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Bei König Kuchen und Kön'gin Schokoladen
war ich mit Linchen heut Nacht in Gnaden
zu Gaste geladen.
Ein prachtvolles Fuhrwerk, tripp, tripp, trapp,
holte uns stolz von Hause ab.
Vorn stampften zwei schneeweiße Vollblutjucker
aus seinem biegsamen Lederzucker;
auf dem Kutschbock der dicke Mohr
kam uns marzipanisch vor,
und neben ihm der fette Mops
war ganz gefüllt mit englischen Drops.
Die Kutsche, aus weißem Zuckerkand,
erstrahlte hell wie Diamant;
sie ging auf zierlichen Süßholzrädern,
aus Vanille waren die Deichsel, die Federn,
schwellende Polster aus Traubenrosinen
sollten uns als Sitze dienen,
aber in den Blätterteigwagentaschen
gab es allerhand Gutes zum Naschen.
Ein allerliebster Pralinépage
dienerte neben der Equipage
in einem rot kandierten Frack
und öffnete uns den Wagenschlag.
Wir stiegen ein und fuhren im Nu
durch Rußland und Asien nach China zu.
Bald kamen wir in jenes Land,
wo König Kuchen, der Süße genannt,
unumschränkt herrscht in seinen Reichen
mit seiner Fürstin ohnegleichen,
der herrlichen Königin Schokolade,
die uns zum Fest befohlen in Gnade.
Das goldgelb glasierte Ballfesthaus
sah wie ein riesiger Napfkuchen aus.
Vorn lockte ein zierliches Spritzkuchengitter,
Wache standen zwei braune Ritter
aus Pfefferkuchen mit Gußfiligran,
die hatten Knackmandelharnische an.
Als Führer dienten mir und Linchen
zwei allerliebste Thorner Kathrinchen;
sie verbeugten sich höflich, als wir kamen,
und sagten: bitte, meine Damen!
Ach, Kinder, wie das Herz mir lacht,
denk ich zurück an all die Pracht!
Die Wände waren von Makronen,
verbrämt mit Schokoladenbohnen,
aus grünen Bonbons die glatten Dielen,
daß wir nachher beim Tanz fast fielen,
die Säulen aus mächtigen Baumkuchentorten
von den allerhöchsten und edelsten Sorten;
Die Tische waren aus Konfekt,
mit drolligen, süßen Figürchen bedeckt,
die Stühle Fäßchen mit Gelées,
mit Eingemachtem und Knusperknees.
Rings auf appetitlichen Zimmerstaffeln
lagen Biskuits und Kakes und Waffeln.
Im Hintergrunde ein Gletschersee,
mit Vanille-Eisbergen und Schlagsahnenschnee,
entsandte in doppelter Kaskade
Zitronen- und Himbeerlimonade;
und hoch über allem, im glanzvollen Saal,
strahlte eine Sonne aus Zuckeropal!
In der Mitte aber stand der Thron,
gebaut aus Bretzeln mit blauem Mohn,
darauf saß liebreich in ihrer Gnade
die herrliche Königin Schokolade.
Sie harrte huldvoll bis die Schar
der Kinder ganz versammelt war,
die sie aus kalter und warmer Zone
herbefohlen zu ihrem Throne,
um ihnen mit königlichen Händen
von ihren süßen Kleinodien zu spenden.
Ihr hoher Gemahl, der König Kuchen,
hatte Mühe, sie auszusuchen.
Da waren Kinder aus Deutschland und Spanien,
Aus Frankreich, Chile, Mesopotamien,
Kinder von Kaffern und Hottentotten,
von Persern, Eskimos und Schotten,
Kinder aus Süden und Kinder aus Norden,
von den feinsten Familien und wildesten Horden,
denn alle Kinder zu allen Zeiten
essen gerne Süßigkeiten.
An der Königin Seite im leckeren Grase
machte Männchen ein stattlicher Osterhase,
und als die Kinder versammelt waren,
ordnete er die bunten Scharen;
rechts gingen die Mädchen, links die Knaben
so wollt es der König Kuchen haben,
und jedes Kind in jeder Reih
bekam ein prächtiges Osterei,
die Mädchen blaue, rote die Jungen,
dann ist das Häschen davongesprungen.
Nun fing die Kapelle zu spielen an,
vorn geigte ein Nürnberger Lebkuchenmann;
ich sag euch, es war 'ne Musik für Kenner,
und waren doch alles gebackne Männer,
mit Rosinenaugen und Mandelnasen,
und konnten so lieblich flöten und blasen.
Nun wurde getanzt, gespielt, gelacht,
damit verging die schöne Nacht.
Zu guter Letzt, nicht zu vergessen,
wurde alles aufgegessen,
artig gedankt und Abschied genommen;
wir fuhren heim, wie wir gekommen;
und erwachten in unserm Bett –
Kinder, Kinder, wie war das nett!! |