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Die Braut in der Klemme

Erster Auftritt.

(Platz an der Glacis vorm Burgtor; im Hintergrunde sieht man das sogenannte finstere Tor praktikabel. -- Vorne herum sitzen die Fratschlerweiber. Sepherl zur einen, Annamiedls Stand zur linken Seite. -- Vorm Schlagbaum oder dem Tore patrouilliert die Schildwache. -- Sepherl sitzt beim Stand. Lippel und Jörgel in roten Hosen und Westen tragen auf einer Trag' zwei Strohsessel, ein Nudelbrett und auf demselben eine Hühnersteige; ihre Röcke liegen oben auf. Sie setzen die Trag' ab.)

Duett.

Lippel. Jörgel.

Die Jorgi- und Micheli-Zeit
Hab'n d' Sesseltrager gern --
Beim Ausziehn müssen uns die Leut'
Halt zahl'n, was wir begehr'n.

Lippel. Wir akkordieren auf den Tag --

Jörgel. Und machen alle Stund ein' Trag' --

Lippel. Und nehmen nur -- daß 's langsam geht --

Jörgel. Ein' Hühnersteigen und 's Nudelbrett!

Beide.

Mit'n Heimtrag'n vom Komödiehaus
Heißt's so ja nicht mehr viel --
Wann's regn't, ziehn d' Damen d' Schucherl aus,
Tun d' Haub'n -- in Ridikül! --

Jörgel. Der Teufel nochmal! Wir müssen uns unsre etlichen Siebenzehner so sauer verdienen und andern Leuten fliegen die bratenen Polackeln ins Maul.

Lippel. Laß 's gut sein, Jörgel! Jetzt hat ja unser Miserere ein End'! Gelt, war halt doch gut, daß unser Frau Mutter nicht drei Söhne g'habt hat -- denn wir könnten doch keiner 'n reichen Pariserl heiraten --

Jörgel. Wär' lieber d'Hochzeit schon vorbei! Wegen unser können s' hernach mitsamm' leben wie Hund' und Katzen. --

Lippel. 's is wahr, unser Schwester hat ein' tamischen Kopf -- aber -- s' is pfiffig und stellt sich jetzt wie ein Lamperl -- obwohl s' nach der Hand schon Nuß' auf ihm aufschlagen wird. Kein' glücklichern Einfall hält' der Pariserl für unsre Schulden nicht haben können -- als -- ohne daß er s' einmal recht g'sehn hat -- in unser Annamiedl eing'sprengt z' werden! --

Jörgel. Und sein Geld -- und unser Leben hernach! -- Nix arbeiten und alle Tag auf Ottakring gehn und mit'n Heurigen Handel anfangen! Der Vater hätt' das erleben sollen! --

Lippel. Wär' nicht bitter, daß er uns wieder alles verblaset! -- Sein ewiger Durst is ja so schuld, daß wir arme Teufeln sein. -- Aber jetzt -- laß uns d' Annamiedl auf'n Pariserl vorbereiten! -- (Sieht nach ihrem Stand.) Wo is denn die Hex'?

Sepherl (tritt hervor). Sie holt nur für mich und für sie ein' klein' Jausen-Trunk!

Lippel. Ah so! -- Nu, guten Abend, Frau Sepherl!

Sepherl. Nu, wie steht's mit'n Pariserl? Is 's richtig mit der Mariage?

Jörgel. Als wenn's 'druckt wär'!

Sepherl. Nu, g'freut mich -- ich vergönn's der Annamiedl! 's hat lang g'nug braucht, bis ein Schwerer anbissen hat! -- 's Madel hat sich alleweil ehrlich durchbracht! Ein' schlechte Person vor mein' Augen, die ihr was Übels nachsagt -- bis -- auf ein bisserl ein' Durst, der s' alle halbe Stund' anwandelt, kann man ihr nicht soviel ausstellen -- und ein Attestat vom Burgtor is g'wiß von G'wicht!

Lippel. D' nasse Leber ist halt ein Naturfehler! --

Sepherl. Freilich! War ja der Herr Vater -- tröst'n der Himmel! -- a so ein b'soffner Kerl! -- Ein' schlechte Person vor mein Augen, die 's anders sagen kann!

Jörgel. Is die Wahrheit! --

Sepherl. Aber jetzt ein's -- 's Madel wird euch etwan Mäus' machen?

Lippel. Warum?

Sepherl. Z'wegen dem Hausknecht Hansel!

Lippel. Ah, da is kein G'fahr dabei! Der Kerl hat ja kein Geld!

Jörgel. Was braucht's da Kasamatten, wir wollen so gut, wie andere, durch unsere Schwester reich werden.

Sepherl. Punktum -- vor mein' Augen!

Zweiter Auftritt.

Vorige. Annamiedl.

Annamiedl (arm angezogen, Patschen an Füßen, mit einem Hefen). Nu, Frau Sepherl, da is der Wein! -- Ah, meine Herren Brüder! -- Nu, bringt's mir Nachricht? Wie steht's mit meiner neuen Partie?

Jörgel. Exzellent!

Annamiedl. So geht's recht!

Lippel. Also du bist einverstanden?

Annamiedl. Einfältige Frag'!

Lippel. Und dein Amour -- der Hansel?

Annamiedl. Kann sich aufhängen, wo er will!

Jörgel. 's Madel kakuliert nicht dumm!

Annamiedl. Da müßt' ein's nur gar nicht rechnen können, wer bei so ein' Bräutigam nein saget! -- Glaubt's denn, ich bin blind?

Lippel. 's Madel kennt's Geld!

Jörgel. Optime!

Annamiedl. Und zudem, bin ich d' erste, die ein' alten Liebhaber plantiert? Is 's denn was Neues, daß ein Madl, wenn's ein' rein ausgezogen hat, und wann's sieht, daß kein Geld mehr da is, ein bisserl wechselt? -- He! --

Lippel. Das ist ein Madl mit Krenn!

Sepherl. Das Weibsbild dürft' die beste Erziehung g'habt haben, sie könnt' nicht schöner moralisieren. -- Die hat ein' Lebensart, vor mein' Augen!

Jörgel. Also, Annamiedl -- wir verlassen uns auf dein Wort?

Lippel. Sei g'scheit!

Annamiedl. Hab' in mein' Leben schon mehr Gimpeln g'fangt -- der sitzt mir g'wiß a auf! --

Sepherl. Das Madl hat vor mein' Augen viel Welt! --

Lippel. Sie halt mit'n großen Haufen!

Jörgel. Und greift ihr Glück mit Händen!

Annamiedl. Müßt nur in Kopf gar vernagelt sein. Ein Heirat ohne Geld -- is wie ein Rindfleisch ohne Sauce! D' Lieb is bald gar -- und der Hunger fangt bald an -- der Teuxel möcht' eim holen, Sackerlot, wann's Plati z'wenig wird! -- Euch muß ich ja auch aufhelfen -- ihr dürft's eh fast durch kein Gassel mehr gehn -- so schrei'n Euch die Kellner an! --

Lippel. Wann nur der verliebte Hausknecht keine Manderln macht!

Annamiedl. Wann auch! Ich rühr' mich g'wiß nicht z' Tod' um ihn -- werd' a nicht à la Siegwart auf sein Grab ein Schneemandel machen. Anpumpt! -- Ich denk' mir halt -- mein' Hansel -- hat der und der g'holt!

Sepherl. Und damit Punktum! D'Miedl hat Recht vor mein' Augen! -- Eine schlechte Person, die anders redt! -- --

Lippel. Recht hat s' --

Jörgel. Vor unsern Augen!

Annamiedl. Und vor der ganzen Welt! Ich werd' nicht allein d' Närrin sein und dem Baumschabel treu bleiben!

Sepherl. Also -- Miedl -- g'scheit! --

Jörgel. Der Pariserl wird bald da sein! --

Annamiedl. Und ich empfang' ihn mit Trompeten und Pauken! --

Lippel. Wir stell'n nur die Trag' ab und gehn ihm entgegen. --

Jörgel. Komm, Lippel! -- (Nehmen die Trag' auf.) Unser Glück steht auf der Paß. --

Lippel. Nu, wir lassen's g'wiß nicht warten! Ades, Miedl!

Jörgel. B'hüt' Gott, Frau Sepherl! (Beide ab.)

Dritter Auftritt.

Annamiedl und Sepherl.

Sepherl. Meiner Seel'! D' Jungfer macht ein tamisch Glück -- vor mein' Augen!

Annamiedl. Deswegen bin ich a sauber!

Sepherl. Wir bleiben aber doch Allianz!

Annamiedl. Per se! -- Und in Kaffee soll sich d' Nachbarin hernach bei mir baden können!

Sepherl. Aber nur mit Sirop, Jungfer Annamiedl! --

Annamiedl. Wegen meiner mit Gummi und Met! -- Auweh! --

Sepherl. Nu, was is 's?

Annamiedl. Da kommt der Hansel!

Sepherl. D' alte Partie? Der macht vor mein' Augen ein hantiges Gesicht.

Annamiedl. Wie werd' ich den loskriegen? --

Sepherl. Nur recht grob sein! Das is für ein' obstinaten Liebhaber vor mein' Augen 's beste Mittel!

Annamiedl. (hüpft zu ihrem Stand). Still! Da is er schon!

Annamiedl. (ebenfalls). Ich werd' der Jungfer Braut schon sekundieren -- und auf'n schlimmsten Fall wirf ich 'n mit Kästen tot. --

Vierter Auftritt.

Vorige. Hansel.

Aria.

Hansel.

Ich bin schon so zum Malheur gebor'n!
Mein Miedl ist mir untreu word'n! --
O Miedl, könnt'st mein Inneres sehn!
Ich bin so -- wie der Hund in Flöh'n!
O Miedl, schönste Miedl, ach! --
Ich -- spring' z'weg'n dir in Alsterbach!
Dem Weibsbild hab' ich viel ang'hängt! --
Erst gestern ein paar Patschen g'schenkt --
Doch zieht s' mir jetzt ein' andern vor!
Wär' s' da -- ich gäb' ihr eins aufs Ohr!
Doch, Hansel -- habe Edelmut --
Und denk' nicht mehr auf diese Drut!

Wohlan, du grausame Annamiedl -- der Teufel soll dir 's Licht einhalten, wann du mich so schön bedienst und mir den versoffenen Pariserl vorziehst! -- (Erblickt sie.) Ha, da is ja das saubere Zeiserl! -- Geh her ein bisserl -- und laß mit dir diskurieren!

Annamiedl (zu Sepherl). Jetzt gibt's ein Kampfel!

Sepherl (leise). Nur's Maul recht abg'raumt!

Annamiedl (kommt vor). Nu, was soll's sein?

Hansel. Was! Red't man so mit mir? Mit ein' Cher? --

Annamiedl. Dalket! Die Zeiten sein vorbei! --

Hansel. So, liebs Pünkerl? G'wiß, weil ich kein Geld mehr hab'?

Annamiedl. Das just nicht -- aber mein' Familie und ich kann ein' reichen Bräutigam nicht abspeisen!

Hansel. O, ich heißabg'sottner Liebhaber! Nein, du hast gar kein Herz! Aber 's g'schieht mir recht, warum hab' ich mich von dem Krokodil foppen lassen!

Sepherl (kommt vor). Mein lieber Herr Johannes! D' Lieb' fangt sich, vor mein' Augen, am ersten bei sich selber an!

Annamiedl. Zu was das Kauschen? -- Kurzum, ich heirate den Pariserl!

Hansel. So? Nun, das werd'n wir sehn!

Annamiedl. Nu, is vielleicht ein' G'fahr dabei? -- Den möcht' ich sehn, der mein Herz zwinget? Potz Türken und Heidenschuß! Das ging' mir ab!

Hansel. O Annamiedl, sei nicht gar so hart! Du seckierst mein Herz z' Tod!

Annamiedl. Sei kein Letfeigen!

Sepherl (leise). Der Bursch is ein' getreue Wanzen!

Hansel (bald roh, bald weinerlich). Schau, Miedl, ich bin halt schon so ein guter Brocken in der Menschheit, und wann ich denk', daß ich dich verlieren soll, so möcht' ich vor Schmerz gleich Baumöl weinen. Uh, uh, uh!

Sepherl. Das is ein' b'sondre Race von Amanten!

Hansel. Miedl, ich kann zwar keine so Präsenten machen, wie vielleicht der Pariserl! -- Aber z' Tod' wollt' ich mich arbeiten, damit 's dir gut geht, wannst mein Weiberl wär'st!

Annamiedl. Das schlag' dir ein für allemal aus, mich red'st nimmer ab! -- Mein' neu'n Bräutigam g'hör' ich zu -- und du -- kannst hernach allenfalls zu mir in Dienst kommen.

Sepherl. G'nug g'sagt -- vor mein' Augen! --

Hansel (wild). Nein, Sackerlot! Das is schon z'viel, jetzt muß ich a grob werden! So ein Antrag? Für mein treues Herz! Für alle Guttaten, die ich dir erwiesen hab'? Das gitayene Kasettel mit die großen Blumen hat dir g'fall'n? Gelt! Die tuxenen Strümpf', die ich dir zum Namenstag geschenkt hab', der Strohhut mit 'n paperlgrün' Unterfutter, die Patschen sogar, die 's anhast -- gelt? Das hast alles sauber ang'nommen? -- Und wer, wer hat denn zahlt allzeit im Lerchenfeld, wenn deine Brüder ihre Weinschläuch' mit etlichen Maßeln ang'füllt haben? Wer hat dich denn zu der Musik g'führt? Wer hat denn wegen deiner alle Sonntag richtig bei'n »Sechs Häuseln« seine Schläg' kriegt als ich? -- Und jetzt könnt' ich gehn? -- Pfui Teufel!

Sepherl. Und vor mein' Augen is das noch schlechter, einer Person was vorrupfen -- verstanden?

Annamiedl. Du warst ja selber der Esel und hast es tan!

Hansel. Recht hast dasmal! O ich möcht' mich watschnen! -- Aber ich, ich bin imstand, aus Verzweiflung -- ich -- geh' bei der Alsterkasern' vorbei! --

Annamiedl. Ha, ha! Aber nicht hinein!

Hansel. Aziwohl! So g'scheit bin ich schon selber! Z'wegen deiner werd' ich just kein Soldat, du ungetreues Windfahndel! -- Aber ein' andere will ich mir suchen und mein' ganze Lieb' und Treu' auf sie hinaufwerfen! Schulden will ich machen, damit mein' neue Godel, dir zum Trotz, nur recht galant dahersteigen kann! -- Wart' nur! Ich werd' dich g'wiß erwischen! -- (Man hört Jauchzen und Musik.) Was is das?

Annamiedl. Ah, mein Bräutigam!

Sepherl. Jetzt verlier' sich der Herr vor unsern Augen!

Hansel. Wegschaffen a noch? -- Das seid's ös nicht imstand! -- Da will ich bleiben! Und (weinerlich) -- und -- wann er mir 's Madel wegführt, so will ich's wenigstens noch einmal von rückwärts betrachten! -- Uh, uh! (Heult.)

Fünfter Auftritt.

(Marsch. -- Vorige. Hansel an der Seite. -- Die Weiber an ihren Ständen. Mehrere Laternbuben, Bergknappen und Faßzieher kommen. -- Pariserl wird in einem Sessel getragen -- hinter ihm folgt ein leerer Sessel, in welchen sich sodann Annamiedl setzt. -- Zur Pariserls Seite Lippel und Jörgel angezogen. Dann die Knofelhändlerinnen und der Heubauer. Vor dem Karren geht einer und trägt auf einem Kleiderschirm ein Kasettel und einen rottaftnen Rock -- ein zweiter eine Goldhaube auf einem Haubenstock -- ein Schusterbube einige paar Schuh' -- ein anderer Bub trägt einen offenen Zehnkreuzerspiegel. -- Dann folgt ein Kolatschenweib und ein Kellnerbub mit Bierkanne und Glas, endlich einer mit einem großen Bündel auf dem Rücken. Zum Schluß mehrere Sesseltrager.

Chor.

Juhe, juhe, juhe!
Seid's lustig und tut jubilier'n!
Schreit's: »Vivat Pariserl!« Heysa!
Vor lauter Rausch müssen wir'n führ'n
Und er kann kaum sagen mehr: Pah!
Es leb' der Blaubartl! Pariserl soll leb'n!
Und seine dicke Miedl als Weiberl daneb'n!
Juhe, juhe!

Lippel (leise zu Annamiedl). Miedl, g'scheit!

Jörgel (ebenso). Mach' kein' Dalken!

Pariserl (der herausgestiegen und ziemlich betrunken ist). Nu, wo is das Weibsbild, mein' Braut?

Erste Knofelhändlerin (im ungrisch-deutschen Dialekt). Mengü ada! Dos is Weibsbild! Daß kunnt' man zwa d'raus machen!

Heubauer. Schad', daß is nit Madjar! Bizom instenem! tat i's heuraden!

Erste Knofelhändlerin. Was? Willst du haben zwa Weiber? Bin i dir nid gnui allan? -- Teremtete! No amal! So schneid' i dir Nasen ab -- i bin dein' Braut, minja holgosch.

Lippel. Da siehst du s', wie s' leibt und lebt! S' is gut und stark baut.

Jörgel. Und hat ein Naturell -- nicht zum Umbringen!

Hansel (seitwärts). Das sein Schlankeln!

Pariserl. So nahe habe ich s' noch nicht g'sehn! (Dreht sie herum.) Der Teufel nochmal, die g'fallt mir aus Ernst! Wie -- wie heißt denn du, kleiner Schelm?

Annamiedl. Annamiedl -- wenn der Herr erlaubt.

Pariserl (warm). Miedl? Schau', schau'! Nu! -- Und -- he, he! -- die Brüder werden der Jungfer wohl schon g'sagt haben, wie -- wann -- was! --

Annamiedl. Ja, sie haben so was gemunkerzt.

Jörgel. Sie weiß alles!

Lippel. Sie stellt sich nur ein bisserl so!

Pariserl. Desto besser! -- Nu, und der Jungfer ihr' Meinung? --

Annamiedl. Meine Brüder soll'n red'n, ich bin noch nicht majorenn!

Hansel (leise). Das is erlogen, die hat a schon öfter als 24 Jahr 12 Uhr läuten g'hört.

Jörgel. Wir Brüder sein einig und geb'n Euch s' wie s' is!

Lippel. Wir haben nix dawider! -- Ihr seid's ein Faßzieher und 's Madel is ein' Sesseltragerische, also --

Pariserl. Das is eben 's Gute, daß ich nicht untern Stand heirat'.

Sepherl. Ah, 's Menscherl is brav und flink wie der Wind und wird vor mein' Augen ein rügelsame Hausfrau werden.

Pariserl. Wer is die alte Fee?

Lippel. Ein Kästenbraterin und unser' Nachbarin!

Pariserl. Ein scharmant's Weiberl! Werd' mir hernach öfter die Ehr' ausbitten, daß mich d' Frau auf ein' Primsenkas heimsucht.

Sepherl (charmant). Werd' so grob sein. -- Miedl da kriegst ein' Kern von ein' Mann, bei dem g'spürt man's nicht, daß er ein Faßzieher is!

Pariserl. Nu also, mein lieb' Annamiedl, 's bleibt dabei, schlag ein, du wirst mein; -- da, Schatzerl, sein derweil Kleinigkeiten, ein G'wandl, ein reiches Stössel, Schuch', Kolatschen und dergleichen.

Annamiedl. Und, wann man fragen darf, was tragt denn der dort so schwer?

Pariserl. O Miedl, du wirst vor mein' Reichtum Nasen und Maul aufreißen -- hör', das sein lauter Interessequittungen.

Sepherl. Ui! Ui!

Hansel (leise). Jetzt bin ich erschossen! Das hat der Miedl ein' G'nackstreich geben!

Annamiedl. O, mein Herz neigt sich immer mehr zu dir!

Hansel. Schau', neigt es sich?

Pariserl. Fratzel du! Nu, so komm in's Himmels Namen und begleit' mich gleich in mein Haus -- siehst du dort oben?

Annamiedl. Auf'n Spittelberg? --

Pariserl. Dort will ich dich gleich installier'n! Bleibst a gleich bei mir, dein Bagage können dir deine Brüder nachschicken!

Annamiedl. Nachschicken? Lieber Engel, ich hab' nix, als was ich anhab'.

Pariserl. Auch gut, so darfst dich vor kein' Hausdieb fürchten -- brauchst eh nix, ich hab' all's in Überfluß! Ihr geht's a gleich mit, Schwager!

Lippel. Nur die letzte Trag' machen wir noch.

Jörgel. Hernach kommen wir hin!

Pariserl. Is a recht! Allons jetzt, halt's euch z'samm'!

Sepherl. O glückliche Miedl!

Annamiedl (stolz). Ades allerseits!

Die Fratschlerweiber. Wir gehn a mit! (Nehmen ihre Butten, die vor ihnen stehn, auf den Rücken.)

Pariserl. Meinthalben! (Zu'n Knofelhändlerinnen und Heubauer.) Ihr drei bleibt's so heut' nacht bei mir!

Heubauer. I geh' i nimmer aus Haus, bis daß is aussoffen aller Wein!

Erste Knofelhändlerin. Und i will machen der Braut ihre Kranzeljungfer.

Zweite Knofelhändlerin. Und i, will i tanzen auf Hochzeit für ganz Ungerland! -- Ju, ju!

Pariserl (zu den andern Fratschlerweibern). Und ihr sauft's mich auch noch nicht arm! -- Heda, Equipage von der neuen Trager-Madame! Geh, Weib, setz' dich mir z'lieb ein, denn ich kann heut' nicht recht gehn, so laß du dich per G'spaß a tragen!

Annamiedl. Warum denn nicht? 's is besser, als stolz gangen! (Setzt sich in den zweiten Tragsessel.)

Pariserl. Vorwärts! Jetzt Marsch! Musi! (Setzt sich ebenfalls in den Sessel.)

Alle. Vivat! Pariserl und d' Miedl soll'n leben! Vivat! -- (Der Zug geht unter einem komisch feierlichen Marsch, unter Jauchzen zur Seite ab.)

Hansel (staunt eine Weile nach, dann schlägt er sich vor die Stirne). O Hansel! Hansel! was warst du für ein dummes Gansel! (Tragisch ab.)

Sechster Auftritt.

Ordinäres Zimmer mit Alkoven. Zu beiden Seiten derselben zwei große Bilder -- auf jedem ist eine weibliche Figur in lokaler Tracht gemalt. Die erste und zweite trinken aus Leibeskräften, die dritte reibt Boden und die vierte putzt Weinfässer. -- Links eine Türe, rechts ein Fenster -- Tisch und Stühle. Thaddädl kommt und läuft ans Fenster.

Aria

Was Teufel is das für ein G'lauf'!
Wahrhaftig, 's kommt mein Herr
Dort über'n Spittelberg herauf
Und schleppt sein' Braut daher!
Jetzt wird's in unserm Haus ein Leb'n
Und brav Festins und Schmäuserln geb'n!
Doch während d' Gäst' in Wein sich bad'n,
Muß der Thaddädl 's Bratl brat'n.

Und doch fehlet dem Thaddädl
Appetit zum Ess'n nie,
Hundert Knödel, wie mein Schädel,
Z'fress'n kost' mich keine Müh'!
Drum schnipse ich vom Hochzeitsschmaus
Die besten Brocken mir heraus.
Und wann nix mehr geht in mein' Mag'n,
Wird d' Speis' erst auf die Tafel trag'n!

Thaddädl. Allerliebst! Die Hochzeit kommt mir apropos! Da läßt sich doch wieder ein bisserl ein Marktgeld schneiden, denn 's Einkaufen kommt so an mich; da zwick' ich halt überall ein bisserl -- so wird aus die Kuchelabschnitzeln ein scharmanter blauer Frack daraus! Hab' schon alles ausg'rechnet! -- Die Ärmeln krieg' ich leicht von der Zuspeis', 'n Kragen vom Suppengrünen, die zwei Seitenteil' von die zwei Brateln, die Borten vom Salat und 's Unterfutter vom Hasenbalg. -- Richtig, so geht's!

Siebenter Auftritt.

Thaddädl, darauf Pariserl.

Pariserl (ruft inwendig). Thaddädl! Thaddädl!

Thaddädl. Sapperlot, mein Herr! (Nimmt Papier aus dem Sack.)

Pariserl (tritt ein). Wo steckst denn, Spitzbube!

Thaddädl. Ich -- ich hab' nur derweil 's Kuchelzettel zu der Hochzeit g'macht! (Wirft ein ein paar Ellen langes Papier voneinander.)

Pariserl. Das hat noch Zeit!

Thaddädl. Was? Will der Herr d' Jungfer Annamiedl nicht zum Ehewiderpart nehmen?

Pariserl. Ich will -- aber du weißt, daß ich keine zum Weib nimm, die nicht vorher mein' Kaprizprob' ausg'standen hat!

Thaddädl. Auweh, da wird's hakeln!

Pariserl. Thaddädl! Is all's in gutem Stand' da in der Kammer?

Thaddädl. Alles in Überfluß -- von der stärksten Gattung!

Pariserl. Gut! Ich werd' mich wie g'wöhnlich stell'n, als wann ich gäh aufs Rathaus wegen Handlereien, wär' zitiert word'n, damit s' allein is und nach Belieben heimlich werden kann!

Thaddädl. O arme Annamiedl!

Pariserl. Bub', untersteh dich ja nicht, ihr etwa ein' Pfiff z'machen und sie z'warnen, ich drehet dir 's G'nack um!

Thaddädl. Uh! Ich bin stumm wie ein Bronzekopf bei ein' neuen Haustor!

Pariserl. Is s' nicht neugierig, so soll sie meine Gemahlin werd'n -- wo aber nicht, der Straf' nicht auskommen, die alle Vorwitzige vor ihr in mein' Haus troffen hat!

Thaddädl. Aber is denn 'n Herrn um das Madel nicht leid?

Pariserl. Die Prob' muß sein! -- Du weißt, was d' Frau Regerl, d' Kartenaufschlagerin in der Prellereigassen, mir prophezeit hat! --

Thaddädl. Ja, leider! Ein neugierig's Weib, hat s' g'sagt, wurd'n Herrn nolens volens ins Zuchthaus bringen!

Pariserl. Und das hab' ich just nicht in Willen! Also, du weißt meinen Befehl?

Thaddädl. Besser als 's Abc!

Pariserl. Ah, d' Miedl! -- Thaddädl, tritt ab, bis ich dich wieder ruf'!

Thaddädl. O Miedl! Dürft' ich dir nur ein bisserl mit'n Augen winken! (Ab.)

Achter Auftritt.

Pariserl und Annamiedl mit Goldhauben, Korsett usw.

Annamiedl. Nu! Da bin ich, mein Mauserl!

Pariserl. Scharmant! -- Wie ein Dockerl! -- Das Füßerl -- der Wuchs -- so viereckigt wie ein Kugelhupf!

Annamiedl. O geh, du porzellänene Bosheit! Wen willst denn papierln?

Pariserl. Auf Faßzieher-Parole -- mir g'fallst! Ein anderer, der weniger Geld hat als ich, kann dich bei den Zeiten freilich nicht in d' Kost nehmen, ohne am End' betteln z'gehen; aber mir macht dein Appetit gar nix!

Annamiedl. Du hast ein nobles Herz -- und dein' liebe Aufrichtigkeit! --

Pariserl. O Miedl! (Warm.) Goldene Miedl! Du führst mich recht spazieren -- aber sei's, wie's will -- ich nimm dein' Lieb' für Ernst und du sollst bei mir leben, wie ein' indianische Prinzessin!

Aria.

Du sollst wie ein Kanarie leb'n,
Du allersüßeste Ziweb'n!
Drei Maß kriegst täglich zum Diner,
Zichori- und gelb' Rüb'nkaffee --
G'spürst um 10 Uhr einen Moder,
Kriegst Bonbon vom Bratelbrater!
Z' Mittag hast 's Essen und dein' Wein,
Auf d' Jausen gehst ins Gwürzg'wölb' h'nein!
Und hast auf d' Nacht noch Appetit,
Bring' ich dir ein jung's Schweiner's mit!
Ich kleid' dich, führ' dich auf ein' Saal
Und prügel dich nur 's Jahr zweimal!
Schleck' alle Finger, sag' ich dir,
Ein' Tusch hast, Miedl, g'macht mit mir!

Annamiedl. Du bist alls z' spendabel gegen mich! --

Pariserl. Nicht mehr, als d' verdienst -- aber jetzt, liebe Miedl, muß ich dich auf ein' halbe Stund' verlassen!

Annamiedl. Schon wieder?

Pariserl. Ich bin wegen Handeln am letzten Sonntag vor's G'richt zitiert -- so was kann ich nicht verschieben.

Annamiedl. Freilich nicht, aber bleib' mir nicht lang aus! Hörst, Mauserl!

Pariserl. G'wiß nicht! Da hast derweil d' Schlüsseln zum ganzen Haus -- sperr' alle Kasten auf -- schau' alles an -- unterhalt' dich -- nur die Kammer, welche der gold'ne Schlüssel aufmacht, sperr' um alles in der Welt nicht auf! Dein und mein Unglück säß' uns ewig auf'n G'nack! --

Annamiedl. Kurios -- aber ich will dir folgen -- was kümmert's denn mich -- (sieht immer hin) was du da drin hast! -- Ich -- ich bin nicht extra neugierig. -- Nein, gar nicht! --

Pariserl. Wann das wahr is, so friß ich dich und mich!

Neunter Auftritt.

Vorige. Thaddädl.

Thaddädl. Bst! -- Hört's der Herr!

Pariserl. Was is 's G'schrei?

Thaddädl. Ein dickes Weibsbild is draußen! --

Pariserl. Wer is 's? Was will's?

Thaddädl. Sie sagt, sie is ein Hendelweib von Sonnenhof und wär' zu der Jungfer Annamiedl ein' Schwester.

Pariserl. Schwester?

Annamiedl (leise). Pfui, Teufel!

Pariserl. Ich hab' ja glaubt, ihr seid's euer nur drei Geschwister?

Annamiedl (leise). Das is g'wiß der Hansel! (Laut.) Schau, Pariserl, ich -- wir -- haben halt -- (leise). Der einfältige Kerl!

Pariserl. Ah, merk's! Habt's glaubt, d' Familie wurd' mir z'groß? -- Ah, die kann meinetwegen a noch mit uns pappen -- aber weiter darf sich jetzt d' Freundschaft nicht vermehr'n! -- Laß s' herein!

Thaddädl. Da kommt s' schon selber! (Ab.)

Zehnter Auftritt.

Vorige. Hansel als dickes Hendelweib mit einer Kreunze.

Aria.

Hansel.

Ich bin das dicke Hendelweib --
Wohn' draust beim Sonnenhof,
Mein alter Mann -- der Tippo Seip! --
Liegt kalt -- auf'n Leichenhof.
Ich handel halt mit G'flügelwar',
Doch werd' ich alt und matt' --
Und sitz' schon sieb'nundzwanzig Jahr'
Rechts -- auf der Sailerstadt! --

Ich hab' oft gar nicht Vieh genug,
All's sucht mein' Hendelstand
Und lauft der dicken Lene zu,
Ich bin ja weltbekannt!
Und tragt ein Marktag Geld mir ein,
Geh' ich ins Wirtshaus hin
Zur »Enten« oder »Weißen Stern«,
Sauf', bis ich b'soffen bin! --

Hansel. Nu, nix für ungut, Herr Schwager! Mich g'freut's, daß der Herr auf der Welt is! -- Nu, und du, Miedl, bist mir völlig aus'n G'sicht g'wachsen! Bist viel mägerer word'n! -- Gelt, dein Schwager, mein einfältiger Mann, ja, der hat's geschwind g'macht!

Annamiedl. Das hab' ich ja gar nicht g'wußt!

Hansel. Ja, wir kommen halt a selten z'sammen!

Pariserl. Nu, wie is er denn g'storben?

Hansel. O, ein' grauslichen Tod!

Annamiedl (leise). Wie pfiffig der Kerl sein kann!

Hansel. Stell' sich der Schwager vor -- d' Hühner hab'n mir'n statt'n Kukuruz sauber aufg'fressen! D' Polackeln müssen ein' Passion auf ihn g'habt haben -- und ein wälscher Hahn war dabei, Schwager, der hat nur ganze Rostbrateln von ihm ab'bissen!

Pariserl. Entsetzlich! -- Aber itzt, mit Verlaub, Schwägerin, ich hab' ein' Gang! --

Hansel. Nix g'scheniert!

Pariserl. Ich werd' derweil ein Dutzend Pfiff' Wein herschicken, trink' d' Frau und daß 's Madel a ein' kleine Unterhaltung hat, so soll der Thaddädl meine Anverwandten, die Knofelhändlerin und den Heubauer heraufschicken -- sie soll dir was vortanzen! --

Hansel (stellt die Kreunze ab). Nu, ich mach' halt gleich Ungelegenheit. --

Pariserl. Kinderei! Nu! Ades, Miedl, unterhalt dich gut und folg' mir! B'hüt' Gott, Schwägerin! Öfters heimgesucht! -- Pah, Herzerl! (Unter Kußwerfen ab.)

Annamiedl. Pah! Pah! (Wirft ihm Küsse zu.)

Elfter Auftritt.

Annamiedl. Hansel.

Annamiedl. Aber Hansel!

Hansel. Miedl! -- Ich bitt' dich um alles in der Welt, sei nicht harb, aber 's war mir nicht möglich, ich hab' dich noch einmal sehen müssen!

Annamiedl. Zu was? Ich g'hör' dem Pariserl zu -- und darf itzt kein anders Mannsbild mehr anschauen!

Hansel. Aber warum schau'n denn andere Frauen auf d' jungen Herren!

Annamiedl. Mein' Tugend ist fest wie ein hart's Holz!

Hansel. Also hab' ich keine Hoffnung mehr?

Annamiedl. Wisch' dir's Maul, sag' ich, und schau', daß d' mit heiler Haut zum Tempel h'naus kommst! Denn wenn dich der Pariserl erkennt, so bist hin!

Hansel. Aber, Miedl! --

Annamiedl. Marsch! sag' ich, ich kann dich nicht länger da b'halten!

Hansel. Wohlan, grausame Barbarin meines abzehrenden Herzens! -- (Heult.) Ich geh' itzt und komm' nimmer! Und wennst hörst, daß ich nimmer leb', so denk' sicher, daß ich tot bin -- als Geist will ich nachher kommen und Spektakel mit dir treiben -- du -- du bitterer Mandelkern meiner Lieb' -- du versalzene Mehlspeis' meines süßen Herzens! Leb' wohl! Ade! (Unter Schluchzen ab.)

Zwölfter Auftritt.

Annamiedl allein und Hansel, der horcht.

Annamiedl. Weg wär' er! Ein' gute Haut is er -- aber der reiche Pariserl is mir halt doch lieber! -- Aber itzt möcht' ich nur wissen, was 's denn mit der Kammer für eine Bewandtnis hat? Überall kann ich hingehen -- alle Kasten und Türen kann ich aufsperren -- (Hansel läßt sich sehen.) Nur die nicht? Kurios! Was mag da drin sein? -- Etwa Geld! -- Oder, Sapperment, vielleicht sitzt da gar ein Alraundl drin, von der er sein' Reichtum her hat? Miedl, das Kammerl soll'st visitieren, aber er hat's verboten! -- Vielleicht bloße Pfiff' von ihm? -- Wann mich niemand sehet, ich probieret's -- Ein bisserl hineingucken -- wird ja 'n Kopf nicht kosten! -- Tentare licet! (Sieht sich überall um.) Kein' Seel is da -- ein Dreherl -- und die Tür is offen! -- (Tut es.) Ah, bravo! (Sieht nochmal um.) Itzt husch -- in d' Kammer! (Wie sie im Kabinett ist, ertönt eine lustige Art Orgel- oder Glockenspiel, welches fortwährt.)

Dreizehnter Auftritt.

Hansel und dann Annamiedl.

Hansel (kommt nach einer Pause). Meiner Six! Sie geht hinein! Wann ihr was g'schieht? -- Bin ich ja bei der Hand -- itzt is ein Glück, daß 's Haustor g'sperrt war und ich nicht h'nauskönnen hab'! -- Was is das für ein' Musik? -- Wann's der Pariserl hört, so weiß er, daß sie in der Kammer war! -- Er massakriert s' -- und speist die Braut, in ein Pastetl eing'schlagen! Die Tür kracht -- sie kommt! (Zieht sich zurück.)

Annamiedl (schreit). Ju, hu, hu! Allo! Was da? (Kommt heraus, sinkt öfter in die Knie, wankt oder taumelt bis zu einem Sessel, die Haube schief auf, begeistert eine Rosogliobouteille in der Hand.) Das is ein Mandl von ein' Branntwein! -- Alle Pariserln sollen leben! Juhu! (Trinkt.)

Hansel. Lieber Himmel! Die hat ein' Sabel!

Annamiedl. Solche hofmannische Tropfen sein ein' wahre Medizin! -- Alle Branntweinbrenner soll'n leben! (Trinkt.) Tra la! La! La!

Hansel. Das is ein' saubere Metten! (Tritt vor.) Miedl!

Annamiedl. Wer da? (Die Musik hört auf.) Gut Freund!

Hansel. Nu freilich bin ich dein guter Freund.

Annamiedl. Was willst du wieder da, du treuer Wagenpummerl?

Hansel. Aber, Miedl! --

Annamiedl. Miedl hin! Miedl her! Ich bin Hausfrau! Du Hansel! Das is dir ein Kabinettel mit Krenn! Da is ein G'ruch drin, da gibt's Tropfen! -- Br, br! --

Hansel. Du hast ja ein' Rausch wie ein Nachtwachter! --

Annamiedl. Alle Wein: Tokayer, Österreicher, heurigen Rosoglio. Und ein' Schliwowitzer -- der tut's! (Trinkt.)

Hansel. Sing dein Schwaneng'sangel -- lang' lebst nimmer! --

Annamiedl. Is kein' G'fahr dabei! --

Hansel. Der Pariserl hat dir's verboten!

Annnamiedl. Und hernach --

Hansel. Er bringt dich um! --

Annamiedl (ängstlich aber nach und nach mit leichterer Stimme). Das wär' nicht übel! --

Hansel. Wer weiß, wieviel Madeln er schon verzehrt hat.

Annamiedl. Was wär' das?

Hansel. O Miedl, was hast du getan?

Annamiedl. Trunken -- nicht viel -- aber der schreckliche Weindunst da drin -- hat mich völlig verwirrt. --

Hansel. Hast vielleicht dein' Tod hineing'soffen! Aber ich will dich retten oder mit dir ins Totenzettel kommen!

Annamiedl. Mach' mir nicht bang! -- Der Pariserl wird doch nicht 's Teufels sein! Ich lauf' davon!

Hansel. Später! 's Haustor is zu!

Annamiedl (rauft komisch ihr Haar). Auweh, Hansel, hilf! --

Hansel. Wir sein alle zwei verlesen! -- Still -- der Thaddädl kommt! Der Kerl hat ein Herz wie ein Milchraumstrudel -- vielleicht laßt er uns bei'm Loch hinaus! --

Annamiedl. Wannst das z'wegen bringst, so werd' ich dein Weib!

Hansel. Topp! Itzt geht's z'samm'!

Vierzehnter Auftritt.

Vorige. Thaddädl.

Annamiedl und Hansel (ihm zu Füßen). O Thaddädl! --

Thaddädl. Nu, was soll's sein? --

Hansel. O hilf uns diesmal aus der Patsch'! --

Annamiedl. Ich hab' ein' dummen Streich gemacht!

Thaddädl. Und etwa gar in der Kammer --? (Sieht danach hin.)

Hansel. G'soffen wie ein Postknecht! --

Thaddädl (wirft beide Knieenden um, dann komisch-tragisch). Unglückliche Seelen! -- Macht 's Testament!

Annamiedl. Mach' mich nicht lachend! -- (Ernst.)

Thaddädl. Ohne Pardon! Du bist hin! -- (Zieht den Schlüssel von der Kabinettstür ab.) Du kannst nix leugnen, der Bart ist abgedreht!

Hansel (nimmt den Schlüssel). Hab' ich's nicht gleich g'sagt? (Weinerlich.)

Annamiedl. O goldener Thaddädl, erbarme dich!

Thaddädl. Was kann ich tun? 's Haustor is zu und keine Katzen seid's nicht, daß ihr über d' Dächer kraxeln könnt's!

Annamiedl. Der verdammte Durst! --

Hansel. Wann wir nur den Brüdern ein Aviso geben könnten!

Thaddädl. Das laßt sich hören! Aber hilf' ich euch -- so jagt mich mein Herr zum Teufel! --

Annamiedl. Ich will für dich sorgen! --

Hansel. Und ich für dich betteln gehn! --

Thaddädl. Honett! Meinetwegen! -- Da hab' ich so mehr Schläg' als z' essen. -- Topp, ich hilf' euch! (Hansel und Annamiedl stehen auf.)

Thaddädl. Hört's mich an -- sobald der Pariserl kommt -- schleich' ich beim Tor hinaus -- und hol' die Brüder. --

Annamiedl. Auf'n Neubau »bei der Unmöglichkeit« hab'n s' ein Ausziehn!

Thaddädl. Und bring s' herunter, eh er d' Jungfer zu der despektabeln schamhaften Straf' verurteilt. --

Annamiedl. Auweh! Ich hör' gehn!

Thaddädl (schaut). A das is nur 's angehende ungarische Eh'paar!

Hansel. Miedl, nimm dich z'samm'!

Annamiedl. Wann ich nur ein' schwarzen Kaffee hätt' --

Thaddädl. St! Sie kommen!

Fünfzehnter Auftritt.

Vorige. Knofelhändlerin und der Heubauer, in der Folge zweite Knofelhändlerin.

Knofelhändlerin. Ah, da is ja neue Mahm!

Heubauer. Sein wir da, der Wiener-Mahm ein' kleine Unterhaltung z'machen.

Knofelhändlerin. Mit schöne Arielied und kleine Ungarminett.

Heubauer. U, tanzt mein Schatz wie Master, wirft sie Füß' hin und her wie narrisch, wann hat sie Gusto auf Tanz!

Knofelhändlerin. Is wohr a -- is keine in ganzen Komitat, die kann so schön machen eine Tanz, wie kleine Knofelmadel!

Annamiedl. Der Teufel hol' das Bandl!

Hansel. Laß s' tun, was s' wollen, so nücht'st derweil ein bisserl aus!

Thaddädl. Wer seid's denn eigentlich?

Heubauer. I bin Heubauer und weiter Vetter von Pariserl -- will a zuschaun bei Hochzeit und trinken gute Glasel Wein!

Thaddädl. Und die?

Knofelhändlerin. Bin sein' Braut und Mahm von Haus da!

Hansel. Also der Herr is ein' Seitenlinie von Faßziehern?

Heubauer. Ja, ja!

Thaddädl. Und was macht denn die ungarische Kleinigkeit in Wien?

Knofelhändlerin. I? Nu wart', will i dir sagen, was mach' i in der Wienstadt.

Ariette.

Bin i ungarische Madel,
Sitz' auf Neue Mark allweil
Und verkaff dort Lorbeerblattel,
Hab' a Zwiebel, Knofel feil!
Bin i Mahm von dem Parisel
Und hab' kleine saubre G'frisel,
Darum kafen viele Herrn
Meinen Zwiebel, Knofel gern.

Zweite Knofelhändlerin. Teremtete! Was laßt's ihr mi so lang allan? -- Ah, da is ja Schwester! Und da frische Wiener-Mahm! (Zu Annamiedl.) Bin i a Anverwandte von ganzer Haus und ledig -- kann i alli Viertelstund heuraden -- (zu Thaddädl) wann find't sich ein Mann!

Thaddädl (leise). Bin kein Liebhaber von fettem Essen!

Heubauer. Nu, so kommt's, Schwägerin! Machen wir so kleine Rutscher und tanzen wir, daß fliegt Staub davon!

Zweite Knofelhändlerin. So vergeht der Mahm der Schlaf und wir kriegen Appetit auf Hochzeitschmaus!

Erste Knofelhändlerin. Bin i a dabei mit meine ungarische Haxel! Ju, ju!

Annamiedl. Ju, ju! Ich g'freu' mich drauf, denn so was hab' ich nicht g'sehn seit der letzten Freikomödie! -- (Nun folgen die Tänze, nach denselben die Tänzer ab.)

Sechzehnter Auftritt.

Vorige. Pariserl.

Pariserl (kommt noch unter dem Tanz, bleibt zurück, dann vor). Nu, wie geht's, mein lieb's Biskotten-Wandl?

Annamiedl. So -- so! (Bekommt ein Schluchzen.)

Pariserl. Was is dir denn, mein Kind? Du bist ja schwach?

Annamiedl. Nein, ich -- hab' nur meine Krämpfungen g'habt!

Pariserl. Du hast ja 'n Schnakerl!

Annamiedl. Weil -- weil -- ich über'n Thaddädl so g'lacht hab'.

Hansel. Ja! -- Er hat g'lacht, sie hat g'lacht -- und wir hab'n mitsammen g'lacht.

Pariserl (leise). Ich hab' Verdacht! -- (Laut.) Schwägerin, ich möcht' mit meiner Braut ein bissel allein sein -- Thaddädl, führ' d' Frau derweil in d' Speis' hinaus! Dort gibt's kalte schweinerne Brateln -- vielleicht schmeckt ihr was!

Hansel. Hab' gar nicht viel Appetit!

Thaddädl. Venez avec moi! (Hansel und Thäddädl langsam ab.)

Siebenzehnter Auftritt.

Pariserl und Annamiedl.

Pariserl. Wie hast dich denn derweil unterhalten?

Annamiedl. So so! Aber so bald bist da?

Pariserl. Die Tagsatzung is verschoben worden! Sei so gut und gib mir d' Schlüsseln wieder!

Annamiedl. Die -- die Schlüsseln? --

Pariserl. Ja! --

Annamiedl (gibt ihm solche). Da, da!

Pariserl. Wo ist denn der goldene?

Annamiedl. Der is -- in mein' Zimmer!

Pariserl. Geh, hol' mir 'n her!

Annamiedl. Gleich werd' ich dir 'n apportier'n! (Schwankt ab.)

Pariserl (allein). Ihr Ambra! Ihr Wackeln! -- Sollt' s' etwa gar? -- (Geht zur Tür und stößt sie auf.)

Aria.

Ha, Falsche! Die Türe offen!
Und sie obendrein besoffen! --
Ja, sie hat, Potz Stein und Blitzer --
Mir gekost' mein' Schliwowitzer! --
Nun darfst du mich nicht mehr dutzen,
Und solang' ich Gall' noch hab',
Mußt d' zur Straf in Keller h'nab
Und mir dorten Fässer putzen!

Achtzehnter Auftritt.

Pariserl. Annamiedl, in der Folge Hansel.

Annamiedl. Da -- da is der Schlüssel! --

Pariserl. Ha, -- ohne Bart? -- Hab' ich dich attrapiert, neugieriges Weibsbild?

Annamiedl. Gnad' -- nur nicht umbringen! --

Pariserl. Straf' muß sein! Du rutscht mir nimmer aus! Trunken hast -- du mußt büßen! -- Hat dir mein Schliwowitzer g'schmeckt, so wirst du zur Straf' in mein' Keller gehn und dort Fässer wischen.

Annamiedl. O unmenschlich!

Pariserl. Nutzt kein Rühren, ich richte die Bürsten und d' Fetzen -- und wann ich dich ruf', so kommst hinunter! -- Verstanden, du Neugierd's-Teufel! (Hebt die Kellertür auf, laßt sie offen und steigt hinab.)

Annamiedl (allein). O! Ah! Die Mattigkeit! Der Schrecken -- der verfluchte Branntwein! -- Und die Schand' vorm ganzen Burgtor! Ich -- die schöne Annamiedl, soll Fässer wischen? Nimmermehr! Eh' nehm' ich Mausgift und Glasscherben! Aber vielleicht kommt Hilfe. -- Meine Brüder sein gut auf'n Füßen und stark von Knochen. O Himmel, erbarme dich und laß mich nur nicht Fässer wischen! -- (Hansel kommt hastig.) Nu, Hansel, wie is 's?

Hansel. Der Thaddädl is schon lang fort -- d' Brüder müssen den Augenblick da sein.

Annamiedl. Très bien, wann's wahr is! -- Stell' dir vor, die schreckliche Straf' auf ein klein's Räuscherl -- Fässer soll ich wischen!

Hansel. Nicht schlecht, aber ich hab' gleich so was g'spannt! Siehst da die G'mäld'! -- Sie hätten dich vermutlich warnen sollen.

Annamiedl. Nu, schmecken kann ich ja so was nicht! -- Freilich da -- (auf die Bilder) da trinken zwei Weibsbilder, denen schmeckt's, wie mir zuvor -- und da -- (mit komischem Entsetzen) uh, uh -- da -- da putzt eine schon Fässer und die andere -- ha, Unmensch, die andere reibt ein' Boden von einer Wachtstuben aus! O! O! --

Hansel. Miedl! Tröst' dich! --

Annamiedl. O! Meine schöne Händ' sein beim Teuxel -- diese Hand -- nur zum Kuß g'macht, soll den Waschel ergreifen! -- Uh! Uh! (Rauft ihr Haar.) Ich bin verloren! -- Hansel, wenn er eher heraufkommt, als meine Brüder kommen, so hilft nix, ich muß putzen! --

Hansel (schaut zum Fenster). Weiß der Teufel a, wo s' bleiben! --

Annamiedl. Mir wird all'weil ängstlicher, meine Knie zittern, als wär' ich d' ganze Nacht auf ein' Tanzboden g'west, der Kopf tut mir weh, vom Rausch -- (erschrickt) ha, schon hör' ich ihn gehn mit der Bürsten in der Hand, schon seh' ich, wie er mich in Weinkeller hinabschleppt, wie ich mit rastloser Müh' von den Fässern inwendig den Bleizucker wegreiben muß, erschrecklich! O, um Himmels willen, Hansel, lieber Hansel, siehst denn noch nichts?

Hansel. Kein Bresel! --

Annamiedl. O ich Ärmste! -- Jetzt sieh' ich's ein, daß 's g'scheiter is, arm heiraten als so ein' groben reichen Schliffel zum Mann haben. --

Hansel. Gelt, Miedl? --

Annamiedl. O Hansel! -- Wie hab' ich dich plantiert! Hast g'wiß eine rechte Gall' über mich?

Hansel. Der Teufel soll mich holen, wenn ich dir gram bin! --

Annamiedl. Gute Haut! -- Aber zu was Hoffnungen! Meine Brüder kommen nicht -- (mit Affekt) er übt sein' Rach' an mir -- und ich mit mein' Nerverln bin ein Raub seiner Gall'! O Himmel, nur dasmal hilf -- sonst bleiben wir im Pfeffer! -- Aber, mein Gott! -- Jede Minuten bringt mich dem Keller näher! -- (Immer steigend.) Hansel! -- Rette, rette mich, schlag 'n Pariserl vorn Kopf oder -- ha -- gerechter Himmel -- Hansel, er nähert sich! Hansel, Hansel, siehst du denn noch nichts? --

Hansel. Kein' Fuß von ein' Brudern -- g'schweige mehr! --

Annamiedl. So bin ich weg! --

Hansel. Das wär' mir nicht lieb! --

Neunzehnter Auftritt.

Vorige. Thaddädl außer Atem.

Thaddädl. Ach, ach!

Annamiedl. Kommen s'?

Thaddädl. Den Augenblick, sie zahlen nur! --

Hansel. Wo hast du s' g'funden? --

Thaddädl. Im Bierhaus »bei der Hopfenstangen«!

Annamiedl und Hansel. Wohl uns!

Hansel. Ha, jetzt kommt der Blutigel!

Annamiedl. Er macht ein G'sicht wie ein Burggeist!

Thaddädl. Und prügeln kann er wie ein Korporal!

Zwanzigster Auftritt.

Vorige. Pariserl. Lippel. Jörgel. Sepherl. Wastl. Alles Volk.

Finale.

Pariserl (kommt herauf, ergreift sie). Marsch, jetzt, Miedl, steig' hinab!

Thaddädl. O Pariserl, laß doch ab!

Hansel. Laß, sag' ich, beim G'nack sie aus!

Pariserl. Komm, der Chignon muß sonst h'raus!

Thaddädl und Hansel. O Pariserl, still' dein' Wut!

Pariserl. Gelt, mein Branntwein, der war gut?

Thaddädl und Hansel. Hab' Erbarmen!

Pariserl. Keine Gnad'!

Thaddädl und Hansel. Wie er sich verbissen hat!

Annamiedl (will sich retten, ruft): Gnade, Pariserl!

Chor von außen . Auf zur Rache, eilt herbei!

Pariserl. Was gibt's wieder für Kei'rei!

Sepherl (eilt herein).

Herr, ist dir dein Buckel lieb,
So verlier' dich, sonst gibt's Hieb'!
Denn der Miedl ihre Brüder
Kommen wild als wie die Widder!

Pariserl (läßt Annamiedl aus und strickt sich auf). Faßzieher gegen Sesseltrager?

(Lippel, Jörgel, Sepherl und viele Sesseltrager mit Sesselstangen und Leitern treiben mehrere Faßzieher zurück. -- Knofelhändlerin, Heubauer und Liesel.)

Lippel und Jörgel. So, du sauberer Herr Schwager!

Sepherl, Knofelhändlerin, Heubauer.

's Madl wollt'st du so seckier'n
Und zum Fässer putzen führ'n?
Auf, zur Rache! Bürscherln, auf
Hängt den bei den Füßen auf!

(Deutet auf Pariserl. -- Handgemenge, worin die Faßzieher das kürzere ziehen.)

Chor.

Fechtet, ballt die Fäuste fest,
Gebt den Tragern ihren Rest,
Faschet sie zu ihrer Schand
In ihr eignes Ehrenband!

(Die Faßzieher werden in ihren eigenen Stricken, die sie um den Leib haben, auf einen Haufen zusamm'geschnürt und Pariserl in Keller geworfen, auf dessen Türe sich Thaddädl hinpflanzt. Annamiedln wird bereits von ihren Brüdern Hansels Hand in die ihre gelegt, die sich gegen die sesseltragerischen Ehrenbezeigungen huldreich links und rechts verneigt. Ober Annamiedls, Hansels und der zwei Brüder Köpfen bilden die übrigen Sesseltrager mit ihren Stangen und Riemen eine Art Glorie.)

Schlußchor.

Siegreich gehn wir nun vor's Türl!
Vivat, Hansel, Annamiedl!
Laßt den Tag uns festlich weihn,
Heut' muß alles b'soffen sein!

Ende.


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