Gerhart Hauptmann
Dorothea Angermann
Gerhart Hauptmann

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Erster Akt

Spielt in Bornwiese, einem schlesischen Badeort.

Die sogenannte Büfettstube im Gasthof Zum schwarzen Adler. Beinahe die halbe Rückwand wird von einem Fenster eingenommen, das augenblicklich offensteht. Eine starke eiserne Stange in Greifhöhe durchquert es. Sie ist zur Verriegelung starker Läden bei Nachtzeit bestimmt. Durch das Fenster wird ansteigendes Gartenland mit Waschpfählen, Leinen und dergleichen sichtbar, in das man über das niedrige Fensterbrett leicht hinaussteigen kann.

Je eine Tür in der linken und rechten Wand. Durch die eine steigt man über mehrere Stufen zu Wirtschaftsräumen empor, durch die andre über ein paar Stufen in die Speisesäle hinab.

Das Zimmer hat eine häßliche graue Tapete, die zum Teil herabhängt. Auf einem Tisch liegen Stapel frisch gewaschener Servietten. Daneben, auf der Erde, schmutzige Tischwäsche, in ein Bettuch eingebunden. Ein Schrank mit durchbrochenem Holzgitter enthält Bordeauxweine. Irgendwo steht ein altes, ramponiertes Wachsleinwandsofa.

Um einen runden Tisch in der Mitte sitzen drei hübsche junge Fräuleins mit Küchenschürzen und eine kleine, etwas verwachsene Frau: Dorothea Angermann, Fritzi Dröge, Anneliese Hahn, Frau Renner.

Es ist gegen drei Uhr nachmittags eines schönen Tages um die Mitte des September.

Man stochert in den Resten des Mittagessens herum, dessen jede der Damen ihren Teller voll selbst mitgebracht hatte. Man ist abgehetzt, unlustig, mißgelaunt, gähnt und räkelt sich.

Frau Renner. Marode bin ich! Müde-matt-marode bin ich!

Fritzi. Äh! Schiebt den Teller weg. Ich habe mir das Essen förmlich abgewöhnt. Man sieht zuviel hinter den Kulissen. Na, bald ist man wieder ein Mensch! In vierzehn Tagen spaziere ich wieder über den Jungfernstieg.

Anneliese. Ich komme nach Hause zurück, als wenn ich Siebzig und Einundsiebzig mitgemacht hätte. Den rechten Ellenbogen verbrüht bis beinah zur Handwurzel. Mitten im Daumen einen Messerschnitt. Bei Wetterwechsel macht mich das Jucken fast wahnsinnig. Unter dem Kinn einen Fliegenstich. Ein Haar, und es war vorbei mit mir. Einen Bienenstich auf der Zunge! Der Chef sagt: »Halten Sie nicht so Maulaffen feil!« Im selben Augenblick spuck' ich auch schon. Sie können sich denken, wie ich gespuckt habe. Gott sei Dank, Herrschaften, daß es nun bald überstanden ist.

Fritzi. Die ersten vierzehn Tage in Hamburg tue ich nichts als mich gründlich ausschlafen. Und wehe, sage ich, wehe dem Kochbuch, das sich in meine Nähe wagt.

Frau Renner. Ihr habt's gut! Ich komme vom Regen in die Traufe. Ich muß zu meinem kranken Manne zurück. Dabei hat er Hunger wie ein Scheundrescher. Ich habe die ganze Woche nichts weiter zu tun, als mir den Kopf zu zergrübeln, wie ich ihn satt mache.

Fritzi. Und du? Was hast du eigentlich für Pläne, liebe Dorothee?

Frau Renner, da Dorothea nicht antwortet. Das kennt man schon. Sie ist wieder mal abwesend.

Dorothea. Sagten Sie etwas zu mir, Frau Renner?

Frau Renner. Die Fräuleins wollten von Ihnen wissen, was aus Ihnen wird, wenn die Saison jetzt zu Ende geht.

Dorothea. Was aus mir wird? – Das weiß ich nicht. Die Damen und Frau Renner lachen herzlich.

Frau Renner. Was machen Sie denn für Augen, Mädchen? – Es tut Ihnen ja doch keiner was!

Dorothea. Nehmen Sie es mir nicht übel, Anneliese, – Fritzi, nimm mir's bitte nicht übel: das lange Stehen am Herd hat mich förmlich wirr im Kopfe gemacht.

Frau Renner. Und ihr Vater reist heute, das macht sie traurig.

Dorothea. Geben Sie sich keine Mühe, Frau Renner. Mir fehlt nichts. Ich bin nur ein bißchen abgespannt.

Frau Renner. Oh, und sie hat auch sonst noch Kopfschmerzen. Wir werden ja sehen, wer noch mal Besitzerin vom Schwarzen Adler wird.

Dorothea. Reden Sie, bitte, nicht solche Torheiten!

Fritzi. Jedenfalls ist sie vorläufig mal der Liebling vom Küchenchef. Er sagt ja bei jeder Gelegenheit, sie hat mehr Talent für die Küche als wir alle zusammen.

Anneliese. Besitzerin brauchte ja nicht gleich Wirtin bedeuten. Warum denn nicht Frau Privatdozent?

Frau Renner. Alle Achtung vor Dr. Pfannschmidt, diesem Gasthofsbesitzerssohn. Es heißt, er wird nächstens Professor werden. Schade bleibt es aber doch, daß er, wenn mal die Mutter nicht mehr ist, den Gasthof nicht übernehmen kann. Der Schwarze Adler ist eine Goldgrube.

Fritzi. Was Herbert nicht tut, das tut vielleicht Hubert.

Frau Renner. Hubert ist in Amerika. Dem ist Europa zu klein gewesen. Daß der den Gasthof noch mal übernimmt, glaube ich nicht.

Fritzi. Ist Herbert oder ist Hubert der ältere?

Frau Renner. Hubert ist älter, hat auch mehr Grips. – Ach, um Gottes willen, entschuldigen Sie, Fräulein Dorothee!

Dorothea. Bitte: wer älter, wer jünger, wer klüger, wer dümmer ist von den beiden, ist mir höchst gleichgültig.

Anneliese. Herbert und Hubert, Hubert und Herbert, Stechmücken, Stechfliegen, Schmeißfliegen, Motten, Schaben, Schwaben, Flöhe, Wanzen, Katzen, Ratten, Mäuse – sie schlägt mit den Armen um sich – laßt mich in Frieden, ich werde wahnsinnig! Herbert, Hubert, hu –! da hat sich 'ne Maus gefangen! Es hat geklappt, sie stürzt auf einen Winkel des Zimmers zu und kommt mit einer Mausefalle, in der sich eine Maus gefangen hat, zurück.

Frau Renner. Gut, Mädchen, daß die Saison zu Ende geht und ihr jede wieder in die alte Umgebung kommt. Am Ende wird sonst noch der Veitstanz ausbrechen. – Ersäufen! ersäufen! schnell in die Regentonne damit!

Anneliese mit der Mausefalle durch die Tür ab.

Durch das offne große Fenster wird ein Wortwechsel in ziemlicher Entfernung laut. Eine heftig protestierende, teils schimpfende, teils weinende, teils auch schreiende weibliche Stimme wird von einer männlichen unterbrochen. Der Wortwechsel nähert sich und wird zugleich heftiger. Schließlich, dicht vor dem Fenster, scheint er in Tätlichkeit auszuarten. In diesem Augenblick springt ein junges, zerzaustes Dienstmädchen über das niedrige Fensterbrett ins Zimmer, rennt gegen die Tür links, die sie aufreißt und, weiter entfliehend, hinter sich zuschlägt. Gegen diese Tür saust, vom Fenster aus, ein Messer und bleibt darin stecken. Fast zugleich schwingt sich der Koch Mario Malloneck, mit den Händen die eiserne Querstange fassend, ins Zimmer. Er ist ein dunkeläugiger, nicht uninteressanter Bursch im Leinwandkostüm des Küchenchefs, zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren alt.

Mario. Verfluchtes Schindaas! Du kommst mir schon noch!

Frau Renner. Um Gottes und Christo Jesu willen! Herr Mario!

Mario bemerkt die Anwesenden. Ach, Sie sind hier! – Es tut mir sehr leid, meine Damen, wenn ich gestört habe. Aber mir geht es leider nicht so gut. Andre halten Siesta, und ich muß schuften! Die Zunge hängt einem zum Halse heraus. Man möchte seine Seele auskotzen! Man ist dreiviertels verrückt vor Hitze! und dieses Schindluder sauft einem immer wieder hinterm Rücken die Eislimonade aus!

Anneliese kommt wieder.

Frau Renner, begütigend. Machen Sie sich doch eine neue, Herr Mario!

Mario. Im Gegenteil! Er zieht das Messer aus der Tür. Ich werde diesen Kanaillen so lange den Wischhader um die Ohren schlagen, bis sie lieber Urin saufen, als meine Limonade auch nur anzusehen! Er scheint jetzt erst Dorothea zu bemerken, stutzt, vergißt seinen Zorn, lacht belustigt, geht auf Dorothea zu und ahmt Bewegungen und Stimme eines Täuberichs nach, der einer Tiese den Hof macht. Gurrucku! Gurrucku! Gurrucku!

Dorothea, in deren Gesicht, vom ersten starren Schrecken an, allerlei vorgegangen ist, hat Mario mit festem, abweisendem Blick näherkommen lassen. Bei seinem Tänzeln und Gurrucku bricht sie in Lachen aus, das sie, den Kopf vornüber auf den Tisch stützend, unterdrückt und lautlos macht.

Mario. Nochmals: Verzeihung, meine Damen! Er lacht auf und geht ab, wo das Dienstmädchen verschwunden ist.

Frau Renner. Jetzt wirft er das Messer nach der Emilie, aber ich heiße nicht Rennern, wenn er heut nacht nicht bei ihr liegt! Das sind diese Sachen, weshalb dieser Mann immer wieder seine Stellungen nach kurzer Zeit aufgeben muß. Niemand ist ja da seines Lebens sicher.

Fritzi. Im Schwarzen Adler ist er aber doch schon die dritte Saison.

Anneliese. Ach, was hat uns der Mensch sommersüber geschunden!

Frau Renner. Die alte Frau Pfannschmidt hat immer wieder alles vertuscht, weil der verstorbene Herr Pfannschmidt von Malloneck so viel gehalten hat. Er hat große Stücke auf ihn gehalten.

Anneliese. Was hat dieser Mann uns zu schaffen gemacht.

Alle lachen.

Fritzi. Aber wir haben was bei ihm gelernt, Anneliese.

Anneliese, zu Dorothea. Ihnen hat er doch mal ein Omelette soufflée mit Himbeerfüllung direkt ins Gesicht geworfen.

Dorothea. Mich lassen Sie doch aus dem Spiele, bitte. Ich möchte ganz gern wieder mal von einem andren Thema sprechen als dem Küchenchef.

Anneliese. Gurrucku, Gurrucku: was heißt denn das?

Fritzi. Na, da hinten, da oben ist doch der Taubenschlag.

Frau Renner kichert bedeutsam. Ach ja, großer Gott, der Taubenschlag! Wenn wir die Taubensprache verstünden! Die könnten uns manches erzählen . . . die Tauben nämlich. – Sind Sie einmal da oben auf den flachen Dächern herumspaziert?

Fritzi. Dort sind wir alle, manch liebes Mal, herumspaziert. Erstens ist es dort kühl, und dann stehen ja dort auch allerhand Vorräte.

Frau Renner. Der Eiskeller, das ist auch so ein Lieblingsplatz vom Chef.

Anneliese. Hu! nee! in der scheußlichen kalten Eisgrube, neben den stinkigen Hirschen und Seezungen rum, nee, da kann ich mir nischt Hübsches bei vorstellen! Alle lachen.

Fritzi. Aber Anneliese, was heißt denn das: vorstellen? Allgemeines Gelächter der Damen.

Die Tür, durch die Mario Malloneck davongegangen ist, wird aufgerissen. Der Küchenchef erscheint wieder, aber, nachdem er sich zum Schrecken der Damen vornübergestürzt, auf den Händen gehend. In der Mitte des Zimmers stellt er sich auf die Füße und macht eine tiefe Verbeugung.

Mario. Pardon. Ich bin nur ein bißchen spazierengegangen. Frau Renner, kramen Sie ruhig Ihre Weisheit weiter aus über mich. Es würde mir leid tun, wenn ich gestört hätte.

Die Damen sind ruhig geworden. Sie räumen gemeinsam mit Frau Renner den Tisch ab.

Frau Renner. Ich? über Sie? – und Weisheit auskramen?

Mario. Na freilich, Sie alte Saatkrähe, Sie alte Nebelkrähe, Sie alte Dohle, Sie alte Elster, warum denn nicht?

Dorothea, die mit einem nassen Umschlag auf dem Sofa liegt, wird rettungslos von einem Lachanfall bezwungen.

Frau Renner. Saatkrähe! noch was! Sind Sie verrückt? Dohle! Sind Sie übergeschnappt? Elster: Frechheit! Was denn noch für'n Vogel? Nehmen Sie sich in acht, und scheren Sie sich, und lassen Sie rechtschaffene Frauen in Frieden, Sie unverschämter Küchenmanscher! Suppenrührer! Topfgucker und Topfspucker Sie!

Mario hat sich, als Frau Renner etwa in der Mitte ihrer Rede ist, in die Attitüde eines Sängers und Mandolinenspielers geworfen und singt mit klangvoller Stimme.

    Ach wie ist's möglich dann,
    daß ich dich lassen kann.
    Hab' dich von Herzen lieb,
    das glaube mir!

Die Damen sind fast ohnmächtig vor Lachen.

Dorothea. Erbarmen! Ach, ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr!

Frau Renner. Köche habe ich, weiß Gott! schon bessere als Sie kennengelernt. Aber, das muß ich ganz offen sagen: einen solchen dummen August, einen solchen Hanswurst wie Sie noch nicht!

Mario tänzelt auf sie zu, mit den Handbewegungen eines Mandolinespielenden, und singt ihr unter die Nase.

    Die Elster ist ein Diebesvogel,
    die Rennern, die versteht den Mogel.
    Und fehlen fünfzehn Bettbezüge,
    die Rennern kost's ne kleene Lüge!

Frau Renner. Ach, Sie sind ja verrückt, Sie Schafskopf Sie! Sie geht schnell ab.

Durch die Tür rechts erscheinen Pastor Angermann und Dr. Pfannschmidt. Der Pastor ist ein breitschultriger, kerniger Mann von dreiundvierzig Jahren, der höchstens wie ein Fünfunddreißiger wirkt. Glattrasiertes, volles Gesicht, schwarze, etwas stechende Augen, tadelloses Gebiß. Dr. Pfannschmidt, mager, hochaufgeschossen, trägt Brille, Kinnbart und Schnurrbart. Man erkennt den Gelehrten. Beiden Männern vorausgesprungen ist der zehnjährige Gotthold Pfannschmidt, ein geweckter Junge. Der Pastor und Gotthold, mit Hut, Reisepaletot usw., sind reisefertig.

Pastor. Erbarm' sich! Wir stören hoffentlich nicht! Die Stimmung hier ist ja recht beneidenswert ausgelassen.

Dr. Pfannschmidt. Offen gestanden: ein bißchen laut. Man hört nämlich jedes Wort im Saale.

Pastor. Kuckuck nochmal! Es ist doch schließlich immer zu begrüßen, wenn die Menschen fröhlich sind. Das zuckt einem förmlich in den Beinen. – Es freut mich, daß ich Sie sehe, Herr Küchenchef. So kann ich Ihnen zugleich Lebewohl und schönen Dank sagen. Sie haben mich zehn Pfund schwerer gemacht. Meine Zeit ist nun um, ich muß nach Haus. – Ah, ich hatte dich gar nicht gesehen, da bist du ja auch, liebe Dorothee. Mein Dank betrifft außerdem meine Tochter, Herr Küchenchef. Sie soll ja bei Ihnen Wunderdinge gelernt haben.

Mario. Ach nein, diese Kochdamen lernen nun einmal alle nichts.

Pastor. Nun ja, zum Kochen muß man Talent haben. Und eine Kunst bis zur Vollkommenheit ausüben, das vermag schließlich immer nur ein Mann. Sie verstehen das, davon haben wir Beispiele. Glauben Sie mir, ich war während der letzten vier Wochen vielleicht Ihr verständnisvollstes und dankbarstes Publikum. – Zu Fritzi und Anneliese. Und nun, meine Damen, was werden Sie ohne mich anfangen? War es nicht manchmal geradezu zum Entzücken schön? Unser Mazur, unsere Tanzstunden, diese Soireen ganz unter uns in dem kleinen, bezaubernden blauen Saal mit dem schneidigen Sanitätsrat Stickelmann, mit dem Kurtheaterdirektor, der wirklich ein Tausendsasa auf dem Klaviere ist. Bei allem das gastliche Protektorat der verehrten Frau Pfannschmidt, – zu Dr. Pfannschmidt – Ihrer Frau Mutter, die mich vier Wochen hier im höchsten Grade verwöhnt, gehaust und gefüttert hat. Ich werde an Bornwiese lange zurückdenken. Ein Teschingschuß wird hörbar. Was treibt ihr denn da?

Gotthold. Ich habe nur noch schnell einen letzten Schuß nach der Scheibe getan.

Dr. Pfannschmidt. Wir werden Sie alle sehr vermissen.

Fritzi. Ja, Herr Pastor, das soll wohl wirklich so sein.

Anneliese. Ach, es war so angenehm, immer mal wieder auf ein paar Stunden den Küchendunst los zu sein, ein hübsches Abendkleid anzuhaben und sich sagen zu können, man kann sich auch woanders noch sehen lassen.

Fritzi. Zu hübsch war das! Wie ein Sturmwind haben Sie uns manch lieben Abend aus der Küche weggeholt.

Pastor. Wie wär's denn, noch ein Tänzchen zum Abschiede?

Fritzi. Die Saison ist wirklich aufs Haupt geschlagen, wenn Sie gehen, Herr Pastor!

Pastor. Fritzi, komm her! So was hör' ich gern! Laß dir dafür den Kuß eines alten Seelsorgers auf die Stirn drücken! Bevor er noch küßt, zu Anneliese. Anneliese, Sie kommen später dran! Er umarmt Fritzi und drückt ihr einen Kuß auf die Stirn. Ihr guten, geliebten Menschen alle, mir wird wahrhaftig ganz weich zumute. Aber was hilft's?! Ade, ade, ade, Scheiden und Meiden tut weh!

Frau Renner tritt ein. Ich wollte mir nur erlauben, Herr Pastor, und Ihnen doch auch ein Lebewohl sagen.

Pastor singt.

    Lebe wohl, lebe wohl, lebe wohl!
    Lebe wohl, du mein herziges Kind!

Allgemeine Heiterkeit bricht aus.

Frau Renner. Dabei ist doch am Ende nichts zu lachen, wenn ich mir nur erlaube und Hochwürden, dem Herrn Pastor, in aller Bescheidenheit Lebewohl sagen tu'!

Mario. Nein, wenn Frau Renner kommt, hat der Wäscheschrank nischt zu lachen. Er springt mit Schlußsprung zum Fenster hinaus.

Pastor. Das ist ja ein geradezu fabelhafter Humorist, dieser Mario! Zum Verlieben ist dieser Bursche!

Fritzi und Anneliese. Nochmals: viel Glück und glückliche Reise, Herr Pastor! Fritzi und Anneliese ab.

Pastor. Laß dich nicht stören, beste Dorothee, wenn dich etwa die Pflichten rufen. Wir sehen uns ja in Bälde wieder. Er gibt Dorothea einen kühlen väterlichen Kuß auf die Stirn. Sie geht ruhig hinaus.

Gotthold hat wieder geschossen. Diesmal habe ich ganz bestimmt ins Schwarze getroffen! Er springt zum Fenster hinaus.

Pastor. Der Junge hat ausgezeichnete Anlagen. Es gereicht mir einigermaßen zur Beruhigung, Ihrer Frau Mutter gegenüber mit dem, was ich an ihrem Enkel tue, mich sozusagen für ihre Gastfreundschaft revanchieren zu können. Und auch Ihnen gegenüber, dem Onkel des hoffnungsvollen kleinen Kerls.

Dr. Pfannschmidt. Um ihn selbst vor allem und meinen Bruder, seinen fast verschollenen Vater, verdienen Sie sich einen Gotteslohn.

Pastor. Ihr Bruder Hubert lebt eigentlich . . . wo?

Dr. Pfannschmidt. Hubert muß irgendwo um New York herum ansässig sein.

Pastor. Es haben Konflikte stattgefunden?

Dr. Pfannschmidt. Mein Vater billigte die geschäftlichen Unternehmungen meines Bruders nicht, am allerwenigsten, als sie schiefgingen.

Pastor. Väter und Söhne: das alte Lied, Doktor. Übrigens sehe ich den Raum hier zum erstenmal.

Dr. Pfannschmidt. Eigentümlich, nicht wahr? Aber nicht sehr einladend. Es ist die sogenannte Büfettstube. Solche Winkel gibt es in jedem Wirtschaftsbetrieb. Sie sind ebenso unschön als vielleicht notwendig.

Pastor. Wer spielt denn da Mandoline, Herr Doktor?

Dr. Pfannschmidt. Alles und alles der Küchenchef, dieser Allerweltstausendsassa. Ich wünschte, er wäre aus dem Hause!

Pastor. Aber mit seiner Küche könnte er in Paris Staat machen.

Dr. Pfannschmidt. Die werden Sie nicht vermissen brauchen, Malloneck geht den Winter über nach Liegnitz und ist nahe bei Ihrer Wohnung, im Gubisch-Hotel, in Kondition.

Pastor. Nec plus ultra: so weit und nicht weiter! Gotthold! Schluß, wir müssen fort!

Gotthold springt herein. Ach schade, schade! Leb wohl, Onkel Herbert! Er fällt Herbert um den Hals.

Pastor. Nun, ich nehme also diesen Knaben wieder mit mir in mein Haus, in meine Hut und bürge für ihn mit meinem Leben, sagen Sie das nochmals Ihrer verehrten Frau Mutter. – Auf in den Kampf, Torero!

Der Pastor, Gotthold und Dr. Pfannschmidt ab. Mario, die Mandoline im Arm, steigt durch das Fenster herein. Er tritt dicht an die Tür, hinter der Pastor Angermann mit Begleitung verschwunden ist.

Mario. Was sagen Sie, Rennern: dieser Pastor! eine Nummer, die sich gewaschen hat!

Frau Renner. Weiß drauf zu laufen, das will ich meinen. Gott, hat dieser Mensch sich hier einen ganzen Monat vollgefressen und vollgesoffen! Frau Pfannschmidt ist dumm. Ich hätte ihn längst an die Luft gesetzt.

Mario, klimpernd. Und die Dorothee zahlt doch auch keinen Pfennig.

Frau Renner. I, es ist bloß 'ne Ehre für uns, wenn die Pastorstochter bei uns ist.

Mario. Was kaufe ich mir für die Pastorstochter? Das heißt: mit dem Alten möchte ich nichts zu tun kriegen. Der Kerl hat ein tadelloses Gebiß. Und die Fäuste! Gott sei Dank bin ich kein Zuchthäusler!

Frau Renner. Na, das kann ja noch werden, Malloneck.

Mario. Wissen Sie, Rennern, wer mir von allen Menschen im Hause am meisten im Magen liegt? – Herbert, der Doktor, liegt mir am meisten im Magen.

Frau Renner. Weil er die Dorothee höchstwahrscheinlich heiraten wird?

Mario. Sie dummes Kamel, Sie, reden Sie nicht. Der kann Gott weiß wen und noch jemand heiraten! Nee, weil er sich ungeheuer viel einbildet und doch nur ein ungeheurer Einfaltspinsel ist.

Frau Renner. Hubert war freilich ein andrer Kerl. Aber Sie, seien Sie froh, daß Sie damals nicht hier waren. Sie wären nicht mehr am Leben, Malloneck!

Mario. War der Kerl so wüst?

Frau Renner. Einen Kellner hat er mal niedergeschlagen, daß er eine halbe Stunde für tot gelegen hat.

Mario. Für solche Leute hab' ich was übrig, Rennern. Ich habe ja, wie Sie wissen, manchmal auch eine lockere Hand.

Frau Renner. Aber der war Ihnen über, Malloneck! Sie geht.

Mario spielt und singt. Tararabumdieh, tararabumdieh! tararabumdieh, tararabumdieh!

Anneliese blickt zum Fenster herein. Sind Sie hier, Herr Malloneck? Wir suchen Sie überall, Herr Malloneck.

Mario. Tararabumdieh, tararabumdieh, tararabumdieh!

Anneliese. Es ist eine Gesellschaft von achtzehn Personen gekommen, die essen will.

Mario. Na, dann manscht ihnen doch einen Fraß zusammen. Tararabumdieh!

Anneliese. Aber die Madame ist in der Küche und fragt nach Ihnen, Herr Malloneck.

Mario. Sie soll mich am – – – Tempelhofer Feld suchen! Tararabumdieh! – Und Sie, wenn Sie wollen, ebenfalls. Tararabumdieh! Er horcht an der Tür zu den Wirtschaftsräumen, vernimmt die Stimme des Dr. Pfannschmidt, bricht Spiel und Gesang jäh ab und sagt. Na, warten Sie mal, ich komme mit. Durchs Fenster hinaus ab.

Dr. Pfannschmidt und Dorothea kommen durch die Tür, an der vorher Mario gehorcht hat.

Dr. Pfannschmidt. Ihr Vater ist fort. Nun müssen Sie wieder mit uns allein vorliebnehmen. Meine Mutter ladet Sie übrigens ein zu einer Wagenfahrt, die sie heut gegen Abend unternehmen will.

Dorothea. Frau Pfannschmidt ist immer so freundlich zu mir. Es ist aber gar nicht nötig, mich aufzuheitern, denn wirklich, es macht für mich keinen Unterschied, ob mein Vater da ist oder nicht.

Dr. Pfannschmidt. Eine Vollnatur wie Ihr Vater ist köstlich!

Dorothea. Mag sein, er ist eine Vollnatur. Weshalb ist er denn da aber Pastor geworden?!

Dr. Pfannschmidt. Luther war auch eine Vollnatur.

Dorothea. Deswegen ist Vater noch kein Luther. Ich finde, daß er gar nicht für seinen Beruf geeignet ist. Und er findet es, glaube ich, eigentlich auch.

Dr. Pfannschmidt. Was haben Sie für Pläne, Fräulein Dorothee, wenn jetzt der Kochkurs zu Ende ist?

Dorothea. Zu Hause bleibe ich jedenfalls keinen Augenblick länger, als bis sich etwas für mich gefunden hat.

Dr. Pfannschmidt. Welche Art Stellung wäre denn das?

Dorothea. Stütze, Bonne, Köchin, wenn's sein muß – Dienstmädchen.

Dr. Pfannschmidt. Das klingt ja ganz verzweifelt, Fräulein Dorothee. Zu einem solchen Schritt haben Sie doch, sollt' ich meinen, keine Veranlassung.

Dorothea. Selbständig werden: das ist die Hauptsache. Nicht abhängig, nicht anderen bei jedem Schritt, den man tut, Rechenschaft schuldig sein. Sonst ist es am Ende gleichgültig, ob man innerhalb oder außerhalb der Mauern eines Gefängnisses ist.

Dr. Pfannschmidt. Das mag ja sein. Warum aber Dienstmädchen? Ich leide, offen gestanden, schon darunter, daß ich Sie in diesem Wirtschaftsbetriebe sehen muß, wo Sie doch allerlei Häßliches sehen, hören und dulden müssen. Sie scheinen mir viel zu gut dazu.

Dorothea. Scheinen und sein sind verschiedene Sachen.

Dr. Pfannschmidt. Nein, Sie leiden selber darunter.

Dorothea. Ach, weil ich mich einige Male bei Ihrer lieben Frau Mutter ein bißchen ausgeweint habe? – Das kommt eben manchmal über mich. Dann denk' ich an meine verstorbene Mutter, an meine Geschwister, die ich erziehen mußte, und dann ist man eben manchmal auf eine komische Weise weich und gerührt über sich. Das macht weiter nichts: es geht vorüber. Mandolinenspiel hat sich im Garten angenähert. Nun hört man dicht vor dem Fenster das Gurrucku! Gurrucku! Marios. Dorothea wird von innerlichem Lachen gepackt, gegen das sie vergeblich ankämpft. Es bricht in herzlicher, aber etwas hysterischer Art los. Verzeihen Sie mir, wenn ich wieder einmal albern gewesen bin! Wie soll ich dies sinnlose Lachen entschuldigen?! Man ist eben doch etwas überreizt.

Das Gurrucku und das Lachen wiederholt sich.

Dr. Pfannschmidt. Lachen Sie sich nur frei, Fräulein Dorothee! Es nützt nichts, dagegen anzukämpfen. Ich finde übrigens dieses Gurrucku und dieses Geklimper widerlich. Zum Fenster hinaus. Sagen Sie mal, möchten Sie sich nicht vielleicht einen anderen Platz für Ihre musikalischen Übungen aussuchen, Herr Küchenchef?

Mario erscheint im Fensterrahmen, frech und gleichgültig. Sie lieben die Musik nicht, Herr Doktor?

Dr. Pfannschmidt. Tout à son heure! wie der Weise sagt. Sie verstehen wohl nicht Französisch?! Alles zu seiner Zeit, heißt es auf deutsch.

Mario. O bitte, Beefsteak à la tatare: da haben Sie gleich auf einmal zwei Sprachen zusammen.

Dorothea wird von lautlosem Lachen geschüttelt. Mario zieht sich zurück.

Dr. Pfannschmidt. Beefsteak à la tatare? Dieser Mensch ist manchmal wie idiotisch!

Dorothea. Am besten, ihn gar nicht beachten, Herr Doktor.

Dr. Pfannschmidt. Es ist mir förmlich unangenehm, mir vorzustellen, daß dieser Bursche sommersüber für Sie eine Art Vorgesetzten abgegeben hat.

Dorothea. Er hat wohl auch seine guten Seiten.

Dr. Pfannschmidt. Jawohl, die mag er haben, gewiß. Mein verstorbener Vater war auch der Meinung. Wenn man ihm sagte, dieser Malloneck habe recht dunkle Seiten, sei wohl auch der Polizei nicht ganz unbekannt, so gab er zur Antwort: »Ich frage nur darnach, ob er gut kochen kann.«

Dorothea. Es gibt wohl auch eine üble Nachrede.

Dr. Pfannschmidt. Ach nein, hier glaube ich nicht an üble Nachrede. Gewisse Dinge sieht man ihm doch schon auf hundert Schritt an den Augen an – an dem frechen und schmutzigen Blick sozusagen. Malloneck hin, Malloneck her! Mir liegen andere Dinge am Herzen, liebe Dorothee, um derentwillen ich die Gelegenheit ergriffen habe, einmal mit Ihnen unter vier Augen allein zu sein.

Dorothea. Darf ich dabei mein Nähzeug herausnehmen? Sie nimmt es aus dem Tischschub und beginnt Servietten auszubessern.

Dr. Pfannschmidt. Sie können ruhig Ihr Nähzeug herausnehmen. Nur müssen Sie mir einmal ernsthaft zuhören. Ich habe das in den letzten Tagen vergeblich von Ihnen zu erreichen gesucht. Dorothea näht eifrig und antwortet nicht. Ich bin aus der Art geschlagen, wie Sie wissen, habe mit dem Hotelwesen nichts zu tun, werde, im Gegenteil, davon abgestoßen. In der Breslauer Stadtbibliothek habe ich einstweilen als Bibliothekar eine bescheidene Wirksamkeit. Meines Zeichens bin ich Germanist. Das sind Leute, es liegt schon im Namen, die sich im wesentlichen mit dem Deutschtum beschäftigen, will sagen: mit seinem Studium. Ich werde in diesem Winter ein Kolleg über Adam Puschmann lesen, einen großen Dichter, einen Görlitzer, der ein Schüler und Freund des lieben Hans Sachs zu Nürnberg gewesen ist. Ich werde froh sein, wenn ich dabei mehr als fünf Zuhörer habe. Sind es weniger, geniert es mich nicht. Denn, das werde ich Ihnen in Zukunft noch begreiflich machen: über alle Begriffe schön, tief und herrlich ist das Gebiet meiner Wissenschaft. Es beglückt geradezu im höchsten Maße.

Dorothea. Das kann ich mir recht wohl denken, Herr Doktor.

Dr. Pfannschmidt. Ich weiß es. Ein deutsches Mädchen wie Sie kann für innige Schönheit und schöne Innigkeit deutscher Art und deutschen Wesens unmöglich gleichgültig sein. – Warum soll ich es Ihnen nicht sagen, Dorothee? – Es ist mir schon öfters so vorgekommen, als ob mich aus Ihren dunklen Augen, die manchmal so heiter und manchmal so schmerzlich sein können, das ganze in Leid, Lust, Tatkraft und Passivität gleich unergründliche Mysterium der deutschen Seele anblickte. – Nun ja, wenn dies aber in der Tat so ist, von welcher Bedeutung müßte es dann für mich schlichten Gelehrten sein, wenn ich das liebe deutsche Wunder dieser Augen immer und immer aus nächster Nähe über mir und meiner Arbeit leuchten fühlte! Welchen unendlichen heimlichen Reichtum hätte ich dann nicht vor allen meinen Kollegen voraus! Und würde ich dann nicht, neben den literarischen Quellen, vor allem aus meinem lebendigen, unversiegbaren Quell schöpfen können? – Dorothee, liebste Dorothee . . .

Dorothea hat aufgehört zu nähen, läßt den Kopf auf die Tischplatte sinken und schluchzt. Er streicht ihr schüchtern übers schlicht anliegende Haar. Sie faßt sich, nimmt die Arbeit wieder auf und sagt. Ich bin sehr erschüttert, lieber Herr Doktor!

Dr. Pfannschmidt. Herbert heiße ich, liebe Dorothee.

Dorothea. Nun wohl: Sie sind ein sehr lieber, sehr liebenswerter, sehr lieber und edler Mensch, Herbert . . .

Dr. Pfannschmidt. Aber?

Dorothea. Kein Aber.

Dr. Pfannschmidt. O doch, – traurig – ich fühle, es ist noch ein Aber dabei. Mag sein. Schließlich gibt es leider, leider auch bei mir noch ein Aber. Mein Einkommen ist nicht derartig, daß ich von heute auf morgen an Heiraten denken kann. Vielmehr: es ist recht beschämend geringfügig. – Zwei Ereignisse müßten also erst hinter mir liegen, ehe ich meinen Anträgen in dieser schicksalsschweren Angelegenheit die gewünschte klare und bestimmte Form geben könnte. Diese beiden Ereignisse liegen im Bereich der Möglichkeit. – Ich soll den Professortitel erhalten. Der Kultusminister wird höchstwahrscheinlich einwilligen. Sie erfahren es, wenn es geschehen ist. Die andre Sache ist trauriger Art. Sie betrifft unseren obersten Bibliothekar. Er ist krank. Er spricht öfters davon, zurückzutreten. Ich werde, wenn es geschieht, wenn nicht alles trügt, sein Nachfolger im Amte sein. – Dann, Dorothee, gibt es bei mir kein weiteres Aber. Von diesem Augenblick an könnte ich Ihnen ein nach Menschengedenken gesichertes Dasein schaffen, eine Lebenshaltung, die Ihrer würdig ist.

Dorothea. Scheine ich Ihnen so, als ob ich solche Bedingungen machen würde?

Dr. Pfannschmidt. Ihr Vater sagt, Sie hätten aus ähnlichen Gründen zwei tüchtige Männer ausgeschlagen.

Dorothea. Nicht deshalb hab' ich sie ausgeschlagen . . .

Dr. Pfannschmidt. Nun, könnte ich wenigstens einen Wink, eine Andeutung erhalten, ob ich in dieser Beziehung besser bestehen würde?

Dorothea, offen und einfach. Gewiß! Nicht nur eine Andeutung. Ich wüßte mir keinen lieberen Lebensgefährten . . .

Dr. Pfannschmidt. Aber . . .

Dorothea. Durchaus kein Aber. Es gibt kein Aber, – außer daß Sie mich für mehr nehmen und vor allem für besser nehmen, als ich bin.

Dr. Pfannschmidt. Oh, dafür trage ich gern die Verantwortung. Sie hatten am Tisch Platz genommen, er steht auf. Ich will Sie nun nicht weiter bedrängen, Dorothee. Jedenfalls, mir ist wohl, mir ist wahrhaft wohl und heiter ums Herz – nämlich nach dem, was Sie eben zu mir gesagt haben. Kein Wort tut mehr not. Mir ist, als hätte man unsere Hände vor dem Altar ineinandergelegt. Ich gehe nun in mein Amt zurück, und Sie werden mir nicht verübeln, wenn ich Sie manchmal, von Breslau aus, in Liegnitz besuche. Nur noch eine Weile geduldig harren, eine Weile geduldig arbeiten.

Er küßt ihre Hand ritterlich, winkt einige Male und geht. Dorothea ist allein. Sie blickt ihm starr nach. Sie steht auf und hält lange unbeweglich die Augen vor sich auf den Tisch geheftet. Sie hebt die Arme, verschränkt die Hände über dem Hinterkopf, blickt gen Himmel, atmet tief und schmerzlich auf, ihre Augen stehen voll Tränen.

Dorothea. Oh! Oh! Oh! arme Dorothee! arme Dorothee!

Mario springt zum Fenster herein. Na, ist die Schnäbelei nun zu Ende?

Dorothea dringt einen Schritt mit Entrüstung auf ihn ein. Er lacht frech. Sie wird schwach, sinkt auf einen Stuhl, verbirgt das Gesicht und wird von ohnmächtigem Weinen geschüttelt. Schämen Sie sich – Sie grundschlechter Mensch!

 


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