Christian Fürchtegott Gellert
Geistliche Oden und Lieder
Christian Fürchtegott Gellert

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Trost der Erlösung.

            Gedanke, der uns Leben giebt,
Welch Herz vermag dich auszudenken!
»Also hat Gott die Welt geliebt,
Uns seinen Sohn zu schenken!«

    Hoch über die Vernunft erhöht,
Umringt mit heil'gen Finsternissen,
Füllst du mein Herz mit Majestät
Und stillest mein Gewissen.

    Ich kann der Sonne Wunder nicht,
Noch ihren Lauf und Bau ergründen;
Und doch kann ich der Sonne Licht
Und ihre Wärm' empfinden.

    So kann mein Geist den hohen Rat
Des Opfers Jesu nicht ergründen;
Allein das Göttliche der That,
Das kann mein Herz empfinden.

    Nimm mir den Trost, daß Jesus Christ
Am Kreuz nicht meine Schuld getragen,
Nicht Gott und mein Erlöser ist,
So werd' ich angstvoll zagen.

    Ist Christi Wort nicht Gottes Sinn,
So werd ich ewig irren müssen,
Und wer Gott ist, und was ich bin
Und werden soll, nicht wissen.

    Nein, diesen Trost der Christenheit
Soll mir kein frecher Spötter rauben;
Ich fühle seine Göttlichkeit,
Und halte fest am Glauben.

    Des Sohnes Gottes Eigentum,
Durch ihn des ew'gen Lebens Erbe,
Dies bin ich; und das ist mein Ruhm,
Auf den ich leb' und sterbe.

    Er gibt mir seinen Geist, das Pfand,
Daran wir seine Liebe merken,
Und bildet uns durch seine Hand
Zu allen guten Werken.

    Solang' ich seinen Willen gern
Mit einem reinen Herzen thue;
So fühl' ich eine Kraft des Herrn
Und schmecke Fried' und Ruhe.

    Und wenn mich meine Sünde kränkt,
Und ich zu seinem Kreuze trete,
So weiß ich, daß er mein gedenkt,
Und thut, warum ich bete.

    Ich weiß, daß mein Erlöser lebt,
Daß ich, erwecket aus der Erde,
Wenn er sich zum Gericht erhebt,
Im Fleisch ihn schauen werde.

    Kann unsre Lieb' im Glauben hier
Für den, der uns geliebt, erkalten?
Dies ist die Lieb', o Gott! zu dir,
Dein Wort von Herzen halten.

    Erfüll' mein Herz mit Dankbarkeit
So oft ich deinen Namen nenne,
Und hilf, daß ich dich allezeit
Treu vor der Welt bekenne.

    Soll ich dereinst noch würdig sein,
Um deinetwillen Schmach zu leiden,
So laß mich keine Schmach und Pein
Von deiner Liebe scheiden!

    Und soll ich, Gott, nicht für und für
Des Glaubens Freudigkeit empfinden,
So wirk' er doch sein Werk in mir,
Und rein'ge mich von Sünden.

    Hat Gott uns seinen Sohn geschenkt
(So laß mich noch im Tode denken!),
Wie sollt' uns der, der ihn geschenkt,
Mit ihm nicht alles schenken!

 


 


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