Johann Heinrich Pestalozzi
Fabeln aus: Figuren zu meinem ABC-Buch oder über die Anfangsgründe meines Denkens
Johann Heinrich Pestalozzi

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Hirschenhorn

Ein Mensch, der noch wenig Tiere gesehen hatte, kam plötzlich in einen Tiergarten, und staunte über die Pracht der zahmen und wilden Geschöpfe; aber das Horn des Hirsches ging ihm über alles. Er sagte zum Wärter: Die Natur hat dieses Tier gewiss zum König der Tiere bestimmt. Warum meinst du das? fragte ihn der Wärter. Der Neuling im Tierreich antwortete: Sein mächtiges Horn zeugt von unermesslicher Kraft. - O nein, erwiderte der Wärter, es ist nur ein schwülstiger Auswuchs seiner mittelmässigen Kraft.

Neuling: Ich hielt es für eine Naturkrone, die alle Tiere als das über sein Haupt emporstrebende Zeichen seiner allgemeinen inneren Kraft anerkennen und respektieren müssen.

Der Wärter erwiderte, die Kraft der Hirsche liege wesentlich in ihren Beinen und diese brauchen sie vorzüglich zum Fliehen, wenn sie auch nur einen kleinen Hund bellen hören.

*

Ein alter Soldat, der diese Erzählung über das Hirschenhorn und die Hirschenkraft hörte, sagte darüber: Ich kenne ein Leibregiment, das auf der Parade sich auch in seiner Kleidung, aber auch in der Schlacht im Fliehen auszeichnete, wie der Hirsch mit seinem Horn und mit seinen Beinen.


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