseudolus: Ich will's dir sagen: Wenn ich den Kerl recht ausstaffiert habe, soll er den Sklaven jenes Söldners spielen. Das Erkennungszeichen und fünf Minen Silber soll er dem Kuppler bringen und dafür das Mädchen mit sich nehmen. Das ist alles, damit hast du die Geschichte. Das übrige Was und Wie sag ich ihm selbst.

Calidorus: Was stehen wir also noch herum?

Pseudolus: Schickt mir den Kerl mit allem Schmuck gleich zu mir; ich bin beim Wechsler Aeschinus. Beeilt euch aber!

Calidorus: Wir sind noch vor dir dort!

Pseudolus: Also schnell, geht!

Calidorus und Charinus gehen ab

Was immer auch in meiner Brust unsicher war bis jetzt
und zweifelhaft: Jetzt ist mir alles klar, mein Herz befreit
und reingefegt von allem Zweifel, freie Bahn für mich.
Feldzeichen pflanz' ich auf und stelle meine Legionen
unter ihnen auf zur Schlacht.
Von links die Vögel, günstig ist dies Zeichen, mein' ich:
Voll Vertrauen kann ich sein, die Feinde zu vernichten.
Auf den Markt will ich nun gehn und diesen Simia
vollpacken mit den Lehren meiner Kunst,
damit er weiß, was er zu tun hat,
daß er bei der Sache niemals strauchelt,
daß er klug und listig diesen Streich vollführt.
Ich sag' euch: Heute noch
wird diese Kupplerburg erobert.

Pseudolus geht ab

Zehnte Szene

Der Knabe des Ballio kommt vom Markt zurück

Knabe: Als Knabe einem Kuppler zu gehören:
Wem die Götter dieses Los bereiten, dem bereiten sie
ein schlimmes, großes Übel, viele Qual! – Vor allem,
wenn sie ihm kein hübsches, nein, ein häßliches Gesicht
verleihen. Bitter muß ich das an mir erfahren.
Solche Knechtschaft nämlich wurde mir zuteil.
Alle kleinen, alle großen Plagen hab' ich zu ertragen.
Keinen find' ich, der mich lieben will,
damit ich einmal doch von Salböl glänzend
mich kann pflegen lassen.
Geburtstag hat der Kuppler heut': Er hat uns angedroht,
vom Kleinsten bis zum Größten, sollt' ihm einer
kein Geschenk zukommen lassen, morgen werd' er ihn
zugrunde richten unter größter Marter.
Ich, o Herkules, weiß nun beim besten Willen nicht,
was ich da machen soll; ich kann auch das nicht,
was die andern, die es können, so zu machen pflegen.
Wenn ich dem Kuppler heute sein Geschenk nicht gebe,
stehen Prügel mir bevor: Wie Wäsche komm' ich
in die Walkerei und werde durchgewalkt. O weh,
was bin ich doch für diese Sache gar so klein!
Und doch, so schlimm in Angst vor Schlimmem
ich auch bin: Obwohl es heißt, es täte schrecklich weh,
gäb' einer mir etwas: Sei seine Hand
auch hart und lästig, scheint mir doch,
ich könnte irgendwie zusammenpressen meine Zähne...

Ballio kommt mit dem Koch

Doch zusammenpressen muß ich meine Lippen,
still sein: Denn dort kommt mein Herr zurück;
den Koch bringt er hierher.

Elfte Szene

Ballio: Wer da von einem Markt für Köche redet,
redet dumm.
Kein Markt für Köche ist da, einer nur für Diebe.
Denn, wenn ich geschworen hätte, mir als Koch
den miserabelsten von diesen Kerlen zu verschaffen,
keinen schlimmern hätt' ich finden können als den Kerl,
den ich da bringe, keinen so geschwätzig, prahlerisch,
so abgeschmackt und völlig unbrauchbar.
Warum nur wollte den der Orkus sich nicht nehmen,
die Mahlzeit für die Toten zu bereiten:
Für die allein kann der was Akzeptables kochen.

Koch: Wenn du so wenig von mir hältst, warum hast du mich dann gemietet?

Ballio: Aus Not; es war kein andrer da. Wenn du ein guter Koch wärst, warum säßest du allein, nur du allein von allen Köchen, auf dem Markt?

Koch: Das kann ich dir sagen: Nicht mein Unvermögen, der Geiz der Menschen macht mich zu einem unbrauchbaren Koch.

Ballio: Was soll das heißen?

Koch: Ich will's dir erklären: Will einer einen Koch mieten, fragt niemand nach dem besten und damit teuersten. Den mieten sie, der am billigsten zu haben ist. Nur aus diesem Grund blieb ich als einziger heute auf dem Markt sitzen. Die geben sich für eine Drachme, diese Armseligen. Doch ich: Zwei Drachmen sind das mindeste, was mich zum Aufstehen bringt.

Bereit' ich nämlich eine Mahlzeit zu: Ich mach' es nicht
wie andre Köche, welche ganze Wiesen, eingemachte,
auf die Platten bringen, die zu Ochsen gar
die Tischgenossen machen, Kraut und Rüben,
Gras und Heu den Gästen bieten,
dieses Kraut mit anderm Kraut dann wieder würzen;
Koriander, Fenchel, Knoblauch, schwarzen Kohl
tun sie hinein, dann kommt noch Sauerampfer,
Mangold, Blaukraut, Blutkraut und was weiß ich
pfundweise dazu. Dann den verfluchten Senf,
er denen, die ihn reiben, Tränen aus den Augen treibt,
bevor sie ihn gerieben haben.
Wo solche Leute kochen, würzen sie
nicht mit Gewürzen, Hexenelixiere sind es,
die der Tischgenossen Eingeweide
bei lebend'gem Leib zerfressen. Daher kommt es,
daß die Menschen gar so kurz zu leben haben,
wenn sie solches Kraut
in ihrem Bauch zusammenhäufen,
grauenvoll davon zu reden, ohne noch davon zu essen:
Kraut, das nicht das Vieh frißt,
fressen hier die Menschen.

Ballio: Und du? Wenn du so schlecht von den Gewürzen sprichst: Du gebrauchst wohl Göttergewürze, mit denen du den Menschen das Leben verlängern kannst?

Koch: Ohne weitres kannst du's sagen:
Gut zweihundert Jahre können die,
die ständig meine Speisen essen, leben: Speisen,
welche ich gewürzt. Sobald ich nämlich
Cocilendrum oder Cepilendrum, Maccis und Secaptis
in die Schüsseln gebe,
kochen diese augenblicklich ganz von selbst.
Das sind Gewürze für die Tiere Neptuns, für die Fische,
für das Landvieh nehm' ich Cicimandrum, Hapalocopis
und Cataractia.

Ballio: Jupiter samt allen Göttern soll dich verderben – samt deinen Kräutern und Lügen!

Koch: Laß mich weiterreden!

Ballio: Rede! Aber dann scher dich zum Henker!

Koch: Wenn es dann in allen Töpfen siedet,
öffne ich die Deckel, und ein Duft,
emporgesandt mit hocherhobnen Füßen,
steigt zum Himmel: Davon nährt sich Jupiter alltäglich.

Ballio: Was? Ein Duft von hocherhobnen Füßen?

Koch: Ich habe mich versprochen.

Ballio: Wie denn?

Koch: Emporgesandt mit hocherhobnen Händen, wollt' ich sagen.

Ballio: Wenn du aber nirgendswohin zum Kochen gehst, wovon ernährt sich Jupiter dann?

Koch: Ins Bett muß er ohne Essen.

Ballio: Geh zum Henker! Soll ich dir dafür zwei Drachmen zahlen für den Tag?

Koch: Ich gebe zu, ich bin tatsächlich ein sehr teurer Koch. Aber, wohin ich auch als Mietkoch komme: Nachher sieht man, was ich geleistet habe für meinen Preis!

Ballio: Beim Stehlen wohl.

Koch: Meinst du vielleicht, du könntest einen Koch auftreiben, ohne daß er Geierklauen und Adlerkrallen hat?

Ballio: Meinst du vielleicht, du könntest irgendwo dein Essen kochen, ohne daß man dir die Krallen zusammenbindet? (zum Knaben) Du, Knabe, dir geb' ich jetzt den Auftrag, augenblicklich alles wegzuräumen, was hier im Haus nicht niet- und nagelfest ist. Dann behalte seine Augen immer in deinen Augen: Wo er hinblickt, schau auch du hin; geht er wohin, geh auch du zugleich dorthin; streckt er die Hand aus, heb sogleich auch deine: Nimmt er etwas in die Hand, das ihm gehört, so laß es ihn nehmen; ist es aber unser Eigentum, dann faß es gleich am andern Ende an; wenn er geht, dann geh, und wenn er steht, steh zugleich auch du; wenn er sich bückt, bück dich nieder. Ebenso bestell' ich jedem seiner Helfer einen eignen Wächter.

Koch: Du kannst ganz unbesorgt sein.

Ballio: Wie kann ich unbesorgt sein: – nachdem ich dich ins Haus gebracht habe!

Koch: Weil ich dir heute meinen Trank zubereiten werde, einen, wie ihn einst Medea dem alten Peleas zusammenbraute. Durch diesen Trank und durch ihre Zaubermittel machte sie ihn, wie man sagt, vom Greis wieder zum Jüngling. Der Koch wartet hier unfreiwillig komisch mit einer mythologischen Ungenauigkeit auf: Medea überredete die Töchter des Pelias, ihren Vater zu zerstückeln und die Teile in einem von ihr zubereiteten Zaubertrank zu kochen, um ihn zu verjüngen. Da sie aber ihren Zauber dabei nicht anwendete, kam Pelias durch die Hand seiner Töchter um.

Ballio: Was, Giftmischer bist du auch?

Koch: Ich bin vielmehr der Menschen Retter und Bewahrer.

Ballio: Gut, was kostet es, wenn du mich lehrst, einen deiner Tränke zu brauen?

Koch: Und was für einen?

Ballio: Ein Mittel, wie ich dich abhalte, mir etwas zu stehlen.

Koch: Wenn du mir vertraust, kostet es ein Silberstück; wenn nicht, erfährst du's nicht einmal für eine ganze Mine. Aber gibst du diese Mahlzeit heute deinen Freunden oder deinen Feinden?

Ballio: Meinen Freunden selbstverständlich!

Koch: Warum lädtst du nicht lieber deine Feinde ein? Heute kriegen nämlich deine Gäste eine Mahlzeit, zubereitet und mit Lieblichkeit gewürzt, daß jeder, wer auch nur etwas davon gekostet hat, sich selbst die Finger – abnagt, dazu bring ich ihn!

Ballio: Bevor du meinen Gästen davon gibst, kost' es doch zuerst selbst und gib auch deinen Helfern etwas ab – damit ihr euch die Diebesfinger abnagt.

Koch: Ich glaub', du glaubst mir nicht, was ich sage.

Ballio: Sei jetzt nicht lästig! Zu lang schon krähst du hier herum. Sei endlich still! Hier wohn' ich: Geh hinein ins Haus und koch das Essen, los, beeil dich schon!

Küchenjunge: Du solltest zu Tisch gehen und die Gäste holen; sonst verdirbt am Ende noch das Essen.

Der Koch und seine Gehilfen gehen ins Haus

Ballio: (dem Koch nachrufend) He du, paß auf deinen Sprößling auf! –Jetzt ist da auch noch dieser Küchenjunge, dieser Unterspeisenlecker, der verruchte. Ich weiß wirklich nicht mehr, wovor ich mich vor allem hüten soll. Diebe sind in meinem Haus, und dazu ist noch ein Räuber in der Nähe. Mein Nachbar, der Vater des Calidorus hat es mir soeben auf dem Markt nachdrücklich angezeigt, wie ich mich vor seinem Sklaven, diesem Pseudolus, in acht nehmen müsse, wie ich ihm auf keinen Fall trauen dürfe; denn der hab' im Sinn, mich noch heute um das Mädchen zu betrügen: Er habe ihm sogar versprochen, sagte mir der Nachbar, die Phönizia mit List und Tücke zu entführen. Jetzt geh' ich gleich ins Haus und sag' allen dort, daß keiner diesem Pseudolus irgendwie trauen darf.

Ballio geht in sein Haus

Zwölfte Szene

Pseudolus tritt auf

Pseudolus: Wenn je die Götter jemand beistehn wollen,
dann wollen sie, daß wir, ich meine mich und Calidorus,
uns gerettet sehn, den Kuppler aber ausgelöscht, vertilgt.
Dich nämlich, klug und abgeschlagen, wie du bist,
dich haben sie als Helfer mir geschaffen.
Doch, wo ist er?
Was bin ich für ein Tor, mit mir allein zu reden?
Hereingelegt hat er mich, dieser Schuft!
Ich Schuft, der mich zusammentat mit einem Schuft,
ich hab' mich schlecht in acht genommen.
Hat der Kerl sich einfach so davongemacht,
bin ich erledigt;
nichts wird dann aus dem, was ich noch heute
zu vollbringen hoffte. Doch, da seh' ich ihn,

Simia tritt auf, als Soldat gekleidet
ein wahres Götterstandbild, zum Verprügeln schön!
Wie der daherkommt, wie er selbst sich
auf die Bühne schiebt, großspurig, eingebildet!
Überall hab' ich dich schon gesucht.
Was hatt' ich Angst,
du hättest dich auf üble Art davongemacht.

Simia: Das hätt' ich machen sollen, muß ich gestehen.

Pseudolus: Wo hast du denn gesteckt?

Simia: Wo's mir gepaßt hat.

Pseudolus: Kann ich mir denken.

Simia: Was fragst du, wenn du's weißt.

Pseudolus: Ich weise dich nur zurecht.

Simia: Du mich? Wer hier Zurechtweisung verdient, bist du, drum laß das bleiben!

Pseudolus: Wie Dreck behandelst du mich!

Simia: Warum nicht? Als Kriegsheld, der ich jetzt bin.

Pseudolus: Ich will nur, daß es jetzt geschieht, was wir in Gang gebracht haben.

Simia: Siehst du mich etwas andres tun?

Pseudolus: Also, mach ein bißchen schnell!

Simia: Ich hab's lieber gemächlich.

Pseudolus: Jetzt ist die Gelegenheit: Komm ihm zuvor, sei zur Stelle, während er noch schläft.

Simia: Warum so eilig? Nur ruhig und keine Angst! Ich wollte, der Kerl, den der Söldner geschickt hat sei auch dort. Vor aller Augen sollt' er niemals ein besserer Harpax sein als ich. Sei zuversichtlich: Die Sache bring ich hübsch und elegant in Ordnung. Meine List und meine Lüge wird den fremden Helden so in Angst und Schrecken setzen, daß er leugnet, zu sein, wer er ist, und daß er mich als Harpax anerkennt.

Pseudolus: Wie das?

Simia: Mußt du immer fragen? Deine Fragerei bringt mich noch um.

Pseudolus: Was für ein allerliebster Kerl!

Simia: Daß du Bescheid weißt: Nicht einmal du, der mir die Rolle beigebracht hat, wirst mich an List und Lüge übertreffen.

Pseudolus: O möge Jupiter dich mir bewahren!

Simia: Für mich soll er mich mir bewahren. Doch schau, wie steht mir dieser Schmuck?

Pseudolus: Ausgezeichnet.

Simia: Gut!

Pseudolus: Die Götter mögen dir Gutes gewähren nach deinem Wunsch. Wünscht' ich, sie sollten dir gewähren, was du verdienst, so kriegtest du weniger als nichts. Noch nie sah ich einen Schuft, einen Bösewicht wie dich.

Simia: Ausgerechnet du mußt mir das sagen?

Pseudolus: Ich bin schon still. Aber was kann ich für dich tun, was für Geschenke kann ich dir geben, wenn du mir diese Sache klug, besonnen und gut zu Ende gebracht hast?

Simia: Kannst du jetzt still sein?

Pseudolus: So, wie mich die Götter lieben mögen –

Simia: Reine Lügen – niemals tun sie das.

Pseudolus: ... genauso lieb' ich dich, mein Simia, so preis' ich dich, so groß ist meine Ehrfurcht, weil du so gemein und verschlagen bist.

Simia: Nein, nein, mit mir nicht! Ich habe selber gelernt, das andern anzuhängen. Mich erwischst du nicht: Lobhudeleien nützen bei mir nichts.

Pseudolus: Lieblich-allerliebst wirst du bei mir empfangen, wenn du das Werk getan hast!

Simia: Haha!

Pseudolus: Mit leckeren Speisen, mit Wein, Salben, zwischen jedem Becher Köstliches aus Fleisch: ein hübsches Mädchen wird bei uns sein, und küssen wird sie dich, mit Küssen bedecken wird sie dich.

Simia: Wirklich, du empfängst mich allerliebst.

Pseudolus: Wenn du's vollbracht hast, wirst du das sagen.

Simia: Bring' ich's nicht fertig, so sollst du mein Henkersknecht sein und mich mit Martern aller Art bewirten. Aber jetzt, zeig mir das Loch, durch welches man ins Haus des Kupplers kommt.

Pseudolus: Die dritte Türe da.

Simia: Pst – still, die Tür öffnet sich.

Ballio kommt aus seinem Haus

Pseudolus: Dem Haus wird es wohl übel.

Simia: Wieso das?

Pseudolus: Weil es den Kuppler ausspeit.

Simia: Ist er das?

Pseudolus: Das ist er.

Simia: Miserable Ware. Schau nur, wie der geht, nicht richtig vorwärts, sondern quer wie ein Krebs.

Dreizehnte Szene

Ballio: Der Koch ist nicht ganz der Schuft, für den ich ihn gehalten habe: Außer einer Kanne mitsamt dem Becher hat er, bis jetzt wenigstens, noch nichts geklaut.

Pseudolus: Jetzt ist die Gelegenheit, der rechte Moment.

Simia: Ich glaub's auch.

Pseudolus: Dann mach dich mit Schlauheit und List auf den Weg. – Ich bleibe hier im Hinterhalt.

Simia tritt vor

Simia: Ich hab' mir's genau gemerkt: Die sechste Gasse nach dem Tor. In die Gasse sollt' ich gehen, befahl er mir. Aber das wievielte Haus, das weiß ich nicht mehr recht.

Ballio: Wer ist der Kerl im Reisemantel? Woher kommt er? Wen sucht er? So, wie er aussieht, ist er fremd und kennt sich nicht aus hier.

Simia: Aber da ist jemand, der mir helfen kann und mir zeigt, wonach ich suche.

Er tritt auf Ballio zu

Ballio: Er kommt schnurstracks auf mich zu. Woher aus aller Welt kommt der Kerl wohl?

Simia: He, du, dich mein' ich, dich, der du herumstehst mit deinem Bocksbart, gib mir Antwort auf meine Frage.

Ballio: He, sagt man nicht erst Guten Tag?

Simia: Hab' keinen zu vergeben.

Ballio: Dann nimm das gleiche von mir!

Pseudolus (für sich): Von Anfang an ganz ausgezeichnet!

Simia: Kennst du jemand in dieser Gasse? He, dich frag' ich!

Ballio: Sicher kenn' ich jemand: mich selbst.

Simia: Was du behauptest, tun wenige: Kaum jeder zehnte auf dem Marktplatz kennt sich selber.

Pseudolus (für sich): Ich bin gerettet; er philosophiert schon.

Simia: Ich such' hier einen, einen Schuft, einen Verbrecher, einen Schandkerl, einen, dem der Eid nichts gilt, der kein Gewissen hat.

Ballio (für sich): Er sucht mich. Das alles paßt genau auf mich. Wenn er nun auch den Namen weiß – (laut) Wie heißt denn dieser Mensch?

Simia: Es ist der Kuppler Ballio.

Ballio (für sich): Hab' ich's nicht gewußt? (laut) Junger Mann, den du suchst, der bin ich selbst.

Simia: Du bist der Ballio?

Ballio: Bin ich sicher.

Simia: Ein Dieb bist du, der sich durch Mauern bricht, der Kleidung nach.

Ballio: Würdest du mir bei Nacht begegnen, ich glaub', du hieltest die Hand zurück.

Simia: Mein Herr läßt dich grüßen; den Brief hier nimm von mir. Er hat mir befohlen, ihn dir zu geben.

Ballio: Und wer ist der Mann, der dir diesen Auftrag gab?

Pseudolus (für sich): Ich bin verloren. Jetzt sitzt er im Dreck. Den Namen weiß er nämlich nicht, und damit bleibt alles stecken.

Ballio: Wer also ist's, wer hat mir den Brief zugesandt?

Simia: Schau dir das Bild an; dann nenn du mir seinen Namen, damit ich weiß, daß du wirklich dieser Ballio bist.

Ballio: Gib mir den Brief!

Simia: Da nimm ihn. Wessen Siegel erkennst du darauf?

Ballio: Polymachaeroplagides! Ein griechisch-lateinisches Wortungetüm, von Plautus neu gebildet. poly = viel; machaera = Schlachtmesser; Schwert; plaga = Streich, Schlag. Wie er leibt und lebt! Den kenn' ich.

Pseudolus: (für sich) Ah – sein Name: Polymachaeroplagides.

Simia: Jetzt, da du mir den Namen sagst, weiß ich, daß ich dir den Brief zurecht gegeben habe: Polymachaeroplagides.

Ballio: Was macht er denn?

Simia: Was einem tapferen und tüchtigen Kriegsmann gebührt. Aber du, beeil dich und lies den Brief hier durch – schnell, schnell – dann nimm das Geld und mir gib das Mädchen heraus. Ich muß heute noch in Sikyon sein, sonst ist mir der Tod gewiß; so ein Tyrann ist mein Herr.

Ballio: Ich kenn' ihn; du sagst mir nichts Neues.

Simia: Also schnell, lies den Brief!

Ballio: Sicher, wenn du nur still sein willst.
»Polymachaeroplagides, der Söldner,
sendet diesen Brief an Ballio, den Kuppler,
und versiegelt ihn mit seinem Bildnis,
wie wir vereinbart seinerzeit.«

Ja, das Erkennungszeichen ist im Brief. Ich seh' es und erkenn' es. Doch ist das bei ihm üblich, daß er keinen Gruß an den Anfang stellt, wenn er einen Brief schreibt?

Simia: Soldatensitte, Ballio. Mit der Hand entbietet man den Freunden den Gruß, mit derselben den Feinden Tod und Verderben. Aber fahre fort, daß wir erfahren, was der Brief zu erzählen hat.

Ballio: Dann höre!
»Harpax, der zu dir kommt, ist mein Diener ...« –

Dieser Harpax, der bist du?

Simia: Der bin ich, ein ganz echter Harpax.

Ballio: »... der den Brief dir überbringt.
Du sollst das Geld von ihm entgegennehmen,
ihm zugleich das Mädchen übergeben.
Es gehört sich, denen, die es wert sind,
einen Gruß zu senden. Dir auch
hätt' ich einen zugesandt,
hätt' ich dich wert dafür gefunden.«

Simia: Und nun?

Ballio: Du gibst das Geld und nimmst das Mädchen.

Simia: Wer hindert dich?

Ballio: Komm also mit hinein ins Haus.

Simia: Ich folge dir.

Ballio und Simia gehen in das Haus des Ballio

Vierzehnte Szene

Pseudolus: Wahrhaftig, einen Kerl wie diesen Simia,
noch schlimmer, noch verschlagener, gewandter noch
bei seinen üblen Taten hab' ich nie gesehen.
Groß ist meine Furcht vor ihm. Ich habe gräßlich Angst,
er könnte gegen mich genauso schlimm sein,
wie er gegen jenen war; er könnte seine Hörner
gegen mich nun richten,
wenn sich die Gelegenheit ergibt.
So schlimm er sein mag: Daß man ihn erwischt,
wünsch' ich ihm nicht; ich bin ihm wohlgesinnt.
Nun bin ich dreifach voller Angst:
Vor meinem Mitkumpan, daß er im Stich mich läßt
und zu den Feinden überläuft. Dann fürcht' ich,
daß mein Herr gerade jetzt vom Markt zurückkommt
und man gleich, nachdem sie ihre Beute packten,
auch die Beutemacher packt. Und dann fürcht' ich,
der echte Harpax könnte kommen,
noch bevor mein Harpax mitsamt dem Mädchen
sich davon gemacht. Ich bin verloren!
Allzu lange geht's, bis aus der Tür sie kommen.
Mit geschnürtem Bündel steht mein Herz bereit,
aus meiner Brust zu fliehn in die Verbannung,
wenn er nicht das Mädchen aus dem Haus herausführt.

Simia und Phönizia kommen aus dem Haus

Und Sieger bin ich! Die Bewacher sind besiegt,
so vorsichtig und schlau sie waren!

Fünfzehnte Szene

Simia: Weine nicht, Phönizia, du weißt ja nicht, wie die Sache steht. Bald schon, wenn du am Tisch mit ihm liegst, wirst du die Wahrheit sehen. Nicht zum Mazedonier, diesem zähnefletschenden Gesellen führ' ich dich, der dich weinen macht, sondern zu dem, dem du gehören willst. Bald schon, glaub mir, wirst du deinen Calidorus umarmen.

Pseudolus: Was mußtest du so lange säumen? So lang wurde mein Herz bestürmt; ganz abgestumpft ist es schon.

Simia: Grad die Gelegenheit mußt du finden, Schuft, um mich auszufragen, hier, im Hinterhalt des Feindes? Warum passieren wir ihn nicht, so schnell es geht – in militärisch raschem Schritt?

Pseudolus: Recht hast du, obwohl du ein Nichtsnutz bist. Und so: Triumph, Triumph! Geradewegs zum Weinkrug!

Pseudolus, Simia und Phönizia gehen ab

Sechzehnte Szene

Ballio kommt aus seinem Haus

Ballio: Jetzt endlich kann ich mich sicher fühlen, jetzt, da er weg ist und das Mädchen mitgenommen hat. Ich wollte nur, dieser Pseudolus käme jetzt, dieser Ausbund an Verruchtheit, und wollte mir das Mädchen mit Betrügerei entführen. Das weiß ich genau: Lieber wollt' ich tausendmal falsch schwören, als daß der mich mit seinem lächerlichen Trug betrügen sollte. Jetzt bin ich es, der den Kerl auslacht, sobald ich ihn treffe. In der Mühle wird er sein, wie es sich gehört. Jetzt wollt' ich, daß mir dieser Simo in den Weg kommt, auf daß er meine Freude mit mir teilen kann.

Siebzehnte Szene

Simo tritt auf

Simo: Nachschauen will ich, was mein Odysseus fertigbrachte, ob er das Palladium bereits erobert hat aus Ballions Burg.

Ballio: Beglückter, reich mir die glückliche Hand, Simo!

Simo: Was ist los?

Ballio: Bereits –

Simo: Was ist bereits?

Ballio: – hast du nichts mehr zu fürchten.

Simo: Was ist los? War er schon bei dir, der Kerl?

Ballio: Noch nicht.

Simo: Was gibt's dann Gutes?

Ballio: Die zwanzig Minen, welche dieser Pseudolus sich von dir ausbedungen hat, sind gerettet, bleiben dir erhalten.

Simo: Das wollte ich wahrhaftig.

Ballio: Ich setze zwanzig Minen! Du kannst sie von mir verlangen, wenn sich der Kerl heute noch das Mädchen schnappen, es deinem Sohn übergeben kann. Fordre sie von mir, ich bitte dich darum! Ich habe richtig Lust, es zu versprechen. Dir ist ja auf jeden Fall das deine sicher und das Mädchen schenk' ich dir noch obendrein.

Simo: Bei der Abmachung ist, wie ich sehe, keinerlei Gefahr für mich, so wie du das formuliert hast: Zwanzig Minen willst du mir in diesem Falle zahlen?

Ballio: Du sollst sie bekommen.

Simo: Nun, das war gewiß kein schlechter Handel. Aber sag mir, hast du meinen Sohn getroffen?

Ballio: Sogar beide miteinander.

Simo: Und? Was meinte er? Was hat er gesagt?

Ballio: Theaternichtigkeiten. Was man so in den Komödien gewöhnlich einem Kuppler sagt, was schon die Kinder wissen. Schlecht sei ich, meineidig und ein Bösewicht.

Simo: Gelogen war das nicht gerade.

Ballio: Drum war ich auch keineswegs erzürnt: Was nützt es, einen auszuschelten, der sich nichts draus macht, gar nicht leugnet?

Simo: Aber wie kommt es, daß du nichts mehr von ihm fürchtest? Zu gern möcht' ich das wissen.

Ballio: Weil er mir das Mädchen niemals entführt, weil er es gar nicht mehr kann. Erinnerst du dich an das, was ich dir neulich sagte? Daß ich sie an einen mazedonischen Soldaten verkauft habe?

Simo: Ich erinnre mich.

Ballio: Nun, dessen Sklave hat mir jetzt das Geld gebracht und das Erkennungszeichen.

Simo: Und? Was folgt daraus?

Ballio: Wie es zwischen mir und dem Söldner abgemacht war: Dieser Sklave hat das Mädchen gleich darauf mit sich weggeführt.

Simo: Sprichst du nach Treu und Glauben?

Ballio: Woher sollten die mir kommen?

Simo: Paß auf, daß da nicht irgendein Betrug dahintersteckt.

Ballio: Der Brief und das Siegelbild da machen mir es gewiß: Sie ist schon aus der Stadt und weggebracht nach Sikyon.

Simo: Nun, das ist wirklich gut. Was säum' ich noch, den Pseudolus gleich für die Mühlenkolonie anzumelden?

Harpax tritt auf

Aber wer ist dieser Kerl im Kriegsgewand?

Ballio: Ich weiß nicht, es sei denn, wir beobachten ihn, wohin er geht und was er tut.

Achtzehnte Szene

Harpax: Nichtsnutzig und schlecht ist der Sklave, der sich nichts aus der Herrschaft seines Herrn macht, nichtswürdig ist, wer seine Pflicht nur dann tut, wenn man ihn dazu anhält. Wer sich in Freiheit glaubt, sobald er sich dem Blick seines Herrn entzogen hat, wer verpraßt und verfrißt, den Dirnen gibt, was er hat, der wird noch lang in Knechtschaft leben müssen. Diese Leute taugen gar nichts, außer sie befassen sich mit Gaunerkünsten. Der Umgang und das Gespräch mit solchen Leuten liegt mir nicht; ich war auch nie bekannt mit ihnen. Ich nehme immer an, mein Herr sei hier, auch wenn er nicht da ist, so, wie es mir befohlen wurde. So fürcht' ich ihn jetzt, damit ich ihn nicht fürchten muß, wenn er dann da ist. Tätig bin ich auch jetzt für ihn: Bis jetzt wartete ich in der Wirtschaft auf diesen Syrus, dem ich das Erkennungszeichen gab, wie er mich geheißen hat. Wenn der Kuppler da sei, wolle er mich holen, sagte er. Aber da er weder kam, noch rief, komm' ich nun von selbst hierher, damit ich weiß, was los ist, nicht daß dieser Kerl mich zum Narren hält. Das beste wird wohl sein, ich klopfe hier und rufe irgend jemand aus dem Haus. Das Geld hier soll er nehmen und das Mädchen mit mir gehen lassen.

Ballio: (zu Simo) Du!

Simo: Was ist?

Ballio: Der Kerl da gehört mir.

Simo: Wieso das?

Ballio: Weil er meine Beute wird. Er hat Geld und sucht sich eine Dirne. Ich hätte Lust, gleich dreinzubeißen.

Simo: Auffressen möchtest du ihn wohl ganz und gar.

Ballio: Solang er frisch ist und warm, mir anheim gegeben, muß er aufgefressen werden. Gute und rechte Leute machen mich arm, nichtsnutzige und verkommene dagegen reich; wer tätig und tüchtig ist, taugt nichts für mich.

Simo: Das Übel soll dich treffen, das die Götter dir zukommen lassen, so verrucht bist du.

Harpax: (für sich) Wenn ich jetzt nicht an die Tür schlage, um herauszubringen, ob dieser Ballio zu Hause sei, verlier' ich Zeit.

Ballio: (zu Simo) Das alles schenkt mir die Venus, die sie zu mir treibt. Vorteilflüchtige und Nachteilsüchtige, die ihrem Dasein etwas gönnen und sich's wohl sein lassen, essen, trinken, sich mit Hetären vergnügen: Die sind andrer Art als du. Du gestattest dir nie, dich an etwas zu vergnügen, bist aber neidisch, wenn andere es tun.

Harpax: (an die Türe schlagend) Heda, wo seid ihr?

Ballio: (zu Simo) Der ist sicher auf dem rechten Weg, direkt zu mir.

Harpax: Heda, wo seid ihr nur?

Ballio: (zu Harpax) He, junger Mann, was suchst du? (leise zu Simo) Zu reicher Beute komm' ich. Ungeduldig ist er, das kenn' ich wohl: Ein gutes Zeichen.

Harpax: Kommt jetzt endlich jemand heraus?

Ballio: (vortretend) Du im Reisekleid, was suchst du hier?

Harpax: Das Haus des Kupplers Ballio.

Ballio: Wer du auch sein magst, junger Mann, erspar dir das Suchen.

Harpax: Wieso?

Ballio: Weil du ihn selbst leibhaftig vor dir stehen siehst.

Harpax: (zu Simo) Bist du es?

Simo: Du Fremder, hüte dich vor krummem Unglück, richte den Finger auf den: Der ist der Kuppler.

Ballio: Der jedoch ein ehrenwerter Mann; (zu Simo) doch du, Herr ehrenwerter Mann, mit viel Geschrei würdest du oft auf dem Markt verfolgt, weil du nirgendwo einen Heller auftreiben könntest, wenn dir der Kuppler nicht zu Hilfe käme.

Harpax: Redest du jetzt endlich auch mal mit mir?

Ballio: Ich rede ja: Was willst du?

Harpax: Daß du das Geld da nimmst.

Ballio: Wenn du etwas zu geben hast: Im Augenblick hab' ich die Hand ausgestreckt.

Harpax: Dann nimm; das sind abgezählte, ausgelesene fünf Minen Silber: Was er dir schuldet, läßt dir mein Herr Polymachaeroplagides überbringen, damit du die Phönizia durch mich zu ihm schickst.

Ballio: Dein Herr?

Harpax: So sag' ich.

Ballio: Der Söldner?

Harpax: Ja.

Ballio: Der Mazedonier?

Harpax: Genau, das sag' ich doch.

Ballio: Dich hat er zu mir geschickt, der Polymachaeroplagides?

Harpax: Du sagst es richtig.

Ballio: Um mir das Geld zu geben?

Harpax: Wenn du dieser Kuppler Ballio bist.

Ballio: Um das Mädchen wegzubringen?

Harpax: Ja, so ist es.

Ballio: Die Phönizia, hat er gesagt?

Harpax: Ganz richtig.

Ballio: Warte, ich komme gleich zu dir zurück.

Er wendet sich zum Gehen

Harpax: Mach aber schnell, beeile dich, denn ich habe Eile. Wie du siehst, neigt sich der Tag schon zum Ende.

Ballio: Ja, das seh' ich. Ich will den da nur etwas fragen. Warte hier, ich bin gleich wieder da. – (zu Simo) Was nun, Simo? Ich hab' ihn offensichtlich in der Hand, den Kerl, der das Geld gebracht hat.

Simo: Wie das?

Ballio: Verstehst du nicht, was los ist?

Simo: Ich bin völlig ahnungslos.

Ballio: Dein Pseudolus hat den angestiftet, so zu tun, als käm' er von dem Söldner, dem Mazedonier.

Simo: Und du hast das Geld von ihm?

Ballio: Was fragst du? Du siehst es doch.

Simo: Sehr gut; denk aber dran, die Hälfte
der Beute mir zu geben. Es versteht sich, daß sie uns gemeinsam gehört.

Ballio: Zum Henker, was? Du willst sie wohl für dich allein?

Harpax: Wielange geht das noch, bis du dich um mich kümmerst?

Ballio: (zu Harpax) Sicher tu ich das. (zu Simo) Was rätst du, Simo?

Simo: (zu Ballio) Unser Spiel zu treiben mit diesem unterschobenen Spion, solange, bis er endlich selber merkt, daß er der Narr in diesem Spiel ist.

Ballio: (zu Simo) Dann komm mit! (zu Harpax) Wie sagtest du? Du bist wirklich der Sklave dieses Söldners?

Harpax: Selbstverständlich.

Ballio: Für wieviel hat er dich gekauft?

Harpax: In Kampf und Sieg mit Kriegesstärke; denn in meinem Vaterland war ich der erste Feldherr.

Ballio: Ah, das Zuchthaus hat er auch einmal erobert, denn von dort stammst du doch?

Harpax: Wenn du Beleidigungen aussprichst, wirst du sie auch hören müssen.

Ballio: Wieviel Tage brauchtest du von Sikyon hierher? Wann kamst du an?

Harpax: Am zweiten Tag, um Mittag.

Ballio: Tüchtig bist du gelaufen, das kann man wohl sagen.

Simo: Wenn der Kerl noch so flink ist: Wenn du seine Waden anschaust, siehst du, daß er dicke Fesseln an den Füßen tragen kann.

Ballio: Und wie? Lagst du als Knabe auch im Nest und in der Wiege?

Simo: Sicher tat er das.

Ballio: Und machtest du dann gewöhnlich auch – du weißt schon, was ich meine?

Simo: Sicher; ganz gewöhnlich.

Harpax: Seid ihr bei Verstand?

Ballio: Was ich dich fragen wollte: Wenn dein Herr, der Söldner, nachts mit dir auf Wache ging, geriet dann sein Schwert manchmal in deine Scheide?

Harpax: Geh zum Henker!

Ballio: Dahin gehst du selber früh genug.

Harpax: Schickst du mir das Mädchen heraus? Sonst gib das Geld zurück.

Ballio: So warte doch.

Harpax: Worauf soll ich warten?

Ballio: Wieviel mußtest zu bezahlen, um diesen Reisemantel zu mieten? Kannst du dich daran erinnern?

Harpax: He, was soll das?

Simo: Was bringt dieses Schwert dem Vermieter ein?

Harpax: Ins Irrenhaus gehören die.

Ballio: Oho!

Harpax: Laß das jetzt!

Ballio: Und welchen Preis bringt dieser Reisehut seinem Herrn herein für diesen Tag?

Harpax: Was, welchem Herrn? Was träumt ihr? Das alles ist mein Eigentum, gekauft aus meinem eigenen Vermögen.

Ballio: Aus dem Vermögen sicherlich, das grad über deinen Oberschenkeln sitzt.

Harpax: Die Alten sind eingesalbt und wollen nach altem Brauch noch abgerieben werden.

Ballio: Antworte mir im Ernst und wahrheitsgemäß: Was verdienst du dir damit? Für wieviel Geld hat Pseudolus dich gemietet?

Harpax: Wer ist dieser Pseudolus?

Ballio: Dein Lehrer, der dir den Schwindel beigebracht hat, wie du mit Betrug und Lüge das Mädchen stehlen solltest.

Harpax: Welchen Pseudolus, was für Betrug und Lüge, wovon redest du überhaupt? Ich kenne diesen Menschen gar nicht.

Ballio: Machst du dich noch nicht davon? Hier ist heute für Betrüger nichts zu holen; sag dem Pseudolus nur gleich, ein andrer habe sich die Beute schon geholt, ein Harpax, der früher hergelaufen kam.

Harpax: Gerade dieser Harpax bin doch ich!

Ballio: Wer du sonst auch sein magst, im Augenblick bist du von Kopf bis Fuß nur ein Betrüger.

Harpax: Ich gab dir das Geld und ließ, sobald ich ankam, dir durch deinen Sklaven das Erkennungszeichen übergeben, einen Brief, gesiegelt mit dem Bildnis meines Herrn, grad hier, vor dieser Türe.

Ballio: Mir hast du den Brief – durch meinen Sklaven – übergeben lassen? Welcher Sklave war das?

Harpax: Der Syrus.

Ballio: (zu Simo) Die Theaterpossen lassen ihn diesmal ganz im Stich; daran hat er nicht gedacht. Oh, dieser Pseudolus, der Schuft, wie klug er sich diese List ausgedacht hat! Soviel Geld, als mir der Söldner schuldete, hat er ihm mitgegeben, ihn dann ausstaffiert, daß er mir das Mädchen entführe: Aber eben, diesen Brief, den hat der wahre Harpax mir schon gebracht.

Harpax: Ich heiße Harpax; ich bin Sklave dieses mazedonischen Soldaten; ich bin kein Betrüger, ich begehe keine Untat. Diesen Pseudolus, wer er immer sei, den kenn' ich überhaupt nicht.

Simo: (zu Ballio) Du, Herr Kuppler, wenn jetzt kein Wunder geschieht, hast du das Mädchen schon verloren.

Ballio: (zu Simo) Mehr und mehr fürcht' ich es auch, wenn ich das höre. Schon dieser Syrus, der das Erkennungszeichen von ihm angenommen haben soll, machte mir vorhin schon das Herz vor Eiseskälte starren. Ein Wunder wär's, wenn das nicht Pseudolus gewesen ist. (zu Harpax) He, du, wie sah er aus, dem du hier das Erkennungszeichen übergeben hast?

Harpax: Rothaarig, dicker Bauch, feste Waden, dunkle Haut, mit einem Riesenschädel, stechendscharfe Augen, grellrotes Maul – und riesiggroße Füße.

Ballio: Ah, vernichtet hast du mich, indem du auch noch die Füße erwähnst: Das war Pseudolus in eigener Person. Jetzt ist's um mich geschehen; o Simo, gleich, bin ich tot.

Harpax: Beim Herkules, bevor du mir das Geld zurückgezahlt hast, zwanzig Minen, lass' ich dich nicht sterben.

Simo: Dazu mir noch weit're zwanzig Minen.

Ballio: Du wirst doch von mir nicht das Wettgeld verlangen wollen, das ich im Scherz versprochen habe?

Simo: Von Schurken darf man Wettgeld und Beute nehmen.

Ballio: Überlaß mir dann wenigstens den Pseudolus!

Simo: Den Pseudolus? Ihn dir überlassen? Was hat er verbrochen? Hab' ich dir nicht gesagt, du solltest vor ihm auf der Hut sein? Hundertmal?

Ballio: Zugrunde hat er mich gerichtet.

Simo: Mich hat er dazu gebüßt, um wohlgemessene zwanzig Minen.

Ballio: Was mach' ich nun?

Harpax: Gib mir das Geld, dann häng dich auf!

Ballio: Die Götter mögen dich verderben! Folge mir auf den Marktplatz, daß ich's dir bezahlen kann.

Harpax: Ich komme.

Simo: Und was ist mit mir?

Ballio: Die Fremden zahl' ich jetzt aus, die Bürger kommen morgen an die Reihe. Ah, das Todesurteil hat mir dieser Pseudolus gesprochen, der mir den Kerl auf den Hals gehetzt hat, das Mädchen zu entführen. (zu Harpax) Folge mir! (zum Publikum) Ihr wartet besser nicht, bis ich hier auf der Straße den Weg nach Hause nehme: So ist's mir nun ergangen; meinen Weg such' ich gewiß durch die engsten Gassen!

Harpax: Würdest du laufen, wie du redest, wärst du schon auf dem Marktplatz.

Ballio: So ist es: Aus dem Geburtstag mach' ich mir den Todestag.

Ballio und Harpax gehen ab

Neunzehnte Szene

Simo: Gut hab' ich den getroffen, gut auch hat der Sklave
seinen Feind getroffen. Ich will meinem Pseudolus
auf andre Weise einen Hinterhalt bereiten, als es sonst
in den Komödien geschieht,
wo man mit Stachel, Peitsche aufeinander lauert;
ich dagegen will nun aus dem Haus
die zwanzig Minen holen, die ich ihm versprochen
für den Fall, daß ihm der Streich gelänge;
ohne daß er sie verlangen muß,
will ich sie ihm entgegentragen. Überaus gerissen ist er,
überaus gewandt auch, überaus auch schlimm;
mein Pseudolus, er überragt selbst den Odysseus,
ihn, der Troia einst mit List eroberte.
Ich geh' ins Haus und hole mir das Geld,
damit dem Pseudolus hier aufzulauern.

Er geht in sein Haus

Zwanzigste Szene

Pseudolus kommt, bekränzt und betrunken

Pseudolus: Was soll das? So, was soll draus werden?
He, ihr Füße, wollt ihr wohl stehen oder nicht?
Wollt ihr vielleicht, daß mich, mich Strauchelnden,
aufheben muß vom Boden irgend jemand?
Wenn ich stürze, ist das eure Schande.
Immer noch macht ihr so weiter, immer weiter?
Ah, was muß ich schimpfen, zornig toben;
groß ist und gewaltig doch die Tücke,
die dem Wein zu eigen ist:
Die Füße packt er sich zuerst, der listenreiche Ringer.
Ah, jetzt hab' ich wirklich einen sitzen,
vollgelaufen bin ich, ganz und gar, beim Pollux:
So, mit einem Festmahl, sorgsam zubereitet
so gemütlich heiter nahm der Ort des Festes,
dem Vergnügen ganz geweiht, uns auf.
Was braucht es Worte? Das ist's,
was das Leben liebenswert dem Menschen macht.
Wollust ist hier, Anmut, Schönheit, seliges Vergnügen –
wie ein Gott fast fühl' ich mich. Denn wo der Liebende
vereint umschlungen ist mit der Geliebten,
wo Lippen sich mit weichen Lippen paaren,
wo man gegenseitig mit den Zungen doppelzüngig sich
auf frischer Tat ertappt,
wo Brust auf weiche Brüste drückt,
die Körper sich, wenn man es will, verdoppeln, –
Becher voller Süße reicht man sich mit heitrer Hand,
innigste, vertraute Freundschaft ist dort; niemand haßt
und niemand stört mit lästig überflüssigem Geschwätz;
dort gibt es überreichlich Salben, süße Düfte,
reich geschmückte Bänder, Blumenkränze,
nichts wird hier gespart – und fragt mich nicht,
was sonst noch alles aufgetragen wird.
Auf solche Art hab' ich wie auch mein junger Herr
den Tag verbracht in festlicher Gemütlichkeit,
nachdem ich ganz nach Plan mein Werk vollendet hatte,
nachdem die Feinde in die Flucht geschlagen waren.
An den Tischen liegend hab' ich sie zurückgelassen
mit den Mädchen, trinkend, liebend, ihrem Herzen,
ihrer Lust aus voller Seele frönend; auch mein Mädchen
ließ ich dort zurück. Doch als ich aufstand,
drangen sie darauf, ich sollte tanzen.
So, seht her, so setzt' ich mich in Szene,
voll Witz und Laune, daß es ihnen wohlgefiel,
ganz schulgerecht, denn was den Tanz,
den ionischen, betrifft, darin bin ich ein Meister.
Seht, das Mäntelchen so umgehängt,
schritt ich einher, in toller ausgelass'ner Laune.
Sie klatschten, schrien, es sei nicht genug,
ich sollte drehen mich und wenden.
So begann von Neuem ich, dann wollt' ich nicht mehr.
Meinem Mädchen wollt' ich mich ergeben, wollte,
daß sie mich lieben sollte.
Doch wie ich mich zu ihr kehre, fall' ich um.
Das war der Grabgesang dann für mein Spiel.
Aufrappeln will ich mich vom Boden, – prox,
nun, mit Verlaub gesagt – da kommt's aus mir heraus,
und ich beschmutze mir den Mantel ganz und gar.
Mit diesem Fall macht' ich den andern
ausgelassenes Vergnügen.
Man reicht den Becher mir, ich trinke,
wechsle auf der Stelle dann den Mantel;
den beschmutzten leg' ich ab.
Dann hab' ich mich davongemacht, solange wenigstens,
bis ich den Rausch und seine Folgen losgeworden bin.
Von meinem jungen Herrn komm' ich zum alten,
an unseren Vertrag ihn zu erinnern. (Er schlägt an die Tür)
Kommt heraus! Heraus mit euch!
Sag irgendeiner gleich dem Simo, ich sei da!

Einundzwanzigste Szene

Simo kommt aus seinem Haus, einen Geldsack tragend

Simo: Die Schurkenstimme holt mich aus dem Haus.
Doch was ist das? Was ist denn das für eine Art?
Was seh' ich da?

Pseudolus: Das Haupt bekränzt mit Blumen
– stockbetrunken – deinen Pseudolus.

Simo: Das nenn' ich furchtlos, wirklich.
(für sich) Aber sieh, in welchem Zustand!
Hat der Kerl vor mir nicht mehr Respekt?
Ich überlege: Red' ich grob ihn oder freundlich an?
Gewaltsam vorzugehen
läßt der Geldsack, den ich trage,
nicht zu, wenn ich für ihn
noch irgend Hoffnung haben soll.

Pseudolus: Ein schlimmer Mann
geht einem ausgezeichneten entgegen.

Simo: Mögen dir die Götter freundlich sein!

Pseudolus: Hick – ah!

Simo: Scher dich zum Henker!

Pseudolus: Warum stößt du mich?

Simo: Verdammt, was rülpst du, stockbesoffen, wie du bist,
mir ins Gesicht?

Pseudolus: Nachsichtig sei und halte mich,
laß mich nicht fallen;
siehst du nicht, wie überreichlich voll,
ganz vollgesogen wie ein Schwamm ich bin?

Simo: Welch Frechheit, so am hellen Tag,
bekränzt, betrunken so, herumzulaufen?

Pseudolus: Es gefällt mir so – hick.

Simo: Es gefällt dir? Und du rülpst mir weiter ins Gesicht?

Pseudolus: O laß mich rülpsen, Simo;
angenehm und lieblich ist mein Rülpsen.

Simo: Du bist imstande, Schuft, vom Massicus Ein berühmter Weinberg zwischen Latium und Kampanien.
vier überreiche Traubenernten auszusaufen
in nur einer Stunde.

Pseudolus: Setz hinzu: im Winter,
wenn die Stunden kurz sind. In Rom wurde der Tag zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in zwölf Stunden eingeteilt. Die Stunden waren daher im Winter kürzer als im Sommer.

Simo: Sag mir trotzdem – gut, daß du mich dran erinnerst –
woher steuerst du dein vollbeladnes Schiff?

Pseudolus: Mit deinem Sohn hab' ich gefestet
und getrunken. Aber, Simo, diesen Ballio,
wie tüchtig hat es den erwischt!
Wie hab' ich dir erfüllt, was ich vorhergesagt!

Simo: Du bist ein abgefeimter Schuft.

Pseudolus: Das hat das Mädchen so bewirkt:
Als Freie liegt sie nun bei deinem Sohn.

Simo: Wie du ans Werk gegangen bist und was du tatest,
alles ist mir Punkt für Punkt bekannt.

Pseudolus: Was also zögerst du,
das Geld mir auszuhändigen?

Simo: Du forderst es mit Recht, muß ich gestehen;
also nimm es.

Pseudolus: Siehst du: Erst hast du gesagt,
du wolltest keinesfalls das Geld mir geben
– geben mußt du's dennoch.
Los, lad mir es auf, dann folge mir!

Simo: Aufladen soll ich's dir?

Pseudolus: Ich weiß, du wirst es tun.

Simo: Was mach' ich nun mit diesem Kerl?
Er trägt mein Geld fort,
muß mich obendrein verspotten?

Pseudolus: Wehe den Besiegten!

Simo: So kehr mir deine Schulter zu!

Pseudolus: Da, hier!

Simo: Daß ich dich flehentlich um etwas bitten muß –
Nie hätt' ich das geglaubt. O weh, o weh!

Pseudolus: Hör auf damit!

Simo: Wie mich das schmerzt!

Pseudolus: Schmerzt' es nicht dich jetzt,
hätte ich den Schmerz.

Simo: Mein Pseudolus, was tust du?
Mir nimmst du's hinweg? Mir, deinem Herrn?

Pseudolus: Mit größter Lust und innigstem Vergnügen.

Simo: Willst du nicht einen Teil des Geldes wenigstens
mir überlassen? Mir zuliebe?

Pseudolus: Nein. Von mir aus kannst du sagen, ich sei geizig:
von diesem Geld wirst du um keinen Heller reicher.
Wär's mir nicht gelungen, hättest du für meinen Rücken
keinerlei Erbarmen doch gezeigt,

Simo: Wenn ich's erlebe, kommt die Zeit,
da ich mich rächen werde.

Pseudolus: Was drohen? Meinen Rücken hab' ich.

Simo: Also nun.

Er wendet sich zum Gehen

Pseudolus: Komm nur zurück!

Simo: Wieso?

Pseudolus: Komm nur; du sollst nicht der Betrog'ne sein.

Simo: Ich komme.

Pseudolus: Geh mit mir zum Trinken!

Simo: Ich mit dir?

Pseudolus: Tu nur, was ich dir sage: Gehst du mit,
kriegst du davon die Hälfte oder gar noch mehr,
bestimmt!

Simo: Ich komme, führe mich, wohin du willst.

Pseudolus: Wie steht's?
Bist du auf mich, bist du auf deinen Sohn
noch wütend wegen dieser Sache, Simo?

Simo: Nein, in keiner Weise.

Pseudolus: Geh, dort geht es lang! Ich folge dir.

Simo: Willst du das Publikum nicht auch zu Tische bitten?

Pseudolus: Laden die mich je zu Tisch?
Nein, deshalb ich auch sie nicht.
(zum Publikum)

Wenn ihr aber applaudieren wollt
und wenn das Stück und unsre Truppe
euern Beifall finden,
lad' ich morgen euch bei mir zum Essen ein!


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