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Vierter Akt.

Erste Scene.

Fritz allein, hernach Lafleur.

(Er schüttelt sich) Oho! da hatten sie mich wieder in der Klemme. Schade, daß der Major sich so bald verrieth, es hätte noch tausend Spaß geben können. Aber wo war denn Selicour? der darf doch nicht so ganz leer ausgehn. Ich habe geschworen, ihm eine Schellenkappe aufzusetzen, und ein ehrlicher Mann hält sein Wort. (er ruft in das Vorzimmer). He! Lafleur! komm herein.

Lafl. (kömmt.)

Fritz. Wo ist dein Herr?

Lafl. Er war verdrüßlich und ging zum Pfarrer.

Fritz. Zum Pfarrer? was macht er da?

Lafl. Sie spielen Trictrak miteinander.

Fritz. Geh, hol ihn her, aber geschwind! ich habe ihm nothwendige Dinge zu sagen.

Lafl. (ab.)

Fritz. (allein) ^Er soll denn doch die Postpferde nicht umsonst bestellt haben. Aber wenn er mir nicht traute? Verdenken könnt' ichs ihm eben nicht, denn er hat schon einige Pröbchen von meiner Manier gesehen. Halt! da ist ja noch Babets Brief an ihren Vater, den sie mir diesen Morgen gab. Eine Addresse hat er nicht wenn der Inhalt (er durchläuft den Brief flüchtig) vortrefflich! der Inhalt ist allerdings zweydeutig; als ob wir es verabredet hätten. Ich höre den windigen Patron auf der Treppe. Komm nur, komm nur.

 

Zweyte Scene.

Fritz und Selicour.

Sel. Was beliebt?

Fritz. Gute Nachrichten von Cousine Babet.

Sel. Wollen Sie mich etwa wieder zum Narren haben?

Fritz. Gott bewahre!

Sel. Den Kuhstall vergesse ich Ihnen nicht.

Fritz. War es denn meine Schuld, daß Babet durch den Platzregen verhindert wurde?

Sel. Spitzbüberey.

Fritz. Hören Sie mich nur, und Sie werden mein redliches Herz kennen lernen.

Sel. Nun, was giebts?

Fritz. Man will Babet verheirathen.

Sel. Ein neues Mährchen.

Fritz. Den Henker auch! der Bräutigam ist schon im Hause.

Sel. Wer? wo?

Fritz. Ein verdammt putziger Kerl, ein gewisser Major Turteltack, der von nichts als von Nas' und Ohren abhauen spricht.

Sel. Wo wär' er denn?

Fritz. Im Speisezimmer. Hätten Sie nicht Trictrack mit dem Pfarrer gespielt, wer weiß, ob Sie noch lebten.

Sel. (erschrocken) Wie so?

Fritz. Ich sage Ihnen, der Kerl ist grimmig wie Simsons Löwe, und sieht aus wie Methusalem in Dragoneruniform.

Sel. Wie kömmt er denn so plötzlich hieher?

Fritz. Die Tante hat ihn verschrieben, um Babet los zu werden.

Sel. Und was sagt Babet?

Fritz. Sie ist außer sich; sie will mit Ihnen davon laufen, je eher je lieber.

Sel. Wer Ihnen trauen dürfte.

Fritz. Ungläubiger Thomas, da, da ist ein Brief von Babet. Nun werden Sie mir doch wohl trauen?

Sel. Ein Brief an mich?

Fritz. Lesen Sie, lesen Sie.

Sel. (liest) »Retten Sie mich! ich kann es hier nicht länger aushalten. Die zärtlichste Liebe soll Sie belohnen. Ich will, wenn es seyn muß, Hunger und Kummer mit Ihnen ertragen, nur führen Sie mich fort von hier, so bald es nur immer möglich ist. Mein Cousin Hurlebusch bestellt diesen Brief; er meint es gut mit mir, mit ihm können Sie Alles verabreden. Ihre bis in den Tod getreue Tochter Babet.« Tochter? warum Tochter?

Fritz. Da sehn Sie, die Angst hat ihr die Sinne verwirrt, drum eilen Sie

Sel. Ja, ich will sie retten, das liebe, zärtliche Mädchen!

Fritz. Sind die Postpferde bestellt?

Sel. Auf meinen Wink.

Fritz. So kommen Sie um Mitternacht hierher.

Sel. (stutzt) Um Mitternacht? hier in diesen Saal?

Fritz. Nun freylich, hier ist ja Babets Schlafzimmer.

Sel. Ihr ja ich fürchte mich eben nicht aber da hat mir der verdammte Pfarrer Dinge in den Kopf gesetzt.

Fritz. Was für Dinge?

Sel. Es soll hier im Schlosse nicht recht geheuer seyn.

Fritz. Possen.

Sel. Besonders soll in diesem Saale sich oft eine weiße Gestalt sehn lassen, eine Ahnfrau Ihrer Familie

Fritz. Jetzt besinne ich mich, die Tante hat mir auch bisweilen davon erzählt.

Sel. Nun muß ich Ihnen meine Schwachheit gestehn: mit lebendigen Menschen binde ich an, und wenn es ihrer ein Dutzend wären; aber mit Gespenstern

Fritz (bey Seite) Halt! das können wir brauchen. (laut) Sie haben Recht, es ist kein Spaß mit Geistern. Man haut sie mitten von einander, und sie fließen wieder zusammen wie Quecksilber. Wissen Sie was, ich bin ein Seelen guter Kerl, ich will Ihnen Babet zuführen.

Sel. Wollten Sie das?

Fritz. Vor mir wird die Ahnfrau schon Respect haben, ich gehöre ja mit zur Familie. Halten Sie nur Punct 12Uhr die Postschaise an der Gartenthür bereit.

Sel. Das soll geschehn.

Fritz. Bleiben Sie in einer kleinen Entfernung auf Ihrem Courierpferde, und so bald Sie hören, daß Jemand in den Wagen gehoben wird, so jagen Sie nur in Gottes Namen voraus.

Sel. Das will ich.

Fritz. Den Kutscher müssen Sie instruiren, daß er in vollem Gallopp hinter Ihnen drein fährt.

Sel. Ueber Stock und Stein.

Fritz. So machen Sie schnell Ihre Anstalten.

Sel. In zehn Minuten. (ab.)

Fritz. (allein) Ha! ha! ha! eingefädelt wäre die Sache recht gut. Nun, Zufall! du allgemeine Weltseele! nun ist es an dir, den Faden zu verarbeiten.

 

Dritte Scene.

Fr. v. Langsalm und Fritz.

Fr. v. Langs. Vetter, du hast wieder sehr dumme Streiche gemacht.

Fritz. Liebe Tante, das haben Sie mir ja bey Tische schon hundertmal gesagt.

Fr. v. Langs. Deine beyden alten Oncles an einander zu hetzen

Fritz. Sie haben sich ja nicht todt geschlagen.

Fr. v. Langs. Den Vater mit der Tochter verkuppeln zu wollen.

Fritz. Sie haben sich ja nicht geheirathet.

Fr. v. Langs. Sage mir nur! wenn eher du endlich einmal vernünftig werden wirst?

Fritz. Ach gnädige Tante! wenn Sie wüßten, welche Veränderung seit einer Viertelstunde mit mir vorgegangen

Fr. v. Langs. Mit dir? das wär' ein Wunder.

Fritz. Ja, ein Wunder ist es auch. Sehen Sie nicht, wie ich noch zittre? wie blaß ich bin?

Fr. v. Langs. Was ist dir widerfahren?

Fritz. Ich hatte mich hier ein wenig in des Oncles Sorgenstuhl gesetzt, und war eingeschlummert. Da erschien mir im Traume unsere Ahnfrau, von der Sie mir einigemal erzählt haben. Sie sah mich grimmig an, und machte mir Vorwürfe, daß ich Doris noch nicht geheirathet.

Fr. v. Langs. Siehst du Vetter! sogar die Geister

Fritz. Ich habe nie daran geglaubt. Auch im Traume versucht' ich noch ihrer zu spotten. Aber da sprach sie mit einer hohlen, fürchterlichen Stimme: Fritz Hurlebusch! ich lade dich um Mitternacht in diesen Saal. Dann will ich dir wachend erscheinen, und wenn du auch dann noch nicht gehorchst, dann wehe! wehe! wehe!

Fr. v. Langs. Weiter.

Fritz. Bey dem letzten Wehe erwachte ich und schauderte.

Fr. v. Langs. Und was hast du beschlossen?

Fritz. Rathen Sie mir, liebe Tante.

Fr. v. Langs. (bey Seite) Das könnte man nutzen. (laut) Gesetzt, mein lieber Vetter, du hättest den Muth, dich hier einzufinden, und die Ahnfrau erschiene dir wirklich, und wiederholte ihre Drohung; was würdest du thun?

Fritz. Ich würde Sie bitten, auf morgen meine Hochzeit mit Doris zu veranstalten.

Fr. v. Langs. Ist das dein Ernst?

Fritz. Ach! wenn man eben mit Geistern conversirt hat, so ist Einem gar nicht spaßerlich zu Muthe.

Fr. v. Langs. (bey Seite) Warte, Bursche! die Ahnfrau soll dir erscheinen.

Fritz. (bey Seite) Sie geht in die Schlinge.

Fr. v. Langs. Sage mir doch, wie sah sie aus?

Fritz. Eine lange, weiße Gestalt, ungefähr wie eine Nonne.

Fr. v. Langs. Ganz recht, so wird sie beschrieben. Nun Vetter, es ist schon über halb zwölf. Die Andern werden auch gleich schlafen gehn, und ich bin viel zu furchtsam, ich bliebe nicht einen Augenblick länger hier. Aber fasse nur Muth, wenn der Geist dir erscheint, er wird dir nichts zu Leide thun. Ich krieche indeß in mein Bett, und ziehe die Decke über den Kopf. (sie geht in ihr Zimmer.)

Fritz. (allein) Ich verstehe, meine gnädige Tante. Sie müssen früher aufstehn, wenn Sie mich überlisten wollen. Warte, du sollst bezahlt werden.

 

Vierte Scene.

Doris. Fritz.

Dor. (gähnend mit einem Licht in der Hand) Das fehlte noch, daß ein langweiliger Oncle herkäme, um uns seine Heldenthaten zu erzählen, bis wir Alle dabey einschlafen. (zu Fritz) Gute Nacht, Spitzbube. (sie will in ihr Zimmer.)

Fritz. O schönes Mühmchen, verweilen Sie doch noch einen Augenblick.

Dor. Wozu? ich bin schläfrig.

Fritz. Schon seit einer halben Stunde hab' ich auf Sie gelauert.

Dor. Was wollen Sie von mir?

Fritz. Ich habe etwas auf dem Herzen.

Dor. Vermuthlich wieder eine Schelmerey.

Fritz. Die Sie mir ausführen helfen.

Dor. Ich? warum nicht gar.

Fritz. Was gilt die Wette? Sie wissen doch, daß ich Sie heirathen soll?

Dor. Soll? sehr galant.

Fritz. Auch will.

Dor. Wirklich? seit wann?.

Fritz. O ich habe immer gewollt, nur nicht so wie die Tante nach ihrem alten Schlendrian. Im Sonntagsrock um ein Mädchen anhalten, von Vater und Mutter das Jawort empfangen, in Gegenwart der ganzen Familie verlobt werden, und endlich die fromme Braut, köstlich geputzt, zur Trauung führen, um unter reichlichen Thränenströmen aller alten Tanten ein herzbrechendes Ja hervorzustammeln sehn Sie, liebe Cousine, das ist meine Sache gar nicht, ist auch schon längst aus der Mode.

Dor. Nun, wie denn anders?

Fritz. Eine Entführung über Hals und Kopf, eine Trauung holterpolter! das ist lustig! so springt sichs mit Vergnügen in den Ehestand hinein, und wenn Sie Lust haben

Dor. Sind Sie toll? wozu ist das nöthig? da wir ganz gemächlich mit Einwilligung meiner Eltern

Fritz. Das ist ja eben das Anstößige bey der Sache. Fritz Hurlebusch, der muthwilligste Jüngling zehn Meilen in die Runde, soll sich vermählen wie ein alter Criminalrath. Nein, wahrlich, das geht nicht. Lieber bleib' ich Zeit meines Lebens ein Junggesell.

Dor. Wunderlicher Mensch. Und wie wäre denn Ihr Plan?

Fritz. Der einfachste von der Welt. Eine Postchaise steht hinten vor der Gartenthür, Sie schleichen um Mitternacht aus Ihrem Zimmer, ich führe Sie in den Wagen, und heydi! auf und davon. Wir kutschen die Nacht im Walde herum, das ist romantisch; den andern Morgen lassen wir und ein paar Meilen von hier kopuliren, kehren Abends im Triumph zurück, und lachen die Tante mit ihren großen Hochzeitsanstalten wacker aus.

Dor. Daraus wird nichts.

Fritz. So? das thut mir leid, dann wird aus der ganzen Sache nichts.

Dor. (spöttisch) Meinen Sie etwa, mir sey so viel daran gelegen?

Fritz. Nun, ich dächte doch, ein flinker Bursch, mit einer halben Million im Vermögen

Dor. Der täglich eine halbe Million dumme Streiche macht

Fritz. Der unter Ihrer Leitung bald eine zahme Kreatur werden würde

Dor. Ja, wenn ich das wüßte

Fritz. Ich schwör' es bey allen Göttern und Halbgöttern!

Dor. Nun, ich will mir den drolligen Vorschlag überlegen. Gute Nacht.

Fritz. Ueberlegen? bewahre der Himmel! Ueberlegung würde die ganze Sache verderben, würde ihr das Pikante rauben. Eins, zwey, drey, husch, husch, husch, jetzt gleich auf der Stelle.

Dor. Faseln Sie?

Fritz. Die Postschaise ist schon vor der Gartenthür.

Dor. Sind Sie rasend?

Fritz. Schönes, allerliebstes Mühmchen! besinnen Sie sich nur nicht lange. Es giebt eine scharmante Expedition. In wenig Stunden sind wir Mann und Frau, und haben Stoff zum Lachen für unser Leben.

Dor. Sprechen Sie im Ernst?

Fritz. Ich brenne vor Begierde, Sie in den Wagen zu heben.

Dor. Und der Wagen ist wirklich schon da?

Fritz. Aus Ihrem Fenster können Sie ihn erblicken.

Dor. (bey Seite) Die Sache wäre freylich so am schnellsten abgethan.

Fritz. (bey Seite) Sie beißt an.

Dor. (laut) Aber noch schläft Niemand, die Domestiken werden uns gewahr.

Fritz. O, dem hab' ich schon vorgebeugt. Sind Sie bang vor Gespenstern?

Dor. Lächerliche Frage! ha! ha! ha! Gespenster!

Fritz. Desto besser. Sie wissen doch, daß man behauptet, es spuke hier im Hause?

Dor. Alberne Possen.

Fritz. Eine weiße Frau lasse sich sehn?

Dor. Kindermährchen.

Fritz. Freylich, freylich. Aber es dient in unsern Kram. So bald die Glocke zwölfe brummt, nehmen Sie Ihr Bettlaken um den Kopf, und marschiren mit abgemessenen Schritten gerade durch den Garten, so wird kein Mensch sie aufhalten.

Dor. Drolliger Einfall. Und wo finde ich Sie?

Fritz. Im Garten, neben der Statüe des Jocus.

Dor. Wohlan, ich will Ihren Wunsch erfüllen, doch nur unter der Bedingung, daß Sie in Zukunft keinen andern Willen haben, als den meinigen.

Fritz. Allerdings.

Dor. Wie spät ist es?

Fritz. Bald Mitternacht.

Dor. So halten Sie sich bereit. So bald Cousine Babet in ihre Kammer geht, werfe ich das Tuch über und erscheine. (ab.)

Fritz. (allein) Das giebt einen herrlichen Spectakel!. Nun wollen wir es ruhig abwarten. Aber wo? hier im Saale wäre mirs am liebsten Ich höre kommen ohne viele Umstände. (er schlüpft unter den Tisch)

 

Fünfte Scene.

Babet, Langsalm und der Major. Fritz.

Langs. (dem Major ein Zimmer anzeigend) Hier, Bruder, ist dein Schlafzimmer. Und nun für heute Basta! es war ein saurer Tag. Vor morgen Nachmittag um 3Uhr soll mich niemand wecken, hörst du, Babet? Gute Nacht, Bruder!

Maj. Gute Nacht, du Siebenschläfer.

Langs. Ach, wollte Gott, du sprächst wahr! und ich könnte einmal die Wollust genießen, 7Jahre hinter einander der köstlichen Ruhe zu pflegen. (ab in sein Zimmer.)

 

Sechste Scene.

Babet. Der Major. Fritz versteckt.

Bab. Lieber, bester Vater! Das Glück, Sie endlich in meine Arme zu schließen noch kömmt es mir vor, als ob ich träumte.

Maj. Donner und Wetter! Mädel, du bist groß und hübsch geworden.

Bab. Ich bin gut geworden, das darf ich von mir rühmen.

Maj. Gut, ja wahrlich! ohne deine kindlichen Wohlthaten hätte ich oft darben müssen.

Bab. Wie, mein Vater?

Maj. Sage mir nur, wo du so viel Geld herbekömmst?

Bab. Was für Geld?

Maj. Nun, du hast mir doch seit 3 Jahren ansehnliche Summen geschickt.

Bab. Ich?

Maj. Mein Bruder ist nicht Herr über einen Groschen, und meine Schwägerin hätte ich kaum für so freygebig gehalten.

Bab. Ich verstehe Sie nicht.

Maj. Blitz und Knall! ich merke schon, du leugnest aus Delicatesse.

Bab. Nein, wirklich

Maj. Schon gut, morgen mehr davon. Jetzt will ich schlafen gehn. Es ist mir lieb, daß der muthwillige Bursche mir heute Abend nicht mehr in den Wurf gekommen; Potz Element! ich wollte ihn gefuchtelt haben.

Bab. Ach, lieber Vater, seinen Muthwillen ausgenommen, ist er der beste Mensch von der Welt.

Maj. Ich zweifle. Der Streich, den er mir heute gespielt

Bab. Ein Jugendstreich, deren er freylich täglich begeht, aber die er auch täglich durch schöne Handlungen wieder gut macht.

Maj. Nun, das gebe Gott!

Bab. Er ist der Wohlthäter des ganzen Dorfs; auch ich verdanke ihm meine wenigen frohen Stunden. Im Vertrauen, lieber Vater, ich glaube, er liebt mich, und ich bin ihm von ganzem Herzen gut.

Maj. Wirklich?

Bab. Es scheint ihm Ernst, mich zu besitzen, und ich würde sehr glücklich mit ihm seyn.

Maj. Mit dem Sausewind?

Bab. O ich kenne sein Herz.

Maj. Nun, ich will es doch auch kennen lernen. Aber für heute sehne ich mich nach nichts weiter, als nach der Bekanntschaft mit Eurem Bette. Schlaf wohl, mein Kind. (er küßt sie auf die Stirn) Ich fühle, daß ich recht sanft ruhen werde. (geht in sein Zimmer.)

Bab. (indem sie die Lichter im Zimmer auslöscht) Schlafen werde ich kaum aber süße wachende Träume werden mich umgaukeln. Fritz! Fritz! ich darf dir nicht merken lassen, wie sehr ich dich liebe. (ab in ihr Zimmer.)

 

Siebente Scene.

Fritz allein.

(Er steckt nur den Kopf unter dem behangenen Tisch hervor.)

Liebst du mich wirklich? nun, so will ich auch ein ordentlicher Mensch werden, oder der Teufel soll mich holen! – Ich will gar keinen muthwilligen Streich mehr machen, oder höchstens doch nur Einen in acht Tagen. – Horch! es schlägt Zwölf. (man hört eine Uhr schlagen) Die Geisterstunde. Gut, daß Babet kein Licht brennen ließ; der Mondschein macht das Ding noch grausiger. Mich deucht, ich höre schon ein Paar Pantoffeln schlurfen. (er zieht sich etwas zurück.)

 

Achte Scene.

Fr. v. Langsalm. Doris. Fritz.

Fr. v. Langs. (in einen langen Pudermantel mit Aermeln gehüllt, doch so, daß die Aermel schlaff herunter hängen, auf dem Kopfe eine hohe und breite altmodische Haube, mit einem Schleyer.)

Dor. (tritt gegenüber aus ihrem Zimmer in ein Bettlaken vermummt.)

Fr. v. Langs. (im Heraustreten leise) Er ist noch nicht da.

Dor. (eben so) Eine unbequeme Promenade. Was thut man nicht um einen reichen Mann. (Beyde kommen einander nach und nach ziemlich nahe, werden sich plötzlich gewahr, und schreyen ganz mörderlich. Doris läßt ihr Bettlaken fallen, Frau von Langsalm wirft Pudermantel und Haube von sich; beyde fliehen in ihre Zimmer.)

Fritz. (ist halb unter dem Tische hervorgekrochen, stemmt knieend beyde Arme in die Seite, und lacht, bis er nicht mehr kann. Endlich steht er auf und kömmt hervor) Aha! meine schönen Damen! ihr werdet keine Geisterkomödie wieder aufführen, wie? das Schlachtfeld ist mit Bagage bedeckt. Das Bettlaken meiner keuschen Cousine habe ich erobert und den Pudermantel meiner Tante und eine Haube von Anno50. Aber der Spaß ist doch nur halb. Sie sind beyde davon gelaufen. Wen soll Ritter Selicour denn nun entführen? Verdammt! ich habe mein Wort gegeben, ihm eine Dulcinea zu verschaffen wie fange ich das an?

 

Neunte Scene.

Herr v. Langsalm im komischen Nachthabit mit einer Lampe, kommt aus seinem Zimmer. Fritz.

Langs. Was ist denn hier für ein grimmiger Spectakel? kann man denn nicht einmal des Nachts die edle Ruhe genießen?

Fritz. (bey Seite) Du kömmst mir eben recht.

Langs. Vetter, was machst du hier so spät?

Fritz. Ach bester Oheim! ich habe ein schwarzes Complott entdeckt.

Langs. Schwarz oder weiß, man soll mich schlafen lassen! hörst du? schlafen lassen.

Fritz. Auch wenn Sie Gefahr laufen, Ihr kostbarstes Kleinod zu verlieren?

Langs. Mein kostbarstes Kleinod ist meine Ruhe.

Fritz. Aber die Tante? Ihre geliebte Gemahlin?

Langs. Ja so, die ist auch ein Kleinod. Hat sie etwa der Schlag getroffen?

Fritz. Noch weit ärger.

Langs. Ist sie todt? Nun, Gott wolle sie aufnehmen in sein Freudenreich.

Fritz. Schlimmer als todt, man will sie Ihnen entführen.

Langs. Entführen? ey ey. Nun Vetter, das sollst du mir morgen erzählen. (will gehn)

Fritz. Aber morgen ist es ja zu spät.

Langs. Glaube mir, Vetter, der sie entführt, wird sie nicht lange behalten.

Fritz. Das wohl. Die Tante ist eine Frau von männlichem Geist, sie wird sich schon durchhelfen.

Langs. Ja ja, sie hilft sich durch, drum gute Nacht.

Fritz. Aber was wird sie sagen, wenn sie erfährt, daß ihr Gemahl nicht das Geringste zu ihrer Rettung beygetragen?

Langs. Ja, dann wird sie freylich brummen.

Fritz. Ach wenn es mit dem Brummen gethan wäre. Aber ich fürchte, sie wird Sie in vier Wochen kein Auge zuthun lassen.

Langs. Was sagst Du? Das wäre mein Tod!

Fritz. Im Gegentheil, wenn Sie mit zärtlicher Besorgniß eine Stunde aufopferten

Langs. Ja, du hast Recht, ich will zärtlich seyn.

Fritz. So könnten Sie nachher lange Zeit auf ungestörte Ruhe rechnen.

Langs. Könnt' ich das? nun, ich will etwas thun. Sage mir nur erst, wer entführt sie denn?

Fritz. Selicour, der Verräther! der das Recht der Gastfreundschaft so schändlich verletzt.

Langs. Selicour? ey ey! wie doch der Geschmack in der Welt verschieden ist. Sind sie denn schon fort?

Fritz. Noch nicht, aber bald. Er ist in ihrem Schlafzimmer.

Langs. Ey! das darf ich ja nicht leiden. Wie? ich will hinein gehn.

Fritz. Hüten Sie sich, er hat sechs handfeste Kerls bey sich, gedungene Banditen.

Langs. Ich will meine Leute rufen.

Fritz. Die hat der Bösewicht alle betrunken gemacht, sie sind nicht zu ermuntern. Hörten Sie nicht, wie die Tante schrie?

Langs. Ja ja, sie schrie mit einer recht gellenden Stimme.

Fritz. Jetzt ist sie still. Vermuthlich hat man sie geknebelt.

Langs. Geknebelt? so daß sie nicht reden kann? die arme Frau, das wird ihr sehr verdrüßlich seyn.

Fritz. Suchen Sie nur schnell der wirklichen Entführung vorzubeugen.

Langs. Ja, was kann ich denn dabey thun?

Fritz. Mit Gewalt ist freylich nichts auszurichten. Aber ich weiß ein Mittel. Selicours Wagen steht unten vor der Gartenthür; gehn Sie schnell hinunter und sehen Sie in den Wagen. Wenn der Räuber dann mit seiner Beute kömmt, und plötzlich den beleidigten Gemahl erblickt, so wird er vor Schaam und Schrecken verstummen.

Langs. Wird er? ist das gewiß?

Fritz. Ganz gewiß. Die Tante wird Ihnen dann allein ihre Rettung verdanken, und in Zukunft die größte Sorgfalt für Ihre Ruhe tragen.

Langs. Werd' ich dann auch keine Hühner mehr aus dem Garten jagen?

Fritz. Alle Hühner werden morgen geschlachtet, um die glückliche Rettung durch einen Schmauß zu feyern.

Langs. Auch der kalekutsche Hahn?

Fritz. Auch der.

Langs. Ach! wenn ich das wüßte!

Fritz. Nur geschwind! fort!

Langs. Aber die Nacht ist kühl ich bin dünn angezogen, ich erkälte mich.

Fritz. Warten Sie. Hier sind einige Sachen, die wir gebrauchen können. Da, erstens einen Pudermantel. Feine Leinwand schützt vor der Luft. (er zieht ihm den Pudermantel an.)

Langs. Aber der Kopf.

Fritz. Hier ist eine Haube mit einem Schleyer. Der Schleyer ist vortrefflich für die bösen Nebel. (er seht sie ihm auf) So. Jetzt will ich Sie selbst begleiten, und nicht eher von Ihrer Seite gehn, bis ich Ihnen selbst in den Wagen geholfen habe. (er führt ihn fort.)

Langs. Du guter Vetter! aber wenn sie nur bald kommen, sonst schlaf' ich im Wagen ein.

 

Ende des vierten Akts.

 


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