Martin Luther
Predigten durch ein Jahr
Martin Luther

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Am 11. Sonntag nach Trinitatis

Lukas 18,9-14

Er sagte aber zur etlichen, die sich selbst vermaßen, daß sie fromm währen, und verachteten die anderen, ein solches Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner; ich faßte zweimal in der Woche, und gebe den Zehnten von allem, daß ich habe. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig. Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöhen wird, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.

Im heutigen Evangelium lehrt uns unser lieber Herr Christus, wie wir rechtschaffene Christen und demütig sollen sein. Denn durch diese Tugend allein kommt man zu Gnaden. Wo aber diese Tugend, nämlich Demut, nicht ist, da kann Gott keinen Gefallen haben noch gnädig sein. Wie wir hier an diesen zwei Personen sehen, am Pharisäer und Zöllner.

Die Pharisäer waren bei den Juden, gleichwie im Papsttum die Mönche, hatten sonderliche Kleidung, sonderliche Tage zum fasten und beten, und trieben der Heiligkeit soviel, daß die anderen Menschen sich dagegen wie Sünder vorkamen. Daher hatten sie auch den Namen, daß sie Pharisäer hießen. «Pharisäus» aber heißt in hebräischer Sprache so viel als ein Sonderling, der sich ausgesondert aus dem allgemeinen Volk und will etwas besonderes sein.

Dagegen waren die Zöllner eben wie bei uns die Amtleute sind, welche den Leuten nur dann schnell helfen wenn sie dafür extra Geld bekommen. Darum sie jedermann für Geizhälse und öffentliche Sünder hielt, die ein solches Amt hätten, darin sie geizten und den Leuten viel Plage anlegten. Darum war es nicht zu vermuten, daß einer unter ihnen fromm wäre; gleichwie sich nicht vermuten ließ, daß unter den Pharisäern ein Schalk wäre.

Aber unser lieber Herr Christus macht hier gar ein anderes Urteil, sagt: Der Zöllner sei fromm und gerecht; der Pharisäer aber sei ein Sünder, dazu ein sehr großer, schändlicher Sünder. Denn also zeigt er das Gleichnis an: «Es waren etliche, die sich vermaßen, daß sie fromm während, und verachteten die anderen.»

Das sind der zwei häßliche Untugenden der Pharisäer, daß sie nicht allein von sich selbst hoch hielten, welches Sünde genug wäre, denn Hoffart ist eine teuflisches Sünde: sondern verachteten auch die anderen. Da bedenke du, was soll einem solchen Heuchler helfen, wenn er sich gleich zu Tode betet und fastet, weil der Teufel ihm im Herzen sitzt mit einer solchen Hoffart, daß er sich selbst aufbläst und sagt: Wenn ich mich nicht selbst heilig machte, so müßte ich lang auf unseren Herrn Gott warten; aber da faßte ich soviel, der bete ich soviel, da tue ich dies, da daß, daß andere nicht tun: ich gebe meinen Zehnten treulich. Könnten die anderen den Priestern nichts denn Stroh und Stoppeln geben, sie täten es; aber ich bin nicht so, ich bin frömmer.

Also kommen die zwei greulichsten und Tugenden in dem Heiligen Mann zu Hauf, daß er so trefflich hoffärtig und vermessen ist, und andere so tief verachtet, und sagt: Sie sind nichts denn Räuber, Ungerechte und Ehebrecher; sonderlich aber malt er den Zöllner meisterlich aus. Der, spricht er, steht da, schindet und schabt jedermann, nimmt es, wo er kann. So ein böser Bube bin ich nicht, Gott Lob! Nicht: ich bin ein lebendiger Heiliger gegen den zu rechnen. Solcher Stolz und Hoffart ist auch vor der Welt ein sehr verdrießliches Laster, wie das gemeine Sprichwort sagt, da man sagt: Bist du etwas, so sei es; aber laß andere Leute auch etwas sein. Wie mag es denn vor unserem Herrn Gott sein? Dem muß es tausend und aber tausendmal mehr entgegen sein, wo man gegen ihn vermessen und hoffärtig sein will.

Das also dies Evangelium vornehmlich dahin geht, daß unser lieber Herr Christus uns vormalt, was da sei die rechte Gerechtigkeit, und wie man sie von der Heuchelgerechtigkeit unterscheiden und erkennen soll. Als sollte er sagen: Du sollst wohl einen Mann finden, der dahergeht als ein lebendiger Heiliger; er fastet, er gibt Almosen, er bricht die Ehe nicht, tut niemand Unrecht, geht gern zur Predigt. Wer kann dies alles anders deuten, denn daß er ein frommer Mann sei? Aber ich sage dir, willst du ihn recht erkennen, so muß du nicht auf solchen Schein sehen, welchen auch ein Schalk führen kann, sondern du mußt darauf sehen, was da heiße, vor Gott gerecht sein. Denn des äußerlichen Lebens halben ist dieser Pharisäer fromm, daß man wünschen sollte, so viel den äußerlichen Wandel belangt, es wäre alle Welt, wie er ist. Aber das ist noch nicht genug, und hüte dich ja daß du dich darauf nicht verläßt. Denn hier siehst du, wie unter solchem Heiligen Leben eine so großer Teufels Hoffart steckt. Um solcher Hoffart Willen konnte der Teufel nicht im Himmel bleiben; Adam und Eva konnten nicht im Paradies bleiben; wie sollte denn dieser in der Kirche bleiben?

Fasten ist recht, beten ist recht, Zehnten geben ist recht, die reine Ehe halten, nicht Rauben, niemand Unrecht tun, ist alles recht und gut. Aber der Pharisäer zieht es mit Hoffart an, daß lauter Teufelsdreck daraus wird. Denn so es in der Welt also geht, wer einem anderen darum Gutes tut, daß er ihn damit fangen und sich zur eigen machen will, der tut ihm mehr Schaden, denn Gutes. Wie das Sprichwort heißt: geschenktes Gut kommt am teuersten. Wie kann Gott einen Gefallen haben an der Heiligkeit, da man ihm mit pochen und wieder ihnen stolzieren will? Da wird aus der Heiligkeit eine zweifache Schalkheit.

Also tut der Heuchler hier auch: o Gott, spricht er, siehst du auch, daß du an mir einem frommen Mann hast? Die Welt ist doch nichts denn Räuber, Ungerechte und Ehebrecher; ich aber bin fromm. Er tue nun in solcher Hoffart, was er wolle, ja, wenn er auch Blut schwitzte und sich mit Feuer verbrennen ließe, so ist es vor Gott ein Greuel und die größte Sünde. Darum spricht Christus hier: Wenn ihr wollt fromm sein, so seid es recht, und hütet euch, daß ihr nicht hoffärtige Heilige seid. Denn ob ihr schon strauchelt, oder zuweilen gar in den Dreck fallet, so soll es mich nicht so verdrießen, als so ihr alle Heiligkeit hättet und wäret hoffärtig dabei.

Beschließt deswegen diese Lektion mit seinem, merklichen Spruch: «wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt, der sich aber selbst erniedrigt, der wird erhöht.» Auf das jedermann lerne demütig sein und niemanden verachtet. Denn das heißt Demut, daß ich von mir nichts, aber von anderen viel halte. Wer aber von sich selbst viel hält, und denkt, wie er gelehrt, schön, reich, fromm sei, d. h. Hoffart. Wie der Pharisäer tut, der sieht sein fasten, Zehnten geben und anderes an, hält deshalb viel und hoch von sich. Das will der Herr verboten haben. Dagegen sieht man an dem Zöllner keine Hoffart, sondern eine rechte Demut. Denn er rühmt nichts, und bittet nur darum, daß Gott ihm wolle gnädig sein. Das, spricht der Herr, lernet ihr auch, daß ihr sagt: Ich kann mich nichts rühmen; denn ob ich schon mich wollte rühmen, ich wäre gelehrt, reich, mächtig; so kann unser Herr Gott sagen: Lieber, woher hast du es? Hast du es von dir selbst? Nein. Woher denn? Ist es nicht mein Geschenk? Ja, Herr, dein ist es. Warum rühmst du dich denn? Sollte jemand sich rühmen, so sollte ich es tun, der ich dir alles gebe. Du sollst es nicht tun, sondern solltest sagen: Ob ich schon reich bin, so weiß ich doch, daß du mich in einer Stunde arm machen kannst; ob ich weise und gelehrt bin, so kannst du mich mit einem Wort zum Narren machen. Das hieße demütig sein und sich nicht selbst brüsten und andere verachten, darum daß du schöner, frömmer, reicher bist denn andere.

Das wäre wohl fein, wenn wir solcher Hoffart wider den Teufel brauchten, und sprächen: Ich habe Gottes Wort, daß weiß ich; habe damit so viel Gutes ausgerichtet, da den, dort einen anderen unterrichtet, getröstet, vermahnt; ich habe da, dort mit Almosen geholfen; daß weiß ich, daß es ein gutes Werk ist; und trotz Teufel, daß du es lästern solltest! Gegen den Teufel, sage ich, geht solches hin, daß man es rühme; denn wir haben es nicht von ihm. Aber wieder Gott, da wir alles von haben, soll man nicht rühmen, sondern sich demütigen.

Danach soll man den Nächsten auch nicht verachten, sondern also denken: Weil alle Gaben unseres Herrn Gottes eigen sind und von ihm allein kommen: ob ich gleich derselben mehr denn mein Nächster habe, so weiß ich doch, daß unser Herr Gott ein Urteil sprechen kann zwischen dir und meinem Nächsten, der kaum den Zehnten Teil meiner Gaben hat, und ihm gleich so günstig sein, als mir. Warum wollte ich denn etwas mich rühmen oder überheben? Fürchten sollte ich mich, wenn ich viel habe, daß ich desselben nicht mißbrauchen, und immerdar denken: Gott macht es nach seinem Gefallen; einem gibt er viel, dem anderen wenig. Aber wohl kann es kommen, daß er dem gnädiger sei, der wenig hat. Ursache: jener, der viel hat, muß desto mehr Rechenschaft geben; da er aber wenig hat, darf desto weniger Gefahr ausstehen.

Aber solche ist tut der Pharisäer hier nicht; er fährt auf das allergröbste heraus: Ich bin nicht wie andere Leute; bin auch nicht wie dieser Zöllner. Ich gebe den Zehnten; der Zöllner raubt allein. Ich betrüge niemand; so klagt er diese ganze Welt an. In der Summe; der Pharisäer denkt bei sich, er sei allein und habe alles; der Zöllner sei nichts und habe nichts. Aber, du Schalk, solltest du nicht sagen: Wahr ist es, ich gebe meinen Zehnten fleißig, ich faßte und tue, so viel ich kann; aber ich weiß darauf nicht zu bauen. Lieber Herr Gott, es ist deine Gabe und es steht wohl darauf, daß dir dieser Zöllner besser Gefallen, denn ich? So sollte er den Zöllner über sich gehoben, oder ja neben sich haben gehen lassen, und gesagt: Es ist daran nicht gelegen, ob mich viel oder wenig, sondern ob jemand einen gnädigen Gott habe. Was will ich denn trotzen und andere verachten, weil es alles an Gottes Barmherzigkeit liegt, und nicht an dem, was ein jeder für Gaben habe. Er aber tut es nicht, sondern trotzt auf seine Frömmigkeit, und eben, da er vor Gott steht und betet.

So will nun der Herr uns verbieten, daß wir unserer Frömmigkeit halben nicht sollen vermessen sein. Wiederum auch will er, daß niemand darum zweifeln soll, ob er schon in Sünde Gefallen und vom Teufel ist betört worden. Denn wir haben alle einen Gott, der seine Barmherzigkeit über uns, wie einen Mantel, ausbreitet, über Fromme und Sünder, über Gelehrte und Ungelehrte, über Reiche und Arme; denn er ist unser aller Gott. Darum sollen wir uns nicht überheben, sondern demütig sein: nicht dahin sehen, ob wir viel und andere wenig haben. Denn Gott kann dem gnädiger und holder sein, dem er wenig gegeben hat, denn der viel hat; ja, er kann wohl dich wieder nackend ausziehen, und einen, der nackend und bloß ist, schöner kleiden und mit trefflicheren Gaben zieren, denn dich. Warum wolltest du denn andere verachten und dich hervorheben?

In der Welt muß solche Ungleichheit der Personen, Stände und Gaben bleiben, daß einer mehr und höher, denn der andere, gehalten wird. Aber darum sind ihr vor unserem Herrn Gott nicht ungleich. Denn weil nichts denn Gnade bei ihm gilt, ist es unmöglich, daß jemand sich vor ihm rühmen und stolz sein könnte. Alle sollen sich demütigen, und wissen, obgleich wir unter einander ungleich sind, daß Gott darum nicht ungleich wird: er hat kein anderes Herz noch Auge auf den, der viel hat, denn auf dem, der wenig hat. Das also wir alle lernen sollen, uns an seine Gnade und Barmherzigkeit halten. Denn beide, Gerechte und Sünder, Reiche und Arme, Starke und Schwache, sind unseres Herrn Gottes. Was wir haben, daß haben wir alles von ihm; aber von uns selbst haben wir nichts als Sünde. Darum soll sich keiner über den anderen erheben, sondern sich demütigen und fürchten. Denn obgleich was Gutes da ist, so ist es doch alles unseres Herrn Gottes Gabe. Der soll davon rühmen, du nicht: sondern sollst desselben brauchen mit Danksagung und in der Furcht Gottes; denn er kann kein Stolzieren, kein Pochen noch trotzen Leiden.

Gleich aber wie niemand sich seiner Frömmigkeit oder anderer Gaben wegen überheben soll: also will Gott nicht, wenn du meinst, was für ein armer Sünder du bist, daß du nicht verzweifeln sollst, sondern daß du auf seine Güte trauen und dich sein trösten sollst, und sagen: Wohlan, habe ich nicht so viel als der oder jener, so habe ich doch eben denselben Gott, der will mir auch gnädig sein. Darum will ich zufrieden sein, hingehen, meines Standes und Amtes warten in dem Maß, den mir Gott beschert hat; will niemand verachten, mich über nichts überheben, will mich auch darum nicht bekümmern, daß andere mehr, denn ich, haben. Denn ich will zufrieden sein, daß ich eben den Gott habe, den sie haben; und daß Gott nicht darum ein ungleicher Gott ist, obschon wir Menschen unter einander ungleich sind. Das meint der Herr, da er dies Gleichnis beschließt, und spricht: Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt; aber wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht.» Als sollte er sagen: Wenn ich solche Heiligen finde, die mir es können heimgeben, je weniger dieselben von sich halten, je mehr will ich ihnen geben. Dagegen aber, der etwas hat und will darum hoffärtig und hoch gehalten sein, dem will ich eins nach dem anderen wieder nehmen, bis ich ihn endlich in Ungnaden in den Abgrund der Hölle stoße.

Wenn der Pharisäer nicht so hoffärtig gewesen, sondern in aller Demut Gott seine Gaben hätte heimgetragen, und gesagt: Herr, du hast mir viel Gnade getan, daß du mich vor dieser und anderen Sünden so gnädiglich behütet hast; solches ist deine Gabe, der freue ich mich, ich überhebe mich aber dessen nicht, verachte auch deswegen niemand; denn du kannst es wieder nehmen, wenn du willst. So hätte ihm Gott von Tag zu Tag der Gaben noch mehr gegeben und ihm nicht können feind sein. Weil er aber damit Hoffart treibt, und andere darüber richtet und verachtet, und spricht: Ich bin alles, der Zöllner ist nichts, da zieht ihn unser Herrn so rein aus, daß nichts mehr an ihm bleibt, daß noch zu loben wäre. Denn da steht unseres Herr Christi Urteil: «Der Zöllner ging gerechtfertigt hinab vor jenem.» Das ist, der Pharisäer ist ungerecht, verdammt und gehört in die Hölle zum Teufel. Was hat er nun von seinem Rühmen? Dagegen aber der Zöllner, der da spricht: «Gott, sei mir gnädig,» wird zum Heiligen in der Kirche, und hat einen gnädigen Gott, wie er betet.

Das will Christus uns alle lehren, daß wir sollen von Tag zu Tag erkennen, was wir sind und haben. Hast du Geld, gesunden Leid, Haus und Hof: brauche desselben, gönne dir es wohl, gebe es dir gern und will dir noch mehr geben, allein rühme dich nicht und verachte keinen lebendigen Menschen darum. Gedenke, wenn du einen siehst, der nicht hat, was du hast, daß er ebenso einen gnädigen Gott haben kann, als du. Darum verachte ihn nicht, lasse ihn eben dir gehen, so wird Gott gepriesen von beiden; da sonst die falschen Heiligen Gott schmähen, ob sie es gleich mit dem Munde und öffentlich nicht tun.

Darum wer bloß nach den Worten beurteilen wollte, der muß sagen, daß es nicht unrecht geredet ist, daß der Pharisäer hier sagt: Gott, ich danke dir. Denn solche Worte führen die rechten Heiligen in ihrem Gebet auch, aber mit einem anderen Herzen. Denn wo sie Gott für etwas danken, bekennen sie damit, es sei sein Werk und Gabe, sie haben es nicht von sich selbst. Aber das ist des Pharisäers Meinung nicht; sonst würde er gesagt haben: Das ich kein Ehebrecher, kein Räuber noch Ungerechter der bin, Herr, daß habe ich niemand denn dir zu danken. Meinetwegen, wo es außer deiner Gnade gewesen, würde ich eben haben hausgehalten, wie andere Leute. Denn wir sind alle gleich, einer darf sich nicht über den anderen rühmen. Aber so denkt dieser Pharisäer nicht, sondern er dreht es noch um, und spricht: «Ich danke dir, daß ich nicht bin, wie andere Leute.» Zieht also alle seine Tugend in sich selbst, als hätte er sie von sich selbst und nicht von Gott. Denn sonst würde er ihrer sagen: Du hast es gegeben. Das tut er nicht, stellt sich nicht anders, denn als sei er so reich und könne Gott geben; dankt also nicht Gott, sondern sich selbst, seiner Vernunft, seinem freien Willen und Kräften, daß er so viel habe tun können.

Nun ist es wahr: wem Gott etwas besonderes gibt, der soll es erkennen und hoch achten. Denn was sollte das sein, daß du leugnen wolltest, du wärest nichts gelehrter oder besser denn ein Esel, oder ein anderes Tier? Also wem Gott Geld und Gut beschert, der soll nicht so unvernünftig sein, daß er wollte sprechen: Ich bin ein armer Bettler und haben nichts. Wer etwas Gutes getan, armen Leuten geholfen und geraten hat, soll solches auch nicht versprechen, daß er wollte sagen: Ich habe nichts Gutes getan. Nein, so soll es nicht sein; Gottes Gaben soll man erkennen, rühmen und hoch halten. Aber neben dem soll man sich demütigen und sagen: Mein Gott, es ist dein und nicht mein; du hast es gegeben, sonst müßte ich es wohl als andere sein, ich danke dir dafür. Das wäre recht getan, wo wir also uns demütigen. Aber unseres Herrn Gottes Güte soll man nicht klein noch gering achten, sondern erkennen und Achten; und doch nicht dabei stolz sein, noch andere verachten, sondern, wie nun oft gemeldet, sagen: Lieber Gott, es ist deine Gabe, die du mir gegeben hast; so ein anderer dies nicht hat, daß schadet nicht: denn er hat doch ebenso einen gnädigen Gott, als ich: warum wollte ich ihn denn verachten?

Solche Demut will der Herr uns im heutigen Evangelium lehren und vor Hoffart und Stolz uns warnen. Denn es ist beschlossen: Wer sich selbst erhöht, der soll wieder herunter geworfen werden. Gott hat es seinem eigenen Volk nicht geschenkt, sondern hat es um der Hoffart willen zerstört. Andere große Königreiche sind auch solcher Sünde wegen zerstört worden. Luzifer mußte darum aus dem Himmel, Adam und Eva aus dem Paradies.

Darum so lerne, daß du sagst: Herr was habe ich, das ist dein, du hast mir es gegeben, kannst mir es auch wieder nehmen. So wird die Hoffart draußen bleiben. Denn wer wollte auf so etwas Ungewisses pochen? Wer aber solches nicht tun und sich dafür halten will, als habe er es alles von sich selbst, der findet hier sein Urteil, daß Gott ihn so rein will ausziehen, daß er nichts behalten, und noch dazu ungerecht und des Teufels soll sein. Gott gebe seine Gnade, daß wir solche Lehre merken und uns danach halten, Amen

 


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