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Personen:

Schramm, Gerichtsdiener.

Wahnke, Schustermeister,

Hecht, sein Geselle.

Frau Schmidt, Rentiere.

Wilhelmine, ihr Dienstmädchen.

Ort der Handlung: Eine kleine Provinzialstadt.

Zeit: Gegenwart.

Dekoration.

Parteienzimmer im Gerichtsgebäude, sehr dürftig ausgestattet. In der Mitte des Hintergrundes eine Doppeltür. Rechts von derselben ein einfacher Tisch. Ziemlich weit über die Mitte der Bühne hinaus, zwei einfache, einander gegenüberstehende hölzerne Bänke ohne Rückenlehne. Rechts und links vom Zuschauer aus.

Ouvertüre.

Erste Szene.

Schramm

Schramm Mit Beginn der Musik durch die Mitte eintretend, in der einen Hand ein Bund großer Schlüssel, in der anderen den Gerichtsdienerstock, den Parteienzettel an der Brust tragend, sodaß er etwas aus dem Rock hervorsteckend sichtbar ist. Er singt:)

Ich bin Schramm, wer kennt mich nicht?
Alle Tage ist Gericht. Hier 'n Fall und da 'n Fall, –
Kommen müssen sie uns all'!
Wer die Schuld hat, wird verklagt,
Und wer vor soll, angesagt, –
Kommen muß er, kein Entfliehn,
Zum Termin!

Und Strafe muß sein!
Ja, Strafe muß sein!
Und da darum,
Wer sitzen soll,
Ich steck' ihn ein!
Er muß brumm'!

Nach den Worten »Er muß brumm'!« stößt er jedesmal mit dem Stock auf den Fußboden und rasselt mit dem Schlüsselbund.

(Er zeigt den Parteienzettel.)

Alle Namen hab' ich hier
pro und contra zu Papier!
Und wenn zwölfe schlägt die Uhr,
Setz ich mich in Positur. (Er nestelt an der Halsbinde.)
Bald kommt Die, und bald kommt Der,
Bald kommt Sie, und bald kommt Er.
Wir zitierten Sie und Ihn
Zum Termin!

Und Strafe muß sein!
Ja, Strafe muß sein!
Und da darum,
Wer sitzen soll,
Ich steck' ihn ein!
Er muß brumm'!

Ach, die Welt ist gar zu schlecht,
Falsch ist, wen man hält für echt!
Tiefer schwindelt, der betrügt, –
Die verleumdet, jener lügt!
Einer säuft, der andre stiehlt,
Dieser rauft, und jener spielt!
Vor damit, wie sie's verdien'!
Zum Termin!

Und Strafe muß sein!
Ja, Strafe muß sein!
Und da darum,
Wer sitzen soll,
Ich steck' ihn ein!
Er muß brumm'!

Legt den Zettel auf den Tisch und stellt den Stock dabei.)

Ja, brummen müssen sie! Dafor bin ich hier! – Es macht mir ordentlich 'n Vergnügen, wenn ich mal so einen einstecken kann, (Er rasselt mit den Schlüsseln und legt dieselben dann auf den Tisch.) – das heißt, wenn's 'n Herr ist, und keine Dame! – Heute haben wir mal wieder was mit den Damen! – – Die Frau, von dem Maurergesellen, wo ich laschieren tu', meint immer, daß ich mich verloben soll. – Aber da ist nur keine, die mich mag, – – und ich weiß auch wohl, warum. Wir von's abgedankte Militär haben noch immer so was Forsches, so was Unteroffizierliches an uns, und das ist nichts für das schöne Geschlecht! – Die sind sanft und lieben das Zarte.– – (Es wird angeklopft.) Aha, da kommt schon was! Herein! (Nach kurzer Pause lauter.) Herein!

Zweite Szene.

Frau Schmidt. Schramm.

Schramm (während Frau Schmidt erscheint) Ah!

Frau Schmidt (bei der Tür stehen bleibend) Ach, du leewe Gott, wenn ick man nich so ängstlich weer!

Schramm (beiseite) N' stattliche Dame! (zu Frau Schmidt.) Treten Sie näher, Madam, und sein Sie man nicht so bange! Bitte, nehmen Sie Platz, Sie haben noch Zeit genug!

Frau Schmidt (naher tretend) Sehr fründlich, sehr fründlich vun Ihnen, Herr Amtsrichter. – (Sie setzt sich auf die Bank links.)

Schramm (beiseite, sich brüstend) Herr Amtsrichter! Damit meint sie mir!

Frau Schmidt. Dat Se so nett sünd, dat benimmt een all veel vun de Angst!

Schramm (abwehrend, sich geschmeichelt fühlend) Ah, Ah!

Frau Schmidt. Wenn ick so fri sin dörf, Se to fragen: is dit de Gerichtssaal?

Schramm. Nein, das ist es eigentlich nicht. Dies ist die Parteienstube, wo sie sitzen, eh sie reinkommen. Ich bin auch eigentlich nicht der Amtsrichter, Madam.

Frau Schmidt. Ne?! –

Schramm. Ich bin für die Parteien hier und weiß von allem Bescheid. Hier ist der Zettel, (den Zettel in die Hand nehmend,) wo sie aufstehn, pro und contra (legt den Zettel wieder hin) Mein Name ist Schramm, sagen Sie nur Herr Schramm zu mir.

Frau Schmidt (etwas schelmisch) Na, wenn Se dat denn wünschen, denn neehmen Se mi dat man nich öwel, Herr Schramm, – ick meen, dat Se de Amtsrichter weern.

Schramm. O, bitte! bitte!

Frau Schmidt. Dat Se awers en ganz netten un gebildeten Menschen sünd, (Schramm macht Mienen und Gebärden, als ob er sich geschmeichelt fühle) dat mark ick doch all glieks, als ick rinkeem. –

Schramm. Ja sehen Sie, in diesem Fall, da bin ich immer fein. Gegen das schöne Geschlecht muß man höflich sein! Haben Sie denn en schwierigen Fall? Sie sind wohl noch niemals hiergewesen?

Frau Schmidt. Wo denken Se hin, Herr Schramm, för en ehrsame Börgersfru! Dar is de ole, infamigte Deern an Schuld, und wenn man keen hett, de dat för een afmakt. – –

Schramm (beiseite rasch, er nestelt an seiner Halsbinde) Sie hat noch Keinen!

Frau Schmidt. Ick bün Witwe!

Schramm (beiseite wie vorhin) Sie ist Witfrau!

Frau Schmidt. Denn mutt man dat wul sülben. Awers lat ehr man kamen, de schall sick wunnern! – O, wat hett de mi allns op'n Stock da'n! Ick warr noch ganz benaut darvun, wenn ick blots daran denk'! (Sie sucht in ihrem Strickbeutel) Na, dat fehlt ock noch!

Schramm. Was denn? Haben Sie was verloren?

Frau Schmidt. Nu heff ick min Odekolunje (zu sprechen, wie geschrieben steht) ni mitkreegen!

Schramm. Hier eben um de Ecke wohnt 'n Höker, der hat Audekologne (zu sprechen, wie geschrieben steht) zu Kauf. Soll ich Ihnen nicht schnell 'n bißchen holen? (zärtlich) Ich hole Ihnen gerne was!

Frau Schmidt. Veeln Dank, Herr Schramm, dat is sehr nett vun Ihnen! Awers, wenn wi noch Tid hebbt, denn will ick dat doch leewer sülbn. (Schelmisch.) Ick kam denn noch gau mal 'n beten in de Luft. – Dat is mi hier so beklomm' bi Se! Ick bün ock glieks wedder dar! Na, (knicksend,schelmisch) adjüs, Herr Schramm! (Ab durch die Mitte.)

Schramm (ihr durch die Tür nachrufend) Erlauben Sie, Madam! Man eben um die Ecke, Madam! – (Wieder vortretend) Die gefällt mir, und man kann garnicht wissen! – Sie ist Witfrau, und ich habe Eindruck auf sie gemacht! Sie hat ja gesagt, daß ich so nett wäre, und gebildet! – Schramm, Schramm! Was die Frau wohl sagen würde von dem Maurergesellen, wo ich laschiere! (Es wird angeklopft.) Aha! Schon wieder was! – Herein!

Dritte Szene.

Wilhelmine. Schramm.

Wilhelmine (rasch eintretend durch die Mitte, mit einem Körbchen in der Hand) Juten Morgen, Herr Jerichtsbeamter!

Schramm (beiseite, auf sich zeigend) Gerichtsbeamter! (Sich bei dieser Benennung ebenso benehmend wie bei der ähnlichen von Frau Schmidt, laut.) Guten Morgen, Mamsell! Bitte plazieren Sie sich!

Wilhelmine. Danke schön! Uf det olle, harte Jehölz? Det ist ja die reene Folterbank! (Setzt sich, ihr Körbchen auf dem Schoß haltend, auf die Bank links, laut seufzend.) Ach, Herr Jerichtsbeamter!

Schramm. Was haben Sie denn? Haben Sie'n Fall? Sollen Sie vor?

Wilhelmine (pathetisch) Ein Mädchen für alles! Noch so jung und schon vor's Jericht?! Und keener, der mir vertritt! Det hat mich meine Mutter ooch nicht bei die Wiege vorjesungen! – Ach, wenn ick nur nich so alleen stände!

Schramm (wieder bei der Halsbinde nestelnd, beiseite) Sie steht alleine!

Wilhelmine. Dann hätte ich nich brauchen bei so'n schnuddrigen Advokaten mich die Jerichtsklage ufsetzen lassen, – dann hätte mein Jeliebter et jetan, und hätte ooch für mich jestanden vor's Jericht!

Schramm. Haben Sie denn keinen Vater?

Wilhelmine (traurig und mit langsamer Betonung) Jestorben!

Schramm. Keine Mutter?

Wilhelmine (traurig, wie vorhin) Jestorben!

Schramm. Keinen Bruder?

Wilhelmine (mehr heiter, frech und pathetisch) Jar nicht jeboren!

Schramm. Auch keinen Freund?

Wilhelmine (aufstehend, ihr Körbchen auf die Bank stellend, laut und pathetisch) Freund? Herr Jerichtsbeamter, keinen Freund? – Machen Sie mich det Herz nich weich!

Schramm. Wie so denn? In was für'n Fall?

Wilhelmine. Ick hatte eenen, aber er is alle jeworden! Passen se uf, – Sie soll'n et hören! (Während Wilhelmine abwechselnd singt und spricht, hat Schramm durch stummes Spiel möglichst komisch zu wirken.)

Aujust kam, und sah, und siegte,
Und ick schenkte ihm mein Herz!
Ach, und als ick seines kriegte,
Kriegt' ick auch der Sehnsucht Schmerz!
Sonntags konnt' ick ihn nur sehen,

Einmal alle Woche nur,
:,: Und mit ihm spazieren jehen
In die jöttliche Natur. :,:

(Bei der Zeile »Und mit ihm spazieren jehen« ergreift sie rasch Schramms Arm und geht ein paar Schritte mit ihm vorwärts, läßt ihn aber los und steht wieder still, sowie die erste Strophe zu Ende ist.)

Na, und nu passen Sie mal uf, nu denk ick mir, det Sie mein Aujust sind!

Schramm (erstaunt, schmunzelnd) Ich?!

Wilhelmine. Un da einmal det Abends, et war an'n Mittwoch, da (sie tickt an Schramms Brust. Von diesem ein entsprechendes stummes Spiel) tickte da wat bei mich an's Fenster! Er war et! Und die Madam jab mich Urlaub bis Zehne! (Während sie wieder anfängt zu singen, nimmt sie Schramms Arm und spaziert mit Schramm nach dem Takt der Musik ein paar Schritte hin und her, während Schramm Mühe hat, wegen seines etwas lahmen Beines Schritt zu halten und sie beim Umwenden gewaltsam ihn herumreißt.)

Und ick jing mit ihm spazieren,
Und der Abend war so schön!
Aus dem Tor tät er mich führen,
Wo det Abends so viele jehn! (Sie steht still.)
Ach, (Sie schlägt beide Arme um Schramm und drückt
ihn an sich.)
wir hatten uns so jerne!
Und et schlug in'n Fliederbaum!
:,: Und in laue, jraue Ferne,
Lag die Welt in'n süßen Traum! :,:

(Sie spricht.)

Na, und da, wo die Bänke stehn von'n Verschönerungsverein, da setzten wir uns denn unter'n Appelboom! (Sie setzen sich ohne Bank, indem sie in den Knien hocken und so tun als ob eine Bank unter ihnen stände.) Und, Aujust, sagte ick, sieh' doch mal (sie sieht in die Höhe, Schramm auch) wie der Mond uf die Blüten scheint. (Schramm nimmt einen Augenblick die Mütze ab und streift sich mit der flachen Hand und gespreizten Fingern von hinten nach vorn über die Glatze und setzt dann die Mütze schnell wieder auf. Von komischer Wirkung ist es auch, wenn Schramm, während beide so hocken, Wilhelminens entblößten Arm nimmt und denselben mit der flachen Hand und gespreizten Fingern von oben nach unten herunterstreichelt.) Und da tat er so (sie faßt Schramm um, dessen entsprechendes Benehmen) und ick so (sie lehnt ihren Kopf an seine Schulter. Er neigt sein Angesicht dicht zu dem ihrigen und macht die Lippen spitz gegen ihren Mund, als ob er sie küssen wollte.) Und, Mine, sagte er, wat für'n himmlischer Abend! Und, Aujust, sagte ick, so möchte ick sterben! (Sie stößt Schramm etwas unsanft zurück, sodaß er nieder fällt, sie hilft ihm dann schnell wieder auf,)

Ach, und als wir so verweilten,
Schwärmend in der Nacht allein,
Schnell dahin die Stunden eilten,
Und im Nu, da schlug et ein,
Aujust, Himmel, ick muß scheiden,
Ach, dahin det schöne Jlück,
:,: Und da pilgerten wir beiden

(Wieder ihn beim Arm fassend und nach dem Takte der Musik mit ihm marschierend und ihn beim Umdrehen gewaltsam herumreißend.)

Wieder in die Stadt zurück! :,:

(Sie steht still, Schramm loslassend.)

Und et war der letzte Abend, denn er war jezogen und sollte sick stellen! Ach, und wat für'n Abschied! Und da stürmte er fort. Na, un als ick da rein wollte, hatt ick keenen Schlüssel, na, und da kam die Madam, und schloß mich uf, und nu jing et los! O, wat'n Jeschimpfe! Na, und da hab' ick den Kram hinjeschmissen, und bin ausjewandert, verstehen Sie mir?

Schramm. O, was 'n Fall! Ja, ich verstehe!

Wilhelmine. Und nu soll ick mit ihr vor!

Schramm. O, was 'n Fall! Was 'n Fall!

Wilhelmine. (nimmt ihren Korb von der Bank) Ach, Herr Jerichtsbeamter, und et steht mich so bevor! Und ick fühle mir so verlassen, (weinerlich) dat ick wohl weinen möchte! (Sie nimmt ihr Taschentuch aus dem Korb und drückt es auf die Augen. Dasselbe wieder hinlegend, ficch und verwundert.) Herrje, wat seh ick? Nu hab' ick det olle, schmierige Dienstbuch verjessen, det is schlimm!

Schramm. Wieso denn? Was denn?

Wilhelmine. Der Jerichtshof will et prüfen!

Schramm. Ja, was nun? (Sieht nach der Uhr. Eine übermäßig große Taschenuhr mit langem Gehängsel; er tut als ob sie still stände, hält sie ans Ohr und schlägt mit der Uhr in der Kante ein paar mal auf seinen Arm, hält sie dann wieder ans Ohr und sieht nach dem Zifferblatt.) Wissen Sie was? Holen Sie es! Sie haben noch fünfzehn Minuten Zeit! (Die Uhr wieder in die Brusttasche unter den Rock steckend.)

Wilhelmine. Fünfzehn Minuten?! Denn fliege ick! In zehne bin ick wieder hier! (Sie hüpft rasch mit dem Korb in der Hand durch die Mitte ab.)

Schramm. Heute kommt es doch mal so ganz anders mit mir! Es ist ordentlich, als wenn die eine mich noch lieber mag, als die andere! – Na, wenn das die Frau wüßte, von dem Maurergesellen, wo ich laschiere! (Es wird geklingelt.) Nummero drei! Ist der auch schon da! – Nu geht es so bei kleinem los! – Hatte die aber 'n paar Augen in'n Kopf, und was für 'n Gefühl, als sie so den Arm um mir schlang! – Und hier, wo sie den Kopf anlegte, da pocht es mir ordentlich! Wer weiß, wenn ich wollte! – Aber ne, sie ist mir doch zu flüchtig und zu leicht, die andre ist mir lieber! (Es wird angeklopft.) Da ist sie wohl schon wieder! (Nach der Tür hingehend und laut sprechend.) Treten Sie näher, (die Tür öffnend) liebe Frau! (Mahnke erscheint, Schramm fährt verdutzt zurück.) Ah!

Vierte Szene.

Mahnke. Schramm.

Mahnke (ärgerlich und kurz) Liebe Frau? Wat wüllt Se darmit seggn?

Schramm. Ne, – das nicht, – in diesem Fall, ich habe mich geirrt, – ich meinte,

Mahnke (wie vorhin) Wat meen'n Se denn? Meenen drüggt!

Schramm. Haben Sie auch 'n Fall? Soll'n Sie vor?

Mahnke (wie vorhin) Dat's min Saak!

Schramm. Na, ich kann ja man mal nachschn. (Nimmt den Parteienzettel.) Wie heißen Sie?

Mahnke (wie vorhin) Se wüllt ja nasehn! Seh'n Se na!

Schramm (den Zettel wieder auf den Tisch legend, ärgerlich) Na, hör'n Sie mal! Wenn ich nicht gerade so gut gestimmt wäre! O, ich kann auch grob sein, das lernt man beim Militär!

Mahnke (wie vorhin) Se hebbt mi schimpt, Se hebbt »liebe Frau« to mi seggt! Ick bün doch keen Frunsmensch!

Schramm. Ich irrte mich! – Wer Pech angreift, besudelt sich!

Mahnke (auffahrend) Pick?! Pick?! Wat wüllt Se darmit seggn? He? – Wüllt Se mi optrecken, wil ick 'n Schoster bün? Se – Se Tranbüdel, Se!

Schramm. Was Tranbeutel?! Mir?! Mich?! Ich, Beamter von's Gericht?! Sie! Sie! (Es wird geklingelt.) Aber ne, Schramm, denk an die Damen, und beherrsche dir, (Es wird wieder geklingelt) Es hat geklingelt! Ich gehe!

Mahnke (wie vorhin) Gahn Se doch!

Schramm. Setzen Sie sich!

Mahnke (sich auf die Bank rechts schnell niedersetzend, wie vorhin) Sitt all!

Schramm. Na, dann sitzen Sie man! Ich entferne mir! (Während er im Begriff ist, durch die Mitte abzugehen, ruft Mahnke ihm ärgerlich nach.)

Mahnke. Künnt Se do'n! (Steht auf, um seinen Hut an die Wand zu hängen. Er streicht an dem Türpfosten einige Male mit dem Hut von oben nach unten herunter, als ob da ein Haken säße, und läßt dann den Hut fallen, er nimmt ihn schnell wieder auf. Ärgerlich und kurz wie vorher, den Hut auf den Tisch werfend.) Nich mal'n olen Plock för min Hot! (Nach vorn gehend, wie vorher.) Dat hett man nu darvun! Nix als Arger! Un dat Beste kummt noch, hier bi de Rechtsverdreihers! Wenn man de reinste Saak hett, se makt een dat so klar als swatten Black! Un toletz? Ja toletz kann man de Bodder betaln! (Setzt sich nieder auf die Bank rechts.) Oha! – dat kummt anners, als op'n Schosterbock! De verfluchte Bengel! Wat gifft mi dat nu wedder för 'n Scheerkram! Awers lat mi ock man rinkam'n, ick will se't wul vertelln! Ick heff mi alln's opschreben, wat ick seggt heff! (Zieht ein Stück Sohlleder, das die Form einer Fußsohle hat, aus der Tasche.). Dar steiht 't! Toeerst, als he inslapen weer bi de Arbeit, dar sä ick: Häk! sä ick. (Schramm steckt den Kopf mit langem Hals durch die Türspalte und wendet ihn hin und her.). Se sünd en Swärmer!

Fünfte Szene.

Schramm. Mahnke.

Schramm. Swärmer? Schimpft er noch immer auf mir? (Ab, Tür zu.).

Mahnke. Un als he mi dar den Stewel vör de Föt smeet, dar sä ick (Schramm guckt wieder durch die Tür). Dat büttst du din Meister, du Swutscher?!

Schramm (wie vorhin). Swutscher? Das hört man ja, daß er mir meint! O, was für 'n Grobian! (Ab, Tür zu.).

Mahnke. Un als he dar noch veel to räsonneern harr, dar sä ick, he schull sick to'n Deuwel scheern! Na, un dar pack he denn sin Plünn tohopen! (Schramm steckt den Kopf durch die Türspalte und tut wie vorhin.). Harr ick em man forts noch een, (macht das Zeichen des Schlagens). mit'n Spannreem geben! – – –

Schramm. Nun will er auch noch schlagen! Denn geh' ich man lieber noch garnicht rein! (Ab, Tür zu.).

Mahnke. Dat kummt op eens herut! – En injuriam is't doch! – Un denn harr'ck doch noch wat hatt för min Geld! – – De Grönsnabel! Dat 's recht! Grönsnabel heff ick ock noch seggt! Dar steiht 't – Als he denn nu sin Kram tohopen packt harr, un ut de Döhr gung, dar reep he mi noch to: Den Swutscher wull he mi inpökeln, dat weer 'n injuriam, un de leet keen echten Berliner sick gefalln! Na, un dar kreeg he denn ock noch den Grönsnabel mit op de Reis'! – (Steckt das Stück Leder wieder in die Tasche.).

Sechste Szene.

Frau Schmidt. Mahnke.

Frau Schmidt (durch die Mitte kommend, ohne Mahnke zu sehen). Na, dar bün ick wedder, Herr Schramm! Wüllt Se ock mal rüken? (Sie will Schramm das Glas hinhalten und fährt, als sie Mahnke gewahrt, verdutzt und erschrocken zurück.).

Mahnke. Schramm? Rüken? Wat wüllt Se darmit seggn, Madam?

Frau Schmidt. O nix, eegentlich garnix! – Gott, ick bün ja ganz konfus! (Setzt sich Mahnke gegenüber auf die Bank links und riecht an ihrem Fläschchen.). Ah, dat smöt! Dat smöt!

Mahnke. Ja, dat is wahr, en apen Näs' makt den Kopp hell, un hier deit't nödig, Madam! (Geht etwas hin zu ihr, zieht seine Schnupftabakdose aus der Tasche und nimmt eine Prise und präsentiert Frau Schmidt die Dose.). Is't gefällig, Madam?

Frau Schmidt. Ick danke! Ick heff min Odekolunje!

Mahnke (die Dose einsteckend). Na, denn nich! (Er geht zurück und setzt sich wieder.). Schüllt Se ock mit vör?

Frau Schmidt. Ach, Du leewe Gott! Wa mi dat Hart sleit! – Un denn um so 'n ole infamigte Deern! Hebbt Se ock 'n Saak?

Mahnke. Ja, ick heff 'n injuriam mit min Geselln! Ick bün Se nämlich Schoster!

Frau Schmidt. Schoster?! –

Mahnke. Ja! – O, ick heff en schön Geschäft, un Kinner heff ick ni! – Hebbt Se Kinner, Madam?

Frau Schmidt (verschämt vor sich niederblickend und an der Schürze zupfend.). Wat 'n Frag! Ick weer ja man kort verheiratet!

Mahnke. Dat's wat anners! (awers so vun buten kann man dat ja ock ni sehn.) Ick wull man seggn, de dar Kinner hebbt, de kunnt sick freun.

Frau Schmidt. Ja, ja, so'n lüttje Wörmer sünd nüdlich.

Mahnke. Se verstahn mi ni, Madam! De lüttjen Wörmer meen ick ni! Ick meen de groten Wörmer, de een hölpen künnt bi de Arbeit, un een de Deenstlüd vun'n Hals holt.

Frau Schmidt. Dar hebbt Se Recht! – Ja, wenn ick en grote Dochder harr, denn seet ick wul ni hier!

Mahnke. Na seh'n Se wul? – Un harr ick en groten Söhn hatt, denn harr ick ock keen Geselln ni brukt!

Frau Schmidt. Wie keem dat denn? Hett he strickt? (Zu sprechen, wie geschrieben steht.). De Timmerlüd un de Muerlüd sünd ja all wedder för vull an't Stricken!

Mahnke. Ne, dat jüst nich. Awers he weer en Swutscher, Madam. Sündags op'n Danzboden, Mandags en Blauen, un wenn he denn Dingsdags mal anfung, denn seet he bi de Arbeit to slapen!

Frau Schmidt (mit Interesse, lebendiger). Ganz so als mit min Mine! Denken Se sick, Herr Schramm. Ach so, ick weet ja noch garni, wa Se heeten.

Mahnke. Schramm, Schramm, wokeen meen'n Se darmit, Meen'n Se mi?

Frau Schmidt (sich verbessernd). Ach Gott, dat is wahr, ick bün ja rein verbistert un weet noch garni mal, wie Se heeten.

Mahnke (aufstehend, langsam und feierlich etwas vorgehend und in gemessener Entfernung von Frau Schmidt stehen bleibend und einen steifen Diener machend). Mahnke, Madam! Min Nam is Mahnke! (worauf er ebenso langsam feierlich wieder zurückgeht und sich setzt.).

Frau Schmidt. Herr Mahnke wull ick seggn, – Denken Se sick, Herr Mahnke, ick lev so för mi alleen, so als Rentière, Partikulere. (Zu sprechen wie geschrieben steht.).

Mahnke. Portjere?

Frau Schmidt. Ne! Partikulere, wie dat so heet. Un dar kummt dat Mäden, de Mine, un seggt: Madam seggt se, is't erlaubt, 'n bischen auszugehn? Ich wollt' man eben mal nach meine Schwester! Ja, segg ick, Mine, aber mit 'n Klockenslag tein büst du mi wedder an't Hus! (Langsam und mit Pausen sprechend.). Un de Klock ward tein, un wer nich dar is, dat is Mine! Und se ward ölbn, un se ward twölf, Herr Mahnke, un Mine is noch immer nich dar! – Un ick sitt un lur un lur!

Mahnke (schnell). Bit Se swatt ward!

Frau Schmidt (schelmisch). Ne, swatt bün ick jüst ni darvun wurrn. Awers wat meen Se wul, waneer als se keem, Herr Mahnke? – Um un bi de Klock veer! Ick weer toletzt daröwer innickt!

Mahnke (mit Betonung). Dat is stark!

Frau Schmidt (mit passender Betonung). Un wa seeg se ut, Herr Mahnke! Herr des Himmels, wa seeg se ut! De schöne nie Sommerhot ganz scheef drückt, und all de Blom darvun verlorn!

Mahnke (wie vorhin). Dat is stark!

Frau Schmidt (wieder wie vorhin, mit passender Betonung). Mine, sä ick, wo heft du Hummel di herumdreben?!

Mahnke (steht auf, und geht bedächtig ein paar Schritte zu ihr hin und sagt ganz wichtig). Wat? Wat hebbn Se seggt?

Frau Schmidt. Hummel heff ick seggt!

Mahnke (schüttelt den Kopf und sagt wichtig und bedächtig).: Dat is stark! (worauf er langsam wieder zurückgeht und sich niedersetzt und dann weitersagt). Na un dar? –

Frau Schmidt. Na, un dar hat een Wort dat annere, un toletz denn ritt een doch ock mal de Geduld, Herr Mahnke; un als ick ehr dar mal gehörig de Wahrheit sä, dar mak se dat als Ehr Gesell, un smeet mi den Kram vör de Föt, un hett mi nu ock noch verklagt! – Harr ick ehr man leewer garnix seggt! Dat steiht mi so bevör, un wer weet, wa dat noch aslöppt!

Mahnke. Ja, dat is wahr! – Dat kann man garni weten? Froher weer't anners!

Siebente Szene.

Schramm. Die Vorigen.

(Schramm, immer nur den Kopf durch die Türspalte steckend und ihn hin und her wendend.).

Schramm. Sie ist schon wieder da! Er spricht mit ihr. (Ab und Tür zu.).

Mahnke. Wenn man dar wat harr, denn keem man vör de Polizei, denn kreeg so'n Person en düchtigen Rüffel, un denn weer se tamm!

Frau Schmidt. Ja, dar hebb'n Se Recht, Herr Mahnke.

Mahnke. Awers nu geiht't in de Poppen, Madam! Alle Näslank to Termin, un'n Viddeljahr geiht daröwer hin, un wenn't denn ut is, (Schramm wie vorhin, guckt durch die Türspalte). denn hett man sick mal wedder ördentlich argert för sin Geld!

Schramm. Er ist noch immer ärgerlich! Was der für'n streitsüchtige Natur hat!

Frau Schmidt. Gott in'n Himmel! Se maken mi ja noch ümmer banger, Herr Mahnke!

Schramm. Nun macht er sie auch noch bange! (Ab und Tür zu.).

Mahnke. Ja, is't ni so? – Un alle Näslang kann man swörn. – Dat is noch dat Leegste, dat ewige Swör'n!

Frau Schmidt (aufstehend und mit Ekstase). Dat kann ick ni! – Dat do' ick ni! – In min ganzen Leben heff ick noch ni swört! –

Mahnke. Ja, dar fragt se ock wat na! Swör'n möten Se, sunst hebbt Se ja verlarn! –

Frau Schmidt. Ach du leewe Gott! (Sich wieder setzend.).

(Schramm sieht wieder durch die Türspalte.).

Mahnke. Un denn in so'n Stuv! Anständige Börgerslüd in so'n Lock!

Schramm. Sie sprechen von's Gericht.

Mahnke. Nich mal 'n olen Plock för min Hot! und denn mit so 'n Puttjé, so 'n blinden Hess! Höllt 'n Mannsperson för 'n Frunsmensch!

Schramm. Buttje?! Hess?! Darmit meint er mir wieder! – O, was 'n Grobian! (Ab und Tür zu.).

Frau Schmidt. Ja, ja, dar hebbt Se recht! Dar ist veel Wahres an, Herr Mahnke!

Mahnke. Ja, is dar ni? Dar kann een de Gall wul mal bi öwerlopen!b

Achte Szene.

Schramm. Hecht. Die Vorigen.

Schramm (die Tür öffnend und komplimentierend). Ja wohl! Hier ist es! Kommen Sie hier man rein! (Ab.).

Hecht (rasch eintretend. Als er Mahnke gewahrt, sieht er ihn wütend an. Mahnke steht auf und tut ebenso gegen Hecht, während er die Arme steif macht und die Hände ballt, als ob er ihn verhauen wollte. Hecht tut ebenso, wendet sich dann rasch um und geht zu Frau Schmidt und spricht, während er den Hut lüftet und einen Diener macht, in höflichem Ton). Erlauben Sie, Madam, dat ick mir bei Ihnen setze?

Frau Schmidt. O bitte, bitte, setten Se sick man! (Hecht setzt seinen Hut wieder auf, und während er sich Frau Schmidt zur Linken niedersetzt, steht Frau Schmidt, als wollte sie etwas weiter hin rücken, auf, die Bank wippt in die Höhe, Frau Schmidt stößt einen Schrei aus, und Hecht sitzt, die aufgewippte, noch mit dem einen Ende emporragende Bank mit beiden Händen haltend, an der Erde. Mahnke mit Schadenfreude laut lachend, schlägt sich mit der flachen Hand wiederholt auf die Lende.).

Hecht. Exküsee! (Zu sprechen wie geschrieben steht.).

Frau Schmidt. Dar weern Se wul bald fulln?

Hecht (noch auf der Erde sitzend und die Bank haltend). Ja! – Da wäre ick bald jefallen! – (Er läßt die Bank nieder und springt auf, indem er sich mit der Rechten nach hinten fühlt und sich dort streichelt, zu Frau Schmidt.). Nehmen Sie jefälligst wieder Platz, Madam!

Frau Schmidt. Danke! – Hebb'n Se sick ock weh da'n? (Setzt sich, wie sie gesessen hat.).

Hecht. Weh jetan? (Sich wieder hinten streichelnd wie vorhin). Nein! (Setzt sich zu ihrer Linken neben sie).

Mahnke (zum Publikum, immer kurz und barsch). Hüt hett he sin best Tüg an! –

Hecht. Ick meinte all, et wäre zu spät, ick bin höllisch jelofen! (Fächelt sich mit der Hand.).

Frau Schmidt. Dat is ock sehr beklomm'n hier! (Riecht an ihrem Fläschchen).

Mahnke (zum Publikum wie vorhin). De graue Büx!

Hecht (riechend und sich mit der Hand den Duft zufächelnd). Det riecht schön, Madam.

Frau Schmidt Nich wahr? De Odekolunje is gut?

Mahnke (zum Publikum, wie vorhin). Un den grauen Rock! – (er stößt mit der Hacke des rechten Fußes wiederholt auf den Fußboden und tut dann mit beiden Händen so, als ob er beim Besohlen den Pechdraht zöge.).

Frau Schmidt De Odekolunje heff ick hier op de Nachbarschaft köfft, man eben um de Eck. – Dat Liter 'n Groschen, de is binah noch billiger als dat Petrolèum! (Das »e« in Petroleum lang zu sprechen und zu betonen.).

Mahnke (zum Publikum, wie vorhin). Un den Hot! den Hot! – (wieder wie vorhin mit den Hacken auf den Fußboden stoßend und den Pechdraht reißend.).

Frau Schmidt. Sc hebb'n sick ja so fein makt, – schülln Se ock mit vör?

Mahnke (wie vorhin). Un wat för 'n Halsdok!

Hecht (wütend nach Mahnke hinübersehend). Ja, ick hab 'n injuriam!

Frau Schmidt En injuriam? Dat is wul wat Slimmes? Se roll'n so mit de Ogen!

Hecht Ick rolle mit die Ojen?! Wer kann vor seine Jefühle!

Frau Schmidt Ja, dat is wahr!

Mahnke (zum Publikum). Dat süht man ja, dat dat en Swutscher is!

Neunte Szene.

Wilhelmine. die Vorigen.

Wilhelmine (kommt, ihr Körbchen tragend, durch die Mitte). Sieh so, nu hab ick et! (Frau Schmidt gewahr werdend.). Die Madam! (Sieht Hecht, naher tretend.). Herrje, wat seh ick? Herr Hecht!

Hecht (aufstehend, den Hut lüftend und einen Diener machend). Bong schur, Fräulein!

Frau Schmidt (aufstehend), O, o, wat'n Frechheit! (Zu Mahnke gehend.) Erlauben Se, Herr Mahnke?

Mahnke. Geern, Madam! (Frau Schmidt setzt sich links van Mahnke.)

Wilhelmine (zu Hecht) Na, denn setze ick mir zu Ihnen! (Setzt sich rechts von Hecht.)

Hecht. Sehr anjenehm!

Frau Schmidt (zu Mahnke), O, wat 'n Welt! Denn hett he ehr ock wul den Hot so inknickt! (Auf Wilhelmine zeigend.) Se is dat!

Mahnke (auf Hecht zeigend) He is dat ock!

Wihelmine (zu Hecht) Mit die Finger zeigen, det verächtlich, nicht wahr, Herr Hecht?

Hecht. Ja, det is nich schicklich!

Frau Schmidt. Mit de Finger? Ja, dat is slimm, wenn man mit de Fingers na een wiest, nich wahr, Herr Mahnke?

Mahnke. Ja, dat is dat!

Wilhelmine. Und wer det tut, der hat keene Bildung nicht!

Frau Schmidt (steht auf, tritt etwas vor. Mahnke steht gleichfalls auf.) Bildung? wat wullt du darmit segg'n, Mine? Meenst du mi darmit? – Denn nimm di doch man sülb'n bi de Näs'!

Wilhelmine (steht auf, tritt ebenfalls etwas vor, Hecht steht gleichfalls auf) Wat? Ick soll mir bei die Nase nehmen, und denn vor so eine? – Ne, da halt' ick mir noch viel zu jut dazu. Wer Pech anjreift, besudelt sich!

Mahnke (auffahrend und vorspringend) Pick?! Pick?! Wat wüllt Se darmit segg'n? (Geht wieder etwas zurück.)

Frau Schmidt. Dat magst du wul man segg'n! Du büst all sudelig genog!

Wilelmine. Sudelig? Haben Se et jehört, Herr Hecht? Ick, en ordentliches Mädchen? O, Sie olle falsche Katze Sie!

Frau Schmidt. 

  Wilhelmine.
(Beide zugleich mit passendem Mienenspiel. Gegen einander rückend und sprechend, Hecht steht hinter Wilhelmine, Mahnke hinter Frau Schmidt, beide mit entsprechendem stummen Spiel.)

Wat seggst du?
Ja, det sind Sie!
O, dat is schändlich!
O, wat'n Deern! Wat'nDeern!
Töf man, du!
Töf man, du!
Du! – Du! –

 

Ick en falsche Katt?
Et is alles falsch!
Alles is falsch!
Det janze Jebiß!
Und det Haar!
Sie oller Kahlkopf!
Sie, – Sie! –

(Frau Schmidt stößt einen Schrei aus und ruft) Herr Mahnke, hol'n Se mi! (Sie fällt in Mahnkes Arme. Er läßt die ziemlich Korpulente mit sichtlicher Anstrengung auf die Bank nieder, wo er mit ihr gesessen. Während er sie mit der Linken hält, zieht er mit der Rechten sein Taschentuch aus der Tasche und fächelt ihr Kühlung mit demselben)

 

(Wilhelmine gleich nachher. Sie stößt ebenfalls einen Schrei aus und ruft) Herr Hecht, halten Sie mir! (Sie fällt in Hechts Arme. Er läßt sie auf die Bank nieder, wo er mit ihr gesessen. Während er sie mit der Rechten hält, zieht er mit der Linien sein Taschentuch aus der Tasche und fächelt ihr Kühlung mit demselben.)

(Beide können auch gleichzeitig beliebige Worte sagen, dabei einander so nahe gegenüberstehend und so heftig gestikulierend, als wenn sie gleich auf einander losfahren wollten.)

Zehnte Szene.

Schramm. Die Vorigen.

Schramm (kommt durch die Mitte, bleibt in der Nähe der Tür stehen) Was ist das? O, was 'n Fall! Was 'n Fall!

Mahnke (fortwährend mit dem Taschentuch fächelnd)Water! Hal'n Se Water! Se blisst mi weg!

Hecht (ebenso wie Mahnke) Wasser! Wasser! Sie stirbt!

Schramm. Wasser? Haben Sie sich beschwiemelt! Wollen Sie sterben? Wasser! Wasser! (Rasch ab durch die Mitte.)

Mahnke (fächelnd) Dat is doch mal en schrecklichen Anblick, wenn so'n Frunsmensch in Amdam fallt!

Hecht (fächelnd) Ja, det sage ick ooch, Meester, et is 'n Trauerspiel!

Mahnke (fächelnd) Wenn se uns man nich afrutscht!

Hecht (fächelnd) Det wäre schade um ihr junges Leben. (Beide stecken, während Schramm erscheint, die Taschentücher in die Tasche.)

Elfte Szene.

Schramm. Die Vorigen.

Schramm (kommt durch die Mitte mit zwei großen, hölzernen Wassereimern, aber ohne Wasser) Hier ist Wasser! Frisch aus der Pumpe! (Den einen Eimer bei Mahnke, den anderen bei Hecht hinsetzend. Es wird geklingelt.) Spritzen Sie man! Ich komme gleich wieder! (Ab durch die Mitte.)

Mahnke (mit der Hand Wasser auf Frau Schmidt sprengend) Ja, nu sprütten Se man!

Hecht (Wasser auf Wilhelmine sprengend) Ick spritze schon!

Mahnke. Ünner de Näs' keddeln, dat schall ock god sin! (Kitzelt Frau Schmidt mit dem Zeigefinger unter die Nase.)

Hecht. Und jelinde Luft einblasen! (Pustet Wilhelmine ins Gesicht, dann wieder Wasser sprengend.)

Mahnke (Wasser sprengend) Harr'n wie man en Füerpüster!

Frau Schmidt (erwachend) Ah!

Mahnke. Se kummt sick! Se kummt sick!

Wilhelmine (erwachend) O!

Hecht. Sie lebt! Sie hat jeot!

Frau Schmidt. Herr Mahnke!

Mahnke. Vermünnern Se sick, Madam!

Wilhelmine. Herr Hecht!

Hecht. Ick halte Ihnen, Fräulein!

Frau Schmidt (matt) Herr Mahnke, dat weer en böse Tour! Mi gung de Luft weg!

Mahnke. Ja, dat weer dat! Ick wurr ock all ganz wunnerlich!

Wilhelmine (matt) Herr Hecht! Sie haben mir gehalten!

Hecht. Det habe ick! Sonst wären Sie ooch jefallen!

Frau Schmidt. Kunn ick man gau mal'n beten rut in de frische Luft!

Mahnke. Dat do'n Se man! Schall ick Se begleiten?

Irau Schmidt. Sehr fründlich vun Ihnen!

Mahnke (ihr den Arm bietend) Denn haken Se mi man in, – Madam! En Ogenblick rut is dat beste! (Frau Schmidt gibt ihm den Arm. Er nimmt im Abgehen seinen Hut vom Tisch und setzt ihn auf. Beide ab durch die Mitte.)

Hecht. Wie jeht et Ihnen? Is et besser, Fräulein?

Wilhelmine. Et is besser! O, Herr Hecht, wie habe ick mir jekränkt jefühlt! Und wie nett von Ihnen, dat Sie mir beschützten!

Hecht. Ick tat et mehr als jerne!

Wilhelmine (zärtlich) Sie taten et jerne?

Hecht. Und sollte ick nicht? Ick habe ja doch schon mal so schön mit Ihnen jewalzt! Und Sie auch zu Hause bejleitet, und sogar schon jeküßt!

Wilhelmine. Ick hätte et auch nicht tun sollen! Et war Wohl nicht recht von mir!

Hecht. O, Wilhelmine! Ick sage keen Fräulein mehr! Sagen Sie auch nicht mehr Herr, sagen Sie Hecht!

Wilhelmine. Wenn Sie et jerne wollen!

Hecht (mit Pathos) Ja, ick will et jerne! Und wat ick schon damals wollte und nicht tat, det lassen Sie mich nun tun! (Vor ihr niederkniend und mit ausgebreiteten Armen.) Wilhelmine!

Wilhelmine (erregt) Stehn Sie auf, Hecht! (Freudig zum Publikum.) O Jott, er kniet vor mir!

Hecht. Jeben Sie mir Ihre Hand zum Bunde!

Wilhelmine. Et kommt mich so überrascht!

Hecht. Sagen Sie ja! Machen Sie mir jlücklich! Wilhelmine, tun Sie et!

Wilhelmine (freudig) Ick sage Ja! Und jebe sie Ihnen! (Gibt ihm die Hände.)

Hecht (aufstehend) Und ick jebe dir den Verlobungskuß! (Küßt sie.)

Zwölfte Szene.

Schramm. Die Vorigen.

Schramm (während Hecht und Wilhelmine zärtlich gegen einander sind, den Kopf durch die Türspalte steckend) O, Was ist das?! – Nun hat sie 'n Rückfall bekommen! – Er hat sie schon wieder in die Arme, und er küßt sie! Aber das ist die Dünne! Wo ist die Dicke? Schramm, passe auf! (Ab)

Hecht Siehst du, Mine, so is et doch schön jeworden! Det hätte ick nicht jedacht, als ick herkam!

Wilhelmine. Ich ooch nicht! Et is 'n wunderbare Füjung!

Hecht. Hätte ick damals nicht so schön mit dir jewalzt, –

Wilhelmine. Denn hättest du mir ooch nicht nach Hause bejleitet.

Hecht. Un ick hätte dir ooch nicht jeküßt! – Der schöne Walzer hat die Schuld!

Wilhelmine (laut und mit Pathos) Det hat er ooch! Und da darum: Ehre, dem Ehre jebührt! (Stichwort für Musik.)

Anmerkung:

Beide gehen nach vorn, Hecht an der einen, Wilhelmine an der andern Seite des Souffleurkastens in passender Entfernung stehend, und beginnen zu singen, dabei die Beine wie tanzend bewegend, ohne sich dabei zu drehen. Während Hecht die Worte: »Na, denn man zu!« zu singen beginnt, geht er noch etwas näher nach Wilhelmine hin vor, während sie die Worte: »Ja, denn man zu!« singt, sich gleichfalls ihm ein wenig nähernd, vorgeht, und ihr Kleid an jeder Seite mit der Hand fassend, einen altmodischen, tiefen, graziösen Knicks macht. Net den Worten: »Komm, ich und du«, setzt Hecht seinen Hut wieder auf und legt seinen Arm um Wilhelminens Taille, faßt mit seiner linken Hand ihre rechte an, beide bewegen sich schaukelnd dem Publikum zugewandt bis der Tanz beginnt. Während des Nachspiels tanzen sie, und wenn Nachspiel und Tanz zu Ende, wechseln sie ihre Stellung; wer rechts gestanden geht nach links, und wer links gestanden geht nach rechts hinüber. Was die Worte von »Na, denn man zu!« bis »himmlische Freud'!« anbelangt, ist zu bemerken, daß dieselben teils abwechselnd nun ihm und ihr, teils von beiden zusammen gesungen werden, wie solches genau in der Komposition angegeben worden ist.

(Stichwort für die Musik.) »Ehre, dem Ehre jebührt«.

Vorspiel.

Sie. Für so 'n Walzer, wie kloppt mir dat Herz in der Brust!

Er. Wat kann et ooch Schöneres jeben?!

Sie. Als so'n lustigen Walzer, o himmlische Lust?!

Er. Für so'n Walzer, da laß ick mein Leben!

Beide. Für so'n Walzer, da laß ick mein Leben!

Sie. En Rheinländer, Schottisch, zwar alle Bonnör!

Er. Und Franzäs', Polonäs', Jalopade!

Sie. Doch wenn ick so'n lustigen Schnellwalzer hör',

Er. Denn sind sie mich alle Pomade!

Beide. Denn sind sie mich alle Pomade!

Er (etwas zu ihr hintretend, den Hut abnehmend und mit einer tiefen Verbeugung.) Na, denn man zu!

Sie (etwas zu ihm hintretend, mit beiden Händen das Kleid anfassend, mit einem tiefen graziösen Knicks) Ja, denn man zu!

Beide. (Hecht, den Hut schnell wieder aufsetzend, seinen Arm um ihre Taille legend und mit der Linken ihre rechte Hand erfassend. Sie bewegen sich schaukelnd) Komm, ich und du! Komm, ich und du! Na!

Na, denn man zu!
Komm, ich und du!
Du mit mir!
Ich mit dir!
Walzen wir!
Walzen wir beid'!
O, du himmlische, himmlische Freud'!

(Nachspiel. Sie tanzen.)

Sie. Wenn Musik ruft zum Tanze, det Liebste ist er!

Er Ist auf Festen det Liebste den Jästen!

Sie. Et jibt ooch kein Tanz, der entzückender wär',

Er Bei so'n Walzer, da schwärmt sich's am besten!

Beide. Bei so'n Walzer, da schwärmt sich's am besten!

Sie. Redowa, Mazurka und Kotillon zumal,

Er Die können det Herz wohl erwärmen.

Sie. Doch rauscht mal so'n lustiger Walzer im Saal:

Er Jleich bejinnen die Herzen zu schwärmen!

Beide. Jleich bejinnen die Herzen zu schwärmen!

Hecht (wieder engagierend, wie vorhin) Na, denn man zu!

Wilhelmine (wieder knicksend wie vorhin. Beide sich wieder umfassend und schaukelnd wie vorhin) Ja, denn man zu!

Na, denn man zu!
Komm, ich und du!
Du mit mir!
Ich mit dir!
Schwärmen wir!
Schwärmen wir beid'!
O, du himmlische, himmlische Freud'!

Beide tanzen und ehe noch die letzten Takte des Walzers zu Ende sind, durch die Mitte hinaus, wobei sie die Tür tanzend aufstoßen. Es wird stark applaudiert und sie erscheinen sofort wieder, ihre Stellung auf der Bühne wechselnd und singen:

Sie. Und wat denn bei so'n lustigen Walzer jeschieht

Er. Det kommt wie vom Himmel jeflogen!

Sie. Et jagen die Pulse, die Wange erjlüht,

Er. Und Jott Amor, der spannt schon den Bogen!

(Während er wie mit einem Bogen nach links hin ins Publikum zielt.).

Beide. Und Jott Amor, der spannt schon den Bogen!

(Wahrend sie wie mit einem Bogen nach rechts hin ins Publikum zielt.).

Sie. Wenn zwei sich jefunden, welch' süßer Jenuß!

Er. Welch ein Flüstern und Drücken der Hände!

Sie. Und et währt nicht mehr lange, denn kommt schon der Kuß!

Er. Denn fügt schon Jott Hymen det Ende!

Beide. Denn fügt schon Jott Hymen det Ende!

Er (wieder engagierend, wie vorhin). Na, denn man zu!

Sie (wieder knicksend,wie vorhin). Ja, denn man zu!

Na, denn man zu!
Komm, ich und du!
Du mit mir!
Ich mit dir!
Küssen wir!
Küssen wir beid'!
O, du himmlische, himmlische Freud'!

Beide tanzen wieder und während sie die letzten Takte tanzen, kommt Mahnke mit Frau Schmidt am Arm durch die Mitte. Sie stehen bei der Tür still und sehen verwundert nach den beiden hin. Hecht und Wilhelmine haben die beiden nicht kommen sehen und küssen sich nach Beendigung des Tanzes.

Dreizehnte Szene.

Frau Schmidt. Mahnke. Die Vorigen.

Frau Schmidt. Herrje! Wat seh' ick! (Hecht und Wilhelmine fahren auseinander.).

Mahnke (laut). Dat is stark!

Milhemine (frech). Komm, Hecht, (ihm den Arm gebend). nun laß uns ooch man mal raus jehn! (Zu Frau Schmidt schnippisch und frech). Det is mein Jeliebter, Madam, ick habe mir verlobt! (Beide ab durch die Mitte.).

Frau Schmidt (ziemlich weit nach vorn sich auf die Bank links setzend). Na, wat segg'n Se nu, Herr Mahnke?

Mahnke (sich in genügender Entfernung auf dieselbe Bank nach hinten setzend). Wat schall man darto seggn? He hett ehr ja opfungn!

Frau Schmidt (etwas verschämt). Wie meenen Se dat, Herr Mahnke?

Mahnke (etwas näher rückend). Se hett ja all eenmal in sin Arm legen!

Frau Schmidt (verschämt). Ah, Herr Mahnke.

Mahnke (etwas näher rückend). Dar is dat wul nun herkamen!

Frau Schmidt (verschämt). Ja, ja, dat is't denn wul!

Mahnke (näher rückend). Un dar is denn wedder dat Küssen vun herkam'n! Un Se hebbt ja ock all mal in min Arm legen!

Frau Schmidt (verschämt). Awer, Herr Mahnke, ick bitt' Se doch!

Mahnke (näher rückend). Awers wi hebbt uns noch nich küßt!

Frau Schmidt (ganz verschämt). Awer, Herr Mahnke, nu swigen Se doch still!

Mahnke. Ne, dat hebbt wi nich! (Küßt sie.).

Frau Schmidt (schnell). Ick weet nich, mi fleit dat Hart so! – Dat sust mi so in'n Kopp rum! – Herr Mahnke, holn Se mi! – – – (Sie sinkt an seine Brust, er küßt sie.).

Vierzehnte Szene.

Schramm. Die Vorigen.

Schramm (den Kopf durch die Türspalte steckend). Was seh' ich? Auch die noch?! O, die Weiber! – (Stürzt herein.). Herr!! (Mahnke und Frau Schmidt fahren auseinander.). Was haben Sie gemacht?

Mahnke. Dat sehn Se ja! Ick heff mi verlavt!

Schramm. Und das hier, aufs Gericht?

Mahnke. Dat kummt vun dat lange Sitten!

Schramm. Das will ich melden! Das will ich melden! (Stürzt ab.).

Mahnke (zu Frau Schmidt). Lat em man! Lat em man! Du büst nu doch all eenmal min! – Awers nu segg mi ock mal din Vörnam, ick weet ja noch garni, wie du heetst.

Frau Schmidt (verschämt und gedehnt). Krischana!

Mahnke. Krischana! – – Un mi nömn se fröher ni anners als de »schöne Adolf«.

Frau Schmidt. Ick weet nich, Mahnke, dat keem allns so gau, so in'n Sturm!

Mahnke (singt). »Im Sturm, im Sonnenschein!« Dat's ock dat Beste! – In so'n Saak mutt man nich eerst lang fackeln! (Küßt sie, Hecht mit Wilhelmine am Arm erscheinen und bleiben bei der Tür stehen, ohne daß Mahnke und Frau Schmidt sie gewahr werden.).

Fünfzehnte Szene.

Hecht. Wlhelmine. Die Vorigen.

Wilhelmine (laut). Na nu? (Mahnke und Frau Schmidt fahren auseinander und stehen auf.).

Hecht. Wat seh' ick?

Mahnke. Ja, seh'n Se man! Dat hebbt wi ock all seh'n! – Wat den een recht is, is den annern billig!

Frau Schmidt. Ja, ja, dat is dat!

Wilhelmine. Damit meinen sie uns, Hecht!

Hecht. Et is wohl so! – Wir sind ooch keen Haar nicht besser!

Mahnke. Dat's recht, Häk! – Dat weer doch mal en vernünftig Wort!

Wilhelmine (zu Frau Schmidt, knicksend). Madame Smitten, ick jratuliere!

Mahnke. Na, nu segg doch danke!

Frau Schmidt. Harr se mi man ni so argert!

Hecht. Na, der Meester hat mir doch ooch jeärgert!

Mahnke. Ja, un Häk mi ock! – Wat argern?! Argern mutt man sick ni! – (Hecht die Hand hinhaltend.). Häk, kam'n Se her! – Vergnögte Menschen argert sick ni!

Hecht (Mahnke die Hand gebend). Ne, Meester, und die injuriam ist verjessen! (Wilhelmine durch Zeichen animierend, nach Frau Schmidt zeigend.).

Wilhelmine (zu Frau Schmidt, knicksend). Madame Smitten, ick jratuliere!

Mahnke (zu Frau Schmidt). Na, nu segg doch danke!

Frau Schmidt (nach kurzem Zögern). Na, Mine (ihr die Hand gebend). Ick danke!

Hecht. Det is edel!

Mahnke. Dat weer brav!

Hecht. Meester, Meester, ick komme wieder!

Mahnke. Na, Häk, denn wüllt wi't noch mal versöken! Awers dat Swutschern, dat möt Se laten!

Hecht. Jawohl, Meester! Da wird die Mine wohl schon vor ufpassen! (Wilhelmine durch Zeichen animierend, zu Frau Schmidt zu gehen.).

Wilhelmine (knicksend) Madame Smitten, ick melde mir!

Frau Schmidt. Na, Mine, denn beter di!

Wilhelmine (mit Pathos). Un det olle Jericht? Wat fragen wir nun noch nach det olle Jericht?! Nun feiern wir!

Mahnke. Ja, nu fiert wi!

Frau Schmidt. Und den Verlavungspunsch drinkt wi bi mi!

Mahnke. Ja, dat do't wi! – Un den ock noch so'n lüttjen Danz dabi! – So'n, als mit Häk un Wilhelmine! (sich zu Hecht wendend). Wa gung dat man noch, Häk! –

Hecht. Passen Sie uf, Meester! Sie sull'n et hören!

(Legt schnell seine Rechte um Wilhelmines Taille, während er mit der linken ihre rechte Hand erfaßt, und beide beginnen, zugleich mit Begleitung des Orchesters, schaukelnd zu singen, während Mahnke in komischer, altmodischer Weise Frau Schmidt zum Tanz engagiert und darauf während des Nachspiels mit ihr tanzt. Wenn Hecht und Wilhelmine anfangen zu singen und während sie singen, hat Mahnke Zeit, Frau Schmidt in altmodischer Weise, den Hut abnehmend mit Kratzfuß und tiefem Diener zu engagieren. Er nimmt sich zuerst schnell ein Paar recht große baumwollene Handschuhe aus der hinteren Rocktasche und zieht sie schnell an, dann lüftet er den Hut vor Frau Schmidt und macht einen tiefen Diener vor ihr, worauf sie in graziöser Weise und mit beiden Händen ihr Kleid anfassend, einen tiefen Knicks macht, worauf beide altmodisch tanzen. Die paar Takte des Tanzes, während beide Paare um Schramm herumtanzen und ihn so von einer Seite zur andern stoßen, müssen noch einmal mehr durchgespielt werden, damit die komische Situation, in welcher Schramm sich befindet, noch ein wenig länger dauert. Während die paar Takte zweimal gespielt werden und die beiden um ihn herumtanzen, kommt er garnicht zu Worte vor lauter Verwunderung, sondern arbeitet und schlägt nur mit den Armen und schneidet dabei Grimassen. Erst wenn der Tanz aufhört, ruft er laut: Die Uhr hat 12 geschlagen).

Na, denn man zu!
Komm', ich und du!
Du mit mir!
Ich mit dir!
Walzen wir!
Walzen wir beid'!
O, du himmlische, himmlische Freud'!

(Mit Beginn des Nachspiels fangen beide Paare an zu walzen, Hecht und Wilhelmine tanzen modern. Mahnke und Frau Schmidt in altmodischer Art, und unmittelbar darauf stürzt Schramm durch die Mitte herein, bleibt mitten auf der Bühne stehen, und in höchster Erregung nach den Tanzenden sehend, sich fortwährend von der einen Seite nach der andern drehend, während die beiden Paare, ohne sich durch sein Erscheinen, seine Grimassen und Gesten stören zu lassen, bis zu Ende des Nachspiels um ihn herumtanzen und ihn beim Tanzen hin und her stoßen. Unmittelbar nach Schluß des Nachspiels und Tanzes wird geklingelt. Die Paare lassen sich für den Augenblick los.).

Sechzehnte Szene.

Schramm. Die Vorigen.

Schramm (laut rufend, in höchster Erregung). Die Uhr hat zwölf geschlagen! – Es geht los! – Es geht los! –

Mahnke. Dat lat man! – Wi gaht ock los! (Von nun an beginnen die beiden Paare Schramm zu verspotten, Hecht als der erste.).

Hecht. Ja, det tun wir! (Er tritt vor Schramm hin, nimmt den Hut ab, macht einen tiefen Diener und sagt spöttisch): addio! Herr Schramm!

Wilhelmine (vortretend und vor Schramm einen Knicks machend, spöttisch und kokett). Ade, Männiken! (Gibt Hecht wieder den Arm.).

Frau Schmidt (spöttisch, in ihrer Weise und mit altmodischem graziösem Knicks, an beiden Seiten ihr Kleid anfassend). Auf Wiedersehn, Herr Schramm!

Mahnke (vor Schramm hintretend, spöttisch grob und ihm dabei auf die Schulter schlagend, sodaß Schramm davon in die Knie sinkt). Adjüs Schramm! (Gibt Frau Schmidt wieder den Arm.).

(Beide Paare ab durch die Mitte.).

Schramm (in höchster Erregung). O, die Weiber! Die Weiber! – Aber warte man! – Vor müssen sie! – Alle müssen sie vor! – (Es wird geklingelt.). Es geht los! Es geht los! Und keiner da?! O, was 'n Fall! – Was 'n Fall! –

Siebzehnte Szene.

Frau Schmidt. Schramm.

Frau Schmidt (die Tür öffnend und in der Tür stehend schelmisch). Herr Schramm! Herr Schramm!

Schramm (rasch den Kopf wendend, nach ihr hinsehend kurz und wütend). Na?!

Frau Schmidt (schelmisch und mit dem Finger nach dem Vorhang zeigend). Kieken Se mal in de Höch!

Schramm (wieder den Kopf zurückwendend, in die Höhe dahin sehend). Na?

Frau Schmidt (schelmisch). Dat's 'n Fall vun baben!

Nachdem sie dies gesagt hat, geht der Vorhang Schramm vor der Nase herunter und dieser macht zugleich entsprechendes stummes Spiel.

Der Vorhang fällt.


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