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Zwölfte Szene

Diabolus und der Parasit kommen aus dem Haus der Cleareta

Diabolus: Komm, folge mir!
Muß ich das dulden und dazu noch schweigen?
Sterben will ich lieber, aber nicht darauf verzichten,
seiner Frau das alles auf der Stelle mitzuteilen.
Was sagst du?
Bei einem Mädchen spielst du dich als Jüngling auf,
verwaltest dessen Amt, und bei der eignen Frau
entschuldigst du dich stets mit deinem Alter?
Einen Liebenden beraubst du der Geliebten, wirfst dafür
der Kupplerin das Geld so vor die Füße?
Im Haus bestiehlst du heimlich deine eigne Ehefrau?
Nein, lieber hängen will ich, als es dulden, daß du
still und heimlich dich mit deinem Raub davonmachst.
Augenblicklich geh' ich jetzt zu deiner Frau.
Ich weiß, wenn du es könntest,
wenn sie dir zuvor nicht kommt:
Totschlagen würdest du sie morgen schon,
für deine Zügellosigkeit die Mittel zu beschaffen.

Parasit: Das find' ich auch, so sollte man es machen.
Aber besser ist's, wenn es durch mich bekannt wird.
Damit die Frau nicht meint, du machtest dies
mehr aus verschmähter Liebe als um ihretwillen.

Diabolus: Sicher, recht hast du! Mach du das! Sorg dafür,
daß ihm die Suppe recht versalzen wird.
Aufwiegeln sollst du sie zum Streit: Sag ihr,
mit seinem eignen Sohn und dessen Liebchen zech' er
am hellen Tag schon, sie bestehl' er.

Parasit: Was mußt du mich noch lange bitten?
Das besorg' ich.

Diabolus: Ich indessen warte dann in meinem Haus auf dich.

Der Parasit geht in das Haus des Demaenetus,
Diabolus geht ab zur Seite

Dreizehnte Szene

Sklaven bringen Polster und einen Tisch aus dem Haus der Cleareta.
Nachher kommen Argyrippus, Demaenetus und Philenia.

Argyrippus: Komm, Vater, legen wir uns hier an den Tisch!

Demaenetus: Wenn du willst, mein Sohn, nun gut.

Argyrippus: Knaben, deckt den Tisch!

Demaenetus: Ist es sehr schlimm für dich, mein Sohn, wenn sie so bei mir liegt?

Argyrippus: Die Liebe des Sohns zum Vater hindert die Augen, allzusehr zu schmerzen. Obwohl ich sie sehr liebe, bring' ich's übers Herz und duld' es ohne Groll, daß sie an deiner Seite liegt.

Demaenetus: Bescheidenheit, mein Argyrippus, steht einem Jüngling wohl an!

Argyrippus: Wirklich, Vater, du verdienst es, und so kann ich mich auch bescheiden.

Demaenetus: Also: Los mit dem Gelage! Her mit Wein und mit lieblichem Gespräch! Ich will nicht Ehrfurcht. Lieber ist es mir, wenn du mich liebst, mein Sohn.

Argyrippus: Und ich erweise dir beides im gleichen Maß, Liebe und Ehrfurcht, wie es sich für einen Sohn gebührt.

Demaenetus: Ich würde dir das glauben, sähe ich, daß du wirklich fröhlich bist.

Argyrippus: Hältst du mich für traurig?

Demaenetus: Wie soll ich nicht? Du siehst aus, als hätte man dir eben den Gerichtstag angekündigt.

Argyrippus: Bitte, sag das nicht!

Demaenetus: Wär' es nicht so, hätt' ich es nicht gesagt.

Argyrippus: Dann schau: Ich lache!

Demaenetus: Müßten doch die so lachen, die mir übelwollen!

Argyrippus: Ich weiß schon. Du glaubst, ich müsse traurig sein, weil sie die deine ist. Wenn ich ehrlich sprechen darf: Die Sache macht mir auch sehr zu schaffen, wirklich! Nicht, daß ich dir nicht gönnte, was dich glücklich macht; aber sie – ich liebe sie im Ernst. Wär' irgendeine andere bei dir, könnt' ich es leicht ertragen.

Demaenetus: Ich will aber die.

Argyrippus: Was du wünschst, geschieht: Das, was ich mir selber wünschte.

Demaenetus: Nun, ertrag es den einen Tag. War ich es doch, der dir die Möglichkeit verschaffte, daß du nun ein ganzes Jahr mit ihr zusammen bist. Ich war es, der dir das Geld zukommen ließ, das dazu nötig war.

Argyrippus: Ja, ja, verpflichtet hast du mich damit in der Tat.

Demaenetus: Und warum tust du mir nicht den Gefallen, nun heiter zu sein?

Vierzehnte Szene

Artemona und der Parasit kommen aus dem Haus des Demaenetus.

Artemona: Was sagtest du? – Ich bitte dich! – Mein Mann zeche hier mit seinem Sohn? Und zwanzig Minen hab' er ihm für die Geliebte geschenkt? Und mit Wissen meines Sohns begehe der Vater eine ungeheuerliche Schandtat?

Parasit: Nichts, was ich dir von jetzt an noch erzähle, Artemona, von Göttern oder Menschen, sollst du glauben, wenn du merkst, daß ich gelogen habe.

Artemona: Unglücklich bin ich – mehr als alle andern. Ich hielt den Mann bisher für einen, der sich daran erfreut, daß er nüchtern, sparsam und maßvoll ist in seinen Leidenschaften. Für einen, der seine Frau von Herzen liebt.

Parasit: Von jetzt an weißt du, was er ist: Nichtswürdig wie kein anderer, ein Säufer, ein Wüstling, eine Null, ein Lump, der seine eigne Frau verabscheut.

Artemona: Du hast recht. Wenn es nicht so wäre, könnt' er niemals tun, was er jetzt tut.

Parasit: Ich hielt ihn bisher auch für einen ruhigen, gesetzten Mann. Aber nun zeigt sich hier die Wahrheit – wenn er mit seinem Sohn zecht, es sogar mit dessen Freundin treibt, der alte, abgelebte Greis.

Artemona: Das also ist die Mahlzeit, zu der er fast täglich gehen muß. Und er behauptet immer, zu Archidemus müss' er, zu Chärea, zu Chärestratus, zu Chrinias, zu Chremes, zu Cratinus, zu Dinias, zu Demosthenes. Bei einer Dirne ist er, verdirbt den Sohn, lehrt ihn ein wüstes, ausgelassenes Leben.

Parasit: Willst du nicht deine Mägde rufen, daß sie ihn an Armen und Beinen packen, ihn dir ins Haus zurückschleppen?

Artemona: Sei still! Beim Kastor, dem wird es übel ergehen!

Parasit: Das glaub' ich wohl. Schlimm geht es dem, solange du seine Frau bist.

Artemona: Und dabei meint' ich, er habe im Senat so viel zu tun; mit Klienten sei er beschäftigt. Von der Arbeit ermüdet schnarch' er die ganze Nacht. Von einer andern Arbeit ermattet und ermüdet kam er zu mir, die er außerhalb des Hauses verrichtet hat. Den fremden Acker pflügt er, den eignen läßt er unbebaut. Selber verdorben, verdirbt er auch noch den Sohn.

Parasit: Dann folge mir! Ich kann machen, daß du ihn auf frischer Tat ertappst.

Artemona: Nichts wäre mir lieber als das.

Parasit: So warte noch!

Artemona: Was ist?

Parasit: Kannst du den Mann überhaupt erkennen, wenn du ihn auf einem Lager siehst, bekränzt, eng umschlungen mit der Geliebten?

Artemona: Ha! Und ob ich das kann!

Er führt sie etwas nach vorn

Parasit: Dann bitte, hier – dein Mann!

Artemona: Das überleb' ich nicht.

Parasit: Warte einen Augenblick! Wir wollen hier, aus dem Hinterhalt, heimlich erfahren, wie die Sache weiterläuft.

Argyrippus: Was hast du vor, wie umarmst du denn das Mädchen, Vater?

Demaenetus: Ah, mein Sohn, ich muß gestehen –

Argyrippus: Du mußt gestehen? Was?

Demaenetus: – daß ich von ihrer Liebe gepackt und auch – erledigt bin.

Parasit: Hörst du, was er sagt?

Artemona: Und wie ich höre!

Demaenetus: Soll ich ein Prachtskleid entwenden, das Lieblingskleid meiner Frau, es dir bringen? Darauf kann ich nicht verzichten, auch wenn es ein ganzes Lebensjahr kosten sollte; eines – meiner Frau.

Parasit: Was meinst du, ist es heute wohl das erste Mal, daß er zu diesem vertrauten Lustort geht?

Artemona: Er war es, in der Tat, der mich bestohlen hat, und ich verdächtigte die Mägde, quälte sogar die Armen, die doch gar nicht schuldig waren.

Argyrippus: Vater, sorg dafür, daß wieder eingeschenkt wird. Lang ist's schon her, daß ich den ersten Trunk getan.

Demaenetus: He, Knabe, los, schenk ein! Fang oben am Tisch an, und du, Philenia, du gibst mir von der andern Seite einen Kuß.

Artemona: (beiseite)Weh mir! Wie der Schurke küßt! Dabei ist er reif zum Grab.

Demaenetus: Wieviel angenehmer dein Atem ist als der meiner Frau!

Philenia: Nein, sag mir, stinkt er wirklich, der Atem deiner Frau?

Demaenetus: Wenn es schon sein muß: Ich trinke lieber aus der Schiffskloake, als daß ich sie küsse.

Artemona: (beiseite) Das schmeiß' ich ihm mit Wucherzinsen ins Gesicht zurück. Kommt er nach Haus, folgt heut nacht die Rache: Kuß auf Kuß muß er von mir entgegennehmen!

Philenia: Beim Kastor, du bist übel dran.

Artemona: (beiseite) Beim Kastor, Übles hast du verdient!

Argyrippus: Was sagst du, Vater? Liebst du die Mutter überhaupt?

Demaenetus: Jetzt schon, weil sie nicht da ist.

Argyrippus: Und wenn sie da ist?

Demaenetus: Wär's mir recht, sie wäre tot.

Parasit: Der Mann scheint dich sehr zu lieben, so wie er dich rühmt.

Artemona: Auch das? Zu deinem großen Übel hast du das gesagt. Warte! Komm nur nach Haus! Dir will ich zeigen, was es heißt, schändlich von der Frau zu reden, der du die Mitgift verdankst.

Argyrippus: Wirf du zuerst die Würfel, Vater, daß auch wir dann würfeln können.

Demaenetus: Bestens: Dann – auf dich, Philenia, auf daß du mir gehörst – und auf den Tod der Ehefrau. Ein Meisterwurf – der Venus zugedacht. Klatscht Beifall. Knaben, bringt mir für diesen Wurf süßen Honigwein im großen, weitgebauchten Krug.

Artemona: Das ist nicht auszuhalten! Ah, wie hart!

Parasit: Da wundert man sich nicht, wenn du's noch nicht verlernt hast, wie man Wäsche walkt und weich macht. Das beste wird sein, wenn wir uns jetzt zeigen. Los, drauf auf ihn!

Artemona: (hervortretend) Ich lebe noch! Und dein Trinkspruch wird dir übel bekommen!

Parasit: (beiseite) Soll man jetzt nicht einen Leichenbalsamierer rufen?

Argyrippus: Mutter, sei gegrüßt!

Artemona: Ein schöner Gruß!

Parasit: (beiseite) Der Demaenetus nämlich ist so gut wie gestorben. Aber jetzt ist es Zeit, daß ich mich rasch und heimlich entferne. Der Kampf ist ganz hübsch entbrannt. Ich geh' nun zu Diabolus. Mein Auftrag ist, ihm zu berichten, was hier inzwischen geschah.

Auch möcht' ich ihn überreden, daß wir hübsch und gut zusammen essen, während die hier sich streiten. Morgen will ich ihn dann zur Kupplerin begleiten, um ihr die zwanzig Minen zu geben. Damit sie ihm erlaubt, das Mädchen wenigstens zum Teil zu besitzen. Ich hoffe, Argyrippus findet sich dazu bereit, sich abwechselnd mit ihm in ihre Nächte zu teilen. Bring' ich's nicht zustande, ist mir mein Gönner verloren. Soviel Not und Verderben macht dem Menschen die Liebe!

Der Parasit geht ab

Artemona: Du wagst es, meinen Mann zu dir ins Haus zu nehmen?

Philenia: Weh, ich Arme! Die bringt mich um in ihrer Wut!

Artemona: Steh auf, Liebhaber – geh nach Haus!

Demaenetus: Mit mir ist's aus!

Artemona: Das allerdings! Nicht leugnen will ich's. Nichtswürdiger bist du als alle anderen. Da also liegt der Vogel! Auf, du Liebhaber, geh nach Haus!

Demaenetus: Weh mir!

Artemona: Richtig prophezeit. Steh auf, Liebhaber, geh nach Haus!

Demaenetus: So tritt bloß ein wenig zur Seite!

Artemona: Auf, Liebhaber, geh nach Haus!

Demaenetus: Ach, Frau, ich bitte dich –

Artemona: Sieh an, da fällt es dir wieder ein, daß ich deine Frau bin. Und vorhin? Als du Wüstes über mich sagtest? Ein Abscheu war ich dir, nicht deine Frau.

Demaenetus: Ich bin verloren – ganz und gar!

Artemona: Und wie war das? Stinkt der Atem deiner Frau?

Demaenetus: Nein, nein, er duftet wie Myrrhe!

Artemona: Hast du's mir etwa schon gestohlen, das Kleid, das du der Dirne schenken willst?

Philenia: Beim Kastor, er hat mir versprochen, es zu stehlen.

Demaenetus: Halt du jetzt endlich den Mund!

Argyrippus: Ich, Mutter, ich riet ihm davon ab.

Artemona: Ein schöner Sohn! Geziemt es sich für einen Vater, dem Sohn alles zu erlauben? Schämst du dich nicht?

Demaenetus: Doch, doch, ich schäme mich. Wenn nicht für etwas anderes, schäm' ich mich doch deiner, Frau!

Artemona: Mit deinem grauen Haar muß dich die Ehefrau wie einen Gimpel aus dem Sumpf zerren.

Demaenetus: Hör, das Essen wird gekocht. Soll ich nicht warten, bis ich essen kann?

Artemona: Beim Kastor! Schlimmes Übel wirst du heute verspeisen, wie du's verdienst!

Demaenetus: Welch ein schlimmes Essen, welch schlimme Nacht steht mir bevor! Verurteilt bin ich, die Frau schleppt mich nach Haus!

Argyrippus: Ich, Vater, ich habe dich gewarnt, du sollst nicht so rücksichtslos von Mutter reden.

Philenia: Denk mir bitte an das Kleid!

Demaenetus: (zu Argyrippus) Kannst du mir die vom Leib schaffen?

Artemona: Ab, nach Haus jetzt!

Philenia: Gib mir noch einen Kuß, bevor du gehst!

Demaenetus: Zum Henker geh!

Philenia: Geh besser selber dorthin!

Artemona und Demaenetus gehen ins Haus des Demaenetus

(zu Argyrippus) Komm mit, Geliebter!

Argyrippus: Noch so gern komm ich mit dir!

Argyrippus und Philenia gehen ins Haus der Cleareta

Die Schauspieltruppe:

Wenn dieser Alte insgeheim
und hinterm Rücken seiner Frau
etwas Vergnügliches sich gönnte,
ist das doch nichts Neues, nichts Besonderes,
nichts anderes,
als was auch andere zu machen pflegen.
Wer ist von Natur aus schon so hart, so fest und sicher,
daß er, gibt sich die Gelegenheit,
sich nicht ein bißchen gehen läßt.
Wenn ihr für diesen Alten nun um Gnade bitten wollt',
daß er nicht allzusehr mißhandelt werde:
Wir hoffen, daß wir das zustande bringen,
wenn ihr uns jetzt kräftig applaudiert.


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