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Verteidigung des Herrn W. gegen die Wolken

(Auszug)

Mit alledem bin ich weit säuberlicher mit Herrn W. gefahren, als er mit mir, ich habe ihn nicht an dem Flecken anzutasten gesucht, wo es ihm am wehesten tun mußte, wie er wohl gegen mich, und das mit aller möglichen Feinheit, die Genie und Witz ihm nur an die Hand geben konnten, obwohl dennoch vergeblich versucht hat. Er sah, daß ich mich durchaus in Shakespears Manier und die Komposition, die aufs Große geht, und sich auf Zeit und Ort nicht einschränken kann, hineinstudiert hatte, was tat er? er suchte diese Manier als kunstlos und ungebunden verdächtig zu machen, in dem Augenblick, da sie ohnedem durch unsere eingealterten Theaterverträge überall Widerspruch genug finden mußte. Wie, wenn ich nun das Blatt umgekehrt, und nicht mit der Miene eines rüstigen Knaben, sondern eines alten, erfahrnen, untrüglichen Kunstrichters seine Oper durchzugehen angefangen, sie in den letzten Akten langweilig, die Entwickelung nicht übereilt, aber zu schwach vorbereitet, zu kalt ausgeführt gescholten hätte? – Shakespears Manier ist nicht ungebunden, mein ehrwürdiger Herr Danischmende, sie ist gebundener als die neuere, für einen, der seine Phantasei nicht will gaukeln lassen, sondern fassen, darstellen, lebendig machen, wie er tat. Die dramatische Behandlung eines großen Gegenstandes ist nicht so leicht, als Sie es wollen glauben machen; und eben der Mangel der sonst bequemen Stützen der Täuschung, der Zeit und des Orts macht die Schwürigkeiten größer, und sollte alle die, so in der Kunst des würklich üblichen Theaters nicht alle Schritte durchgemacht, von einem Unternehmen von der Art zurückschröcken . Durchaus nicht Unbekanntschaft mit dem wirklichen Theater und dessen Erfordernissen, sondern Überdruß allein kann einen Schritt zu der höheren Gattung rechtfertigen. Theater bleibt immer Theater, und Vorstellungs- und Fassungsart dieselben, so wie dieselben Regeln der Perspektive für ein Kaminstück und für ein Altarblatt gelten, nur daß jeder Gegenstand auch eine andere Behandlungsart erfodert. Die Hauptsache wird immer die Wahrheit und der Ausdruck des Gemäldes bleiben, von der ein Mensch allein nie urteilen kann, besonders wenn ihm Leidenschaften die Augen verdunkeln.


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