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Zweiter Akt.

(Dieselbe Dekoration.).

Erste Szene.

Müffel. (Vorspiel.) (Müffel aus dem Zimmer links kommend, in der Kellnerjacke und mit der kurzen Pfeife. Er singt:).

Was kommt dort von der Höh'?
Was kommt dort von der Höh'?
Was kommt dort von der ledern Höh'?
Ça, ça, ledern Höh'?!
Was kommt dort von der Höh'?

Es ist ein Postillon,
Es ist ein Postillon,
Es ist ein lederner Postillon,
Ça, ça, Postillon!
Es ist ein Postillon!

(Mit Ernst und etwas elegisch.). Und es gab einmal eine Zeit, da war ich der lederne Fuchs, welchen er brachte, – – und mir ist, als wär' es gestern erst gewesen, – und doch schon heute ein bemoostes Haupt und der Senior aller bemoosten Häupter! – –

Et fugit interea fugit irreparabile tempus! – –

Na, Müffel, wirst du schon wieder mal sentimental?! – Ach, was, – Unsinn! – – Nicht um eine Million vertauschte ich diese schönste Zeit meines Lebens! – – – – (rauchend) Aber, wo Bock wohl steckt, mein Intimus? – – – Sollt' mir 'n Taler wechseln, und 'n paar Havanna bringen. – – – Na, denn warten wir, bis er kommt, – – und nehmen Sie Platz, Herr Müffel. – Si tibi placet(setzt sich an den runden Tisch mit dem Rücken gegen das Zimmer rechts) – Der arme Kerl hat schon wieder Besuch bekommen, muß gewiß die Weiber bedienen. (Nimmt eine Zeitung) Folia! – Blätter! (Sie wieder hinwerfend.) Denn sind mir die, welche mein Freund Bock sich hält, aufgerollt und zum Verpaffen, doch tausendmal lieber! – (Schiebt mit dem Fuß einen Stuhl vor, auf welchen er die Beine legt.) Ach, es ist doch recht langweilig in einer solchen Kellnerjacke! – man kann nicht mal 'n bißchen ausgehen!

– (raucht).

Zweite Szene.

Frau Krützfeldt. Müffel.

Frau Krützfeldt (aus der Stube rechts kommend mit einer Photographie in der Hand, allmählich vorschreitend) Dar is he all! – Gar keen Twiefel! – He is dat! – (Abwechselnd ach dem Bilde und Müffel sehend.) Stülpsteweln, stimmt! – Witte leddern Büx, stimmt! – Un de Jack, – un de körte Piep – – stimmt alles. – Ne, wat 'n stramm'n Jung! – Dat freut mi dochen um Stina! – (Hat sich während dessen herangeschlichen und gibt Muffel einen derben Schlag auf die Schulter, sodaß dieser die Pfeife fallen läßt und vom Stuhl auf die Erde fällt.) Dat büst di wul ni vermoden we'n?

Müffel (aufspringend) Ne! – Ha! Ha! Ha! Ha! – wa kunn ick mi dat ock vermoden we'n? –

Frau Krützfeldt. Wi sünd all 'n beten hier. Ick seeg di ock all glieks, als wi ankeem, – frilich man vun achtern! – awers ick seeg doch forts, dat du dat weerst! – De Fotegrafie is doch ganz ähnlich!

Müffel (zu Frau Krützfeldt) Fotegrafie? – Ja, ja! – de mutt ja ähnlich sin!

Frau Krützfeldt. Awers, wo is Vader? Jochen? is he noch bi de Ossen?

Müffel (beiseite) Ha, Ha, Ha! Ha! hält mich für Jochen! –

Frau Krützfeldt. Wat seggst du?

Müffel. Ah, ick meen man, – Vader, – ja, – – ja – – – de is noch bi de Ossen.

Frau Krützfeldt. Denn kummt he wul bald? – Nachbar Schlüter un Stina sind dar binn.

Müffel (beiseite) Nachbar Schlüter und Stina? Aha, die andern beiden! (Zu Frau Krützfeldt.) Wat makt se dar?

Frau Krützfeldt. Ja, min Dochder wull noch ni mit rinn, se schaneert sick noch – un Nachbar Schlüter snackt ehr dat nu ut'n Kopp. – (Müffel auf die Schulter schlagend.) Du büst wul ni so? –

Müffel. Ick? ne! ick schaneer mi ni. (Beiseite.) Kummt ock nix bi herut.

Frau Krützfeldt. Dat süht man di ock all an, dat du ni blöd büst. – Na, dat gifft sick wul, wenn se man eerst mal mit di ünnern Spegel sitt.

Müffel. Ünnern Spegel?

Frau Krützfeldt. Brut un Brüdigam hört doch ünnern Spegel to sitten.

Müffel. Brut un Brü – (beiseite) O Weh! will die mich verheiraten.

Frau Krützfeldt. Ick meen bi Disch – wi möt doch tohopen eten. –

Müffel (interessiert) Eten! ja wul, tohopen eten! – versteiht sick! – (rufend) Kellner! he, Kellner!

Frau Krützfeldt. Noch ni, noch ni, Jochen! – Ick meen, wenn Vader kummt.

Müffel. Ja, de 's ja noch bi de Ossen (beiseite) Diese Sau, daß ich sie fortgeschickt! (Zu Frau Krützfeldt.) Wi künnt dat awers doch to'm minnsten all bestelln, dat't op'n Disch steiht, wenn he kummt. (Bock durch die Mitte.)

Dritte Szene.

Vorige. Bock.

Frau Krützfeldt. Meenst du? – Ja, dat lat uns denn! Un tonösten fahrt wi denn mit Ju na Stippsdörp.

Müffel. O, weh! – wollen sie auch noch mit mir nach Stippsdörp.

Bock (beiseite, macht ein Zeichen der Schadenfreude) Wat? – nach Stippsdörp? Ick lache mir schief!

Müffel. Awers dar is de Kellner! (Zu Bock.) Wat hest? 'n beten Geflügel? – Sneppen? – Rapphöhner? – he?

Frau Krützfeldt. Ach, Jochen. Wat schüllt wi mit so'n Pulkram!

Bock (beiseite) Pulkram? Is jut.

Frau Krützfeldt. 'n ordentlichen Ossenbraden weer mi doch leewer!!

Müffel. Bon! et wi Ossenbraden!

Bock. Du't mich leid! – Keen Jeflügel und keen Roastbeef, – aber schöne Pasteten.

Müffel. Bon! et wi Pasteten! – (zu Bock) Flink Pasteten op'n Disch! un en paar Buttel Win. Vun 'n besten!

Bock (beiseite) Na, der mag et tun! – (Zu Müffel.) Wie viele Kuverts?

Frau Krützfeldt. Wat? Kuverten? – Dar sünd doch keen Breef to schrieben.

Bock (lachend) Ha! Ha! Ha! Ha?

Frau Krützfeldt. Wat hett He daröwer to lachen?

Müffel. He is 'n beten swar vun Begriff.

Bock. So, ah! – ick meente, wie viele Personen?

Frau Krützfeldt. Na, wat 'n Frag'! – Dat schull He nagrad doch all weten! – Ick un Stina und Nachbar Schlüter sünd dree, un Jochen und sin Vader sünd twee, un dree un twee sünd fief!

Müffel (zu Bock) Kannst di marken, dree und twee sünd fief!

Bock (ironisch zu Müffel) Soll ick nich jleich noch ein mehr uffsetzen für einen Jewissen? (Im Abgehen) Ha! Ha! Ha! Ha! (Ab durch die Mitte.)

Frau Krützfeldt. Is mal 'n ol'n häßlichen Menschen! He lacht jümmers! – – – Awers nu segg mal, min Jochen, hebbt ju denn ock Platz för uns! – Eegentlich weern wi ja ock man twee, ick un Stina; awers Nachbar Schlüter wull ja pattu mit. Wenn wi mal so 'n lüttje Reis' makt, denn is he jümmers mit darbi. – He meent, wi sünd ja doch man en paar Frunslüd und wi möt en Beschützer hebbn, – un denn is he ock jümmers uns' Kassenmeister. –

Müffel. Kassenmeister? (beiseite) merk ich mir!

Bock (tritt ein durch die Mitte, trägt auf einem Teebrett einen Teller mit Pasteten und das übrige Gedeck, Tischtuch, Teller, Messer und Gabeln, Wein und Gläser; setzt es auf den Tisch an der Tür links, und deckt schnell den kleineren Tisch links im Vordergrunde)

Frau Krützfeldt. Ja, süh, Jochen, als Kurater kann he dat ja geern! Nachbar Schlüter is ock min Kurater, – dat hett min Selige noch so afmakt, ehr he storv. Un dat mutt man em laten, he versteiht sin Kram! – he hölt unsen Hof ebenso gut in Swunk als sin eegen. Un min Stina bringt di 'n Hof mit, dar schast di öwer wunnern!

Bock (beiseite.) Wat? 'n Hof? – (Zupft sich an der Krawatte.)

Frau Krützfeldt. Un to min Stina hett he ock noch Gevadder stahn!

Müffel. Denn hölt he ock wul veel vun ehr?

Frau Krützfeldt (ihn auf die Schulter schlagend) Dat kannst di doch wul denken! – Min Stina is sin Ogappel, – (wichtig) un ick glöv, he vermalt ehr noch mal wat.

Bock (beiseite) Wat? – vermacht ihr wat.

Müffel. Denn möt ju em warm holn!

Frau Krützfeldt. Do't wi ock! – he hört ja all so quanzwis' mit to de Famili! – Awers dat hett doch ock sin Unangenehmes.

Bock (zu den beiden) So, det Jedeck is fertig!

Müffel. Na, denn wüllt wi uns setten. (Zu Bock.) En Dutz Zigarren, vun de besten! (Sie setzen sich an den gedeckten Tisch, Frau Krützfeldt auf Stuhl 1, Müffel auf Stuhl 2.)

Bock (beiseite im Abgehen) Natürlich! Alles von't beste! (Ab durch die Mitte.)

Frau Krützfeldt. Ick kann di dat ja geern seggn, wi sünd ja nu alleen. – He is en olen Junkgeselln. (Etwas verschämt) un dat heff ick eegentlich op min Geweten.

Müffel. So! ah, du? (Fächelt sich mit der Hand den Pastetenduft zu.)

Frau Krützfeldt. Ja, ja! Dat geev mal en Tid, dar weer ick ock ni so! – man is ja doch ock mal junk we'n! – – (Etwas verschämt.) Un Nachbar Schlüter un min Selige, de streden sick um de Kron! – Awers Nachbar Schlüter, de kreeg de Schüssel.

Müffel. Schüssel? Bon! –

Frau Krützfeldt. Wat seggst du?

Müffel. Ah, ick meen man. – Dat hett em wul argert? (Fächelt sich wieder den Pastetenduft zu.)

Frau Krützfeldt. Ja, dat hett dat wul! sunst harr he sick wul ock verheirad! – Awers min Selige un he, de bleeben doch liekers Frünn! – Awers nu, – nu – – nu – – (verschämt vor sich niederblickend und an der Schürze zupfend) kann ick mi rein garni mehr vor em bargen! –

Müffel. Magst em denn ni?

Frau Krützfeldt. Ne, he is mi doch to old.

Müffel (beiseite) Ha! 'n genialer Gedanke!

Frau Krützfeldt. Wat seggst du?

Müffel. Ah, ick meen man! Wenn awers nu een keem, den du müggst? (Beiseite.) Die verheirate ich! – –

Frau Krützfeldt. Man is ja just noch nich ut de Jahren herut.

Müffel. Dat meen ick ock! – (Beiseite.) Sie verheiratet mich – – – (zu Frau Krützfeldt) Noch nich ut de Jahren herut. (Beiseite, schnell.) Ich verheirate sie wieder. (Zu Frau Krützfeldt.) Ick wüß wul een.

Frau Krützfeldt (ihm auf die Schulter klopfend) Ah, Snack!

Müffel. He is sünst en forschen Kerl, awers in so'n Saken blots en beten blöd.

Frau Krützfeldt (verschämt) Du makst mi ja rein nieschierig.

Müffel. Wat seggst vun min Vader? sin Bild hest ja all?

Frau Krützfeldt (ihm auf die Schulter schlagend) Ah, Jung!

Müffel (wichtig) Vader hett en god Oog op di, – dat Ding hett man bloß sin Haken! –

Bock (mit Zigarren und brennendem Licht durch die Mitte)

Frau Krützfeldt (beiseite) Mutt de all wedder kamen! –

Bock. Hier sind die Zigarren.

Müffel (sich eine nehmend) Für!

Bock (beiseite) Der mag et du'n! (Hält ihm das Licht vor und stellt es auf den kleinen Tisch an der Tür, wo es brennend stehen bleibt)

Müffel (rauchend) Kannst gah'n!

Bock. Det is jroßartig! (Ab durch die Mitte, aber gleich wieder den Kopf durch die Tür steckend)

Frau Krützfeldt. Hett 'n Haken, seggst du?

Müffel. Ja, sühst du, he schaneert sick man, di antospreken, – un nu meen he, ick schull di eerst mal so 'n beten utforschen, ob du wul Lust harrst, – du brukst em blots en beten in de Möt to kam, un denn is 't richtig. (Fächelt sich wieder den Pastetenduft zu.)

Frau Krützfeldt (verschämt) Ah ne, du makst en ja rein schamvigelett!

Bock. Wat? macht er sie schamviolett?

Müffel. Awers kumm! (Nimmt die Flasche.) Dar wüllt wi doch gau mal een op drinken (schenkt schnell ein und erfaßt sein Glas) Dat du noch mal min doppelte Moder warrst!

Frau Krützfeldt (nimmt auch ihr Glas)

Bock (durch die Tür) Wat? seine doppelte Mutter?

Müffel. Un min Vader din Mann! (Sie stoßen an und trinken. Müffel in einem Zuge sein Glas leerend, während Frau Krützfeldt das ihrige nur halb leert.).

Bock (durch die Tür). Nun verheiratet er auch noch seinen Vater. (Ab).

Müffel. Awers rein ut! – rein ut!

Frau Krützfeldt. Ick warr dar man so warm na! – Ne, wat 'n Öwerraschung! dat 's mi noch so sunnerbar.

Müffel. De 't gut meent, drinkt ut!

Frau Krützfeldt (trinkt aus).

Müffel (fächelt sich wieder den Pastetenduft zu).

Frau Krützfeldt. Na, wat seggst du nu? – Awers warüm dei'st du ümmer so! (fächelt). Rükt se all? – hebbt se all wat weg? – So 'n lütten Tick?

Müffel. Keem mi meist so vör. – Will doch glieks mal probeern, (nimmt sich eine Pastete und steckt sie mit einem Male in den Mund). M! sünd schön! – sünd schön! (Nachbar Schlüter aus dem Zimmer rechts kommend.). Awer dar kummt jawul Nachbar Schlüter?

Frau Krützfeldt. Segg em man nix! segg em man nix!

Müffel. Kannst di op mi verlaten! (Steht auf.).

Vierte Szene.

Vorige. Schlüter.

Schlüter. Ah, sitt Ju all bi Disch? He! He! Ja, Fru Nachbarn, ick kunn Stina noch ni mitkriegen! se schaneert sick noch! – He! He! – Ah, dar is denn ja wul Jochen? Ja, dat is he! – Ganz na de Fotegrafie! – Gu'n Dag! Jochen! – (Gibt ihm die Hand.).

Müffel. Meent ock so! – Gu'n Dag! Gu'n Dag, (den Stuhl Nr. 4 rückend). wüllt Se sick ni setten?

Schlüter. Danke, danke! (Setzt sich auf Stuhl Nr. 4, ebenso Müffel auf Stuhl Nr. 3.). Na, am Enn'n mußt du ehr noch hal'n. He! He!

Müffel (aufstehend). Ja, schall ick? – ick hal' ehr!

Frau Krützfeldt (aufstehend). Ne! ne! Dat lat mi man leewer! – Ick sett mi denn noch gau en annere Huv op – (mit besonderer Betonung). Vader kummt ock wul bald? Is noch bi de Ossen, Nachbar Schlüter. (Zu Müffel im Abgehn.). Awers rein Mund, rein Mund, hörst du, Jochen?? (Ab in das Zimmer rechts.).

Schlüter. Na, wat seggst du vun ehr? He! He! wat?! Is Fru Nachbarn ni noch mal en lüttje smucke, dralle Fru? Wat?! – Awers rein Mund, rein Mund, wat wull se darmit segg'n – Jochen? Hebbt ju Heemlichkeiten?

Müffel. Heemlichkeiten! (Beiseite.). Ha, wieder'n genialer Gedanke! (Nimmt wieder eine Pastete und steckt sie mit einem Male in den Mund.). Ick glöv, de Dinger lat sick eten.

Schlüter. Meenst du? wat is dat?

Müffel. Is Kokendeeg mit Fleesch in, wullt ock een? (Präsentiert Schlüter den Teller.).

Schlüter. Kokendeeg mit Fleesch in? ne, ick danke!

Müffel. Awers en Glas Win, Nachbar Schlüter, (schenkt ein). eerst mal een to'n Willkamm'n. (Beiseite.). Den verheirate ich auch! (hält sein Glas hin). een to'n Willkamm'n, Nachbar Schlüter.

Schlüter.Meenst du? He! He! – Denn man to! – Un op du un du, lüttj' Jochen! ni wahr? He! He! op du un du!

Müffel. Versteiht sick; op du un du! (Sie stoßen an, Müffel trinkt rasch aus.).

Schlüter (trinkt nur halb aus).

Müffel. Ach, wat is dat? Rein ut, rein ut, Nachbar Schlüter! Wenn't op du un du geiht, mutt dar nix in't Glas blieben.

Schlüter. Meenst du? He! He! Ick warr dar man so 'n beten möd na. – To Hus, um düsse Tid, denn hol ick immer so 'n lütten Nick. (Gähnt.).

Müffel (einschenkend). Denn man gau noch een. – Dat 's dat beste gegen de Mödigkeit, (nimmt sich wieder eine Pastete). de Dinger smeckt würklich schön.

Schlüter. To Hus drink ick ümmer min Boddermelk.

Müffel. Boddermelk! – brr!

Schlüter. So'n Win, de stiggt een ümmer glieks to Kopp, He! He! – Awers nu segg mi mal, lütt Jochen, wat weer dat denn? – Wat wull Fru Krützfeldt darmit segg'n »rein Mund, rein Mund!« He! He!

Müffel. Ja, süh! Dat will ick di segg'n. Awers nu segg ick ock: rein Mund, Nachbar Schlüter! – Du verradst mi ni. (Nimmt wieder eine Pastete.).

Schlüter (befremdet das). Versteiht sick! – rein Mund! – Gott bewahre! – Kannst di op mi verlaten! lüttj' Jochen! Na wat denn? wat denn? He! He!

Müffel. Ja, süh, Fru Krützfeldt, wat ja nu bald min Swiegermoder ward, hett mi wat anvertrut.

Schlüter (sehr interessiert aufspringend und sich wieder setzend). Wat anvertrut hett se di? Wat anvertrut? Wat denn?

Müffel. Se lurt op wat, awers du büst ehr man to blöd! –

Schlüter. Wat? He! He! – To blöd, seggst du? ick bün ehr to blöd?

Müffel. Brukst man totolangn, (steckt sich schnell eine Pastete in den Mund). un du hest ehr! – Dat kann ick di seggn, – Nachbar Schlüter! Wat 'n Spaß, wenn du noch mal min Swieger – – – Ha! Ha! Ha! Ha! min Swieger-Vader würrst.

Schlüter (sehr interessiert, aufspringend). Din Swie – din Swiegervader? seggst du? – He, He! Jochen, Jung, müchst dat wul?

Müffel. Na, wa kannst noch so fragen? Awers kumm (schenkt ein). Dar möt wie noch mal ganz appartig een op drinken. (Sie stoßen an.). Un rein rut! de 't gut meent, drinkt rein ut! Nachbar Schlüter! (Müffel trinkt mit einem Zuge aus.).

Schlüter (trinkt langsam). Ja, wenn ick dar man ni so släprig na würr. (Trinkt aus.).

Müffel (nimmt eine Pastete). Dat 's wahr! – De Dinger sünd würklich schön!

Schlüter. Awers, Jochen, Jung! He! He! Du haust dar ja gewaltig rin? – –

Müffel. De Win is ock schön! – Alles schön! – en schöne Bedeenung in düssen gollen Engel! (Rufend.). He, Kellner! Kellner! – Ick wull em man en lüttj' Drinkgeld geben, wil alles so schön ist. An so 'n Dag mut man ock an de Domestiken denken! –

Fünfte Szene.

Vorige. Bock.

Bock (durch die Mitte, beiseite). Schon wieder? – (Zu Muffel und Schlüter.). Wat is jefällig?

Müffel (in die Tasche greifend). Schast 'n Drinkgeld hebbn. – Wi Stippsdörper sünd ni so!

Schlüter. Ne, He! He! Wi sünd ni so!

Müffel (in der Tasche suchend). Donnerwedder, wo is dat denn – Ah dat's wahr! – Ja, dar kunn ick wat na söken!

Bock (beiseite). Ja, det sollt er wohl.

Schlüter. Wat denn? Hest wat verlarn, lüttj' Jochen?

Bock (beiseite). Verloren? Hat noch jarnichts jehabt! –

Müffel. Nu hett Vader min Portmunnee mitnahm.

Bock. Aha, nun will er pumpen!

Müffel. Als Vader na de Ossen wull, drunk he noch gau en lüttjen Bittern. Un wil he just keen Kleengeld harr, na, dar geev ick em denn min Portmunnee, – un nu hett he dat in Gedanken bi sick steken!

Schlüter. Makt nix, makt nix! (Nimmt einen vollen Beutel aus der Tasche, ihn Müffel hinhaltend.). Dar hest du min! – Nimm man rut! – lüttj' Jochen, – so veel als du wullt. –

Bock. (beiseite) Det wird romantisch!

Müffel. Ah, ne, dat mag ick dochen ni.

Schlüter (ihm den Beutel aufdrängend). Nimm man, nimm man, lüttj' Jochen, so veel als du wullt! He! He!

Müffel (den Beutel nehmend). Na, wenn Vader kummt, kriggst du 't wedder. (Rufend.). Kellner!

Bock (hinzutretend, leise). Man nich so wenig.

Müffel (leise). Maul halten. (Laut.). Dar is'n Dahler! (Gibt Bock einen Taler.).

Bock (verächtlich). 'N Dahler!? (Leise zu Müffel.). Et waren doch schon zwei! – –

Schlüter. Ja, He! He! 'N Dahler vun mi un vun Jochen!

Müffel (Schlüter den Beutel hinhaltend). Hier is de Büdel! – Dat mutt ick seggn! – Is awers fein spickt! –

Schlüter. Ja, He! He! – is he nich? Awers verwahr 't man, lüttj' Jochen, bitt wi na Stippsdörp kamt, – is Fru Nachbarn ehr und Stina ehr ock mit in. Verwahr 't man! – Dat geiht ja tonösten dochen allns in een Putt!

Müffel (zu Schlüter). Na, wenn du dat meenst, bon! (Steckt den Beutel ein.).

Bock (beiseite). Immer romantischer, Ha! Ha! Ha! Ha!

Schlüter. Wat seggt He! lacht He all wedder?

Müffel. Wat steihst dar to lachen? Rut mit di!

Bock. Ja, ick jehe schon! Ha! Ha! Ha! Ha! (Ab durch die Mitte.).

Schlüter. Fru Krützfeldt hett recht! is doch 'n ol'n asigen Menschen! (Stina und Frau Krützfeldt erscheinen, aus der Stube rechts tretend.). Aber süh, süh! dar kamt se, Jochen, dar kamt se, He! He! He! (Müffel und Schlüter stehen auf.).

Müffel (beiseite, schnell). Courage, Müffel, Courage!

Sechste Szene.

Vorige. Stina. Frau Krützfeldt.

Schlüter. Hier man her, lüttje Stina, hier man her! – kannst di freun! – kriggst en statschen Frier.

Frau Krützfeld (jetzt in einer andern, sehr prunkenden Haube, sie zieht Stina, die sich sträubt, an der Hand etwas weiter vor). Nu kumm dochen un wes' ni narsch, Deern! Na, Jochen, hier is se!

Müffel (beiseite, schnell). Courage, Müffel!

Stina (nach kurzem Schwanken ihm plötzlich um den Hals fallend). Dar hest mi denn, Jochen!

Müffel (beiseite, schnell, mit entsprechendem Mienenspiel). Hm, Hm! gefällt mir! (Küßt sie.).

Schlüter. Süh, süh, Fru Nachbarn, He! He!

Frau Krützfeldt. Na, un nu sett Ju man, Kinners! (Alle setzen sich, Frau Krützfeldt Stuhl 1, Stina Stuhl 2, Müffel Stuhl 3, Schlüter Stuhl 4.).

Müffel. Ja, un denn lat uns man anfangn. Vader sä, wenn uns dat to lang dur, denn schulln wi man anfangn.

Frau Krützfeld. So, sä he dat? Jochen? Ja, denn lat uns man! Kumm Jochen. (Präsentiert ihm den Teller.).

Müffel (nimmt den Teller und präsentiert ihn, nachdem er eine Pastete davon genommen, Stina). De Dinger sünd man lütt, Stina, awers se smeckt schön!

Stina (ebenso eine Pastete nehmend, gibt den Teller an Schlüter). Ick heff man garkeen Hunger!

Schlüter (ebenso, eine Pastete nehmend, gibt den Teller an Frau Krützfeldt, die gleichfalls eine Pastete nimmt und den Teller hinsetzt. Zu Frau Krützfeldt). Fru Nachbarn, ick heff ock eegentlich garkeen Appetit.

Müffel (einschenkend). Awers nu hört mal to! – mi liggt wat op'n Harten!

Schlüter. Denn man rut darmit, He! He! Denn man rut darmit, lüttj' Jochen!

Müffel (sein Glas ergreifend und aufstehend). Wenn Menschen so vergnügt tohopen sünd! –

Schlüter. Ja, ja! so vergnögt tohopen!

Muffel. Denn is dat Hart vull!

Schlüter. Dat Hart vull! Fru Nachbarn, dat is hübsch!

Muffel. Un wo dat Hart nun vull is –

Schlüter (schnell). Dar geiht de Mund vun öwer! He! He!

Frau Krützfeldt. Gott, Nachbar, falln Se doch nich ümmer dazwischen!

Müffel. Dar geiht de Mund vun öwer! – un so is dat nu ock mit mi, wenn ick an de denk, de ja nu bald min Moder ward.

Frau Krützfeldt (mischt sich mit der Schürze eine Träne ab).

Stina (ebenfalls).

Müffel. Un an den oln guden Mann, de ehr Nachbar is un so veel vun ehr höllt, –

Schlüter (sich mit dem Taschentuch eine Träne abwischend, gerührt). Dat is hübsch, Fru Nachbarn, dat is hübsch! He! He!

Müffel. Un darum rop ick denn: Op Moder un Nachbar Schlü –

Frau Krützfeldt (ihn unterbrechend). Sch! sch! wo denkst du hin, Jochen? Brut und Brüdigam sünd doch de eersten, ni wahr, Nachbar Schlüter?

Schlüter. Ja, He! He! – Brut und Brüdigam sünd de eersten! (Sein Glas erhebend). Jochen un Stina, de schüllt leben, Vivat hoch! – (Alle stoßen zusammen an, Müffel trinkt schnell aus, die andern nicht).

Müffel. Ah, nee, wat is dat? – Op Brut un Brüdigam, – un denn nich mal rein ut?

Frau Krützfeldt. Wenn ick dar man ni so warm na würr! –

Schlüter. Un ick so släprig, Fru Nachbarn. (Gähnt.).

Müffel. Hölpt alles nix! Op Brut un Brüdigam mutt dar utdrunken warrn.

Frau Krützfeldt. Na, Stina, denn man to! (Trinkt aus.).

Schlüter. Ja, Stina, He! He! man to! (Trinkt aus.).

Stina. Kiek, Jochen, (trinkt rasch aus). Du, Jochen, ick freu mi so! (Sie umarmt und küßt ihn.).

Müffel (beiseite, schnell). Hm! Hm! Gefällt mir! Gefällt mir!

Schlüter. Fru Nachbarn! Fru Nachbarn! Dar kreeg he all wedder een! Na, Jochen, wat seggst du nu? He! He! Jung, dat magst wul.

Müffel. Smeckt schön! – bon! – Dar lat ick sülm de Pasteten för stahn. (Nimmt sich eine und steckt sie schnell in den Mund.). He, Kellner, Kellner! (Zu den andern.). Bloß noch'n Paar warme Pasteten, wenn Vader kummt.

Bock (durch die Mitte).

Müffel (zu Bock). Noch'n paar mehr vun de Dinger! – Un 'n frischen Buddel.

Bock. Jleich! (Im Abgehen.). Junge, Junge, wird det aber'n Krach jeben! (Ab durch die Mitte.).

Schlüter (zu Frau Krützfeldt). Fru Nachbarn, wi sünd ja so vergnögt, – schüllt wie nu nich ock mal een singen?

Müffel. Ja, man to! – mal een singen! Singen mag ick ock för min Leben geern!

Frau Krützfeldt. Ne, wat du seggst! – min Stina ock!

Stina. Dat freut mi! – dat is schön! Denn mußt du forts mal singen!

Schlüter. Ja, Jochen, Jung, – denn stimm man glieks mal een an! (Zu Frau Krützfeldt.). Ni wahr, Fru Nachbarn?

Frau Krützfeldt. Ja wul, Nachbar! (Zu Müffel.). Na, Jochen, denn man to! –

Müffel. Silentium!

Schlüter. Silentium?! – Wat is dat, Jochen?

Müffel. Dat is so veel als: Nu geiht 't los!

Schlüter. Ah, so?! Ja, denn man los!

(Vorspiel.)

Muffel (singt).

In des Waldes finstern Gründen,
In den Höhlen tief versteckt,

Müffel und

Schlüter. (Frau Krützfeldt gibt Zeichen des Unwillens.).

Ruht der Räuber allerkühnster,
Bis ihn seine Rosa weckt.

Schlüter. Jung, Jochen, dat kenn ick ja!

Müffel. Desto beter! (Singt, wahrend Frau Krützfeldt wieder lebhafte Zeichen des Unwillens macht.).

Und er öffnet seine Augen,
Lächelt ihr den Morgengruh,

Müffel und

Schlüter (Frau Krützfeldt gibt wieder Zeichen des Unwillens. Schlüter breitet beim Singen dieser Zeilen die Arme gegen Müffel aus und umarmt ihn)

Sie sinkt sanft in seine Arme,
Und erwidert seinen Kuß,

Frau Krützfeldt. Ah ne! Ah ne! – wat schüllt wi mit dat ole Leed!?

Müffel. Min Leevlingsleed!

Schlüter. Ne, dat kann ick nu just ni seggn! – Jung, Jochen, dat hett ja all min Grotvader sungn.

Frau Krützfeldt. Ja, dat singt ja nu ock keen Mensch mehr – is ja all lang ut de Mod!

Müffel. Bon! Denn singt wi en anner Leed! Awers! nu is eegentlich dochen all unse lüttje Stina an de Reeg! –

Schlüter. Ja, Stina, Deern, – nu kummst du!

Stina. Ja, wat schall ick denn man singn?

Schlüter. Weetst du wat, Stina? Sing uns mal dat Weegenleed!

Müffel (heiter) Wa? – Wo? – Wi? – Weegenleed?

Frau Krützfeldt. Ah ne! – ne! – dat schickt sick dochen nich op 'n Verlabungsdag, en Weegenleed! –

Schlüter. Na, na, Fru Nachbarn, warum schull sick dat ni schicken. – Na de Verlabung kummt dochen de Hochtid un na de Hochtid dochen meisttiden ock all bald de Adebar.

Müffel (schnell) Adebar! Ha! Ha! Ha! Ha!

Stina. Pfui, Nachbar Schlüter!

Schlüter. Na, do' dat man, – mi to Gefalln!

Müffel (weich) Un mi, min lüttje Stina!

Stina. Ja, denn mutt ick man! (Steht auf und geht weiter vor.)

Müffel. Na, also: Silentium!

Schlüter. Dat is ja denn so veel als: Nu geiht los!

(Vorspiel.)

Stina (singt)

Eiapopeia, polei!
Liggst als en Prinz in de Dei,
Kiekst ut de Ogen so hell un so stumm,
Buten geiht lisen de Sandmann herum,
Keem ock un frag all na di;
Eiapoleia, wiwi!

Eiapopeia, min Hart!
Nacht is so düster und swart,
Günd liggt de Karkhoff so still un so grot,
Wit dör' de Welt schickt uns Herrgott den Dod,
Slap man, he geiht wul verbi,
Eiapoleia, wiwi!

Eiapopeia, min Blom!
Slöppst all, – un lachst noch in'n Drom,
Lach man! du kannst noch de Welt ni verstahn,
Kennst noch keen Sorgen, keen Kummer un Tran,
Lach man! büst glücklich und fri,
Eiapopeia, wiwi!

(Sie macht einen bäuerischen, kurzen Knicks und geht nach ihrem Platz, kehrt aber bei erfolgtem Applaus wieder zurück und singt die folgende Strophe.)

Eiapopeia, min Kind!
Hoch in de Böm drömt de Wind,
Baben dar blinkert so fründlich de Steern,
Still swevt de Engeln un singt dör de Feern,
Swevt ock uns' lüttje Marie, –
Eiapopeia, wiwi

(Macht es ebenso wie vorhin.)

Eiapopeia, gudn Nacht!
Ween ick? – wat heff ick denn dacht? –
Weer't ni vor Kummer, so weer't wul vor Freud, –
Ach, un en Moder, de kennt dat ja beid! –
Slap man, du sloppst ja bi mi,
Eiapoleia, wiwi!

(Macht einen Knicks und geht nach ihrem Platz.)

Müffel (weich) Stina, min lüttje Stina! – Du singst ja als en Nachtigall!

Schlüter. Ja, deit se ni? – deit se ni, lütt Jochen?!

Müffel. Awers nu möt wi ock mal wedder drinken! – Nu man mal her mit de Gläs'. – (Er schenkt ein.)

Frau Krützfeldt. Gott in'n Himmel, Jochen, du makst een ja rein dun, Jung!

Schlüter. Ja, He! He! Fru Nachbarn, ick bün ock all ganz düsig!

Müffel. Ick keem ja ock noch garni mal mit min Red' to Enn! –Nu kummt eerst de Schluß! Nu hört man mal to! – Moder un Nachbar Schlüter, de schüllt leben! Vivat hoch!

Schlüter (sein Glas erhebend) Hoch! He! He! – Kam Se her, Fru Nachbarn! Wi beiden schüllt leben! (Alle stoßen an, aber nur Müffel trinkt aus.)

Müffel. Ah, ah! wat is dat? all wedder ni rein ut?

Schlüter. Ja, He! He! rein ut, Fru Nachbarn! (Trinkt aus und gähnt.)

Frau Krützfeldt. Ick warr ja all ganz düsig! (trinkt aus)

Müffel (weich und zärtlich) Na, Stina?

Schlüter. Stina, He! He! op mi un Moder.

Bock (erscheint mit Pasteten und einer Flasche Wein durch die Mitte, bleibt bei der Tür stehn)

Stina. Di to Leevde, Jochen! – un ut luter Freud! – Süh, Jochen, so freu ick mi! – (Trinkt schnell aus)

Bock. Ne, wat die Kleene herzlich is!

Schlüter. Dat is recht, Stina, dat is recht, He! He!

Bock (näher tretend, Wein und Pasteten auf den Tisch setzend) Hier sind die Pasteten und der Wein! (Im Abgehen.) Det Mächen jefällt mich immer mehr! (Ab durch die Mitte.)

Müffel (präsentierend) Frische Oplag. Nu man to! (nimmt sich eine, die er sofort in den Mund steckt)

Schlüter. Junge, Jochen! – Du settst dar awer 'n Barg vun hendal!

Frau Krützfeldt. Lat em doch, Nachbar Schlüter, wenn em dat smeckt. Is ock 'n forschen Kerl.

Müffel. Ja, un sit güstern nix Warmes.

Bock (sieht durch die Tür)

Frau Krützfeldt. Na, denn man to, Jochen! (Stina den Teller gebend.) Kumm, Stina, giff em forts noch en Paar!

Stina (ihm zwei auslegend) Dat freut mi, dat di dat so schön smeckt, min Jochen! Kumm! Dar heft du ock glieks noch en beten Sötes darto! (küßt ihn)

Müffel (beiseite, schnell) M! M! gefällt mir immer mehr!

Bock. Mir ooch!

Schlüter. Fru Nachbarn, Fru Nachbarn! nu schaneert se sick all ni mehr! Fru Nachbarn! (Er steht auf, mit der einen Hand sein Glas, mit der andern an der Stuhllehne seinen Stuhl erfassend und will zu ihr hinüber.) Ick kam mal 'n beten röwer.

Frau Krützfeldt. Ne, ne, Nachbar, – blieben Se doch leewer sitten!

Schlüter (geht wieder zurück und setzt sich)

Müffel. Lat em doch! – Is ja din Nachbar, Moder.

Stina (Müffel umfassend) Nu segg mi mal, min Jochen, hest du mi denn ock wirklich so recht leev? so recht hartlich leev, als ick di heff?

Müffel. Wa kannst noch fragen? (Weich und zärtlich.) Min Stina!

Stina.So een als du büst, heff ick mi ümmer wünscht. Ick kann di garni seggn, wa ick mi freu! (Küßt ihn.)

Müffel (beiseite) M! M! (Zu Stina, sie umarmend.) Stina, Deern!

Stina. Min Jochen! (Sie küssen sich)

Bock (beiseite) Ne, wat die Kleene für Feuer hat!

Schlüter. Süh, Süh! Fru Nachbarn! Fru Nachbarn, schüllt wi nich ock mal so?

Frau Krützfeldt. Gott, bewahr uns, Nachbar! schamen Se sick denn ni, noch op so'n Dorheiten to stür'n?

Schlüter. Dorheiten? – He! He! (Zu Jochen.) Dat nennt se Dorheiten! (Zu Frau Krützfeldt.) Ne, He! He! Dat 's min vüllige Eernst! (Geht zu ihr hinüber) Un lüttjen Dütjen, Fru Nachbarn! – – (Will sie küssen.)

Bock (beiseite) Der olle Knappe!

Frau Krützfeldt. (aufstehend) Nu will ick Se mal wat seggn, Nachbar! Mit so'n Handgrieplichkeiten blieben Se mi vun'n Liev; – als Nachbar heff ick Se geern, aber als Brüdigam? Ne, ick danke! – süh so, und dar hebb'n Se de Schüffel!

Müffel (beiseite, schnell) Schüffel! – bon!

Bock (beiseite, schnell) Und ooch noch 'n Rüffel, bon! (Ab durch die Mitte.)

Schlüter. Schüffel, He, He! – Jochen, heft hört? – Is ja dochen allns man Verstellung! allns man Kummedi! (Will sie wieder küssen.)

Frau Krützfeldt. (aufstehend) Wat, Verstellung? Wat Kummedi? (Sie hebt mit beiden Händen ihren Stuhl und stößt ihn nieder auf den Fußboden.) – Un dat seggn Se mi hier man so liek in't Gesich? wo Jochen bi sitt? – Gott bewahr uns, ock noch Groffheiten? Ne! Ick mag em ja ni vör Oogen sehn! Denn gah ick ja leewer na Stuv. (Ab ins Zimmer rechts.)

Schlüter. Awers wat säd Ju nun? He! He! – Nu heff ick Moder bös makt.

Müffel. Se mutt dar wedder her!

Schlüter. Ja, He! He! Se mutt dar wedder her! – Stina, gah hin und hal Moder wedder!

Müffel (weich.) Hal ehr wedder, Stina, snack ehr wedder gut.

Stina. Ja denn mutt ick man! awers wat giffst du mi?

Müffel. Allns wat du wullt! Kumm, süh dat! (Küßt sie.)

Stina. Min Jochen! (Ab ins Zimmer rechts.)

Schlüter. Wa kann 't eenmal angahn, dat so 'n Frunsmensch sick so verstelln kann? Wenn se 't ni to di seggt harr, Jochen! –

Müffel Ja, seggt hett se dat!

Schlüter. Awers dat argert mich doch, Jochen! Ja, ja, He! He! kannst seker glöben, dat argert mi!

Müffel. Ach, wat argern! argern mutt man sick ni! – Den Arger mutt man rünner spöl'n, – Noch 'n Glas, Nachbar Schlüter? (Schenkt ein.) Dat 's beste för'n Arger! Kumm her, dat Stina ehr wedder gut snackt. – Dar wüllt wi een op drinken.

Schlüter. Ja, ja! He! He! Dat se ehr wedder gut snackt. (Sie stoßen an.)

Müffel (trinkt rasch aus, Schlüter nicht) Ah wat! – rein ut! – Nachbar Schlüter! –

Schlüter. Wenn ick dar man ni so släprig na würr! (Gähnt und trinkt aus.)

Müffel. Dat is man toeerst! – naher ward man na so'n Win ümmer lustig.

Schlüter. Lustig, He! He! Ja, lustig! – Dat möch ick ock wul we'n, – vor luter Arger möch ick lustig we'n!

Müffel. Dat is recht! – Wi drinkt noch een! (Schenkt ein)

Schlüter. Hol op! hol op, Jochen! – Jung, dat ward to veel!

Müffel. Ach, wat, to veel! (Sein Glas erhebend.) Kumm, Nachbar Schlüter. – Op Fru Nachbarn, dat se noch mal din Fru ward! –

Schlüter. Ja! Ja! min Fru ward! – (Beide stoßen an. Müffel trinkt in einem Zuge rasch aus, während Schlüter sein Glas nur mühsam bis zur Hälfte leert und als er es hinsetzt verwundert ausruft:) Jung! Jochen du heft awers en bannigen Slucker!

Bock (steckt den Kopf durch die Tür)

Müffel. De Win is awers ock schön!

Schlüter. Man krigt man so licht to veel darvun!

Müffel (sich einschenkend) Ach wat, to veel! – wat to veel! – (Er erfaßt sein Glas und singt, während Schlüter sein Glas gleichfalls erfaßt.)

Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben!

Schlüter (mit piepiger, lallender Stimme, und mit Müffel anstoßend)

Gesegnet sei der Rhein!

(etwas trinkend und sein Glas hinsetzend).

Wenn ick dar man ni so släprig na würr!

Bock. Ne, et wird immer romantischer!

Müffel. Ach, wat, släperig! – Noch 'n Glas, Nachbar Schlüter, un denn singt wi noch mal een! – (Schenkt schnell ein.)

Schlüter (mit piepiger und lallender Stimme) Ja, He! He! Jochen, Jung! – Un denn singt wi noch mal een!

Bock. Oller Jreis, wat koofst du dir für'n Affen!

Schlüter (mit piepiger und lallender Stimme, singend)

Guter Mond, du gehst so stille

(gähnt) Wenn ick dar man ni so möd – – – (singend)

Durch die Abendwolken hin! –

ni so möd! – – Fru Nachbarn, He! He! – – möd na würr! – Fru Nachbarn – (schläft ein)

Bock. Da haben wir 's! – Alle jeworden!

Müffel (aufstehend) Ruhe sanft! – Levis sit tibi terra! – Ha! Ha! Ha! Ha! und froh sei dein Erwachen! Und daß du nicht so ganz ohne Metamorphose wieder auferstehst! (Nimmt einen Korkpfropfen und hält ihn ans Licht.)

Bock (beiseite) Wat will er nu?

Müffel. Will dir Jochen (schwärzt ihn an) Ha! Ha! Ha! Will dir Jochen die Maske besorgen; Ha! Ha! Ha!

Bock (laut lachend) Ha! Ha! Ha!

Müffel. Bock! Karl! Intimus! – Komm! schnell! schnell!

Bock. Ha! Ha! Ha! Wat denn? wat denn?

Müffel (nach seinem Zimmer zeigend) Komm, da hinein! schnell, faß an!

Schlüter (im Schlaf) Fru Nach – – – – Fru Nach – – He! He!

Müffel und Bock (fassen Schlüter an und schleppen ihn nach dem Zimmer links)

Bock. Wat der schwer ist.

Müffel. Hat auch schwer geladen.

Schlüter. Fru Nach –

Müffel (in der Tür zu Bock, nachdem Schlüter hineingebracht) So! Danke! – Hierbleiben! – Nichts verraten! – Frisch gelogen! – bon!! (Ab ins Zimmer.)

Bock. So?! – Hierbleiben! – Nichts verraten! – Frisch gelogen! – bon! – Na ich danke! Du bist schon fest jenug! Et kann nich lange mehr dauern, – – und wenn die Bauern erst dahinter kommen, denn is et alle mit dich, mein Junge, und ooch mit dich und die Kleene!

(Ab durch die Mitte)

Der Vorhang fällt.


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