Justinus Kerner
Klecksographien
Justinus Kerner

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              Diese Feuerruferin,
Ries'ger Schmetterling der Nacht,
Flieget, wenn kein Mensch mehr wacht,
Manchmal über die Dächer hin.
Dann sich rötet rings die Luft,
Als ob's brenne ungeheuer,
Und wie voll Verzweiflung ruft
Aus der Luft es: »Feuer! Feuer!«
Wer es hört, ruft's nach und rennt
Fort und ruft. »Wo brennt ein Haus?«
Doch die Röte losch schon aus,
Und ringsum es nirgends brennt.
Dann nach sieben Tagen sieht
Klar der Wächter auf dem Turm
Ein furchtbares Feuer, zieht
Alle Glocken an zum Sturm.
Glocken tönen auch vom Land,
Feuerspritzen rasseln her,
Doch der Wind weht allzusehr,
Und zehn Häuser frißt der Brand.
Wer die Feuerruferin
Einst im Erdenleben war,
Das ist jedem Landmann klar,
Und kein Glaskopf irre ihn!
Ha! sie war ein böses Weib,
Das erdrosselt ihren Mann,
Zu verbergen seinen Leib,
Zündete das Haus sie an.
Zornig wehte dann der Wind,
Immer mehrte sich die Glut,
Zehen Häuser fraß geschwind
Und sie mit des Feuers Wut.
Sieben Tag' doch, eh' ein Brand
Ruft zu Hülfe Stadt und Land,
Packt zu ihrer Buße dann
Plötzlich sie ein mächt'ger Wind,
Wirbelt mit ihr auf geschwind,
Daß den Brand sie sage an.
»Feuer!« sie gezwungen ruft
Und zerfließt in rauch'ge Luft.

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