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I.
Die geologische und historische Vergangenheit der Insel.

Wer Teneriffa nur nach dem Eindruck beurteilt, den der Landungshafen Santa Cruz mit seiner unmittelbaren Umgebung hervorruft, wer nicht Gelegenheit hat, in das herrliche und zugleich gewaltige Tal von Orotava zu schauen, sei es, daß er mit dem Schiff bei Puerto Orotava anlegt, oder auf dem Landwege über La Laguna zu diesem Humboldt-Paradies gelangt, der mag bei aller Großartigkeit der Szenerie, die auch bei Santa Cruz die Gebirgsnatur dem Beschauer bietet, das Gefühl einer gewissen Enttäuschung über diese »glückliche« Insel nicht unterdrücken können.

Wer aber das wunderbar gleichmäßige Klima länger auf sich wirken lassen kann, dazu die Herrlichkeit des ewigen Frühlings von Orotava, oder wer gar auf der Spitze des Pic gestanden hat, wer je von dort oben die Sonne aus dem Meer tauchen sah, der begreift die einmütige Begeisterung aller Besucher.

Aber wir brauchen gar nicht so weit gehen: die breite Chaussee von Santa Cruz nach Orotava zeigt, wenigstens in ihrem nördlichen Teil, Landschaftsbilder, wie sie großartiger kaum zu denken sind.

Anfänglich allerdings vermissen wir auch hier etwas: die Landschaft mit ihren ungeheuren klassischen Formen bietet so wenig von dem leicht zugänglichen romantischen Reiz, den wir gewohnt sind, und es fehlen die Spuren einer alten Kultur, die Anknüpfungspunkte, der historische Hintergrund, der uns andere Gegenden rasch lieb und vertraut macht. Denn das Troglodytenleben der alten Guanchen hat keine andere Spur hinterlassen, als die wenigen Gräber, die, ähnlich den ägyptischen, hoch oben im Gebirge an unzugänglicher Stelle angelegt sind, und die spätere Kultur aus der Verfallzeit des spanischem Imperiums findet nur geringe Sympathien bei uns vor.

Und doch weiß die Sage dem Kundigen, der ihrer Sprache lauscht, zu berichten. Aber sie greift weit zurück und ihre Erzählung handelt nicht von Menschen, sondern von den Titanen-Geschlechtern, die hier bis vor kurzem noch an der Arbeit waren: Vulkan und seine Söhne sind es, die hier mit Neptun und seinem Geschlecht die wilde Fehde ausgekämpft haben und das Siegesmal, das sie endlich errichteten, der gewaltige Pic, birgt noch einen letzten Rest feurigen Titanenlebens.

Wenn wir versuchen, diese Sprache zu entziffern, so kommt uns zunächst die Erinnerung der Menschen, die Geschichte, zu Hilfe, welche die jüngsten Ausbrüche des Vulkanismus registriert hat (bei Guimar im Jahre 1705, bei Icod-Garachico 1709 und die »Chahorrha« 1798). Unter und neben diesen jüngsten Lavaströmen, die auch dem Laienauge deutlich erkennbar sind, treten ältere Laven zutage, von denen die kurze Geschichte der Insel nichts berichtet. Doch auch ihre Genese ist leicht verständlich. Wenn man das Gebirge durchwandert, so bietet der Boden in den Engtälern, den Barrancos, ein tief einschneidendes Profil, das die geologische Schichtung deutlich erkennen läßt. Schwieriger dürfte es sein, die Provenienz des Kerns der Insel zu erklären, und wir sind auf den Geologen von Fach als Dolmetsch für die hier sonst so leicht verständliche Sprache der Natur angewiesen.

* * *

Nach Hans Meyers Auffassung ist der Kanarische Archipel zunächst eine submarine Fortsetzung des Atlas (Diabas), die dann durch einen von Island nach St. Helena und weiter südlich laufenden Bruch der Erdrinde vulkanisch gehoben und von den Lavaschichten überkleidet wurde. Von Teneriffa entstanden zunächst die drei Ecken, das heutige Teno-, Anaga- und Adeje-Gebirge. Später als diese gesonderten Bildungen hob sich der Hauptteil, die langgestreckte Cumbre, und die schließlich auf einen Punkt konzentrierte vulkanische Tätigkeit baute in jüngster Zeit erst den Pic auf.

Hans Meyer leugnet einen ursprünglichen Zusammenhang mit dem Festlande, wenigstens in jüngerer Zeit. Er verweist auch die Annahme eines großen atlantischen Kontinents, dessen Reste in den Kanaren erhalten sein sollen, in das Reich der Fabel.

Diese Ausführungen sind nicht unbedingt überzeugend. Jedenfalls muß es auffallen, daß die Ureinwohner der Kanaren, die Guanchen, ihren Toten denselben Schutz angedeihen ließen, wie ihn die Ägypter kultivierten. Sie übten die Kunst der Einbalsamierung, und verschiedene religiöse Vorstellungen lassen Beziehungen sowohl zu den Kulturen Mexicos als Ägyptens vermuten. Dagegen war ihnen die Schiffahrt noch zur Zeit der spanischen Eroberung gänzlich unbekannt, und es bleibt eine offene Frage, wie das der Schiffahrt unkundige Guanchenvolk von Afrika nach Teneriffa kam, wenn keine Landverbindung bestand. Denn die anthropologische Zugehörigkeit der Guanchen zu den Cro-Magnon-Menschen des westlichen Europas, deren recente Nachkommen in den Berber-Stämmen Nordafrikas erhalten sind, ist außer Zweifel, und die kühne Hypothese Franz von Löhers, die Ureinwohner Teneriffas seien Nachkommen der hierher geflüchteten Goten, erweist sich bei näherem Zusehen als unhaltbar. Wenn man freilich den kräftigen breitschulterigen Gestalten begegnet, wie sie sich in einzelnen entlegenen Orten Teneriffas noch erhalten haben, so versteht man leicht die Genese der Löherschen Anschauung; man glaubt in der Tat in diesen blonden blauäugigen Menschen echte Germanen vor sich zu sehen.

Hans Meyer beschreibt auf Grund der Gräberfunde die Guanchen als imposante Erscheinungen, deren Körperlänge nach den Skelettmessungen mindestens 1,70 m betrug; nicht wenige waren 1,90 m groß, und sogar Körperhöhen von 2 m kamen vor. »Das vortrefflich gebildete, breite und hohe Knochengerüst verrät große Kraft. Zu der hellen Haut der Guanchen paßte gut das blonde, rötliche oder hellkastanienbraune Haar. Die Guanchenschädel sind ausgebildete Langschädel mit sehr gut entwickelter Stirn. Über dem Hinterkopf haben sie eine starke Einbuchtung, durch die der an sich schon kräftige Hinterkopf noch mehr hervortritt. Das Gesicht ist niedrig, oben breit und unten schmal, die Augen sind groß, die Backenknochen vorspringend, die Nase ziemlich kurz und dick, die Zähne nur wenig vorwärts gerichtet, die Lippen fleischig. Das ganze Gesicht bekam dadurch einen höchst energischen, fast brutalen Ausdruck.«

In der gänzlichen Abgeschiedenheit ihrer Inselwelt vermochten die Guanchen trotz natürlicher Vorzüge ihre auf dem Standpunkt der neueren Steinzeit stehende Kultur zwar nicht weiter zu entwickeln; aber in patriarchalischer Sittenreinheit pflegten sie alle Tugenden eines edlen freien Herrengeschlechts. Ihre Verfassung war verhältnismäßig gut ausgebildet, am besten auf Teneriffa, wo die Guanchen nahezu unvermischt lebten, während auf den übrigen Inseln fremdrassige Elemente neben ihnen auftraten resp. sie zurückdrängten. Bis etwa ein Jahrhundert vor der spanischen Conquista herrschte in Teneriffa nur ein König. Der letzte Alleinherr war Tinerfe, nach dessen Tod das Land unter seine neun Söhne verteilt wurde, deren Nachkommen zwar in andauernden Fehden ihre kriegerischen Tugenden übten, aber die bisher einheitliche Macht zersplitterten, so daß sie den spanischen Eroberern rasch unterlagen.

Mit der Conquista treten die Kanaren in die Geschichte ein. Vorher werden sie nur sporadisch genannt, zuerst im Jahre 40 vor Christi. Damals entsandte König Juba II. von Mauretanien eine Expedition, und die begeisterten Schilderungen, die er erhielt, veranlaßten ihn, den neu entdeckten Archipel die » Insulae fortunatae« zu nennen. Plinius, der die Berichte des Königs im Auszug mitteilt, erwähnt schon den Namen Canaria; die übrigen Inseln nennt er Ombrios Junonia, Capracia und Nivaria. Dieser letzte Name dürfte wohl auf Teneriffa zu deuten sein.

Dann schwindet für lange Zeit das Interesse für die glücklichen Inseln, die in dem Gedächtnis der europäischen Kulturwelt nur ein durch die Schilderungen der Seefahrer genährtes sagenhaftes Dasein fristen. Erst im Jahre 1344 wird von Portugal aus eine allerdings erfolglose Expedition zur Eroberung der Inseln ausgesandt, die jedoch die sagenhaften Eilande ihres Nimbus etwas entkleidet zu haben scheint. Denn nachdem sie in der Vorstellung der Europäer wieder letztere Gestalt gewonnen haben, taucht der Gedanke, die Kanaren zu besitzen, bei weltlichen und geistlichen Machthabern immer wieder auf, ohne daß sich freilich die mit der Eroberung beauftragten Vasallen getrauten, an Ort und Stelle die ihnen übertragenen Rechte geltend zu machen, und die wiederholt ernannten »Könige« der glücklichen Inseln haben ihr Land nie gesehen. Erst Jean de Bethencourt, ein normannisch-französischer Edler, wagte das Abenteuer, und von der spanischen Krone unterstützt, besetzte er 1402 die Inseln Fuertaventura, Lanzarote, Gomera und Hierro.

Nachdem die Normannen und Spanier einmal festen Fuß gefaßt und die natürlichen Reichtümer der Inselwelt erkannt hatten, war die Krone rasch bereit, den Besitz anzutreten. Ferdinand der Katholische kaufte die Inseln von den Nachkommen Bethencourts und sandte 1478 seine Söldner, die mit rascher Grausamkeit die Unterwerfung vollendeten. Am längsten hielt sich Teneriffa, wo die rassereinen Guanchen durch ihre große, persönliche Tapferkeit den Eroberern schwer zu schaffen machten, und ihren endlichen Sieg verdankten die Spanier nur der Uneinigkeit und Arglosigkeit ihrer Gegner.

Die Geschichte der Conquista ist wenig erfreulich, und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß das Guanchen-Volk wohl fähig gewesen wäre, die ihm gebrachte Kultur aufzunehmen, und daß die Träger dieser Kultur sich wenig Ruhm mit der Zerstörung dieses prächtigen Naturvolks errungen haben. Heute sind nur sehr wenig rassereine Guanchen in den entlegensten Teilen der Insel zu finden; was das Schwert verschonte, fiel der Inquisition zum Opfer, und der Rest ist in der Vermischung mit den Spaniern aufgegangen.

Die spätere Geschichte der Insel weist keine sonderlichen Ereignisse auf. Die Engländer haben einmal vergeblich versucht, Teneriffa den Spaniern abzunehmen; bei der Gelegenheit verlor Nelson seinen Arm. Seither sind die glücklichen Inseln unbehelligt geblieben, unbehelligt auch von der rasch vorwärtsstrebenden Kultur des nördlichen Europas.

Nicht das Klima degeneriert die Eingeborenen: Im steten Kreislauf ist die Kultur Teneriffas auf demselben Nullpunkt angelangt, auf dem das Mutterland steht, und sollte Spanien sich jemals wieder von der Korruption und Jesuitenherrschaft erholen, so wird wohl auch Teneriffa eine neue Blüte erleben.

 

II.
Santa Cruz.

Den Besuchern Teneriffas stehen die verschiedensten Reisewege offen.

Der bequemste Weg von Deutschland führt über Hamburg und Bremen, von wo die vorzüglich eingerichteten Dampfer der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft (Kapklasse), der Hamburg-Amerika-Linie, der Woermann-Linie, der Ostafrika-Linie und des Norddeutschen Lloyd die Überfahrt vermitteln. Die ersteren laufen Lissabon Teneriffa, d. h. 2 Tage Seefahrt. Spanische Postdampfer wöchentlich in 2½ Tagen von Cadiz nach Teneriffa. Die Verbindung mit Genua wird durch einige recht gute Dampfer der »Veloce« hergestellt. Die größeren Schiffe führen gute Küche und brauchen nur fünf Tage. Englische Linien: Union-Castle-Linie regelmäßig jeden Sonnabend ab Southampton (Post), Elder Dempster & Co. ab Liverpool und Plymouth.

Im Jahre 1905 liefen die Kanarischen Inseln 3529 Schiffe mit 184 463 Passagieren an.

Lange bevor das Schiff sich Teneriffa nähert, schauen die Reisenden sehnsüchtig nach dem Pic aus, und in der Tat zeigt er sich häufig in voller Klarheit, besonders vormittags. Später ändert sich das Bild meist: die Passatwolken treten an die Insel heran und verweilen in halber Höhe des Gebirges bis zum Sonnenuntergang. Sie werfen auf den unteren Teil der Insel einen starken Schlagschatten, der die dunklen Riffe noch schwärzer erscheinen läßt, als sie schon sind. Der Golfstrom und der Passat stehen mit ganzer Kraft auf der Nordküste und verursachen hier eine starke Brandung, welche die Landung erschwert. Deshalb wird im allgemeinen der Hafen von Santa Cruz dem für den Verkehr von Norden bequemer gelegenen Hafen von Orotava vorgezogen.

Um auf die Südseite zu gelangen, umfährt der Dampfer die Ostspitze der Insel, die dunklen Riffe der Anagaberge, die mit dem im Westen gelegenen Teno- und Adeje-Gebirge die geologisch ältesten Teile der Insel darstellen. Sie haben von ihrer ursprünglichen Form, in der sie dem Meere entstiegen sind, viel durch die Jahrtausende wirkende Erosion verloren. Die Täler sind teilweise breit ausgewaschen, die Berge zu grotesken Spitzformen zerklüftet. In allen Farben spielen die verwitterten Laven. Man wähnt sich bald an der Küste von Schottland, so düster und schroff steigen die Felsen auf; bald hat man wieder ein echt südliches Bild vor sich, besonders in Santa Cruz, mit seinen grell weißen Häusern, die gegen die schillernde Meeresoberfläche und den schwarzen Hintergrund lebhaft kontrastieren.

Die Schiffe ankern meist außerhalb des eigentlichen Hafens. Man überläßt sich am besten den Agenten der Hotels, welche die Dampfer besuchen und auch für das Gepäck des Reisenden sorgen. Auch das Grand Hotel Humboldt-Kurhaus in Orotava schickt einen Agenten zu den Schiffen, der für die beste Überkunft nach Orotava Sorge trägt.

Santa Cruz bietet weder als Stadt noch durch seine Lage Bilder von unbestrittenem ästhetischen Wert. Seine Hauptvorzüge bestehen in dem Hafen und dem außerordentlich trockenen Klima. Im Sommer wirkt hier auf der Südseite die Hitze erschlaffend, so daß man gerne nach dem kühlen Laguna hinauf geht oder nach der Nordküste, nach Orotava ins Humboldt-Paradies.

Santa Cruz de Tenerife, Hauptstadt, der zu einer spanischen Provinz vereinigten Kanarischen Inseln. Ca. 45 000 Einwohner inkl. Vororte. Sitz der Provinzial-Behörde, der auswärtigen Konsulate; Garnison.

Konsulate: Deutschland: Jacob Ahlers, Calle Alfons XIII. England: John E. Croker, Calle Marina 15 (Casa Hamilton). Italien: v. Galatti, San José 8. Amerika: S.Berliner, Calle Francisco. Argentinien: Antonio Escriniâ, Viera y Clavijo 42.

Deutscher Arzt Dr. Otto. Apotheken in der Calle Norte, Calle Castillo und Calle Francisco.

Banken: Elder Dempster & Co., Marina 11. Hamilton & Co., Marina 15. Henry Wolfson, Marina 1. Nicolas Dehesa, Castillo 60 (Credit Lyonais).

Hotels: Grand Hotel Quisisana, erstklassiges Haus. Schöne, freie Lage über der Stadt; Pension von 12 sh. aufwärts. Hotel Battenberg, unterhalb Quisisana; 8-10 sh. p. Tag. Pino de Oro, mit sehenswertem Garten, 8-10 sh. p. Tag. Camacho's English Hotel, zentrale Lage, 8-12 sh. Ohlsen's Hotel, am Ende der Calle Alfons XIII., 7-6 sh. Victoria, an der Plaza de la Constitucion 6-8 sh. Spanische Hotels: El Tenerife, Fonda Panasco, La Bicicleta, La Peninsular u. a. m.

Cafés: Cuatro Naciones, Plaza de la Constitucion; Café Belge, Plaza de la Constitucion.

Klubs (dieselben lassen vorübergehende Mitgliedschaft zu): Casino Prinzipal (international), Plaza de la Constitucion, Lesehalle etc. Im Winter Bälle. Englischer Klub, nahe dem Gobierno Civil. Circulo de Amistad, für Tennis etc. Spielplätze außerhalb der Stadt. Club Tinerfeño, für Wassersport; Marina.

Deutscher Photograph. Calle San Francisco 34.

Post und Telegraph gegenüber dem Hafen.

Rundgang durch die Stadt. Vom Hafen zur Plaza de la Constitucion; Mariensäule, die vier Guanchen-Könige anbetend umstehend. Rechts das Gobierno Civil (Rathaus) mit interessantem Patio (Innenhof); links indische Läden etc., in denen man auch Teneriffa -Arbeiten erhält; besser und zu festen Preisen in den Niederlagen der Fabrikanten: Bazar Nivaria, Camacho's Hotel; Bazar Taoro; Bon Marché. Auf der Plaza de la Constitucion und der Plaza de Weyler vor dem Gebäude des Gubernador Militär spielen um 8 1/2 Uhr abends an verschiedenen Tagen der Woche abwechselnd die städtischen oder Militär-Kapellen. Interessantes Treiben. Sonntags finden die Konzerte schon von 5 Uhr nachmittags an statt.

Links durch die Calle Cruz Verde nach der Iglesia de la Concepción. Die Kirche ist nach der Eroberung der Insel begonnen. Im Innern der fünfschiffigen Anlage bemerkenswerte Holzschnitzereien. Auf der Nordseite in der Zentral-Kapelle in einem Schrein zwei Fahnen Nelsons, die den Spaniern bei dem für die Engländer unglücklichen Seegefecht vor Santa Cruz 1797 in die Hände fielen Über die Brücke zum Hospital Civil, gut geführtes Hospital, das auch Auswärtigen zur Verfügung steht.

Zurück zur Kirche und links hinauf zum Teatro, dessen Vorstellungen des spanischen Publikums halber interessant sind, und weiter links zum Mercado, (Markthalle), interessanter Frucht- und Krammarkt. Rechts eine der kleinen Verbindungsstrassen hinauf zur Calle Alfons XIII., Hauptgeschäfts-Strasse. (Deutsches Konsulat, Bureaus der deutschen Linien.) Die Calle Alfons XIII., welche von der elektrischen Bahn Santa Cruz-Laguna-Tacaronte durchfahren wird, führt zur Plaza de Weyler, mit der Wohnung des General-Gouverneurs (Capitania General). Weiter bis zu cuatro caminos, bei denen man rechts hinunter geht, um zur Plaza de Toros mit dem Stierzirkus zu gelangen. (Portier anwesend, kleines Trinkgeld.) Links oben liegt das Hotel Quisisana, unterhalb die neue Villenkolonie; von dort zur Stadt bis zur Calle del Norte, die auf die Plaza del Principe mit ihren schönen Anlagen mündet. Unterhalb der Plaza die Iglesia de San Francisco (1680 erbaut, hübsche Front; das anschließende Kloster dient heute als Gefängnis und Gericht etc.)

Durch die Calle San Francisco am Hotel Camacho vorbei, über die Plaza de la Constitucion zum Hafen mit seiner Anlage Parque de la Marina; dann die Hafenstraße weiter zum Klub Tinerfeño, mit prächtiger, den Hafen beherrschender Terrasse. Weiter am Strand entlang zur Hacienda de Don Luis Diaz (Kaffeeplantage, tropische Kultur, Fruchtversand).

Spaziergänge und Ausflüge. 1. Ein hübscher Spazierweg führt oberhalb der Stadt über die Wasserleitung. Man kann etwa drei Stunden lang auf der Wasserleitung bis zu den Aguerre-Quellen weiter gehen. (Barranco Ameida.)

2. Mit der elektrischen Bahn bis Cuesta (Zentrale, eine halbe Stunde); dann die Carretera nach Laguna hinauf und den ersten Landweg rechts zum Barranco Ximenes, an dessen Absturz auffallend schönes und großes Exemplar des Caedon (Euphorbia Canariensis). Um den oberen Rand des Barrancos herumgehend gelangt man auf die andere Seite desselben und folgt zunächst dem Rande des Barrancos in der Richtung auf Santa Cruz bis zur Ermita (2 Stunden) oberhalb Santa Cruz. Man lernt bei diesem Spaziergang das Gelände oberhalb der Stadt kennen, das im Frühjahr im üppigsten Blütenflor steht.

3. Nach dem Fischerdorf St. Andres (zu Fuß 2 Stunden, mit Wagen 1 Stunde). Die Fahrt auf der Landstraße zeigt die interessanten Felsbildungen des Südabsturzes der Anagaberge. Das Fischerdorf St. Andres liegt malerisch am Ausgange eines der größten Quertäler.

Genußreicher, aber nur zu Fuß oder mit Maultier ausführbar, ist der Besuch der auf die Carretera mündenden Quertäler, die anfangs typische Barrancos in enger Schluchtung darstellen, sich weiter oben aber zu kesselförmigen »Valles« erweitern, die durch ihre dichte endemische Vegetation überaus anziehend sind. Bei Verfolgung des Hauptweges führt jedes dieser Täler auf die Cumbre des Anagagebirges, welche in ihrer ganzen Ausdehnung von Laguna bis zur Punta de Anaga gut passierbaren Weg bietet. Diese Gratwanderung zeigt wechselvolle Bilder von großartigster Romantik. Besser von Laguna aus zu erreichen.

4. Wagenfahrt nach Guimar (4½ Stunde) und weiter mit Maultier die Südküste entlang. Die »Bandes del Sur« bieten außer bei Guimar und Vilaflor wenig landschaftliche Schönheiten.

 

III.
Von Santa Cruz über Laguna und Tacaronte nach Orotava.

Elektrische Bahn bis Laguna ca. 45 Minuten (stündlich), von Laguna bis Tacaronte ca. 40 Minuten (zweistündlich), Wagenfahrt von Tacaronte bis Orotava in ca. 2½ Stunden. Größeres Gepäck wird durch die »Carreros« befördert.

Die Fahrt nach Laguna bietet prächtige Rückblicke auf Santa Cruz und seinen Hafen, sowie auf die zur ganzen Szene seitlich gestellten Wände der Anagaberge. Zuweilen sind die gezackten Umrisse der Insel Gran Canaria für kürzere oder längere Zeit sichtbar. In mächtigen Serpentinen steigt die Straße die Wand zum Lagunasattel hinauf, der die älteren Anagaberge mit der Cumbre verbindet. Kahl und trocken ist die nächste Umgebung und der Blick auf die dunklen, wie angefressen aussehenden Berge vermag nicht zu befriedigen. Hie und da, wo Menschenfleiß etwas Wasser zugeführt hat, entwickelt sich eine geringe Vegetation. Höher hinauf sieht man Feigenbäume, seitlich der Straße spärliche Tamariskenbüsche; die Felder sind mit Kaktuspflanzen eingerahmt, ein Rest der einst hier blühenden Cochenillezucht.

Bei ca. 300 m Höhe zweigt die Carretera nach Guimar ab. Wir nähern uns bereits der Zone reicherer Niederschläge, die der über den Lagunasattel wehende Passat den wärmeren Steigungswinden abgewinnt. Futtergräser und Ackerfrüchte treten auf, und auch drüben die Hänge der Anagaberge, die sich in einem breiten Valle zu uns öffnen, sind grün. Die Temperatur ist merklich kühler als in Santa Cruz.

Je weiter wir den Lagunasattel hinauf kommen, desto mehr gewinnt die Landschaft einen heimatlichen Charakter; wir vermissen nur den Wald, den der spanische Raubbau gänzlich vernichtet hat. Kahl, trostlos kahl sind diese Kuppen, sowie die dahinter aufsteigenden Lavarücken, und das schönheitsdurstige Auge blickt gelangweilt und enttäuscht auf die wüsten Trümmer und auf die grotesken Vulkangebilde, die drüben in immer neuen Verschiebungen ein wechselndes, aber stets unbefriedigendes Bild gewähren. Der Reisende, der die Anagaberge nicht besucht, vermag sich in der Tat schwer vorzustellen, daß ihr Inneres so reiche Schönheiten birgt.

Platanen und Pinien treten dicht vor der feuchtkalten Bergstadt Laguna auf, die wir inzwischen erreichten. Die Bahn fährt in beängstigender Nähe der Häuser, deren steile Dächer auch auf die Häufigkeit der Niederschläge deuten.

Laguna ist Bischofssitz. Im Winter ist die Stadt öde und verlassen; die Privathäuser sind geschlossen und auf den Strassen begegnen uns nur die Gestalten der ärmeren Bevölkerung, die Männer in ihren malerischen Mantas, die Frauen mit farbigem Kopftuch oder rundem Hütchen, das gleichzeitig als Unterlage für die Lasten dient, die sie auf dem Kopfe tragen. Im Sommer aber, wenn es unten in Santa Cruz zu heiß wird, dann feiert die Stadt ihre Auferstehung; dann verlegen die Wohlhabenderen ihren Wohnsitz hierher, und das Straßenbild zeigt Ähnlichkeit mit dem in Santa Cruz.

La Laguna (der Name des Ortes von einem früher hier vorhandenen See) ca. 13 000 Einwohner, Bischofssitz, gute Schulen, unter denen eine Art Universität.

Hotels: Aguerre & Continental. Das Haus ist ein alter spanischer Edelsitz mit prächtigem Patio. Sehr gut geführt. 10–12 sh. p. Tag. Hotel Tenerife in der Calle Cerera gelobt.

Die Stadt bietet nur wenige Sehenswürdigkeiten, unter denen ein alter Drachenbaum, der Bischöfliche Palast mit reicher Front und interessantem Patio, ferner das Instituto General Y Technico mit Bibliothek (21 000 Bände), sowie die alten Kirchen und hübschen Plätze zu erwähnen sind.

So wenig anziehend die nächste Umgebung Lagunas uns anmutet, so reich sind die anschließenden Berge an großartigen Naturschönheiten.

Von kürzeren Touren sei besonders ein Besuch der hinter dem Dorfe Las Mercedes beginnenden Lorbeer-Wälder empfohlen. Dieser letzte Rest des atlantischen Urwaldes ist in ca. ¾ Stunden zu Fuß oder in einer halben Stunde per Esel oder Wagen zu erreichen. Man lasse sich in dem Dorfe Las Mercedes von den hierzu stets bereiten Bauernjungen den Weg zur »Memesa« zeigen (hübscher Steintisch, in der Nähe Quelle und kleiner Wasserfall).

Sehr lohnend ist auch die Wagenfahrt von Laguna über Tegueste nach Tejina bis zur Punta de Hidalgo. Äußerst wechselvolle Bilder der 300 m abstürzenden nördlichen Steilküste. Rückkehr über Tacaronte.

Weiterer empfehlenswerter Weg: Über Agua Garcia nach Tacaronte. Zunächst auf der Carretera nach Tacaronte zu, dann den ersten in spitzem Winkel einmündenden Landweg links, der in zwei Stunden nach den Waldungen von Agua Garcia führt. Abstieg nach Tacaronte.

Hinter Laguna führt eine prächtige Eucalyptus-Allee zur Höhe. Üppiger Graswuchs, reicher Felderbestand und der Blick in die hier breiteren Täler (Valle des las Mercedes) vermehren den Eindruck einer heimatlichen Landschaft.

Jenseits der Wasserscheide treten die Berge dichter an den Weg heran und hinter einem Felsvorsprung öffnet sich der Blick für kurze Zeit auf das Meer und die nördliche Steilküste der Anagaberge. Die nähere Umgebung gewinnt ein anderes Aussehen: Ein Pinienhain bedeckt eine der Lavakuppen und die am Fuße derselben in erstaunlicher Üppigkeit prangenden Orangenbäume bereiten auf die Nordküste vor, die wir alsbald in Taraconte betreten.

Das Bild hat sich nun vollständig geändert. Die Häuser der kleinen Ortschaft sind von reichen Gärten umgeben, in denen das dunkle Laub der Orangenbäume vorwiegt. Köstlicher Blumenduft erfüllt die erfrischende Luft, und je weiter wir in die vor uns sich auftuende Gartenlandschaft hineinfahren, desto reicher wird das Bild, das schließlich am Humboldt-Corner im Orotavatal seinen Höhepunkt findet.

Das Gelände der Nordseite senkt sich in mäßig starkem Gefälle zur Küste. Hoch oben tritt der wenig arodierte Fels des Cumbregebirges nackt zutage. Seine Hänge sind zu steil und die Erosion hat an den geologisch noch nicht sehr alten Gebilden wenig wirken können, so daß sie der Vegetation keinen Raum bieten. Unterhalb des Felsgrates umzieht ein breites grünes Band, die Waldzone, das Gebirge, mit scharfer Linie die Region der Passatwolken in der Landschaft einzeichnend. Ihr dunkles, dichtes Grün setzt sich auch nach unten deutlich gegen das hellere Kulturland ab, das sich in niedrigen Etagen zu der prächtigen Steilküste senkt, um deren dunkle Riffe die heftige Brandung des Golfstroms einen weißen Gischtsaum zieht. Zuweilen, wenn die Dühnung stark ist, überdeckt ein zarter Schleier den Sockel der Insel und die Luft erfüllt der kräftige Geruch des Salzwassers bis weit ins Land hinein.

Das köstliche, echt südliche Bild, das aber nichts von dem ermüdenden Dunst der Tropen kennt, wird im Westen durch eine mächtige Felswand, die Ladera de Tigeiga, geschlossen, die den Unterbau des Pic bildet. Zu ihren Füßen dehnt sich das Orotavatal aus; über ihrer dunklen Masse steht der König der Berge, der Pic.

* * *

Es ist viel über dieses Bild geschrieben worden, an dessen Wiedergabe sich noch keines Malers Hand versuchte. Stümper und Dilettanten haben oft ihre Leinwand daran verschwendet, und die Photographen und Amateure haben unzählige Zerrbilder von ihm produziert. Seine ungeheuren Verhältnisse vermag kein Bild wieder zu geben, und wenn man auf der Straße von Orotava weiter fährt, so haftet der Blick immer andächtiger an dem Ungeheuren, das wie Offenbarung sich vor uns auftut, unfaßbar zunächst in seiner überschwänglichen Schönheit und doch als Erfüllung geahnter Wünsche empfunden.

Es mögen hier Humboldts begeisterte Worte Platz finden, der einst dieselbe Straße gefahren ist:

»Ich habe im heißen Erdgürtel Landschaften gesehen, wo die Natur großartiger ist, reicher in der Entwicklung organischer Formen; aber nachdem ich die Ufer des Orinoko, die Kordilleren von Peru und die schönen Täler von Mexico durchwandert, muß ich gestehen, nirgends ein so mannigfaltiges, so anziehendes, durch die Verteilung von Grün und Felsenmassen so harmonisches Gemälde vor mir gehabt zu haben. Das Meeresufer schmückten Dattelpalmen und Kokosnußbäume; weiter oben stechen Bananengebüsche von jungen Drachenbäumen ab, deren Stamm man ganz richtig mit einem Schlangenleib vergleicht. Die Abhänge sind mit Reben bepflanzt, die sich um sehr hohe Spaliere ranken. Mit Blüten bedeckte Orangenbäume, Myrten und Zypressen umgeben die Kapellen, welche die Andacht auf freistehenden Hügeln errichtet hat. Überall sind die Grundstücke durch Hecken von Agave und Kaktus eingefriedigt. Unzählige kryptogamische Gewächse, zumal Farne, bekleiden die Mauern, die von kleinen klaren Wasserquellen feucht erhalten werden. Im Winter, während der Pic mit Eis und Schnee bedeckt ist, genießt man in diesem Landstrich eines ewigen Frühlings. Sommers, wenn der Tag sich neigt, bringt der Seewind angenehme Kühlung. Die Bevölkerung der Küste ist sehr stark; sie erscheint noch größer, weil Häuser und Gärten zerstreut liegen, was den Reiz der Landschaft noch erhöht. Leider steht der Wohlstand der Bewohner weder mit ihrem Fleiß noch mit der Fülle der Natur im Verhältnis. Die das Land bebauen, sind meist nicht seine Eigentümer; die Frucht ihrer Arbeit gehört dem Adel, und das Lehnsystem, das solange ganz Europa unglücklich gemacht hat, läßt noch heute das Volk der Kanarier zu keiner Blüte gelangen.«

Die Schilderung Alexander von Humboldts trifft auch heute noch im wesentlichen zu. Nur die Weinberge sind nahezu verschwunden. Sie haben den Bananen-Pflanzungen Platz gemacht, nachdem die Kakteen dreißig Jahre hindurch die Felder verunziert hatten.

Der Weg, den wir in schneller Fahrt passieren, ist derselbe, den einst die Ureinwohner der Insel, die Guanchen, gegen die spanischen Eroberer verteidigt haben. Die Erinnerungen an diesen Kampf sind nur noch in den Namen der Orte erhalten, die wir berühren. Im Baranco de Acentejo erfochten die Guanchen ihren letzten Sieg. 600 Spanier wurden getötet; daher der Name des hier liegenden Dorfes: Matanza (Abschlachtung). Erst nachdem der spanische Heerführer Don Alonzo de Lugo von Europa Verstärkung erhalten hatte, gelang es ihm, auf demselben Wege vordringend die Guanchen jenseits Matanza bei dem heutigen Victoria entscheidend zu schlagen; der Rest mußte sich bei Realejo im Orotavatal ergeben.

Hinter Victoria senkt sich die Carretera zu dem in die Lavaschichten etwa 100 m tief einschneidenden Barranco hondo, einem der größten Engtäler der Nordseite. Die Straße geht bis zur Talsohle hinunter und steigt in der gleichen mühsamen Weise an der jenseitigen Wand hinauf zu dem palmenreichen Santa Ursula.

Wenn wir hinter diesem reizenden kleinen Kirchdorf die Höhe überschritten haben, liegt am Humboldt-Corner plötzlich das Orotavatal in ganzer Ausdehnung vor uns.

Es verlohnt sich, einen Augenblick still zu stehen und das Bild in uns aufzunehmen, von dessen wunderbarer Harmonie Alexander von Humboldt so tief ergriffen wurde. Er soll, so berichtet man, als er zum erstenmal des Weges kam, vom Maultier gestiegen sein, um den Boden zu küssen, den die Schönheit geweiht habe.

Das mächtige Parkett dieses von hohen Felswänden eingeschlossenen Tales steigt vom Meere – der Szene – langsam an und wird nach dem Hintergrund zu steiler, bis schließlich der schneebedeckte Felsgrat des Cumbregebirges den rückwärtigen Abschluß bildet. Die Seitenwände, drüben die Ladera de Tigeiga, hier die Ladera de Santa Ursula fallen zum Orotavatal schroff ab. Ihr Rücken läuft der Talsohle nahezu parallel und die arodierenden Kräfte haben die fast mathematische Linie der Lavaschichten noch wenig unterbrochen. Daher die elementare Wirkung ihrer Formen, die großzügige Ursprünglichkeit der Landschaft. Und in dem über der Tigeiga stehenden Pic erfüllen sich Winkelmanns bekannte Stigmata des Klassischen: Ruhige Einfalt und stille Größe.

Zwischen dem an der Bildung des weiten Cañadarings beteiligten Kopf der Tigeiga und der in westlicher Richtung ansetzenden Cumbre drängt sich aus dem Felstor, mit dem der Cañadaskessel sich gegen das Tal öffnet, eine mächtige Lavawelle, die Südwestecke der Taoro-Mulde Taoro ist der alte Guanchenname für das Orotavatal. ausfüllend. Die entsprechende Ecke im Südosten dagegen zeigt ihre ursprüngliche Gestalt, in der sie einst dem Meere entstiegen sein mag: Schroffe Felswände, an denen die Laven in Stalaktitenform heruntergeflossen sind, so daß sie wie Orgelpfeifen nebeneinander stehen. In der Tat heißen die hinter den herrlichen Pinienwaldungen von Agua Manza aufsteigenden Wände »Los Organos«.

Unterhalb der links vor uns liegenden reizenden Stadt » Villa Orotava« wird das Gefälle geringer. Drei Aschenkegel stehen hier, die ihre Provenienz ziemlich ungeniert verraten. Der nächstliegende zeigt deutlich seine Kraterform und wir erkennen, daß der Lavarücken, auf dessen Ende das Grand Hotel Humboldt-Kurhaus thront, von ihm heruntergeflossen ist. Auch die übrigen Krater haben Lavaströme zu Tal gesandt, durch welche die Küste weiter ins Meer hinaus gebaut wurde. Auf diesen kleinen ins Meer verlaufenden Laven hat sich » Puerto Orotava«, die Hafenstadt der Nordseite, angebaut.

Rechts auf einer ins Meer vorspringenden Klippe liegt La Paz, die Villa, in der Alexander von Humboldt seinerzeit gelebt hat. Ein paar hundert Meter oberhalb von La Paz liegt der bekannte botanische Garten.

Es ist eigentümlich, wie sehr man sich dieser Landschaft gegenüber über die Entfernungen täuscht. Es scheint, daß man unbewußt seinen Maßstab den ungeheuren Größenverhältnissen des Pic entlehnt, dessen nahezu 4000 Meter uns kaum zum Bewußtsein kommen. Erst wenn man an den Gegenständen der Umgebung sein Urteil korrigiert hat, wird man sich über die Ungeheuerlichkeit der Verhältnisse einigermaßen klar, deren wirkliches Verständnis erst die nähere Bekanntschaft mit dem Gebirge vermittelt.

Die mit herrlichen Eukalypten bestandene Carretera führt im Bogen um den östlichen Krater herum und senkt sich in bequemen Serpentinen zu Tal. Unterhalb des Aschenkegels betreten wir alsbald durch ein im Stil des 18. Jahrhunderts gehaltenes Tor, über dem der Name Taoro glänzt, das Gebiet des Grand Hotel Humboldt-Kurhaus.

 

IV.
Das Grand Hotel Humboldt-Kurhaus und seine Umgebung.

Die Fahrt geht auf breiter, von Bäumen eingefaßter Straße weiter. Links unterhalb des Weges liegt das Bibliotheksgebäude, das eigenen Eingang von dem Hauptweg aus hat; rechts die reizende englische Kirche mit dem Pfarrhause. Vor und hinter dem Kirchgebiet tritt der Lavaboden für kurze Zeit zutage: er harrt noch der Bearbeitung, der Bewässerung, die ihn bald zu einem Garten wandeln soll, ähnlich dem, den wir nunmehr betreten.

Denn der üppige Park, der uns aufnimmt, steht auf demselben Lavaboden, den wir soeben verließen, und seine Anlage liegt nur 13 Jahre zurück. Es mutet wie ein Wunder an, wenn wir unter den mächtigen Palmenbäumen wandern, über deren Kronen die Schneeberge sichtbar werden und bedenken, daß wenige Jahre Arbeit und ein wenig Wasser genügt haben, um die graue Lava diesem reichen Leben dienstbar zu machen.

Wir biegen in die Cour d'honneur ein und fahren bei der Empfangshalle vor, die in der Mitte des Hauptgebäudes liegt. Die Anlage erinnert in ihrem hufeisenförmigen Grundriß an die Schloßbauten des 18. Jahrhunderts; auch die geringe Höhenentwickung, die Ausdehnung in horizontaler Richtung und einzelne Details sind mit dem Louis seize und Empire entlehnt.

Rechts von der Halle liegt der Gesellschaftssaal, links der Speisesaal; geradeaus gelangt man zur Terrasse, die prächtigen Blick auf die Parkanlagen der Nordseite und das Meer gewährt.

Die Grundlagen des Grand Hotels sind zweifellos außergewöhnlich günstige: Trockener Boden, große Verhältnisse, hochgestochene Räume, imposante Lage. Es ist kaum ein Zimmer im Hause, das nicht prächtigen Ausblick gewährte. Die Nordfront genießt die köstliche Musik der Meeresbrandung und den stets wechselnden Blick auf die See und Puerto Orotava; die Südzimmer sehen auf das Taorotal und den Pic. Westwärts vereinigen sich Pic und Meer zu einem Bild von überwältigender Schönheit, während im Osten die Küste bis Tacoronte und weiter vor uns liegt.

Das Leben spielt sich im Hause im allgemeinen folgendermaßen ab:

Frühmorgens vor dem Frühstück machen die meisten Gäste einen Spaziergang, der in der Tat um diese Zeit unvergleichlich schön ist. Die Sonne weilt, dank der souveränen Lage des Hauses, recht früh schon bei uns, und selbst vor Sonnenaufgang ist die Temperatur mild. Es ist ein großartiges Schauspiel, das sich da allmorgendlich begibt, wenn die Sonne zuerst den Pic erglühen läßt und allmählich die Tigeiga in kräftigen Lichtern und Schatten und Farben ausmalt.

Nach dem Frühstück, das um 9 Uhr serviert wird, pflegen die Gäste Spaziergänge mit verschiedenen Zielen zu unternehmen. Die meisten wenden sich der Strandpromenade westlich von Puerto zu. Dort ist das ganze Jahr hindurch Gelegenheit zum herrlichen Seebad, und der Wellenschlag läßt an Kraft meist nichts zu wünschen übrig. Das Schwimmen ist hier deshalb nicht ratsam und man begnügt sich mit einem Fußbad oder Wellenbade, dem man ein wohltuendes Sonnenbad in der Atmosphäre mit dem zerstäubten Seewasser folgen läßt.

Nach dem Frühstück, das um 1 Uhr stattfindet, bis zum Tee wird meist geruht; dann reitet oder fährt man auf den Straßen nach Icod oder Sta. Ursula und Villa Orotava, nach dem berühmten botanischen Garten oder nach La Paz usw. Auch Tennis und Krocket ist ein viel geübter Zeitvertreib.

Beim Diner konzertiert häufig die städtische Kapelle. Nachher wird Kaffee in der Halle serviert und im Konversationssaal musiziert oder gespielt; auch das Billardzimmer, die Bar mit Rauchzimmer und der Lesesalon erfreuen sich des Zuspruches.

In dieses Programm bringen die von der Verwaltung veranstalteten Festlichkeiten weitere Abwechslung durch Konzerte, Aufführungen, Bälle, Krocket- und Tennis-Tourniere und vor allem durch die landesübliche Sortija, ein Ringstechen, das in der mit Palmen eingefaßten offenen Reitbahn des großen Parkes abgehalten wird. An prächtigen Bändern sind Ringe befestigt, und der herangaloppierende Reiter durchsticht mit einer kleinen Lanze den Ring und gewinnt solcher Art die Trophäe. Die Sitte ist spanischen Ursprungs. Die Mädchen hingen ihren Fingerring an den Bändern an und der glückliche Ritter gewann mit dem Ringe zugleich die Braut.

Auch die größeren Tagestouren gewähren reiche Abwechslung. In ihrer Kombinierung von Wagenfahrt, Maultierritt und Fußwanderung sind sie, trotz großer Ausdehnung, wenig anstrengend, so daß sie auch von schwächeren und älteren Leuten zum größten Teil ausgeführt werden können. Die Touren nach Icod-Garachico, Agua Manza, Pedro Gil etc. und last not least in die Cañadas und auf den Pic sind nicht nur äußerst interessant, sie gewähren Einblick in eine unbeschreiblich großartige Welt, die über den Wolken in unberührter Stille eine sonnige Einsamkeit genießt.

So gestaltet sich das Leben in Orotava ruhig und gleichmäßig. Ohne aufregende Ereignisse spielt es sich, fern vom Getriebe des Weltverkehrs und seines Nervenreizes, ab, ohne doch des wohltuenden Wechsels zu entbehren. Die Natur stellt hier die besten Mittel ihres Heilschatzes zur Verfügung, die in systematischer Anwendung dem Kranken Chancen bieten, wie er sie in dieser Mannigfaltigkeit kaum wiederfindet.

Die therapeutischen Vorzüge Teneriffas hat Humboldt in die klassischen Worte gekleidet:

»Teneriffa, gleichsam an der Pforte der Tropen und doch nur wenige Tagereisen von Spanien, hat schon ein gut Teil der Herrlichkeit aufzuweisen, mit der die Natur die Länder zwischen den Wendekreisen ausgestattet hat. Wer Sinn für Naturschönheit hat, findet auf dieser köstlichen Insel noch kräftigere Heilmittel als das Klima. Kein Ort der Welt scheint mir geeigneter, einem schmerzlich ergriffenen Gemüt den Frieden wieder zu geben, als Teneriffa

 

V.
Spaziergänge und Ausflüge vom Humboldt-Kurhaus aus.

1. Nach Puerto Orotava.

Auf der Fahrstraße durch die Anlagen am Nordabhang (hübscher Blick auf Puerto) durch das untere Parktor auf die Carretera (Fußwege kürzer aber steiler). Jenseits der Carretera führt ein Weg abwärts, der auf die Hauptgeschäfts-Straße mündet.

Puerto Orotava ca. 6000 Einwohner.

Hotels: Martianez, gutes Haus am Ostende der Stadt, unter Verwaltung von C. H. Trenkel, hübsche Gärten. Von 10 sh. pro Tag an. Monopol, am Kirchplatz, 8 sh. aufwärts. Marquesa, ebenda, spanisch. Privatlogis: Miß Nicol, ca. 200 Mk. monatlich. Miß Brown, am Risco de Burgado. Ärzte: Dr. Perez, Dr. Ingram. Apotheke: Ramon Gomez, Estrada Agustin.

Von der Hauptstraße gelangt man über den Konzertplatz (Plaza de la Constitucion; Konzerte an vorher bekannt gegebenen Tagen) zum Hafen. Bei starker Dünung großartiger Wellenbruch am Hafendamm. Rechts zur Plaza de la Iglesia mit der Iglesia de la Peña de Santa Francisca. Hinter der Kirche zur Farmacia von Ramón Gomez; daselbst kleines Museum: trepanierte Guanchenschädel etc. Zur Küste rechts bis zur San Telmokapelle, hinter deren Außenmauer Treppe zur San Telmoquelle, die nur bei Ebbe zugänglich. Das Wasser ist ein vorzügliches Heilwasser, den besten Kissinger Quellen ähnlich. Auf dem gegenüberliegenden Felsen das Convento de San Francisco, jetzt Privatbesitz. Man kann vom Hafen aus auch direkt durch die Hafenstraße hierher gelangen; daselbst interessante Fischstapelplätze.

Von der Kapelle am Strande entlang zum Hotel Martianez, wegen seiner altspanischen Innenanlage sehenswert. Auf der Straße vor dem Hotel zurück, an die Fuente Martianez vorbei, links hinauf zum Kurhaus.

2. Zum Barranco Martianez.

Unterhalb des Hotels Martianez gelangt man in den Barranco den man drei bis vier Minuten aufwärts verfolgt; rechts in etwa 3 Meter Höhe eine 175 cm lange versteinerte Eidechse (Saurier?). Man kann durch den interessanten Barranco hinaufgehen, entweder bis zur Carretera Tacaronte-Orotava, oder bis zu dem Fußweg, der diesseits des Aschenhügels rechts einmündet. Man erreicht auf demselben dicht unterhalb des oberen Parktores das Kurhausgebiet. Oder man geht zurück und -

3. Nach La Paz,

rechts vom Barranco hinauf, der Villa Alexander von Humboldts, zu der oberhalb der Häuser eine Platanen-Allee hinaufführt. Die Besitzung ist Privateigentum, meist aber zugänglich. Sehenswerte Zypressenallee mit prächtiger Myrtenhecke, die zu einer Terrasse am Felsabsturz führt. Schöner Blick. – Wenn geschlossen, so wähle man den Pfad links unterhalb der Gartenmauer von La Paz, der über die Riffe östlich weiterführt. Wenn man etwa 30 m an der Gartenmauer entlang gegangen ist und dann ca. 8 m abwärts steigt, gelangt man an die obere Öffnung eines Guanchengrabes, einer Höhle von 7 m Tiefe und 6 &#10005; 10 m Bodenfläche, ca. ½ m hoch mit Knochen bedeckt. Die Höhle öffnet sich zu dem Felsabsturz unterhalb. Vor 14 Jahren von oben geöffnet, seither häufig besucht (Leitern nötig!) Schädelreste sind kaum mehr vorhanden.

Zurück zur Straße und links hinauf.

4. Zum Botanischen Garten.

Derselbe ist als Jardin d'acclimatisation gedacht. Die spanische Regierung als derzeitige Besitzerin tut wenig zu seiner Erhaltung. Er ist durch seine alten Bäume immer noch sehr sehenswert.

Man kann die am Botanischen Garten entlang führende Straße an hübschen Villen vorbei aufwärts bis zur Carretera Orotava-Tacaronte verfolgen.

5. Zur Fuente Martianez.

Durch den unteren Teil des Barranco Martianez auf der neu angelegten Palmenallee abwärts zum Badestrand, dann den Fußweg rechts hinauf zur Quelle und zu den interessanten, teilweise bewohnten Höhlen (Lavablasen). Der Weg links ist nur für Schwindelfreie. Rechts kann man auf den Fußwegen La Paz erreichen.

6. Zur westlichen Strandpromenade

bis zum Risco de Burgado. Man geht auf einer der Querstraßen zur Küste am Westende der Stadt. Prächtiger Weg oberhalb der Lavafelsen. Ca. 300 m hinter dem Friedhof Eingang zu den sehr sehenswerten Privatbesitzungen der Familie Perez mit exotischer Palmenallee. Schöner Blick auf Puerto (Erlaubniskarte durch den Portier des Kurhauses von Dr. Perez zu erhalten). Am oberen Ende der Palmenallee mündet der Weg auf eine kleine Gasse, die links hinunter auf die Carretera führt.

7. Nach Villa Orotava

(1 Stunde zu Fuß oder Wagen). Fuß- und Reitweg: Etwa 20 Schritte vor dem oberen Parktor links ab zum Barronco Martianez, den man aufwärts bis zur Carretera verfolgt, dann etwa 3 Minuten auf der Carretera bis zu den Häusern, zwischen denen der Weg rechts aufwärts führt. Der Fahrweg zweigt von der Carretera Orotava-Tacaronte weiter oberhalb ab. Auf demselben erreicht man die Stadt von Osten (Plaza de St. Agustin).

La Villa Orotava, größter Ort der Nordküste, ca. 12 000 Einwohner. Etwa 450 m über dem Meere. Garnison. An Hotels existieren zwei spanische Fondas. Die Stadt ist seit 1894 elektrisch beleuchtet.

Rundgang durch die Stadt: Von der Plaza de St. Agustin genießt man prächtigen Blick auf die Stadt und das Tal. Die am Ostende des Platzes liegende Kirche St. Franzisco nebst Kloster wird als Kaserne benutzt. Links Eingang zu den Gärten der Marquesa Quinta, die wegen ihrer schönen Flora und eines Denkmals sehenswert sind, welches die Gräfin ihrem Sohne errichtete. Dieser wurde wie die Inschrift sagt, noch im Tode von den Priestern verfolgt, weil er Freimaurer war. – Auch von den Gärten aus schöner Blick (Erlaubniskarte von dem jetzigen Besitzer Dr. Perez durch den Portier des Kurhauses).

Westwärts zur Kathedrale, deren Inneres sehenswert. Hinter der Kathedrale hinauf gelangt man zu alten Patrizierhäusern mit reich geschnitzten und bemalten Balkonen; die Häuser sind teilweise dem Verfall nahe. Unterhalb der Kirche kommt der Fußweg vom Kurhaus herauf, der an reichen Gärten vorbeiführt. In einem derselben hohe Palmen, Kaffeeplantage. Auch die übrigen Gärten der Villa sind durch interessante Flora ausgezeichnet. Im Sommer wird zu den kirchlichen Festtagen das Straßenpflaster mit Blumenteppichen (aus frischen Blumen) bedeckt.

8. Nach Agua Manza über Villa Orotava

(1¼ Stunde Maultier; die »Arrieros« der Maultiere dienen als Führer).

Hinter der Kathedrale von Villa Orotava durch die Quartiere der ärmeren Bevölkerung aufwärts. Dann an den eigenartigen, äußerst primitiven Bauernhäusern vorbei (fälschlich Guanchenhäuser genannt; den Guanchen war der Hausbau unbekannt). Durch Kastanienwälder zu den kurz unter Agua Mansa beginnenden, in diesem Teil des Tales nicht sehr reichen Erika-Wäldern (erica arborea). Man reitet durch den kleinen Ort Agua Manza bis zu einem alten Kastanienbaum. Dann zu Fuß durch wild romantische Engtäler zur Casa de Agua, einer Sammelstelle der Quellen. Urwaldähnliche endemische Vegetation. Ein Besuch des Barranco del Agua, ferner der links aufsteigenden Pinienwaldungen ist äußerst lohnend. Rückwärts steigen die Felswände »los Organos« auf.

9. Über Pedro Gil nach Guimar.

Zunächst bis Agua Manza wie vorher beschrieben; dann in scharfen Serpentinen bis zur Cumbre. Man gelangt alsbald über die Baumzone in das Gebiet der Retama (Baumginster). Der Paß Pedro Gil liegt nach Dr. Burchard's Messung 2100 m hoch. Großartige Gebirgsszenerie. Wenn man rechts noch etwas die Cumbre hinauf reitet, so überblickt man die östliche Hälfte der Insel; Santa Cruz, die Anagaberge, das Tal von Guimar; im Hintergrunde die Insel Gran Cañaria; nach der anderen Seite das Orotavatal, den Pic und einige Spitzen des Cañadasrings. Unterhalb des Passes wird der von der » Gargante« ausgehende Lavastrom von 1705 sichtbar. Wir reiten bis zum Aschenkegel hinunter, dann an dem Außenrand des Lavastromes entlang über Arafo nach Guimar.

Guimar, ein zerstreut liegendes Dorf, 5000 Einwohner, ca. 400 m ü. d. M. Das Hotel El Buen Retiro ist ein gut geführtes englisches Haus. Guimar bietet durch sein trockenes, sonniges, leicht tonisierendes Klima und durch seine interessante Umgebung viele Vorzüge für den Kranken und Gesunden. Leider verdecken die hohen Kämme der Cumbre den Pic, so daß die Landschaft bei weitem nicht die Großartigkeit des Orotavalandes erreicht.

10. Nach Icod de los Vinos.

(Wagenfahrt ca. 3 Stunden.) In Icod zwei span. Fondas. Die Carretera zeigt interessante Rückblicke auf das Orotavatal. Da der Cañadasring nach Icod zu unterbrochen ist, so übersieht man bei hellem Wetter den ganzen Aufstieg des Pic vom Meere bis zur Spitze. – Im Dorfe interessanter Drachenbaum. Der Besuch der unterhalb Icod gelegenen Höhlen ist sehr beschwerlich. Die Carretera führt bis Garachico ans Meer. Die Rückkehr nach Orotava per Maultier durch die Pinienwaldungen oberhalb Icod über la Corona und Icod el Alto ist sehr lohnend.

11. Über Cruz Verde in die Cañadas

(5 Stunden Maultier). Die Tour wird in dieser Form von den Führern bevorzugt, weil sie am kürzesten ist. Besser Rückkehr über die Ladera de Tigeiga. Am empfehlenswertesten:

12. Über Villa Orotava (Wagen 1 Stunde) nach Llano de Maja

(4½ Stunde Maultier); durch die Retamaebene zur Fortalezza (1 Stunde Maultier) und über die Tigeiga nach Realejo Bajo (4 Stunden, teilweise zu Fuß); mit Wagen zurück (1 Stunde).

Die Tour lehrt die Erikawälder oberhalb Villa Orotava, die Lavaabstürze der Cumbre und in Llano de Maja das großartige Panorama des Ringgebirges der Cañadas, sowie die Ostseite des eigentlichen Pic sehr gut kennen. (Llana de Maja, 2100 m, ist die Hochebene, mit welcher die Cumbre an das Picmassiv ansetzt.) Wir reiten in die von wilden Lavamassen zerklüftete Retamaebene, 2100 m, (Retama, Baumginster, blüht im April und Mai) innerhalb des Cañadarings hinunter, bis zur Fortalezza (»kleine Festung«). Der Weg zwischen den verschiedenfarbigen Laven hindurch ist äußerst anziehend durch die wechselnden, in ihrem Kolorit an die Wüste erinnernden Bilder. Östlich der Fortalezza öffnet sich der Cañadasring nach dem Icodtal. Im Westen wird die Insel Palma sichtbar. Das Klima der Cañadas ist charakterisiert durch seine Höhe, durch die intensive Besonnung, äußerste Lufttrockenheit und die Nähe des Meeres. Die Passatwolken bleiben bis ca. 300 m unterhalb.

Der Weg führt an der Südwand der Fortalezza auf die Tigeiga hinauf und der nun folgende Abstieg über die Tigeiga ist vielleicht das großartigste, was man überhaupt sehen kann: Die Insel wird nach rechts und links in ganzer Ausdehnung sichtbar, der Blick in das Orotavatal und auf die Waldungen oberhalb Icod wechselt fortwährend, weil die Passatwolken bald die Szene zudecken, bald wieder Durchblicke gestatten. Rückwärts bietet der Pic einen majestätischen Hintergrund.

Auch bei bewölktem Himmel ist diese Tour äußerst lohnend und interessant, da sie alsbald über den Wolkenring hinaus in die Region des Antipassat führt. Beim Abstieg über die Tigeiga empfiehlt es sich teilweise zu Fuß zu wandern, weil die Maultiere auf dem feuchten Boden unsicher gehen. Der Abstieg endigt in Realejo Bajo, einem reizenden Dorf am Fuße der Tigeiga.

13. Durch die Cailadas nach Vilaflor (11 Stunden Maultier).

Bis zu den Cañadas wie in Tour 11. Dann reitet man etwa 2½ Stunde durch den Cirkus de Cañadas. Je weiter man in die Cañadas hineinkommt, desto großartiger werden die Felsbildungen. Der Paß zur Südseite, die Guajara, übersieht den Cañadasring und die Südküste.

Man gelangt dann am Südabhange hinunterreitend in 2½ Stunden nach Vilaflor, einem 1500m hoch gelegenen Dorfe mit reichen Pinienwaldungen. In der spanischen Fonda ist man relativ gut aufgehoben. Außerdem wohnt ein Deutsch-Österreicher, Herr von Thaner, in Vilaflor, der Fremde nach vorheriger Anmeldung aufnimmt. (Vilaflor-Spitzen, ähnlich den Brüsseler Arbeiten).

14. Picbesteigung.

Am ersten Tag durch den Portillo über die Montaña Bianca zur Alta Vista (9 Stunden Maultier). Am zweiten Tag von der Alta Vista zum Krater (1½ Stunden zu Fuß) zurück über die Tigeiga (8 Stunden Maultierritt, teilweise zu Fuß).

Zur Picbesteigung wählen die Führer meistens den kürzesten Aufstieg, über Santa Cruz und durch den Portillo. Dann durchquert man die Retamaebene und reitet über den Bimssteinkegel (Montaña Bianca, 2649 m) zwischen zwei Lavaströmen aufwärts bis zu der in der Gabelung der beiden Lavaströme stehenden Schutzhütte Alta Vista (3270 m); dieselbe enthält drei Räume, für die Fremden, für die Führer und für die Maultiere. Decken und Proviant müssen mitgebracht werden. Den Schlüssel besorgt der Führer. Von der Alta Vista überblickt man den Osten der Insel, Gran Canaria und undeutlich Fuertaventura und Lanzarote. Mit untergehender Sonne genießt man das eigenartige Phänomen des Picschattens, der durch die Retamaebene über den Cañadasring und weiter bis nach Gran Canaria reicht.

In der Frühe des folgenden Tages Aufstieg zur Rambletta, 3570m (1 Stunde zu Fuß); von dort in ca. 20 Min. den Aschenkegel hinauf zum Krater (3730 m), Spanisch Pico del Teide, Gipfel der Hölle genannt. Der Krater hat etwa 50 m im Durchmesser und ca. 15 m Tiefe. Der Boden ist überall passierbar. Aus den »Fumarolen« steigen Schwefel- und Wasserdämpfe auf. Der Blick vom Rande der Kraterwände aus umfaßt die ganze Insel und den Kanarischen Archipel. Der Picschatten ist im Nordwesten bei aufgehender Sonne wieder zu sehen.

Beim Abstieg zweigt man oberhalb der Hütte vom Wege ab und klettert über die Lavablöcke zur Eishöhle (natürliches Reservoir in einer Blase der Lava). Das Wasser ist selbst im Hochsommer gefroren.

Von der Alta Vista zurück wie beim Aufstieg und von den Cañadas wie in Tour 12.

Die Picbesteigung ist im Sommer und Herbst absolut ungefährlich. Die rasch zunehmende Luftverdünnung erzeugt zuweilen die Erscheinungen der Bergkrankheit.

 

Druck von Max Kettembeil
Berlin-Schöneberg, Mühlenstr. 8.

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