Johannes Daniel Falk
Gedichte
Johannes Daniel Falk

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Nachruf an Corona Schröter

            Bist du auch vorangegangen
In das Schattenland?
Dort, wo Sehnsucht und Verlangen
Jeden Wunsch verbannt.

Täglich steh’ ich hier am Fenster,
Und mein Auge schaut,
Ob kein Fenster sich eröffnet
Meinem Klagelaut.

Leuchtet mir herein der Morgen:
Hell den Blick und klar,
Tret’ ich betend zu der Musen
Ewigem Alter.

Ja das schönste Glück des Lebens
Ist ein frohes Lied,
Das dem Dichter einer Musen
Göttergunst beschied.

Oft erhören mich die Guten:
Dunkelm Gram entrückt,
Ist es ihre holde Gabe,
Welche mich entzückt.

Doch es fehlt Corona Schröter,
Aller Anmuth reich,
Freundin mir und heitere Muse,
Beides mir zugleich:

Die ich liebte, die ich ehrte,
Warm aus treuer Brust,
Mehr als ich und sie es selber
Lebend einst gewußt:

Bis ein Tag, der ihr auf ewig
Beide Lippen schloß,
Mir die meinen unverzüglich,
Und zur Klag’ erschloß.

Schon an ihres Hauses Schwelle
Klingt die Tür mir oft:
Hab’ ich doch; du müßtest rufen,
Hinter mir gehofft.

An dem Markt entbrennen Lampen,
Milden Abendscheins:
Licht umstrahlt ein jedes Fenster:
Dunkel ist nur deins.

Wo zurück im stillen Erker
Du dein Bild mir rufst,
Wenn du sittig Frauenwerke
Mit der Nadel schufst.

Bald ein Liedchen zur Guitarre
Oder Zitter sangst,
Und die Leinwand, daß sie athme,
Mit dem Pinsel zwangst.

Ach! du wohnst entfernt vom Lichte
In dem sichern Port,
Und dein Freund am Markt des Lebens
Trauert einsam fort.

Unerbittlich, falscher Orkus,
Den kein Flehn gewann:
Nimm, statt der entrißnen Freundin
Mich zum Opfer an.

Ja, Corona, deine Stimme
Hör’ ich überall,
An der Ilme stillen Krümmung,
An dem Wasserfall.

Hier, wo Du mir oft begegnet,
Wenn die tiefe Stadt,
Eingeschneit und eingeregnet,
Winterfrost verbarg.

Such’ ich deine lieben Schritte:
Suche spät und früh;
Auch in meine stille Wohnung
Kehrst hinfort du nie.

Sonst hab’ ich dich oft vernommen:
Mit der Kerzen Glanz
Oeffnetest du leis’ die Pforten
Schenktest dich mir ganz.

Hobest deinen weißen Schleier,
Saßest neben mir:
Heiliger Begeist’rung Feuer
Sprach ein Gott aus dir.

Andre Tritte hör’ ich klingen;
Klopfen an die Thür.
Andre Freunde bringen Kunde,
Aber nie von dir.

Denn seitdem du mir entrissen
Und dich deckt die Gruft,
Schafft die Sehnsucht meinen Küssen
Nur ein Bild aus Luft.

Ach, du bist vorangegangen
In das Schattenland,
Dort, wo Sehnsucht und Verlangen
Jeden Wunsch verbannt.

Und so werdet All Ihr gehen
Wieland und mein Göthe Du:
Soll ich denn allein hier stehen?
Nein, die Ahnung rufst mir zu:

Ja ich folg’ Euch; jung an Jahren
Nehmt Ihr mit mich in’s Geleit:
Theilt den Lorbeer in den Haaren,
Theilt mit mir das Sterbekleid.

 


 


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