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Maccus Titus Plautus

Asinaria

oder

Eseleien

Übersetzt von
Dr. Artur Brückmann

Zur Komödie

Im Prolog der Asinaria nennt sich der Dichter Maccus, nach einer der feststehenden Figuren der italischen (ursprünglich oskischen) Volksposse, der »Atellane«. Möglicherweise war Plautus als Atellanen-Darsteller bekannt, bevor er begann, Komödien nach griechischen Vorlagen zu schreiben, hat so den Spitznamen Maccus erhalten und dann selbst übernommen.

Der ebenfalls im Prolog stehende Hinweis auf eine griechische Komödie als Vorlage ist dunkel und eher verwirrend. Als Dichter einer griechischen Vorlage wird ein Demophilos genannt, doch ist außer hier bei Plautus nirgends ein Komödiendichter namens Demophilos (d. h. Volksfreund) erwähnt. Eine Mystifikation ist keineswegs auszuschließen, schließlich wurde von der Palliata nun einmal eine griechische Vorlage erwartet. Denkbar wäre auch die Benutzung mehrerer Vorlagen, wobei eine von ihnen mehr oder minder willkürlich den griechischen Titel gab.

Als griechischer Titel wird, in den Handschriften verschieden überliefert, entweder onagos (Eseltreiber) oder onagros (Wildesel) erwähnt. Trotz aller Deutungskünste der Philologen ist es nicht gelungen, eine wirklich überzeugende Beziehung zum Inhalt der Komödie herzustellen. Dort ist zwar von verkauften Eseln die Rede, aber es sind sicher keine Wildesel, und auch ein Eseltreiber läßt sich ohne sehr gekünstelte Interpretation kaum finden.

Der eigentliche Handlungsablauf und auch die meisten Figuren entsprechen zwar durchaus dem, was in der griechischen »Neuen Komödie« üblich war: das ironisch gezeichnete Liebespaar, der verständnisvolle und auch eigennützige Vater, der Parasit. In ihrem geschäftstüchtigen Realismus schon kräftiger gezeichnet ist die Kupplerin Cleareta.

Die Hauptgestalten der Komödie aber sind die beiden Sklaven Libanus und Leonida. Auffallend ist. daß sie in der Komödie eigentlich zwei völlig verschiedene Funktionen haben. Einmal sind sie als die Ausführenden des Betrugsmanövers die tragenden Figuren des Handlungsablaufs. Dann aber wirken sie, unabhängig von der Handlung, in der Darstellung ihrer selbst als wilde, satyrhafte Gestalten. Und diese beiden Funktionen stehen durchaus im Widerspruch zueinander. Denn in der Handlung erweisen sie sich als treue, loyale Diener ihrer Herren, Vater wie Sohn. Sie betrügen nicht für sich selbst, sondern nur für ihre Herren und zeigen sich dabei als durchaus gutmütige Burschen, auch wenn sie sich einen Spaß daraus machen, mit dem Liebespaar erst einmal ihr derbes Spiel zu treiben, bevor sie brav das erbeutete Geld abliefern.

Ganz im Gegensatz dazu stehen ihre Selbstdarstellungen, in denen sie sich als skrupellose Verbrecher darstellen, die vor nichts zurückschrecken, die in wilder Unbekümmertheit Schläge und Folter in Kauf nehmen und sich sowohl ihrer Verbrechen, gegen ihren Herrn und gegen andere, als auch ihrer Fähigkeit im Ertragen von Strafen und Qualen aller Art rühmen. Was hier zum Ausdruck kommt, ist ein wildes, naturhaft dämonisches Wesen, wie es ursprünglich in den Satyrn und ähnlichen Naturdämonen gesehen, hier aber auf die Figur des Sklaven übertragen wurde. Damit bricht in die bürgerliche Welt der hellenistischen Gesellschaftskomödie etwas Archaisches, Dämonisches ein. Soweit uns bekannt ist, fehlt dieses Element in der griechischen »Neuen Komödie« durchaus. Auch bei Terenz, der sich offensichtlich getreuer an seine griechischen Vorlagen hielt, ist davon nichts zu spüren.

Dieses ausgelassen wilde und dämonische Wesen ist nicht nur in den Selbstdarstellungen der beiden Sklaven zu spüren; es bricht auch an anderen Stellen immer wieder durch, etwa in der Szene mit dem fremden Kaufmann, vor allem aber in dem satyrhaft wilden Spiel, das die beiden bei der Geldübergabe mit ihrem jungen Herrn treiben. Hier kommt auch Erotisches, »Obszönes« mit ins Spiel, wie es für die Atellane charakteristisch war. Doch ist das bei Plautus immer in ein doppeldeutig ironisches Spiel umgewandelt, ist gleichsam nur unter einer elegant geglätteten Oberfläche sichtbar, äußert sich in Wortspielen, als immer nur scheinbar verdeckter Nebensinn. So ist der »Ritt« des Sklaven Libanus auf seinem Herrn vordergründig durchaus harmlos: Libanus will von seinem Herrn spazieren getragen werden; aber es kann auch anders gedeutet werden, wenn Libanus etwa sagt: »asta igitur, ut consuetus es puer olim. scin ut dicam?« (Stelle dich also hin, wie du es als Knabe gewohnt warst. Du weißt doch, wie ich es meine?).

Auch die Art, wie die beiden Sklaven ihr Spiel und sich selbst genießen, zeigt die ausgelassene Lebenslust, wie sie in den alten Fruchtbarkeitskulten zum Ausdruck kam. Damit ist aber keinesfalls ausgeschlossen, daß mit den ruhmvollen Taten der beiden Sklaven, denjenigen, von denen sie reden und die in erster Linie aus Schlechtigkeiten und erhaltenen Prügeln bestehen, gleichzeitig auf wirkliche Personen und Ereignisse der Zeit angespielt wird.

Wie es der »Palliata«, der Komödie im griechischen Gewand, zukam, verwendet Plautus griechische Namen für seine Personen. Zum Teil sind es gewöhnliche, übliche griechische Personennamen, zum Teil aber künstlich gebildete, »sprechende« Namen, oft im ironischen Sinn, die Plautus wohl auch selbst gebildet hat: Demaenetus (der vom Volk gelobte), Diabolus (der Ränkeschmied), Argyrippus (Silberpferd: entweder »Grauschimmel« oder »der sich für Silber reiten läßt«), Libanus (Weihrauch), Leonida (nach dem spartanischen König), Cleareta (die durch Tugend leuchtende!), Philaenium (lieb und geschwätzig), Artemona (die Tugendhafte). Der Kaufmann und der Parasit sind nur als Komödientypen, ohne Eigennamen, überliefert. Den Hetärennamen Philaenium habe ich in Philaenia umgesetzt.

Die oft störende und wenig sinnvolle Einteilung in fünf Akte, die nicht zur Überlieferung gehört und erst von J.B. Pius in einem Kommentar aus dem Jahr 1500 hinzufügt wurde, ist weggelassen und durch eine durchgehende Szenennumerierung ersetzt.

Artur Brückmann


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