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ERSTES BUCH

Da dein gewitter o donnrer die wolken zerreisse:
Dein sturmwind unheil weht und die vesten erschüttert
Ist da nicht nach klängen zu suchen ein frevles bemühn?
Die hehre harfe und selbst die geschmeidige leier
Sagt meinen willen durch steigend und stürzende zeit
Sagt was unwandelbar ist in der ordnung der sterne.
Kein herzog kein heiland wird der mit erstem hauch
Nicht saugt eine luft erfüllt mit propfeten-musik
Dem um die wiege nicht zittert ein heldengesang.

 

All die jugend floss dir wie ein tanz
Ein berauschtes spiel von horn und flöte?
Herr so lockt ich deine sonnensöhne.
Menschlich glück verschwor ich um dein lied
Fügte mich der not des wandertums
Forschte bis ich dich in ihnen fände ..
Tag und nacht hab ich nur dies getan
Seit ich eignen lebens mich entsinne:
Dich gesucht auf weg und steg.

 

Da schon Dein same den ich trug in fahr
Und aus mir nährte und erzog in nöten
Heut unausrottbar grünt: so gib noch dies
Solang ich in dem süssen licht verweile:
Dass ich die würde deiner segnung wahre
Und in der freunde lob der jünger preis
Von den verschwiegnen liedern nichts verlaute
Und in des schwarms getriebe und gemurre
Dein heiliges geheimnis treu behüte.

 

Dies ist der fügung meistes dass du lebst
Bei jedem dir verhängten fall nur wankst
Dich doppelst und dich spaltest vorm geschick.
Beim ansturm des beginnes sinken viele
Beim zweiten stehn die besten – stehn und stürzen.
Du hieltest .. du bist rundum so bewehrt
Dass dich was brechen muss nicht bricht:
Wenn sich dem starken nah dem werkes-ziel
Der Höhere zeigt du dann nicht heillos fichst
Nein vollen glücks sein erster diener wirst.

 

Als sich dir jüngling dein beruf verkündigt
Warst ein verstossener du in klammer luft
Und trugest als der eine aller qual.
Da drang aus dir ein solcher schrei zu sternen
Dass erde nicht noch himmel ihn ertrug
Und antwort kam mit solchem ton von sternen
Wie vormals keines sterblings ohr vernahm ..
Der lockte dich riss dich empor: ›Verbleib!‹
So fremder gang entbehrt der ersten leite
Dir kann nur helfen was du mitgeboren –
Schilt nichts dein leid du selber bist das leid ..
Kehr um im bild kehr um im klang!

 

Dass unfassbar geschehn in vorgeburten
Beschlossen lieg ist schöner sinn von dichtern –
Du folg in jedem werk dem frühsten traum!
Aus einem staubkorn stelltest du den staat
Gingst wie geführt und wusstest dich erkoren
›Beim druck des alls dem du entgegenwirktest‹
Bestimmtest währung sprache und gesetz
Nach dem verrichte teiltest du den thron
Und zogst gelassen fort in weite weiten.

 

Wem du dein licht gabst bis hinauf zu dir
Weiss dass er nie dich sagen darf und wort
Das dafür steht hinausgebracht zur menge
Nur eine weile wirkt und dann verdirbt
Bis neuer wecker kommt der neu es spendet.
Will ich mein ganzes teil von dir erobern
So muss ich sehn wie ich ein eines fasse
Wie ich im raum den du mir maassest hafte
Bedingte arbeit meines tags vollbringe
Und mit dem traum von morgen mich vermähle.

 

Nenn es den blitz der traf den wink der lenkte:
Das ding das in mich kam zu meiner stunde ..
Ungreifbar ists und wirklich wie der keim.
Nennt es den funken der dem nichts entfahren
Nennt es des kreisenden gedankens kehr:
Nicht sprüche fassen es: als kraft und flamme
Füllt es in bild in welt- und gottesreich!
Ich komme nicht ein neues Einmal künden:
Aus einer ewe pfeilgeradem willen
Führ ich zum reigen reiss ich in den ring.

 

Kommt wort vor tat kommt tat vor wort? Die stadt
Des altertumes rief den Barden vor..
Gebrach auch seinem arm und bein die wucht
Sein vers ermannte das gebrochne heer
Und er ward spender lang vermissten siegs.
So tauscht das schicksal lächelnd stand und stoff:
Mein traum ward fleisch und sandte in den raum
Geformt aus süsser erde – festen schritts
Das kind aus hehrer lust und hehrer fron.

 

Ich bin der Eine und bin Beide
Ich bin der zeuger bin der schooss
Ich bin der degen und die scheide
Ich bin das opfer bin der stoss
Ich bin die sicht und bin der seher
Ich bin der bogen bin der bolz
Ich bin der altar und der Heher
Ich bin das feuer und das holz
Ich bin das zeichen bin der sinn
Ich bin der schatten bin der wahre
Ich bin ein end und ein beginn.

 

Aus purpurgluten sprach des himmels zorn:
Mein blick ist abgewandt von diesem volk ..
Siech ist der geist! tot ist die tat!
Nur sie die nach dem heiligen bezirk
Geflüchtet sind auf goldenen triremen
Die meine harfen spielen und im tempel
Die opfer tun .. und die den weg noch suchend
Brünstig die arme in den abend strecken
Nur deren schritten folg ich noch mit huld –
Und aller rest ist nacht und nichts.

 

Alles habend alles wissend seufzen sie:
›Karges leben! drang und hunger überall!
Fülle fehlt!‹
Speicher weiss ich über jedem haus
Voll von korn das fliegt und neu sich häuft –
Keiner nimmt ..
Keller unter jedem hof wo siegt
Und im sand verströmt der edelwein –
Keiner trinkt ..
Tonnen puren golds verstreut im staub:
Volk in lumpen streift es mit dem saum –
Keiner sieht.

 

Die ihr die wilden dunklen zeiten nennt
In eurer lughaft freien milden klugen:
Sie wollten doch durch grausen marter mord
Durch fratze wahn und irrtum hin zum gott.
Ihr frevler als die ersten tilgt den gott
Schafft einen götzen nicht nach Seinem bild
Kosend benamt und greulilch wie noch keiner
Und werft ihm euer bestes in den schlund.
Ihr nennt es euren weg und wollt nicht ruhn
In trocknem taumel rennend bis euch allen
Gleich feig und feil statt Gottes rotem blut
Des götzen eiter in den adern rinnt.

 

Ihr baut verbrechende an maass und grenze:
›Was hoch ist kann auch höher!‹ doch kein fund
Kein stütz und flick mehr dient .. es wankt der bau.
Und an der weisheit end ruft ihr zum himmel:
›Was tun eh wir im eignen schutt ersticken
Eh eignes spukgebild das hirn uns zehrt?‹
Der lacht: zu spät für stillstand und arznei!
Zehntausend muss der heilige wahnsinn schlagen
Zehntausend muss die heilige seuche raffen
Zehntausende der heilige krieg.

 

Auf stiller stadt lag fern ein blutiger streif.
Da zog vom dunkel über mir ein wetter
Und zwischen seinen stössen hört ich schritte
Von scharen · Dumpf · dann nah. Ein eisern klirren ..
Und jubelnd drohend klang ein dreigeteilter
Metallen heller ruf und wut und kraft
Und schauer überfielen mich als legte
Sich eine flache klinge mir aufs haupt –
Ein schleunig pochen trieb zum trab der rotten ..
Und immer weitre scharen und derselbe
Gelle fanfaren-ton .. Ist das der lezte
Aufruhr der götter über diesem land?

 

Schweigt mir vom Höchsten Gut: eh ihr entsühnt
Macht ihr es niedrig wie ihr denkt und seid ..
Gott ist ein schemen wenn ihr selbst verstürbt!
Schweigt mir vom weib: eh ihr all dies nicht seht
Was unterm fruchtbar schmerzenvollen prall
Des stärkeren in lust erstöhnen muss.
Schweigt mir vom volk: da euer keiner ahnt
Den fug von scholle und gesteinter tenne
Den rechten mit- und auf- und unterstieg –
Das knüpfen der zersplissnen goldnen fäden.

 

Einer stand auf der scharf wie blitz und stahl
Die klüfte aufriss und die lager schied
Ein Drüben schuf durch umkehr eures Hier ..
Der euren wahnsinn so lang in euch schrie
Mit solcher wucht dass ihm die kehle barst:
Und ihr? ob dumpf ob klug ob falsch ob echt
Vernahmt und saht als wäre nichts geschehn ..
Ihr handelt weiter sprecht und lacht und heckt.
Der warner ging .. dem rad das niederrollt
Zur leere greift kein arm mehr in die speiche.

 

Einer stand auf der scharf wie blitz und stahl
Die klüfte aufriss und die lager schied
Ein Drüben schuf durch umkehr eures Hier ..
Der euren wahnsinn so lang in euch schrie
Mit solcher wucht dass ihm die kehle barst:
Und ihr? ob dumpf ob klug ob falsch ob echt
Vernahmt und saht als wäre nichts geschehn ..
Ihr handelt weiter sprecht und lacht und heckt.
Der warner ging .. dem rad das niederrollt
Zur leere greift kein arm mehr in die speiche.

 

Wägt die gefahr für kostbar bild und blatt
Wovor ihr kniet wie wir – beim grossen brand!
Viel mehr vernichtet sie wenn sie euch bleiben
Eur ätzend gift und euer sammelgrab
Als trümmerstatt und mütterlicher schlund.
Einst mag geschehn dass aus noch kargern resten
Vom schutt behütet – aus geborstner wand
Verwittertem gestein zerfressnem erz
Vergilbter schrift ein leben sich entzündet! ..
Die art wie ihr bewahrt ist ganz verfall.

 

Weltabend lohte .. wieder ging der Herr
Hinein zur reichen stadt mit tor und tempel
Er arm verlacht der all dies stürzen wird.
Er wusste: kein gefügter stein darf stehn
Wenn nicht der grund · Das ganze · sinken soll.
Die sich bestritten nach dem gleichen trachtend:
Unzahl von händen rührte sich und unzahl
Gewichter worte fiel und Eins war not.
Weltabend lohte .. rings war spiel und sang
Sie alle sahen rechts – nur Er sah links.

 

Bangt nicht vor rissen brüchen wunden schrammen ·
Der zauber der zerstückt stellt neu zusammen.
Jed ding wie vordem heil und schön genest
Nur dass unmerkbar neuer hauch drin west.
Was schon genannt ist liegt gefällt umher
DER leer gehäus – ein stumpfes waffen DER:
Die eingereihten und die rückgewandten ..
Bringt kranz und krone für den Ungenannten!

 

Helfer von damals! richttag rückt heran
Sein Für und Wider schneidet andres band
Und frühere liebe schweigt und beider träne ·
Wir sind hinüber und ihr bliebet dort.
Mit kraft und kunst und redlichster begehr
Macht himmels-manna ihr zu giftigem mohne
Treibt ihr nicht minder zum verruchten end
Dass einem rudel von verrassten hunden
Der beste nachwuchs gleicht – auf eurer kinder
Gesichtern sich der lezte traum verwischt.

 

Schwärmer aus zwang weil euch das feste drückt
Sehner aus not weil ihr euch nie entfahrt
Bleibt in der trübe schuldlos die ihr preist –
Ein schritt hinaus wird alles dasein lug!
Ihr seid in uns befasst wir nicht in euch ·
Und was ihr auch vollbringt entholt ihr stoffen
Die ihr als schein verlacht. Ihr harrt und ruft
Dicht bei der schwelle: Überflut uns wirbel!
Umfass uns grosses Jenseits! brich hervor
O leuchtung lösung! .. und was kommt ist nacht.

 

Nun bleibt ein weg nur: es ist hohe zeit ..
Das härtste meist geglaubter dauer wankt
Doch was auch weicht: DER stamm spricht noch sein wort
Der fest im griff hält was ihm lang geschwant.
Wer adel hat erfüllt sich nur im bild
Ja zahlt dafür mit seinem untergang.
Das niedre frisstet larvenhaft sich fort
Bescheidet vor vollendung sich mit tod ..
Nun probt nach sinn- und klangnetz zum Gestirnt
Das grössre wunderwerk der endlichkeit!

 

Ihr Äusserte von windumsauster klippe
Und schneeiger brache! Ihr von glühender wüste!
Stammort des gott-gespenstes .. gleich entfernte
Von heitrem meer und Binnen wo sich leben
Zu ende lebt in welt von gott und bild! ..
Blond oder schwarz demselben schoos entsprungne
Verkannte brüder suchend euch und hassend
Ihr immer schweifend und drum nie erfüllt!

 

Ihr fahrt in hitzigem tummel ohne ziel
Ihr fahrt im sturm ihr fahrt durch see und land
Fahrt durch die menschen .. sehnt unfassbar ihr
Dass sie euch fassen .. sehnt unfüllbar ihr
Das sie euch füllen .. und ihr scheut die rast
Wo ihr allein euch findet mit euch selbst
Bang vor euch selbst als eurem ärgsten feind
Und eure lösung ist durch euch der tod.

 

Ihr habt · fürs recken-alter nur bestimmte
Und nacht der urwelt · später nicht bestand.
Dann müsst ihr euch in fremde gaue wälzen
Eur kostbar tierhaft kindheit blut verdirbt
Wenn ihrs nicht mischt im reich von korn und wein.
Ihr winkt im andren fort · Nicht mehr durch euch.
Hellhaarige schar! Wisst dass eur eigner gott
Meist kurz vorm siege meuchlings euch durchbohrt.

 

Unholdenhaft nicht ganz gestalte kräfte:
Allhörige zeit die jedes schwache poltern
Eintrug ins buch und alles staubgeblas
Vernahm nicht euer unterirdisch rollen –
Allweis und unkund des was wirklich war.
Euch trächtig von gewesnem die sie nutzen
Sich zur belebung hätte bannen können
Euch übersah sie dunkelste Verschollne ..
So seid ihr machtlos rückgestürzt in nacht
Schwelende sprühe um das innre licht.

 

Du hast des adlers blick der froh zur sonne
Sich wendet – abwärts nur zu schlag und biss.
Du kommst von derer zunft die strick und geissel
Erfanden für das allzu feile fleisch
Den matten sinn mit zorn und strenge frischten.
So ging Franziskus arm und keusch durchs land
Den unrat färbend mit seraphischem licht
So spornte Bernhard an den kreuzes-taumel ..
Dir wehrte raum ein enggewordner schooss
Dir müder kirche spät-gebornem kämpen –
Erdströme bargst du die sie nicht mehr fing.

 

Du hausgeist der um alte mauern wittert
Nach schwängrung süchtig unter bogen kauert
Aus trümmern daseins überbleibsel saugend:
Strich deine hand auf schal- und urnenscherbe
So stand fast körperhaft vor uns dein denkbild:
Von goldnen säulen schlang sich blumenkette
Erzbecken rauchte neben purpurlagern
Verstrickt in allen formen der umarmung
War milch- und rosenleib und kupferbrauner
Dort schlichen zage füsse durch die pforte ..
Doch wenig blieb im tag vom schattenchore
Es schwand der spuk: die üppig wirren prächte
Des weibes Rom mit dem die könige buhlen.

 

Fragbar war Alles da das Eine floh:
Der geist entwand sich blindlings aus der siele
Entlaufne seele ward zum törigen spiele –
Sagbar ward Alles: drusch auf leeres stroh.
Nun löst das herz von wut und wahn verschlackt
Von gärung dunkelheit gespinst und trubel:
Die Tat ist aufgerauscht in irdischem jubel
Das Bild erhebt im licht sich frei und nackt.

 


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