Heinrich Hansjakob
Der steinerne Mann von Hasle
Heinrich Hansjakob

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1.

Der Schwarzwald läuft nach Südosten in den großen alemannischen Gau aus, der die Bar genannt wird. Seine waldigen Berge umfangen noch diese rauhe Hochebene. Auf einem Bergkegel derselben, unweit der Quellen der Donau, erhob sich das ganze Mittelalter herauf die gewaltige Burg und Feste Fürstenberg, weithin leuchtend wie ein riesiger Adlerhorst. Sie war so groß, daß in ihren Mauern noch eine kleine Stadt gleichen Namens Schutz fand.

In dieser Burg saßen im Hochsommer des Jahres 1286 die Söhne des ersten Fürstenbergers: Friedrich, Egino, Konrad und Gebhard, um das Erbe, so der Vater ihnen zwei Jahre zuvor hinterlassen, zu teilen.

Dieser, Heinrich mit Namen, Graf von Urach und Freiburg, ein Großneffe des letzten Zähringers, hatte mit seinem Bruder Konrad die ihrem Geschlechte vom Großoheim zugefallenen zähringischen Besitzungen im Breisgau und auf dem Schwarzwald geteilt.

Konrad nahm die ersteren mit der Stadt Freiburg, Heinrich die letzteren mit den Städten Villingen und Hasela (Haslach).

Auf der Burg Fürstenberg schlug er um das Jahr 1250 seine Residenz auf, nannte sich Graf von Urach-Fürstenberg und ward so der Stammvater der Grafen und späteren Fürsten von Fürstenberg.

Sie haben viel zu teilen, die genannten Söhne. So weit sie schauen von ihrer Felsburg herab – und sie überschauen die ganze Baar und den Schwarzwald bis hinüber zum Feldberg und hinab zum Kniebis – gehört alles ihnen: Dörfer, Burgen, Wald, Wunn und Waid. Nur Städte haben sie wenige – nur zwei namhafte, das größere Villingen und das kleinere Hasela drunten im Kinzigtal, wo noch viel Gut ihrer ist und manch ein Dienstmann von ihnen sitzt.

Und selbst diese zwei Städte hat man ihrem Geschlecht von Reichs wegen streitig gemacht, als der letzte Zähringer mit Tod abging. Erst 1283 hatte König Rudolf, der Habsburger, ihren Vater, seinen Vetter und Freund, aufs neue mit Villingen und Hasela belehnt, um aus dem Streit einen Ausweg zu finden.

Die Söhne hatten nach des Vaters Hinscheiden (1284) den Bürgern von Villingen, die es also verlangt, versprochen, innerhalb zweier Jahre einen von ihnen der Stadt zum Herrn zu setzen.

Heute sind sie nun auf dem Fürstenberg beisammen, um zu teilen und denen von Villingen gerecht zu werden. Es sind lauter junge Männer, die vier Grafen, der jüngste, Gebhard, kaum dem Knabenalter entwachsen. Den beiden älteren, Friedrich und Egino, hat vor vier Jahren erst König Rudolf zu Villingen den Ritterschlag erteilt. Konrad, dem Alter nach der dritte, ist in den geistlichen Stand getreten und bereits Domherr zu Konstanz.

Als Protokollführer und Ausfertiger der Teilungsurkunde ist auf Fürstenberg erschienen der alte Notar ihres Vaters, Meister Albert von Horb.

Um einen großen eichenen Tisch sitzen die Herren in der Ritterstube, ein Knappe trägt gefüllte Humpen auf, und die Tagfahrt beginnt.

»Teilen,« so hub Graf Friedrich, der älteste der Brüder, an, »ist kein Geschäft, das Geschlechter groß macht. Das zähringische Erbe, so unserem Hause zufiel, wurde schon einmal geteilt, als unser Vater die Herrschaft antrat, die wir heute wieder teilen sollen.«

»Aber es bleibt uns nichts anderes übrig. Die Gevatter Krämer, Tuchmacher und Schneider in den Städten Deutschlands tragen den Kopf hoch seit der kaiserlosen Zeit. So auch unsere Gevattern in Villingen. Wir haben vor zwei Jahren bei geschworenem Eide zugesagt, ihnen einen aus uns Vieren zum Herrn zu geben. Sie haben darüber Brief und Siegel von uns und unseren Freunden und Sippen: obenan Bischof Rudolf von Konstanz.«

»Also Wort halten müssen wir, ob wir wollen oder nicht, aber ohne zu teilen geht es nicht. Mich zum Herrn von Villingen zu küren und mir des Vaters ganzes Erbe zuzuteilen, verlange ich nicht und kann ich nicht verlangen, und du, Egino, würdest, so wie ich dich kenne, es auch nicht dulden.«

»Ich schlage deshalb zunächst vor, dich zum Herrn von Villingen zu machen. Du wirst eher fertig mit dem trotzigen Bürgervolk, als ich; du kannst auch trotzen und fährst wie ein Wetter drein, wenn's nicht geht, wie du willst.«

»Auch Hasela drunten an der Kinzig und die dazu gehörige Herrschaft kannst du haben, Egino,« fuhr Friedrich fort. »Die von Hasela krakeelen und rumoren gern, und was die Villinger verlangen, wollen sie am Ende auch. Ich will meine Ruhe haben und von dieser Burg herab meine braven Fürstenberger und die Bauern der Baar und des mittleren Schwarzwalds regieren. Und eine Stadt habe ich ja auch noch, Wolfa im Kinzigtal drunten, meiner Ehefrauen Udelhilt Erbe. Die von Wolfa sind friedliche Bürger und halten was auf ihre Herren. Mit denen komm' ich aus.«

»Du Konrad und du Gebhard, ihr kommt bei der Teilung nicht in Betracht. Ihr müßt der Hausmacht ein Opfer bringen im geistlichen Stand. Konrad, du bist schon Domherr, und den Gebhard hat unsere Mutter bei seiner Geburt der Kirche gelobt. Er soll drum mit dir in die Domschule nach Konstanz und ein Kleriker werden. Die zwei jüngeren Brüder des Vaters sind auch geistlichen Standes gewesen, Graf Gebhard Domherr in Straßburg und Graf Gottfried ein solcher in Konstanz. Es ist also schon von früher her geistlich Blut in unserem Geschlecht, und ihr zwei werdet wohl auch was davon geerbt haben.«

»Egino und ich geben jedem von euch eine Anzahl Höfe, Kirchensätze und Pfründen in unseren Herrschaften, und damit habt ihr ein Herrenleben. Auch könnt ihr, wenn ihr Glück habt, noch zu einem Bistum gelangen, und dann seid ihr viel größere Herren als Egino und ich zusammen.«

»So, das wär' meine Meinung,« schloß Graf Friedrich.

Jetzt nahm Egino das Wort und sprach:

»Bruder Friedrich, du hast gesprochen wie ein kluger Mann. Auch ich weiß, daß das Teilen schwächt, drum soll, so weit's auf mich ankommt, zum letztenmal geteilt sein das Erbe, so die Uracher von den Zähringern erhalten. Aber diesmal muß ich meinen Teil haben. Du weißt, Bruder, ich bin mit dir zum Ritter geschlagen worden und habe ein Jahr darauf mit unserem König eine Heerfahrt gemacht nach Savoyen und mich bewährt als rechten Mann. Ein armer Ritter, ein Ritter ohne Land, ist aber nur ein halber Mann. Ich hab' kein Allod, nicht einmal die alte Burg Zindelstein im Bregtal drüben, die ich jetzt bewohne, gehört mir, sie ist unserem Gebhard bestimmt, ihm vermacht vom Onkel Götz, dem Domherrn. Meine Hausfrau ist eine Hachbergerin, die mir einiges Geld, aber kein Gut brachte. Darum bin ich sehr dafür, daß wir zwei teilen.«

»Du sollst aber das Vorrecht haben. Und wenn du Villingen nicht willst, nehm' ich's; aber, was in seiner Nähe im Brigtal liegt, gehört dazu. Und da du Städte nicht liebst, außer Fürstenberg, das winzige, und Wolfa, das zahme, so gib mir noch das Städtlein Vörinbach und das Bregtal bis hinab zu meinem Zindelstein.«

»Daß du mir auch Hasela, das lustige, – und natürlich sein Gebiet dazu – geben willst, weil dir die von Hasela zu unruhigen Geistes sind, dafür dank' ich dir, Bruder, von Herzen.«

»Schon als Knabe war's mir die größte Freude, wenn wir in der Herbstzeit mit der Mutter von hier aus dorthin ritten und auf der dortigen Burg einige Zeit blieben. In der Kirche daselbst hab' ich auch, ein Sechzehnjähriger, die Schwertleite empfangen.«

»Seit dem Tode des Vaters sitze ich meist viel lieber in der schönen Zähringerburg zu Hasela, als auf dem einsamen Zindelstein, und mein junges Weib, die Verene, schwärmt für Hasela.«

»Hier hab' ich alles, was einem Ritter in Friedenszeiten gebührt – an den Berghalden hin einen vürtrefflichen Wein, und in den Hochwäldern scheucht das Jagdhorn den Wolf auf, den Bär, den Wisent, den Ur, den Edelhirsch und den Steinbock.«

»Und die Bürger dort sind mir tausendmal lieber als die patzigen Villinger, die vom Hansabund und vom schwäbischen Städtebund träumen und glauben, Villingen käme gleich nach Paris.«

»Die von Hasela sind zufrieden, wenn man sie ruhig räsonieren und ihren Wein trinken läßt und nicht viel Steuer von ihnen verlangt. Sie schimpfen gern über ihre Herren, aber es kommt immer aus gutem Herzen, und sie leiden nicht an Größenwahn wie die Villinger.«

»Der alte Minnesänger Jörg von Günterstal, der als von Freiburg her zu unserem Vater kam, wenn er in Hasela residierte, hat gerne mit den Bürgern der Stadt verkehrt, manchen Humpen mit ihnen geleert, und sie in einem Lied trefflich also gezeichnet:

Zuo Hasela drin im Swarzwaldt hûst
Ein stamm von guoter art.
Der mann ist mann und keiner zûst
Ihm ungestraft den bart.
Wehren kann jedes kind sich
Zuo Hasela an der Kinzig.

Das schafft und freit, das denkt und schwazt,
Wie grad sein sinn ihm stât,
Ja, wer sich baß zum trinken sazt,
Hat doch ein mûl, das gât.
Die maaßkrüg sind nit winzig
Zuo Hasela an der Kinzig.«

»Solche Untertanen lieb ich, wie ich auch einen guten Trunk liebe. Drum wird, wenn's nach meinem Wunsch geht, Hasela vom kommenden Verenentag an meine Residenz sein, und ich will fortan mich nennen von Fürstenberg-Hasela. Meiner Linie erstes Hausgesetz aber soll sein, daß nicht mehr geteilt wird.«

»So, das ist meine Meinung und meine Absicht, und wenn du, Friedrich, damit einverstanden bist, ist die Teilung gemacht.«

»Ich bin's,« sprach Graf Friedrich und reichte Egino die Rechte zum Zeugnis.

»Es war zu allen Zeiten fürstlicher und gräflicher Familien Art, daß die jüngeren Söhne im Erbe zurückstehen mußten« – begann jetzt Konrad, der jugendliche Domherr von Konstanz. »Drum wollen Gebhard und ich nicht rechten. Es ist unsern zwei geistlichen Oheimen auch nicht besser ergangen. Und wenn ihr zwei uns ordentlich ausstattet mit Pfründen, Höfen, Mühlen und Zehnten, dann können wir auch leben. Das geistlich Kleid drückt ohnehin diejenigen, so adeligen Herkommens sind, nicht schwer in unsern Tagen. Wir können auch noch, wenn Lust oder Not kommt, zum Harnisch und zum Schwert greifen und die Ritter spielen, wie ihr.«

»Ihr seid überhaupt heutzutag mehr als wir,« warf Egino bitter lächelnd ein. »Seitdem die Hohenstaufen im Kampfe mit Rom unterlegen sind, spielt die Geistlichkeit die erste Violine auch in Deutschland, und der Bannstrahl des Papstes oder selbst eines Bischofs trifft sein Opfer bis ins Mark hinein.«

»Es ist ein wahres Glück, Egino,« entgegnete der Domherr, »daß es auf Erden noch eine Macht gibt, welche ihr weltlichen Herren mit eurem Gewaltsinn zu fürchten habt. Dir aber möcht' ich den Rat geben, die Sache mit denen von Villingen nicht so leicht zu nehmen. Mir ahnt's, als ob unser Geschlecht für die Dauer weder in Freiburg, noch in Villingen imstande sein wird, die mächtig aufstrebenden Städte unter Botmäßigkeit zu halten.«

»Heute schon – ich hab's zu des Vaters Lebzeiten an Ort und Stelle gesehen – benehmen sich die in Villingen regierenden reichen Bürgergeschlechter wie dem Adel ebenbürtig. Und wenn auch die Handwerker und mindern Bürger ihre Stadtherren ›Müßiggänger‹ nennen und ihnen nicht hold sind, so machen sie doch gemeinsame Sache mit ihnen, wenn's gegen uns Fürstenberger geht.«

»Ich will dir, Egino, beistehen, so gut ich kann. Drum verlange ich von euch zunächst die Pfarrei in Villingen, die seither unser Oheim Götz innegehabt. Fromm sind sie und gut päpstlich, die Villinger, und ein Pfarrherr hat Einfluß bei ihnen. Ich will dann öfters im Jahr dort residieren. Auch der Bau des Münsters, den unser Vater begonnen, interessiert mich.«

»Dann hat, wie ihr wißt, unsere Mutter in Villingen den Schleier genommen, wohnt dort und tut viel Gutes den Armen. Ihr Einfluß mag unserm Hause auch zu gut kommen.«

»Weder die Mutter als Nonne, noch du als Pfarrer, noch Egino als Herr werden mehr viel ausrichten,« nahm jetzt Graf Friedrich das Wort.

»Die Villinger haben heute schon zu viel Rechte und werden noch mehr wollen. Dem Menschen, der nach Freiheit strebt, steht nichts im Weg; zudem wissen die Philister im Brigtal, daß ihre Stadt uns von Reichs wegen streitig gemacht wurde und jeder neue König im deutschen Lande uns ins Recht stehen kann. Ich wünsche unserm Egino alles Gute, aber seine Not wird er haben mit unserer größten Stadt.«

»Ueberlassen wir das Gott, meiner Klugheit und meinem Schwert,« meinte Egino, »und bringen wir die Teilung vollends zu Ende, indem wir den zwei geistlichen Herren ihre Kirchensätze, Höfe, Mühlen und Zehnten zuweisen.« –

»Ich,« so sprach der Brüder jüngster, Gebhard, jetzt zum Schluß, »ich möchte gerne, wenn ich einmal Priester bin, Pfarrer in Pfohren werden. Dorthin hab' ich als Knabe den Vater so gerne begleitet auf die Entenjagd. Wir nahmen jeweils nach der Jagd einen Imbiß beim Leutpriester, und der Vater sagte oft zu mir: ›Gebhard, du wirst einmal Pfarrer in Pfohren, dann kannst du Enten schießen in der Donau, so viel du willst!‹«

»Das sollst du haben, Pfohren und die alte kaiserliche Pfalz dazu als Wohnsitz« – riefen die zwei älteren Brüder. Und Egino fügte noch bei: »Auch Grüningen droben im Brigtal sollst bekommen, da kannst du Forellen fangen.«

Bald waren so die zwei Opfer der Hauspolitik, KonradEr wurde Pfarrer in Villingen und später auch in Dornstetten. und Gebhard,Wurde Pfarrer in Grüningen und Pfohren und nach dem Tode seines Bruders, um 1320, auch Kanonikus in Konstanz und Pfarrer in Villingen. Er starb 1887. ausgestattet und die Teilung vollzogen, an deren Schluß die vier Grafen sich noch das Versprechen gaben, allzeit treu und brüderlich zusammenzuhalten.

»Und jetzt,« rief Egino, »die Humpen frisch gefüllt vom besten Oberkircher eigenen Gewächses und eins getrunken auf das Wohl der Häuser Fürstenberg-Wolfa und Fürstenberg-Hasela und auf die Zukunft der zwei Bischofskandidaten von Konstanz!«

»A propos, da fällt mir ja gerade noch ein, daß wir noch nichts geteilt haben im Renchtal, wo die Burg Fürsteneck und das Städtchen Oberkirch uns gehören und wo ein Wein gedeiht, der selbst den schlägt, so in meinem lieben Hasela am Herrenberg wächst.«

»Du weißt, Egino,« erwiderte Friedrich, »daß der König erst im April dieses Jahres uns beide mit jener Herrschaft belehnt hat. Was der König aber vereint hat, das sollen Grafen und Ritter nicht trennen. Wir behalten also die Besitzungen im Renchtal gemeinschaftlich, teilen im Herbst den Klevner und Klingelberger, schicken den zwei Herren in Konstanz ein Faß, und ich wohne mit meiner Familie zur Herbstzeit auf der Burg Fürsteneck im Renchtal.«

»In Wolfa und auf dem Fürstenberg wachsen nur Tannenzapfen; in Hasela bist du im Weinland, ich will also auch einige Zeit in einer Gegend leben, wo Wein wächst.«

»Einverstanden, Bruder!« riefen die andern, Egino voran.

Eben trug der Knappe frisch gefüllt die Humpen auf, gefüllt mit dem besten, als auch der Burgvogt hinter ihm drein in die Ritterstube trat und dem Grafen Friedrich meldete, der Ritter Hug von Almeshofen sei vor dem kleinen Burgtor und begehre Einlaß.

»Laß ihn ein! Der kommt uns gerade recht,« sprach der Schloßherr. »Egino, du wirst doch demnächst deine Herrschaften übernehmen und in deinen Städten dir huldigen lassen wollen. Der von Almeshofen, mein Dienstmann, könnte Botschaft bringen nach Villingen und Hasela.«

»Recht so!« rief Egino. »Am Verenentag, dem Namenstag meiner Hausfrau, will ich, wie schon gesagt, in meine Residenz Hasela einziehen, vorher aber mich den Herren Villingern vorstellen. Ich könnte das letztere etwa acht Tage eher tun, sagen wir am Bartholomäustag. Und wenn du mir den Almeshofer und einige andere Ritter der Umgegend als Boten zur Verfügung stellst, ist's mir recht.«

»Der Ritter Hug wird gleich eintreten,« entgegnete Graf Friedrich; »dem gib deine Befehle nach deinem Gutdünken. Ueber meine Dienstmannen in der Baar kannst du verfügen.«

»Hug!« rief Egino dem bald darauf eintretenden Ritter zu, ihm die Hand zum Willkomm entgegenstreckend, »ihr müßt mir mit Erlaubnis eures einzigen Herrn – denn eben haben wir geteilt – die nächsten Tage auf Botschaft reiten. Ihr kommt dann wieder einmal aus euerm alten Nest in dem sumpfigen Ried drunten fort und habt überall gut Quartier und guten Trunk.«

»Ich stehe ganz zu Befehl, Herr Graf,« antwortete der Almeshofer. »Seit der selige Herr, euer Vater, tot ist, kommt man nimmer so viel in die Welt hinaus, drum reit' ich für euch um so lieber.«

»Meister Albert,« fragte jetzt Egino den Schreiber, »wie lange braucht ihr, um denen von Villingen und Hasela zu schreiben, daß ich komme zur Huldigung?«

»In zwei Stunden ist das geschehen, Herr Graf!«

»Gut! Dann wartet der Hug und nimmt die Briefe gleich mit. Und nun paßt auf, Almeshofer; was ich jetzt sage, das besorgt ihr pünktlich und mündlich. Ihr reitet morgen zu euern Nachbarn, zum Brun von Kürnegg, zum Heinrich von Blumenegg, zum Walter Esel von Dürrheim und zum Rudolf von Baldingen. Ihr fünf teilt euch in die Botschaft nach Villingen, nach Hasela und zu den folgenden Herren: zum Grafen Albrecht von Hohenberg, unserem Schwager, zum Markgrafen Heinrich von Hachberg, zu den Grafen Egon und Heinrich von Freiburg, Ulrich von Montfort, Mangold von Nellenburg und Götz von Tübingen. Diese Herren, unsere lieben Freunde und Vettern, sind in meinem Namen zu bitten, auf Sankt Bartholomäustag in Villingen einzureiten und mir Zeugen zu sein bei der Huldigung. Ich will den Villingern imponieren mit meinen Zeugen.«

»Meister Albert, schreibt euch die Namen nochmals auf, damit die Ritter keinen vergessen. Die Kosten unterwegs von Burg zu Burg und von Stadt zu Stadt bezahle ich, wenn die Boten nicht Ritterburgen und gute Freunde am Wege finden. Als Lohn und Angedenken bekommt jeder ein Paar silberne Sporen.«

»Und nun. Knappe, hole dem Ritter Hug einen Humpen. Er trinkt mit uns, bis Meister Albert die Briefe geschrieben und ich sie gesiegelt habe.«

»Du, Friedrich, reitest natürlich auch mit mir nach Villingen. Ihr zwei Jungen aber habt noch keine Siegel, ihr könnt mit oder nicht. Noch könntest du, Konrad, deine künftige Pfründe ansehen bei der Gelegenheit und Gebhard die Mutter besuchen. Aber den Meister Albert brauch' ich. Es sind von heut' an noch 14 Tage bis Sankt Bartholomä; bis dahin hat er alle unsere Teilungsurkunden fertig, dann kann er wohl mit mir nach Villingen und Hasela und mir den Sekretär machen.«

»Wir werden deiner Brautfahrt nicht anwohnen, Egino,« nahm nun Konrad das Wort. »Wir zwei Siegellose reiten übermorgen von Fürstenberg ab und besuchen die Mutter in Villingen. Von da geht's dem Heuberg zu, um unsere Schwester Margaret zu besuchen auf Hohenberg. Sie will unsern Gebhard wieder einmal sehen, und ich bin immer gern beim Hohenberger Schwager. Graf AIbrecht ist Minnesänger und drum in seiner Burg stets heiteres Leben, und Heiterkeit lieb' ich auch als Kleriker.«

»Sie haben in diesem Frühjahr den König Rudolf, ihres Mannes Freund, zu Besuch gehabt, und da wird Margaret viel zu erzählen wissen.«

»Von Hohenberg reiten wir weiter hinab ins Neckartal und nach Tübingen; wollen sehen, wie es unserer Elisabeth geht bei ihrem neuen Gemahl, dem Pfalzgrafen. Ich glaub' aber nicht, daß es mir dort so gut gefallen wird, wie einst auf der Burg Falkenstein im romantischen Bernecktale drunten im Schwarzwald, wo Elisabeth mit ihrem ersten Gemahl hauste.«

»Von Tübingen reiten wir dann dem Bodensee zu. Es wird, bis diese Besuche abgemacht sind, Maria Geburt werden, und nach diesem Feiertag beginnt für Gebhard die Domschule in Konstanz.«

»Im kommenden Frühjahr will ich dann dich, Egino, einmal in Hasela besuchen, wenn die Maiglöcklein blühen in den sonnigen Wäldern des Kinzigtales.«

Solche und ähnliche Reden gingen neben dem Trinken her bis gen Abend. Dann ritt Egino mit seinen zwei Knappen und mit dem Ritter Hug von Almeshofen vom Fürstenberg herab, er hinüber ins Bregtal, der Burg Zindelstein zu, und der Ritter ins Ried auf seine Burg. Unterwegs gab der Graf seinem Begleiter noch den Auftrag, die Grafen von Freiburg und den Markgrafen von Hachberg einzuladen, am Vorabend von Sankt Bartholomä auf dem Zindelstein Quartier zu nehmen, da ihr Weg nach Villingen sie in die Nähe führe.

Andern Tags ritt der Almeshofer zu seinen Nachbarn, und die Botschaftsritte begannen. Und bald kam von allen, die zur Huldigungsfahrt nach Villingen geladen worden, die Botschaft auf den Zindelstein, sie würden gerne dem Grafen Egino zu Willen sein und mit ihm an Sankt Bartholomä in Villingen einreiten.

 


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