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Die Harfenjule
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Münchner Sonette.

I. Frühschoppen im Hofbräuhause.

Hier steht ein Faß – und an das Faß geschweißt, dem Fasse ähnlich, dick und rund gerollt: Ein k. b. Rat . . . ein Dienstmann . . . und ein Bold, der sich (mit Gamsbart) als ein Preuß' erweist.

Derselbe überzeugt durch Witz und Geist, wenn er den Maßkrug im Komment erhebt und sich im boar'schen Dialekt bestrebt und seinen Radi samt dem Grünzeug speist.

Ein blütenzartbestaubter Lindenbaum steht zag im Duft von Bier und Rauch und Schweiß. Ihn zieren keines Vogels holde Nester . . .

Ein schönes Mädchen, ganz in Blond und Weiß, geht wie verlassen durch den grauen Raum. Da sagt sie zu der schönen Linde: Schwester . . .

II. Auf der Auer Dult.

Hier ist viel Kram und Tand und Traum geschichtet . . . ein alter Stich, von Staub und Rost befleckt: Prometheus, wie er seine Fackel reckt, hier Dante, wie er die Comedia dichtet.

Vor einer Süßigkeitenbude schleckt ein kleines Mädel für ein Zehnerl Süßes. Sie hebt den Kinderblick. O sprich und grüß es, eh' ihre Seele sich mit Rost befleckt . . .

Laß sie um zwanzig Jahre älter sein . . . dann hat hier auf der Dult sie ihren Stand: feil hält sie ihres Lebens Lug und Tand – und es wird eine kleine Welt her sein, daß du sie dunkel einst erröten machtest, weil ihrem Kinderlächeln du entgegenlachtest . . .


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