Johann Wolfgang Goethe
Die Mitschuldigen
Johann Wolfgang Goethe

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Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

Das Theater ist geteilt, der Hauptteil stellt das Zimmer Alcests, der kleinere einen Alkoven vor.

Söller, im Domino, den Hut auf, die Maske vorm Gesicht, ohne Schuhe, kommt ganz leise zur Nebentüre herein, leuchtet vorsichtig mit einer Blendlaterne umher; da er alles still findet, kommt er mit leisen Schritten hervor an den Rand des Theaters, nimmt die Maske und den Hut ab und wischt sich das Gesicht.

Zum Leben braucht's nicht just, daß man so tapfer ist.
Man kommt auch durch die Welt mit Schleichen und mit List.
Der eine geht euch hin, bewaffnet mit Pistolen,
Sich einen Sack mit Geld, vielleicht den Tod zu holen,
Und ruft: Den Beutel her! Her! Ohn euch viel zu sperrn!
Mit so gelaßnem Blut, als spräch er: Prost, ihr Herrn!
Ein andrer zieht herum, mit zauberischen Händen
Und Volten wie der Blitz die Uhren zu entwenden.
Und wenn ihr's haben wollt, er sagt euch ins Gesicht:
Ich stehle, gebt wohl acht! Er stiehlt, ihr seht es nicht.
Mich machte die Natur nun freilich viel geringer;
Mein Herz ist allzuleicht, zu plump sind meine Finger;
Und doch kein Schelm zu sein, wird heutzutage schwer,
Das Geld nimmt täglich ab, und täglich braucht man mehr.
Doch ist's ein schlechtes Ding um halbe Bösewichter.
Ich seh's, man wird zum Dieb geboren wie zum Dichter;
Und pfuscht nur einer drein, so fühlt er wie der Blitz
Die Peitsche der Kritik, die Rute der Justiz.

Du bist nun einmal drin; nun hilf dich aus der Falle!
Ach! alles meint zu Haus, ich sei schon lang beim Balle.
Mein Herr Alcest, der schwärmt, mein Weibchen schläft allein;
Die Konstellation wie kann sie schöner sein?
Er nimmt die Schatulle vom Tisch.
O komm, du Heiligtum! Du Gott in der Schatulle!
Ein König ohne dich wär eine große Nulle.
Er zieht die Diebesschlüssel aus der Tasche und sagt unter dem Aufbrechen.
Habt Dank, ihr Dietriche! ihr seid der Trost der Welt!
Durch euch erlang ich ihn, den großen Dietrich, Geld!
Ich war einst Sekretär bei einem Bürgermeister.
Ein Sekretär! Das ist kein Werk für kleine Geister,
Es ist ein künstlich Amt und will getrieben sein.
Ja, wie ich das noch war, da bild't ich mir was ein,
Da ging ich wie ein Prinz. Ein Dieb wurd eingefangen,
Die Schlüssel fanden sich, und er, er ward gehangen.
Nun weiß man, die Justiz behält stets was für sich;
Ich war nur Subaltern, das Eisen kam an mich;
Ich hob es auf. Ein Ding mag noch so wenig taugen,
Es kommt ein Augenblick, und man kann alles brauchen.
Und jetzt –
Das Schloß geht auf.
O schön gemünzt! Ja, das ist wahre Lust!
Die Tasche schwillt von Geld, von Freuden meine Brust –
Wenn es nicht Angst ist.
Er horcht.
Horch! Verflucht! ihr feigen Glieder!
Was zittert ihr?
Er fährt zusammen.
Horch! – Nichts!
Er macht die Schatulle zu.
Genug! Nun gut!
Er will gehen, erschrickt, und steht still.
Schon wieder!
Es geht was auf dem Gang! Es geht doch sonst nicht um.
Der Teufel hat vielleicht sein Spiel. Das Spiel wär dumm!
Ist's eine Katze? Nein! Das geht nicht wie ein Kater.
Geschwind! Es dreht am Schloß.
Er springt in den Alkoven und sieht durch die Vorhänge.
Behüt! mein Schwiegervater.

Zweiter Auftritt

Der Wirt kommt im Schlafrocke, der Nachtmütze und Pantoffeln mit einem Wachsstock furchtsam zur Nebentüre herein. Söller im Alkoven horchend.

Wirt.
Es ist ein närrisch Ding um ein empfindlich Blut,
Es pocht, wenn man auch nur halbweg was Böses tut.
Dächt ich nicht aus dem Brief was Wichtiges zu holen,
Ich wär gewiß nicht da! Ich glaub, er kam aus Polen.
Die Zeitung heutzutag ist unerträglich kalt,
Das Neuste, was man hört, ist immer monatsalt.
Der Zeitungsschreiber selbst ist wirklich zu beklagen,
Gar öfter weiß er nichts, und oft darf er nichts sagen.
Wär ich nur gnädger Herr, ich müßt Minister sein,
Und jeglicher Kurier ging bei mir aus und ein.
Er sucht überall.
Er ging noch erst herauf, und holte Hut und Degen;
Ich hoff doch auch, es war, den Brief bei Seit zu legen.
Er sucht.

Söller im Alkoven.
Du guter alter Narr! ich seh wohl, es hat dich
Der Diebs- und Zeitungsgott nicht halb so lieb als mich.

Wirt.
Ich find ihn nicht!
Er erschrickt.
O weh! Hör ich auch recht? Daneben
Im Zimmer?
Er horcht.

Söller erschrocken.
Riecht er mich vielleicht?

Wirt.
Es knistert eben,
Als wär's ein Weiberschuh.

Söller getrost.
Schuh! Nein! das bin ich nicht.

Wirt bläst den Wachsstock aus.
Ft! Bleibe, wer da will! Geh auf!
Er kann das Schloß in der Eile nicht aufmachen, und läßt darüber den Wachsstock fallen; endlich stößt er die Tür auf und läuft davon.

Dritter Auftritt

Sophie mit einem Licht kommt zur Haupttüre herein; Söller im Alkoven.

Söller erstaunt.
Ein Weibsgesicht!
Fast so wie meine Frau! Ich hoffe nicht!

Sophie setzt das Licht auf den Tisch und kommt hervor.
Ich bebe
Bei dem verwegnen Schritt.

Söller mit Karikatur.
Sie ist's! So wahr ich lebe!
Adieu du armer Kopf! – Allein, gesetzten Falls,
Ich zeigte mich! – Und dann – Ja, dann adieu mein Hals!

Sophie.
Sophie, du kommst zu ihm, was hast du unternommen?
Doch kann es anders sein? Er darf zu dir nicht kommen,
An meinem Zimmer ist mein Vater allzunah,
Und hier ist alles leer.

Söller.
Leer, und der Mann ist da!

Sophie.
Ja, folgt der Liebe nur! Mit freundlichen Gebärden
Lockt sie euch anfangs nach –

Söller.
Ich möchte rasend werden!
Und darf nicht –

Sophie.
– Doch wenn ihr einmal den Weg verliert,
Dann führt kein Irrlicht euch so schlimm, als sie euch führt.

Söller.
Jawohl, dir wär ein Sumpf gesünder als das Zimmer.

Sophie.
Bisher ging's ziemlich schlimm, doch es wird täglich schlimmer.
Mein Mann macht's bald zu toll. Bisher gab's wohl Verdruß;
Doch jetzt treibt er's, daß ich ihn gar verachten muß.

Söller.
O Hexe!

Sophie.
Meine Hand hat er, Alcest inzwischen
Besitzt, wie sonst, mein Herz.

Söller.
Zu zaubern, Gift zu mischen,
Ist nicht so schlimm!

Sophie.
Dies Herz, das er zuerst entflammt,
Das erst durch ihn gefühlt, was Liebe sei –

Söller.
Verdammt –

Sophie.
Kalt, spröde war dies Herz, eh es Alcest erweichte.

Söller.
Ihr Männer! stündet ihr all nur einmal so Beichte!

Sophie.
Wie glücklich war ich sonst!

Söller.
Sonst! Nun, das ist vorbei!

Sophie.
Wie liebte mich Alcest!

Söller.
Pah! das war Kinderei!

Sophie.
Das Schicksal trennt uns bald, und ach! für meine Sünden
Mußt ich mich – welch ein Muß – mit einem Vieh verbinden.

Söller.
Ich, Vieh? – Jawohl ein Vieh, von dem gehörnten Vieh!

Sophie.
Was seh ich?

Söller.
Was, Madam?

Sophie.
Des Vaters Wachsstock! Wie
Kam er hieher? Vielleicht – Da werd ich fliehen müssen;
Vielleicht belauscht er uns! –

Söller.
O setz ihr zu, Gewissen!

Sophie.
Nur das begreif ich nicht, wie er ihn hier verlor.

Söller.
Sie scheut den Vater nicht, mal ihr den Teufel vor!

Sophie.
Ach nein, das ganze Haus liegt schon in tiefem Schlafe.

Söller.
Die Lust ist mächtiger als alle Furcht der Strafe.

Sophie.
Mein Vater kann nicht wohl – Wer weiß, wie es geschah?
Es mag drum sein!

Söller.
O weh!

Sophie.
Alcest ist noch nicht da!

Söller.
O dürft ich sie –!

Sophie.
Mein Herz schwimmt noch in seltnem Zweifel:
Ich hoff und fürcht ihn doch.

Söller.
Ich fürcht ihn wie den Teufel!
Und mehr noch. Käm er nur, der Prinz der Unterwelt,
Ich bät ihn: hol mir sie! da hast du all das Geld!

Sophie.
Du bist zu zärtlich, Herz! Was ist denn dein Verbrechen?
Versprachst du, treu zu sein? und konntest du versprechen,
Dem Menschen treu zu sein, an dem kein gutes Haar,
Der unverständig, grob, falsch? –

Söller.
Das bin ich!

Sophie.
Fürwahr,
Wenn so ein Scheusal nicht den Abscheu gnug entschuldigt,
So lob ich mir das Land, wo man dem Teufel huldigt.
Er ist ein Teufel!

Söller ergrimmt.
Was! ein Teufel? Scheusal? Ich?
Ich halt's nicht länger aus!
Er will herausbrechen. Doch da er Alcest erblickt, fährt er zurück.

Vierter Auftritt

Sophie, Söller im Alkoven, Alcest.

Alcest.
Du wartest schon auf mich?

Sophie lächelnd.
Sophie kam dir zuvor.

Alcest.
Du zitterst?

Sophie.
Die Gefahren
Von hier und dort –
Sie deutet auf Alcesten und auf die Türe.

Söller.
Du! dir! das sind Präliminaren.

Sophie.
Du weißt es, was mein Herz um deinetwillen litt,
Du kennst dies ganze Herz, verzeih ihm diesen Schritt.

Alcest mit Nachdruck.
Sophie!

Sophie.
Verzeihst du ihn, so fühl ich keine Reue.

Söller.
Ja, frage mich einmal, ob ich dir ihn verzeihe!

Sophie.
Warum kam ich hierher? Gewiß, ich weiß es kaum.

Söller.
Ich weiß es nur zu wohl!

Sophie.
Es ist mir wie ein Traum.

Söller.
Ich wollt, ich träumte!

Sophie.
Sieh, ein ganzes Herz voll Plagen
Bring ich zu dir.

Alcest.
Der Schmerz vermindert sich im Klagen.

Sophie.
Ein sympathetisch Herz wie deines fand ich nie.

Söller.
Wenn ihr zusammen gähnt, das nennt ihr Sympathie!
Vortrefflich!

Sophie.
Mußt ich nur dich so vollkommen finden,
Um mit dem Gegensatz von dir mich zu verbinden?
Ich hab ein Herz, das nicht tot für die Tugend ist.

Alcest.
Ich kenn's!

Söller.
Ja, ja, ich auch!

Sophie.
So liebenswert du bist,
Alcest, ich würde nie aus meinen Schranken weichen,
Wär Söller nicht ein Mann, um mich herauszuscheuchen.

Söller.
Sie lügt! Ein Mann von Stroh wär ich! Da seht ihr mich,
Ihr Herren! Hat er denn so Waden stehn wie ich?

Sophie.
Ich dachte, da die Not mich zwang, dich zu verlassen,
Ihn zu ertragen –

Söller.
Schön!

Sophie.
Allein ich muß ihn hassen.

Söller.
Noch schöner!

Alcest.
Du verdienst kein so unglücklich Band.

Sophie.
Dumm ohn ein gutes Herz, und boshaft ohn Verstand.
Zum Schelmen viel zu feig, zu schlimm, um gut zu denken,
Beschäftigt sich sein Kopf mit ungeschliffnen Ränken,
Verleumdet, lügt, betrügt.

Söller.
Ich seh, sie sammelt schon
Die Personalien zu meinem Leichsermon.

Sophie.
Mit ihm zu leben! denk, wie sehr mich das betrübte,
Hofft ich nicht –

Söller.
Nur heraus!

Sophie.
Daß mich Alcest noch liebte.

Alcest.
Er liebt, er klagt wie du.

Sophie.
Das lindert meine Pein,
Von Einem wenigstens, von dir beklagt zu sein.
Sie faßt ihn bei der Hand.
Alcest, bei dieser Hand, der teuern Hand, beschwöre
Ich dich, behalte mir dein Herz gewogen!

Söller.
Höre,
Wie schön sie tut!

Sophie.
Dies Herz, das nur für dich gebrannt,
Weiß keinen andern Trost, als den von deiner Hand.

Alcest.
Ich kenne für dein Herz kein Mittel.

Söller.
Desto schlimmer!
Schlägt's nicht am Herzen an, so sieht das Frauenzimmer
Gern, daß man sonst kuriert.

Sophie , die sich auf Alcestens Arm lehnt.
Mein Freund!

Söller beängstigt.
Bald geht's zu weit!
Zum Parterre.
Es ist mein großes Glück, daß ihr da unten seid;
Da schämen sie sich noch.
Alcest umarmt Sophien.
Nein! Er wird zu verwegen!
Ich führ ihm gern an Kopf, hätt er nur keinen Degen.

Sophie ängstlich.
Grausamer, laß mich gehn!

Söller außer sich.
Verflucht! Wie sie sich ziert!
Grausamer! Laß mich gehn! Das ist kapituliert.
Pfui, schämen Sie sich doch! Die abgedroschne Leier,
Wenn's schon bergunter geht! Wer gibt mir einen Dreier
Für ihre Tugend?

Sophie.
Freund, noch diesen letzten Kuß,
Und dann leb wohl!

Alcest.
Du gehst?

Sophie.
Ich gehe, denn ich muß.

Alcest.
Du liebst mich, und du gehst?

Sophie.
Ich geh, weil ich dich liebe.
Ich würde einen Freund verlieren, wenn ich bliebe.
Es strömt der Klagen Lauf am liebsten in der Nacht,
An einem sichern Ort, wo nichts uns zittern macht.
Man wird vertraulicher, je ruhiger man klaget;
Allein für mein Geschlecht ist's stets zu viel gewaget.
Die Liebe nennet sich zuerst Vertraulichkeit.
Ein schmerzerweichtes Herz in dieser sichern Zeit
Versagt dem Freunde nicht den Mund zu Freundschaftsküssen.
Ein Freund ist auch ein Mensch.

Söller.
Sie scheint es gut zu wissen.

Sophie.
Leb wohl!

Alcest.
Vergiß es nie, daß ich der Deine sei.

Söller erholt.
Das Ungewitter zieht mir nah am Kopf vorbei.
Sophie geht ab. Alcest begleitet sie zur Haupttüre hinaus.

Fünfter Auftritt

Söller im Alkoven.
O Tod! Er geht mit ihr! Weh mir, ich bin verloren!
Heraus aus deinem Nest!
Er wagt sich halb aus dem Alkoven und horcht.
Ich bin auf beiden Ohren
Entweder wirklich taub – Sie ist doch noch nicht fort!
Und dennoch rührt sich nichts, ich höre nicht ein Wort.
Wie wär es, wenn ich mich ein bißchen näher machte?
Er wagt sich langsam an die große Türe.
Sie reden noch! Ganz leis! – Zum Henker!
Er meint, es käme jemand, und fährt wie ein Blitz in den Alkoven.
Sachte! Sachte!
Es kömmt kein Mensch.
Er will wieder heraus.
Versuch's!
Er traut nicht.
Das ist zu viel gewagt.
In der äußersten Karikatur von Verlegenheit.
Was fang ich an! Ich bin ein Hahnrei!
Er rennt mit dem Kopf wider die Wand.
Ah! es ragt
An meiner Stirne schon das Zeichen meiner Würde
Hervor. Was ist zu tun?
Er schlägt auf die Tasche.
Komm, meine teure Bürde!
Komm, rette dich mit mir, und leite mich zum Wein,
Solang man trinken kann, läßt sich's noch glücklich sein.
Der wohlgekrönte Stand ist keiner von den bösten;
Als Hahnrei kann man sich eh als am Galgen trösten.
Eilig durch die Nebentüre fort.

Sechster Auftritt

Alcest.
Ihr großen Geister sagt, daß keine Tugend sei
Und Liebe Sinnlichkeit und Freundschaft Heuchelei,
Daß man kein einzig Herz mit festen Mauern finde,
Daß nur Gelegenheit die Stärksten überwinde,
Daß es, wenn man in uns das Laster je vermißt,
Beim Jüngling Blödigkeit und Furcht beim Mädchen ist.
Es zittert, spottet ihr, die unerfahrne Jugend.
Doch ist dies Zittern nicht selbst ein Gefühl von Tugend?
Ist diese Sympathie, dies schwimmende Gefühl,
Dem man sich schwer entreißt, nichts als ein Fibernspiel?
Wie süß verträumt ich nicht die jugendlichen Stunden
Einst in Sophiens Arm. Ich hatte nichts empfunden,
Bis mir der Druck der Hand, ihr Blick, ihr Kuß entdeckt,
Wie's einem Neuling ist, wenn er die Wollust schmeckt.
Uns führte keine Wahl mit klugem Rat zusammen,
Wir sahn einander an, und standen schon in Flammen.
Bist du der Liebe wert, ward da nicht lang gefragt;
Es war erst halb gefühlt, und war schon ganz gesagt.
Wir lebten lange so die süßen Augenblicke;
Zuletzt verschlug es sich. Ich fluchte dem Geschicke,
Und schwur, daß Freundschaft, Lieb und Zärtlichkeit und Treu
Der Maskeradenputz verkappter Laster sei.
Und sucht in dem Gewühl der körperlichen Triebe
Den Tod des Vorurteils, von Tugend und von Liebe.
Zuletzt verhärteten mich Wollust, Stolz und Zeit;
Ich glaubte mich geschützt vor aller Zärtlichkeit.
Stolz kehrt ich zu Sophien. Wie schön war sie geworden!
Ich stutzte. »Ha, ihr Mann ist doch vom großen Orden
Schon lange Ritter! Doch sie hat der Freunde mehr.
Es sei drum! Wenn du kommst, so macht sie dir's nicht schwer.
Ihr Sperren rührt mich nur, daß ich die Nase rümpfe:
Gnung! Das gewohnte Spiel vom Faun und von der Nymphe.«
So dacht ich, sah sie oft, allein da fühlt ich was,
Ihr liederlichen Herrn, erklärt mir, was ist das?
Das hier mich immer schilt, hier immer für sie redet,
Mir alle Kühnheit raubt, und jeden Anschlag tötet.
Sie nennt mich ihren Freund, eröffnet mir ihr Herz;
Ich schwur die Freundschaft ab, doch teil ich ihren Schmerz.
Sie sagt, sie habe mich als alle Menschen lieber;
Ha! denk ich, Lieb ist Tand, und freu mich doch darüber.
Sie liebt mich und verläßt doch ihre Tugend nie;
Die Tugend glaub ich nicht, und doch verehr ich sie.
Heut hofft ich ziemlich viel und wagte nichts zu nehmen.
So bös und doch so feig! Ich muß mich wahrlich schämen.
Entweder nennet mich Weib! Tückisch ohne Kraft!
Wo nicht, so bin ich noch nicht völlig lasterhaft.
Was ist's? was treibt dich an, ihr Leben zu versüßen?
Ist's Lieb? Ist's Eigennutz? Gedenkst du zu genießen,
Und willst es kaufen? Nein! Ich weiß, es fehlt ihr Geld,
Und sie vertraut mir's nicht, das ist's, was mir gefällt.
Ich sinne jetzo nur auf ein versteckt Geschenke;
Ich habe just noch Geld. Gut, daß ich gleich dran denke.
Ich muß es zählen.
Er öffnet die Schatulle.
Was! Was seh ich! Teufel! Leer!
Von hundert Spezies kaum fünfundzwanzig mehr!
Seit heute nachmittag! Wer konnte sie entwenden?
Die Schlüssel kamen nicht die Zeit aus meinen Händen.
Wer war im Zimmer? Ha! Sophie! Gedanke fort!
Mein Diener? O, der liegt an einem sichern Ort.
Er schläft, gleich will ich hin, mit Lärm ihn aufzuwecken;
Wenn er der Täter ist, verrät er sich im Schrecken.


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