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Glück und Segen

Auf ihrer Wanderschaft durch die Welt kommen der Herrgott und der Petrus auch in unseren Böhmerwald.

Weil sie hungert, klopfen sie in einem Dorfe beim ersten Häuselweib an und bitten um ein Tröpflein Suppe; für ein jedes Fettauge drin bekäme sie einen Groschen.

Die Arme hat im ganzen Hause nur ein Scherzel Brot und ein Bröckerl Schmalz; davon kocht sie den Fremden eine Suppe. Auf ihr aber schwimmen tausend und abertausend Fettäuglein, und das Häuselweib wird steinreich.

Wie das eine Bäuerin hört, ruft sie gleich die zwei Gesellen auf ihren Hof und bereitet ihnen, als ob sie für eine Hochzeit aufkochen müsste, eine dicke Brühe; zuletzt tut sie noch ein Trumm Schmalz hinein. Es wird aber nur ein einziges großes Fettauge. Und der Herrgott und der Petrus geben der reichen Bäuerin auch nur einen Groschen.

*

 

Was es alles gibt auf der Welt

Der Lehrer ruft in der Schule den Gais-Franzei auf.

Der halbwüchsige Schulbub bleibt aber sitzen, als ob ihn die Sache nichts anginge.

»Heißt denn du nicht Franz Gais?« fragt der Lehrer.

»Naa«, drauf unser Schulbub, »ih schreib mih hiazt Linsmeier, mir hab'n g'heirat't!«

*

 

Die Welt – ein Dorf

Mein Freund Pius aus dem allerhintersten Wald hat sich einmal in die Pragerstadt aufgemacht, weil ihm die Hin- und Herschreiberei in einer Sache zu dumm geworden ist.

Wie ich gerade – ich war damals auf der Hohen Schule – am Franz-Josef-Bahnhof vorübergehe, kommt der alte Holzhauer auch schon auf mich zugesprungen und ruft mir laut zu:

»Ih han dir Post toan wöll'n, daass ih kimm', – hernach is mir ei'g'fall'n, was wirst wieder lang schreib'n, triffst'n ja eh i da Pragerstadt drin!«

*

 

Ins Amerika

Der Seppel macht mit seiner schwarz-gelben Postkutsche auf der Rückseite von der Stadt Wallern kurze Rast.

Im Wagen sitzt eine gichtbrüchige Pfarrerköchin; neben ihr und auf dem Bock zwängen und drängen sich Studentlein zusammen, die in die Osterferien heimreisen.

Vor der Abfahrt kommt noch ein verweintes, vielleicht sechzehnjähriges Dirnlein mit einem großmächtigen Bündel in der Hand daher gelaufen und will mitfahren.

Alles hilft dem Mädel und seinem Bündel in den Wagen.

Schon geht es weiter hinein in den Wald, immer näher heimzu. Hinter den letzten Häusern haut der Seppel zu mit der Geißel und ruft:

»Singts, Buama, singts!«

Und die Studentlein heben an, mit Leib und Seele das neu aufgekommene Lied zu singen, das allen ans Herz greift:

»Tief drin im Böhmerwald,
da ist mein Heimatort…«

Wie es gegen die Stögerhütte zu bergauf geht, müssen alle Fahrgäste – bis auf die Pfarrerköchin – aussteigen, weil der alte Schimmel die Kutsche nicht mehr zieht.

Jetzt hebt erst recht ein lustiges Treiben an auf der Landstraße.

Nur das Dirnlein bleibt hinten, weint bitterlich und schaut ein ums andere Mal zurück auf die Hügel und die Berge über dem Städtlein.

Der Seppel will sie aufheitern, weil er kein trauriges Leut sehen kann.

»Mei –, Dirnei, du wuinst ja, –, als wia wanns d' ins Amerika roas'n müasst?!«

»Ih – roas' – aah – ins Amerika!« schluchzt die kleine Auswanderin, die unsere liebe Heimat auf immer verlassen muss.

»Jaa hat jo –, Dirnei«, drauf der Menschenkenner, der alte Post-Seppel vom Kuschwarda, »nacher –, nacher wuin' nur zua! Dirnei, wuin' nur zua!«

*

 

Die Brautlehre

Ein Pfarrer fragt einmal junge Bauernleute bei der Brautlehre, ob sie sich auch gut vorbereitet hätten auf den Ehestand.

Zuerst schauen sie den Pfarrer groß und klein an, und dann hebt der Bräutigam an und redet:

»An Oux'n hab'n mir töt't, drei Kaiw'l und etla Säu und Lämmer g'schlacht't, schier an ganz'n G'flüg'l is scha da Hals umdraaht und Krapfa und Striez'l san bacha, daass sih d' Tisch buig'n und's Bier und da Wein wird und aah nit ausgeh'n –; dächt' scha, daass mir uns guat verbereit't hab'n?!«

*

 

Die alte Hochzeiterin

Eine verhutzelte Ausgedingerin will auf die Letzt noch heiraten; ihre Kinder gehen zum Pfarrer, dass er ihr's ausrede.

Der Pfarrer legt also der Alten drei Nüsse vor: »Die beißet auf, nachher könnt Ihr heiraten!«

Das Weib nimmt eine Nuss in den Mund und müht sich eine Ewigkeit ab.

»Es ist fürnichtig!« redet der Pfarrer.

»Naa, naa, naa«, widerspricht die Heiratslustige, »wann ih dö aafbiss'n han, hernach han ih nur mehr zwo!«

*

 

Die Gedenktafel

Zwei Leutlein aus den hinteren Schneehäusern, ein Waldbauer und die Seinige, sind in die Plan herunter gestiegen, wo heute der Margarethen-Markt abgehalten wird.

Da schlendern sie schon etliche Stunden in dem Jahrmarktstrubel auf dem Platz und in den anschließenden Gässlein herum: er mit zwei Hüten auf dem Kopfe, den neuen über dem alten, und um den halt und die eine Achsel eine schwere Ochsenkette, daraus allerhand Markteinkäufe für Haus und Stall hervorlugen.

Alle Augenblicke fragt sie ihren Alten, neugierig, wie die Weiber schon sind, besonders wenn sie einmal in der Zeit aus dem bretterverschlagenen und fuchsverlorenen Wald herauskommen.

Der Mann, der am allerliebsten schon beim Bier hocken täte, gibt ihr immer zur Antwort, was ihm grad in den Sinn kommt.

Vor dem Hause am »Anschpan«, in dem der größte Planer zur Welt gekommen, bleibt sie stehen.

Die dankbaren Marktbürger haben hier nämlich eine weiße Marmortafel anbringen lassen, auf der – von gründendem Blattwerk umrankt – in goldenen Buchstaben zu lesen ist:

 

Adalbert Stifters
Geburtshaus

 

Die Waldbäuerin möchte nun von dem Ihrigen auch noch wissen, was diese schöne Tafel für eine Bedeutung habe:

»Alter –, hiazt, was is denn da i den Häusl?«

Unser lieber Waldbauer mit seinen Gedanken schon ganz beim Grünweber-Wirt, schaut auf die Tafel kaum hin und brummt sein Alte an:

»Gih denest scha an Fried, Wei –; sie wird halt – a Hebammin drin san in Quartier!«

*

 

Die Weiber halt

Da hockt ein Häuselmann von der Früh bis auf die Nacht im Wirtshause und lebt mit seinem Weibe in Zank und Unfrieden.

Einmal bringt ein Spaßvogel dem Weibe heim, ihr Mann wäre im Wirtshause tot umgefallen und täte keinen Schnaufer mehr.

Auf der Stelle nimmt das Weib eine Scheibtruhe, fährt zum Wirt und jammert den ganzen Weg laut:

»Nur oa' Wörtei wann ih mit mein Mann noh red'n künnt, halt nur a oanzigs Wörtei!«

Im Wirtshause ladet sie den Besoffenen auf und führt ihn heim.

Unterwegs reißt der Saufbruder ganz plötzlich das Maul auf und kommt langsam wiederum zusammen.

Da bleibt das Weib mit der Scheibtruhe alsogleich stehen und schreit:

»Jessmario, hiazt lebt a noh!«

*

 

Wie viel Herrgott gibt es?

Eine Wittib, die in ihren alten Tagen noch das Ehefieber packt, wird bei der Brautlehre vom Pfarrer ausgefragt, ob sie auch noch wüsste, wie viel Herrgott es gäbe.

»Nu – mir hab'n ihrer drei«, antwortet das heiratslustige Weibsbild, »oan hölzern'–, hernach oan eisern' – und hernach noh oan ünter an Glassturz!«

*

 

Menschenkenntnis

Ich kenne bei uns einen Pfarrer, der betet alle Male auf der Wallfahrt zuletzt die folgende kluge Fürbitte:

»Jetzund wöllen mir a Vaterunser aufopfern für alle, dö gern mitganga waar'n –, und für alle, dö net mitgeh'n künnt hab'n –, und für alle, dö was nit mitgeh'n – g'mögt hab'n!«

*

 

Ein Gusseiserner

Der alte Holzapfelmüller, ein hoher Siebziger, aber noch ein fester Mann, liegt krank im Austragshäusel.

Sein Magen will auf einmal nimmer mittun.

Der Arzt aus der Stadt schüttelt bedenklich den Kopf:

»Ja, Hilz, wenn Ihr jünger wäret, dann könnten wir eine Operation wagen.«

»Ih bin a Gusseiserner«, gibt ihm der Alte zur Antwort, der auf die Freuden dieser Welt noch nicht verzichten will, »ih moan', daass ih dös bissei Schneid'n scha noh aushalt'n wiar'!«

Nach langem Hin und Her ist der Arzt einverstanden:

»Auf mein Gewissen, Hilz, nehme ich aber Euer Leben nicht!«

*

 

Im Krankenhaus liegt der alte Müller auf dem Tisch; alles ist vorbereitet, und gleich soll der Einschnitt auf Leben und Tod beginnen.

Das faltet auf einmal der Kranke voll kindlichem Vertrauen die Hände und fängt an zu flehen:

»Liawer Herr Dokter –, ich bitt' Enk tausendmal –, lassts mir a kloans Plaatzei in Mag'n –, grad nur für fünf Halbe Bier –, grad nur für fünfe!«

*

 

Einige Wochen nach dem gelungenen Heilschnitt geht der Arzt beim »Goldenen Lamm« vorbei, wo gelegentlich ihrer Geschäfte in der Stadt die Waldbauern einzukehren pflegen.

Im selben Augenblick kommt der alte Müller aus dem Wirtshause heraus: den Filzhut etwas schief auf dem Kopfe, eine glimmende »Lange« im Mund und ein wenig –, aber nur ein klein wenig –, schwankend, sonst ganz der Alte.

Der Arzt erkundigt sich:

»Nun, wie geht's, Hilz?«

»Dank der Nachfrag«, antwortet unser gusseiserner Waldler von der Holzapfelmühle, »hiazt –, hiazt geht's mir scha wieder guat –, grad han i mir braav funfzehn Halbe Bier drin vergunnt!«

*

 

Du kannst es nie recht tun!

Ein Holzhauer, ein rechtes Geschreimaul, johlt auf dem Heimwege vom Bier, dass die Hunde im ganzen Dorfe rebellisch werden:

»Alle Mensch'n müass'n sterb'n – und da gnä' Herr aah!«

Da packen sie den Holzschlegel und bringen ihn ins Försterhaus zu dem gnädigen Herrn, und da bekommt er fünfundzwanzig.

Wie er wieder frei ist, schreit er noch einmal so laut in die Nacht hinaus:

»Alle Mensch'n müass'n sterb'n – grad unser gnä' Herr nicht!«

Da wird der Holzhauer abermals dingfest gemacht und bekommt von neuem fünfundzwanzig von der Obrigkeit aufgemessen.

*

 

Von einem, der weiß, was sich gehört

Wer die Glasmacher kennt, weiß, was die leiden müssen bei der Arbeit und – beim Bier!

Da kriecht also ein solcher Glasmacher in später Nacht mit einem Heufuderrausch zu seiner Glasmacherin ins Bett, und weil er – wie alle Glasmacher – halt nicht unhöflich sein will, voraus zu einem Frauenzimmer, fängt er noch an, ihr was zu sagen, bringt aber nur noch hervor:

»Guate –!«

Schon reißt es ihn herum, und er hebt an zu schnarchen und schnarcht in einem fort.

»– Nacht!« sagt hernach der Glasmacher zu seiner Ehegattin in der Frühe, wie er wieder gesund und munter aufkommt.

*

 

Drei Ochsenhändler hören einer Predigt zu

Am Dreikönigstage, da es draußen arg stürmt und schneit, treten drei Ochsenhändler auf dem Heimwege in eine Kirche hinein.

Der Pfarrer ruft gerade von der Kanzel herunter mit lauter Stimme:

»Von wannen kommet ihre daher, ihr drei Weisen?«

Wie die drei Viehhändler diese Worte hören, da stoßen sie einander in die Rippen:

»Red' du!«

»Sag' halt du was!«

»Red denest du!«

Endlich nimmt sich der Schneidigste ein Herz und ruft dem Pfarrer kräftig zu:

»Im Böhm' drin san mir gwest, am Viachmarkt!«

*

 

Hans Schreiber

Der echte und rechte Böhmerwäldler Hans Schreiber, in der ganzen Welt bekannt als Moorforscher, ist auch einer unser ersten Volksbildner gewesen.

In Bauernversammlungen hat er gerne also begonnen:

»Ess'n künnts, trinka künnts, raucha künnts, aber – dös bitt' ih mir aus – zan Krawallmacha bin ih da!«

*

 

Ein Vaterunser für die Gänse

Ein Betvater, der alle Male die ganze Welt in sein Gebet einschließt und zu keinem Ende kommt, betet einmal:

»Lasset uns ein Vaterunser aufopfern für dö, was aaf'n Wasser san!«

»Dös san jo d' Gäns'«, ruft einer dazwischen, dem die Beterei schon zu lange dauert, »für dö tuat ma jo nit bet'n!«

*

 

Die Einschreibung

Der Wirt von den Waldhäusern will einen Buben in die Bürgerschule einschreiben lassen. In aller Frühe stapft er am Sonntag drei gute Stunden in die Stadt hinein. Hier sucht er, wie es die Waldleute in der Gewohnheit haben, den Leiter der Schule in seiner Wohnung auf.

Der Lehrer, der noch in den Federn liegt, bestellt ihn gegen Mittag in die Schule. Also geht der Wirt gradaus in den »Weißen Hirschen«. Da kommt er bald ins Reden und ins Trinken und endlich ins Handeln und bleibt den ganzen Tag hocken, und wie es stockfinstere Nacht ist, wandert er dann heimzu in die Waldhäuser.

Am nächsten Sonntag macht er sich wieder zeitig auf den Weg in die Stadt. Weil er aber denkt, der Lehrer könnte noch im Bette liegen, so wendet er sich gleich bierwärts. Und es geht ihm im »Weißen Hirschen« gerade so wie vor acht Tagen. Wie es aber schon langsam dunkel wird, denkt er diesmal doch an die Einschreibung und sucht abermals den Schulleiter auf.

»Warum seid Ihr denn nicht früher gekommen?« wundert sich der Lehrer über den späten Besuch.

»Mei, ih han mih halt ban Bier a wengei aafg'halt'n.«

»Wo habt ihr denn die Papiere des Buben?«

»Jaa – aa – aa?«

»Die Papiere müssen wir haben.«

»Tuifl –, Tuifl –, aaf dö Dugamenter han ih mein Seel vergess'n.«

»Also kommt halt am nächsten Sonntag mit den Papieren.«

»Mei –, dös geht nit, da hab' mir an Kirta, da muass ih dahoamt bleib'n; mei –, dös is ganz und gar unmügla.«

Im rechten Augenblick fällt ihm jetzt das Bauernsprüchlein »Wer schmiert, der fährt«, ein. Er dreht den Hut an der Brust herum, dreht den Hut noch einmal herum, und beim dritten Umdrehen sagt er es endlich heraus:

»Mir hätt'n dahoamt Haahnersa!«

»Die lasset Euch zum Kirta backen!« antwortet der Schulleiter und lässt ihn stehen.

Der Wirt muss also zum zweiten Mal unverrichteter Dinge heimwärts trappeln.

Am dritten Sonntag ist er in der Stadt wirklich nirgends zu erblicken.

Wie aber wieder eine Woche um ist, denkt der Schulleiter bei sich:

»Das Beste wird sein, du suchst den Waldhäusler im Wirtshause auf!«

Richtig trifft er ihn im »Weißen Hirschen« um die Mittagszeit beim Bier mitsamt den Papieren unter der Menge durstiger Waldbauern. Alles schiebt gleich die Maßkrüge etwas zur Seite; die Papiere werden ausgebreitet, und auf dem Biertisch schreibt der Schulleiter endlich den Buben in die Bürgerschule ein.

Und wiederum wird es finster, bis sich unser Waldler auf die Beine macht. Unterwegs nimmt er noch etliche Wirtshäuser. Endlich daheim angekommen, setzt er sich nieder und redet:

»Mei'ts –, dös braucht enk a Müah und a Plag und a Rennerei, wann ma an Buam i d' Studi geb'n will. – Lassts enk nua mit dö Herrn-Schullehrern ein: vier Sunnta –, viere –, hat sa sih hinzog'n –, dö saudamisch Einschreiberei!«

*

 

Wallfahrergeschichtlein

Einmal kommen böhmerwäldischer Wallfahrer unterwegs zu einem Wässerlein; da führt ein alter Steg hinüber.

Der Betvater tritt langsam auf das Brett und schreit, wie er es gewöhnt ist, mit heller Stimme:

»Leutln, paassts aaf, da Steg bricht o-o!«

Singend antwortet ihm die Kreuzschar von hinten:

»Hilf uns, hilf uns, Mario-o!«

*

 

Beim Hergöttleinkrämer

Eine Ahndl kommt auf der Kreuzfahrt an dem Gnadenorte zu einem Krämerstande. Allda liegen Herrgöttlein, gekreutigte und auferstandene, und Heilige, glorreiche und schmerzensreiche, in Menge auf einem Brette.

Das Weiblein sucht sich lange einen Herrgott aus.

»Was kost't denn dös liawe süaße, rotguldene Herrgottei?« fragt sie, so süß sie kann, und hält einen dem Krämer hin.

Der Mann begehrt einen Gulden

»Jessas, an Guld'n«, schreit die Altbäuerin auf und keift, »an Guld'n für so a kloanwinzig's zaundürr's schiach's Tuifei?!«

Und kehrt auch auf der Stelle dem Herrgöttleinkramer den Buckel zu.

*

 

Das Halleluja auf der Wiese

Ein Pfarrer hilft seinen Leuten beim Heugen.

Wie sie mit der Heugerei fertig sind und die letzte Fuhre heimfahren, da steigt unser geistlicher Heuger auf einen großen Steinhaufen – solche sind auf den Wiesen des Böhmerwaldes genug – und singt laut und macht seinem Herzen also Luft:

»Halleluja! Halleluja! Abg'heugt!«

*

 

Der Jäger glaubt der Predigt nicht

Ein Pfarrer predigt von der Kanzel herab und spricht:

»In meinem Hause sind viele Wohnungen!«

Da sagt in der Kirche ganz hinter in Jägersmann zu seinem Hunde:

»Geh', Bürschei, geh'n mir, der luigt; im Pfarrhof, wann d 's Brot in Ofa einischuibn, hernach stehn ihna d' Ofagaw'l zan Haus aussa!«

*

 

Der grobe Wallfahrer

Einmal geht ein Dorf kirchfahrten mit Kreuz und Fahnen, und die Jungfrauen nehmen die Muttergottes von daheim mit und tragen sie auf einem Gestelle in der Mitte der Kreuzschar.

Plötzlich aber fällt auf freiem Felde ein Regen ein; die Männer spannen die Regendächer auf, und die Weiber ziehen die Röcke über den Kopf.

Da schreit ein junger Bursche von hinten (er hat es vielleicht nicht so grob gemeint!):

»Gebts a Tuach um d' heilige Maria, sünst bringan mir a Drecksau hoam!«

*

 

Die durstigen Schulmeister

Beim oberen Wirt wird Abschied gefeiert.

Den Ehrenplatz des blumengeschmückten Tisches nimmt die alte Stricklehrerin ein, die ganze Geschlechter von Bauerndirnlein weit und breit herum in den Handarbeiten unterrichtet hat. Nun wird sie, in den wohlverdienten Ruhestand versetzt, in die Stadt übersiedeln.

Um das Strickfräulein herum sitzen im Kreis der Michelhüttler Oberlehrer, der von Haselberg, der Gaisrucker Schulleiter, das Strickfräulein von der Haberrut, etliche Junglehrer und Junglehrerinnen, der Heinrichsbrunner Oberlehrer, der Wolfsgruber und der Schulleiter von Elend.

Vor sich haben sie ein Seidel Bier, einen Wein, ein Himbeerwasser, einen Säuerling oder gar – eine Milch!

Jetzt steht der Gaisrucker auf, schlägt an sein Gläslein und fängt an:

»Liebe Amtsschwestern und Amtsbrüder!«

Abseits von der Gesellschaft, in einer Ecke der großen Gaststube, sitzt unser Wirt, das »Prager Abendblatt« in der Hand; er hat ja nicht viel zu tun, weil niemand ein Bier trinkt, und so kommt er alleweil mehr ins Nachdenken hinein:

»Ja, dö Zeit'n ändern sih halt –! Früahrer, wann dö Schulmoaster z'sammkemma san, da hast umerspringa müassn –! Gleih a paar Eimer Bier san laar wor'n –! Aber heuntz'tag sitz'n s' a etla Stund'n ba oan Glaasei –! Ja, dö alt'n Schulmoaster, dö wann aus'n Grab aaffstaand'n –! Dö hab'n was vatrog'n –! Da Meisetschläger –! Da Durschtmüller –! Da Rosenauer –! Da Oberhofner –! Da Bieringer –! Da Kreuzberger –! Da Bettlmacher –! Und erscht da Wurzerer –! Gott lass' s' seli' ruah'n – Da is a G'schäft herganga –! Das hast a Bier umg'setzt –! Wia da Wurzerer an Abschied g'feiert hat –, da hat d' Wirtin g'wuint! – An Briaf hat's aaf Prag eing'schrieb'n, dass s' ihr 'n noh lass'n, sünst is 's ganze G'schäft ruiniert!« –

Also sinnt der Wirt, bis die Gäste lärmend mit den Gläslein Bier, Wein, Säuerling, Himbeerwasser und – Milch auf das Wohl des scheidenden Strickfräuleins zusammenstoßen und ausrufen:

»Hoch! – Hoch! – Hoch!«

In dem nämlichen Augenblick reißt ein Fuhrmann die Tür auf und, den Geißelstecken vor sich haltend, schreit er:

»G'schwind, Wirt, g'schwind, toats mir a Maß Bier ei'schenka, i han an Durscht wia a…«, da sieht er die Lehrer-Gesellschaft, aber schon ist es heraus – »wia a Schulmoaster!«

*

 

Das Herrgöttleinnest

Ein Herrgottschnitzerweib schläft einmal bei einem Waldbauern auf dem Heuboden über Nacht und vergisst beim Fortgehen ihre Herrgöttlein im Heu.

Wie die Bäuerin auf die Herrgöttlein kommt, ruft sie das ganze Häusel zusammen und schreit ein ums andere Mal:

»U – au – ei, u – au – ei, da ist jetzt a Herrgotteinest!«

»Schau' aaf, Bäuerin«, ruft ihr der Waldbauer auf den Heuboden hinauf zu, »schau' aaf, daass mir den Alt'n dawisch'n!«

*

 

Das Leiden-Christi-Spiel

Zur Fastenzeit an einem Sonntagnachmittag spielen sie in einem Waldbauerndorf das »Leiden Christi«.

Wir Männer gehen ab und zu aus dem Saal in die Wirtsstube hinunter und löschen unseren Durst.

Weil wir auch beim Bier das Spiel nicht aus dem Auge lassen, frage ich einmal ein Bürscherl, das sich auch eine Halbe einschenken lässt:

»Wia weit san s' denn drob'n?«

»Hiazt san s' grad ban Abspiazen!« sagt der zukünftige Bauer; im Saal ist nämlich Christus gerade von den Juden – wohl mit Fleiß – abgespuckt worden.

*

 

Gespräch bei einem Begräbnis

Da wird ein alter und guter Bekannter zum Freithofe begleitet, und hinter der Freundschaft gehen seine Bierbrüder und Kartenfreunde, einer älter und bresthafter als der andere.

Einem Manndl nun kommt von ungefähr (mit Verlaub!) einer aus; ein anderer Leichgänger stößt ihn, dass sich das jetzt denest nicht schicken täte.

»Jo –, jo –, jo«, redet das alte Manndl, ein Gehörloser, vor sich hin, »so gengens halt dahin –, oaner – nach'n – andern!«

*

 

Die Bestimmung

Der Herrgott und der Petrus arbeiten einmal bei einem Waldbauern.

Weil sie nun die harte Bauernarbeit nicht gewohnt sind, wollen sie in der Frühe nicht aufstehen.

Da kommt er Bauer mit dem Dreschflegel und weckt den Petrus, der vorne im Heu liegt, auf.

Abends sagt der Petrus zum Herrgott:

»Heunt legst dih du vüri, Herrgott!«

Ist recht und gut.

Am Morgen denkt sich der Waldbauer: »Heunt kimmt der hint'n dran!« und weckt wiederum den Petrus mit dem Dreschflegel auf!

*

 

Der Kranz

Tag für Tag kommt der Boten-Michel zu uns in den tiefen Wald.

Er hat außeramtlich nicht viel für die Dinge um sich herum übrig, soweit sie nicht sein leibliches Wohl angehen; es fragt ihn daher auch selten jemand um Neuigkeiten.

Heute aber erkundigen wir uns ausnahmsweise nach dem Befinden der befreundeten – schwerkranken – Frau Amtsrichter im Marktflecken.

»Dö is heunt –, hoaßts –, i da Nacht – dahinganga.«

Die Nachricht ergreift uns natürlich.

Während sich der Michel stärkt, lassen wir nun schnell aus Tannenzweigen und Waldblumen einen Kranz binden; den soll er nebst einigen Zeilen einstweilen im Trauerhause abgeben.

Er hebt den fertigen Kranz auch sogleich über den Kopf auf die rechte Achsel, setzt die Kappe, darein er der Vergesslichkeit halber den Brief gelegt, auf und trabt, aus seiner Pfeife paffend, weiter seine Wege durch Einschichten und Walddörfer.

*

 

Am andern Tag fällt es ihm beim Speck und Brot plötzlich ein:

»Sie lebt fein noh –, hab'ns ban Bier dazählt –, d' Amtsrichterin –, in Markt drin.«

Die Dienstboten rufen uns sofort zum Boten-Michel; er wiederholt auch uns seine Neuigkeit, und wir fragen beunruhigt:

»Michel, was habt Ihr denn mit dem Kranz gemacht? Ihr werdet ihn doch nicht –?«

»Den han ih – an Herr-Amtsrichter durtlass'n – den Kranz –, weils nimmer aafkimmt –, tuats in Markt hoaßn'n –, d' Amtsrichterin.«

Wir sind über diese Worte sehr bestürzt und machen unserem Boten wegen der Herzlosigkeit seines Handelns jetzt viele Vorstellungen.

Der lässt sich nicht im Geringsten beim Essen irre machen.

Wie er aber fertig ist, fängt er zu reden an; durch die folgende – wohl plötzliche – Eingebung glaubt er unsere Befürchtungen vollständig verscheucht zu haben:

»Sie werd'n ihr'n ja nit zoagt hab'n – da Amtsrichterin – den eahnarig'n Kranz.«

*

 

Der Bauernherrgott

In der Karwoche kommt eine wunderliche Einöderin ins Kirchdorf, sieht überall große Trauer und fragt, was denn los wäre.

»Da Herrgott is g'storb'n!« gibt ihr einer zur Antwort.

»Ja –, gibt's denn – dös aah?!« redet die Einfalt aus dem Walde. »Was werd'n mir denn hiazt für oan' kriag'n? – Wenns g'scheit san, hernach nehmens den heilin' Lenhardi; der söll vastaht denest was van Viach!«

*

 

Der Waldler vom Nordpunkt

Unser lieber Tom Jack, im Volk »Weißschäd'l« oder »Amerikaner« genannt – er ist ein Albino –, kommt in der ganzen Welt herum, wo er seine Kunststücke als amerikanischer Kettensprenger und »Eiskönig« aufführt; er hat eine große »Eisfamilie«, lauter Weißlinge, um sich, sogar weiße Hunde: »To Ya und seine Eisfamilie« künden in den Weltstädten in allen Sprachen die Anschlagsäulen.

Bei einem Besuche in der Heimat, an der er mit großer Liebe hängt, haben wir einmal den weitgereisten Landsmann gebeten, er möge manchmal auch unser gedenken und in der Fremde für seine arme Böhmerwald-Heimat bei guter Gelegenheit etwas tun.

»Mei – dös geht nit«, hat er uns zur Antwort gegeben, »da kaamet ja da ganz' Schwind'l ausser –, ih sag' ja überall, daass ih vom Nordpol bin!«

*

 

Der Volkskundler unter den Glasmachern

Ich habe mit viel Mühe das Leben des Glasmachers Andreas Hartauer, auf den das weltbekannte Böhmerwaldlied zurückgeht, erforscht.

Als ich einmal den Glasmachern von Eleonorenhain, zum Teil noch Kameraden des Dichters, darüber einen Vortrag hielt, redeten immer wieder einige dazwischen:

»Jo, dös wiss'n mir all's guat!«

Ich hielt ihnen nun vor, warum sie mir das nicht schon früher erzählt hätten.

»Mei liawer Dokter«, sagte darauf ein alter Glasmacher, »mir hab'n andere Sorg'n, als uns um sölchen Sachen z' bekümmern!«

*

 

»Wo bleibt der Sohn?«

Ein Waldbauernbüblein muss in der Schule das Kreuzzeichen machen, wie er es daheim gelernt hat, und redet dabei also:

»In Nam' des Vaters und des heilin' Geistes!«

Da trägt ihm der Pfarrer auf, der Vater solle nach dem Betläuten in den Pfarrhof kommen.

»Ih han's«, denkt sich der Waldbauer, der gerade eine Sau tötet, »da Pfarrer mag halt was va da Sau!«

Und er macht sich auf den Weg in den Pfarrhof und gibt einem Buben etliche Blutwürste, dass er damit langsam nachkomme.

»Wie lehrt denn Ihr den Buben das heilig' Kreuzzeichen?« fragt der Pfarrer.

»Wia denn sünst: In Nam' des Vaters und des heilin' Geistes!« der Bauer.

»Und wo bleibt der Sohn?« wiederum der Pfarrer.

»Da Suhn«, gibt der Waldbauer erleichtert zurück, »der kimmt gleih mit'n Bluatwürscht'n nach!«

*

 

Philemon und Baucis

Gewöhnlich sitzen die Eltern des Ochsenwirts, die beide schon mehr als achtzig Jahre auf dem Buckel haben, in ihrer altmodischen Tracht beisammen auf der Bank vor dem »Schwarzen Ochsen«, wenn sie nicht in Haus und Hof herumtrippeln und den Leuten im Wege sind. Wo sie gehen und stehen, da zanken sie, Arm in Arm, ein klein wenig hin und her, und gleich wieder tun sie verliebt wie ein Ehepaar in den allerersten Honigwochen.

*

 

Heute hat die alten Leutlein noch niemand gesehen. Im Altersstübchen oben liegen sie nebeneinander im Bett. Sie ächzt und röchelt und redet von Zeit zu Zeit:

»Heunt is mei' letzter Tag, heunt stirb ih!«

Schließlich muss er aus dem Bette und tun, was sie anschafft: ein weißes Tuch über den Tisch ziehen; das große Stehkreuz vom Kasten herunternehmen und abstauben; aus der Truhe die Sterbekerzen hervorholen, an die Leuchter stecken und die Lichter anzünden.

»D' Zilli soll 'n Geistlich'n hol'n!« befiehlt sie, und er schreit gleich der Dirn durchs Festerguckerl in den Hof hinunter.

Jetzt setzt er sich zu seiner Alten und schaut zu, wie sie stirbt; und ist recht traurig und wieder nicht traurig, weil er hofft, dass das Sterben nur eingebildet ist; wie man denn den Weiberleuten ein Krankheit erst glauben soll, wenn sie tot sind.

Plötzlich richtet sie sich auf:

»Mann –, hiazt – stirb ih!«

Sie schreit, fällt zurück ins Bett und liegt wie leblos da.

Da beugt sich der Alte über sie, macht ihr zitternd das Kreuzzeichen auf Stirn, Mund und Brust und redet – halb ernst, halb schelmisch –:

»So fahre denn hin in Gottes Namen, christliche Seele!«

Aber schon springt sie in die Höhe und pfnurrt:

»Dös waar' dir so recht, wann ih hiazt abschuib'n taat'!«

Und sie ist wieder gesund, fährt aus dem Bett, schreit der Zilli in den Hof hinunter, dass sie den Geistlichen nimmer braucht, und räumt die Sterbesachen wiederum an Ort und Stelle.

*

 

Und abends.

Eine Waldbauernhochzeit ist auf dem Heimweg noch im »Schwarzen Ochsen« eingekehrt, wo jetzt lustig musiziert und getanzt wird. Die Neugierde treibt die zwei Alten in die Wirtsstube. Man tut dem Alter gleich die Ehre an: der Bräutigam schenkt ihnen ein Glas Wein ein; sie macht, ehe sie von dem Wein nippt, einen schicklichen Knix vor Braut und Bräutigam, und er lässt das Brautpaar mit einem heiteren Spruche hochleben und gießt das volle Glas hinter die Binde.

Es dauert nicht lange, da bestellt der Bräutigam einen Einzeltanz bei der Musik: der Alte nimmt seine Ehehälfte sanft und behutsam und tänzelt mit ihr, umringt von den Hochzeitsleuten, im Walzerschritt herum.

Nachher trinken unsere Leutlein noch zwei, drei Gläser Wein aus, empfehlen sich höflich nach der altväerischen Art, und der angeheiterte Philemon weist seine wankende Baucis, die am Morgen der schönen Welt schon Lebewohl gesagt, in später Nachtstunde mit Mühe und Not ins Altersstübchen hinauf, wo beide bald, von Müdigkeit übermannt, friedlich und glücklich einschlummern.

*

 

Der Bettelmann auf dem Altar

In einem Gnadenorte zerfällt der heilige Lenhardi gerade, als sein Fest ist und von weit und breit Kreuzscharen zusammenkommen.

Zum Glück weht der Wind einen Bettelmann daher, der lässt sich vom Pfarrer mit etlichen Bierkreuzern überreden, den Heiligen zu spielen. Also wird er angezogen und stellt sich breit auf den Kirchentisch hin.

Nun sind aber alleweil die alten Weiber um ihn herum und schauen ihn voll Liebe an und busseln seine Füße an und stecken ihm immer mehr brennende Kerzlein zwischen die Zehen.

All das wird dem Bettelmann auf die Länge zu dumm: er schmeißt den Heiligenschein und die Gewänder plötzlich von sich, springt vom Altar herunter und trumpft auf unter dem Gekreische alle Betschwestern:

»Enk soll da Tuifl an heilin' Lenhardi macha!«

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Stifter

Wer hat nicht unseren lustigen Stifter-Fritzl, seines Zeichens Fleischer-Altgesellen, gekannt!

Also, dass ich erzähle:

Der Fritzl geht einmal von seinem Gäu-Rundgang heim in die Stadt; ein Sommerfrischler, der denselben Weg hat, schließt sich ihm an.

Da grüßt den Fleischer einer:

»Grüaß dih, Stifter!«

»Da Stifter-Fritzl! Da Stifter-Fritzl!« schreien in einem Dorfe die Kinder und verstecken sich schnell hinter den Türen.

Dort redet ihn wieder eine Bäuerin an:

»Gehst heunt laar hoam, Stifter?«

Und so hat jeder, dem er in die Quere kommt, für den Fritzl ein freundliches Wort, und immer weiß der Angeredete etwas Schickliches zu antworten.

»Sie haben einen recht berühmten Namen, Herr Stifter«, meint der Sommergast im Gespräch zu seinem Begleiter.

»Dös, dös wüll ih moana«, gibt ihm unser Stifter-Fritzl zurück, »ih tua aah scha dreiß'g Jahr' lang in da ganz'n Geg'nd rundumadum d' Küah und d' Oux'n und d' Kaiwln und d' Säu z'sammakaafa!«

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Ein Zwiegespräch

Das »Brisillisei« kennt weit und breit jeder, weil sie die Schnupfernasen mit »Brisil« aus dem Bayerischen versorgt.

Einmal geht das Weiblein durch den Wald, bleibt vor einem Marterl stehen und grüßt gottesfürchtig:

»G'lobt seis Christus, mei' liab's Herrgottei!«

Hinterm Baum liegt im Heidelbeerkraut gerade ein Finanzer, der antwortet ihr spitzbübisch:

»In Ewigkeit Amen! Brisillisei!«

Da dreht sich, schon im Weitergehen, das Weiblein noch einmal um und droht mit dem Finger dem Gekreuzigten:

»Herrgottei –! Spitzbüawei –! Wia woaßt denn du aah scha, daass ich Brisillisei hoaß?!«

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Der heilige Glatzkopf

Eine Waldbäuerin bäckt Krapfen – böhmerwäldische Krapfen –, und da gehen gerade der Herrgott und der Petrus vorbei.

Nun fällt ihr einer in die Asche, den gibt sie dem Petrus; der bettelt ihr aber noch einen guten aus der Schmalzpfanne ab und verbirgt ihn unter seinem gründen Filzhut.

Den schlechten teilt er mit dem Herrgott.

Hernach bleibt er ein wenig zurück und will den guten Krapfen allein aufessen. Wie er aber nach ihm langt, merkt er, dass der heiße Krapfen derweil sein ganzes Kopfhaar ausgebrannt hat.

Von daher hat der heilige Petrus seinen Glatzkopf.

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Das Sterben des alten Gais

Im Stübel eines Waldbauern, bei dem er schon ein Leben lang in der Herberge ist, liegt der alte Gais und wartet auf den Tod.

Er hat niemanden auf dieser Welt; sein Weib ist schon lange tot und seine drei Buben sind ihm weggestorben in jungen Jahren.

Tag und Nacht brennt in einer roten Ampel ein Lichtlein, das die niedere Decke flackernd beleuchtet.

Mit dem Herrgott ist der Alte ausgesöhnt, und von der Welt will er nichts mehr wissen.

Wenn es draußen finster wird, kommen junge und alte Weiber aus den umliegenden Häusern beim Gais zusammen; sie wollen ihm durch Gebet das Sterben erleichtern, machen aber auch, wie es die Weiber in der Gewohnheit haben, in dem frauenlosen Haushalt überall Ordnung.

Der Gais, ein alter Holzhauer, hat ein zähes Leben: sein Sterben zieht sich schon Wochen hin; den Weiberleuten antwortet er mit keinem Muh und zeigt ihnen die längste Zeit sein verdecktes Hinterdorf.

Heute vermeint er schon den Himmel ein klein wenig offen zu sehen: sein braves Marei und die drei Gaisbuben kommen auf ihn zu; der älteste, der Franz, den sie beim Raufen erstochen haben; der mittlere, der Michel, der im Amerika drüben am Heimweh zugrund gegangen ist; und der jüngste, seine letzte Freude, der Seppei, mit dem er sich jahrelang durchs Leben geschlagen; daheim beim Herd, bei der Waldarbeit und auf dem Tanzboden, wo der Seppei den Vierzeiler gesungen:

»Ih und mei Voder,
mei Voder und ih;
ih kenn jo mein Vodern
und mei Voder kennt mih;«

der ist ihm geblieben im Frankreich im Vierzehner-Jahr.

Jetzt sieht er alle die Seinen wieder im rosafarbenen Himmel, der sich zwischen den schwarzen Trambalken immer weiter auftut.

»Gleih kimm ih zu enk«, flüstern seine heißen Lippen.

Die Weiber leiern einen Rosenkranz nach dem andern herunter, glorreiche, schmerzhafte und freudenreiche.

Ehe sie aber noch bei letzten Amen sind, fangen sie schon von allerhand anderen Dingen an, wie sie den Weiberleuten gern in den Sinn kommen, und es geht bald laut her in dem Stübel.

»Staad, – sag ih!« röchelt der Alte, in seinen himmlischen Gedanken beirrt, etliche Male.

Die Weiber treiben es aber heute immer ärger.

Endlich wird dem Sterbenden das Geschwatz und das Gekicher zu dumm; er springt aus dem Bett, erwischt den Stiefelknecht und fährt unter das Weibervolk drein:

»Vadammtes Weiberspack, – ih brauch enkern Beistand nit, – hiazt schauts aber, – daas abfahrts – und lassts mir – mein Fried – ban – Sterb'n.«

Draußen sind sie alle auf Ja und Nein; entkräftet taumelt der alte Gais zurück ins Bett; bald ist er wieder ganz mit den Seinen, die aus dem lichten himmlischen Reiche ihm die Hände immer weiter und weiter entgegenreichen.

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Zuletzt, wie einem Schwänkeschreiber von seinen Landsleuten heimgezahlt wird

Um mich herum sind mit der Zeit, da ich dieser Art heiteren Volkskunde daheim gerne im Wirtshaus nachgegangen bin, selber viele Schnurren entstanden, von denen am meisten verbreitet folgende ist:

Nach der kirchlichen Taufe bin ich im Gasthause meines Geburtsortes von der Hebamme ins Fenster gelegt und dort beim Heimgehen, als jeder schon genug des köstlichen Bieres mir zu Ehren getrunken hatte, vergessen worden und habe als meine erste Nacht als Christenmensch im Wirtshause zugebracht!

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