Johann Wolfgang von Goethe
Juristische Schriften 1771 – 1775
Johann Wolfgang von Goethe

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Rechtsanwalts-Eingaben

Heckel gegen Heckel

Frankfurt, 16. Oktober 1771

Wohl- und Hochedelgeborne, Gestrenge, Fest und Hochgelahrte, Wohlfürsichtige und Wohlweise, sonders Großgünstige, Hochgeehrteste und Hochgebietende Herren Stadt Schultheiß und Schöffen! Da ich durch ein den 30. September ergangenes und den 4. Oktober mir publiziertes venerierliches Resolutum des jüngern Herrn Bürgermeisters Wohlgeb. angewiesen worden, in Ansehung eines solennen Zeugen-Verhörs, in Sachen gegen meinen Vater Joh. Georg Heckel, innerhalb 14 Tagen das Behörige bei Euwren Wohl- und Hochedelgebornen, Gestrengen und Herrlichkeiten vorzukehren, und mir nunmehro Beweis zu führen obliegt, daß besagter mein Vatter den 1. April a. c. als am Tage meiner öffentlichen Eheverlöbnis freiwillig deklariert habe, wie er mir gleich nach meiner Kopulation alles in allem, das Haus und sämtliche Nahrung und Gewerbe ganz allein übergeben und sein Leben bei mir in Ruhe zubringen wolle; so überreiche zu dessen schuldigst gehorsamster Befolgung in der Anlage sub Lit. A. bis I. inkl. eine Abschrift des verhandelten ProtocolliDer Bürgermeister-Audienz. sowohl, als auch sub. Lit. K. kurzgefaßte nötige Beweis-Articul, mit der dringendsten Bitte, Hochdieselbe geruhen Großgünstig, die eben daselbst benennte Zeugen, servato juris ordine, Hochgeneigtest darüber abhören zu lassen. Der ich mit gebührender Ehrfurcht allstets harre Euer Wohl- und Hochedelgebornen, Gestrengen und Herrlichkeiten untertänig gehorsamster Joh. Friedr. Heckel. Concepit J. W. Goethe Lizentiat.

 

[Frankfurt, 3. Februar 1772]

Wohl- und Hochedelgeborne, Gestrenge, Fest und Hochgelahrte, Wohlfürsichtige und Hochweise, sonders Großgünstig Hochgeehrtest und Hochgebietende Herren Stadt Schultheiß und Schöffen! Wenn großsprecherischer Eigendünkel das Urteil eines weisen Richters bestimmen, und die gehässigste Grobheit eine wohlbegründete Wahrheit umstoßen könnte, so würde durch die letzte gegen mich eingereichte Schrift meine Sache unwiederbringlich vernichtet worden sein. Es ist schwer zu glauben, daß Parteien sich öfter unterstehen sollten, Ew. Wohl- und Hochedelgebornen Gestreng und Herrlichkeit solches Papier vorzulegen, das unverschämteste Unwahrheit, aufgebrachtester Haß, ausgelassenste Schmähsucht um die Wette zur abscheulichsten Mißgeburt gebildet haben. Mein aufgehetzter Vatter läßt sich nun leider! so weit herunter, daß er in bemeldter Schrift kein einziges Faktum richtig erzählt, sondern jedes nach einem gewissen willkürlichen, zu Beweisen voraus erwählten Satz zugeschnitten wird.

Die lieblosesten Schilderungen meines Charakters und meiner Handlungen müssen dienen, den Beweis zu stärken, der denn endlich in solchen unziemlichen Ausdrücken geführt wird, daß der Ton der ganzen Schrift dem Ton eines zanksüchtigen aufgebrachten Weibs gleicht, deren erhitztes Gehirn, unfähig mit Vernunft und Gründen zu streiten, sich in Schimpfworten erschöpft und, weil sich ihr kein so großer Reichtum darbietet, als sie zur Fortsetzung ihres Grimms braucht, sich in Schimpfworten wiederholt und wiederholt, dem Teilnehmer zum empfindlichsten Verdruß und denen Zuschauern anfangs zum Gelächter und bald zum Ekel. So deutlich auch das alles aus dem bloßen Durchlesen gedachten Exhibiti einem einsichtsvollen Herrn Richter in die Augen fallen muß, so klar es ist, daß er dieselbe nur zur Verwirrung und Verzögerung einer unwidersprechlichen, dem Ende unaufhaltsam sich nahenden Sache quer hereingeschoben, will doch der Rechtsgang eine Beantwortung von meiner Seite verlangen.

Zu Befolgung also eines hochvenerierlichen Schöffen Decreti d. d. 27. Dez. a. p. und nicht in der Intention, mich auf einige Weise einzulassen und seinem Vorbringen nur den geringsten Schein zuzugestehen, lege ich hiermit Ew. Wohl- und Hochedelgebornen Gestreng und Herrlichkeit diese Gegenschrift vor, die seine summarische erzwungene Klage ein vor allemal abfertigen, durch das einfachste Mittel, durch eine wahre Geschichts Erzählung nämlich, Rechtmäßigkeit der bisherigen Handlungen sowohl als auch der verhandelten Sache dartun und das Ganze Hochdero gerechtesten Dezision mit dem ergebensten Zutrauen submittieren wird.

Der Inhalt gegenseitigen Scripti, das übrigens auf keinem Blatte sich selbst besteht, sondern, wie es notwendig allem falschen Vorbringen gehen muß, ungleich und unordentlich ist, zerfällt am natürlichsten in zwei Teile.

Der erste, dazu ich die drei vorderste Paragraphen rechne, enthält eine schiefe, halbe und falsche Erzählung des Anfangs und Fortgangs unserer Sozietät, wie auch der Ursachen des Prozesses. Es sei mir genug die Wahrheit dagegen zu setzen.

Mein Vatter, der als ein der Porcellaine Arbeit gänzlich unerfahrner Glasermeister das ganze Werk durch fremde Leute unter seiner Aufsicht geführt hatte, dankte Gott, wie seine Kinder heranwuchsen, die mit selbst ständigem Fleiß und Treue einem mittelmäßigen Werk aufzuhelfen gesinnet waren. Mein älterer Bruder starb, auf dem die Besorgung einige Zeit gelegen, und nun mußte mich mein Vatter in ao. 1755 aus der Porcellaine-Fabrique zu St. Cloud, woselbst ich nächst zwei Jahre gearbeitet, zurückrufen und in dieses sein Gewerb ziehen; wie mag er vorgeben, er habe mich anweisen wollen. Ich war nunmehro der einzige Sohn, des Gewerbs wohl kundig, als worauf ich mich vorzüglich gelegt, meinem Vatter daher unentbehrlich; was folgte natürlicher, als daß er mich in eine ihme so vorteilhafte Sozietät aufnahm; denn wo eine wahre Gleichheit herauskommen soll, gibt einer alle das Geld, wenn der andere alle Arbeit tut. Hier war's nicht so, mein war die ganze Mühe, und die Angabe am Porcellaine Hof, worauf wie bekannt ein großes Kapital haftet, ist noch darzu mütterliches Vermögen.

Unsere Sozietät fing sich 1763 an, und wir fanden für gut, daß zugleich das Verhältnis meiner und meiner Geschwister nach des Vatters Ableben bei Zeiten bestimmt würde, um alle Verwirrung in einem so großen Wesen zu verhindern und die, bei nicht klarem Nachlaß, beiden Teilen so gefährliche Herausgabs Zänkereien einstimmig abzuschneiden. Zu diesem Ende setzten wir ein Instrument auf, wie es zu vorliegendem verwickeltem Spezial Fall dienlich war, welches unter eine General Definition zu zwängen man sich in gegenseitiger Schrift viele vergebene Mühe gibt. Die ersten Worte gedachten Instruments sind folgende: »Nachdem ich Endesunterzeichneter Joh. Georg Heckel, Burger und Glasermeister, meinen Sohn Joh. Friedr. dermalen zu meiner Porcellaine Fabrique in Sozietät auf und angenommen etc.« Es setzt also schon eine Sozietät voraus, die auch ohne dasselbe bestünde, und wird nur bei Gelegenheit schriftliches Zeugnis derselben. Was braucht's Distinktion zwischen Kommunion und Sozietät, da mein Vatter mit eigener Unterschrift lange attestiert hat, daß es wahre Sozietät seie, wie denn im 5ten §. ausdrücklich wiederholt wird: »Gleich wie nun der in Zukunft aus unserer Sozietät entspringende Gewinn etc.«, wodurch sich die ganze Handlung aufs deutlichste bestimmt.

Zu der übrigen in dem Instrument enthaltenen Teilungs Verfügung war nun freilich meiner Geschwister und mein eigener Konsens nötig, weil ein großer Teil (und jetzo beinah alles) des wahren vorhandenen Vermögens aus mütterlichem besteht, auch die Summe, für welche ich nach seinem Tod den Porcellaine Hof übernehmen sollte, sehr groß und die Sache nicht so vorteilhaft für mich war, als vorgegeben werden will. Wir schnitten, wie oben schon gemeldt, mit einem Vergleich durch, weil bei bewandten Umständen im Weg Rechtens keine Auskunft gewesen wäre.

Unsere Sozietät dauerte zwei und ein Viertel Jahr, während welcher Zeit mein Vatter Ausgabe und Einnahme allein bestritte, ich aber das Werk mit allem Eifer und Zufriedenheit desselben fortsetzte, und nur Samstags in seiner Gegenwart Ausgabe und Einnahme aufschrieb. Am Ende bemerkte ich in den Büchern große Unrichtigkeiten. Mein Vatter konnte nicht Rechnung tun, und ich aus kindlicher Ehrfurcht verlangte sie nicht, übersahe dieses mir so höchstnachteilige Verfahren, und da er mir, um die Verwirrung nicht zu vermehren, nunmehro Ausgab und Einnahm übergab, so nahm ich mit seiner Bewilligung und Unterschrift hier und da Geld auf, um das verschleuderte zu ersetzen. Auf diese Art besorgte ich alles, Bücher und Nahrung, bis 1770.

Die schweren Interessen fingen an uns zu drücken, und wir waren auf Mittel bedacht, uns von dem völligen Untergang zu retten. Eine vorteilhafte Heurat kam in Vorschlag, mein Vatter, der an der Fabrique, verschuldet wie sie war, nichts mehr zu verlieren hatte, kam mit mir überein, mir das ganze Wesen eigentümlich noch bei seinem Leben zu überlassen, und übergab mirs. Das ist der Hauptpunkt, indem dadurch die Sozietät aufgehoben, ich allein in Besitz gesetzt, dabei unsere Konvention, wie es nach seinem Tod gehalten werden solle, auf das festeste bekräftiget wird, da der vornehmste Teil, von dem die übrigen nur Folgen sind, schon bei seinem Leben zur Würklichkeit gebracht worden.

Dieses zu beweisen legte mir ein ansehnlicher Herr Richter erster Instanz auf. Es nicht zu diesem Beweis kommen zu lassen und wo möglich die ganze Sache zu verdrehen, arbeitet das letzte Exhibitum vergebens. Der Beweis ist geführt, die unverfälschtesten glaubwürdigsten Zeugen haben den ganzen Umgang meiner Probatorialien bestätiget, und ich sehe dem gerechtesten richterlichen Ausspruch mit der angenehmsten Hoffnung entgegen; besonders da er §. 3. (zwar bei Gelegenheit eines falschen Anbringens) selbst eingesteht, worüber bisher so weitläufig gestritten worden.

Der Mantel der Unwahrheit ist überall durchlöchert; je mehr man auf einer Seite ihn zur Bedeckung ausspannt, desto mehr läßt er auf der andern unverhofft alle Blöße sehen. Er sagt: ich habe die ihm auf den Fall, wenn er mich zum Eigentümer der Fabrique erklären würde, ausbedungene Kostgelder ganze Monate freventlich entzogen. Vom Wert und Unwert der Beschuldigung fürs erste nichts gesprochen, gesteht er dadurch unversehens ein, daß der Fall sich würklich ereignet, daß er mir alles zum Eigentum übergeben. Wäre das nicht geschehen, wie hätte er Kostgelder verlangen, wie hätte ich sie versagen können? Dürfte er mir zum Vorwurf machen, etwas geweigert zu haben, was ich nicht schuldig gewesen wäre?

So wahr aber die Sache ist, worauf sich die Beschuldigung gründet, so falsch ist diese selbst. Er hat lange Zeit mit mir über Tisch gegessen, bis er Streit anfing, sich vom Tisch trennte und es zum Prozeß kam. Damals war seine Kasse stärker als die meinige; die unter dem Titul Sparbüchse aus der Sozietät verschleppte Gelder, das aus dem verzapften Stück Wein Gelöste setzte ihn in guten Stand den Prozeß abzuwarten, mittlerweile ich, bei diesen gewerblosen Zeiten, die ganze Schuldenlast bestreiten und mich wenden und drehen mußte, um ein ehrlicher Mann zu bleiben. Wie konnte oder sollte ich bei so bewandten Umständen das Feuer schüren, woran ich gebraten wurde? Doch das ist alles gehoben, ich prästiere ihm nunmehro alimenta, und wie gern will ich Zeit seines Lebens für seine Erhaltung sorgen, wenn er durch Hochobrigkeitlichen Ausspruch gegenwärtig zur Ruhe gewiesen werden muß.

Nicht die geringste Beantwortung verdient zuletzt der Vorwurf, ich habe meine Sache schlecht geführt, da doch das ganze auf mir gelegen, da ich zuerst die Fabrique in den Stand gesetzt, in dem sie ist, da von mir alle Verbesserungen an Ofen und allen anderen Einrichtungen, da alle Formen vor mir gemacht worden, und der ganze Verfall des Gewerbs nur durch meines Vatters unglückselige Zänkereien, die sich zu den schlechten Zeiten gesellet, beschleunigt worden. Ist nun der mit so vielem Jauchzen gefundene Grund nichts als ein zugefrorenes Wasser, so muß das darauf errichtete Gebäude durch das geringste Frühlingslüftgen in ein baldiges Grab versinken. Ein Glück für den Werkmeister, er hat sich eben keine Ehren Säule gestiftet.

Die schönen Stücke dieses edlen Ganzen machen den zweiten Teil aus, den ich vom 4ten §. bis zu Ende nehme, und dessen Hauptinhalt folgender ist. Herr Theiß, meines Vatters erster Sachwalter, wird der Unwissenheit und daher entspringender schlechter Einleitung des Prozesses, ein ansehnlicher erster Herr Richter aber Unachtsamkeit und unaufrichtiger Absichten beschuldigt, Beides damit das bisher Verhandelte umgestoßen und ihm Raum gelassen werde, einen neuen imaginairen Klaggrund anmaßlich zu fundieren; darauf er denn in den Tag hinein sagt, ich habe mich gewalttätiger Weise in Besitz gesetzt, das Zeugenverhör cavalierement traktiert, und endlich, Gott weiß wie, auf eine Spolien Klage springt, eines nach dem andern. Der gute Prokurator muß sich bei seiner Ehrlichkeit viel leiden. Mein Vatter, sein Duz Bruder, der wohl überzeugt war, eine Sozietät mit mir eingegangen und ein Instrument aufgerichtet zu haben, woraus sie sich unwidersprechlich erweisen ließe, schickte ihn in die Audienz, er soll den Sozietäts Kontrakt herausschaffen, und der Prokurator geht und klagt. Wäre er ein Advokat gewesen, würde er meinem Vatter mit weisem Rat an Händen gegangen sein. Wer wird dem Richter die Wahrheit sagen, wer wird sich ins unabsehliche Petitorium einlassen.

Das Instrument kommt zum Vorschein, ich beziehe mich darauf, was die Sozietät betrifft, vornehmlich aber auf das Versprechen meines Vatters bei meiner Verlöbnis, er wolle mir alles in allem zum Eigentum übergeben. Theiß verlangt zwar den Kontrakt zu zerreißen, das Instrument, in so fern es Dispos. part. inter liberos wäre, zu annullieren. Ein weiser Herr Richter, der sieht, daß es hierauf gar nicht ankommt, legt mir auf, die Übergabe der ganzen Nahrung zu erweisen. Ich schlage das Zeugen Verhör vor; nun sieht mein Vatter, was er zu erwarten hat, und in unüberlegter Angst ist ihm nichts zu heilig, das er nicht antasten sollte.

Mit dem Prokurator mag umgegangen werden, wie's will, das ist nicht meine Sache, und wenn besagte Schrift nicht ein Haar mehr vorbringt, als der Prokurator schon getan hat, wenn ihre beglaubte tiefe Rechtsgelehrsamkeit großsprechende, flache, kompendiarische Schulweisheit ist, wenn statt dem praktischen Geist, der in ihr herrschen sollte, die gemeinsten Grundsätze einer unverdauten Prozeß Lehre hier und da aufgeflickt erscheinen, und sie dabei andern Unwissenheit und Dummheit vorwerfen will, sie ist mit einem Nasenrümpfen genug abgefertiget. Wenn sie aber in ihrem Dünkel die geheiligte Person eines Richters angreift, einen ehrwürdigsten Ältesten unserer Stadt unaufrichtiger Absichten, einen erfahrnen Herrn Burgermeister Unwissenheit, Unachtsamkeit, schlechter Aufsicht auf sein Amt beschuldigt (vid. § 4 gegen das Ende): so ruft das laut nach exemplarischer Bestrafung, deren Außenbleiben jeder mutwilligen Bosheit die Vorsteher des Volks aussetzt. Brauch ich weiter zu gehen? Ergibt es sich nicht von selbst, daß der, der sich gegen den Richter solcher Unanständigkeiten erfrecht, gegen die Partei unbändig sein müsse.

Nachdem sich die verhüllte tiefe Rechtsgelehrsamkeit lange Zeit in Geburtsschmerzen gekrümmt, springen ein paar lächerliche Mäuse von Kompendien-Definitionen hervor und zeugen von ihrer Mutter. Sie mögen laufen! Denn über das, daß gar die Frage nicht ist, ob angegebenes Instrument Sozietäts Kontrakt, Dispositio Part. inter liberos, Vergleich oder, welches das Wahrste, alles drei in einem sei, ich mich auch von Anfang gleich nur wegen der Sozietät, die mit klaren Worten drinnen steht, darauf bezogen, hingegen weit mehr als verlangt zu erweisen mich erboten und nun würklich erwiesen habe; so bleibt es eine praktische begründete Wahrheit, daß die Handlungen der Menschen sich nicht nach steifen Definitionen und Distinktionen fügen, daher das Richter Amt, die Beurteilung so mannigfaltiger Sachen nach einfachen Gesetzen, so schwer ist, nur dem erfahrnen Alter zu bekleiden geziemt und deswegen, so ehrwürdig es ist, so sicher für allem nasweisen Überwitz sein sollte.

Nachdem nun also erwiesen worden, was nicht zu erweisen war, und nicht einmal das, was man sich zu erweisen vorgesetzet hatte, wird das im Vorbescheide so bedeutend befundene Zeugen Verhör en bagatelle traktiert, das Versprechen meines Vatters bei meiner Verlöbnis, das nicht geleugnet werden kann, als nichts bedeutender Gesellschafts Diskurs weggeworfen. Nur der durfte so reden, der die Gesellschaft von ihrer schlechtsten Seite kennt, wenn sie einen aus Langerweile zusammengelaufenen Haufen bedeutet, wo nichts oder nichts Bedeutendes oder nichts Würdiges geredet und gehandelt wird, das freilich Interessenten zur ewigen Schande gereichen wird, wenn es protokolliert werden sollte; kann aber mein Vatter, [als] ernsthafter alter Mann, Hausvatter und Herr, die bestimmteste Zusage bei dem Verlöbnis seines Sohns, der ernsthaftesten Handlung, woran das ganze zeitliche Glück eines Menschen hängt, für einen Diskurs in den Wind ausgeben? Was soll bedeutend, was soll beweisend sein, wenn es dasjenige nicht ist, was ein Vatter, bei der Verlobung seines Sohnes von seinem Beitrag zum künftigen Unterhalt des neuen Paars auf solennes Fragen, in Gegenwart würdiger zu dieser Handlung erbetener Zeugen, gegen einer Mutter Erklärungen, worin die Mitgift ihrer Tochter bestehen solle, mit reiflicher Überlegung antwortet und befestiget. Er vergißt sich, und mir ist leid, daß ich darauf deuten muß.

Sollte es, da nunmehr der Zeugen Beweis geführt, mein Titel des Eigentums am Porcellaine Hof so deutlich erwiesen worden, sollte es im geringsten nötig sein, gegen den Vorwurf einer eigenmächtigen gewalttätigen Besitznehmung etwas anzuführen? Ich bin müde zu wiederholen, daß mein Vatter mir alles bei meiner Verheuratung übergibt, daß ich als Eigentümer mich betrage, das eingebrachte meiner Frau in die Fabrique wende, daß er damit eine Zeitlang wohl zufrieden ist, zu mir an Tisch geht, endlich auf einmal aus Grille oder Gott weiß warum Händel sucht, sich vom Tisch trennt, einen verdrießlichen Prozeß anfängt, inzwischen aber im Hause sowohl ruhig wohnen bleibt, als auch der Garten Produkten sich zu seiner Haushaltung ohngehindert bedient. Und nun eine Spolien Klage! Wie abenteuerlich dieses Remedium juris, von dem man einmal gehört, es sei favorabler als das Petitorium, hereingeschleppet wird, schlägt jedem so in die Augen, daß ich gleich unverständig handelte, wenn ich Einem einsichtsvollen Herrn Richter die Sonnenklare Unzulässigkeit dieses Einfalls erst weitläufig dartun wollte.

So liegt denn auch die Nichtigkeit des Restitutionsgesuchs am Tag. Aus welchem Grunde soll es statt finden? Wegen der Unwissenheit des Procuratoris, wegen unrechtmäßigem Verfahren in erster Instanz. Es ist oben schon gezeigt, daß der Prokurator eigentlich nur in der Chicane nicht genug bewandert gewesen; und daß kein einzig neues Argument außer dem erzwungenen Spolio in belobter Schrift vorgetragen worden, ist aus ihrer Zusammenhaltung mit dem bei den Actis befindlichen Protokoll gar leicht zu ersehen. Woher also nur der geringste Schein einer justae causae der Prätorischen Klausel? Der Rabe schilt die Dohle schwarz, und ich kann die Entscheidung getrost Einer hochrichterlichen Einsicht überlassen. Ferner zeugen die verwegene Beschuldigungen eines ansehnlichen ersten Herrn Richters von einer sehr schlimmen Sache; ihr Ungrund bestimmt zugleich ihre Strafbarkeit und den Wert der bisherigen Verhandlungen.

Um nun zuletzt auch nicht von ferne gegenseitiges Scriptum nachzuahmen, das in übertriebenen Deklamationen locos communes anhäuft, mit leeren Exklamationen den Mond anbellt, will ich die Himmelschreiende Ungerechtigkeit meines Vatters nicht weitläufig anklagen, der einem einzigen Sohn die einzige Art sein Brot zu verdienen aus den Händen reißen und wer weiß welchem Fremden zuwerfen will; sondern es gelanget nur schließlich an Ew. Wohl- und Hochedelgebornen Gestreng und Herrlichkeit mein so billig als gerechtes Bitten: Hochdieselben geruhen, meinen Vatter vors erste mit der nur zur Verzögerung hereingeschobenen Spolien Klage und nichtigem Restitutions Gesuch zurückzuweisen, dann, bei in dem Vorbescheid mir auferlegtem, nunmehro rechtlich geführten Beweis, großgünstig in der Sache weiter fortzufahren, mich in meinem Eigentum gerechtest zu bestätigen, meinen Vatter zur Erstattung der Prozeß Kosten anzuhalten und das künftige Verhältnis zwischen mir und demselben ein vor allemal Hochrichterlich zu bestimmen, und dadurch einer höchst zerrütteten Familie die Ruhe, das Mittel der Erholung, wiederzugeben. Als worüber ich mit schuldigster Ehrfurcht verharre Ew. Wohl- und Hochedelgebornen Gestreng und Herrlichkeit untertänig gehorsamster Joh. Friedr. Heckel. Cpt JW Goethe Lizentiat.

 

[Frankfurt, 30. März 1772]

Wohl- und Hochedelgeborne, Gestrenge, Fest und Hochgelahrte, Wohlfürsichtige und Hochweise, sonders Großgünstig Hochgeehrtest und Hochgebietende Herren Stadt Schultheiß und Schöffen! Hat meine letzte Schrift gegenteiliges Restitutions Gesuch und Spolien Klage eingerissen, so bleibt mir nur weniges noch zu erinnern. Ob sie es habe, überlasse ich getrost Hochderoselben richterlichem Ausspruch. Der Zorn meines Vatters ist jetzt zu Schaum und Geifer gestiegen; er wiederholt sich und wiederholt sich, wie in dem ersten Exhibito. Außer einer einzigen neuen Beschuldigung ists immer dasselbe. Wie glücklich bin ich, auch diese durch meines Vatters eigenhändige Unterschrift widerlegen zu können.

Angebogener Brief in Originali sub Signo ʘ, den ich mir retenta apud acta copia gehorsamst wieder zurückerbitte, mag denn von meiner liederlichen und schändlichen Aufführung in St. Cloud, von der Ursache, die meine Eltern bewogen, mich zurückzuberufen, ein Zeugnis ablegen: »Lieber und letzter Sohn!« (Gegenteil, der so gern Dokumente verändert, wird hier vielleicht auch eine Auskunft wissen, liederlich und nichtswürdig dafür einzuschieben). Nachdem sie (die Mutter) mir meines Bruders Tod gemeldet, fährt sie fort: »Er hat dich, seinen Bruder, dem Vatter auf sein Gewissen empfohlen, dich an seinen Platz in die Fabrique zu setzen, worüber er ihm die Hand hat geben müssen und alle Umstehende zu Zeugen genommen.« Weiter: »Wir verhoffen, du wirst dich gleich aufmachen und deinen betrübten Eltern zu Hülf kommen und nicht lang im Jammer stecken lassen; so weißt du wohl, wie elend es ist, mit den Gesellen allein sein, und dein Vater sehr schwächlich ist und nicht mehr nachgehen kann, in keiner Arbeit; so bitten wir dich« . . . »Der Herr wird dir das Geleite geben« . . . »Joh. Georg Heckel«: eben die Hand, die nun die Schändlichkeit und Liederlichkeit meiner damaligen Aufführung attestiert. Nun auf! Interpretiert, radiert, die dunkeln Stellen erklärt, geleugnet!

Und so sind alle seine Beschuldigungen und all seine Gründe! Aber was will auch ein Mensch anfangen, der bezeugte Geschichte, Dokumente und Akten gegen sich hat; er muß en gros wegleugnen oder sich gefangen geben. Hätte er zum Exempel ein einziges Faktum meiner Geschichts Erzählung falsch befunden, wie geschwind würde er damit hervorgetriumphiert sein; so da er jede einzelne Tat stehen lassen muß, bricht er's weislich überm Knie ab, und schimpft auf das ganze. Auch ist es nur die Sicherheit ungestraft durchzugehen, die ihn so trotzig macht. Wie fein krümmet er sich zu halb leugnen, denn halb widerrufen, denn Abbitte der Übereilung oder Bosheit (sei's was es will), mit der er sich an das Ansehen eines würdigen Herrn Burgermeisters gewagt. Hier stehe die Stelle seiner Schrift, damit auch der geringste Argwohn niederer Calumnie weggewendet werde: Restitut.-Gesuch etc. §. 4. gegen das Ende: »Meinem Sohn wird einen augenscheinlich unrichtigen Klag Grund auszuführen verstattet.« Wer verstattet? Doch der Herr Burgermeister? Und wenn der Klag Grund augenscheinlich unrichtig ist, so muß derselbe entweder nicht sehen, oder – wer unterstünde sich das zu sagen, was gleich darauf folgt: »Mein Prokurator wird nach der bekannten Rechtsregel »id, quod deest advocatis seu procuratoribus, judex suppleat« im Gegenteil nicht aufrichtige Wege gewiesen.« Der Judex soll also supplieren; er tut's hier nicht, sondern weist den Prokurator – Ich mag's nicht ausschreiben, so wenig man sich den Mund auch nur mit nachgesagten Lästerungen verunreinigen mag. Hier wendet er sich wurmartig, weil ihm die gerechteste Ahndung über dem Kopf hängt; gegen einen harmlosen, unbewehrten Sohn wird er immer wütender.

Eben das Register von Schimpfwörtern, was die vorige Schrift charakterisiert, paradiert auch in dieser, nur mit ein paar neuen gewichtigern gekrönt, über die man sonst mit Leuten, die völlig bei Sinnen sind, nur seines guten Namens wegen Injurien Prozesse anfangen muß. Impertinenz und Nichtswürdigkeit klingen überall in der Schrift vor; doch wer kann's ihm übel nehmen, diese Ideen sind einmal dem Gegenteil so homogen, so innig mit seinem Wesen vereiniget, sind in seinem Ausdruck so Hülfswörter geworden, daß er, wenn er auch wollte, ohne dieselbe keinen Gedanken denken, keine Beiwörter finden, keinem Period Schwung und Rotundität geben kann. Und dieser Mann führt nun den Gegenteil in die Schule, lehrt auf allen Seiten, belehrt, weist zurecht, führt zu Gemüte auf allen Seiten, da er doch nicht einmal einsieht, wie viel schlimmer nur seine Sache wird, wenn der Unterschied zwischen Kommunion und Sozietät so groß ist, da geschrieben steht: Ich habe meinen Sohn in Sozietät auf und angenommen.

Der deutlich zu verstehen gibt, er habe keinen Zweifel seine Sache zu gewinnen, wenn ihm vergönnt würde, die Dokumente, worauf alles ankommt, zu seinem Vorteil zu verändern und das geschehene ungeschehen zu machen, da ließ sich mit einer ungerechten Sache noch Prozeß führen; der nicht begreifen kann, wie man einen bereits durch Zeugen geführten Beweis einer Spolien Klage entgegen setzen darf, wenn aus der schon bei der Hand seienden Aussage, wie aus einem ohnwidersprechlichen Dokumente im Augenblick darzutun ist, daß keine Spolien im allerentferntsten Sinne hier vorkommen können; der, da er doch einige philosophische Terminologie auswendig gelernt, das einfache bekannte, aber so wahre Sprüchelgen nicht geachtet oder vergessen hat: individuorum non dantur definitiones; der nie eine Definition gemacht, noch überdacht hat, was darzu gehöre, denn von Genus und Species ist bald was gepfiffen, und dann doch überall Definitionen und Distinktionen, deren Wert auch darnach zu berechnen ist, daß sein Blick mit alledem überall nur Finsternis und Verwirrung entdeckt: was ist von so einem Gegner zu hoffen? Ihn überzeugen? Mein Glück ist, daß es hier nicht darauf ankommt. Blindgebornen zum Gesichte zu verhelfen gehören übermenschliche Kräfte, und Rasende in Schranken zu halten ist eine Polizei Sache.

Derowegen ich nun Ew. Wohl- und Hochedelgebornen Gestreng und Herrlichkeit gerechtesten Ausspruch die ganze Sache mit Ehrfurchtsvoller Resignation anheim stelle, mein Petitum, wie es die vorige Schrift darleget, wiederholend und aber und abermal bittend: Hochdieselben geruhen diesen unseligen Streit großgünstig fordersamst zu beenden und einer durch die vergessenste Wut eines Vatters äußerst zerrütteten Familie Ruhe und Sicherheit wiederzuschenken; Als worüber etc. Ewr etc. untertänig gehorsamster Joh. Fried. Heckel. Concepit J W Goethe Lizentiat.

 

[Deinet gegen den Predigerkonvent]

[Frankfurt, 12. Oktober 1772]

Wohl- und Hoch Edelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte, Wohlfürsichtige Hoch- und Wohlweise, Sonders großgünstig Hochgeehrtest und Hochgebietende Herren Stadt-Schultheiß, Burgermeistere und Rat! Die durch ein Vener. Rats Dekret de dato 15. Sept. h. a. mir zu meiner Defension in außen rubrizierter Sache, großgünstig vergönnte Frist von vier Wochen, will nunmehro zu Ende laufen, ohne daß ich mich im Stande sehe, mit meiner Schließlichen Verteidigung gehörig aufzutreten.

Die zufällige Veränderung meines Sachwalters, setzt mich über die bisher eingetretenen Hindernisse, in die höchste Notwendigkeit, Hochdieselben um weiteren Aufschub gehorsamst anzugehen, dessen gnädiger Willfahrung, ich mich um so mehr getröste, als es mir zur Information eines neuen Sachwalters, und Herbeischaffung auswärtiger Defensions Gründen, unentbehrlich ist.

In dieser Rücksicht geruhen Euer Wohl- und Hoch Edelgeb. Gestr. und Herrl. wie auch Hoch- und Wohlfürsichtige Weisheiten, mir eine abermalige Frist von 14 tagen Hochgeneigtest zu vergünstigen, in welcher Zeit ich denn meiner Schließlichen Schuldigkeit genüge zu tun, mich eifrigst Bestreben werde.

Der ich mit unausgesetzter Ehrfurcht verharre; Euer Wohl- und Hoch Edelgeb. Gestr. und Herrl. wie auch Hoch- und Wohlfürsichtige Weisheiten treu gehorsamster Johann Conrad Deinet

Cpt. Goethe Lt.

 

[Bayn gegen Rüger]

[Frankfurt, 18. Juni 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Herrn Gegners endlich übergebene Deductio Gravaminum ist in nichts seinen vorigen Exhibitis ungleich, eben so falsch, so unordentlich, so unbedeutend, nur Wiederholungen vorbringend, daß ich ruhig ad Acta priora submittieren könnte, wenn mich nicht die Gewohnheit führte gegenwärtige kurz gefaßte Exzeptions-Schrift Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ehrerbietigst zu überreichen.

Das erste, was er vorn und hinten zu urgieren sucht, ist: daß die Geschworne meine Arbeit um so viel höher als meine Forderung taxiert. Es ist aus seinem Exzeptions Rezeß d: d: 23ten September a. pr. 3 ersichtlich, daß ich gleich auf 797 fl. geklaget.

Kommt auch eine Rechnung von 782 fl. vor, so ist Teils der Unterschied gering auch die Posten klar bezeichnet, die in dieser ausgelassen worden.

Ich fordere also 797 fl. Die Geschwornen schätzen sie einige Gulden höher, und nun wie wendet er sich um den enormen Unterschied heraus zu bringen. Ich soll mich zu einem Vergleich und Rabatt von 10 ProCent verstanden, und also nur 7031/10 fl. verlangt haben.

Welcher Schluß. Ist meine Arbeit nicht das Ganze Wert gewesen, wenn ich um von so einem Manne los zu kommen, hätte einen Teil davon entbehren wollen.

Eben so verhält sich Zweitens, mit dem Vorwurf, es seien den andern Tag die Geschwornen abwesend gewesen. Denn so hatten sie

a) von ihrer Seite den ersten Tag alles besichtigt. Waren

b) die den zweiten gegenwärtige Meister auch beeidigt, und sogar diese, hatten

c) nichts mehr für sich zu besichtigen, als die Reparation einiger alten Fensterrahmen und Türen. Die Taxation bleibt also und bestehet in ihrem Werte, sie ist von den erleuchteten Urteils-Verfassern schon bekräftigt und von denenselben gar wohl eingesehen worden, wie eine Taxation durch fremde Meister nicht im geringsten zulässig; da die Preise sich mit den Orten ändern, und nach den Lebensbedürfnissen richten.

Drittens bringt Gegner in der schönen Ordnung die er beobachtet ein Allotrium herein, die Vergütung der 114. Diehlschnitzel betreffend. Es beträgt dieses eine Kleinigkeit die gar leicht abzurechnen ist. Und die er nur so merkwürdig zu machen sucht, um wo möglich die Sache zu verwirren, und das klare Wasser zu trüben.

So fällt denn Viertens, auch jeder Anschein einer Nullität weg, wenn sowohl meine Rechnung nicht falsch war, als auch die Meister (wie in Aktis gezeigt wird) nicht nach meiner Rechnung als Rechnung, sondern als Spezifikation taxiert, folglich kein falscher Bericht, viel weniger (wie er sich nach seiner Art respektlos ausdrücket) ein ungerechter unbilliger Bescheid.

Seine Exceptio plus petitionis ist gar keiner Bemerkung wert, wie das Adjunctum sub Lit. P. das er nur, wie von jeher die unbedeutende Zeugnisse und Papiere, der Sache ein Ansehen und Weitläufigkeit zu geben angezwungen hat.

Das übrige ganze hierher nicht gehörige weitschweifige Gerede, Exaggerationen, Wiederholungen, Sprücheleien, Ausrufungen, und andere Hülfs-Mitteln des Ungrundes zergehen von selbst, wie Blasen in der Luft.

Ich lasse es also dabei bewenden, bin überzeugt, daß auch den gegenwärtigen Herrn Urteils Verfassern in die Augen fallen wird, wie bei dem ganzen Prozeß, so auch bei diesem letzten Revisions-Gesuch, unerhörte Verschleifung der Zweck meines Gegners gewesen, und wie er sich der unwürdichsten Mittel bedient, einen Handwerksmann der sein Geld immer braucht, unverantwortlich aufzuziehen.

Daher ergehet an Hochdieselben in der sichersten Hoffnung meine geziemende Bitte: um Konfirmation des gerechtesten Spruches d. d. 22ten Maii a. c. und um die abermalige Verdammung des Gegners in die mir aufs neue mutwillig verursachte Kosten.

Der ich p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g gehorsamster Johan Henrich Rüger.

Cpt JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, den 28. Juli 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Indeme Gegenteil an nichts mehr als an Verschleifung der Sache gelegen, hat er sich abermals widerrechtlich bemühet einen Aufenthalt zu bewürken. In diesseitiger Exzeptions Schrift hatte man sein Betragen aufgedeckt und nach der Wahrheit geschildert, welches ihn denn so getroffen hat, daß er selbst nach dem Schluß, und niedergelegten Transmissions Kosten noch einmal nötig glaubt Worte zu machen und sich best möglichst zu entschuldigen.

Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p haben ihm dieses p. Dekret: vener: d. d. 3. Juli h. a. ins: 6. ej: zwar cum termino ordinis gestattet, welches ich denn wohl geschehen lassen müßte, jetzo aber mich genötigt sehe gehorsamst anzuzeigen wie er denselben ungebraucht vorbei streichen lassen. Dahero an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten die geziemende Bitte ergehet: Hochdieselben geruhen meinen Herrn Gegner einen engern Terminum et quidem praejudicialem Hochrichterlich vorzuschreiben p.

Der ich pp. Euer HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Johan Henrich Rüger

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 25. August 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Durch ein venerierl. Dekret d: d: 11ten et insinuatum 12ten Aug: ist meinem Herrn Gegner ein praejudizial Termin von Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten anberaumt worden.

Weil aber derselbe im geringsten nicht pressiert ist, den Ungrund seines neuen Aufschubes an den Tag zu legen, es ihm auch ziemlich schwer fallen mag, nur einige scheinbarkeiten zusammen zu klauben; So ist er abermals außen blieben; Dahero ich mich genötigt sehe Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p in tiefer Untertänigkeit mit der Bitte anzugehen: Hochdieselben geruhen seine Saumseligkeit mit der praeclusion nunmehro zu bedrohen, und den Terminum derselben Hochrichterlich anzusetzen.

Der ich pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Johan Henrich Rüger

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 8. September 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts-Schultheiß und Schöffen! Wie sehr sich mein Herr Gegner auf die Geduld eines erlauchten Herrn Richters verlassen müsse, siehet man abermal doppelt aus seinen Replizis:

1.) sind recocta und allotria alle momenta wodurch er die Erneuerung des Prozesses rechtfertigt.

2.) sollen sie zugleich exhibitionem articulorum probatorialium enthalten; die aber hier wiederum abgehen. Welches er von jeher mit allen nötigen Beilagen zu Erweiterung des Aufenthalts zu tun pflegt, dagegen ganz unbedeutende Papiere wie itzt abermal mit einem fremden hierher ungehörigen und unapplikablen Protokoll geschehen, zu Verwirrung der Sache und Vergrößerung der Akten einschiebt.

Es ist wohl das betrübteste Schicksal, wenn man mit einer ganz gerechten Sache um Gnade flehen soll, in welchem Fall ich mich jetzt befinde. Denn wenn eines gerechten Richters hohe Einsicht nicht denen widerrechtlichen Schlichen meines Gegners ein Ende macht, so wird er mir mein Eigentum noch sauer genug zu machen wissen.

Wie gewandt er in dergleichen Künsten sei, wird aus folgender Geschichts Erzählung erhellen:

Zu Anfang des Prozesses ließ er mir einen Vergleich anbieten und zugleich melden: Wenn ich mich nicht fügen wollte, wolle er mich Zwei Jahr herum ziehen.

Der würdige Notarius Barba, der schon so vieles in hac causa attestieret hat, kann auch dieses bezeugen, denn er ist die Mittelsperson, die solches Vergleichs-Geschäfte, über sich genommen, und seine Kommission mir würklich in zufälliger Gegenwart des Herrn Hauptmann de Groote, ausgerichtet hat.

Nun ist von meinem Gegner darin vollkommen Wort gehalten worden. Seit dem Anfang des Prozesses bis zur Inrotulation der Akten sind würklich zwei Jahre verflossen.

Und nun zu wem soll ich meine Zuflucht nehmen, wenn derselbe vor einigen Wochen, mir durch obbelobten Notarium einen neuen Vergleich anbieten, und in Entstehung dessen mich bedrohen lasset: er wolle mich noch drei Jahre herum führen. Steht das in der Willkür einer Partei den Termin zu bestimmen, wie lang sie einen Prozeß hinaus schieben will! Und worüber ist hier am meisten zu erstaunen: über die Unverschämtheit des Gegenteils, oder über seine Bosheit.

Doch so eine Stirne errötet über nichts.

Die Versendung der Akten hält er nun widerrechtlich auf. Und womit? Die Geschwornen sollen abgehört werden!

War ihm darum zu tun, warum ließ er sie während des Prozesses nicht abhören, da man diesseits darauf drang.

Ist ihm nun drum zu tun, warum verschleift er die Übergebung der Beweis Artikel, und warum geht ihm das alles so hin.

Eben ersagte Artikuli sind noch nicht übergeben, geschweige kommuniziert, und so gerne ich sehe, daß er vor der Versendung die Geschwornen abhören lasse, weil ihm nachher aller Raum zur Entschuldigung genommen wird; so beschwerlich muß es mir wieder fallen, wenn ich sehe, daß dieses zu neuem Aufenthalt Gelegenheit geben soll.

Unsere Bürgerliche Gesetze verpönen so hoch die Selbst Rache, nun war es ihre Schuldigkeit, uns zu dem unserigen zu verhelfen, und dadurch Entschlüssen, die Not und aufs äußerst getriebener Verdruß eingeben, vorzukommen.

Was er in seinen Replicis übrigens vorgebracht, halt ich nicht wert nur im geringsten zu beantworten. Was müßte man von einem Richter denken, dem man die Sonnen klare Unwahrheiten und Unrichtigkeiten erst mit Fingern weisen wollte. Sie bedürfen nicht einmal eines generalen Widerspruchs, den ich jedoch um der Form Willen gegen alles und jedes Vorbringen eingelegt haben will.

Da nun hier von weiter gar keinen meritis caussae, gar keinen Rechts-Gründen mehr die Rede sein kann; sondern ich mit einem Gegner zu tun habe, der Manifest das Verschleifs-Geschäfte treibt. Was kann ich Ihm entgegen setzen, als ein flehentliches untertäniges Bitten: daß Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p doch endlich einmal geruhen mögen, allen den schändlichen Griffen und Kniffen Gegners ein Ende zu machen, und Trutz seinen protestationen, protraktionen und andern juristischen Taschenspieler Streichen, als in Contumaciam, zu verfahren, und die Verschickung der Akten ad Exteros impartiales nunmehro Großg. vor sich gehen zu lassen.

Der ich Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'ger Johan Henrich Rüger

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 27. September 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest- und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Ew. Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p haben auf die Bitte des Gegenteils um nochmaliges Zeugen-Verhör zu veranstalten, unterm 20ten Sept: Hochrichterlich zu dekretieren geruhet. Es solle dieses Gesuch ad Acta geleget, und denen auswärtigen Herrn Rechts Gelehrten anheim gestellt werden, zu beurteilen ob und wie weit dem angetragenen Zeugen Verhör in hac Instantia revisionis annoch statt zu geben seie.

Da nun aber mir mehr als Gegnern daran gelegen, ein dezisives Urteil endlich zu erhalten, und auf die Weise immer Erneuerung des Prozesses und unendliche Protraktion zu befürchten steht; So muß ich selbst bitten, entweder ihm sein verzögerliches Gesuch gänzlich abzuschlagen, oder zu vergönnen, daß jetzo noch vor Verschickung der Akten diese obgleich völlig impertinente Zeugen Abhörung geschehe.

Weil ich doch aufgezogen werden soll, so ist es immer besser jetzt als hernach.

Dahero gelanget an Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mein untertänigst gehorsamstes Bitten: Hochdieselben geruhen Gegenteilen sein ganz unzeitig vorgeführtes Zeugen Verhör entweder gänzlich abzuschlagen, oder wenn Hochdieselbe wie es scheint noch im Zweifel versieren sollten, [ob] es einigermaßen könnte gestattet werden, es lieber gleich zu verstatten, und zu dem Ende damit ich mein bestes auch wahren möge, mir die eingegeben sein wollende Articulos probatoriales Großg. zu kommunizieren.

Worüber ich mit lebenslänglicher Devotion in tiefster Untertänigkeit verharre. Ew: Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten pp. untert'ger Johan Henrich Rüger

JWGoethe Lt.

 

[Heckel gegen Heckel]

[Frankfurt, 7. August 1773]

Wohl- und Hochedelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtig und Hochweise Herren Reichsstadt-Schultheiß und Schöffen Insonders Großgünstig und Hochzugebietende Herren! Es ist nunmehro an dem daß die von meinem Vater und mir gestellte Rechnungen und resp. Gegenrechnungen durch einen beeidigten dieser Sache kundigen Mann untersucht und geprüft werden sollen. Da nun aber zu Beurteilung derselben, verschiedene Facta an Tag kommen müssen, die bisher nicht zu entdecken gewesen, weil diejenigen Personen die derselben am besten kundig niemals durch die anhaltendsten Bitten zur Erklärung zu bewegen waren, so muß ich hierzu die Hülfe und das Ansehen Euer Wohl- und Hochedelgeborn Gestreng und Herrl. untertän[i]gst implorieren. Herr Zahn der wirklich in meinem Hofe wohnt ist der Mann der von Vielem die beste Rechenschaft zu geben vermag. Er und sein Bruder haben seit langer Zeit mit meinem Vater gehandelt, und kennen den Zustand der Sachen von jeher am besten. Nun hat derselbe bishero immer Bedenken getragen mir über gewisse Punkte Erläuterung zu geben die doch zu der jetzigen Lage unentbehrlich ist.

Wird also derselbige nicht hochobrigkeitlich angehalten nach seinem besten Wissen und Gewissen das bisher verheimlichte zu entdecken, so wird im Ganzen nichts Statthaftes geschlossen werden können.

Die Hauptfrage ist diese:

Mit wieviel mein Vater in der Herbstmesse oder zu Ende des Jahres 1763. der Zahnischen Handlung im Rest verblieben?

Denn daß solches geschehen kann ich wider sein Leugnen durch ein eigenhändig Schreiben des sich jetzo in Böhmen aufhaltenden Herrn Zahns beweisen.

An Euer Wohl- und Hochedelgeborn Gestreng und Herrl. ergehet daher mein geziemendes Bitten Hochdieselben geruhen dem Herrn Burgermeister großgünstig aufzutragen gedachten Herrn Zahn eidlich über oben eingerückte Frage summarie zu vernehmen, und denselben zugleich bei eben diesem seinem Eide dazu anzuhalten daß Er dem Hochobrigkeitlich bestellten Rechnungs Untersucher Herrn Geiler auf sein Befragen über etwa vorfallende strittige Punkte nach seinem Gewissen Auskunft geben möge.

Worüber p in aller Untertänigkeit verharrend Euer Wohl- und Hochedelgeborn Gestreng u: Herrl. untertäniger Johann Friederich Heckel.

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 17. November 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte, Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Vergebens seh ich schon Jahre her, der Beendung des unseligen Prozesses entgegen, der meine Nahrung geschmälert, mein Hauswesen zerrüttet, und mich nun nach und nach, in die betrübtesten Umstände der Dürftigkeit versetzt hat.

Vergebens hab ich, durch Aufrichtigkeit gegen einen Erlauchten Richter, durch Nachgiebigkeit gegen meinen unversöhnlichen Vatter, alles getan, was in meinen Kräften stund, um endlich ein Verhältnis festzusetzen, in dem wir beide bestehen, den Rest unsers Vermögens erhalten, und so unsere Tage in Ruhe beschließen könnten. Vergebens! Der Rechts-Streit an dessen Ende ich gelangt zu sein glaubte, hat sich durch unerhörte Neuerungen abermal ins Weite gezogen; der Rechnungs-Untersuchung worauf alles ankommt, wird durch meinen Vatter eine Schwürigkeit nach der andern in den Weg geschoben, und wo er das nicht tut, wenigstens die gehörigen Erklärungen von seiner Seite versagt, daß der Hochobrigkeitlich bestellte Rechnungs Verständige durch den Aufenthalt verdrüßlich und lässig gemacht wird, und ich über der unerschwinglichen Alimentation zu Grunde gehe.

Die einzige Hoffnung nun, die mir übrig bleibt, ist auf Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gnädiges Einsehen, und auf dero Hochrichterliche Hülfe, die ich, mir nicht zu versagen, in tiefster Untertänigkeit flehentlich bitte, gegründet.

Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p haben schon lange die Gerechtigkeit meiner Sache erkannt, nur war es mir ein Trauriges Schicksal, daß mein Gegenwärtiges Unglück, von der Zeit anfängt, da Hochdieselben mir den Besitz des Meinigen durch ein günstiges, gerechtestes Urteil, zu bestätigen geruhten.

Durch ein venerl. Dekret vom 22ten April 1772. ward mein Eigentum an dem Porzellanhof bestimmt, Haus und Hof wäre nun mein; allein wie wenig mir dies gefruchtet, wird aus dem folgenden ersichtlich sein.

Eben belobtes respektierliches Urteil, verfügte ferner: daß die Rechnungen, der, zwischen mir und meinem Vatter gepflogenen Sozietät untersucht, einem oder dem andern Teil das Seine herausgegeben, und sodann die künftige Alimentation des Vaters festgesetzt werden sollte.

Ich erbot mich sogleich denselben, der ohnedas im Hause seine Wohnung behielt, mit an meinen Tisch zu ziehen, wo ich ihm denn, nach meiner Schuldigkeit, geziemend würde begegnet haben; und ihm darüber noch wöchentlich einiges Taschengeld zu reichen. Wie ich mich denn nicht weniger gleich an die Fertigung der Sozietäts Rechnung machte.

Zum Unglück hatte mein Vatter solche eigennützige Ratgeber, die ihm meine billigen Konditionen verleideten. Er schlug meinen Tisch aus und verlangte Geld. Nun ließ sich damals, bei noch nicht erörterten Sozietäts Verhältnis, keineswegs bestimmen, was für Alimenten ich dem Vater zu reichen aufs künftig schuldig seie. Man konnte nicht wissen, was mir oder ihm herauskommen, und wie mein Vermögen beschaffen sein würde, nach dessen Stärke und Schwäche sich auch notwendig, die Beschaffenheit und Summe der Verpflegung richten mußte.

Umsonst bemühten sich ein Ansehnlicher Herr Burgermeister, meinen Vater dahin zu bereden, daß er mit mir zu Tische gehen, dadurch zu dem guten ferneren Vernehmen Grund legen, und mir zugleich die Haushaltung und das Erschwingen der Verköstigung erleichtern mögte. Da aber dieses nicht fruchten wollte, so stellten Hochdieselben mir vor: ich solle noch eins weilen, bis die Rechnungen untersucht seien, die Alimenten in Geld reichen, es würde dieses nicht lange währen, vielmehr von Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p eine Hochrichterliche Verfügung zu beider Teile Bestem fördersamst getroffen werden.

Aus schuldigem Respekt für das Ansehen Eines Hohen Herrn Richters, willigte ich endlich ein, für die zwischen Zeit der Rechnungs-Untersuchung, und in Erwartung endlicher Auseinandersetzung wöchentlich drei Gulden, jedoch nur provisorisch, auf den damals kurz zu hoffenden Zeitraum, auszuzahlen.

Kaum hatt mein Vatter dies über mich erhalten, als er nicht die geringste Sorge mehr bezeigte, die Sachen ins klare zu setzen, und zu Ende zu bringen, vielmehr verwirrte er sie weiter, indem er eine Berechnung und sogenanntes Rißkontro hervorbrachte, bei welchem ich nichts bedaure, als, daß ich mich, in eine weitläuftige Beantwortung desselben eingelassen, da doch die Art wie er mir alles, was ich von Jugend auf von Erziehung Vätterlicher Hülfe, und Gaben erhalten, anschreibt, gleich beim ersten Anblick ihre Unzulässigkeit verrät; er auch gegenwärtig ganz still von der Sache ist und sie gerne in ihrem Unwert versinken läßt; welches ich denn wohl zugeben kann.

Daß er aber der, dem Herr Geiler aufgetragenen Rechnungs Untersuchung so mancherlei Schwürichkeiten in den Weg legt, die von seiner Seite nötige Erklärungen entweder versagt oder nur halb, unter stetem Streite von sich gibt, kann ich nicht gelassen ansehen.

Herr Geiler ist darüber verdrüßlich geworden, und ohnerachtet all meines Bittens, seit vielen Wochen her nicht zu bewegen, seine angefangen Untersuchung und Berichtigung zu Ende zu bringen.

Ich soll indessen das schwere Kostgeld fortzahlen, und gehe darüber, und über die übrige Unordnung zu Grunde, und Wollte Gott, Ew. Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mögten mein Elend und meine Wehmut von den übertriebenen und lügenhaften Klagen so mancher Parteien unterscheiden, und mir dero Hülfreiche Hand nicht versagen.

Seit diesem unseligen Prozeß ist unsre ganze Nahrung zuruck gegangen, die Fabrik hat aufgehört, und es blieb mir nichts übrig als von den Einkünften des Hauses und übrigen Gutes zu leben, aber auch die sind mit Arrest bestricket, und werfen nicht einmal so viel ab, um die den Gläubigern des ersten Insatzes jährlich schuldige Interessen zu erlegen, da ich denn jederzeit noch für die Komplettierung der Summe meist aus meiner Frauen Vermögen, und durch meiner Schwiegermutter Hülfe, sorgen muß; da denn immer die Interessen dem zweiten Herrn Innsatz Gläubiger rückständig verbleiben, dessen besonderer Güte ist es zuzuschreiben, wenn ich noch nicht von Haus und Hof vertrieben bin. Welches jedoch nicht lange mehr anstehen kann.

Unter diesen Umständen, von denen ich bei Gott bezeuge, daß nichts falsch, noch übertrieben ist; wird mirs nun länger unmöglich meinem Vatter wöchentlich die drei Gulden zu geben, und muß flehentlich bitten, nur einiges Einsehen zu haben, daß um dieses Kost-Geld jährlich zu bestreiten an die 4000 fl. Kapital oder wenigstens eine sich sehr gut rentierende Handlung und Fabriken Wesen erfordert werde.

Muß es nicht einem wohlhabenden Manne weit schwerer fallen einen dritten mit Gelde, als an seinem Tische zu verpflegen, wo wie bekannt, eine Person auf oder ab keinen sonderlichen Unterschied macht.

Geschweige mir, der ich kaum im Stande bin mir mein eigen Brot zu verschaffen.

Ich habe daher etlichemal die Exekution müssen über mich ergehen lassen, welches denn neue Zerrüttungen verursacht, und mir auch das letzte was mir etwa an Meublen übrig bliebe, raubt und verschleudert. Wie mir denn letzten Samstag, eine Fayencene Terrine von dem Richter weggenommen worden, der sie unterwegs zerbrach, wiederkam, und mich ihm eine andere einzuhändigen nötigte.

Ew. Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p die doch keinesweges an dem gänzlichen Ruin eines Bürgers gefallen haben können; geruhen hier in das Bedrängnüs einer unglücklichen Familie ein Richterliches Einsehen zu haben, und wenigstens durch eine provisorische Verfügung dem völligen Untergang derselben Einhalt zu tun.

Mögten Hochdieselben bedenken, daß meine gegenwärtige Bitte, selbst auf das beste meines sich selbst verderbenden Vaters abzweckt.

Denn durch das ihm wöchentlich zu reichende Geld, wird der Fond erschöpft, aus dem er doch allein künftigen Lebens Unterhalt hoffen kann. Bin ich zu Grunde gerichtet, bin ich von Haus und Hof vertrieben; so ist er es auch, und wird durch Alter und Schwachheit noch dazu außer Stand gesetzt, sich auf irgends eine Art einen Bissen Brot zu erwerben.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen, so klar auch die Sache ist, daß hier nicht die Rede ist: meinem Vater etwas zu nehmen, meinen Vater außer Besitz zu treiben, meinen Vater verhungern zu lassen. Sondern ganz allein desselben künftigen Lebens-Unterhalt, mit meinen Umständen zu proportionieren.

Ich will ihn an meinen Tisch nehmen, will für seine übrigen Bedürfnisse nach Maße Sorge tragen, will ihn verpflegen so gut es meiner Armut möglich; mehr können Gott und Menschen nicht von mir verlangen. Ich muß mich kümmerlich nach meiner Decke strecken, und warum kann mein Vatter nicht mit angehalten werden, sich mit mir zu behelfen?

Richtet doch jeder kluge HausVatter im gemeinen Leben seine Ausgaben nach seiner Einnahme, wie sollte ein erlauchter Richter von dem nun die Bestellung unsres Hauswesens abhängt nicht ein gleiches tun; sollte Er sich nicht bewegen lassen, eine Familie von dem drohenden, sonst unvermeidlichen Untergang zu retten.

Aber und abermal wiederhol ich also in lebendiger Hoffnung meine flehentlichste lang verschobne und doch so dringende Bitte: Ew. Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen nunmehr die gnädige, unumgängliche notwendige Verfügung zu treffen: Daß ich die meinem Vater provisorisch zugestandene Alimenten weiter zu reichen nicht mehr schuldig, sondern derselbe von nun an, sich zu mir an Tisch zu begeben, sich mit dem was unser dermaliger Zustand vermag begnügen, und das weitere von Hochderoselben künftigem Ausspruch zu erwarten schuldig sein solle. Zugleich werden Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dem Herrn Geiler zu Beschleunigung der Rechnungs Untersuchung, und völlige mein und meines Vaters Auseinandersetzung Großg. zu ermahnen, in tiefster Untertänigkeit gebeten.

Der ich in der vollkommensten Ehrfurcht lebenslänglich verharre. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Johann Friederich Heckel.

JWGoethe. Lt.

 

[Adam gegen Creditores]

[Frankfurt, 3. September 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts-Schultheiß und Schöffen! Das täglich ohne mein Verschulden mehr über Hand nehmende Unglück, drohet mir gegenwärtig mit dem unvermeidlichsten Verderben, von dem ich keine Rettung als in Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten Milde und Gnade absehen kann.

Hochdieselben geruhen daher sich mein Elend kürzlich vorstellen zu lassen, und mir wird es an Großg. Erhörung nicht mangelen können.

Wie sehr ich Hochderoselben Mitleid verdiene braucht mit keiner Redekunst herausgestrichen zu werden, indem ich mich sicher auf das gemeine Gerücht sowohl, als auf Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p eigene Erinnerung berufen darf; daß keine lüderliche Lebensart, kein übermäßicher leichtfertiger Aufwand mich so zurück gebracht, sondern daß Unfälle die in der Hand des Höchsten stehen, nach und nach, erst die Wohlfahrt meines Hauses untergraben, dann ihm die überbliebenen Kräfte entzogen, und nun mit vereinter Macht ein Ende mit mir machen wollen.

Daß ich nicht unter den Abschaum der Bürgerlichen Gesellschaft gehöre, die ein schändlich geführtes Leben mit der Ruchlosigkeit endigen, diejenigen um das ihre betrügen, die dem Schein ihrer guten Haushaltung vertrauten; bleibt gewiß bei niemanden im Zweifel der bedenkt, wie ich vor Zeiten bei meinem Handwerke sowohl als einem HochEdlen und Hochweisen Magistrat in dem besten Vertrauen und Ansehen gestanden, da mir eine dem ganzen Publiko so wichtige Sache an Höchstpreislichen Kaiserl. Reichs-Hofrate zu betreiben übertragen worden, deren glückliche Beendung denn freilich dem Allgemeinen zum höchsten Vorteil gediehen, mir aber der Anfang all meines folgenden Unsterns geworden ist.

Denn nicht zu gedenken der Versäumnus, die einen Handwerksmann schon allein hinzuwerfen im Stande ist, haben bei solchen Gelegenheiten unvermeidliche, eigens bestrittene Auslagen angefangen mein Vermögen anzugreifen, das, nach so sehr verdienter, gehoffter, aber leider ausgebliebener Remuneration, den empfindlichsten Stoß erleiden mußte.

Darauf bin ich bekanntlich in die verdrießlichste verworrnste Händel verwickelt worden.

Die Kuratel des unordentlichen Müllers, hat mir von jeher die äußersten Beschwerlichkeiten verursacht, mich in ansehnlichen Schaden gesetzt, der nun sich unabsehlich vermehret, und mich gänzlich übern Haufen zu werfen drohet.

Es ist Akten klar, daß ich mich in der ganzen Kuratel Führung nicht der mindsten Untreue schuldig gemacht, und eine übergroße Güte gegen meinen Curandum ist alles was mir zur Last gelegt werden will; und welcher Mensch hätte sich durch sein, (ob zwar verschuldetes Elend) durch sein dringendes Bitten nicht bewegen lassen. Ich werde also ein venerierl. Urteil, das ich wegen meiner großen Armute in Rechts-Kraft mußte erwachsen lassen, angehalten das zu bezahlen was ich für einen dritten geborgt, und demselben überliefert habe, und mit meinen Forderungen an diesen dritten, werd ich auf nie zu hoffende künftige Glücks Fälle angewiesen. Hier ist nicht mein Gedanke der Gerechtigkeit eines venerierl. Urteil etwas entgegen zu setzen, nur will daraus ersichtlich sein; wie sehr ich Milde und Gnade von Euer HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten pp. verdiene und erwarten kann.

Eben so verhält sich's mit den übrigen Posten obbelobten Decreti. Mir wird ein vom Löbl. Kuratel Amt schon approbierter Posten zu ersetzen auferlegt; desgleichen soll ich für die von einem andern verwahrloste Gelder büßen.

Kann nun all dies mein gegenwärtiges Vorbringen durch Darlegung der Akten bewahrheitet werden; kann mir von der Gerechtigkeit nichts als Unglück und Nachsicht, wo ich hätte scharf und unerbittlich sein sollen, angeschuldiget werden; so ist hier nichts das Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichk. bewegen sollte Hochdero Barmherzigkeit von einem Manne zu wenden, der wenn er gefehlt hat, sehr menschlich gefehlt hat.

Aus beigehender getreuer Bilanz sub. Sign. ʘ werden Hochdieselbe zur Genüge ersehen, daß meine Aktiva die Passiva weit übersteigen, und daß meinen Kreditoren allen, wenn mir Zeit gegeben würde, Befriedigung geleistet werden könnte; dahingegen ich wenn ihnen Macht gelassen werden sollte zuzugreifen, (wie denn durch meinen letzten Unstern sich meine übrigen Kreditoren auch aufzustehen bewogen worden) ich mich total mit meinen Kindern an den Bettelstab gebracht sähe, dazu keiner meiner Gläubiger zu dem Seinigen kommen, und ich bei gegenwärtigen Nahrungslosen Zeiten niemals wieder zu einigen Kräften zu gelangen hoffen könnte.

In all diesen Rücksichten bleibt mir zu Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p angeborner Huld die festeste Hoffnung, Hochdieselben werden einem um das gemeine Beste verdienten, alten, zurückgekommenen Mann dero Hohes Mitleiden nicht versagen, und um unverschuldeten Unglücks und Menschlicher Schwachheiten Willen nicht in das äußerste Elend fallen lassen, das ihm den betrübten Rest seiner Tage erbärmlich verkürzen würde. Daher meine flehentliche Bitte dahin ergehet: Hochdieselben geruhen mir das sowohl verdiente Beneficium Moratorii auf Fünf-Jahre angedeihen zu lassen, damit ich während der Zeit mich in Stand setzen könne, an der sukzessiven Befriedigung meiner Gläubiger zu arbeiten; zu welchem Endzweck ich auch feierlichst angelobe, den hierbei notierten Statum activum auf keine Weise, unter keinerlei Vorwand zu verändern, sondern mich als einen ehrlichen Mann Hochdero Gnade und Mitleiden täglich würdiger zu machen. Worüber in tiefster Ehrfurcht ersterbe Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Joh. Nicolaus Adam

JWGoethe Lt.

 

[Maigret gegen Bauer]

[Frankfurt, 15. September 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Mein Prinzipal, der Handelsmann Maigret von Aachen, mußte bei seiner diesmaligen Ankunft dahier mit dem größten Befremden vernehmen, daß in außen rubrizierter Sache, auf einzelnes Anbringen seines jüdischen Gegners, unterm 6ten hujus ein Spruch ergangen, der die diesseitige Provokations Introduktion für desert erklären, und den Burgermeisterlichen, so gravierlich als venerierl. Bescheid, bestätigen will.

Sogleich hat er mir endesunterzogenen, Kraft anliegender Original Gewalt sub Sign ʘ aufgetragen, diejenige Mittel zu ergreifen, die bemeldte Sache wieder in ihren alten RechtsWeg einleiten mögten.

Ich, in dem festesten Vertrauen zu Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p so Gerechtigkeits als Billigkeits Liebe, unterstehe mich dahero Hochdieselben mit folgenden geziemenden Einwendungen in tiefem Respekt anzugehen.

Erstlich, geruhen Hochdieselben sich vorstellen zu lassen, daß Gegnerische Exceptiones gegen Formam diesseitiger Provokations Introduktion in mancherlei Rücksicht ungegründet sind.

Denn so ist a.) sein Einwenden daß die Ursachen der gebetenen Frist hätten diesseits bescheinigt werden sollen, gänzlich müßig. Uns war von Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p die Frist auf angeführte triftige Ursachen gestattet, und dagegen Einwendungen zu machen, gehört zu des Gegenteils übrigen Unziemlichkeiten; sollte es einem erlauchten Richter nicht zukommen, Fristen nach seiner Einsicht und nach Befinden der Sache zu genehmigen.

Eben so hat b.) dessen Vorspieglung der Desertion kein weiteres Gewicht, als daß Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p drauf zu reflektieren geruhten. Der vorige Sachwalter rechnete seine Frist a Die insinuationis Decreti, und gab also nach seiner Rechnung die Justifikation der Provokation zur rechten Zeit ein. Die Komputation der Fristen auf diese Art, ist allgemeinen Rechtens, ist auch hiesigen Rechtens, und wird sie durch ein Statut einigermaßen limitiert, so kann doch unserm Fall, da bei dergleichen Umständen, indem es die Sache eines Abwesenden betrifft, die längste Frist gegeben, supponiert wird, durch richterliche Billigkeit aus dem gemeinen Rechte Hülfe und Salvation gereicht werden.

Da aber demohngeachtet ein venerierl. Dekret die Sache diesseits desert erkläret, so wird es nunmehro in obiger Rücksicht, nicht den geringsten Anstand haben, Restitutionem in integrum von Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten zu erlangen.

Denn wenn die Prätorianische Klausel si qua alia causa iusta videbitur je eine gehörige Anwendung erlitten, so ist es gewiß in diesem Falle.

Der desert sein sollende Termin, war nach gemeinen Rechten noch nicht verstrichen. Mein Prinzipal ist ein Fremder gegen den die Statuten in ihrer Strenge nicht sollten geltend gemacht werden.

Gegner ist ein betrügerischer Jude, wider den einem Christen eine Rechtswohltat um so mehr zu statten kommen muß.

Endlich ist aus der simpelsten Geschichts Erzählung und Inspektion der Akten das diesseitige Recht so Sonnenklar, daß, wäre auch kein weiteres Moment zur Restitution, dieses hinreichend sein würde, daß eine evident gerechte Sache per errorem levissimum in formalibus nicht verloren gehen dürfe.

Die Schwäche Gegenseitiger Exzeptionen liegt so am Tage, daß freilich die erhaschte Desertion das größte Glück für sie war. Es hält keine einzige bei näherer Beleuchtung stich, sie sind alle gleich ungegründet, und ohne die Exaggerationen; und Verdrehungen diesseitiger Argumente und Raisonnements würden sie sich gar zu nackend darstellen.

Allen und jeden diesen Exzeptionen setze ich daher für diesesmal nur allgemeinen Widerspruch entgegen, mit Vorbehalt, in der Ordnung Rechtens meine speziale Widerlegung gehörig einzubringen, so bald Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p meiner gegenwärtigen geziemenden Bitte Großg. werden zu deferieren geruht haben.

Daß dieses mir nicht ermangeln kann, lebe der sichersten Hoffnung, in dem Hochdenenselben ganz allein heimgestellt ist, Wiedereinsetzung in vorigen Stand, nach Gutbefinden zu erteilen; und ich, wenn ich es auch allein als Gnade zu bitten hätte, zu Hochdero Huld und Menschenliebe in mir so viel Zutrauen fühle, das mir die günstigste Erhörung hoffen läßt.

Daher unter allen oberwähnten Umständen mir vollkommen schmeichlen kann, Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p werden meiner geziemend gehorsamsten Bitte also gnädigst deferieren:

daß mein Prinzipal gegen genanntes venerierl. Urteil, dergestalten zu restituieren sei, daß die diesseitige Provokations Introduktion als im rechten Termino eingebracht, der Jude aber, als habe er sich mit seinen Exceptionibus würklich eingelassen, angesehen werden solle. Worauf denn Hochdieselben, um darauf zu replizieren, mir Großg. Terminum ordinis anzuberaumen Hochrichterlich geruhen. Sollten indessen wider Vermuten Hochdieselben meiner so submiß als gerechten Bitte zu deferieren etwaigen Anstand nehmen; so muß ich, um das Beste meines Prinzipals zu wahren, mit allem geziemenden Respekte das Remedium Transmissionis Actorum in vim Revisionis, gehorsamst interponieren mit dem Vorbehalt, nach vernommener Hochrichterl. Resolution, binnen gehöriger Zeit Libellum Revisorium gehörig einzureichen.

Der ich pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Treu geh'ster

JWGoethe Lt. als Maigrettischer Alldt.

 

[Förstersche Kinder gegen Rupprecht]

[Frankfurt, 13. November 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne, Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ist es aus mannigfaltiger Klage bekannt genug, daß die Försterischen hinterlassenen Kinder, zu der großen Anzahl unglücklicher Pupillen gehören, die durch Untreue und Nachlässigkeit ihrer Vormunder unverantwortlich hintangesetzt worden sind.

Wir endesunterzeichnete haben zwar, so bald wir zur Verwaltung des durch Schlund und Albrecht so sehr zerrütteten Vermögens gelanget, das unsrige getan, um den weiteren Schaden vorzubauen, auch das verlorne bestmöglichst wieder zu erobern.

Wir haben die verpfändet gewesene Feldgüter ausgeklagt, haben uns hinein immittieren, andere in Solidum cedieren lassen; allein dies alles zusammen reichet bei weitem nicht hin Kapital, vielweniger Interesse zu ersetzen.

Indessen bleibt es unsere Schuldigkeit, die Bemühungen um unsrer Pupillen wohl ohnermüdet fortzusetzen, und diese treibt uns auch Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mit diesem ohnmaßgeblichen Vorschlag gehorsamst anzugehen.

Unter den obgesagten unsern Pupillen anheimgefallnen liegenden Gütern befinden sich folgende Grundstücke über die sich dermalen disponieren ließe, weil bei den andern die Entschüttungszeit abgewartet werden muß.

  1. 6. Grundstücke des J. P. Klinglers in Sachsenhaußen.
  2. 2. Stücke Kraut Land am Hermes Brunnen und alten Turm des J. Jak. Welb.
  3. 2. Stücke Krautland des Joh: Balth: Rupprechts im rötig Heller, und alten Turm.

Das Eigentum aller dieser Läppgen nun, ist unsern Pupillen zu nicht dem geringsten Nutzen, vielmehr drohet daher, weil sie so zerstreut liegen, an einzelnen und nicht immer sichere Leute, um einen geringen Preis vermietet werden müssen, (von deren manchem die Bezahlung kaum zu hoffen stehet) denenselben der sichtbarste Schade.

Außer diesem haben uns noch zween dringende Ursachen bewogen, an die Veräußerung gedachter Grundstücke zu denken.

Es muß nämlich denenselben ein für allemal der Regreß an die Schlundische Masse, wie nicht weniger die Albrechtische Wittib verbleiben; wie ist es aber möglich eine rechtbegründete liquide Forderung zu formieren, wenn man diesseits in einem illiquido befangen ist, und den Belauf des Schadens selbst nicht bestimmen kann.

Fürs andere, so sind unsere Pupillen mit derlei Schulden schwer behaftet, an denen nichts ausgesetzt werden kann, (deren Abtrag notwendig aufs baldigste geschehen muß) Dieselbe sind mehrere Jahre Schätzung, ein starkes Konto dem Prokurator, ein dergleichen dem Schuster rückständig.

In gefolge nun vorgemeldter Rücksichten, gelanget an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p unsere wohl überlegte ganz geziemende Bitte: Hochdieselben geruhen Kraft dero Obervormundschaftlichen Gewalt uns Großg. die öffentliche Versteigerung obenbenannter Feldgüter zu vergönnen; und sollten allenfalls Hochdieselben für nötig erachten, zur vorgängigen Untersuchung unsers Begehren an Löbl. Kuratel-Amt zu verweisen, so sind wir erbötig vor demselbigen, nähere Erklär- und Erläuterung wegen der Grundstücke selbst sowohl, als auch der Anwendung der daraus zu ziehenden Gelder in schuldigster Ehrfurcht darzulegen. Die wir pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Johann Ludwig Kneusel Johann Andreas Heusser.

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 21. Dezember 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Wohlfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Auswärts rubrizierte Försterische Kuratoren hätten sehr wünschen mögen, gegenwärtiger Provokation überhoben zu sein, um nicht dadurch den schier unerschwinglichen Gerichts Aufwand ihrer Pflegbefohlenen zu vergrößern, und das gute Geld nach dem offenbar bösen zu werfen.

Gleichwohlen da es der ganz unerwartete, sonst venerierliche Burgermeisterlich sub Lit. N. beiliegende Bescheid vom 29ten November h. a. ad evitandum majus damnum, höchst nötig macht; so glauben wir unsern Pflichten durch derselben Prosequierung aufs genauste zu erfüllen.

Die Formalien hierinnen, sowohl ratione interpositionis quam introductionis, stehen ausweis Adj: sub Lit. ʘ im klaren. Wir schreiten daher sogleich und ohnverlängt zur Sache selbst, und da ergibt sich in allmöglichster Kürze, das

Erste Haupt Gravamen daraus, daß ein Hochansehnlicher Herr Richter voriger Instanz, quod salvo respectu debito dictum sit, die von dem Gärtner Rupprecht nur für 100 fl. dargebotene beide Feldgüter noch weit höher und zwar zu 125 fl. 20 Xr. heimschlagen mögen, da sie ganz natürlicher Weise Debitor sich nicht zum Schaden wird taxiert haben, wir auch nichts weniger denn solche um diesen Preis anzunehmen Willens gewesen, sondern es auf eine legale Schätzung am Ende würden haben ankommen lassen.

Zu deme kömmt noch das Zweite Gravamen in dem man zugleich durch ersagten verehrlichen Bescheid, die vorhin schon laut Adj: Lit. K. des schuldigen Restes wegen à 39 fl. Terminenweise festgesetzt gewesene Abzahlungs Art gar aufgehoben, verfolglichen unsere Kurandinnen weil ultra dimidium in Schaden gesetzt.

Gleichwie uns nun nichts mehr am Herzen liegt, denn unsere überall sehr verkürzte Pflegbefohlne vor größerem Schaden zu bewahren, und uns zur überaus mühsamen Eintreibung, so böser durch Schlund und Albrecht pflichtwidrig gemachte Aktiv Schulden, jedoch ohne unser Risiko, auf das fleißigste zu verwenden; als ergehet an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p unterschriebener Kuratoren ganz geziemende Bitte: das gravierliche Urteil quaestionis brevi manu dahin zu reformieren, daß, wie wir schon vorhero nach der Sachen Lage gegründet hoffen können, unsere Kurandinnen ermeldte zwei Feldgüter um den zu veranstaltenden Ackergerichts-Tax heimgegeben und falls Rupprecht, (der auch an denen, Terminenweise zu zahlen versprochenen 39 fl. zeither nur 8 fl. abgetragen) im übrigen insolvent sein sollte, sie des Rückstands wegen überhaupt an die Schlund und Albrechtische Masse Hochrichterlich gewiesen werden mögten.

Wir getrösten uns hierinnen ungezweifelt gnädiger Willfahrung und Verharren in ehrfurchtsvollen Respekt allstets Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g Treu geh'ste Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser   JWGoethe Lt.

 

[Will gegen König]

[Frankfurt, 6. Dezember 1773]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p haben auf mein flehentliches Vorstellen, die gnädige Rücksicht dahin zu nehmen geruht, daß ein ansehnlicher Herr Burgermeister das Examen derer beiden noch hier befindlichen an dem mir verursachten Schaden schuldigen Becker Knechte verhören möge.

Jetzo aber muß ich zu meinem äußersten Befremden vernehmen, daß dieselbe, vor kurzem, hiesige Stadt verlassen, und also ich meiner letzten Hoffnung beraubet worden.

Da nun aus den bisher verhandelten Akten erhellet, daß die Schuld keines Weges an mir gelegen, sondern ich mich gleich nach beschehener Tat gemeldet, und doch dieser Aufschub mir so schädlich gewesen; auch ich bei meinem Alter und andern Verhältnissen, meine Notdurft besonders bei hereinbrechender Winters Zeit zu erwerben außer Stand gesetzt bin.

So muß zu Hochdero Milde und Huld endlich meine Zuflucht nehmen, und mit der flehentlichsten notgedrungensten Bitte Euer HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten untertänigst angehen:

Hochdieselben geruhen, mir einige Vergütung meines unersetzlichen Schadens aus der Fülle Dero Gnade zu gewähren, und sodann einen zeitigen Beitrag aus denen zur Versorgung der Armen angelegten Milden Stiftungen, zu meinem künftigen Unterhalt Großg. zu verfügen.

Der ich p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger JJWill.

JWGoethe Lt.

 

[Förstersche Kinder gegen Rupprecht]

[Frankfurt, 12. Januar 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen!

Mutmaßlich wird Beklagter den Terminum ordinis ohne Handlung haben vorbeistreichen lassen, weilen nun aber uns endes unterzeichneten gar viel daran gelegen, einmal auf eine Gewißheit und sicheres Verhältnis der Gelder unserer anvertrauten Pupillen zu gelangen; so ergehet zu Beschleunigung des Rechts ganges unsere untertänige Bitte dahin. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen dem Gärtner Rupprecht einen weitern Terminum eumque praejudicialem HochRichterlich anzuberaumen.

Die Wir pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g geh'ste Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser   JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt 14. Februar 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Da allem Vermuten nach, außerhalb rubrizierter Provocate auch den praejudicial Termin fruchtlos vorüber gehen lassen; So wird hierdurch, zu großg. Verfügung als Ultimati untertänig geziemend gebeten.

Worüber p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänig Treu geh'ste Johann Ludwig Kneusel

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 11. März 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Auch dermalen scheinet außen rubrizierter Beklagter in Termino praeclusivo nicht erschienen zu sein, welchenfalls endes unterschriebene Vormündere untertänig bitten, nunmehro dieser besonders lästigen Sache wegen, eine Großg. Verfügung in contumaciam retro gehorsamst gebetenermaßen Hochrichterlich ergehen zu lassen, idque cum refusione expensarum.

Die Wir p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. untert'g Treu geh'ste Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser   JWGoethe Lt

 

[Förstersche Kinder gegen Albrecht]

[Frankfurt, 28. Februar 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ist es bereits mehr als zu wohl bekannt, wasmaßen Unsere außen bemerkte Pflegbefohlen durch ihre vorige Tutoren Schlund und Albrecht in unwiederbringlichen Vermögens Schaden gesetzt worden.

Diese beide unordentliche Haushalter, haben so gewirtschaftet, daß schier alle Unterpfänder und Obligationen ihres ohnehin geringen elterlichen Nachlasses wegen schlechter Beschaffenheit ausgeklagt werden mußten, welche unsern Pupillen, da sich kein Käufer gefunden, zur Last geblieben, so daß man noch ungewiß, was daraus zu erlösen. Und obgleich dieselben zum Teil bereits an die Schlundischen Masse gewiesen worden, auch wohl in mehreren Posten dahin Hochobrigkeitlich angewiesen werden dürften; so ist doch der Zeit noch unbekannt, in wie weit diese den Abgang zu ersetzen hinreiche. Indessen gehen die unerschwinglichen Prozeß-Kosten immerhin fort, und hat noch neuerlich und ganz unerwartet, die Wittib Albrechtin sotane klägliche Umstände dadurch vermehret, indem sie sich beifallen lassen die Auslieferung des wenigen Silberwerks und der Dokumenten unserer Pupillen ungebührlich zu versagen, und einer vermeintlichen Forderung wegen, ihres Seel. Mannes das jus retentionis sträflich zu exerzieren, da doch derselbe durch seine Fahrlösigkeit oft gedachte Pupillen mit ins Unglück stürzen helfen, und wovor nunmehro dessen Wittib, als unter andern durch Einforderung dieses wiewohl vermeintlichen Activi gerierten Erbin, haften muß.

In dieser Sache ist zwar vor Löbl. Kuratel-Amt bis zur Replik gehandelt worden, es will aber genannte Wittib Albrecht von wohlgedachtem Amte zu Übergebung ihrer noch zurückseienden Duplik Schrift nichts weiters angehalten werden, sondern auf unser Kontumazieren ist uns zur Antwort erteilt worden: Daß wir uns dieserwegen an einen Hochedlen Schöffen-Rat wenden mögten.

Daher Wir dieser Weisung zu Folge untertänig bitten daß Hochdieselben sich unserer überall bedrängten Pupillen gnädigst anzunehmen, somit vorerwähnte Albrechtische Wittib einsweilen zu Auslieferung sowohl des Silbers als der Dokumenten juxta Inventarium, salva actione solita, Hoch-Richterlich anzuhalten geruhen mögten.

Die Wir p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g Treu geh'ste Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser.   JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 11. April 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne, Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Ew: Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten. p. haben unterm 7ten Mart h. a. Grg. dekretieret: daß sich außen rubrizierte Beklagte binnen 8 Tagen ohnfehlbar auf diesseitige untertänige Anzeige vernehmen lassen solle.

Nun ist aber dieser Termin längst vorüber, ohne daß Sie der Hochrichterlichen Auflage gebührend nachgekommen; So daß uns nichts mehr übrig bleibet, als Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p um Beendigung dieser, von Gegenteilen widerrechtlich erzwungenen Sache retro gebetnermaßen idque cum Refusione expensarum ganz gehorsamst und flehentlichst anzugehen;

Die Wir hiernächst in Lebenswürig tiefestem Respekt Verharren. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten pp. untert'g gehorsamste Johann Ludwig Kneusel

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 30. April 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Dero achttägige Termin ist der Frau Wittib Albrecht wieder im Ungehorsam hingelaufen, worin Sie bis ans Ende verharren dürfte; Wir beklagen unsere Pupillen über die maßen, da sich ihnen zu Wiedererhaltung des ihrigen so viele Schwürigkeiten im Weg legen und bitten daher um fördersamst Hochrichterliche Hülfe auf das geziemendste, in steter Veneration Verharrende.

Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g geh'ste Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser   JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 27. Mai 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p bitte wir Endes unterschriebene Vormünder flehentlichst, nunmehro wegen fruchtloser Verstreichung des praeklusivischen Termini diese Sache retro untertänig berührtermaßen in Contumaciam hochgeneigtest zu beenden, somit unsern durch ihre abgestorbene Vormünder äußerst benachteiligte Pupillen, nach Hochdero preiswürdigen Gerechtigkeits Liebe auch zu diesen Väterlichen Erbschafts-Stücken und sonstigem, nach dem Försterischen Inventario und Teilungs Rezeß, gerechtest zu verhelfen.

Worüber p Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Johann Ludwig Kneusel   Johann Andreas Heusser   JWGoethe Lt

 

[Heckel gegen Heckel]

[Frankfurt, 5. März 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Die wegen unsern Sozietäts Irrungen zwischen mir und meinem Vater zu untersuchende Rechnung sind nunmehro von mir und dem von seiner Seite dazu vorgeschlagenen Rechnungs Verständigen gehörig auseinander gesetzt, und alles ins klare gebracht worden.

Es haben sich bei dieser Gelegenheit verschiedene Geheimnisse aufgedeckt wodurch zugleich an den Tag gekommen: daß mir noch ein ansehnliches bisher vorenthaltnes von meinen Vater vergütet werden müsse; Den Grund meiner gedachten Forderung leget ein Rechnungs Nachtrag dar, welchen ich sub Sign: ʘ: an, mit beizufügen höchst nötig gefunden.

Es ergeben sich aus demselben lauter unwidersprechliche vor seinem beeidigten Rechnungs Führer selbst eingestandne Verhältnisse, und zeugen von denen so lange schon gehegten Gesinnungen, gegen einen Sohn, der es von seiner [Seite] jederzeit sich angelegen sein lassen, treu und redlich mit seinem Vater umzugehen.

Ein mehreres wird ferner aus dem abgefaßten Bericht erhellen, welchen Herr Geiler nach nunmehro beendeter Untersuchung zu machen vor sich siehet, zu welcher Arbeit derselbe schon so oft von mir durch Bitte und Erinnerungen eingeladen worden.

Weilen nun aber derselbe auf keine Weise zu bewegen, die Sache zu beenden, als woran mir allzuviel gelegen: Als habe Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p in tiefster Untertänigkeit mit der Bitte angehen sollen: Hochdieselben geruhen Herrn Geilern die Beförderung und endliche Ausfertigung der Sache hochgeneigtest anzubefehlen. Worüber p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten pp. untert'g gehorsamster Johann Friederich Heckel

JWGoethe Lt

 

[Maigret gegen Stöcken]

[Frankfurt, 18. März 1774]

Wohl- und Hochedelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Ich sehe mich genötiget Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p die ungemeine Verwegenheit anzuzeigen, wodurch außen rubrizierter Gegner von einer Zeit zur andern diesen Rechts-Handel zu verschleifen sucht.

Sein Revisions-Gesuch ist ohne das schon so unerwartet, und ungehörig, und noch dazu erkühnet er sich eine Frist bei Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p durch das Vorgeben zu erschleichen: als stehe er mit meinem Prinzipal in Traktaten.

Nun müßte ich als Anwalt doch vorzüglich von solch einer Handlung benachrichtiget sein, allein sowohl ich, als mein Prinzipal sind weit davon entfernt.

Ich empfange von demselben so eben einen Brief unterm dato des zweiten Märzen, worin er nicht allein von einem vorseienden Vergleich nicht das geringste meldet, vielmehr aufs neue die Betreibung seiner so gerechten Sache empfiehlt.

Ein solches sehe mich genötigt Ew HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten gehorsamst anzuzeigen, mit der geziemenden Bitte: Hochdieselben mögen Grg. geruhen, den nur auf Ausflüchten und Verzögernisse sinnenden Debitorem, soviel es möglich Hochrichterlich in Schranken zu halten, und ihn zu nötigen, falls er, wie ich doch nicht glaube sein Revisions-Gesuch durchsetzen wollte, damit auf das baldigste fürzufahren.

Worüber p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gehorsamer JWGoethe Lt Mandatario no'e des Handelsmann Maigrett zu Aachen.

 

Daß ich auf Ansuchen des Handelsmanns Stöcken unterm 6ten April ein abermaliges Schreiben mit Vergleichs Vorschlägen, an meinen Prinzipal den Handelsmann Maigrett von Aachen habe abgehen lassen und nun dessen Antwort gewärtig bin, ein solches habe durch gegenwärtiges bescheinen wollen. Franckfurt am Mayn, den 7 Apr. 1774

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 25. April 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p habe hierdurch geziemend anzeigen sollen, wie ich im Namen meines außen rubrizierten Prinzipals mit dessen Debitore über die in gegenwärtigem Rechtsstreit schwebende Summe dahin konveniert, daß ich jure et actione salvis vorerst eine abschlägige Zahlung von 25 fl. annehmen, wegen des Restes aber ihme einen doppelten Termin zur nächsten Herbst- und künftigen Ostermesse den ersten zu 30 fl., den andern von 20 fl. verstatten wolle. Welches ich hiermit pflichtschuldigst anzeige, und zugleich meine gehorsamste Bitte dahin richte: Hochdieselben geruhen diese meine gegenwärtige Erklärung grg. ad Acta zu legen, und statte für die bisher erteilte Justiz geziemenden Dank ab. Der ich pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten ganz geh'ster JWGoethe Lt. als Maigrettischer Anwalt.

 

[Horn gegen Luther]

[Frankfurt, 13. April 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! In außen rubrizierter Sache ist unterm 23ten Martii ein so gravierlicher als venerierlicher Burgermeisterlicher Bescheid ergangen, von welchem sogleich unterm 31ten Ejusdem mit geziemendem Respekt an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Provokation interponieret worden, welche anjetzo innerhalb des rechtlichen Termins zu introduzieren und meine Gravamina Ordnungsgemäß darzulegen gedenke.

Zuvörderst werden Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p aus dem meinem Klag-Rezesse beigebogenen Procuratorio sattsam erkennen, wie ich meine innhabende Gewalt gehörig legitimiert habe, sodann ergibt sich eben so leicht die Rechtmäßigkeit der Forderungen meines Prinzipals. Herr Amtmann Luther, verblieb als er im Jahre 1756 Göttingen verließ demselben eine Rechnung von 62. Rh. 7. ggr. 4 Pf. schuldig, welche er wie aus seinem Einwendungs-Rezeß ersichtlich weder leugnet, noch auch in Abrede ist, daß deshalben von Principali diese Zeit her mehrmalen Anregung geschehen.

Ja was noch mehr ist, er gestehet: weder diese Schuld selbst bezahlt, noch auch irgend jemand einigen Auftrag zu Entrichtung derselben gegeben zu haben; was ist also klärer, als daß die Schuld nicht abgetragen worden.

Ganz unerwiesen und ohngegründet ist dagegen die Einwendung, als seie von Herrn Beklagten elterlicher Seite an Prof. Thomson sel. die Berichtigung solcher Schuld kommittieret worden. Denn erstlich so fragt sich, ob solches geschehen, zweitens, ob Prof. Thomson den Auftrag über sich genommen, und letztens ob er selbigen würklich ausgerichtet, welches letztere er vorzüglich seinen Kommittenten mit einer Quittung zu belegen hatte.

All diese drei Requisita lassen sich nicht vermuten, vielmehr müssen sie auf das strengste dargetan werden. Keines ist von Herrn Beklagten geschehen, vielmehr sucht sich derselbe durch allgemeine Assertionen von der Schuld loszumachen.

Unter solchen Verhältnissen, brauch ich wohl nicht mit vielem das gravierliche obgemeldten Bescheides darzutun.

Es weiset derselbe, bewandten besondern der Sache Umständen nach meinen Prinzipal mit seiner angebrachten Klage ab.

Die Wichtigkeit des Gravamens fällt ohne weiters, jedermann in die Augen.

Hier ist ein Kreditor der eine Schuld einklagt, die der Debitor kontrahiert zu haben eingesteht, und dabei bekennt, daß er solche nicht bezahlt habe, auch von geschehener Bezahlung keinen Schein, vielweniger Bescheinigung darzulegen im Stande ist, vielmehr sich mit allgemeinem leugnen und asserieren auszuhelfen sucht; und dieser Kreditor wird so gerade ab- und zur Ruhe verwiesen!

Man enthält sich aus schuldigem Respekt irgend einer weitern Exaggeration, Untersuchung und Ausdeutung eines solchen Verfahrens, vielmehr ist man der Gerechtigkeit seiner Sache so gewiß, daß man sich ohne Weitläuftigkeit nunmehr die gehorsamste Bitte an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ergehen zu lassen für befugt hält: Hochdieselben geruhen mehrgemeldten venerierlichen Bescheid dahin Hochrichterlich zu reformieren, daß Beklagter Herr Amtmann allerdings schuldig seie, die eingeklagte geständige Rechnung mit Interessen, und gegenwärtigen Prozeß Kosten abzutragen.

Worüber p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten ganz geh'ster JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 9. Mai 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Die durch ein venerierl. Dekret d. d. 16. April insinuiert d. 20ten Ejusdem außen rubriziertem Herrn Gegner anberaumte Frist von Acht Tagen ist ohne dessen exzeptivische Vernehmlassung verbei gestrichen; Daher mein ganz gehorsamstes Bitten dahin ergehet: Hochdieselben geruhen nunmehro den andern Präjudizial Termin großg. Fest zu setzen.

Der ich pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Treu geh'ster JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 20. Juni 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Die durch das venerierliche Dekret vom 11ten Mai insin: 13. Ejusdem Herrn Gegnern anberaumte Terminus praejudicialis ist nunmehro auch längst verstrichen, ohne daß selbiger gedacht sich mit gehorsamster Folgeleistung einzustellen; daher mein geziemendes Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p hiermit ergehet: Hochdieselben geruhen Terminum praeclusivum Hochrichterlich anzusetzen, und somit Principalis gerechter Sache Großg. zu befördern.

Der ich p Ew HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gehorsamster JWGoethe mandat. noe.

 

[Frankfurt, 13. Juli 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten. p. haben auf außen rubrizierten Herrn Gegners eingereichte Einwendungen unterm 6ten Juli ins. 9. zu dekretieren geruhet: »daß nunmehro die Akten ad referendum gegeben werden sollten.« Weilen ich aber von der gegenwärtigen Lage der Sache sowohl meinem entfernten Prinzipalen unumgänglich Rechenschaft zu geben habe, als auch replicando einiges zu versetzen Höchstnötig finde; So ergehet, da ich noch über das nächstens auf einige Wochen nach dem Bade reise, an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mein ganz gehorsamstes Bitten: Hochdieselben geruhen mir veniam replicandi und zugleich einen Vier Wöchentlichen Termin, zu Beibringung meiner weiteren rechtlichen Ausführung großg. zu gestatten.

Der ich Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten. p. ganz gehorsamster JWGoethe Lt

 

[Creditores gegen Hung]

[Frankfurt, 25. April 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Als der Burger und Kirschner Georg Hung bonis zedierte, richtete dessen Mutter des Sel. Herrn Albertus Hungs Wittib, mit dem größten Teil der Kreditoren einen Vergleich auf, worinnen Sie sich anheischig machte, ihnen die Schuld ihres Sohnes zu 28 ProCto in 4. Terminen abzutragen; der wenige Rest der Kreditorschaft der sich nicht hierzu bequemen wollte, hielt sich vor, einen etwaigen Glücksfall und Wiedererlangung neuer Güter ihres Debitors abzuwarten.

Frau Hung bezahlte auch würklich bis hierher 3. Termine, ohne Widerrede, nur bei dem 4ten der schon in abgewichener Ostermeß 1773. völlig war, stößt sichs, und uns ist unbekannt wie Sie sich kann beigehen lassen, unter dem nichtigen Vorwande daß nicht alle Kreditoren zu dem Vergleiche getreten, die schließliche Erfüllung desselben zu verweigern.

Sie wußte solches zur Zeit da sie den Vergleich einging und für die Terminen Gerichtliche Sicherheit leistete, und Zeither als Sie die drei Termine bezahlte, und also ist es die leerste Ausflucht, die nur auf eine Verzögerung abzweckt, ihr aber keineswegs zu statten kommen mag.

Daher unserer Endes unterzeichneten untertänig geziemende Bitte dahin ergehet: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen diese unartige Verweigerung Hochrichterlich abzuschneiden und Gegnerin zu Aushaltung des wohlgetroffenen Hochobrigkeitlich und durch Stückzahlung bestätigten Vergleichs auf das strengste anzuhalten.

Die Wir p.p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g gehorsamste Joh: Georg Kiebacher qua mandatarius des Herren Math: Jos: Raab von Trier. Isaac Hertz Bonn, Salomon Wolff Bingo.

JWGoethe Lt

 

[Haas gegen Hamburger]

[Frankfurt, 8. Juni 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Da auch endes unterzeichneter bei dem neulichen über unsere Gasse verhängten großen Unglück in die äußerste Verwirrung geraten, indem er sich aus seinem dem Brandplatz nahgelegenen Hause gleichfalls zu flüchten genötigt gesehen;

So wird dessen untertänige Bitte nicht unerhört bleiben können, die dahin an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ganz gehorsamst ergehet: Hochdieselben geruhen, mir in außen rubrizierter Sache zu begegnung der wider mich ganz eitel angestellten Klage, einen Vier Wochentlichen Termin großg. zu verstatten, da ich es sodann an gehöriger Einwendung nicht ermangeln lassen werde.

Der ich p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Selig Haaß.

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 20. Juni 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Für die durch ein venerierl. Dekret d. d. 10ten Juni h. a. insin: d. 14ten Ejusdem vergönnte Fristerstreckung von Acht Tagen, statte zuvörderst Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p den verbindlichsten Dank ab, sodann wende mich zur Beantwortung gegenteiliger unerwartet und ungegründeter Klage, die ich mit bereiten Exzeptionen sogleich umzukehren im Stande bin.

Das eigentliche Verhältnis der Sache ist dieses:

Im Jahr 1758 kaufte ich die Hälfte des Vorder- und Hinterhauses zur güldenen Stelz genannt, als solche auf Hochobrigkeitliche Verfügung öffentlich verkauft wurde, da indes die nachgelassenen Kinder des Amschel Hamburgers die andere Hälfte beider Häuser eigentümlich inne hatten.

Wir machten aus Ursachen untereinander die Einrichtung, daß ich das Hinterhaus alleine, und Sie dagegen das Vorderhaus alleine bewohnen sollten.

In diesem Zustande verblieben Wir eilf Jahre, da ich denn Ao 1769 von ihnen auch die ihrige Hälfte des Hinterhauses an mich kaufte, und dergestalt solches ganz, das Vorderhaus aber zur Hälfte als mein Eigentum besaß.

Zu mehr gedachtem HinterHause nun führet kein Weg, kein Eingang als das sogenannte Stübgen, worüber Gegenteil Klage zu erheben sich angehen läßt.

Durch dieses Stübgen gingen von jeher die Teilnehmer des Hinterhauses, durch dieses Stübgen ging ich als ich das Haus zum Kaufe besah, der Gebrauch dieses Stübgens wurde mir mit verkauft, so gut als jedem Tür und Schwelle eines Hauses mitverkauft wird, wie ich denn also diese Zeit über durch dieses Stübgen gehen mußte, um in und aus meinem Hause zu kommen, und künftig gehen werde.

So ganz ohne den geringsten Anschein ist die Klage des Gegenteils.

Daß der Weg ins HinterHaus durchs Vorderhaus geht ist natürlich. Daß dieser Gang ehemals zu einem Stübgen ist gemacht worden, wird niemand wundern, wer die kümmerliche Bauart kennt, mit der wir das geringste Plätzgen zu benutzen suchen müssen. Allein verändert das die Eigenschaft dieses Ganges? wenn ein vor allemal ohne solchen das Hinterhaus ewig gesperret bleiben würde. Und wie könnte der Eigentümer eines Vorderhauses sich einfallen lassen, wenn dieses auch ganz sein gehörte, Zins oder Zoll wie man es nennen mögte von Türn und Vorplatz zu fordern die freilich dem Besitzer des Hinterhauses zum Gebrauch immerfort offen stehen müssen.

Auch hütet sich Gegenteil wohl die wahre Beschaffenheit der Sache darzustellen, und aus selbiger die Verbindlichkeit herzuleiten, Kraft welcher mir obläge den quaest. Zins zu bezahlen, vielmehr glaubt er durch Assertion eines Facti kürzer durchzukommen.

Er sagt: ich habe es in Bestand gehabt, ich habe davon vormals 30 Rh. bezahlt, mich aber seit Sechs Jahren geweigert solche Schuldigkeit zu entrichten; Ich begreife nicht, wozu ihm ein so unbescheinigtes Vorgeben helfen soll? Denn mir ist von allem diesem nichts bewußt. Ich habe es weder jemals in Bestand gehabt, noch hab ich jemals irgend etwas dafür bezahlt, und da es niemals eine Schuldigkeit war, hab ich mich auch niemals weigern können.

Und so fällt denn Gegnerische Klage völlig zusammen. Das Verhältnis der Sache an sich, und das bisher geschehene, liegen klar vor Augen, und es kann nicht fehlen, daß sich dieser Streit zu meinem Vorteil ende. Wie ich denn ferner eine gerechte Forderung an Gegnere hiermit anzubringen gedenke.

Es haben wie obengemeldt die Kinder des Amschel Hamburgers eilf Jahre meine Hälfte des quaest. Vorderhauses genossen, dagegen ich mich zwar ihrer Hälfte des Hinterhauses bedient habe, jedoch weil solches wie natürlich viel geringer; so bleiben mir selbige nach unserer damaligen Einrichtung den eilfjährigen Taxmäßigen Überschuß rückständig, welche unleugbare Schuld mir nunmehro ohngesäumt abgetragen werden muß.

Dahero ich meine untertänige Bitte an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p schließlich gelangen lasse: Hochdieselben geruhen Gegnern mit seiner unstatthaften Klage ohne weiters abzuweisen; sodann ihme den schleunigen Abtrag erst gemeldten durch gehörige Taxation zu bestimmenden Rückstandes, und zugleich die Ersetzung der mir mutwillig verursachten Kosten Hochrichterlich anzubefehlen. Der ich pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Seelig Haaß.

JWGoethe Lt.

 

[Adam gegen Creditores]

[Frankfurt, 20. Juni 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! So gerne wir auch dem Vorschlage des Herrn Curatoris Bonorum die Verkaufung des Hauses und Kirchenplatzes quaest. simpliciter unsere Einwilligung geben mögten, weil bei unserm so klaren Vorrecht vor allen übrigen Kreditoren nicht zu befürchten stehet, daß wir in einige Wege verkürzt werden sollten; So haben wir dennoch, weil unter uns noch Minderjährige sind, auch die Überbesserung auf dem Hause, das viel mehr wert ist, als es jetzo verkauft werden dürfte, wie nicht weniger der Kirchenstuhl, ersteres auch von unserer Mutter ohnstreitig zugebracht worden, nicht anders darein konsentieren können, als wenn Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten nach dero Oberrichterlichen und Obervormundschaftlichen Amte ermessen: daß sotaner Verkauf uns insgesamt sowohl als auch denen unter uns sich befindenden Pupillen zu wahrem Nutzen, und ohne Präjudiz geschehe; zugleich auch zu dekretieren geruhen, daß die aus etwaiger Vergantung zu erlösende Gelder, salvo jure cujuscunque deponiert werden sollen. Die wir p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. untertänige Johann Nicolaus Adam   Johann Theobald Adam   Johannes Adam Maria Magdalena Adam

JWGoethe Lt.

 

[Rachel Wetzlar in Sachen Nathan Wetzlar gegen Creditores]

[Frankfurt, 18. Juli 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Auf den von Herrn Curatoro bonorum meines inhaftierten Mannes getanen und mir Grg. kommunizierten Vergantungs-Vorschlag dienet folgendes zu untertäniger Erklärung. Da außer allem Zweifel gesetzt ist, daß unter denen Pretiosen, Spar-Geld und Silberwerk das auf Hochlöbl. Rechnei-Amt sich hinterlegt befindet, manche Stücke vorhanden, die mir und meinen Kindern eigentümlich zustehen, wie solches Herr Gegner selbst geständig; So bleibt mir nichts übrig, als dreie sub Lit: A. B. et C. angehende Spezifikationen, als welche die mir erinnerlichen, mir und meinen Kindern zugehörigen Anteil obgedachter deponierten Sachen enthalten, in tiefer Unterwürfigkeit zu überreichen; Zugleich mir aber ganz gehorsamst auszuhalten bei vorseiender Schätzung des übrigen gegenwärtig zu sein, weilen eins und das andere meinem Gedächtnis entwischt sein mag, welches sodann gewissenhaft anzuzeigen nicht ermangeln werde.

Was die Verkaufung des übrigen, wie nicht weniger der Weine Betrifft, so finde ich nichts dagegen einzuwenden, nur in so ferne mir die Hälfte der Rungenschaft, und der Mobilien gebühret, wie solches mit weiterem in nächst einzureichender schuldigen Ausführung dargetan werden soll, habe hiermit vorläufig meine Gerechtsame wahren und mir alle übrige Zuständigkeiten reservieren sollen.

Wie ich denn meine ganz gehorsamste Bitten dahin zusammen fasse: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen mir zuvorderst die mir und meinen Kindern zuständige Stücke an Pretiosen, Spargeld- und Silbergeschirr Großg. zu extradieren, sodann mich bei Schätzung der übrigen deponierten Sachen gegenwärtig sein, wie nicht weniger das bei Vergantung derselben erlöste Quantum, salvo jure cujuscunque hinterlegen zu lassen. Die ich pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau   JWGoethe Lt

 

[Landau gegen Gebr. Stiebel]

[Frankfurt, 19. August 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochweise und Hochfürsichtige Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Ohne unsre Schuld hat sich die Berichtigung des Inzidentpunktes in außen rubrizierter Sache, nämlich in wiefern wir endes unterzeichnete an dem Grundzinse des Hauses zum Weinheber für das Jahr 1773. einigen Anteil zu tragen haben, bis hieher verschoben.

Wir sind so wenig gesinnet Gegnern in diesem Nebenpunkte zu schikanieren, als Wir seine ungerechte Forderung in der Haupt-Sache zugeben können: Vielmehr haben Wir sogleich, weilen Wir einen Teil des Jahr 1773 das Haus mit besessen, uns billigst entschlossen, auch den Anteil des Grundzinses gemeldten Jahres zu bezahlen, und haben deswegen auf Löbl. Rechenei-Amte Richtigkeit pflegen wollen, wo wir aber nicht angenommen worden, also die Sache bisher auf sich erliegen geblieben.

So erklären Wir uns also vor Ew HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p hiermit nochmals, daß wir unsern Anteil an besagtem Grundzinse für 1773. gar gerne entrichten, und auf Hochderoselben Anweisung ganz gehorsamst auszahlen wollen.

Wie Wir uns denn übrigens wegen des in der Haupt-Sache geforderten Betrags voriger Jahren hiermit aber- und abermal verwahren, und auf das schon ausgeführte und auszuführende berufen, und in tiefster Untertänigkeit Verharren.

Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Gebrüder Stiebel.   JWGoethe t.

 

[Frankfurt, 8. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Durch ein venerierl. Urteil d. d. 3te Oktober insin: 4. welches in außen rubrizierter Sache ergangen, müssen wir uns dergestalt graviert finden, daß wir ohnerachtet der geringen Summe uns nicht entbrechen können das Remedium Transmissionis Actorum in vim revisionis mit Beibehaltung alles schuldigen Respektes fordersamst zu ergreifen.

Wir interponieren solches also auf das feierlichste, und lassen zugleich unsere untertänige Bitte an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin ergehen: Hochdieselbem zu Beibringung unsrer Gravaminum, einen Vier Wöchentlichen Termin a Die sperandi Decreti anzuberaumen großg. geruhen mögten.

Worüber pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'gste G Stiebel   JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 29. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Für die durch ein venerier: Dekret vom 14ten Oktober insin: den 19ten verstattete Großg. Frist von 14. Tagen legen wir zuvorderst den schuldigsten Dank ab, und ermanglen nicht in derselben unsere Gravamina gegen das am 3ten Okt: ergangene den 4ten insinuierten venerl. Urteil zum Behufe der den 7ten Okt: interponierten Revision untertänigst einzureichen.

Wie wir denn zuvörderst eine kurze und wahrhafte Geschichts Erzählung des Prozesses vorauszuschicken haben.

Nachdem über das Debit-Wesen des verstorbenen hiesigen Schutz-Juden Kusell zum Weinheber lange gestritten worden, so erginge den 9t Jul. 1773. der venerl. Bescheid:

»Es ist nunmehro denen hiesigen Gebrüder Stiefel nach Maßgab des cum Concreditoribus getroffenen Vergleichs und Judicati vom 24ten Mart. nuperi, die gesamte Kuselische Debit-Massa erb und eigentümlich einzuräumen, und werden sofort alle diejenige welche darauf annoch Spruch und Forderung zu haben vermeinen mögten, auf die in Causa ergangene Ediktal-Zitation aber sich nicht angemeldet hiermit gänzlich praekludiert und ausgeschlossen.« Wir wurden sofort nach Maßgabe des venerl. Urteils, in die Masse sowohl, als in das Haus zum Weinheber immittiert, und hofften nunmehro nach allen Rechten einen ruhigen Besitz in solchem zu haben.

Erst den 29ten Nov.: 1773. fiel es dem dahiesigen Schutz-Juden Benedikt Gumbel Landau als Composessori quaest. Hauses, ein, uns vor Löbl. Jüngern Burgermeisterlichen Audienz wegen 6.Jahr rückständigen Anteil Grundzinses von gedachtem Hause zu belangen; wurde aber als wir erst angezogenes Judicatum produzierten gerechtest abgewiesen.

Ehe wir weiter fortschreiten müssen wir pro Informatione Domini Judicis exteri das hierher gehörige Verhältnis dahiesiger Juden Häuser ins Klare setzen.

Weil wenige von uns ein Haus allein besitzen, oft aber viele Teil daran haben, wie denn das Kuselische Anteil 5/12 betrug, der Grund-Zins aber an Löbl. Rechenei-Amt im Ganzen gezahlt werden muß, so hat einer der Besitzer nur das Büchlein, sammlet, ohne weitere Quittung von sich zu stellen von den übrigen ihr Anteil ein, bezahlt auf der Rechenei und läßt sich quittieren. Und so merken wir im Vorbeigehen an wie illiquid sogar die Gegnerische Forderung sei. Niemand als der verstorbene Kußel konnte eigentlich wissen, wie lange seine Anteil Grundzinse restiere, und Gegner möchte noch so viel Jahre prätendieren, er könnte seine Forderung eben so wenig beweisen, als Sie ihm ein anderer außer dem bisherigen Besitzer verneinen könnte. Doch dieses macht nur von einer andern Seite seine Sache verdächtig; der Hauptentscheidungsgrund liegt in dem venerierl. oben verzeichneten Urteil, in Rücksicht auf welches Gegner wie schon gemeldet vor Löbl. Burgermeisterl. Audienz abgewiesen wurde.

Er wendete sich ad Amplissimum Scabinatum, da denn was von beiden Seiten verhandelt worden, aus den Akten ersichtlich ist, und wie unvermutet beschwerlich uns das Judicatum vom 3ten Octobris gefallen sei, mag nach Durchlesung derselben von den auswärtigen Herren Rechtsgelehrten erwogen werden. Es ist der Inhalt desselben: »daß wir dem Kläger den geforderten Grundzins Anteil von 6. Jahren zu zahlen nicht allein schuldig, sondern ihm auch die verwendete Kosten des Prozesses zu erstatten hätten.«

Diesseitige Gravamina ergeben sich also von Selbsten aus natürlicher Zusammenhaltung des bisher treulichst erzählten und dem venerl. Urteile selbst.

Grav: I. Durch mehr belobtes Urtel vom 11ten Jun. 1773. wird uns die gesamte Kußelische Debitmasse erb- und eigentümlich eingeräumt, alle diejenigen aber, die eine Forderung darauf zu haben, vermeinen mögten, sich aber auf die ergangene Ediktal-Zitation nicht angemeldet, gänzlich ausgeschlossen: Die 5/12 an dem Hause zum Weinheber, waren ein Teil der Kuselischen Masse, sind uns erb- und eigentümlich zugesprochen; Gegner vermeinet einige Forderung darauf zu haben, hat sich aber bei dem ganzen Konkurse nicht gemeldt, und ist also eo ipso praekludiert, und ist nicht abzusehen, was zu widriger Entscheidung den Beweg-Grund geben könne. Was wollen alle die 6. Asserta, die er seiner so rubrizierten untertänig klagenden Anzeige vom 3ten Dezember 1773. angibet, bedeuten. Denn gehörte das Haus quaest. nicht zur Masse? Er hat an das Haus zu fordern, und gehörte also unter die Creditores. Ein Löbl. Rechenei-Amt ist freilich während des Konkurses privilegiert, aber nach demselben so gut praekludiert, als ein anderer säumiger Creditor.

Wie will nun der eingebildete Cessionarius, über welches auch noch viel zu sagen wäre, ein Privilegium das bei der Klassifikation statt finden mag, nach dem Konkurse sich anmaßen wollen. Genug aber wir hätten gar nicht irgend einer weiteren Beantwortung nötig, sondern rezitieren aber- und abermal unser erstes und unumstößliches Argument; Der Konkurs ist geschlossen, die säumigen Kreditoren präkludiert, und wir in die Kuselische Debitmasse erb- und eigentümlich eingesetzt, daher wir niemanden weiter Rechenschaft zu geben brauchen.

Grav. II. Wird daher höchst wichtig wenn wir uns über die Verdammung in die Unkosten des Prozesses aufs höchste beschweret finden. Nach allen Rechten und Gerichtsbräuchen [ist sie] nur die Strafe derer die mutwillig Prozeß führen, und den Gegner nur aufzuziehen suchen; Ob nun solches von uns geschehen, mag aus dem vorhergehenden ermessen werden. Wir haben nicht allein den klaren Beweis unseres gerechten Widerspruchs in dem mehr gelobten Immissions-Urteil, sondern ein venerl. Burgermeisterliche Bescheid wodurch Gegner mit seiner unstatthaften Klage abgewiesen wird, vor uns, wodurch wir als temere Litigantes keineswegs angesehen werden, noch jemals die Ersetzung der Unkosten von uns gefordert werden kann.

Und somit auf die Gerechtigkeit unserer guten Sache uns verlassend auf das in retro Actis verhandelte uns beziehend schließen wir hiermit und lassen unsere untertänigste Bitte an eine ansehnliche Juristen-Fakultät wohin diese Sache gelangen mögte, in aller Ehrfurcht ergehen: Hochdieselben geruhen, das Judicatum â quo vom 3ten Oktober dahin zu reformieren, daß wir von der unziemlichen Klage völlig zu entbinden seien wie wir denn ersagten prätendierten Anteil Grund-Zinses zu entrichten nicht schuldig, noch weniger zur Ersetzung der Prozeß-Kosten anzuhalten seien, dagegen den wahrlich mutwilligen Kläger uns sowohl zur Ersetzung der ersten Prozeß-Kosten als auch gegenwärtiger notgedrungener Revision hochrichterlich anzuhaken. Die wir in aller Ehrfurcht pp. Eurer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten  p untertänigste Gebr. Stiebel

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 23. November 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest- und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Da endes unterzeichnete für notwendig erachten eins und das andere auf gegenteilige Einstreuungen zu versetzen, und ihr Bestes rechtlich zu wahren, so gelanget derselben ganz untertänige Bitte dahin: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten geruhen veniam replicandi geneigtest uns zu vergünstigen, und dazu einen Vierzehn Tägigen Termin a die insinuationis vener: sperandi Decreti Hochrichterlich zu erstrecken.

Die Wir p Euer Wohl- und HochEdelgeb. Gestrengen und Herrlichk. untertg'ster G Stiebel

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 21. Dezember 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Für die durch ein vener. Dekret d. d. 30ten November insinuiert den 5ten Dezember, grg. nachgelassene veniam replicandi nebst dem gehorsamst gebetenen Termino statten wir zuvörderst den geziemendsten Dank ab, und ohnermanglen gegenwärtig mit kurzem die Schwäche der Gegenseitigen Einstreuungen aufzudecken.

Den Mangel einer guten Sache und gründlichen Widerlegung ersetzet Gegner dadurch, daß er sich mit Worten aufhält, diesseitige Ausführung verachtet, und das Ganze mit Unziemlichkeiten würzt, woran man ihn wie den Vogel an seinen Federn erkennt.

Ob man so gut oder besser diesseits wisse, was Sachdienlich sei, als er, hat er nicht zu entscheiden. In wiefern man aus der Sache selbsten und den Akten den vorliegenden Fall beleuchtet, wird eine ansehnliche auswärtige Juristen Fakultät erkennen.

Eben so unbedachtsam will Gegner das vor uns angezeigte Verhältnis worauf wir keineswegs einiges Argument zu begründen gedenken, sondern nur das Übermaß der ungerechten Gegnerischen Forderung dargetan haben, als ein Novum, angesehen wissen, wodurch er an den Tag legt, daß es ihm bei seiner schlimmen Sache nur darum zu tun sei, überall einigen Schein vorzuspiegeln, damit dadurch der Ungrund derselben bedeckt werde. Allein diesem und was er auf solche Art anzubringen sich nicht entblödet, setzen wir bloß generalen Widerspruch entgegen, und haben sodann nur noch zu untersuchen wie Gegenteil dem Hauptargumente worauf wir unsere Revision begründen, begegnen.

Es hütet sich derselbe gar sehr das diesseitige Argument zu berühren: in der Kuselischen Debit-Sache sei ein Präklusivurteil ergangen, dahero die Creditores die sich nicht gemeldet abgewiesen, wir seien in die Masse und das zu der Masse gehörige Haus immittieret; Gegner formiere eine Forderung an das Haus und folglich an die Masse und seie daher so gut als die übrigen abzuweisen.

Er widerlege dieses Argument, und alsdann mag seine Sache einigen Schein gewinnen, allein er geht um dasselbige herum und kramt mit vielem Großtun, eine Reihe hierher ungehöriger Sätze aus, denn wie kann er, wenn er von den Gerechtsamen des Stadt-Aerarii spricht, solche auf sich anwenden, und sich gleichsam als Cessionarium ansehen, da doch keine derer Rationen die etwa vor jenes militieren auf ihn angewandt werden können; Er ist und bleibt ein Creditor des Kusels, er mag ihm nun in reichen oder armen Umständen geborgt haben, und ist als ein solcher durch mehr angeführtes Urteil präkludiert.

Eben so wenig hat er etwas gegen unser zweites Gravamen vorbringen können, es ist und bleibt Rechtens, daß derjenige der ein Urteil vor sich hat, in die Unkosten nicht verdammt werden kann; Wir haben auf geführtes Protokoll das bei den Akten liegt einen venerl. Burgermeisterl. Bescheid vor uns, den nur der Unverschämteste ein mündliches Abweisen eines Aktuarii nennen kann. Und somit ist nun ohne Gegnerische Weitläuftigkeit gezeigt, wie das Gegnerische Trachten nur dahin gehe, die Sache zu verwirren und zu verstellen.

Wir lassen solches Verfahren daher auf seinem Unwerte beruhen submittieren nisi quid novi auf das untertänigste, retro petitis inhärierend, und mit aller Untertänigkeit verharrend Euer Hochadel Gestrengen und Herrlichkeiten untertänige Geb. Stiebel.

JWGoethe Lt.

 

[Rachel Wetzlar in Sachen Nathan Wetzlar gegen Creditores]

[Frankfurt, 22. August 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und hochgelahrte Hochfürsichtige und hochweise Herren; Großgünstig hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Mit der tiefsten Untertänigkeit erkenne diejenige Verfügung die eine hohe Kaiserliche und des Reichs-Visitation, bei dem meinen Mann befallenen Unglück, zum Besten einer äußerst bedrängten hochrichterlich getroffen hat.

Es verordnet selbige, daß ich als die an seiner Handlung und erlaubten Gewerbe mit möglichstem Fleiß und Bemühung teilnehmende, keineswegs aber in seine übrigen Vergehungen befangene, vor andern zu demjenigen gelangen soll, was so wohl mein eigen sei, als auch mir von dem Vermögen sonstig gebühren möchte.

Die Frage also, ob bei solchen entstehenden Fällen, einem Eheweibe unserer Nation das Vorrecht ihres Eingebrachten gebühre ist hier zu erörtern unnötig, es kommt mir ohne weiters sowohl durch das Recht als auch durch den Ausspruch eines erhabenen Richters zu.

Die Summe dieses meines Eingebrachten belauft sich also auf fl. 3300. wie der sub Lit. D. in richtiger Übersetzung beigehende Heurats-Brief bezeuget, einfolglich keinem weitern Zweifel unterworfen ist.

In eben gemeldten Ehe Pakten ist mir sodann das Wohnhaus zum goldenen Brunnen zu einem Witwensitze verschrieben, welches mir also in gegenwärtigem Falle unbestritten bleibet. Weiter habe ich von meiner Mutter zugebracht, Zwei halbe Sessel in der Manns-Schule. Das Schriftliche Zeugnis davon ist in des Herrn Curatoris bonorum Händen, unter andern unser Wesen angehenden Papieren. Wie denn noch besonders die Verfügung aufgezeichnet, sich dabei vorfinden läßt, daß mein Mann selbige weder veräußern noch verpfänden könne.

Ferner ist mir auf meinem Hochzeit-Tag die Summa von 74 fl. 42 Xr. laut dem sub Lit. E angebogenen Worf-Zettel an einzelnen kleinen Geschenken von Verwandten und Freunden verehret worden, wie nicht weniger das damals erhaltene Silber, auf selbigem verzeichnet ist.

Auch kann mir der von meinem Manne mir längst geschenkte, von mir besessene Sessel in der Frauen-Schule keines Wegs angefochten werden. Folgends gehören mir alle Geschenke die mir Teils von meiner Mutter Teils von meinem Manne, Teils von Freunden und Gönnern zu unterschiedenen Zeiten und Gelegenheiten an Silber-Geschirr, Spargeld, Juwelen und Pretiosen gemacht worden, wie denn das meinen Kindern an derlei Geschenken zugehörige ihnen gleichfalls nicht entgehen kann.

Was davon unter denen bei Löbl. Rechnei deponierten Sachen befindlich, habe durch drei Spezifikationen, die meiner untertänigen den 15t. Jul. überreichten Erklärung sub Lit. A: B et C. vorbehältlich eines allenfalls erinnerlichen Nachtrags, beiliegen, klärlich angezeigt, worauf ich mir denn hier aber und abermal bezogen haben will. Demzunächst ich eine weitere Designation sub Lit. F. hiermit gehorsamst überreiche, wovon der zu erhärtende Wert des sich etwa nicht vorfindenden als mein Eigentum mir erstattet werden muß.

So wie nun alle diese Forderungen im Rechte sowohl als in dem hohen Willen einer höchstansehnlichen Visitation begründet sind, ebenso bestehet auch das übrige mein untertäniges Begehren.

Der gegenwärtige Zustand in den mein Mann und dessen Vermögen versetzt worden ist, läßt sich keineswegs als Konkurs ansehen, er ist vielmehr aus einem andern, aus seinem eigenen Gesichtspunkt zu betrachten. Dann obgleich die Meinung einiger Rechtsgelehrten Fiscum als Creditorem, und einem solchen Fall als Konkurs aufnehmen wollen; so ist doch hier, da alle Creditores völlig zu dem ihrigen gelangen werden, auch ich als EheFrau vorzüglich das mir zukommende abziehe, vielmehr der Fall eines Nachlasses und aus dieser Analogie zu beurteilen, daß mir also über obgesagtes noch all dasjenige zukommt, was mir aus einer Erbschaft ab intestato zufiele in dem Falle da Kinder vorhanden sind.

Wie denn nun auch bekannt, daß ich der Handlung meines Mannes fast ganz alleine vorgestanden, wie ich mit der höchsten Sorgfalt solche geführt, und meine Gesundheit darüber Vernachlässiget; So kommt mir um so mehr die Verfügung der Gesetze zu statten, die einem dergleichen Eheweibe außer der Hälfte der Weine, Juwelen, Silbergeschirr, Pretiosen, aller Möbels, welche ich schon in meinem untertänigen Exhibito vom 15t Juli ganz gehorsamst angefordert, und nunmehro solches förmlichst aber und abermal wiederhole, auch noch die Hälfte der Errungenschaft zuspricht.

Den Ertrag dieser liciten Errungenschaft und also die Summen der mir zukommenden Hälfte, bin ich nicht eher im Stande zu bestimmen, als bis nach näherer Durchsicht derer Handels-Bücher welche mir von Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten Grg. gestattet worden, ich halte mir dahero solches auf das förmlichste und Rechtsbeständigste vor.

Wie ich denn diese vorläufige Darlegung meiner Anforderungen, nur zur einsweiligen besten Begründung derselben untertänig einreichen sollen, mir Liquidationem specialem reservierend, mit der ganz gehorsamsten Bitte: Hochdieselben geruhen mich zu gehöriger Zeit zur weitern Spezialen Liquidation sowohl als der nähern Ausführung meiner noch unbestimmten die Rungenschaft betreffenden Forderung Grg. zu lassen, nicht weniger hochrichterlich zu verfügen, daß gegen meine obenangezeigte Gerechtsame nichts verfänglichs vorgenommen werde. Mit dem aber und abermaligen Ausdrücklichen Vorbehalt, daß mir die etwaige Auslassung eines oder des andern Postens keineswegs präjudiziere, vielmehr jederzeit mir vergönnt sei, das unter diesen Umständen leicht zu vergessende gehörig nachzubringen. Worüber p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten, p. untert'ge Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau.

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 24. August 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Meine wiederholten Klagen und dringende Bitten müßten Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p endlich zur Last werden, wenn Hochdenenselben nicht das übergroße Elend bekannt wäre, das mich zu Boden drückt, und welches durch die Behandlungen des Herrn Reichs Fiskalis täglich vergrößert wird, da derselbe auch mich die unschuldige Gattin eines unglücklichen mit der äußersten Strenge auf alle Weise zu verkürzen sucht.

Zu wem kann ich in diesem traurigen Zustande meine Zuflucht nehmen als zu Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. HochObrigkeitlichen, Einsicht, von wem kann ich mir Hülfe versprechen, als von Hochdenenselben denen so klar vor Augen liegt, daß nicht etwa vorgespiegelte übertriebene Not, sondern die wahrste Beklemmung, der äußerste Mangel, mich zu Hochdero Richterstuhle hintreibt. Ohne Nahrung, ohne Vermögen ohne sonst eine Beihülfe finde ich mich allem dem ausgesetzt, was des Kaiserlichen Herrn Fiskalis ohnbewegliche Gesinnungen für Einfluß auf mein Schicksal haben können, wenn Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p nicht die gnädigste Einsicht nehmen, meinen gerechtesten Forderungen gegen denselben des doch in dieser Sache nur Partie ist, gerechtest beizustehen. Komme ich unschuldige nicht schon dadurch in unersetzlichen Schaden, daß mir der Handel gehindert wird, und ich so außer Stand gesetzet werde, durch Fleiß und Mühe einen leidlichen Lebens Unterhalt zu erwerben. Hätte ich die freie Disposition des meinigen, so könnte ich solch mein Kapital gelten machen, besser als wenn man mir solches auch gegenwärtig zu 5 PCto verinteressieren mögte. Und nun wie sehr muß mich das beängstigen, wenn ich Täglich auch sogar das geringe Äquivalent sowohl erschweret, als auch das meinem kranken armen Manne zukommende dafür den unschuldigen Studenten zu reichen gehindert werden will.

Einem venerl. Dekret vom 1t hujus zu Folge, das mich anweiset, wegen der Verpflegung meines Mannes sowohl als meiner eigenen Haushaltungs Unkosten, mit Herr Fiskali Abrede zu treffen, mit selbigem so viel tunlich übereinzukommen, und so die Sache in Kürze und Güte zu beenden. Ich habe auch ein solches sogleich zu bewerkstelligen gesucht, bin denselben mehrmals angegangen, habe aber weder eine bestimmte noch billige Auskunft erhalten können.

Nun will die Sache mir Täglich beschwerlicher werden, ja unmöglich fallen. Stets neuen Beängstigungen, Mangel und Kummer ausgesetzt, weiß ich mir auf keine Weise zu helfen, kann auch die Ursache nicht einsehen warum so hart mit mir verfahren wird.

Um nur also endlich auf etwas bestimmtes zu kommen, muß ich Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p in Untertänigkeit angehen zu Hochrichterl. Bestimmung auch des Alimenten Punktes endliche Maße zu treffen, von dem wahren Verhältnis der Sache Erkundigung einzuziehen, und mich bei meinen Gerechtsamen gnädigst zu schützen.

Darüber denn meine untertänige Bitte dahin reichet: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen zuvörderst von Herrn Curatore Bonorum dem das ganze wohl bewußt, indem in dessen Gegenwart meistens traktieret worden, Hochgeneigtest Bericht über die Lage der Alimentations Sache einziehen, und sodann etwas gewisses hierin Hochrichterlich zu verfügen.

Welcher untertänigen Vorstellung ich noch eine andere geziemend anfüge:

Es ist nunmehro an der Zeit daß auf HochObrigkeitliche Verordnung meines Mannes Weine verkauft werden sollen; Da nun an solchen die Hälfte mir gebühret, und ich einen kranken Mann mit schweren Kosten veralimentierend, den zu seinem Unterhalt unentbehrlichen Wein gar hoch bezahlen muß, also doppelter Schaden mir dadurch verursacht wird, und mir also immer mit das Leben erschwert wird; So habe ich eine ganz flehentliche Bitte anbei wagen sollen: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen mir der kleinen, bei dem Wein Vorrate sich befindenden Fäßgen einige zu notdürftigem Gebrauche meines durch Elend gar tief zerrütteten kranken Mannes Großg. zukommen zu lassen. Hierüber p. Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 9. September 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Die unglücklichen Umstände in die sich endes unterzeichnete täglich tiefer versinken sieht, sind Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p allzuwohl bekannt, als daß Hochdieselben nicht das wahrste Mitleid zu mir hegen sollten.

Aller Mittel zu eigener Subsistenz völlig beraubt, bin ich der willkür derjenigen Personen ausgesetzt, die in Gegenwärtiger Sache meine Gegner sind, und die ohne Ew. Hoch-Adel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Hohes Einsehen mir auch sogar meinen nötigsten Unterhalt zu erschweren nicht entstehen.

Der Hr. Fiskal der nach einer sub Lit. A der gehorsamsten Erklärung Hn. Curatoris Bonorum beiliegenden Wunderbaren Rechnung mir sogar das vergangene durch ein venerl. Urteil mir zuerkannte und verzehrte Wochen-Geld wiedernehmen möchte, fühlet nicht die Not die mich drückt da ich mich ganzlich aufgezehrt, und die Restitution barer Auslagen sogar kümmerlich erwartend, nirgend einigen Unterhalt vor mir sehe, es hat derselbe auf gedachte Hn. Curatoris bonorum geschehene Erklärung sich nicht innerhalb der 8 Tage so viel mir bewußt, noch nicht vernehmen lassen, und Herr Curator der gleichfalls mit aller Härte und Strenge gegen mich verfährt, will ohne das, und ohne Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p besondere Vergünstigung mir zu meinem Unterhalte nicht das notwendigste, nicht das geringste reichen.

Was kann ich arme daher anders tun als Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p aber und abermal flehentlichst angehen. Der Herr Curator bonorum selbst ist in seinem Exhibito vom 29. Aug: 1774. genötigt einzuräumen, daß mir von denen, durch ein venerl. Dekret mir zuerkannten, und bis auf Ende Julii gezahlten Geldern kein Abzug gemacht, keine weitere Abrechnung statuiert werden kann, wie freilich in der Natur der Sache und der Billigkeit genugsam gegründet ist; welche aber bei Hn. Gegnern nicht Platz zu greifen scheint, da auch sogar in gedachter beigelegter Rechnung mir ein Posten von 36 fl. 28 Xr die als Auslagen und Kosten würklich angegeben werden, abgezogen, und auf das weitere erst wieder verrechnet werden soll; welcher Unbill auf das stärkste in die Augen leuchtet, da ich belegen kann, daß von gedachter Summe 31 fl. Hausgrundzins würklich bezahlt und abgetragen worden.

Vorausgesetzt also daß von denen urteilsmäßig mir zugehändigten Geldern nicht weiter die Sprache sein kann, so ergibt sich auch ferner, daß mir diejenigen außerordentlichen Ausgaben, die mir nicht aufgebürdet werden können, noch über das, und zwar in meiner gegenwärtigen Not auf das schleunigste vergütet werden müssen.

Unter solchen sind wohl vorzüglich diejenigen die von mir an den inhaftierten Studenten verwendet worden.

Es ist derselbe auf mein Ansuchen keineswegs zu meinem Manne gesetzt, vielmehr wider meinen Willen und zu meinem Schaden wie in Rückwärts Exhibitis sattsam dargetan, so lange eingesperrt geblieben, wie unausbleiblich also eine zu erstattende Kosten Berechnung seie, hat Hr. Curator bonorum obgleich mit einer nie zu gestattenden Klausel von Hochrichterlicher Ermäßigung derselben, einsehen müssen. Ich lege daher in tiefer Untertänigkeit eine solche sub Sign. ʘ hierbei, welcher Erstattung auf das schleunigste Hr. Curator bonorum aufzulegen untertänigst flehe, wie denn auch Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten auf das klarste erkennen werden, wie da von lauter baren Auslagen die Rede ist, von keiner Ermäßigung der Fall sich nicht ereignen kann.

So hab ich auch ferner in der sub Sign: ☽ angebogenen Designation gehorsamst auffordern sollen, was von dem mir durch ein venerierl. Dekret zugeeigneten Wochengeldern am vergangenen halben Jahre noch restiere.

Es hat mir nämlich in voriger Zeit Hr. Curator bonorum jedesmal mein Wochengeld monatlich ausgezahlet, und der Ordnung Willen den Monat zu Vier Wochen gerechnet, am Ende des halben Jahrs aber mir die zwei Wochen, um die ich bei solcher Rechnung zu kurz gekommen wäre, jedesmal vergütet; dieses ist nun aber das letzte mal nicht geschehen, bleibet mir also ohngezweifelt zu fordern übrig.

Wie denn auch daselbsten einige weitere Posten angegeben sind, die mir ohnmöglich zur Last fallen können, vielmehr aus der Masse vergütet werden müssen.

Dieses ist es also was ich in gegenwärtiger dringender Eile Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ganz untertänig vorlegen sollen.

Denn da mir des Hrn. Curatoris bonor: Erklärung bis jetzo nur ad notitiam kommunizieret worden, so enthalt ich mich aller weiteren Bemerkungen und beantwortung derer darin enthaltenen, meine Forderungen bezweiflen wollenden Grundsätze. In Beziehung auf meine retro Exhibita um neue Darlegung des gegenwärtigen, meine untertänig gehorsamste Bitte, dahin formierend: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. geruhen, da Hr. Fiscalis, wie aus dessen Stillschweigen sich ergibet, weiter nichts zu bemerken hat, auch dessen eigene Gründe in mehrgedachtem Exhibito genugsam vorgetragen sind, in diesem so offenbaren Falle, einsweilen großg. Hochrichterlich zu verfügen, daß sowohl zu meinem weiteren Unterhalt und Führung des Hauswesens Versorgung meines Manns und des Studentens indessen hinlängliche Reichung geschehen, als auch beigehende Rechnung und Designation auf das fordersamste entrichtet werde. Übrigens vorbehaltlich weiterer Ausführung Erklärung und Nachtrags retro petitis auf das dringlichste inhärierend, mit aller Untertänigkeit verharrend. Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'ge Rachel des Nathan Aaron Wezlars Ehefrau   JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 5. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts- Schultheiß und Schöffen! Das unter dem 24ten pass: ergangne Hochvenerierl. Urteil erkenne zuvörderst mit dem vollkommensten Danke, und muß Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten abermals mit untertänigster Bitte behelligen.

Das halbjährige Salarium des Studenten von 30 fl, wie auch der Lohn der Dienst-Magd zu 14 fl. so mir sonst jederzeit von Hrn. Curatore bonorum ausgezahlt worden, wie Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p hinlänglich bekannt, und das mir vor diesmal um so mehr gebühret. Da solches halbe Jahr vom April, da meines Mannes Schicksal noch gänzlich unentschieden war, zu laufen anfängt, will mir von Herrn Verweser nicht anders als auf vorhergegangene HochRichterliche Verfügung ausgezahlet werden.

Dahero mein ganz untertäniges Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dringlichst ergehet: Hochdieselben geruhen mehrgedachtem Herrn Curatori Bonorum die Auszahlung der 44 fl. wie gemeldet aufzulegen, zugleich nunmehro fördersamst die Loslassung des Studiosi Hochgeneigtest zu verfügen, ansonsten er bei neu eintretenden halben Jahr der Masse nicht anders als beschwerlich fallen kann. Die ich p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. untert'gste Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau   JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 16. November 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen!

Der von Herrn Fiscali geschehene Widerspruch gegen meine gerechte Forderung das verflossene Salarium des inhaftierten Studenten und den bisherigen Mietlohn der Dienstmagd betreffend, kann bei Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. zu keiner widrigen Entscheidung gegen mich einigen Grund abgeben; Dann wie von mir schon retro deduziert worden, so fanget solches einige Monate vor den Hohen Visitations Urteile zu laufen an, und kann mir also was das verflossene betrifft nicht entzogen werden.

Ich verlange solches nunmehro mit dem höchsten Rechte, wie ich denn aber vor die Zukunft vor den Studenten der in meinen Diensten stehet, selbst zu sorgen übernommen, so muß dagegen diejenige Forderung die von dem Inhaftierten künftig gemacht wird, der Masse zugerechnet werden; denn da er nunmehro auf Veranlassung des Hohen Visitations-Kongresses in dem Gefängnisse verbleiben muß, so kann ihm das von dem Hohen Kaiserl. Fisco außer seinem zureichenden Unterhalt nicht versagt werden, was er anderwärts in der Freiheit verdient haben würde.

Worüber ich Retro petita auf das dringendste wiederholend, in aller Untertänigkeit verharre Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'gst demütigste Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 30. Dezember 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Meine traurige Umstände nötigen mich Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p nochmals in aller Untertänigkeit anzugehen. Zwar hat endlich des Herrn Reichs-Fiskal Hochwohlgeb. in die Entlassung aus der unverschuldeten Haft gewilligt, ich bin nunmehro frei, aber schlimm genug daran. Nicht allein daß von Hrn. Fiscali mir das verflossene halbe Jahr versagt werden will, ist auch selbiger nicht zu bewegen, mir das gegenwärtig zuzugestehen, welches mir doch gleich wie jenes, auf das rechtmäßigste gebühret. Ich mag mich dahero hinwenden wohin ich will, so find ich mich ohne den geringsten Beistand und Hülfe.

Die Umstände der Nathan Aaronischen EheFrau sind so beschaffen, daß ich von selbiger im mindesten nichts zu erwarten habe, auch erkläret Sie mir daß Sie bei meiner auf Herrn Fiscalis einstehe fortdaurenden Haft auf das feierlichste protestieret, daß wenn ich vor Ablauf des verflossenen halben Jahres nicht loskommen würde, Sie alsdann mit der mir gebührenden Entrichtung des darauffolgenden nichts zu tun haben wolle, sondern solches lediglich der Masse zur Beschwernis heimfallen müsse; Nun bin ich erst nach eingetretenem gegenwärtigem halben Jahre losgelassen worden, folglich kann mir auch für dasselbe das Salarium von der Masse nicht versagt werden; Allein der Herr Verweser derselben ist gegen mich unerbittlich. Er könne, behauptet er, ohne Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ausdrückliche Verordnung nicht das mindeste auszahlen; warum ich daher, obgleich höchst ungerne Hochdieselben abermals behellige, liegt am Tag. Ich kann auf diese Weise wie bisher nicht länger subsistieren. Hätte man mich vor Ablauf des vorigen halben Jahres entlassen, so hätte ich mich auch mit der Besoldung desselbigen befriedigen müssen; nun bin ich aber bis in gegenwärtig laufendes zurückgehalten worden, kann nach unserer Einrichtung keine andere Kondition gegenwärtig finden, so kann mir auch der zeitige Unterhalt bei meinem ohnedes durch die lange Gefangenschaft und Krankheit geschwächten Körper aus der Masse nicht versaget werden.

Besonders da mir eine Satisfaktions-Klage wegen des unverschuldeten Gefängnisses immer offen stehet.

Daher mein ganz untertäniges flehentliches Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin gelanget: Hochdieselben geruhen den Herrn Curatorem Massae dahin anzuhalten, daß derselbe mir sowohl das vergangene, worüber auf des Herrn Fiscalis Erklärung Acta ad Reverendum gegeben worden, als auch das laufende samt gebührendem Kostgeld entrichte, und mich also aus dem Elend, worin ich mich unschuldig gestürzt sehe, auf das schleunigste reißen möge. Worüber ich mit Lebenslänglicher Untertänigkeit verharre. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänigster Samuel Mayer

JWGoethe Lt

 

[v. Klettenberg gegen Werner]

[Frankfurt, 27. August 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte, Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Ob der Burger und Bierbrauer Meister Werner, der von ihm nachgesuchten vierjährigen Zahlungs-Frist, würdig sei, hat endes unterzeichnete nicht zu untersuchen, noch zu bestreiten, doch siehet sie sich genötigt das Verhältnis des in der Bilanz angezeigten Kirchenplatzes Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mit wenigem vorzulegen.

Ich habe solchen im Oktober vorigen Jahrs denen Wörnerischen Eheleuten um und für 200 fl. abgekauft, er ist mir von beiden gehörig zediert, und sodann den 9ten Oktober e. a. auf mich in dem Kirchen-Buche eingeschrieben worden, wie solches der sub. Sign. ʘ beigehende Original Extractus Protoc: den ich mir retenta apud Acta Copia gehorsamst zurück erbitte, genugsam ausweiset.

Dadurch bin ich also außer Konnexion mit den Wörnerischen Eheleuten gesetzet, und das unanständige Verfahren derselben, da sie fälschlich in der Bilanz angeben, als habe ich darauf nur geliehen, macht sie auch wegen des übrigen verdächtig, das jedoch die Herren Kreditoren zu untersuchen haben.

Worüber meine gehorsamste geziemende Bitte an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin ergehet: Hochdieselben geruhen Hochrichterlich dem Bierbrauer Wörner die Einführung des schon verkauften Kirchenplatzes in seine Bilanz zu verweisen, mich bei meinen Gerechtsamen zu schützen, und also keinesweges zuzulassen, daß ich auf ein oder die andere Weise in den etwaigen beschwerlichen und kostspieligen Konkurs gezogen werde.

Refusis expensis.

Die ich p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ergebenste Susanna Catharina von Klettenberg

JWGoethe Lt

 

[Goldschmidt gegen Steitz]

[Frankfurt, 3. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts-Schultheiß und Schöffen! In meiner untertänigen Vorstellung vom 3ten März dieses Jahres habe ganz gehorsamst angezeigt, wasmaßen ich schon vor einigen Jahren da über des Handelsmanns Steitz verworrne SchuldenHändel, bei Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mit einem Wechsel und respektive Schuldschein mich gemeldet, und obgleich kein förmlicher Konkurs entstanden, dennoch versichert worden, daß zu meiner und andrer Kreditoren Befriedigung eine hinreichende Summe hinterlegt sei, und solche zu seiner Zeit erfolgen sollte.

Ich bat in dieser Rücksicht in gedachtem meinem Exhibito mir nunmehr das meinige großg. verabfolgen zu lassen, als welches ich lange genug entbehret. Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhten solche meine Vorstellung dem Handelsmann Steitz großg. zu kommunizieren, der, nach viel Zeit Verderb endlich mit einer ganz unbedeutenden Antwort mir zu begegnen denket.

Freilich weist besagte meine Schrift aus, daß ich mich zur Zeit, da Steitzens böses Schulden-Wesen verworren zu werden anfing, und deswegen Hoch-Obrigkeitlich prospiziert ward, mit meiner Schuld quaest. gemeldet, daraus dann eine doppelte Folge fließt, erstlich hat gegen dieselbe keine Verjährung statt, und zweitens kann ich da kein ordentlicher Konkurs entstanden, wenn ich [auf] die damals zu hoffende Weise nicht befriedigt werden sollte, meinen völligen Regreß an Schuldnern nehmen.

Gegenwartig aber bitt ich, allgemeinen Widerspruch allem übrigen Vorbringen entgegen setzend: Hochdieselben geruhen nunmehro unter solchen Umständen mehr gedachte Schuld von 129 fl. 30 Xr von denen bei Löblr. Rechnei hinterlegten Steitzischen Geldern mir Großg. verabfolgen zu lassen. Der ich pp. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'gster Abraham Löb Goldschmit   JWGoethe Lt

 

[Adam gegen Creditores]

[Frankfurt, 24. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Endes unterzogene nunmehro beeidigte Vormünder der unmündigen Adamischen Kinder wollen sogleich wegen dem von Herrn Curatore bonorum getanen Vergantungs Vorschlag des Hauses und des Kirchenplatzes betreffend ihre Einwilligung nach Maßgabe der schon am 17ten Junii h. a. von denen majorennen Kindern geschehenen Erklärung dahin gehorsamst vorlegen: Daß eine solche Verkaufung jedoch ohne Präjudiz unserer ohnedas höchst verkürzten Pupillen geschehen möge, wie wir denn abermals um Deposition auf Löbl. Rechenei der daraus zu erlösenden Gelder Salvo jure cujuscunque untertänig angehalten, und unsere Pflegbefohlene Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Obervormundschaftlicher Milde rekommendiert haben wollen. Darüber Lebenswürig verharrend. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'g treu gehorsamste Jacob Ludwig Gerock   Johann Maximilian Wasserhun

JW Goethe Lt.

 

[Frankfurt, 2. Dezember 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne, Gestrenge, Hoch Edle Fest und Hochgelahrte Wohlfürsichtige Hoch und Wohlweise Sonders Grg. Hochgeehrteste und Hochgebietende Herrn Stadt Schultheiß und Schöffen Gegnerische von allen Seiten ungegründete Exceptiones kürzlich zu beantworten, soll gegenwärtig unser Augenmerk sein. Dieselbe bemühen sich vergebens, die Gesetze zu ihrem Vorteile, auszulegen, und das factum zu verstellen, um gegen uns zu widriger Erkanntnis Ew. Hochadel. Gestr. und Herrl. zu bewegen.

So enthalten denn die angeführten Reformations Stellen nichts, was denenselben zu statten kommen könne. Ein Gesetz kann nicht weiter gedeutet werden, besonders zum Nachteil einer Partei, als dessen bestimmte Worte gehen, und sich aus denen Umständen auf die Rationem legis schließen läßt. In besagten Stellen, wird einigen Weibern das Beneficium separationis abgesprochen, von denen Behauptungen, mehrerer Rechtsverständigen nicht zu gedenken, wollen wir nur bei denen Worten der Reformation stehen bleiben, wo es im dritten Teil Tit. 7. § 20. also lautet: daß Handwerksleute das Beneficium Separationis nicht haben, sondern daß ihnen, was sie in ihrem Handwerk und Tun, davon sie sich beide ernähren, erzeugen, und einkaufen, oder aufborgen, gemein seie. Aus diesen Worten erhellet Ratio Legis sogleich. Weil nämlich bei dem Betriebe eines Handwerks Mann und Frau meist unzertrennt arbeiten, zusammen erwerben, und zusammen verzehren, dergestalt, daß eine Separation und Unterscheidung, was durch eines von beiden erworben oder verwendet worden, unmöglich ist, so ist auch verfüget, daß gleichwie eins mit dem andern die Wirtschaft geführt, also auch eins mit dem andern haften solle.

Wie lässet sich solches nun auf gegenwärtigen Fall anwenden. Ein Vater hat eine Vormundschaft, ist dieses unter Handwerk und tun zu verstehen, und wie die Worte weiter heißen; er schaltet mit dem Gelde, so daß er nach Zeiten in Abgang seiner Cassa gerät, kann hiervon der Frau was imputiert werden? Gehöret Vormundschaft mit zur gemeinen Nahrung, führet die Frau die Vormunds-Rechnungen und die Kasse? Keineswegs! Also fället die Ratio legis weg, was der Mann verschlissen hat, kann ihr nicht imputiert werden, und das Beneficium bleibet ihr, und folgl. ihren Kindern unangefochten.

Doch hätten wir auch darüber nicht weitläufig zu sein nötig gehabt, die Zeit des Verfalles der Vätterlichen Wirtschaft gehet von dem Tode unserer Mutter an, und so ist höchst falsch, was Gegenteil behaupten will, auch unsere Mutter sel. habe durch ihr Betragen die Pupillen Gelder mit verwenden helfen.

Alles dieses sei nur zu Beantwortung der gegnerischen Einstreuungen im vorbei gehen gemeldet, ohne im geringsten uns deswegen einlassen, oder einige Obliegenheit über uns nehmen zu wollen, Hauptsächlich kommt es auf die Gültigkeit unserer Forderung an, die wir teils bescheinigt, teils die Art, wie das weiter unumstößlich zu beweisen seie, in unserm Liquidations Rezesse vom 15. Jul. 1774. getan, welches denn auch weder von Herrn Curator bonorum, noch von Gegnern, wider sprochen worden, noch wider sprochen werden kann. Wir inhärieren daher unseren retro petitis ganz untertänig. In unsern höchst verlassenen Umständen nobile officium iudicis humillime implorando. Worüber wir in unablässiger Ehrfurcht verharren. Ew. Hochadel. Gestr. und Herrl. untertänige Johann Nicolaus Alex. Rössing Procur. ordin. mand. no'ine.

JWGoethe Lt.

 

[Aumann gegen Aumann]

[Frankfurt, 28. Oktober 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Da ich einmal das traurige Schicksal gehabt nach dem Tödlichen Hintritt meines Sel. Mannes durch die inkorrigibele Liederlichkeit meines Sohns in anhaltende Betrübnis versetzt zu werden, so wäre es meinem mütterlichen Herzen die vorzüglichste Besorgnis, seine Schande vor den Augen der Welt zu verbergen, und da ich ihn nicht zu einem tüchtigen Bürger machen konnte, ihm wenigstens den Schein davon, durch mein stilles in mich gekehrtes Betragen, vor den Menschen zu erhalten; Allein auch diese Letzte meine Bemühung hat er wie alle meine vorigen fruchtlos gemacht.

Schon mehr als einmal hat er mich durch verdrüßliche Klagen und Händel beunruhiget, und jetzo erfrecht er sich sogar Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mit den Ehr und Pflichtvergessensten Vorspiegelungen gegen mich einnehmen zu wollen. Ich sehe mich daher zu meiner Selbstverteidigung genötigt, Hochdero Richterlichem Auge das bisherige Verhältnis zwischen uns, auf das treuste und mit glaubhaftigen Bescheinigungen vorzulegen, damit Hochdieselben sogleich in den Stand gesetzt werden, zwischen einer auf das Wohl ihrer Kinder aufmerksamen, von würdigen Freunden beratenen, um ihren guten Namen besorgten Mutter, und einem ungeratenen Sohne zu entscheiden, der alle seine Pflichten von jeher verkannt, nur den Eingebungen seines verderbten Herzens und nichtswürdiger Ratgeber gefolgt, und sich dadurch den Abscheu aller redlich gesinnten und Tugendhaften Personen zugezogen.

Zuvörderst sehe ich mich denn also genötiget, den bisher geführten Lebenslauf meines Sohns der zwar kundbar genug ist Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten mit inniger mütterlicher Betrübnis vorzulegen. Es gibt dieses Gewebe von Unordnung und unerhörten Bezeigen, den besten Aufschluß zu seiner jetzigen Klage gegen mich.

Mein Mann Sel. hatte denselben bei die Herrn Gebrüder Ettling auf 7. Jahre getan um die Handlung ordentlich zu erlernen.

Der Vater starb, als ein Jahr dieser Zeit verflossen war, wo er sich denn auf das unordentlichste und ungeziemendste aufzuführen anfing, ich kaufte 2. Jahre an der Lehrzeit ab, bezahlte vor das verflossene 100 Rt. in der Hoffnung er würde nunmehro die übrigen sich eines bessern Betragens befleißigen; allein vergebens! er machte den Anfang seines künftigen Wandels mit dem Tollkühnen Schritte, daß er seinen Prinzipalen entlief, mit Handwerkspurschen herum irrte, und den Vorsatz gefaßt hatte, sich unter die Soldaten zu begeben. Meine mütterliche Liebe die ihm solches Vergehen auf Rechnung des jugendlichen Leichtsinnes schrieb, suchte sogleich dem Vergangenen zu remedieren, und künftigen größern Übeln zuvorzukommen.

Ich ließ ihn also durch den Handelsmann Herrn Müller aller Orten aufsuchen, der ihn dann zuletzt, als er ihn in Mannheim angetroffen, mit einem Aufwand von 120 fl. zurückgebracht.

Ihn in ein regelmäßiges Gleis zu leiten, und die vergangene Versäumnis wieder einzubringen, tat ich ihn zu dem Herrn Handelsmann Mappes nach Mayntz, wo er drei Jahre dergestalt zubrachte, daß er mich mit dem Lehrgelde 1500 fl. zu stehen käme. Nun glaubte ich es sei Zeit auch dieser vielen Kosten und Beschwernis Frucht an ihm einigermaßen einzuernten, ich nahm ihn zu mir, wo er denn bald alle meine gefaßte Hoffnung aufs neue vereitelte, und ein solches Leben führte, daß ich um ihn von den traurigen Folgen seiner Unordnung zu befreien, dem Herrn Doktor Nordmann Sel. ein Konto von 10 Carolinen zu bezahlen hatte.

Es lieget dasselbe in Copia sub Lit. A. hiebei, und da es ohne Namen des jungen Menschen der die Kur gebraucht verfasset worden, so beweiset der gleichfalls kopeilich sub B. beigehende Brief meines Sohnes, daß er dieselbe Person seie, auf die sich gedachtes Papier beziehet. Wie man denn die originalien erforderlichen Falls darzulegen erbötig ist.

Anstatt sich auch dadurch warnen zu lassen, trieb er seine alte Streiche Täglich schlimmer fort, so daß ich mich neuerdings genötigt sah, ihn der Aufsicht eines verständigen und wohldenkenden Handels-Herrn zu übergeben, wozu ich denn den Herrn Brentano in Amsterdam erwählte. Nun hoffte ich würde des Kummers ein Ende sein, die Jugend Ausschweifungen verraucht, und ich traute ihm so viel Besinnlichkeit zu, daß er die noch übrigen Jugendjahre zu seinem Besten, und zum Ersatz des mir verursachten Verdrusses gehörig anwenden würde. Herr Brentano, der als ein Verständiger und ernsthafter Mann bekannt ist, tat Vatertreue an ihm, suchte ihn durch die besten Vorstellungen sowohl als durch fleißiges Anhalten auf bessere Wege zu bringen, doch trieb er es durch seine, besonders in großen Handelshäusern höchst verabscheute Unordnung, so weit, daß gedachter Herr einen Brief, nach dem andern hierher gelangen ließ, worin er mir anlag, ihn von diesem unnützen und verderbten Menschen zu befreien. Aus beigehendem Adjuncto eines dieser Briefen sub Lit. C, dessen original man gleichfalls, wie auch die übrigen dieses Inhalts zu produzieren erbötig ist, geruhen Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ohnschwer zu ersehn wie in gegenwärtiger Erzählung nicht die geringste Animosität, vielmehr die lautere Wahrheit herrsche; Ich mußte mich also bequemen auch seinen dortigen Aufenthalt abzubrechen. Er hatte nicht länger denn ein halbes Jahr ausgehalten, und mich während der Zeit noch über das Kostgeld, welches ich Herrn Brentano besonders vergüten müssen, 400 fl. gekostet.

Er kam nunmehro zurück, und ich glaubte daß ich ihn wenigstens in meinen eigenen Geschäften, die dereinst die seinigen werden sollten, würde brauchen können.

Ich stellte ihm vor, wie durch seine Beihülfe mir mein Witwenstand vorzüglich könne erleichtert werden, und wie es seine Pflicht sei, sich eine Kenntnis des Vermögens, das ihm künftig werden sollte, vor der Zeit zu erwerben. Und somit übergab ich ihm die Führung meiner Bücher, die Besorgung der Kapitalien, sagte ihm dafür eine Buchhalter Besoldung zu, versicherte auch, es an einem mütterlichen Rekompenz, bei wohl geführter Arbeit nicht ermangeln zu lassen; Wie mir es aber möge zu Mute gewesen sein, da mir auch diese Aussicht gehemmet wurde, mögen Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p selbst ermessen. Durch Versäumnis und Unordnung wären meine Geschäfte gänzlich zerrüttet worden, wenn ich nicht am Ende des Jahres schleunig die Verwaltung von ihm genommen, und meinem ehemaligen Buchhalter Herrn Müller wieder übergeben hätte, der solche wieder zurecht zu bringen viele Beschwernis gehabt.

Und eben dieser untaugliche und unordentliche Verwalter wagt es gegenwartig mich bei Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p anzuklagen, als habe ich ihm keine Einsicht in das Vermögen gestatten wollen. Wäre es seine Absicht gewesen, dasselbe kennen zu lernen, sich in der Verwaltung zu üben; so brauchte er nur die erforderliche Treue und Fleiß anzuwenden, und es hätte ihm nichts verborgen bleiben können. Aber ihm hat von jeher das zu hoffende ansehnliche Väterliche Vermögen den Kopf verdreht, er glaubte daß zur Erhaltung des einmal erworbenen Gutes, keine Anstrengung, keine Geschicklichkeit nötig sei, auch hat er sich niemals um Geld und Gut anders bekümmert, als wie er solches zu seiner Verschwendung habhaft werden möchte.

In Rücksicht auf diesen seinen moralischen Charakter muß derjenige Ausdruck erklärt werden, dessen ich mich gegen seine Frau bedienet, und den er in seiner Schrift zum Beweis meiner treulosen Gesinnung gegen ihn aufführt. Einschaltungsweise will ich hier, damit auch Ew.HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p nicht die geringste Spur von Verdacht übrig bleibe, auch dieses sein Anbringen obgleich solches eine Kleinigkeit betrifft, in seine Blöße darstellen.

Nicht wie er vorgibt habe ich mich gegen seine Frau herausgelassen, ich habe nicht gesagt: Sie vermeinet zwar an ihm eine reiche Partie überkommen zu haben, am Ende wird es sich aber ganz anders ergeben; sondern ich gebrauchte gegen sie den Sprüchwörtlichen Ausdruck: Sie vermeint an meinem Sohn einen fetten Fisch zu fangen, es wird ihr aber übel aufstoßen. Wodurch ich ihr zu verstehen geben wollen, daß Sie durch den Leichtsinn und Verschwendung meines Sohnes gar öfters in verdrüßliche Umstände geraten würde, nicht weniger, daß es meine mütterliche Pflicht seie sie so viel mir möglich in Zaum und Ordnung zu erhalten.

Ich kehre zu meiner Geschichtserzählung zurück, da denn nachdem ich die Führung meiner Bücher wieder von ihm genommen hatte, seine Unruhe und Unmut nur desto heftiger fortdauerte, daß ich mir nicht zu helfen wußte, als ihm auf Anraten guter Freunde ein eignes Wesen anzuschaffen; Ich kaufte darauf das Haus in der Fahrgasse zum Jacobs-Segen genannt, zahlte davor 15 500. Gulden, in Carolinen, ließ ihn auf sein dringendes Anhalten majorennisieren, verschaffte ihm von Herrn Brentano in Amsterdam vor 4000 fl. Waren, kaufte ihm vor 300 fl. Meubles, ohne die, die ich aus meiner Behausung hinzugegeben.

Nun war er völlig etabliert und gleich darauf ging er mit den Gedanken um zu heuraten, es war mir auch dieses angenehm, denn ich, die ich des Hoffens nicht müde wurde, stellte mir vor, daß eine vernünftige sittliche Frau zu seiner künftigen Ordnung und Wohlstande den Grund legen würde, und somit wünschte ich, daß sein Absehen auf eine hiesige Bürgers Tochter gerichtet sein, und seine Wahl zu meinem Vergnügen ausschlagen würde: Allein um allem vergangenen Übel das größte und unersetzlichste hinzuzufügen, wendete er sich an eine Person deren niedrige Denkungs-Art mir schon so hinlänglich bekannt war, daß ich mich auf mein Gewissen nicht getraute, meinen mütterlichen Konsens zu solcher Verbindung zu geben. Er versprach sich daher heimlich mit ihr, fragte erst nachhero laut seines hiebei sub Lit. D. kopeilich geschloßnen Schreibens, um meine Einwilligung an, und da ihm diese versagt wurde, verklagte er mich bei dem Vikariate zu Mainz, und wie solche Sache dahier an ein Hochwürdiges Konsistorium gediehen, durch welch ungestümmes Bezeigen er mir zuletzt noch meinen Konsens abgedrungen, ist zu Stadtkundig, als daß ich darüber viele Worte machen sollte. Nur muß ich noch einge Zeugnisse deren Hochwürdigen Herrn Dechanten Amos und von Habermann sub Lit. Ea et Eb beilegen, welche sein und mein Betragen in ein genügsames Licht setzen.

Ohnerachtet alles dieses gab ich ihm zu dieser Heurat laut seines eigenen Scheins 1750 fl. bar, nicht weniger 100 fl. vor einen Jungen zu halten. Weiter bin ich ihm bei Herrn Barrozzi vor 4000 fl. gut geworden, wovon ich die Interessen bereits zwei Jahren mit 400 fl. bezahlt. War es nunmehro schlimm, so wurde es durch die Gesellschaft seiner Frau noch Täglich schlimmer. Nicht genug daß Sie beide ihr Hauswesen gänzlich verabsäumen, als Handelsleute bis zum Mittage schlafen, während welcher Zeit das Gesinde in dem Laden nach Belieben schaltet und waltet, sondern sie feinden mich auch auf die unschicklichste Weise, weilen ich ihnen ihr Leben mütterlich vorgehalten, an, belegen mich mit Schimpf und Schmach, dem besonders meine höchst ungezogene und niederträchtige Schwieger Tochter kein Ziel zu setzen weiß.

Sie ist eigentlich die gegenwärtige Hauptursache zur Verhetzung meines Sohnes, sie, die sich eigentlich einbildete, es würde hier gleich wie in ihrem Vaterlande gehalten, wo bei Verheuratung eines Kindes die Mutter ihm das Väterliche herauszugeben sogleich schuldig ist, und auch so einen fetten Fisch zu fangen gedachte, sahe sich gar sehr in ihrer Hoffnung betrogen, und will wenigstens nunmehro da mir der Beisitz nicht zu rauben stehet, durch Verfertigung eines Inventarii, und Bekanntmachung des Vermögens, sich Kredit zu neuen Ausschweifungen erwerben.

Dies ist also der Sohn der gegen mich klagt, dies ist sein bescheinigter Lebenswandel, dies seine Stadtkündige Aufführung.

Welcher Kummer muß eine Mutter überfallen, wenn sie mit Zuversicht auf ihre gute Sache, vor einen gerechten Richter hinzutreten genötigt ist, und ihm alle Mitbürger, die nur einige Kenntnis von ihrem Sohne haben, als Zeugen seiner Liederlichkeit und Ungezogenheit aufführen darf.

Und er mag sich unterstehen mich einer Abneigung gegen ihn zu beschuldigen. Wie viel 100 Eltern haben bei weit geringern Vergehen sich von ihren Kindern abgewandt, und er darf mich, die ich ihm unzähligmal verziehen, ihn unzähligmal in Hoffnung der Besserung eingelöst und aufgenommen, einer Härte anklagen; Oder muß ich mir nicht vielmehr Vorwürfe machen, daß ich ihn zu seiner Verschwendung schon so viel hingereicht.

Er hat ohne die Meubles schon laut seiner eigenhändigen Scheine 10 000 fl. hinweg, und es wäre unverantwortlich ihm zum Behufe seiner Verschwendung noch was weiter anzuvertrauen.

Was nun aber mein Betragen nach dem Tode meines sei. Mannes betrifft, so muß ich solches ohne Ruhmredigkeit Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geziemend vorlegen.

Was hat eine Mutter lieber als ihre Kinder, und wofür ist Sie besorgter als ihnen nach ihrer Kenntnis die beste Erziehung zu geben, und sodann ihr dereinstiges Vermögen auf das möglichste zu verwalten, und durch gute Haushaltung zu vermehren.

Was ich an meinem ungeratenen Sohne getan habe, ist genugsam aus dem vorhergehenden zu ersehen, und niemand wird mir absprechen daß ich mit der unverdrossensten Liebe gehandelt. Meine Tochter, die zur Freude meiner alten Tage, in allem Guten heranwächst, wird gegenwärtig bei dem englischen Fräulein mit Kindern von Stand und von Vermögen auf das Treufleißigste erzogen, und profitieret laut beigelegtem mit Lit. F. signiertem Zeugnis auf das vorteilhafteste. Welche Törichte hämische bitte ihr einen Vormund zu setzen, da eine Mutter die natürlichste und gesetzmäßigste Vormündern ihrer Kinder ist, und wenn sie, wie besonders in dem gegenwärtigen Falle geschiehet, mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit auf ihr bestes hat.

Die Verwaltung des Vermögens legitimieret sich auch gleich durch den Augenschein. Ein Löbl. Land-Amt kann und wird stündlich bezeugen, wie viel und welche Kapitalien ich auf hiesigen Dorfschaften seit dem Tode meines Mannes angelegt. Aber freilich sind auch Kapitalien aufgenommen worden.

das bei dem von Carben von 5500 fl. bei der Frau Rat Weinreichin à 4200 fl. Jedoch zu welchem Gebrauch? Sind nicht diese Gelder zu Erkaufung des Hauses, darinnen mein undankbarer Sohn jetzo wohnet, verwendet worden? Wovon er den bisherigen zugesagten leidlichen Zins noch nicht entrichtet, so wenig als die Interessen des bei Herrn Barozzi aufgenommenen Kapitals. Rechne man dazu die 10 000 fl. die mein Sohn bar empfangen, so ist ersichtlich genug, wer das Väterliche Vermögen zu schmälern sich bisher angelegen sein lassen. Wollen Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten ferner bedenken, daß ich in dem schändlichen Schmidtischen Banquerot mit 13 000 fl. verfangen bin, so braucht es weiter keinen Beweis, daß es nur eine enge stille Haushaltung leisten könne, bei Ermangelung so wichtiger Zinse, noch neue Kapitalien anzulegen, wie von mir in Franckfurtischen Gegenden genugsam geschehen.

Will er dann ferner meinen moralischen Charakter und meine Aufführung angreifen; so ist es das Ehr und Pflichtvergessenste, worzu ihn seine unbedachtsame Bosheit verleiten kann. Ich darf mich getrost zum Zeugnis meiner Aufführung, wie zum Zeugnis der Seinigen, auf Nachbarschaft und auf diejenige Mitbürger berufen, denen nur etwas von mir zur Kenntnis gekommen ist. Führe ich eine solche Wirtschaft als es Gott und Menschen an einer Witwen wohlgefällig ist; Geht es ordentlich, still, sparsam in meiner Haushaltung zu; Erlaub' ich mir nicht einmal diejenigen Vergnügungen und Bequemlichkeiten, die man sich bei solchen Vermögens Umständen nie zu versagen pflegt; Ist ferner mein Umgang nur mit redlichen, Treuen verständigen, erprobten Freunden, deren Rat und Beihülfe ich als eine verlassene Witwe höchst nötig habe; so ist er mit seinen Angebern der niederträchtigste und ehrloseste Kalumniant, der aber und abermal beweist, wie er weder vor Göttlichen noch Menschlichen Gesetzen einige Ehrfurcht habe. Er trete auf und nenne die Personen mit denen ich einen verbotenen Kostspieltigen Umgang führe; er beweise mir solches; er führe die Zeugen auf die sich an meinem Lebenswandel stoßen, und wo er dieses nicht tut; so falle er in die zeitliche Strafe der Ehrvergessenen Lästerer, und möge ihm Gott diejenigen nachsehen, die er solchen Pflichtvergessenen Kindern in der Ewigkeit angedroht hat. Aber freilich ist es leichter Stadtneuigkeiten zu tragen, als Beweise zu führen, sich mit Mägden und Müßiggängern zu unterhalten, und ihre Lügen und Träume von dem Betragen Anderer zu Beschönigung eigener Schandtaten, sich gefallen lassen, als dasjenige gerichtlich darzutun, was oft nur der Einfall eines Augenblicks war.

So viel seie genug zu Beleuchtung und Widerlegung jenseitigen Exhibiti, das die Eigenschaften der Unwahrheit, Unordnung und Pflichtvergessenheit vereinigt.

Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p werden aus vorhergehendem schon genugsam erkannt haben, wie ich keine Gelegenheit zur Klage gegeben, wie auch daß keine Gefahr der Verkürzung meiner Kinder obschwebe.

Ich habe weder eine unverschuldete Abneigung auf ihn geworfen, noch auch ihm die Beschaffenheit des Väterlichen Vermögens verborgen, ich führe eine Haushaltung wie es einer Witwe geziemt, und keinen andern Umgang als den mir meine Umstände notwendig machen. Dagegen ist er es selbst der sich von mir gewendet, durch die schändlichsten Vergehungen meine Mütterliche Liebe aufs unerhörteste gequält, der sich von der Einsicht in meine Wirtschaft, wie von allen anhaltenden Geschäften, zurückgezogen, und mich gezwungen hat, mehr als jemals bei Fremden treueren Personen Rat und Hülfe zu suchen.

Ferner ist es ganz gegen den hiesigen Gerichtsbrauch, das Exempel unerhört, und folglich mit einer Art von Beschimpfung verknüpft, daß einer Mutter, außer sie schreite zur zweiten Ehe, ein Inventarium angemutet werde; ich bin seit dem Tod meines Mannes in ruhigem Besitz, so daß ohne meinen größten Nachteil gegenwärtig keine Veränderung vorzunehmen, indem ich unverschuldet bei meiner ganzen Mitburgerschaft, in den Verdacht unordentlicher Haushaltung geraten würde, weil sich niemand bereden könnte Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p würden ohne Ursache einen so ungewöhnlichen Schritt getan haben.

Sodann bürgen schließlich die nach dem Tode meines Mannes Sel. erst ersparte gerichtlich auf hiesigen Dorfschaften angelegte Kapitalien, mehr als alles für meine Wirtschaft sowohl, als für die künftige Schadloshaltung meiner nimmer zu verkürzenden Kinder.

In allen diesen Betrachtungen werden Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p nicht einen Augenblick anstehen, meiner gerechtesten Bitte Hochgeneigtest zu willfahren, welche in aller Untertänigkeit dahin ergehet: Hochdieselben geruhen, mich von der unziemlichen Klage Hochrichterlich zu entbinden; mich in dem mir nach den Rechten zukommenden Beisitz des Vermögens meines verstorbenen Mannes, den ich schon so geraume Zeit nach hiesigem Herkommen ruhig genossen, und der Treuen Verwaltung desselben zu schützen, und also mit Inventierung und Kautions Leistung großg. zu verschonen; dagegen meinen Sohn den Beweis seiner schändlichen Vorgeben gegen mich aufzulegen, solches im Entstehungs-Fall mit richtiger und abschreckender Strafe zu ahnden, ihn zu Berichtigung des Hauszinses und der dem Herrn Barozzi bezahleten Interessen, welches ich mein anderes Kind nicht entbehren lassen kann, Hochrichterlich anzuweisen, und ihm bei instehender Strafe den Frieden gegen seine schon so innig betrübte Mutter zu gebieten. Worüber mit aller Ehrfurcht verharre. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ganz gehorsamste Theodorus aumann sei Wittib

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 7. Dezember 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Wenn mein Sohn so geschwind mit seiner Beantwortung auf meine Pflichtschuldige Wahrheitsgegründete Erklärung hervorgetreten wäre, als er sehr übereilt seine ganz eitle Klage erhoben, so würde es nicht nötig sein ihn des Ungehorsams wie anbei geschiehet zu beschuldigen. Da mir nun äußerst daran gelegen, daß dieser unüberlegt angefangene Händel baldigst zu Ende gehe: Als habe Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänig bitten wollen, ihme einen anderweiten Termin zu dessen schließlicher Notdurfts Beobachtung Hochrichterlich anzuberaumen.

Worüber p. p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänige Theodorius aumann sei wittib

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 30. Dezember 1774]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgüngtig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Die von meinem Sohne gegen mich angesponnene Händel bedrohen meine Geschäfte und meine Haushaltung mit einer Verwirrung die mir ohne den Beistand Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten höchst schädlich werden kann. Es ist bekannt daß ein ansehnlicher Teil meines Vermögens auf hiesigen Dorfschaften angelegt ist, und wie mancherlei Veränderungen mit solchen Darlehnen vorzugehen pflegen, ist jedermänniglich bewußt. Ich habe daher auf Löbl. Land-Amt bald mit Zu- bald mit Abschreiben, bald auch wegen säumiger Interessen Zahlung meiner Debitoren zu tun. Auch kann ich nicht genug bis jetzo preisen wie man mir von Seiten gedachten Amts, meine Geschäfte erleichtert, und prompte Justiz gereichet hat. Nun aber macht sich ein Löbl. Amt Bedenken bei dem zwischen meinem Sohne und mir obwaltenden Zwist etwas in meinen Sachen vorzunehmen. Der Fall bei welchem solches diese Gesinnungen geäußert ist folgender:

Ein in Bornheim stehendes Haus und Scheuer ist mir und der Bierbrauer Wittib Palmern von Löbl. Land-Amt für das von uns darauf gemeinschaftl. geschossenen Kapital samt Interessen heimgeschlagen worden.

Nun haben Wir einen Ausweg solches vor 400 fl. zu verkaufen gefunden, und zwar also, daß ich der Frau Palmern 200 fl. vor ihren Anteil herauszahlen, diese Hofreut aber zu dem von Käufern schon bei mir stehenden Innsatz gerichtlich zuschreiben lassen will.

Dieses Geschäfte sowohl als die übrigen erfordert die beste Beschleunigung, denn wie würden die ohnedas saumselige und hinterlistige Bauern und Mitnachbarn ihre Schuldigkeit gegen mich zu hinterhalten wissen, wenn sie bemerken sollten, daß ein Löbl. Land-Amt nicht wie bisher auf mein untertäniges Anrufen mir Hilfe angedeihen zu lassen bereit wäre.

Hochdieselben werden daher in dieser Sache geneigte Einsicht nehmen. Ich bin im Besitz der Verwaltung meines Vermögens, ich bleibe in solchem die Sache mit meinem Sohne mag ausfallen, wie Sie will.

Es ist daher nicht die mindeste Gefahr, noch könnte auch, wenn solche sogar da wäre, während dem Lauf des Prozesses an dem Besitzstande nicht geändert werden.

Einem Löbl. Land-Amt ist auch eigentlich nur darum zu tun, sich außer Verantwortung zu setzen, und erwartet solches nur von Hochdenenselben ein venerl. Dekret, um mich in meinen alten Rechten zu schützen.

Die vorliegende Sache ist so klar, der mir durch weitere Verweigerung zuwachsende Schade so unvermeidlich, daß ich ohne weiteres Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mit der geziemendsten Bitte untertänig angehen darf: Hochdieselben geruhen ein Löbl. Land-Amt mir wie bisher in An- Ablegung und Veränderung derer auf hiesigen Dorfschaften stehenden Kapitalien nichts weniger gegen säumige Debitores nach sich ereignenden Umständen zu willfahren, mich in der Verwaltung meines Vermögens also wie bisher zu sichern gerechtest und Hochgeneigtest anzuweisen. Hierüber p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gehorsamste Theodorus aumann sei wittib

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 14. Januar 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Mit dem größten Zutrauen überreiche ich Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gegenwärtige Duplik- und Schluß Schrift; denn ob ich gleich bei dieser unziemlich gegen mich erhobenen Klage meiner guten Sache gewiß war, so konnte ich doch nicht voraussehen daß mir mein Sohn meine Verteidigung dergestalt erleichtern würde.

Sein letzteres Exhibitum präs. den 14ten Xber 1774 ist ein deutlicher Beweis, wie es denenjenigen zu ergehen pflegt die einen üblen und ungegründeten Handel anfangen. Erst toben sie mit Beschuldigungen und Forderungen sehr laut, und wenn man denn in sie dringt, die erstern zu bescheinigen, die andern zu begründen, so sind sie zu keinem beschlagen, und ergreifen Nebendinge, halten sich weitläufig dabei auf, um ihren Mangel zu bedecken, und in der Verworrenheit wenigstens den Schein einer Ausführung vorzuspiegeln.

Die Gründe, womit mein Sohn in seinem ersten Exhibito die unerhörte Anforderung: Daß nämlich einer Wit(w)e und Mutter, bevorab sie zur zweiten Ehe schreitet über die Güter ihres verstorbenen Mannes inventieret werden, sie zur Kaution angehalten, und ihrem unmündigen Kinde ein Kurator gesetzt werden solle, geltend machen will, sind:

Erstlich, daß ich einen unverdienten und unversöhnlichen Unwillen auf ihn und seine Frau geworfen habe.

Zweitens, daß ich ihm den Zustand des väterlichen Vermögens unbillig verschweige.

Drittens, daß ich einen unerlaubten Lebens-Wandel und Umgang, eine Kostspielige und verschwenderische Haushaltung führe.

Viertens, daß ich mir Kapitalien abtragen lasse, ohne sie wieder anzulegen, und daß ich

Fünftens, das Wohl meiner noch unmündigen Tochter vernachlässige.

Ich hatte in meiner ganz gehorsamsten Exzeptions-Schrift mich wegen aller dieser Punkte auf das beste verteidigt.

Erstlich hatte ich vor nötig befunden, unser bisheriges Betragen was ich als Mutter und er als Sohn getan, in einer sogleich bescheinigten Erzählung Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten vorzulegen. Hochdieselben konnten daraus ersehen, daß mein gegen ihn gefaßter Unwille keineswegs unversöhnlich sei, daß er mich durch seinen bisher geführten Lebenswandel auf das unerhörteste gereizt, und ich ihn doch auf den geringsten Anschein von Besserung öfters wieder mütterlich aufgenommen, und mit welcher Treue ich vor seine Erziehung und endliches Etablissement Sorge getragen. Wie kann er nun sagen ich verschließe gegen ihn Herz und Türe, ich verbanne ihn nebst seiner Frauen von meiner Schwelle? Ist er es nicht vielmehr selbst der sich verbannt? Ist er es nicht selbst der mein mütterlich Herz mit eitel Kummer und Sorgen erfüllt, das dennoch sich immer wieder zur Liebe gegen ihn öffnet. Bei gedachter dieser GeschichtsErzählung welche jedoch keinesweges die Hauptsache ausmacht, sondern nur zur Erläuterung des übrigen da stehet, hält er sich vorzüglich ja ganz allein auf, gestehet den größten Teil seiner Ausschweifungen und Laster ein, und muß um das übrige abzuleugnen die Worte seines eigenhändigen Briefs verdrehen, und sich selbst als Lügner und damaligen Betrüger seiner Mutter angeben. Nun wäre mir's etwas leichtes durch weitere Beilagen seine Schande vollkommener aufzudecken, denn leider, wo ich unter meine Briefschaften greife, finde ich traurige Denkmale und Dokumente seines vergangenen Lebens. Allein was diesen Punkt betrifft, so seie nur noch so viel schließlich wiederholt, daß alles was ich in meinen Exceptionibus von seinem Lebenswandel vorgebracht, nur leider allzuwahr sei, daß ich dasjenige, was er in Abrede stellen will, zu bescheinigen unwidersprechliche Papiere in Händen habe, die ich erforderlichen Falls allstündlich zu produzieren erbötig bin, weilen aber solches zu Entscheidung der Sache nichts beiträgt, nur mit allgemeinen und entgegengesetztem Widerspruch auf sich beruhen lasse.

Was nun aber die übrigen Hauptpunkte betrifft, so beobachtet mein Sohn darüber meist ein tiefes Stillschweigen, ja er widerspricht sich sogar wegen derselben an mehreren Orten, und begibt sich also von selbst seiner verwegen angestellten Klage.

Denn was den Zweiten Punkt betrifft, so gestehet er nunmehro selbst ein, daß ich ihm die Führung meiner Bücher übergeben, daß er zuletzt solche zu behalten, unwillig geworden, und also sich selbst von der nähern Bekanntschaft mit meinem Vermögen zurückgezogen.

Von dem Dritten Punkte, als worin eigentlich der Grund seiner Klage beruhet führt seine Schrift kein weiteres Wort an, das mir in den Augen eines erleuchteten Richters nachteilig sein könnte. Es sind ungezogene unbesonnene Nachreden, die sich jemand, der auf seine eigene Ehre hielte, auch nur in Gesellschaft vorzubringen schämen würde. Wo ist ein unerlaubter Umgang nur im geringsten bescheinigt? Durch was hab ich die Ehrbarkeit verletzt? Nur die geringste Sorte von Menschen beschäftigt sich im gemeinen Leben mit solchen die Ehre des Nächsten abschneidenden Mären, abgedroschenen Späßen und Schimpfwörtern, und er entblödet sich nicht damit vor den Richterstuhl zu treten. Wie er sich denn auch wegen meiner vorgegebenen kostspieligen Haushaltung selbst widerspricht, indem er sich über meine geringe Kost beklagt, und daß er, weil er sich auswärts doch wo erholen müssen, jene quäst. Schuld gemacht zu haben vorgibt.

Eben so muß er denn den Vierten und eigentlichen Hauptpunkt unberührt lassen. Wo kann er das mindeste Zeugnis eines abgelegten und übel verwendeten Kapitals auffinden? Ich habe mich wegen der Verwaltung meines Vermögens besonders auf ein Löbl. Land-Amt berufen, als welches das beste Zeugnis davon ablegen kann. Er hat diesem Punkt nicht widersprochen und kann ihm nicht widersprechen. Ferner hat er keinen einzigen Fall angeführt, wo ein Kapital aufgenommen und nicht wieder angelegt worden; wie er denn auch das an ihn verwandte nicht in Abrede sein kann, wodurch also die Treue meines erzählten Verlaufs abermal bestätiget wird; denn daß er nicht 10 000 fl. sondern nur 9750 fl. empfangen zu haben vorgibt, kommt daher, weil er in seiner Spezifikation einige Posten ausgelassen:

1) Lehrgeld für den Jungen fl. 100

2) an Herrn Barozzi für ihn bezahlte Interessen in Carolinen fl. 200

3) rückständiger Haus-Zins von 2 Jahr fl. 800 Zusammen fl. 1100. Wodurch sich also ergibet, daß ich mit dem vollkommensten Bestande der Wahrheit sagen konnte, es seie bereits schon über 10 000 fl. aus meiner Haushaltung ihm zugeflossen. Wie er denn auch bei Spezifikation der Meubel nur die geringeren angibt, da ich ihn doch mit weit ansehnlichern aus mütterlicher Liebe ausgestattet.

Es ist also einmal dieser Hauptpunkt von ihm zu beweisen, oder auch nur im mindesten zu bescheinigen unterlassen worden, wie er denn auch solches zu tun nicht im Stande gewesen wäre; dahero er gänzlich a limine Judicii abzuweisen.

Eben so wenig konnte er Fünftens, etwas gegen die Zeugnisse vorbringen, womit ich die Sorgfalt für das Wohl meiner Tochter bescheinige. Ich brauche daher nichts zu wiederholen mich lediglich auf mein voriges beziehend. Einem Kind einen Kurator zu setzen, bevorab dessen Mutter zur zweiten Ehe schreitet, ist immer eine nach hiesigen Gebräuchen unerhörte Handlung, könnte nichts anders als durch die wichtigsten Umstände gerechtfertiget werden, welche denn wohl Stadtkündig bei Herrn Baron du Fay obgewaltet haben, von mir aber weit entfernt sind, daß also auch das ängstlich gesuchte Präjudiz ihm nicht zu statten kommt.

Die Hauptsache lege also nun zu einer gerechten Entscheidung auf das klärste vor. Mein Sohn hat keines von all denen Argumenten, die er gebraucht um seine törige Klage zu begründen, nur im mindsten erwiesen, er hat vielmehr solche auf eine ihn beschämende Weise übergangen, und hat durch solches Betragen zugleich den Unwillen eines Hochansehnlichen Herrn Richters, und den meinigen auf das strengste verdient.

Schließlich muß ich nur noch von der niedrigen Art gedenken, womit derselbe dem würdigen Herrn Vicar: De l'Abbié einem alten Freunde unsers Hauses, und gewiß auch ehemaligen wahren Freundes des undankbaren und pflichtvergessenen Menschen, begegnet. Es ist unerhört auf welche Weise er die Dienstleistungen dieses Herrn die er jederzeit unserer Familie erzeigt, verdächtig und lächerlich zu machen sucht. Worüber ich denn seine Ehrvergessenheit gegen seine Mutter nicht abermals rügen will, so wenig als Herr Vicarius sich mit ihm gegenwärtig einzulassen hat, obgleich dieser bei seiner Obrigkeit, die schon Zeuge von meines Sohnes unanständigem Betragen gegen ihn ist, Recht- und Genugtuung zu erhalten wissen wird; Wie es denn auch einen jeden höchst wundern muß, wie man in einem förmlichen Exhibito an ein Hochansehnliches Gericht, sich gegen einen Mann der unbescholten in einem ehrwürdigen Stande lebt, solcher unanständigen und unbesonnenen Ausdrücke bedienen mögen.

Über alles dieses muß ich nun Ew. HochAdelichen Gestrengen und Herrlichkeiten (ob ich mich gleich vor der Inventur nicht zu fürchten habe, und die überall angelegten Kapitalien Kaution genug für meiner Kinder Vermögen sind) abermals mit der ganz geziemendsten Bitte angehen: Hochdieselben geruhen mich bei der hergebrachten Verwaltungs-Art meines Vermögens, da mein Sohn nicht die geringste Sachverändernde Umstände anführen, noch weniger beweisen können, Hochrichterlich zu schützen, mich von der unziemlichen Klage zu entbinden, und meinen Sohn mit solcher ein- vor allemal gerechtest abzuweisen. Die ich p p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geh'st demütige Theodorus aumann sel wittib

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 30. Januar 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Wie es um die Sache meines Sohnes stehe, ist nunmehro allzudeutlich, er getrauet sich nicht einem erlauchten Herrn Richter, nicht einer beleidigten Mutter unter die Augen zu treten.

Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ganz besonders verehrliche Verfügung wodurch Hochdieselben eine hochansehnliche Deputation auf heute anzusetzen geruhet, habe ich sogleich mit dem innigsten Danke erkannt, und gedachte meine Gesinnungen hierüber, nicht wie mein Sohn durch unbedeutende Komplimente, sondern durch ein persönliches standhaftes Erscheinen, an den Tag zu legen.

Ich bin die belangte, ich bin die Beklagte, ich mußte mich also gewärtigen, daß mein Ankläger nicht unbereitet für den Richterstuhl treten würde, daß er mir ins Angesicht meine unordentliche Haushaltung und solche Aufführung bewiese: die erstlich ein Inventarium, zweitens eine Kautions-Leistung, drittens einen Kurator für meine Tochter notwendig machten.

Hätte ich kein gutes Gewissen so wäre es an mir gewesen, mir eine persönliche Gegenwart zu verbitten; allein so, da ich vor Gott, vor Menschen und vor mir Selbst bestehen kann, so hab ich nichts zu scheuen.

Meines Sohnes so rubrizierte: »Nötig ermessene gehorsamste Anzeige p. p.« zeugt von der Verwirrung in die ihn das venerl. Dekret de 23ten Januarii a. c. versetzt hat.

Er bringt keine bedeutende Ursache vor, warum er sich einer Hochansehnlichen Deputation entziehen will. Freilich werde ich und er nicht ohne Gemütsbewegung dabei erscheinen, aber ich wünschte, daß es die geringste und die letzte wäre, die er mir verursachte, und vor seinen Affekten ist mir's nicht bange. Die Gegenwart eines Hochansehnlichen Herrn Richters, sichert mich genugsam, wenn auch der Charakter einer Mutter solch einem Sohne nicht respektable sein sollte.

Eben so würden auch die höchst ungezogenen und unbedachten Lästerungen, womit er abermals einen würdigen Geistlichen, seinen ehemaligen Treuen Freund, anfällt, verschwinden, wenn er nicht mit auf gerade wohl hingeworfenen Lügen und Schmähungen, sondern mit gegenwärtigem Beweise auftreten sollte.

Dahero unterfange ich mich Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. mit der ganz gehorsamsten Bitte zu behelligen: Hochdieselben geruhen von Hochdero mildrichterlichen Absichten, Friede zwischen zween so unglücklich getrennten Parteien zu stiften, ohnerachtet der Widerspenstigkeit meines Sohns, nicht abzustehen, vielmehr einen anderweiten Termin grg. anzuberaumen, an welchem eine Hochansehnliche Deputation niedergesetzt werden, beide Parteien persönlich erscheinen, und also sich ohne weiters ergeben möge, auf wessen Seite Recht oder Unrecht seie. Die ich p Euer HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Treu gehorsamste Theodorus aumann wittib

JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 10. Februar 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen sich von Endes unterzeichneter ganz gehorsamst vorstellen zu lassen, wie solche von einem von Hofrat Weinreich in Niederrode herrührenden Innsatz, nach einer, Löbl. Land-Amt überreichten Rechnung an Rest Kapital 273 fl. 48 Xr nebst den von etlichen Jahren her an der ganzen Summe restierenden Interessen, welche sich auf 736 fl. 36 Xr belaufen, annoch zu fordern habe. Da nun diese Gelder zusammen 1010 fl. 25 Xr auf Löbl. Land-Amt von denen Vormündern bis auf einen kleinen Rest deponiert worden, so will mir um darüber weiter zu disponieren eine Hochobrigkeitliche Vergünstigung nötig sein.

Ich bin gesinnet von gedachtem Gelde, folgende (Summen) sogleich wieder anzulegen, und von nachgenannten Personen auf Löbl. Land Amte beziehen zu lassen, nämlich:

a) an Frau Wittib Palmin fl. 200

b) an Johann Heinrich Grob fl. 175

c) an Conrad Wentzel fl. 175 also zusammen fl. 550.

Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ersehen hieraus wie viel sich sogleich von denen mir gebührenden nießbräuchlichen Interessen über obgemeldeten Kapital Rest anlege, und gegenwärtig nichts als den mir ohne Kondition gebührenden Interessen Rest zu beziehen verlange, daher an Ew HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p mein ordnungsmäßiges gehorsamstes Bitten ergehet: Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p geruhen mir ein gnädiges Vergünstigungs Dekret dahin zu erteilen: daß obgemeldte 3. Personen die gedachte Summen auf Löbl. Land-Amt beziehen, wie nicht weniger ich den mir gebührenden Interessen-Rest daselbst gegen Quittung erhalten möge.

Schließlich erachte ich es meine Schuldigkeit anzuzeigen, daß ich wegen der Hausverkauf-Sache, worüber ich Ew. Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten durch ein gehorsamstes Exhibito vom geziemend angegangen, nunmehro auf Löbl. Kuratel-Amt gemeltet, woselbst der Verlauf derselben gehörig protokollieret worden.

Die ich p Euer Hochadel Gestr. und Herrlichkeiten p Treu gehorsamste Theodorus aumann wittib

JWGoethe Lt

 

[Haas gegen Hamburger]

[Frankfurt, 6. März 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Es kann mir hinreichend sein, daß Ew. HochAdel. Gestrengen p diejenige Besorgnis die ich in meinem untertänigen Exhibito vom 28ten Nov: vorigen Jahrs bezeigt, für unbedeutend erklären. Ich mußte mich wegen dieses Punktes in Sicherheit stellen um nicht an dem bald zu hoffenden Ende dieser Rechts-Sache, aufs neue von einem arglistigen Gegenteil aufgezogen zu werden.

Ein venerl. Dekr: vom 22t Februarii dieses Jahres setzet mich nun außer Sorgen, Hochdieselben halten Gegnern zu Führung gegenwärtiger Klage wider mich hinlänglich legitimiert, und so kann mir hierüber weiters keine Schikane gemacht werden.

Dahero ich mich denn schuldigst zur auferlegten Duplik und respektive Replik sogleich zu wenden habe.

Gegnerische Replikschrift führet in sich selbst ihre Widerlegung. Die darin verfaßte Geschichts Erzählung bekräftiget die meine, kein einzig Argument entkräftiget die meinigen, wie ich solches kürzlich der Deutlichkeit wegen Punktweise ausführen will.

Gegner gibt zu es sei dieses Stübgen der einzige Weg ins HinterHaus, es seie von jeher dazu gebraucht worden, und so mit wird zugleich alle Forderung an mich gehoben. Ich muß da das Hinterhaus mein gehört einen Eingang ins Hinterhaus haben, den mach ich nun bloß als Durchgang oder zugleich als Stube gebrauchen. Wenn nun auch an solche, Küche, Vorplatz pp stoßen, so ist das nach der Lage und Einrichtung eines Hauses natürlich, kann man aber deswegen sagen, daß diese Letztere Plätze zur Stube gehören? Kann man dadurch beweisen, daß Sie dem ohnerachtet kein Durchgang seie? Kommt nun noch hinzu daß ich solches Haus nicht etwa privatim, sondern aus den Händen einer Hohen Obrigkeit gekauft, und eben so übergeben bekommen, als ich's jetzo besitze, so ist der Gegnerische Mutwill auf einmal aufgedeckt. Welchen merkwürdigen Punkt, ich besonders zu erwägen bitte.

Wie ich das Hinterhaus gekauft habe, wie mir solches samt dem nunmehro strittigen Eingange übergeben worden, steht es noch, nicht die mindeste Veränderung ist vorgegangen, wie Gegner selbst eingestehen muß, und somit kann nicht der geringste Anspruch an mich gemacht werden.

Wie übereilt ist daher das Ansinnen: ich solle von Klägers Kuranden einen Platz kaufen, und aus diesem einen Gang zu meinem Hinterhause auf meine Kosten machen lassen.

Als ich das Hinterhaus durch öffentlichen Kauf an mich brachte, kaufte ich also keinen Gang zu selbigem mit, wozu sollte mir es dienen, wie sollt ich hinein kommen, und erst jetzo nach so vieler Zeit soll ich dasjenige kaufen ohne welches der Kauf des Hinterhauses nie hätte vor sich gehen können. So vergeht man sich und zeigt seine Blöße wenn man eine böse Sache verteidigt.

Was denn nun den Vertrag, der von mir mit Klägers Kuranden geschlossen worden sein soll betrifft, ist mir nichts bekannt, und würde Gegnern auch solchen aufzuweisen höchst schwer fallen.

Welcher Assertion ich denn gleich übrigen Einstreuungen mit allgemeinem Widerspruch begegne; So erhält denn auch die Rechtmäßigkeit meiner Widerklage ihre vollkommene Bestätigung.

Gegner gestehet daß das Vorderhaus um 30 Rtlr. im Vermieten besser seie als das HinterHaus, er gestehet, daß ich meine Hälfte der Benutzung desselben seinen Kuranden überlassen; aus dem vorigen ergibt sich daß ich von Ihnen kein Äquivalent empfangen; und daß ein Vertrag deswegen gemacht worden ist, ein fälschliches Vorgeben; also folgt ganz klärlich, daß sie mir die Entrichtung des Überschusses, rückgebetenermaßen schuldig sind.

Dahero ich nur schließlich Retro petita untertänigst wiederholen und nebst Vorbehalt aller verursachten Kosten es allenfalls Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dijudicatur anheim stelle, ob Hochdieselben auf Kosten des unterliegenden Teils eine Besichtigung des Platzes durch Geschworne Meister vornehmen zu lassen geruhen mögten.

Durch welches alles ich bezeige, wie sehr ich meiner guten Sache vertrauen kann.

Worüber p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Seelig Haaß.

JWGoethe Lt

 

[Rachel Wetzlar in Sachen Nathan Wetzlar gegen Creditores]

[Frankfurt, 20. März 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts- Schultheiß und Schöffen! In mehr als einer Rücksicht darf ich wagen Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. mit gegenwärtiger untertänigen Vorstellung anzugehen.

Die Treue, der Eifer, womit ich von jeher mich der Nathanischen Geschäfte angenommen, und welcher nicht nachgelassen, seitdem sein Vermögen in den für ihn so Traurigen Zustand versetzt ist, verdienen eine huldreiche Beförderung da es gegenwärtig von Belohnung derselben die Rede ist.

Auf meinen ad Protocollum Liquid: d. d. 22t. Februarii h. a. ganz gehorsamst eingereichten Rezeß, hat Herr Curator Bonorum sich dahin vernehmen lassen: daß selbiger, sich nicht eher als nach einer mit Herrn Reichs Fiskal genommenen Absprache darüber erklären könne, welches, soviel mir bewußt, bis jetzo noch nicht geschehen.

Da ich aber sowohl in solchen Umständen bin, daß ich allein von meinem Verdienste leben muß, als auch es für mich höchst notwendig sein will, mich auswärts nach einer neuen Kondition umzusehen, nicht weniger ich meine Forderung nicht etwa als Kreditor, sondern als ein in laufenden Diensten der Masse stehender Diener formiere. Daher ich auch so lange bis zu meiner völligen Befriedigung das gewöhnliche Salarium fortzurechnen auf alle Fälle berechtigt bin. Welches mich jedoch nicht entschädigt, indem ich anderwärts bessern, und minder traurigen Verdiensts gewärtigen kann.

Daher mein untertäniges Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin gelanget: Hochdieselben geruhen des Herrn Curatoris Bonorum Erklärung großg. zu beschleunigen, und mir sodann nach meinem Rückwärts eingereichten Bitten, Hochrichterliche Gewährung zu verschaffen. Der ich in aller Untertänigkeit Verharre. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertäniger Nathan Höchster

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 27. März 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Für allen Dingen muß in gegenwärtigem Fall, zwischen Fiskus, und Fiskus, ein großer Unterschied gemacht werden.

Denn es ist kein Zweifel, daß wann der gewöhnliche Fiskus eintritt, das ist gewisse rückständige Abgaben, oder sonstige Vorrechte prätendieret, demselben die in den Gesetzen zugeeignete Vorrechte gebühren dieser Fiskus aber kommt im gegenwärtigen Fall nicht vor, sondern hier wird unter dem Fisco, der Exekutor des Hochrichterlichen Strafbefehls verstanden.

Der Mann welcher gestraft worden, und dessen Vermögen mit so vielen Tausenden dem Allerhöchsten Kaiserlichen fisco, zugehen soll, ist der Nathan Aaron Wezlar.

Hieraus fließet, daß der Fiskus sein Straf-Amt lediglich an dem Vermögen, des zu bestrafenden ausüben kann.

Das Nathan Aaron Wetzlarische Vermögen hingegen kann nicht anders als nach Bezahlung derjenigen welche daran Ansprüche haben, gedacht werden, wann man nicht behaupten wollte, daß der Nathan Aaron Wezlar, nebst seinen Creditoribus, zu bestrafen seie.

Es fällt also in dem gegenwärtigen Fall, der Streit wegen des Vorzugs-Rechts zwischen den Gläubigern des Wezlars und dem Kaiserlichen Fisco nicht nur weg, sondern jedweder Gläubiger dessen Forderung liquid ist, gehet demselbigen vor.

Nathan Aaron Wetzlar ist in Ansehung seiner Gläubiger ein ehrlicher Mann, dann er kann sie nicht allein alle bezahlen, sondern es bleibet noch von seinem Vermögen übrig, mithin ist bewandten Umständen nach, unter diesen keine Frage, von einigem Verfahren Super prioritate.

Dahingegen ist er in Ansehung des dem Fisco zu entrichtenden Quanti insolvent, mithin civiliter mortuus, der Kaiserliche Fiskus tritt nun an seine Stelle, und muß die Facta des Nathan Aaron Wezlar praestieren, wann er den Rest seines Vermögens, überkommen will.

Unter diesen, verdient die Erfüllung der Ehepakten ein vorzügliches Augenmerke. Nach diesem hat die Wetzlarische EheFrau 2000 fl. eingebracht, welche dann auch in so ferne sie ihr Illatum beschwöret, nicht widersprochen worden.

Sodann gehöret die derselben verschriebene Widerlage, samt dem damit verknüpften Witwensitz darzu, dann die Nathan Aaron Wezlarische Ehefrau hat vermöge den Rechten diesfalls nicht nur ein schweigendes Pfand sondern die hiesige Reformation, setzt dergleichen Prätensionen P. 1. Tit: 49. §. 11. ausdrücklich in die Neunte Klasse, Sie hat also nach der Intention des Wetzlarischen Herrn Curatoris bonorum, weder dem Fisco mit der Widerlage an Geld nachzustehen, noch in Betreff des zur Widerlage gehörigen Witwensitzes eine mehrere Bitte getan, da beides in hiesiger Reformation und zwar sub rubro von Vorgang der Kreditoren in der Exekution begründet ist.

Und so hätten die Einwendungen des Wezlarischen Herrn Curatoris Bonorum ad 1. et 2. ihre Abfertigung.

Was hingegen ad 3) die Geschenke betrifft, welche der Wetzlarische Hausfrau an ihrem Hochzeit-Tag gemacht worden, so sind von denjenigen welche ihr als Braut vor dem Hochzeit Tag privative gemacht worden, wohl zu unterscheiden, diese widerspricht der Herr Curator Bonorum nicht, sondern er will nur die an dem Hochzeit Tag geschehene Verehrungen beider nachherigen Eheleuten gemein wissen, und daher der Nathanischen Ehefrau, nur die Hälfte davon zu gestatten.

Nun ist es freilich an dem, daß die Hochzeit Geschenke dem Brautpaar zugleich den Rechten nach zukommen, sollte nun in der Judenschaft ein anderes versehen sein, so wäre durch ein Attestat der Gelehrten auch dieser Zweifel leicht gehoben, wobei jedoch der zu mehrerem Beweis der Wetzlarischen EheFrau, heimgeschobene Eid, mit beiden Händen zu akzeptieren ist.

ad 4.) fallen die Geschenke, die Sie währender Ehe von ihrem Mann bekommen, nach maßgab hiesiger Reformation P. III. Tit. V. keineswegs weg.

Sie sind nach den großen Einkünften, welche der Nathan Aaron Wetzlar gehabt, und auch nach seinen überkommenen ansehnlichen Mitteln sehr mittelmäßig, sie gereichen auch seinen Kindern eben so wenig, als seinen Creditoribus zum Nachteil, und sind zu einer Zeit seiner rechtschaffenen Frau verehret worden, wo an die jetzige Fatalitäten nicht zu gedenken war, mithin kann der Kaiserliche fiscus nicht behaupten, daß demselben einiges vorsätzliches Präjudiz dadurch zuzuziehen wäre, abgezwecket worden.

Was ad 5.) von den Geschenken nicht mehr vorhanden ist, ist deswegen keinesweges für die Wezlarische EheFrau, für verloren zu achten, vielmehr sind solche wie gute Haushälter tun, zu Kapital gemacht, oder in die Handlung verwendet worden; Daher dann sotane Geschenke, als ein Paraphernum der Wezlarischen EheFrau anzusehen, und als ein nachheriges Illatum zu achten, verfolglich derselben an Geld zu restituieren sind.

Ad 6. et 7. Die Hälfte der Meubles und der Errungenschaft belangend, so ist da der Fall vorwaltet, daß die Wetzlarische Ehefrau, den Handel allein betrieben, auch die Meubles, aus der Handlung, vorzüglich angeschaffet worden: Derselben ihr daran habendes Statutarisches Recht nicht wohl zu kontradizieren, wie dann zu Hebung alles Zwistes der Errungenschaft, unter den Juden herkömmlich ist, daß die Männer durch besondere Starothe, ihren Weibern nach Proportion des Errungenen, weitere Verschreibungen machen, welches auch von dem Nathan Aaron Wetzlar, ohnfehlbar geschehen sein würde, wann er auf das Kranken oder Sterbbette gekommen, wo er dann das Quantum desto zuverlässiger hätte bestimmen können;

Da nun aber derselbe in Vergleichung des Kaiserl. Fisci, für Bürgerlich Tod zu achten, so würde es nach dem eingangs festgesetzten Principio, nicht zu verneinen sein, wann die Wetzlarische EheFrau, mit ihrem Mann gegen die Allergerechteste Intention der Höchstpreislichen Visitation mit ihren sauer erworbenen Eigentum büßen, und als eine unschuldig erfundene, ärger als eine Wittib bedrängte Person den Kaiserlichen Fiskus für ihren Mann entschädigen sollte.

Da endlich der Herr Curator Bonorum des Nathan Aaron Wezlar die Spezifikation der Nathan Aaron Wetzlarischen EheFrau von ihren eigentümlichen Sachen, und was ihr in die Kindbetten und ihren Kindern, zum Paten-Geschenke, oder sonsten verehret worden, mit Stillschweigen übergehet, mithin beides dadurch eingestanden. So akzeptieret man dieses stillschweigende Eingeständnis auf das feierlichste; Wie man denn dasjenige, was Zeit und Umstanden nicht förmlich zu beweisen gestatten, vermittelst des von dem Herrn Curatore Bonorum aufgegebenen Eides, bei der großen Thora zu beschwören, ebenmäßig akzeptieret.

Worüber p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p demütigste Rachel des Nathan Aaron Wetzlar (Ehefrau)

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 7. April 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Der durch ein venerl. Dekret d. d. 22ten März h. a. insin: 30ten Ejusd: außen rubriziertem Herrn Gegner angesetzte Präjudizial Termin von 8 Tagen, ist verstrichen, ohne daß solcher, auf meine so dringende Vorstellung und Ausführung geantwortet; Dahero ich Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten mit der untertänigen Bitte anzugehen gemüßiget bin: Hochdieselben nunmero Terminum praeclusivum anzuberaumen Hochgeneigtest geruhen mögen.

Der ich pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichk. untertänigster Nathan Höchster

JW Goethe Lt

 

[Frankfurt, 22. April 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Sollte außen rubrizierter Herr Gegner, auch den ihm per Decr: vener: d. d. 8ten April h. a. ins: 11 ej: bestimmten präklusiv Termin ohne Gegenantwort haben verstreichen lassen; so siehet sich endes unterzeichneter in tiefster Demut gemüßigt, Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p bittlich anzugehen; Hochdieselben in dieser Sache, welche sich der Beschleunigung vorzüglich empfiehlet, in contumaciam Hochrichterlich zu sprechen, mildest geruhen mögen. Wie ich denn bei dieser Gelegenheit anzumerken untertänigst ohnermangle: daß da vor ausgemachter Sache, der 20te April eingebrochen, und also ein neues halbes Jahr eingetreten, ich ohnerachtet der mir getanen Aufkündigung, welche da Sie in hangender Rechts-Sache geschehen, nicht gültig sein kann, mein ehemaliges und bisheriges Salarium, rückwärts in Actis ausgeführtermaßen prätendieren werde, und solcher Forderung Hochrichterlichen Beistand allerdings zu hoffen habe. Der ich p Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'gster Nathan Höchster und weilen derselbe wegen denen Jüdischen Osterferien nicht Selbsten unterschreiben dürfen, in dessen Namen JWLiebholdt

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 3. Mai 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrengen Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Durch ein venerl. Dekret d. d. 21ten April, haben Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p die so rubrizierte gehorsamste Beantwortungs Schrift des Herrn Curator Massae endes unterzeichneter ad notitiam zu kommunizieren geruhet.

Da ich nun aber höchst nötig erachte eines und das andere darauf zu versetzen; So ergehet mein untertäniges Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin: Hochdieselben geruhen mir eine weitere Handlung und Ausführung mit einem Termin von XIV. Tagen Hochgeneigtest zu vergünstigen.

Worüber p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten untert'g demütige Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 3. Mai 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Endes unterzogener ermangelt nicht die ad Protocollum Deputationis Spect: d. d. 22ten Februarii h. A. versprochene Bescheinigung, daß nämlich die neuere Vorstadt- und Buddeische Handlung keinen weiteren Anteil an denen von mir im Namen Buddeischer Erben liquidierten 35. Rtl. 52 Xr. habe hiermit ganz gehorsamst zu überreichen, und bei dieser Gelegenheit seine Prinzipalschaft abermals Ew HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. Hohe Wohlwollen in aller Ergebenheit zu empfehlen. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p Treu gehorsamer JWGoethe Lt Namens Buddeischer Erben.

 

[Frankfurt, 3. Mai 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichte Schultheiß und Schöffen! Da es meine Sache nicht ist, dasjenige mit Großsprecherischen Worten heraus zu streichen, was ich für dies Nathan Aaron Wezlarische Masse getan, dagegen Herr Curator Massae die vorzüglichste Person wäre, welche mir Gerechtigkeit widerfahren, und von dem Fleiß und Eifer Zeugnis ablegen könnte, womit ich mich bei allen Gelegenheiten verwendet; so mußte es mir so viel unerwarteter sein, als derselbe in dem Praesentato vom 21t. April 1775. dasjenige zu verkleinern sucht, was ich geleistet zu haben, mir wohl bewußt bin.

Wie aber verschiedenes von ihme aus einem falschen Gesichtspunkte betrachtet worden, wird sich in kurzlicher Beantwortung des jenseitigen Vortrages ergeben.

Zuerst hat es ohnerachtet Gegnerischen Widerspruches mit denen geforderten 100 fl. Geschenk seine vollkommene Richtigkeit, und ein hinreichender Beweis würde durch Befragung des Schenkers selbsten geführet werden können, wenn sich nicht verschiedentlich zu ergeben schiene, als ob sein Verstand durch sein Unglück gelitten hätte. Und wie will besonders eine solche Schenkung anders als durch das Eingeständnis des Schenkers erwiesen, und das ermangelnde am Beweis durch Eidliche Erhärtung des Beschenkten ersetzt werden. Was die Wahrscheinlichkeit betrifft, so ist diese vielmehr auf meiner Seite, indem ich eben nichts zu risquieren glaubte, wenn ich bei einem reichen und freigebigen Mann ein Geschenke stehen ließ, von dessen GemütsArt mir bewußt war, daß er solches nie zurückziehen würde. Beim andern Posten sind die Argumente des Herrn Gegners offenbar irrig gefolgert. Die Sache verhält sich so: Nathan Aaron Wetzlar hatte mir, wie er selbst den 22ten Jenner 1772. zu Wezlar (vid: Beilage No. 2. zu meinem untertänigen Exhibito vom 27ten Aug: 1774) ausgesagt, so lang seine Engliche Waren Handlung gegangen, und ich dabei als Buchhalter gestanden, jährlich 40. Carol. pro Salario gereicht, nachdem er solche aber aufgegeben, und er mich nur zu Betreibung übriger Geschäfte bei sich behalten, wurde diese Summe auf die Hälfte heruntergesetzt, mit der ausdrücklichen Zusage, daß wenn die Geschäfte sich vermehren, die Handlung wieder in Stand kommen, auch meine Besoldung erhöht werden sollte. Der erstere Fall hat sich ergeben, ohne durch den andern verursacht zu werden: Die Geschäfte haben sich durch das Unglück meines ehemaligen Herrn vermehret, und ist also die Bedingung auf welche die Erhöhung meines Salarii versprochen worden erfüllt.

Es kann mir also nichts praejudizieren, daß ich eine Zeitlang nicht mehr als 20. Carolinen genossen, weil auch Verhältnisweise die Geschäfte minder gewesen, und ich eben auch so lang mit der Verminderung der Belohnung zufrieden sein konnte; und aus diesen Gründen fordere ich die 660 fl. mit dem vollkommensten Rechte, wie ich denn auch der allzu pünktlichen Stunden Berechnung manches entgegen setzen und zeigen könnte, wie ich nie, außer bei ganz außerordentlichen Vorfällen, bei meinem Herrn mehr als zum Dienste der Masse zu arbeiten gehabt. Des folgenden dritten Postens mußte sich der inhaftierte Wezlar gleichfalls hinlänglich erinnern, ob er solches gleich zum oben angeführten Protokoll anzuzeigen vergessen, welches mir in keine weise praejudizieren kann. Wie ich denn auch diesen Posten eidlich befestigen dürfte. Und in wie fern auf meine Treue gegen die Masse und solche Gesinnungen, die nichts als was mir rechtmäßig zukommt, verlangen, zu Trauen, ist schon während dem Lauf dieser Sache hinlänglich erprobet. Ich habe sie durch Herausgabe der Silbernen Schabbes Ampel, von der niemand weitere Kenntnüs hatte, und sonsten genugsam an den Tag gegeben.

Nun noch von denen zween letzten Posten! Was den Abzug betrifft der mir abermal von dem halbjährigen Salario gemacht werden will, so ist solches oben schon hinlänglich widerlegt worden, und bleibt auch also diese Forderung angezeigtermaßen bestehen. Wider die 6. Carolinen Geschenke vermag auch nichts treffendes eingewendet zu werden, indem die Aussage meines gewesenen Patrons zum obenangeführten Protokoll, alles außer Zweifel setzt; Es zeigt derselbige daselbst an, daß er mir zu 3 Feiertägen jedesmal 2. Carolinen Geschenke gereicht. Diese Aussage ist keinem Widerspruch unterworfen, und kann mir daher diese Gratifikation nicht entzogen werden.

Was nun zuletzt sogar auch das zugestandene Salarium selbst betrifft, welches Herr Fiscalis mir noch strittig machen will; So ist wohl keiner weitläufigen Ausführung vonnöten, indem ich einmal in Diensten der Masse gestanden, und also den Dienst den ich meinem Herrn geleistet fortgesetzt, und mir also auch das Salarium (jedoch erhöht, wie oben ausgeführt worden) ohne weiteres zukommt, wie denn auch Herr Kurator Massae ein solches Selbsten eingesehen, und sich zu dessen Bezahlung (wie wohl nur zu der Hälfte des von mir geforderten) willig gezeigt.

Daß nun endlich Herr Gegner mir den Dienst abermals aufgesagt, und mich aus den Geschäften entlassen haben will, verwundert mich um so mehr, da ich sowohl in dem angegangenen Jahr schon mehrmalen vor einer Hochansehnlichen Deputation erscheinen, und über manches Erläuterung geben müssen, wodurch ich also für noch in der Masse Diensten stehender anerkannt werde; als auch ohne das durch Vorenthaltung meines Lohns, wo durch ich mich anderweit umzutun gehindert bin, der Dienst stillschweigend kontinuieret wird. Denn nicht durch die Aufkündigung allein, sondern durch würkliche Entlassung und Befriedigung wird die Verbindlichkeit zwischen Herrn und Diener aufgehoben.

Ich fahre also fort auf das Rechtsbeständigste das neu angetretene Jahr, das nach der Gesinnung des Herrn Gegners selbst mir ganz gebühret, zu fordern, und wegen selbigem hier aber und abermal die Hohe Einsicht eines erleuchteten Herrn Richters anzurufen.

Schließlich muß ich die in retro Actis von mir dargebrachte untertänige Vorstellung und Bitte nochmals hier anbringen. Ich bin mit meiner Forderung keineswegs als Kreditor des Nathan Aarons nach seiner Masse anzusehen, ich bin in Diensten der Masse und folglich von ihr sogleich, ohne auf ein endliches Urteil wegen der übrigen zu warten zu befriedigen; dahero mein untertänigstes Bitten an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p dahin gerichtet ist: Hochdieselben geruhen über die zwischen denen Herren Gegnern und mir obwaltende Differenzien fordersamst g'dst zu sprechen, und zu erkennen, daß die von mir eingebrachte Rechnung sowohl völlig sogleich zu bezahlen, als auch das angetretene Jahr mir auszuzahlen seie. Der ich pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untert'gster Nathan Hochster   JWGoethe Lt.

 

[Frankfurt, 15. Mai 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Der Herr Kurator Massae irret sehr, wenn er glaubt daß in dem diesseitigen letzteren Exhibito einige Forderungen mit Stillschweigen übergangen worden, man hat vielmehr generaliter dasjenige was derselbe in dem Schrift[-] statt mündlichen Vernehmlassungs Rezesse vorbeigelassen, und somit auch die Anforderung an die Schulsessel utiliter akzeptiert, welches nunmehro durch keinen weiteren Widerspruch aufgehoben werden kann.

Ich schreite sodann zu der Beantwortung des Gegnerischen Präsentati Selbsten; da ich denn zuförderst anmerken muß, wie darin abermals der in diesseitigem Exhibito d. d. 24ten Märtz 1775. festgesetzte Unterschied zwischen Fisko als Creditore, und zwischen Fisko der den Überrest des Vermögens, nach Befriedigung aller Gläubiger zu sich nimmt, durch einander geworfen, und somit die ungezweifelte diesseitige Gerechtsame verstellt und verdunkelt werden wollen. Es gilt diese Bemerkung fast zu allen Punkten der Gegnerischen Beantwortung, dahero ich dieses, bezüglich auf obgemeldtes diesseitiges letztes Exhibitum, hier in limine ein für allemal anzuführen hatte.

1) Wegen des zugestandenen Eingebrachten ist wohl weiter nichts zu erwähnen; als daß die anverlangte nähere Bestimmung des Eides überflüssig ist, indem es sich von Selbsten verstehet, daß ich meinem Manne das Geld würklich zugebracht; wie auch die angeführte Subtilität wegen des zehenden Pfennings auf keinem Grunde beruhet, indem unter der Judenschaft ein Kind das keinen Vater wohl aber noch eine Mutter hat, den zehenden Pfenning nicht abgibt. Da ich nun damals in dem Falle war, so folgt daraus daß von denen 2000 fl. nichts abgängig gewesen.

2) Wenn auch die Widerlage in die 9te Klasse gehöret, so gehöret Sie doch unter die vor dem Hohen Kaiserl. Fiskus zu befriedigende Kreditorschaft; und da gegenwärtig wie rückwärts in Actis dargetan, von keinem Konkurs die Rede, vielmehr alle Kreditoren mit den gebührenden Interessen befriedigt werden; So erhalte ich auch alles was ich beim Sterbensfalle meines Mannes, so er in wohlhabigen Umständen abgeschieden wäre, würde erlanget haben.

3) Mit dem Witwensitze hat es gleiche Bewandnis, und ich widerspreche allem was zu Veräußerung der Häuser vorgeschritten werden möchte, hiermit auf das feierlichste. Der Staroth dessen Gültigkeit Herr Gegner selbst nicht in Abrede sein kann, sagt mir solchen in der Wohnung meines Mannes auf das kräftigste zu.

Der Fall hat sich ereignet, mein Mann ist für Bürgerlich Tot zu achten, und die Lebenslängliche Benutzung der beiden Häuser kann mir nicht genommen werden; besonders da ich auch hier, wie oben angeführt, mit dem Hohen Kaiserlichen Fiskus in keine Kollision komme.

4) Was die Geschenke in dem Brautstande betrifft, so sind solche schon von Herrn Curatore zugegeben, und diesseits akzeptieret worden, auch habe ich den mir zugeschobenen Eid darüber anzunehmen nicht ermangelt, beruhet also auch dieser Punkt auf sich.

Hingegen will man die Entscheidung über den Einwurf- Zettel, einem erlauchten Herrn Richter lediglich anheimstellen.

5) Die Forderung der Geschenke welche mir von meinem Manne während unserer Ehe gemacht worden, ist auch so leicht nicht aus dem Wege zu räumen, als Herr Gegner wohl denken mögte. Die hiesige Reformation gibt einmal die Geschenke zwischen Eheleuten zu, sie hebet das römische Recht auf, wie alle Statute und neuere Landesgesetze das römische Recht aufheben, und setzet also die Regel fest, wornach geurteilt werden muß. Und auf diese Weise fällt die Gegnerische Argumentation zusammen.

Ich berufe mich auf das Gesetz das die Regel festsetzt, und auf den Gegenteil den Beweis der Ausnahme schiebt.

So bald also die Schenkung geschehen ist, muß jenseits erwiesen werden, daß ihr die gehörigen Eigenschaften ermanglen, um gültig zu sein; so lange dieses nicht geschiehet, beruf ich mich lediglich auf das Gesetz und gewärtige mich unter bloß allgemeinem Widerspruch auch Grg. Erhörung in diesem Punkt.

6) Da kein Konkurs hier vorkommt, so ist auch diese Anmerkung des Herrn Gegners von keinem Gewichte, und da schon so oft wiederholt worden, daß die Straf-Gelder nicht zu den Schulden zu rechnen, und ich mich darüber auf das rückwärts ausgeführte sattsam berufen kann, so hebet allgemeiner Widerspruch hier allgemeinen Widerspruch auf.

7) Der zum Beispiel und Erläuterung diesseits angeführte Fall eines Starroths stehet an seinem rechten Orte, und begründet immer mehr die getanen Forderungen.

8) Schließlich räumet Herr Gegner eben so wenig meine Forderungen der Beilage F. beiseite. Sind die angezeigten Nummern nicht mehr befindlich; muß mir der Wert derselben restituieret werden, da sie von uns Eheleuten wieder in die Nahrung gesteckt worden, ohne daß ich daran das Eigentum verloren. Eben so ist gegen die Beilage Sig: ☽: nichts relevantes eingebracht.

Dahero ich allem was nicht besonders hierinnen beantwortet sein sollte, allgemeinen Widerspruch entgegen setze, mich auf mein rückwärts ausgeführtes und gebetenes in aller Untertänigkeit, nisi quid novi submittierend, berufe. Worüber p. Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. untert'g demütige Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau.   JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 15. Mai 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Mit der größten Verwunderung mußte endes unterzeichnete den Vorschlag und das Bitten vernehmen, welches außen rubrizierter Herr Gegner in seinem letzten Exhibito d. d. 5ten Mai die Verkaufung der Häuser, der Schulsessel, und des noch übrigen Hausrats betreffend, tun mögen.

Ich darf mich nur lediglich darauf berufen, wie in retro Actis der Nießbrauch der Häuser und das Eigentum der Schulsessel und Mobilien von mir angesprochen worden.

Die Sache ist unausgemacht, noch ist meine Forderung durch kein Urteil für ungegründet erklärt. Wie will also Herr Gegner lite pendente eine Veränderung vornehmen, die auf einmal meine gerechte Ansprüche vereitlen würde.

Es läßt sich keine Art denken, wie ich nach verkauften Häusern und Sessel Sicherheit und Recht, ohne die Höchste Beschwerlichkeit erlangen könne.

Es kann auch davon gar nicht die Rede sein, und ich muß mich auf die Gerechtigkeits Liebe Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. lediglich verlassen, wenn ich die aller ernstlichste Protestation hiermit einlege, und dem Ansinnen des Herrn Curatoris auf das feierlichste widerspreche.

Ich brauche nun nicht weitläuftiger zu sein, die Sache gibt sich von Selbsten, daß weder dasjenige dessen Eigentum, noch dasjenige dessen Nießbrauch angesprochen wird, während des Rechtslaufes veräußert werden kann.

Worüber ich nobile Officium judicis dringlichst implorierend, in aller Untertänigkeit gebeten haben wollte: Hochdieselben geruhen Herrn Gegner mit seinem unzeitigen Gesuche abzuweisen, und die angetragene Verkaufung auf keine Weise zuzulassen. Die ich p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p demütigste Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau   JWGoethe Lt

 

[In Sachen v. Klettenberg Verlassenschaft]

[Frankfurt, 7. April 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Nachdem die Herren Vorsteher der Reformierten Deutschen Diakonie, sich gehorsamst erboten, zu fordersamster Erhebung der von Klettenbergischen Verlassenschaft, und baldiger nützlicher Einrichtung ihres dabei zu beobachtenden Administrations-Geschäftes, bis zu Rückkunft der Ediktal Zitation, und würklicher Immission derer Testaments Erben, eine hinreichende Kaution zu leisten; Ew. HochEdelgeb. Gestrengen und Herrlichkeiten aber durch ein venl. Dekret von 1ten hujus solchem Gesuch keine Statt zu geben geruhet; So siehet sich endes unterzeichneter Namens seines Herrn Prinzipals genötiget, Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p abermals mit gegenwärtiger Vorstellung geziemend anzugehen, und Hochdenenselben die Ursachen dringlich vorzulegen, welche sowohl von Seiten des Herrn von Trümbachs als auch derer Herren Diakonorum die Beschleunigung der Sache höchstens wünschen machen.

Man hat bis jetzo das Sterbhaus worinnen sich die gänzliche, nunmehr inventierte Verlassenschaft, zwar unter Gerichtlichem Siegel befindet, nicht ohne Aufsicht lassen dürfen, daher der Lohn und die Verköstigung, der sich daselbst noch aufhaltenden Mägde, immer fortgehet; Wie nicht weniger der Hauszins bei zu Ende laufender Miete der Masse weiters zur Last fallen muß.

Eben so ist die Besorgung der ausstehenden Wechsel und anderer Schulden, die Einnahme und Verwahrung der Interessen u.s.w. durch den Herrn Gerichts Substituten, vieler Weitläufigkeit unterworfen.

Ferner ist verschiedener besonders auf den Böden befindlicher Hausrat, wornach niemand sehen kann, namentlich das schwarze Gerät, und Betwerk, bei längerm Aufschube mannigfaltiger Beschädigung ausgesetzt.

Wie denn auch vorzüglich derjenige Zustand in Betracht zu nehmen, in welchem sich die gegenwärtig noch lebende Fräulein von Klettenberg im WeißfrauenKloster befindet. Es ist solche nämlich von ihrer Sel. Nichte mit einer jährlichen Pension, aus vielen Rücksichten bedacht worden, deren zu Erleichterung der Beschwerlichkeiten ihres hohen Alters vorzüglich bedarf, und welche sie dem Anschein nach nicht lange genießen dürfte. Nun kann ihr das laufende dieser Ausgeworfenen nicht gereicht werden, bis die Diakonie ihre Administration würklich angetreten, worüber Sie sich in ziemlicher Verlegenheit befindet, und zu fürchten stehet, wenn Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten nicht ein günstiges Einsehen nehmen, daß der pflichtvolle Wille der Sel. die letzten Tage ihrer geschätzten Tante so erträglich als es sein kann zu machen, gänzlich vereitelt werde.

Unter welchen Umständen endes unterzeichneter im Namen seines Herrn Prinzipals, seine geh'ste Bitte, mit derjenigen derer Herren Diakonorum zu vereinigen, und dahin zu erlassen hat: Hochdieselben geruhen das getane Kautions Erbieten Hochgeneigtest statt finden, und bei ohne des notorischer Beschaffenheit der quaest. Verlassenschaft da Citatio edictalis nur als Formalität eintritt, die Administrations Verwendung mehrgedachter Herrn ihren baldigsten Anfang nehmen zu lassen. Der ich. p Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. Treu geh'samer

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, 21. April 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte, Hochfürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p siehet sich endes benannte genötigt, die beschwörliche Umstände vorzustellen, in welche Sie ganz unvermutet zu ihrer größten Beängstigung gesetzt worden.

Die Verlassenschaft der Sel. Fräulein Susanna Catharina von Klettenberg ist wie bekannt noch unter gerichtlichem Beschluß, und da in selbiger all mein Vermögen und all mein zeitiger Unterhalt begriffen; So können Ew. Hoch-Adel. Gestrengen und Herrlichkeiten p von Selbst ermessen, in welchen traurigen Zustand ich mich am Ende meiner Tage versetzt sehe.

Es vermacht mir nicht allein in ihrem letzten Willen gedachte Sel. Fräulein eine jährliche Pension von 144 fl. vierteljährig mir aus der Masse zu entrichten, sondern Sie bekennet auch daß Sie von mir die Summe von 550 fl. in Händen und anderwärts zu meinem Nutzen ausgeliehen habe. Von dem ersteren Legate zu schweigen, davon also würklich schon ein Termin läuft, ist es ganz außer allen Zweifel, daß gedachtes Kapital mir früh oder spat werden muß: Nun befinde ich mich aber am Ende meiner Laufbahn, ungewiß wie lange mir das Leben noch wird gefristet werden, in der völligen Entbehrung desjenigen sowohl was mein eigen ist, als auch dessen was mir durch die Liebe meiner Anverwandtin zu Erleichterung meiner alten Tage verschafft worden. Wenn nun Hochdieselben keine günstige Einsicht hierin nehmen wollen; so sehe ich mich auf das unerhörteste zurückgesetzt.

Der Unterhalt den mir das Kloster reicht, ist zwar der notwendigste, allein die Verpflegung die meine Körperliche Umstände erfordern, muß aus dem meinigen bestritten werden, die mir jetzo gänzlich abgehet.

Aus diesem zusammen werden Hochdieselben genugsam erkennen, wie gerecht die Bitte sei welche ich bei fortdauerndem Verschluß der von Klettenbergischen Erbschaft an Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p. geziemend und dringlich ergehen lasse: Hochdieselben geruhen dem Herrn Gerichts-Substituten Hochgeneigtest aufzutragen, mir aus dem bar vorrätigen Gelde 50 fl. auf Abschlag des mir gebührenden Kapitals von 550 fl. gegen Quittung einzuhändigen, wie nicht weniger die anjetzo fällige Interessen davon mit abzutragen, und mich durch diese großg. Verfügung bei welcher nicht die mindeste Gefährde obwaltet aus einer Situation zu versetzen in der ich ohnmöglich länger existieren kann. Worüber pp Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p gehorsame Maria Franscisca v Klettenberg   JWGoethe Lt

 

[Rachel Wetzlar in Sachen Nathan Wetzlar gegen Creditores]

[Frankfurt, 18. August 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte HochFürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen! So wenig endes unterzogene gesonnen ist, nur im mindesten ihrem Wittums-Recht auf die beiden Wohnungen ihres Mannes zu entsagen; So will sie doch um ihre Bereitwilligkeit zu zeigen, denjenigen Vorschlag auf gewisse Weise genehmigen, welchen der Herr Masse-Verweser in seinem Exhibito vom 2ten Aug: h. a. getan.

Nämlich, daß ohne Nachteil und mit Vorbehalt meiner von dem hochRichterlichen Ausspruch abhängenden Rechten, die drei Quart Haus zum roten Turn, unter gegenwärtig sich ereignenden Umständen verkauft, und die Gelder davon bis zu Austrag der Sache, deponiert werden mögen.

Wie ich denn dagegen allem dem was zu etwaiger weiterer Veräußerung, des andern Wohnhauses, des SchulSessels, und der Möblen, künftig etwa vorgeschlagen und unternommen werden könnte, aber- und abermal widerspreche, meine Sache dem Hochansehnlichen Richterlichen Amte untertänigst empfehle und submissest verharre.

Euer Hochadel. Gestrengen und Herrlichkeiten p untertänigste Rachel des Nathan Aaron Wetzlar Ehe Frau

JWGoethe Lt

 

[Frankfurt, August (?) 1775]

Wohl- und HochEdelgeborne Gestrenge Fest und Hochgelahrte HochFürsichtige und Hochweise Herren; Großgünstig Hochgebietend und Hochgeehrteste Herren Gerichts Schultheiß und Schöffen!

Das Präsentat des Herrn Masse-Verwesers meines Mannes, vom 2ten August sub Rubro »Schließliche gehorsamste Gegenvorstellung p«, enthält verschiedene mir so besonders gravierliche und doch leicht aus dem Weg zu räumende Nova daß ich durch gegenwärtiges Ew. HochAdel. Gestrengen und Herrlichkeiten p ganz untertänig angehen:

Hochdieselben geruhen mir zu Verhandlung weiterer Rechtlicher Notdurft einen Termin von Vierzehen Tagen à Die insinuationis vener: Sper: Decreti Hochgeneigtest zu vergünstigen.

Wo . . .

 

[Über die Frankfurter Quartier-Ordnung von 1614]

Wie durch die Einrichtung der Quartiere, die Verfassung der Stadt, ein ganz andres Ansehn gewonnen, und des Magistrats Gewalt zugenommen. Auch scheint das eine der ersten Fürsichten gewesen zu sein wodurch der Rat, nach geendigter Kommission die Bürgerschaft in Regelmäßiger Dependenz zu halten suchte.

Die Quartier Ordnung vom 23. Octbr. 1614. laßt gar deutlich Blicken, ob sie gleich von Feuersgefahr anfängt, wie bange es dem Rat noch damals für Aufruhr gewesen sei.

Was unter den Zünften zu verstehen sei die durchs Kommissions Dekret 1716 [1616] abgeschafft werden. Wie die Rotten mit ihnen verwandt seien, deren in obgemeldter Quartier Ordnung gedacht wird.

 


 


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