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Personen:

Pächter Voss, zeitweiliger Inhaber eines zum Gute gehörigen Pachthofes.

Peter, sein Sohn.

Lisbeth, erstes Mädchen und Wirtschafterin bei Pächter Voss

Tilsche, zweites Mädchen bei Pächter Voss

Der Großknecht bei Pächter Voss

Levi, ein Handelsjude.

Nachbar Claßen, Katenbewohner und Gutstagelöhner.

Dessen Frau.

Jochen Haas, Inhaber eines anderen zum Gute gehörenden Pachthofes.

Gretjen, seine Frau.

Trina, beider Tochter.

Der Baron und Gutsherr.

Die Baronin.

Heinrich, stud. jur. und beider Sohn.

4 Knechte, 3 Mädchen, Musikanten, event. auch

Kinder.

 

Die Handlung spielt im Garten des Pachthofes des Pächters Voss.

Requisiten

Ein beinahe schon fertig gewundener Erntekranz, ein nicht zu niedriger Stock für denselben, an welchem er getragen wird. Der Kranz von Ähren verschiedener Kornarten, und ein Band für den Hut des Großknechts, kleinere Bänder für den Stock, ein größeres Band mit Schleife für den Kranz. 6 Stühle und 1 Tisch mit Stuhl. Einige blaue und rote Kornblumen. Falls die roten Kornblumen (Kornraden) nicht vorhanden sind, können dafür kleinere rote Mohnblumen genommen werden. Eine Sense, ein Spaten, eine Schiebkarre von besonders länglicher Form und event. ohne Seitenbretter, oder, wenn diese nicht passend vorhanden, ein kleiner Ziehwagen. Eine größere Bettdecke und ein paar kleinere Haushaltungsgegenstände.

Erste Szene.

Pächter Voß. (Er tritt durch die Pforte 1 in den Garten, noch in seinem alltäglichen Anzuge.). Na, wenn dat nu man allens so aslöppt, als ick mi dat utdacht heff, denn fiert wi hier vundag en Arn'beer op'n Hof, als wi hier fröher noch nümmer een fiert hefft, vellicht sogar mit twee Verlabungen; to'm minnsten doch wul mit een, min eegen. De Deern hett mi dat nu eenmal anda'n. Ick kann dar nix mehr an do'n un ännern, un darum mutt ick sehn, wa ick Peter op'n anständige Art wedder vun'n Hof krieg. Ick heff Levi güstern mit de Inladungen to vunnamiddag herumschickt un ock na den Pächter Haas un sin Famili, wil he dar to handeln kummt un ock sin Wör to maken versteiht.

Zweite Szene.

Levi. Pächter Voß.

(Levi kommt von der Straße durch den Eingang 4. Er trägt einen Packen mit Manufakturwaren über der Schulter und in der Rechten einen Handstock.).

Levi. Guten Tag, Herr Pächter Voß! Da bin ich wieder!

Voß. Süh dar, Levi! Eben heff ick noch an di dacht! Wa is't gahn? Heft du allns besorgt?

Levi. Alles besorgt! Der Herr Pächter Voß wird sein mit mir zufrieden!

Voß. Un bi Jochen Haas? Hebbt se toseggt?

Levi. Sie werden kommen! (Legt seinen Packen ab.).

Voß. Un heft du dat so gespräkswis' mit dörblicken laten, vunwegen min Peter, un wat hebbt se seggt?

Levi. Der Jochen Haas hat nix gesagt, weil er überhaupt nicht ist viel für's Sprechen. Er hat nur geschmunzelt und dabei gequalmt mit seiner Pfeife, daß er bald hat gesessen in lauter Rauch; und die Tochter, die Trina, hat auch nicht viel gesagt, aber geschmunzelt hat sie auch und sich wohl schon gefreit auf das Erntebier und das Tanzen. Aber die Mutter hat gesprochen für sie alle beide und hat gesagt, daß es ihr wirde sein sehr angenehm, und daß sie wirde sprechen dariber mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Aber wenn ich darf nehmen mir die Freiheit zu fragen, warum soll denn der Peter heiraten die Tochter von Jochen Haas!

Voß. Ja süh, dat will ick di seggn, wil ick nämlich de Afsicht heff, mi sülb'n noch mal wedder to verheiraden!

Levi. Gott der Gerechte! – – Ne doch! – – Ei, was ich here – – –

Voß. Ja, ja, dat heff ick! – Un denn mutt min Peter wedder vun't Hus! –

Levi. Und ich meinte doch schon früher von Herrn Pächter Voß gehört zu haben, daß er wollte zum Herbst, wenn die Pachtzeit ist abgelaufen, auf die Abnahme gehen und seinem Sohn iberlassen den Hof!

Voß. Ja, dat weer ock so eerst all min Afficht, un ick heff ock all mal mit Peter darüwer spraken, awers nu heff ick mi dochen wedder anners besunn, un de Umstänn ännert de Saat. Un wenn ick mi denn nu wedder verheirad, kann min Peter hier dochen ni blieben, wil dat Mäten, dat denn sin tweete Moder ward, un denn hier als Fru op'n Hof kummt, noch so jung is, dat he ehr als sin Moder doch nich estemeern ward, un darum is dat beter, dat he wedder vun't Hus kummt, awers natürlich op en anstännige Wis'! Bi Jochen Haas is man de een Dochder, un he steiht sick gut, se ward en schöne Utstüer kriegen, un ock wul noch bar Geld darto, un wenn ick denn noch sülben en paar Dusend Mark darto scheet, denn ward Peter dat ock wul verwinn, dat he nu min Pacht noch ni kriggt! he brukt denn ni grade to deen'n un kann sick sülben wat pachten.

Levi. Aber ich firchte, er wird das Mädchen nicht leiden megen und darum auch nicht nehmen, denn soviel als ich ihn kenne, ist er eigensinnig und hat seinen eigenen Kopf.

Voß. Ja, dat hett he frilich, fröher weer he anners, so is he eerst bi de Suldaten wurrn! Harr he man leewer en lüttjen Fehler hatt, en beten Engbostigkeit, oder so'n lüttjen Bruch, denn weer he kasseert wurrn un garni introcken, awers nu gung he als en Lamm hin un keem als en obsternatschen Bock wedder torüg!

Levi. Das Mädchen is nach meiner Ansicht doch auch eigentlich keine passende Frau fir Ihren Peter!

Voß. So, warum dat ni?

Levi. Weil er ist ein hibscher, stattlicher Mensch, und das Mädchen, was man so zu sagen pflegt, eene Scheenheit ist sie nicht.

Voß. Dat matt nix, se künnt ock dochen nich all Schönheiten wesen. Min Selige weer dat ock ni, se harr sogar en lüttjen Puckel, un scheel en beten, awers wi harrn uns darum dochen leev un weern glücklich mitenanner. Awers wat ick denn noch seggn wull, vunwegen min Plan mit Peter, blifft dat för't eerste noch en Geheemnis, wil ick vorher noch eerst mal mit em daröwer spreken mutt. För't eerste is dat ja denn ock ganz gut, dat he hüt Namiddag mal mit dat Mäten tosamen kummt, dat annere ward sick denn wul finn'n! Un dat Jochen Haas mit sin Fru un Dochder hier nu ock mit op min Arn'beer sünd, kann ja wider nich opfällig we'n, wil ick darmals, als min Selige noch an'n Leben weer, ock ja all welke mal op sin Arn'beer wesen bün. Awers wat mi sülben anbelangt, dat ick mi wedder verheiraden will, is dat ja knapp noch als en Geheemnis to betrachten, wil ick nämlich de Afsicht heff, dat all vunnamiddag op min Arn'beer publik to maken. Awers nu kumm. – (Er greift in die Tasche und zieht zwei Taler heraus und gibt sie Levi.). Süh, wil du nu allens so gut besorgt hest, hest du hier denn ock en lüttj' Dusör för all de Loperi!

Levi. Ah ne, zwei Taler! Danke! Danke! (steckt das Geld ein). Der Herr Pächter Voß ist gar zu gitig!

Voß. Un denn vunnamiddag, wenn't losgeiht, kummst du doch ock en beten her, du hörst dochen nu ja ock all mit darto, noch mehr als mennig annere!

Levi. O, danke! ich werde nehmen mir die Freiheit zu kommen.

Voß. Un denn kumm man eerst noch gau mit rin un itt en lütt' Bodderbrot mit mi!

Levi. Danke! Danke! Der Herr Pächter Voß ist gar zu freindlich! Ich mechte nur erst gern noch bringen meinen Packen nach Hause und werde dann gleich kommen den nächsten Weg längs der Landstraße nach dem Hof zum Frihstick hiniber.

Voß. Na, dat do' denn man! Denn will ick indessen vörut gähn un dat Fröhstück bestelln. (Ab durch die Mitte.).

Levi (allein). (Er nimmt die 2 Taler aus der Tasche und zeigt sie in der flachen Hand.). Zwei Taler hat er mir gegeben, woraus sich wohl läßt schließen, wie viel ihm muß sein daran gelegen, daß ich habe ausgerichtet seine Bestellung an Pächter Haas. – Aber Levi, hast du denn auch recht daran getan, daß du bist behilflich gewesen dem Herrn Pächter Voß, seinen Sohn zu binden an ein Mädchen, das er doch niemals wird können lieben?! Wenn mich nicht alles teischt, hat doch der Peter schon längst geworfen ein gutes Auge auf die Lisbeth, und die Lisbeth auf den Peter, – wovon der Herr Pächter Voß scheint freilich noch garnicht zu haben die geringste Ahnung. Das wirde sein ein Paar wie geschaffen fir einander! und wenn der Messias der Christen, welchen wir Juden haben geschlagen an das Kreiz, von Gott, dem Schöpfer und Regierer aller Dinge, gesagt hat, er sei die Liebe, – so werden auch alle Menschen, welche da führt die Liebe zusammen, sowie die Lisbeth und den Peter, durch die Hand Gottes und nach seinem Willen gefihrt miteinander zusammen und verbunden. Darum sagen auch die Christen, daß da werden geschlossen die Ehen im Himmel nach dem Willen Gottes; und was Gott fiegt zusammen, das dirfen auch nicht wieder trennen von einander die Menschen.

(Musik, Levi singt.).

Wie schlecht ist es oft mit dem Menschen bestellt,
Wo die Leidenschaft herrscht und gefangen ihn hält,
Die da schreitet dahin mit verderblichem Schritt
Und achtlos die Blumen am Wege zertritt!

Wo heimlich im Herzen die Liebe erglüht,
Da weilt eine Freude im Menschengemüt,
Die den Himmel mit all seinen Engeln umschließt,
Denn wir wissen von Gott, daß die Liebe er ist!

Drum schütz', die sich lieben, vor menschlichem Wahn,
Und steh' ihnen bei, wenn Gefahren sich nah'n;
Zwei Liebende trennen ist nimmermehr gut
Und ein Frevler am Himmel der Mensch, der es tut!

(Nach einer kurzen Pause.). Nun werde ich beim Frihstick wieder geben zurück dem Herrn Pächter Voß seine zwei Taler, und was er mir verboten hat zu sagen, seinen Plan mit Peter, werde ich verraten an keinen Menschen. Aber von dem Herrn Pächter Voß selber, daß er die Absicht hat, wieder zu heiraten, etwas zu sagen, hat er mir doch nicht gerade verboten und auch nicht zu sagen, daß wird kommen der Pächter Haas mit Frau und Tochter hierher zum Erntebier. So werde ich denn das Unrecht, das ich habe begangen gegen zwei Menschen, die sich lieben, dadurch wieder gut zu machen bemiht sein, daß ich sie warne vor der Gefahr, die ihnen nahe ist. Und das werde ich können am besten durch die Tilsche, welche es dann wird wiedersagen der Lisbeth und die Lisbeth dem Peter, daß sie wissen Bescheid und sich können hiten zur rechten Zeit vor Schaden. -

(Er nimmt sein Bündel über die Schulter und den Stock in die Hand und geht ab durch den Ausgang 4.).

Dritte Szene.

Lisbeth. Tilsche.

(Sie kommen durch den Eingang 2 auf die Bühne. Lisbeth trägt den beinahe fertigen Kranz, Tilsche eine Handvoll blauer und roter Kornblumen.).

Tilsche. Na, mit unsen Kranz sünd wi ja nu denn ock all meist klar.

Lisbeth. Ja. Mi fehlt man noch en lüttje Handvull Ahren, de mußt du mi noch ut de Schün haln, se sünd noch bi't letzte Föder aftoladen.

Tilsche. Dat is nett, dat de smucken Kornblom dar nu ock noch mit rinkamt!

Lisbeth. Wenn man en Koken verschenkt, makt man em doch ock mit Blomen smuck.

Tilsche. Wa meenst du dat?

Lisbeth. De ganze Arn is ja doch to'm Verglik als en Koken, den de leewe Gott den Buren schenkt un to den Koken kriggt he denn nu ock noch de lüttjen smucken blauen un roden Blomen, womit de leewe Gott em dat Geschenk smuck makt un de he darum hier un dar twischen dat Korn wassen lett –

Tilsche. Dat is wahr, dar heff ick noch garni mal an dacht! Awers de Bur hett doch en annere Meenung darvun. Ick harr se bald garni kregen.

Lisbeth. Op de Koppeln sünd se ja ock all mit afmeiht. Awers in'n Grashof mank den Hawer för de Per' staht se ja noch in vulle Blöt'!

Tilsche. Un jüst, als ick darbi weer, welke tu plücken, keem de Buer daröwer to. Wat schüllt de Blom?! – Schüllt mit in unsen Kranz för den Buren! Dat is Unkrut un hört dar ni mit rin, weg darmit! Un darmit reet he mi se ut de Hand un tred darop! – Als he awers weg weer, plück ick mi düsse!

Lisbeth. Dat süht em ähnlich! – He günnt de lüttjen smucken Blomen ni de Sted, wo se wassen do't!

Tilsche. Un ock de Per' ni mehr den grönen Hawer! He will em leewer rip warrn laten un dat Korn darvun hebbn – – Peter un de Knecht meiht em jümmers to veel! – Awers Peter un de Knecht ward wul vundag darför sorgen, dat se ehr Röpen null Hawer un ock ehrn Festdag hebbt, ebnsogut als wi!!

Lisbeth. Se hebbt uns ja ock so redlich mit holpen, all den Segen intofahrn! Wa harrn wi wul all de groten Föder unner Dack kregen, ahn unse beiden trugen Per'!?

Tilsche. Du, Lisbeth!

Lisbeth. Na, wat denn?!

Tilsche. Egntlich harrst du doch ock den Burn den Kranz öwergeben müßt.

Lisbeth. Lat doch den Snack! – Dat deit ja ümmer de Grotknecht! – Wa kummst du darup?

Tilsche. Ah, ick meen ja man, – wil du em dochen bunn hest! un hier ja ock egntlich doch de eerste büst, wil du för uns all den Husstand föhrst. (Es wird bei dem Ausgang 4 hinter dem Gebüsch ein Gesicht sichtbar und von Tilsche bemerkt. Sie spricht plötzlich in anderem Ton.). Awers wat seeg ick?! – Dar bi de Port an de Landstrat keek eben een dör'n Busch! – Wenn de Bur dat weer!

Lisbeth (erschrocken). Segg em man nix!

Tilsche. Wat schull ick em seggn? –

Lisbeth. Und de Blom, lat se em man jo ni sehn! –

Tilsche. Ick nehm se leewer mit! – Ick schall ja noch de Ahrn halen! (Ab durch Ausgang 3.).

Vierte Szene.

Nachbar Claßen. Lisbeth.

Nachbar Claßen (tritt durch den Eingang 4 von der Landstraße mit einem Spaten auf der Schulter).

Lisbeth (freudig erschreckend). Nachbar Claßen!

Claßen. Ja, min lüttj' Lisbeth! – Ick bün datt! – De Inspekter schickt mi eben mal na de Regel[R1] hin, wo en beten uttobetern is! – Un als ick dar nu hier so verbi keem und dör den Busch keek, seeg ick di hier mit den Kranz und dach: Schast doch gau mal ringahn und ehr mal »Gudn Dag« seggn!«

Lisbeth. Dat is nett vun Em, Nachbar Claßen!

Claßen. En beten Anhänglichkeit, min lüttj' Lisbeth, is mi dochen noch immer för di bleben.

Lisbeth. Un wa veele Jahrn hebbt Nachbar Claßen un sin Fru dat dochen ock för min Öllern hatt!

Claßen. Unse Katen leegen ja ock neeg tohopen, un wi weern Nawerslüd! Und als du döfft wurrst, hett min Fru ja ock mit bi di Gevatter stahn.

Lisbeth (freudig). Un hett mi den sülwern Lepel schenkt mit ehren Namen op. Min Moder hett mi em noch geben, als se all krank weer, – un ick bewahr em als en Heiligdom! Un Nawer Claßen sin Hus, dat weer mi rein als en tweetes Öllernhus. Wa saken bün ick dar all ut un in lopen, als ick noch en Kind weer!

Claßen. Wi harrn ja ock keen Kinner un seegen di beide ümmer so geern!

Lisbeth. Un als dar de sware Tid för uns keem, – toeerst de Krankheit mit min Moder – un en paar Jahr darna ock all de mit min Vader, wa tru hebbt Nawer

[F1: Eingefriedigte Stelle, wo die Kühe gemolken werden.] Claßen un Tante uns dar nich ümmer bistahn un holpen in all de swaren Stunn und Weken bit ganz to Enn!

Claßen. Snack doch ni darvun! Dat is dochen de een Nawer den annern schullig, un dat meiste, min lüttj' Lisbeth, dat leeg dochen op din Schullern! Wa tru heft du se hegt un plegt, – Nacht und Dag, een na'n annern, bit ganz to Enn hin, wo de leewe Gott di se neehm!

Lisbeth. Un als ick tonösten ut de lüttje Kat herut muß, un allens verbohlt wurr, un ick dar twischen rumleep to ween'n, dar hett Nawer Claßen ja ock noch min Bett köfft un mi tröst' un to mi seggt: »Dar heft dat wedder! Ween man ni! – Nu kannst ja all wedder vunnacht bi uns darin slapen.«

Claßen. Du weerst ja ock Tante Claßen ehr Patenkind!

Lisbeth. Un wa gut keem mi dat tonösten topaß, als ick in de Stadt keem, ock mit Nawer Claßen sin Hölp! – dat Kaken lehr, – un min eegen Bett mitbringen muß. Un so heff ick in min eegen Bett slapen op en jede Sted, wo ick tonösten deent heff. Un nu ock hier bi den Pächter Voß heff ick dat ja noch. Und dat ick öwerhaupt nu hier bün, heff ick dochen ock noch Nawer Claßen to verdanken.

Claßen. Un dochen mi ni so ganz alleen, min lüttj' Lisbeth, dochen ock mit den Buern sin Söhn.

Lisbeth (freudig erregt). Peter?!

Claßen. Als hier de Sted fri weer, keem he to mi un meen, ick schull sin Vader dat dochen mal vörstelln, dat du ehr kreegst, un so is dat denn nu ock kamen! Awers nu mutt ick maken, dat ick wedder na de Regel kam! Ick kann di ock noch gau wat Nies vertelln! – de Inspekter hett mi dat eben seggt.

Lisbeth. Wat denn, Nawer Claßen? Doch wat Gudes?

Claßen. De Gutsherrschaft will vunnamiddag utfohren un hier ock mal bi Pächter Voß sin Arn'beer inkieken – de Junkherr, wat dar nu Student is un op de Juris studeert, hett Ferien un is to Hus kamen. Un wil he un Peter in fröheren Jahren als Kinner all immer mit enanner spelt hebbt, möch he em geern mal en Ogenblick weddersehn un begröten.

Lisbeth. Dat is ock wul noch ümmer de ole Dankbarkeit, wil Peter em mal dat Leben rett! –

Claßen. So is dat wul! Ick heff dat ja sülben mit belevt un weer in de Neegde, man een Koppel darvun, wo de Junkherr un Peter sick Nöt plöcken. De Bull wurr dar wüterig öwer den Junkherrn sin rode Mütz, un he störrt op em los un harr em ock all an de Eer, un dat harr seker en böses Enn nahm, wenn Peter nich in densülwigen Ogenblick op em losgahn weer un em mit sin Handstock so gau, als he man kunn, mit alle Gewalt öwer de Näs haut harr, bit de Bull wedder vun em los leet un sick op Peter störrt. – Awers nu weer ick ock all dar un keem de beiden to Hölp. De Bull harr den Junkherrn seker up de Hörn nahm, wenn Peter ni so mit alle Kraft op em loshaut harr. Un darför hett he denn naher ock to sin Konfermatschon vun den Herrn Baron un de gnädige Fru Baronin de smucke gollen Uhr kregen, und he steiht noch bi de beiden ebnso als bi den jungen Herrn hoch darför anschreben. Un ick glöv, wenn de Jungherr tonösten mal dat Gut kriggt, kann dat Peter denn ock noch vellicht vun gruten Nutzen sin! Awers nu mutt ick maken, dat ick wegkam. Adjüs, min lüttj' Lisbeth! –

Lisbeth. Adjüs, Nawer Claßen! Kummt Nawer Claßen denn ock vunnamiddag en beten mit röwer?

Claßen. Ick un din Tante! Wi alle beide! Levi is bi uns we'n un hett uns inladen in den Pächter sin'n Namen! Na adjüs denn noch mal, un op en fröhliches Weddersehn tonösten op ju Arn'beer!

Lisbeth. Adjüs, Nawer Claßen! Op en fröhliches Weddersehn! (Claßen nimmt den Spaten auf die Schuller und geht rasch ab durch den Ausgang Nr. 4.).

Lisbeth (allein; sie beschäftigt sich noch immer mit dem Kranz). De ole gude Mann, he hölt so veel vun Peter, un wo he man kann, dar rühmt he em Gudes na! – Hel fröhliche Gedanken hett he in mi weckt, awers ock doch hel trurige toglik! – An de twee lüttjen Katen mutt ick denken – – min Öllernhus un Nawer Claßen sin, – de dat Paradies vun min Kindheit weern! – – Un als ick denn naher gröter wurr un to Schol gung, un de Tid keem, wo ick all för min Moder kaken muß, wil se mit min Vader bi de Gutsherrschaft op Arbeid gung! – – Wat för'n Freud un Freden um unsen lüttjen Disch, wenn wi denn tohopen seeten un uns dat smecken leeten! – – Oder wenn wi bi Nawer Claßen weern des Abends oder Sünndags, oder Nawer Claßen un sin Fru bi uns. – – – Oder wenn wi tohopen spatzeern gungn to Holt oder in't Feld. – – Un denn – – als ick denn konfermeert wurr mit em toglik, dar hebbt wi uns all to'n eerstenmal öwer enanner freut in düsse heilige Stunn. – – Un denn – – Un denn en paar Jahr wider hin – – als unse Harten sick all sunn harrn – – un wi enanner Leevde swarn harrn för't ganze Leben! – – Un denn – – Un denn, wenn he denn an min Fenster keem, lat des Abends – wenn min Öllern möd vun de Arbeid all lang in deepen Slap leegen – – Wat för'n Öwermaat vun Glück un Freud in unse stille heemliche Leevde, wovun keen annere Menschen wat ahn'n un wußten.

Musik (sie singt).

Kumm du um Merrennacht!
Kumm du Klock een!
Vader slöppt, Moder slöppt,
Wi sünd alleen.

Klopp an min Fenster man!
Röhr an de Klink!
Vader meent, Moder meent,
Dat deit de Wind!

Slapenstid gaht de Deev,
Stehlen is Sünn!
Harr ick di ni so leev,
Leet ick di in!?

Lisen de Blangdöhr geiht;
Kumm du man, kumm!
Ach, wa dat Hart mi sleiht,
Fat wi uns um!

(Kleine Pause; sie setzt sich wieder an einen Tisch und stützt den Kopf im Nachsinnen; dann aufblickend.).

Awers denn keem dat Schicksal, un dat wurr düster in unse lüttje Kat! – – en lange, lange Tid – – un sware Stunn harrn wi dörtomaken, dat ick wul verzagen kunn! wenn ni twee helle Steerns ock in düsse Nacht mi schient un tröst harrn, un dat weern unse Nawerslüd – – de mi to Sit stunn un holpen mit Rat un Dat, – – un denn de eene, – – de allens so tru mit mi deelt un dragen hett, un de mit all sin Leevde ni möd wurr, mi to hölpen, to stütten un to drägen. Un ock naher min Trost un Höpen noch ümmer mit all sin Leevde, de mi, wills Gott, ock verbliben ward för't ganze Leben! – – –

Fünfte Szxene.

Tilsche. Lisbeth.

Tilsche (kommt durch den Ausgang 3, in der einen Hand die roten und blauen Kornblumen, in der andern die Ähren). Hier bün ick all! – Dar heft de Blom'n wedder, un hier sünd ock de Ahrn! (legt beides auf den Tisch.). Dat Föder is eben afladen; – Peter hett se mi sülben ut de letzte Garf herutsöcht!

Lisbeth. Denn lang mi man her un hölp'se mi gliets mit anbinn! (Beide beschäftigen sich damit, die Blumen und Ähren in den Kranz zu binden.).

Tilsche. Ick schall di ock noch veelmals gröten vun Peter; du schullst di ock man recht smuck maken!

Lisbeth. Wi sünd ja all antrocken!

Tilsche. Ja dat's ock man gut! – Ick mutt man blots noch en annere Mütz opsetten.

Lisbeth. Wat makt Peter un de Knecht denn nu?

Tilsche. Se wulln sick man gau noch en beten smuck maken, un Peter wull denn noch gau en Kaar vull Hawer hal'n för de Per'. De Grotknecht ward ock wul all glieks kamen un sick den Kranz haln.

Lisbeth. Desto mehr möt wi uns spoden! Lang mi man jümmers her! (Sie tut es und Lisbeth bindet emsig weiter die Kornblumen und die letzten Ähren an den Kranz.)

Tilsche. Du heft dochen ock an en rode Sleuf dacht för den Kranz? un an en Stück Band för den Grotknecht sin Hot?!

Lisbeth. Heff ick in de Tasch. (Sie greift in die Tasche und zieht, in Papier verpackt, Schleife und Band hervor und legt es auf den Tisch.)

Tilsche. Un ock en paar Blom'n to en lüttjen Strusch för em?

Lisbeth. Dar blieft ja noch licht soveel öwer! (Sie nimmt einige von den Blumen und Ähren, die auf dem Tische liegen, und fügt sie zusammen zu einem kleinen Strauß und sagt, den Strauß auf den Tisch legend:) Hier is ock all de Strusch!

Tilsche. Wat en smucken Kranz! – Wa prächtig makt sick de roden un de blauen Blom'n twischen de gollen Ahrn! Du, Lisbeth, du heft ja ock dat lüttje Bok mit de Blom'nsprak. – Sünd de Kornblom'n ock mit darin?

Lisbeth. Dar heff ick noch garni mal na sehn – awers wat de Farben bedüdt, dat weet ick. Rot, dat bedüdt de Leevde, – un blau de Tru un Beständigkeit!

Tilsche. Denn paßt se ock ja schön tohopen! Denn de Leevde hett doch man den rechten Wert, wenn de Tru un Beständigkeit mit darbi sünd!

Lisbeth (wie in Gedanken) Ja! Ja! – De Tru un de Beständigkeit!

(Der Großknecht erscheint in dem Ausgang 3, mit schwarzem Hut auf und mit einem längeren weißen Stock, oben mit Kreuz, woran der Kranz hängen soll.)

Tilsche. Dar kummt ock ja all de Grotknecht un will sick den Kranz halen!

Lisbeth. Denn man noch gau de Sleuf daran! (Sie bindet schnell die Schleife an den Kranz.) Süh so! – nu is he klar!

Tilsche. Denn will ick mi man gau noch en annere Mütz opsetten! (Ab durch die Pforte Nr. 1)

Sechste Szene.

Großknecht. Lisbeth.

Großknecht. Hest den Kranz all klar?

Lisbeth. Hier is he!

Großknecht. Un hier is ock all de Stock, wo he an schall! – Denn hang em man öwer!

Lisbeth (tut es und fährt dann fort, das Band vom Tisch nehmend): Un hier is ock noch dat Band för den Hot!

Großknecht (nimmt den Hut ab und gibt ihr den) Denn binn dat man an!

Lisbeth (tut es und gibt ihm den Hut zurück, den er aufsetzt) Un dar hest ock den Strusch! (Sie nimmt den Strauß vom Tisch und steckt ihm den an die Brust)

Großknecht. Veeln Dank denn ock! – Dar sünd ock all welke kamen, – un bi lüttjen versammelt se sick ock all!

Lisbeth. Is Peter denn all wedder dar?

Großknecht. Eben, als ick weggung, weer he noch ni kamen. He is wul noch in'n Grashof un halt en Kaar vull Hawer. Bit se all tohopen sünd, is he ock wul all wedder dar! – Wi stellt uns bidessen op, – un wenn se ankam't, kamt wi all und bringt den Burn den Kranz! – (Ab durch den Ausgang Nr. 3)

Siebente Szene.

Tilsche. Lisbeth.

Tilsche (mit der andern Mütze bekleidet, kommt schnell durch die Pforte herein, laut und aufgeregt): Lisbeth! Lisbeth! – Ick mutt di dochen gau noch mal wat vertelln! – Ganz wat Nies! wo du noch gar keen Ahnung nun hest! – Nu rad mal, wat dat is!

Lisbeth. Ja, wa kann ick dat raden?! – Segg dat man!

Tilsche. Ja, denk di mal! – Eben, als ick ut min Kamer tred, kummt mi Levi in de Möt, – ut't Hus vun den Burn, wo he en Fröhstück eten, – un röppt mi wichtig na sick ran, un vertellt mi denn in de Geswindigkeit, dat de Bur sick wedder verheiraden will! –

Lisbeth (erschrickt sichtlich und fährt zurück und lehnt sich an einen Stuhl, als ob sie Mühe hätte, sich aufrecht zu halten. Dann stammelt sie erregt und bewegt): Wat?! – Wat?! – seggst du?! – – De Bur will – sick – wedder? – –

Tilsche. Verheiraden, – – un will dat hüt op sin Arn'beer nach bekannt maken! Un Jochen Haas mit Fru un Dochder sünd ock mit inladen.

Lisbeth (wie vorhin und noch schwerer sprechend), Un, – – un – – Fru un – Dochder?! – –

Tilsche. Nu weet ick ock all, wakeen als de Brut! – –

Lisbeth (wie vorhin) De Brut! – – (Sie sinkt mit einem Seufzer wie ohnmächtig zur Erde, und der Stuhl fällt mit ihr um)

Tilsche. Lisbeth! Lisbeth! – Deern, wat is dat mit di?! Nu is se ohnmächtig wurrn! – –

Lisbeth (sich ein wenig ausrichtend) Lat! – Lat mi man! – Dat – is all wedder vöröwer! – – Kumm, hölp mi op, –

Tilsche. Ja, denn stah man wedder op! (hilft ihr auf) so, so! un hier op'n Stohl, – sett di man en Ogenblick dal! –

Lisbeth. Lat mi! – Lat mi man – en Ogenblick alleen! – dat – dat ick mi vermünnern kann! –

Tilsche. Wenn du dat wullt – Ja! – Denn gah ick rut! (Ab durch die Pforte Nr. 1)

Lisbeth (allein) Dat weer en Slag, als mit en swaren Hamer op min Kopp! Wat schall dar nu ut mi warrn? un ut Peter? un unsen ganzen Plan? – Nu bün ick de längste Tid hier wesen! un Peter, – – – Gott in'n Himmel! – – (sie stützt schwermütig den Kopf. – Peter erscheint durch die Pforte Nr. 2)

Achte Szene.

Peter. Lisbeth.

Peter (kommt durch Nr. 2, raschen Schrittes, heiter und fröhlich und mit der Sense über der Schulter. – Er ruft freudig): Hurra, min Lisbeth! – (stellt schnell die Sense hin, – und eilt mit ausgebreiteten Armen auf Lisbeth zu, – diese springt schnell auf und ruft):

Lisbeth. Min Peter! (Beide umarmen sich und Peter küßt sie)

Peter (hält sie bei den Händen) Deern, wa büst du smuck! – Kunn ick di noch mehr leev hebbn, als ick di all heff, ick harr di ja noch jümmers leewer. Kumm mit! – Nu wüllt wi Hawer meih'n! – Un du nimmst dat Swatt op, achter min Leh! – Ebn als so mennigmal all fröher!

Lisbeth (mit entsprechender Erregung und Betrübnis) Ach, Peter!

Peter (jovial) Na, wat is dar los?! – Du makst ja en Gesicht, als wenn di alle Petersill verhagelt weer, – wat heft du denn?

Lisbeth. Sorg' und Bangigkeit! – Uns steiht nix Gudes bevör!

Peter. Na, wat denn?! – Un dat vundag, op uns Arn'beer?! wo wi uns freu'n wüllt un lustig we'n?!

Lisbeth. Denk di mal, wat ick hört heff! – – Din Vader will sick wedder verheiraden!

Peter (jovial) Wat?! min Vader? – min Vad – (lacht laut) Ha! Ha! Ha! Ha! Wakeen hett di dat opbunn! De hett di mal gehörig för'n Narrn hatt! Min Bader sick verhei – – (lacht wieder laut) Ha! Ha! Ha! Ha! Glöv dochen ni an so'n Unsinn!

Lisbeth. Un dochen mutt ick dat! Levi hett dat seggt för ganz gewiß!

Peter. Ach wat, Levi!! De Jud, de lüggt!

Lisbeth. Un ick weet ock noch mehr!

Peter. Denn man herut darmit! Ick brenn vör Nischier!

Lisbeth. Un de he heiraden will, is wull keen anner als Pächter Haas sin Dochder!

Peter. Pächter Haas sin Tochder?! (lacht wieder) Ha! Ha! Ha! Ha! Dat ward ja ümmer lustiger! Jochen Haas sin Trina! – (lacht wieder) Ha! Ha! Ha! Ha! Wat för'n prächtig Moder för min Vader sin Peter! un wat för'n Staatsmensch vun Swigermudder för min Vader sin Peter sin Lisbeth!

Lisbeth. Se ward em ock sülben den Husstand föhrn.

Peter (jovial) Natürlich! un du büst öwer!

Lisbeth. Un den Hof ward he nu ja seker nich afgeben un för sick sülben beholn.

Peter. Un sin Peter kann bi em deen'n, oder sehn, wo he afblifft!

Lisbeth. Un wat schüllt wi denn? – Denn künnt wi uns ja ock ni heiraden.

Peter. Ach wat! – Nu wes' doch ni narrsch! Dat is ja ganz unmöglich! Un wenn dat denn ock würklich so weer, – denn lat se! wi lat doch ni vun enanner un heirad' uns darum doch! Ick bün gesund un fix! un de Arbeid kenn ick! un se matt mi Vergnögen! – Denn warr ick Daglöhner.

Lisbeth. Daglöhner!

Peter. Ja! – wat is darbi?! Weer Din Vader dat nich ock? Un is Nawer Claßen dat nich ock?! Arbeid'n is keen Schann! – Un bi de armen Lüd schient uns' Herrgott sin Sünn ebensogut rin als bi de Rieken! Un wat sör'n Glück und Freden weer dar ock in de beiden lüttjen Katen! en lange Tid! und is dar ock noch bi Nawer Claßen! Awers nu kumm, un lat doch den Kopp ni hangn un lat uns mal een sing'n! Dat is dat beste gegen de Grilln!

Lisbeth. Sing'n? – Dat kann ick ni! – Mi sitt de Schreck noch in alle Glieder! –

Peter. Na, denn sing ick alleen! – Din lüttj' Leevlingsleed, wat du so geern hör'n magst, un wat ick di so mennigmal all vörsung'n! – Dat lüttje Leed vun't Summerfeldgahn, vun di un mi. Ick un min Lisbeth!

Musik. (Er singt.)

Ick un min Lisbeth wüllt Summerfeld gahn!
Wüllt hocken un binnen, als anner Lüd da'n!

Anner Lüd hocket un binnet dat Korn, –
Ick un min Lisbeth gaht achter den Dorn!

Achter den Dorn, dar waßt en schön Krut, –
Dar binn ick min Lisbeth en Kränzelin ut!

Un kennst du dat Krut ni, so will ick di't nöm':
Sünd luter lüttj' smucke blau Ehrenpriesblöm!– –

Un gehl sünd de Lücken, – und blau is de Kranz! –
Juch! ick un min Lisbeth, nu gaht wi to Danz!

Un blau, dat bedüdt ja die Farv vun de Tru! –
Juch! – bald is min Lisbeth min leev lüttje Fru! – – –

(Er schließt sie freudig in seine Arme und küßt sie. In demselben Augenblick erscheint der Pächter Voß, aus dem Hause kommend, in seinem Sonntagsanzuge und sieht es, über der Pforte weg, wie der Peter die Lisbeth umarmt und küßt. Peter eilt nach seiner Sense und nimmt sie auf die Schulter.)

Neunte Szene.

Voß. Peter. Lisbeth.

Voß. Ah! Ah! wat seeg ick dar!! Töf mal!

Lisbeth (wirft sich auf einen Stuhl am Tisch und hält, den Köpf stützend, beide Hände vors Gesicht.)

Peter. Keen Tid! – Hawer meihn. (Er eilt durch den Ausgang Nr. 2 ab.)

Voß (durch die Pforte tretend nach Lisbeth hin)

Lisbeth (schnell) De Bur! – – Nu grut mi vor em!!

Voß. Wat heff ick sehn! Ju hebbt sick küßt!

Lisbeth (verharrt in Schweigen).

Voß. Hörst du ni? – Ju hebbt sick küßt!

Lisbeth (etwas aufsehend) Wat is dar denn bi?!

Voß. Tat schüllt Ju awers ni! – Ick will dat ni hebbn!

Lisbeth En Kuß in Ehren kann keen ni wehren!

Voß. Na, wenn't denn man in Ehren we'n is, denn will ick daröwer wegsehn! – – Wo büst du we'n? – – Ick heff di söcht! – Ick heff en Ogenblick wat mit di to bespreken! –

Lisbeth (den Kopf stützend) Mit mi?

Voß. Ja, süh! – Du büst nu ja all twee Jahr hier un hest mi den Husstand föhrt, un du büst en lüttje brawe un däge Deern! – Ick bün hel mit di tofreden!

Lisbeth Ick heff ja man min Plicht da'n!

Voß. Awers op de Läng is dat doch ni gut, wenn in so'n Husstand de Husfru fehlt! un dar heff ick denn dacht! ick will mi wedder verheiraden.

Lisbeth Ick weet dat all! – Mit Pächter Haas sin Dochder!

Voß. (erregt, auffahrend) Wakeen hett dat seggt?! Wo kummt de Snack her?! Ne! – mit en ganz annere! – Mit di!

Lisbeth (erschrickt) O, Gott! – – –

Voß. Ja süh! – du hest ja nix, un büst ja man en Daglöhner-Dochder! – so meen ick denn likers noch en gudes Wark to do'n, wenn ick di to'n Fru nehm!

Lisbeth O, Gott! – Ne! ne! uns' Bur!

Voß. Warum denn ni?! – Frilich, – dar heff ick ock all an dacht un darför sorgt: – wenn ick di frigen do', – denn mutt min Peter vun't Hus! – He is eben so old als du, – un wenn du hier als junge Fru sin tweete Moder warrft, – he ward di bi sin halsstarrigen un obsternatschen Kopp ni als sin Moder estemeern, – un darum mutt he weg! –

Lisbeth Ne! ne! – un denn schall Peter wedder deen'?

Voß. Ja, süh! Dar heff ick ock all an dacht, un darför sorgt, dat dat ni nödig deit! Ick will em mit Jochen Haas sin Dochder verfrigen! Se hett wat Geld, – un wenn ick denn sülben als sin Vader vun min Peter sin Arvschap en par dusend Mark darto legg, denn künnt se ja all wat anfangen un sick en lüttje Stell pachten.

Lisbeth. Ne, ne! Uns' Bur, dat geiht ni!

Voß. Warum schull dat ni gahn?! Un wi wüllt denn mit de Hochtid ock ni lang mehr töben! – Ick will dat denn noch vunnamiddag op uns' Arn'beer bekannt maken. – – Na wat seggst denn darto? – wat?! – Kannst ni vun Glück seggn?! – Du, dat arme Katenkind, so mit eenmal en grote Burnfru?!

Lisbeth. Ne, uns' Bur! – O Gott! holn Se op, – dat geiht ni an, nümmer nich!

Voß. Warum schull't denn ni angahn?

Lisbeth (verharrt in derselben Stellung in Schweigen.).

Voß. Du swiggst?! – Denn segg doch wat! – Is dar een mi in'n Weg'n? denn handel ick em ut! – He mutt wiken!

Lisbeth (wie vorhin, verharrt in Schweigen.).

Voß. Nu man to! – Segg mi dat! Ick mutt dat weten, wakeen is dat denn? –

Lisbeth (schwer seufzend und eigentümlich betonend). Peter!

Voß (zurückfahrend). Wat? Peter seggst du?! min Peter?! – Ha, wat mutt ick hören?!

Lisbeth. Wi sünd all lang mitenanner verlaut!

Voß (zornig, aufbrausend). Dar ward nix ut! – He kriggt di ni! Dar will ick wull för sorgen! ick – sin Vader!

Lisbeth. Wi blivt uns ewig tru! un ward uns nümmer laten!

Voß (wie vorhin). So?! dat wüllt wi doch mal sehn! – Öwer em heff ick to seggn! – Un du kannst di scheern! – Wat wullt hier denn noch op'n Hof? – Weg mit di! – un dat vundag noch! – glieks! – Mit'n Biddeljahrslohn un dat Kostgeld lett sick dat ja all maken!

Lisbeth (weint laut schluchzend). Wa kann de Bur so hart un grausam gegen mi we'n!

Voß. Oder schullst di noch besinn?! – Du kunnst di ja ock noch besinn! – –

Lisbeth. Ne! ne! –

Voß. Hart seggst du un grausam?! – Ick, de dat so gut mit di in'n Sinn harr?! mit di, de sick so gegen mi benahmen! – Hart un grausam schast du mi awers likers ni nenn! – Süh, du mußt ja dochen din Bett mitnehm'n, un so will ick di denn min Kaar lehn, – dar kannst du dat op wegfahren, – un is dar sünst noch wat, wat du wull hebbn möchst, – denn nimm dat mit, – so veel als dar op de Kaar geiht – ick will di dat schenken to din Utstür! – dat du dochen sühst, dat ick ni hart un grausam gegen di bün! Un vellicht besinnst di ock wull noch! – Du kannst di ock ja noch ümmer besinn!

Lisbeth (in wilder Aufregung aufstehend). Ne! ne! – (Laut rufend.). Peter! – Peter! Se wüllt uns weg vunenanner riten! – (Sie stürzt schnell ab durch Ausgang Nr. 2.).

Voß (ihr nachrufend). Ja, rop em man! sök em man! du hochnäsige Katendeern! – Du röppst un sühst em hier to'n letzten mal un nümmer wedder! – (Nach kurzer Pause, nachdem er eine passende Stellung, sich auf den Tisch stützend, eingenommen hat und wie verzweifelt ins Leere starrt.). Wak ick denn? – oder dröm ick?! – Mit een Slag hett se all min Wünschen un Höpen wedder to Schann makt! – Hm! hm! Wat en Wendung! Wa kunn ick mi dat ock vermoden we'n! – – (Er versinkt in Nachdenken und starrt wieder ins Leere). Hm! – Hm! – Hm! – Wat en Slag – wat en Slag för mi!

Zehnte Szene.

Tilsche. Voß.

Tilsche (kommt eilig durch die Pforte 1 in den Garten). Uns' Bur! Uns Bur! – Dar sünd all welke kam'n! De Pächter Haas un sin Fru un Dochder! – Levi is ock all wedder dar un lotst se vun'n Wagen!

Voß (noch im Nachbrüten ärgerlich und verwirrt). Dat lat se! – Wat scheert mi dat?! – (Tilsche wieder ab durch die Pforte 1.).

Voß (wieder vor sich hinstarrend in Gedanken). Hm! Hm! – Wat för'n Slag und wat för'n Wendung weer dat för mi!

Elfte Szene.

Voß. Levi. Pächter Haas. Frau Haas. Trina.

(Haas aus einer kurzen Pfeife rauchend.).

Levi (die Tür offen haltend). Kommen Sie man rein! – Da steht der Herr Pächter Voß!

Voß (noch in Gedanken). Hm! Hm! – Wat nu?! – Wat nu?!

Levi (zu Haas und Frau). Er scheint zu sein etwas in Gedanken! (zu Voß). Herr Voß! (Voß nimmt keine Notiz davon.).

Levi. Herr Pächter Voß!

Voß (schreckt auf). Na, wat is dar los?!

Levi. Der Herr Pächter Haas und seine Frau und Tochter sind da!

Voß. Ah so! – Ja! – dat is wahr! – (Er geht hin zu ihnen und gibt ihnen der Reihe nach die Hand.). Gudn Dag denn ock! Nu setten Se sick man! – Dar sünd de Stöhl (auf die Stühle rechts zeigend).

Frau Haas. Danke! Danke! – Na, Jochen un Trina, denn kamt man, denn wüllt wi uns setten! – (Sie setzen sich).

Levi. Gott Lob! daß er sich wieder hat besonnen, er war ja ganz zerstreut! – (Ab durch die Pforte Nr. 1.).

Haas. Wat fehl em, Moder?

Frau Halls. He weer wul'n beten konfus vunwegen dat Arn'beer.

Trina. Weer he konfus? Moder?

Zwölfte Szene.

Tilsche. Die Vorigen.

Tilsche (eilt durch die Pforte 1) Uns' Bur! Uns' Bur! All wedder welke. De Herr Baron un de gnädige Fru un de junge Herr in en seine Kutsch mit'n Kutscher op'n Bock. Levi is ock all wedder an'n Wagen un bringt se her. (Bleibt seitwärts im Hintergrund stehen und geht, nachdem die andern eingetreten sind, durch Nr. l ab)

Voß (geht erregt auf und ab) De Herrschap! – De Baron – de Baronin – wo steiht mi de Kopp? Ick warr noch ümmer konfuser.

Frau Haas. Nu staht man gau op, wenn se rinkamt, un du, Vader, stickst de Piep weg un makst för all en deepen Diener mit Kratzfot, un du, Trina, maks för se all en deepen Knicks! Süh so! – (macht ihr einen tiefen Knicks vor.)

Trina (macht schnell einige tiefe Knickse) Ja! süh so, Moder! – – (Haas bleibt bei zu rauchen.)

Dreizehnte Szene.

Levi. Der Baron. Die Baronin. Heinrich. Die Andern.

Levi (sehr devot und mit vielen Komplimenten die Herrschaften hereinführend, den Hut in der Hand behaltend) Wenn die Herrschaften wollen haben die Gite! Hier ist der Garten, wo soll werden getanzt, und da ist der Herr Pächter Voß, welcher ist noch immer ein bischen konfus.

Voß. Ah ne! – Dat is nu all wedder öwer (devot gegen die Herrschaften) Herr Baron, gnädige Frau und junger Herr Baron! Es ist eine große Ehre vor mir auf meinem Feste. Nu seien Sie man so gut und setzen Sie sich da auf die Stühle! (zeigt auf die drei Stühle links. Während Pächter Voß spricht, entfernt Levi sich durch die Mitte.)

Baron. Danke, lieber Voß, denn wollen wir uns setzen! (setzen sich) (Baron, wieder aufstehend) Ah sieh, da ist ja auch mein anderer Pächter, Jochen Haas mit Familie. Guten Tag, mein lieber Haas. (Heinrich steht auch auf.)

Frau Haas. Jochen, stick doch de Piep weg!

Haas. Ja, dat bün ick, Herr Baron! (macht Kratzfuß, auf seine Frau zeigend) Un dar is Gretjen, wat min Olsch is! –

Frau Haas (empört) Aber Jochen (in anderm Tone, von sich eingenommen, komisch) Ja, ich bin seine Frau! (Macht der Reihe nach vor allen dreien einen tiefen Knicks.)

Haas (auf Trina zeigend) Un de dar, dat is Trina, unse Dochder!

Trina. Ja, dat bün ick. (Macht der Reihe nach vor dem Baron, der Baronin und Heinrich mehrere tiefe Knickse; diese lachen etwas. Als sie es bei Heinrich getan, sagt dieser)

Heinrich. »Gotts dausend, ist die Trina aber ein hübsches Mädchen!«

Trina (schmunzelnd) Ja, dat bün ick ock!

Heinrich (jovial) Trina, magst mi lid'n?

Trina (freudig und schnell) Ja, geern!

Heinrich. Schall ick din Brüdigam we'n?

Baronin. Aber Heinrich!

Trina. Ne, – ick heff Peter!

Heinrich (lacht) Das ist aber gut! Ha! – Ha! – Ha! Der Schlauberger, was für 'ne kleine hübsche Braut hat er sich da ausgesucht, – Aber wo ist der Peter denn, Herr Pächter Voß? – Wo steckt er?, ich wollte ihn doch gern einmal begrüßen, meinen einstigen Spielkameraden.

Trina. Ja, wo is Peter?

Voß. Ward wul glieks kamen! He is wul noch in de Schün bi den Kranz un bi de annern!

Frau Haas. Awers Vader! – Nu stick doch de Piep weg! Dat schickt sick ni.

Haas. Ja! (Indem er es sagt, fällt ihm die Pfeife aus dem Mund, er nimmt sie wieder auf und sagt:) Min schöne Piep, Moder, dar weerst du an schuld! –

Frau Haas. Ach wat! – Holt Mul! –

Haas. Ja! – (Man hört links hinter Nr. 3 Musik, doch nur einen Akkord.)

Voß (in Erregung und beweglich) Nu kamt se! – Nu kamt se! –

Trina (freudig in die Hände klatschend) Ja, nu kamt se! Nu kamt se!

Baron. Machen wir Platz und treten etwas zurück.

Frau Haas. Und wi ock! Jochen und Trina torüg!

Jochen Haas (während sie zurücktreten) Ja, torüg! Moder, paß op, nu kamt se!

(Die Gutsherrschaft und die Familie Haas verbleiben jetzt in stehender Stellung.)

Vierzehnte Szene.

Die Mitglieder des Erntezuges. Die Vorigen.

(Der Zug kummt an durch Nr. 3, für dessen Erscheinen Jochen Haas das Stichwort gibt, mit: »Moder paß op, nu kamt se!« Die Musik im Orchester beginnt den Ländler zu spielen, worauf der Zug sofort erscheint. Voran mit dem Erntekranz am Stock der Großknecht. Ihm nachfolgend die übrigen Paare, deren Anzahl sich nach der Größe der Bühne richten muß. Wenn die Bühne dazu groß genug ist, können auch ein paar Kinderpaare, Knaben und Mädchen dabei sein, welche ebenso Arm in Arm gehen, wie die Erwachsenen. Nach dem Großknecht folgen zunächst die Erwachsenen. Levi mit Tilsche im Arm, Nachbar Claßen mit seiner Frau, dann wenigstens 4 Paare, je ein Knecht und ein Mädchen, dasselbe am Arm führend und außerdem noch 2 Mädchen, welche keinen Herren bekommen [h?]aben, aber ebenfalls Arm in Arm gehen. Von verschiedenen Mitgliedern des Zuges, Knechten und Mädchen wird abwechselnd laut gejuchzt, auch bewegen sich dieselben tanzend. Einige Paare können auch um den Großknecht herumtanzen. Heinrich will sich zwischen die Mädchen stürzen, welche keinen Führer haben, die Baronin steht das und hält ihn am Rockschoß zurück, dann ruft sie laut, die Musik noch übertönend.)

Baronin. Heinrich! Heinrich! was willst du? (Die Musik schweigt, die Paare stehen still.)

Heinrich (Er reißt sich los und stürzt auf die beiden Mädchen, rechts und links je eine in den Arm nehmend)

Baronin. Theobald! Theobald! Er wird kommun!

Baron. Ach, laß ihn doch, es ist ja Erntebier!

Heinrich. Bravo Papa!

(Er ruft) Musik, ihr Herren Musikanten!

(Die Musik beginnt wieder den Ländler zu spielen und alle tanzen und juchzen wie vorhin. Nach einem Augenblick fällt Levi, Tilsche mit umreißend. Diese schreit laut auf. Die Musik schweigt. Ein anderes Paar der Tanzenden fällt über sie. Alle lachen.)

Einige (rufen) Häk, häk, se sünd fulln! (Mit den Fingern et[?]schend.)

Trina (ebenso) Häk, häk, se sünd fulln!

(Während die an der Erde Liegenden sich schon wieder aufkrabbeln, ruft)

Tilsche (laut und mit weinerlicher Stimme, sich die Schürze etwas vor die Augen haltend) Ick heff keen Schuld, Levi sin ol verschrakelten Been hebbt de Schuld!

Levi. Gott Gerechter! hat sie mich doch mitgerissen um, weil sie nicht konnte tanzen im Takt, und war so schwer wie ein Sack, daß ich sie nicht konnte halten!

Großknecht. Na, sünd se all wedder op de Been?

Eine Stimme. Ja! Ja!

Großknecht. Denn will ick min Red' hol'n.

Eine Stimme aus dem Zuge. Nu will he reden, nu will he reden!

Eine andere Stimme. He will sin Red' hol'n!

Großknecht. Ruhig dor! (zu Levi) Ach, Levi, rop doch mal, dat se ruhig sünd!

Levi. Silentium, weil der Großknecht will halten seine Rede! (Alles still.)

Großknecht (den Kranz am Stock vor sich tragend, tritt vor Pächter Voß hin, räuspert sich einige Male und spricht:) Herr Pachter Voß! (Dann räuspert er sich wieder und beginnt nochmals:) Herr Pächter Voß! (Dann beginnt er seine Rede:)

Versammelt sind wir alle hier,
Zu feiern unser Erntebier,
Wir Knechte pflügten früh und spät,
Der Bauer hat die Saat gesät!
Der liebe Gott gab ihr Gedeihn
Im Regen und im Sonnenschein!
Dann haben wir sie abgemäht!
Und alles schon hereingefahren,
Wie viele auch der Fuder waren.
Heut' kam das letzte Fuder ein,
Nun wollen wir uns alle freu'n!
Bei Tanz und Bier und Branntewein!

(Eins der Mädchen, welches Heinrich am Arm hat, kreischt plötzlich laut auf.)

Großknecht (sieht dahin und ruft laut) Na, wat is dar los?!

Das Mädchen (ruft anstellerisch) De Junkherr hett mi küßt!

(Alle lachen.)

Baronin. (entrüstet zu Heinrich) Aber Heinrich, schämst du dich denn nicht? – Theobald, steuere ihn doch!

Baron. Aber, chère Mama, was tut es, wenn der Ulk ihm Vergnügen macht und der Bursche mal burschikos wird!

Heinrich. Bravo, Papa! (singt) Frei ist der Bursch! Frei ist der Bursch! (Dann küßt er schnell das andere Mädchen. Auch diese schreit laut auf.)

Großknecht (ruft wie vorhin mit lauter Stimme) Na, wat is dar nu all wedder los?

Das andere Mädchen (ruft anstellerisch) Nu hett he mi ock küßt!

(Alle lachen.)

Baronin (wie vorhin) Heinrich, bist du von Sinnen? si donc Theobald! Theobald!

Heinrich. Nur lustig, chère Mama! Musik, Musik, Ihr Herren Musikanten!

Großknecht. Ne, stopp! Noch nich!

Trina. Hett he nu ock de anner küßt, Moder?

Haas. Moder, hett he nu ock de anner en Dütjen geben?

Frau Haas. Ach wat! Holt Mul!

Haas. Ja! –

Großknecht. Ruhig dar! – Nu fang ick wedder an!

Ein paar Stimmen (nacheinander) He fangt wedder an, he fangt wedder an!

Großknecht (zu Levi) Ach, Levi, segg doch mal, dat se ruhig sünd!–

Levi. Silentium! Weil der Großknecht will wieder anfangen seine Rede! (Alle schweigen.)

Großknecht. (Wieder Pächter Voß anredend.)

Und diesen Kranz, den bringen wir
Mit allen unsern Wünschen dir.
Indem daß wir ihn nun dir geben,

(Gibt ihm den Kranz.)

Was du dir wünschest, soll geschehn
Und alles in Erfüllung gehn!
Hurra! Herr Pächter Voß soll leben!

(Alle rufen Hurra, mit Orchestertusch.)

Ein paar Stimmen (nacheinander) Nu is't ut!

Großknecht. Ruhig dar! Ach, Levi rop doch mal, dat se wedder ruhig sünd, ick bün noch ni to End!

Levi. Silentium! Weil der Großknecht ist noch nicht zu Ende! (Alles still)

Großknecht (räuspert sich wieder und spricht:)

Der Bauer hat nun seinen Kranz
Und wird ihn hoch in Ehren halten,
Doch eh' nun wieder kommt der Tanz,
Laßt betend uns die Hände falten.
Dem lieben Gott den Dank nun bringen
Und unser Erntelied Ihm singen!

(Alle entblößen das Haupt, falten die Hände und der
gemischte Chor singt das folgende Lied)
:

Tränen der Freude den segnenden Händen,
Wehrend der Sorge, noch eh' sie gedroht!
Wieder empfangen in goldenen Spenden,
Blumengeschmückt unser tägliches Brot!

Laßt uns Ihn preisen, Ihm jubelnd lobsingen,
Der unsre Wünsche mit Segen gestillt
All unsre Herzen zum Danke Ihm bringen
Der unsre Häuser mit Ähren gefüllt! –

Vater im Himmel, anbetend verehren
Wir Deinen Namen, Dein wollen wir sein!
Wollen Dir alle als Kinder gehören,
Und Dich mit dankender Liebe erfreu'n! –

(Kurze Pause.)

Großknecht (ruft): Musik, Muskanten! (Diese fangen sofort wieder an, den Ländler zu spielen und alle tanzen wieder, dazwischen juchzend. Als sie ein paar mal so juchzend herumgetanzt, erscheint plötzlich Lisbeth im Ausgang 2, mit raschen Schritten eilend eine große Schiebkarre vorwärts schiebend, oder einen kleinen Ziehwagen ziehend, worauf hoch aufgebauscht ihr Bettzeug liegt. Sie schiebt die Karre oder den Wagen mitten unter die Tanzenden. Alle hören auf zu tanzen. Die Musik schweigt.)

Mehrere Stimmen (verwundert) Wat is dat?! Wat is dat?! Lisbeth! dat is Lisbeth!

Fünfzehnte Szene.

Lisbeth. Die Vorigen. Nachher Peter.

Lisbeth (sehr erregt und fast laut schreiend) Ja, ick bün dat! Ick treck um! de Bur hett mi künnigt!

Verschiedene Stimmen. Wat? wat?

Andere. Künnigt?

Lisbeth (erregt und laut) Un hier sünd all min Habseligkeiten!

Einer aus der Menge (ruft, nach der Karre zeigend, wo ein Fuß sichtbar geworden ist): Dar kiekt wat rut! dar kiekt wat rut!

Lisbeth (in großer Erregung, wie vorhin) Jawul, dar kickt wat rut! Hier is dat! (Sie reißt die Decke ab, Peter springt empor. Pächter Voß fällt der Kranz aus der Hand.)

Verschiedene Stimmen (nacheinander) Peter?!? Peter?!?

Peter. Ja, ick treck ock mit um! –

Pächter Voß (stürzt auf Peter zu, reißt ihn bei der Hand nach vorn) Büst du dat? Warum hest du mi dat anda'n?

Peter (nach Lisbeth zeigend) Frag ehr dar! Se ward di't seggn!

Lisbeth (sehr erregt und laut) Ja, Pächter Voß, ick will Em dat seggn! Un will alle Lüd dat seggn, de hier herumstaht op sin Arn'beer. Wi hebbt dat da'n, wil He mi vundag ut sin Hus jagt hett, dat ick nu verlaten schall! wil He mi hett friegen wullt, (stummes Spiel der Umstehenden) wat ick ni wull! – wil ick den hier (auf Peter zeigend) heff, sin Söhn Peter, den ick ja so leev heff un ni laten kann! (Sie bedeckt das Gesicht mit beiden Händen und weint laut.)

Peter (zu seinem Vater, seine Hände erfassend) Vader, lat uns tohopen bliben, wi künnt ja dochen ni vunenanner laten!

Lisbeth. Wes' He uns dochen ni so hart! Wi hebbt uns ja so leev!

Voß. Swig still! und scheer di weg! – Min Inwilligung kriggst du nümmer! (Lisbeth weint wieder laut)

Nachbar Claßen (faßt sie an) Lisbeth, ween doch ni, min Kind! Min Husdöhr steiht di apen! Un wenn't knippt, heff ick ock noch Platz för Peter.

Frau Claßen. Ja, min Kind, kumm du man to uns!

Voß (erregt) Ja, dat heff ick mi wul dacht! Wat's dar denn ock an gelegen, dat se min Hus verlett. Lat ehr hengahn, wohin se will! Dat steiht ehr fri! Awers öwer min Peter, min Söhn, heff ick to seggn! Un de Daglöhnerdeern ut een vun de Katen gev ick em nümmer.

Peter. So?! Un dochen wullst du sülben dat Daglöhnerkind frigen! – Warum heff ick nich ock dat Recht darto, de all lang min Brut weer un min Vader mi nehmen wull!

Voß. Se hett keen Anrecht op di! Dat heff ick man alleen! Din Vader!

Lisbeth (erregt und laut) So? ick heff keen Anrecht op em?! – Als wi noch Kinner weern, harrn wi uns all leev! Un nu all sit en lange Tid is sin Hart min un min Hart sin! Awers ock noch en ganz anner Anrecht heff ick op em! un dat kann He man nümmer bestriden! –

Voß. So?! Dat möcht ick doch mal weten!

Lisbeth erregt. Denn will ick Em dat seggn! – – Sin Peter hört mi ganz alleen! – Dar hett He nix mehr öwer to befehl'n! – He hett mi em ja sülbn all schenkt! (Stummes Spiel der Umstehenden. Sie wendet sich an den Baron, schnell und erregt.) Ja, Herr Baron, als he mi vorhin sin Hus verbaden, wil he mi frigen wull, wat ick ni wull, – – un als ick dar ween un to em säd, dat he mi Unrecht de', un hart un grausam gegen mi weer, dar hett he mi seggt, he wull mi dat wisen, dat he ni hart un grausam gegen mi weer! – Un vellicht kunn ick mi ja ock noch besinn. – – Nu wull he mi ock noch wat schenken! Min Bett harr ick ja mitbröcht, – un de Kaar, wo ick dat wedder op wegbringen kunn, de wull he mi lehn'! Un wenn dar sunst noch wat weer, dat em hör' und dat ick wul geern hebbn möch, so wull he mi dat schenken, denn kunn ick dat mitnehmen to min Utstüer, so veel als dar op de Kaar gung! (Auf Peter zeigend.) Un hier is dat denn nu, wat ick mi mitnahmen. (Stummes Spiel der Umstehenden.)

Voß (erregt) So?! dat wüllt wi doch mal sehn! – – Gott bewahr uns! wat för'n Streich un Achterlist gegen mi! – Wakeen weer sick dat vermoden!? Awers vör't Gericht gah ick mit di! Dar wüllt se di wull wisen, wakeen als dar in't Recht is!

Lisbeth. Dat do' He man! – Seggt hett He dat! Un en Wort is en Wort, – ock wenn't vör Gericht geiht! Un dat He dat seggt hett, dat kann ick för Gott in'n Himmel beswörn! –

Voß. Un ick ock! – Un dat Swören, dat kümmt denn jawul dochen allem man mi to!

Heinrich (zu Peter), Peter, mein alter Spielkamerad, ich gratuliere und werde dir helfen! – – (Zum Baron.) Vater, hier mußt du einschreiten, in deinen Händen liegt die Gerichtsbarkeit des Gutes!

Baron. Aber er kann ja weiter gehen!

Voß (erregt) Ja, – un dat warr ick ock, Herr Baron!

Baron. Und er kann schwören!

Voß (wieder erregt) Ja, un dat warr ick ock do'n, Herr Baron!

Baron. Zum Meineid wollen wir es denn doch lieber nicht kommen lassen, denn darauf steht Zuchthaus! – Aber vielleicht gibt es auch noch ein anderes Mittel, daß diese zwei, die sich lieb, haben, ein glückliches Paar werden! (Er wendet sich an den Pächter Voß.) Haben Sie auch schon daran gedacht, Pächter Voß, daß zum Herbst die Pacht des Hofes zu Ende geht?

Voß (erschricktund stutzt sichtlich, sehr devot und schmeichelnd) Ja, ja gewiß, Herr Baron, dat heff ick! – – Gewiß heff ick daran dacht! – Un ick heff ock all daran dacht, bi den Herrn Baron mal vörtofragen, – – An de twintig Jahr heff ick den Hof ja nu all hatt, – un ick heff em ümmer gut in de Reeg holn, – un mi in all de Tid noch nich eenmal dat Geringste to Schulden kamen laten! – De Herr Baron ward mi den Hof doch ock wul dat neegste Mal wedder laten? – – – –

Baron. Nein, – (Pächter Voß fährt zurück.) Das werde ich nicht! – Ich habe mich eines anderen besonnen! – Diese beiden, (auf Peter und Lisbeth zeigend) die werden ihn bekommen!

Lisbeth und

Peter (zugleich, freudig.) Herr Baron!

Voß (gleich darauf verzweifelt und erschrocken, fast taumelnd und sich festhaltend) Herr Baron! – – O, Gott – – (mit passender Stimme) Denn mutt ick – – denn mutt ick – – vun min Hof! – vun min Hof! – un vun min Hus, wo ick nu all de twintig Jahr in wahnt heff! So hart ward de Herr Baron doch ni gegen mi wesen!

Baron. Ich mußte es ja, um Ihn vor dem Meineid und Zuchthaus zu schützen.

Voß (verzweifelt) Un dörch min eegen Kind vun min Hus un Herd verdreben!

Peter (zu Pächter Voß) Vader! Du schast bi uns bliben, un schast dat ock gut hebbn!

Lisbeth. Un ick will em alltid ock en leewe Dochder we'n!

Peter. Un en lüttje fründliche Afnahm wüllt wi als Olendeel för di bu'n, wenn de Herr Baron uns dat erlaubt.

Baron. Das soll mir recht sein!

Peter. Und dar schast du in wahnen un din Freud an din Kinner hebbn.

Baron. Und nun, Pächter Voß, laßt Eurem Peter und dem Mädchen, was ihnen vor Gott und von rechtswegen gehört.

Voß (gerührt und weich) Denn – – denn – – nehmt Ju sick man!

Peter

Lisbeth

  (zugleich)   

Min Lisbeth!

Min Peter!

(Umarmen sich.)

Trina (mit weinerlicher Stimme) Moder! Moder! Nu krig ick Peter ja garni! (Heult)

Frau Haas. Deern, nu ween dochen man ni!

Haas. Lat doch dat Jaueln na!

Heinrich. Swig man still, Trina, du schast Levi hebbn!

Levi. Au weih geschrien! Nun auch noch die faulen Witze des Herrn Schluckerdenten!

(Der Kutscher tritt durch Nr. 1 in Kutscheruniform mit den Reisemänteln der Herrschaften über dem Arm und der langen Peitsche in der Rechten.)

Peter. Un als den eersten wüllt wi unsen Herrn Baron leben laten! Unse Gutsherr, de Herr Baron schall leben! Hurra!

(Alle stimmen ein: Hurra! und die Musik macht zugleich Tusch dazu.)

Baron. Und das junge Brautpaar nicht minder! (Alle rufen Hurra, mit gleichzeitigem Orchestertusch, die Männer des Zuges und die Jungens schwenken die Hüte dabei.)

Baron. Und nun macht wieder Musik, Musikanten! und nun ihr anderen alle, freut euch und tanzt wieder und feiert fröhlich euer Erntebier!

(Die Musik spielt wieder den Ländler, alle tanzen wieder und juchzen abwechseln!) dazu, Peter hat seinen Arm um Lisbeth geschlungen und sie ihr Haupt an seine Brust gelehnt. Der Vorhang fällt.)


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