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Als ich im Jahre 1865 meine Novelle »die zwölf Apostel« nach Leipzig sandte, da geschah es mit bang zagendem Herzen. Bei dem Mißtrauen gegen mich selbst und der daraus entspringenden sehr natürlichen Besorgnis, ob das kleine Werk auch lebensfähig, und ich überhaupt die Berechtigung habe, schriftstellerisch aufzutreten, ferner neben der Erwägung, daß es das große, nur Auserwählten offenstehende Weltblatt »die Gartenlaube« sei, in welchem ich zu debütieren versuchte, machte sich auch noch eine andere Art von Furcht geltend. Es ist viel geschrieben worden über die Selbstsucht und Schroffheit deutscher Verleger im Verkehr mit ihren Autoren. Ohne ein eigenes begründetes Urteil darüber zu haben, stand ich doch auch einigermaßen unter dem Einflüsse dieser sehr verbreiteten Ansicht, als ich mit schüchternem Finger für mein Erstlingswerk bei Ihnen anklopfte. Seitdem sind nahezu fünf Jahre verflossen, und ich blicke auf jenen ersten unsicheren Schritt lächelnd zurück, lächelnd darüber, daß ich auch nur einen Augenblick jenem Bangen Raum geben konnte angesichts der Gartenlaube, die ihren Ursprung im edlen deutschen Wesen hat, die, von einem unbeugsamen kraftvollen Willen gehegt und gepflegt, ihre Wurzeln tief in das Herz des deutschen Volkes treibt und in ihren Blättern, Blüten, Früchten den Segen einer sittlich reinen, von verknöcherten Dogmen und Formen sich losringenden Weltanschauung ausströmt … Sie haben mich hinausgeführt auf den sengend heißen Boden der Oeffentlichkeit und Ihre starke Hand behütend und fördernd über mein redlich gemeintes Streben gehalten; Sie haben mit mir gejubelt, als meine Worte Widerhall fanden in den Herzen der treuen Gartenlaubenleser, und mich ermutigt und getröstet, wenn hier und da eine Hand plump aus mystischem Dunkel nach mir herübergriff und mein Wollen und Wirken zu verdächtigen suchte; Sie haben gemacht, daß das so oft gehörte Wort vom kärglichen Brot des deutschen Schriftstellers für mich nur die Bedeutung einer von fern herüberklingenden Mythe hat – ist es da nicht selbstverständlich, daß ich einmal wenigstens meiner Hochschätzung für Sie öffentlich Ausdruck geben möchte? …

Das vorliegende Buch baut sich auf über den Grundideen der Humanität, es versucht die Menschenliebe zu erwecken in Gemütern, die infolge angeborenen Hochmuts und falscher Erziehung völlig vergessen, daß sie einen himmlischen Schöpfer, ein Vaterland, ein Jenseits mit ihren Brüdern gemein haben, daß sie nur Glieder, mit nichten aber Störer und willkürlich Hemmende einer Kette sein sollen, deren Anfang und Ende in Gottes Hand liegen. Klopft nicht auch die Gartenlaube in dem Sinne an die Menschenherzen? Weht nicht aus ihr der weiche Odem der Menschenliebe, und zürnt sie nicht mit denen, die um ihres persönlichen Vorteils willen nach der Wiederkehr alter, verrotteter, menschenfeindlicher Institutionen ringen? Ich glaube Ihnen mein Dankgefühl nicht besser veranschaulichen zu können, als indem ich mir erlaube, Ihnen das in Ihrem Geist und Sinn geschriebene Buch zu widmen.

Arnstadt, im Januar 1870.
E. Marlitt.


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