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Bahololo

Legende von Muamba und Kunga Nsungu

Einst machten die Menschen nicht Krieg. Sie hatten Pfeile, die Tiere zu töten. Das war alles. Man starb nicht an Krankheiten noch anderem.

Da kamen von da unten eine Frau, Muamba geheißen, und Kalala, ihr Sohn, der war der älteste von fünfzehn Knaben, das Land zu sehen. Kalala trug mehrere Lanzen.

Auf dem Wege trafen sie einen Zug Ameisen, die im Krieg gewesen waren und mit Holzläusen zurückkamen. Kalala betrachtete sie mit Aufmerksamkeit und sagte: »Wie diese Tiere muß ich kriegen und Menschen töten?«

Lachend sprach ihm die Mutter: »So du Menschen töten willst, töte zuerst mich, deine Mutter.«

Erwiderte er:

»Sicher, ich werde dich töten.«

Gleich grub er eine Grube zur Seite des Pfades.

Da sprach die Mutter:

»Ho, ich sagte das lachend, und du schaffst deiner Mutter eine Grube?«

Er antwortete nichts; vollendete die Grube, kniete seine Mutter darein und verscharrte die ganz Lebendige. Sein Herz war sehr schlimm geworden.

Er ging weg und sah einen Baum so hoch, daß er in den Himmel reichte; fünf Männer saßen da, drei tötete er mit der Lanze. Die zwei anderen flohen; er verfolgte und griff sie. Die zwei Männer sprachen: »Mach nicht Krieg. Tanzen wir. Weißt du zu tanzen?«

Antwortete Kalala: »Alle Tänze kenne ich.«

Man tanzte und trank Bier; denn viele Leute gab es in den Nachbardörfern, die Lunga Nsunga gehörten, dem großen Häuptling.

Da Kalala schlief, machten sie eine große Grube, die sie mit einer Matte verbargen. Da er erwacht war, tanzte man noch und sprach:

»So du ermüdet bist, ruhe dich auf der Matte.«

Doch er umtanzte die Matte und legte sich zur Seite nieder.

Dann erstieg einer der drei Männer den Baum und ging weg zu Gott. Da er nach fünf Monaten nicht zurückgekehrt war, folgte ihm der zweite und traf ihn, da er hinunterstieg.

Und der erste sprach:

»Ich traf in der Höhe Nkuba, eine große schwarze Ziege, die einen Schwanz wie von Feuer trägt; sie hat mich gelehrt, Krieg zu führen.« Da die zwei hinuntergestiegen waren, warfen sie Kalala in die Grube und frugen ihn:

»Kalala, bist du am Leben?«

»Ich lebe.«

»Also wirst du sterben wie deine Mutter«, und sie warfen Erde darauf. Aber da die vierzehn Brüder nicht die Mutter noch den ältesten Sohn zurückkommen sahen, machten sie sich mit ihren Sklaven auf den Weg und fanden alsbald ein Grab, darin sie die Mutter schauten, und erkannten sie an ihrem Tuch. Und sie klagten. Da sie zu Ilunga Nsungu gekommen waren, töteten sie die Frauen, die die Felder bestellten. Sie hatten viele Lanzen. Ilunga Nsungu hatte einen großen Topf voll Musa (Aussatz), einen voll Blattern und einen großen Topf voll Bienen. Er schleuderte diese über sie.

Viele Sklaven starben, doch die vierzehn Brüder waren des Krieges gewohnt und fuhren fort, jedermann zu töten. –

Also erbat Ilunga Nsungu den Frieden und lud die vierzehn Brüder ein, Bier zu trinken. Sie kamen und legten ihre Lanzen nieder. Den zweiten Tag bat Ilunga Nsungu, wie das unter Fremden geschieht: schneidet mir das Haar. Der älteste der Brüder nahm Öl, rieb damit den Kopf des Häuptlings und versuchte, das Haar zu schneiden. Doch es gelang ihm nicht. Sein Bruder versuchte das Gleiche ohne Gelingen, und alle, die es versuchten, konnten ihn nicht scheren. Doch der jüngste der Brüder, der ganz Kleine, sagte: »Ich werde sie schneiden.«

Er nahm Wasser und rieb damit den Kopf Ilunga Nsungus, und die Haare fielen rasch.

Da sprachen seine Brüder: »Wie, du bist ganz klein und bist klüger denn wir.« Sie töteten ihn und schnitten ihn in Stücke.

Doch Ilunga Nsungu sammelte des Nachts die Stücke, paßte sie zusammen, rieb sie, rieb mit seinem Zauber (Bunganga), und das Kind erstand von neuem. Er barg es in seiner Hütte, damit die Brüder es nicht erblickten. – Indessen waren die Brüder Kalalas durch das Bier schlimm und sprachen zu Ilunga Nsungu: »Wir wollen uns von neuem schlagen«, und sie töteten Leute. Als dies das Kind sah, das Ilunga Nsungu gerettet hatte, sprach es: »Ich will dir ein Geheimnis geben«; und er nahm eine große Kalebasse, füllte sie mit Wasser und sagte ihm: »Wirf ihnen das.«

Ilunga Nsungu schüttete die Kalebasse von der Höhe des Berges aus; all die Leute von Muamba waren ertränkt.

Das Kind war bei Ilunga Nsungu geblieben, und Ilunga Nsungu sagte ihm eines Tages: »Nimm meine Vogelschlingen am Ufer aus.«

Er ging, sah einen Vogel, der war von der Schlinge gefaßt, schickte sich an, ihn zu töten; da sprach ihm der Vogel: »Töte mich nicht, ich will dich heilen, so es not tut.« Und er band ihn los.

Er band noch viele los, da sein Herz gut war, und er kehrte zurück und sprach: »Ich habe keine Vögel.«

Darum verwunderte sich Ilunga Nsungu mächtig; der sprach einen anderen Tag zu dem Kind: »Nimm meine Vogelschlingen am Flußufer aus.« Er ging; doch Ilunga Nsungu folgte ihm und verbarg sich im Busch und sah, wie er mit den Vögeln sprach und sie losband.

Da warf er sich auf ihn, tötete ihn und schnitt ihn in Stücke.

Aber die Vögel, die er befreit hatte, kamen in großer Zahl, fügten Knochen, Blut, Eingeweide und stellten ihn aufrecht. Sie trugen ihn durch die Luft in die Heimat zurück, machten großen Lärm mit den Flügeln und sangen Po, Po, Po, und legten ihn nieder vor der Tür der Schwester seiner Mutter. –

Indessen hatte diese den Lärm vernommen, zog die Tür auf und sah das Kind, das alles Geschehene ihr sagte. Da nahmen die Leute Muambas ihre Lanzen und zogen gegen Ilunga Nsungu. Der Krieg war schrecklich.

Ilunga Nsungu nahm eine Kalebasse, füllte sie mit Wasser, blies darüber, aber kein Wasser kam.

Also machte er Frieden und zahlte Tribut an Muamba vom anderen Ufer des Lualaba.

Wir alle sind Muambas Leute.

Warum wir sterben

Im Anfang rief eines Tages Gott, der große Geist, den ersten Mann und die erste Frau zu sich; ebenso die Schlange. Um sie zu erproben, wies er, die Hand geschlossen, der Frau einen Fruchtkern, einen anderen der Schlange. »Dies sind die Kerne der Sterblichkeit und des ewigen Lebens. Wählet«, spricht er. Die Frau nimmt die Frucht der Sterblichkeit, die Schlange die Frucht der Unsterblichkeit. »Ich bemitleide dich«, spricht Gott zur Frau, »daß du den Tod wähltest, während die Schlange das ewige Leben gewann.« Darum sterben die Menschen, die Schlange aber lebt ewig.


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