Otto von Corvin
Pfaffenspiegel
Otto von Corvin

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VI

Die Möncherei

    Im Weltgewühle wohnt
Der Sünde freche Fülle,
In heil'gen Mauern thront
Unheiligkeit in Stille.

Wie das Mönchswesen entstand, habe ich früher angedeutet, Klöster stiegen im Mittelalter wie Pilze aus der Erde hervor. Bis zur Reformation waren allein 14 993 Bettelmönchklöster errichtet worden! Durch die Reformation und die darauffolgenden Kriege gingen in Deutschland 800 Klöster zugrunde, in Sachsen allein 130; aber dessenungeachtet fand Kaiser Joseph II. bei seinem Regierungsantritte noch 1565 Mönchs- und 604 Nonnenklöster in seinen Staaten. Zur Zeit Luthers belief sich die Zahl der Mönche auf 2 465 000 und das stehende Heer der Bettelmönche allein auf eine Million!

Es ist fast unmöglich, alle Spielarten dieser Mönche und Nonnen aufzuzählen, und ich unterlasse es daher wie Mainix de St. Aldegonde in seinem berühmten »Bienenkorb deß hl. Rom. Immenschwarms usw.« und bemerke nur mit seinen Worten: »Wie etliche in Schneeweis, etliche in kohlschwarz, die andern in Eselgraw, in grasgrün, in feuerrodt, in himmelblaw, in bund oder geschecket gekleyd gehn, die eynen eyn helle, die andern ein trübe kapp antragen, die eyn Rauchfarb vom Fegfeuer geräuchert, die andern von Requiem Todenpleych. Den einen Mönch grau wie ein Spatz, den andern hellgraw wie eyn Klosterkatz: Etliche vermengt mit schwarz und weis wie Atzein, Raupen vnd Laus, die andern Schwefelfarb undWolffsfarb.die Dritten Eschenfarb vnd Holtzfarb, etliche in vil Röcken vber einander, die andern in eyner blosen Kutt: Etliche mitt dem hemd vbern Rock, die andern ohn ein hemd, oder mit eym pantzerhemd, oder härin hemd, oder Sanct Johannes Cameelshaut auf bioser haut: Etliche halb, etliche gantz beschoren; etliche bärtig, die andern Unbärtig und Ungeberdig: Etliche gehn barhaupt, vil Barfüßig, aber all miteynander müßig: Etliche sind ganz Wüllin, etlich Leinin, etlich Schäfin, etlich Schweinin: Etlich füren Juden Ringlein auff der Brust, die andern zwey Schwerter kreutzweis zum kreutzstreich darauff geschrenckt, die dritten ein Crucefix für die Bottenbüchs, die Vierten zwen Schlüssel. Die fünften Sternen, die sechsten kräntzlin: die siebenten Spiegel auß dem Eulenspiegel, die achten Bischofshut, die neunten fligel, die Zehenden Tuchschären, die eylfften Kelch, die zwölften Muscheln und Jacobsstäb, die Dreizehnden geysseln, die Viertzehenden schilt vnd andere sonst auff der Brust seltsam grillen, von Paternostre, Ringen vnd Prillen. Sehet da, die Feldzeychen sint schon ausgetheylet, es fälen nur die Federbusch, so ziehen sie hin inn Krig gerüst.«

Es war dies eine ungeheure Macht, besonders durch ihren Reichtum, zu welchem sie durch die Schenkungen frommer Schwachköpfe und durch – Betrügereien gelangten. Hatte eine Kirche oder ein Kloster Lust nach einem schönen Landstrich, so fand sich bald im Klosterarchiv eine vergilbte Pergamenturkunde, ausgestellt von diesem oder jenem Fürsten der Vorzeit, welcher den ersehnten Landstrich dem Kloster schenkte. Im Kloster St. Medardi zu Soissons war eine förmliche Fabrik von falschen Dokumenten. Der Mönch Guernon beichtete auf dem Sterbelager, daß er ganz Frankreich durchzogen habe, um für Klöster und Kirchen falsche Dokumente zu machen. Da war es denn freilich kein Wunder, daß zur Zeit der Revolution das Vermögen der Geistlichkeit in Frankreich auf 3000 Millionen Franken angeschlagen werden konnte!

Die Pfaffen verschmähten kein Mittel, um reich zu werden, denn sie hatten längst erkannt, daß Geld Macht ist, und dann wollten sie gut leben. Ihre Gelübde wußten sie damit trefflich zu vereinigen, und was die fanatischen Stifter der Klöster eingerichtet hatten, um dem Wohlleben zu steuern, wurde von ihren Nachfolgern so gedreht und gewendet, daß es ihnen zu einer Quelle des Erwerbes und Wohllebens wurde.

Die Kartäuser zum Beispiel, denen ihre Regel den Genuß des Fleisches verbot, kultivierten die Obstbaumzucht und die Fischereien in solchem Grade, daß sich von deren Ertrage auch ohne Fleisch sehr luxuriös leben ließ. Kartäuserobst ist in der ganzen Welt bekannt. Die Obstbaumschule der Kartause in Paris trug jährlich 30 000 Livres ein. Dafür konnte denn auch ihr Prior während einer Krankheit für 15 000 Livres Hechtbouillon verzehren! Die Messe war, wie die Mönche lehrten, die einzige Erfrischung für die armen Seelen im Fegefeuer, die mächtigste Vogelscheuche für den Teufel, und war für 30 Kreuzer zu haben, ja, die Bettelmönche lasen für die Hälfte und standen sich um so besser.

Einzelne Klöster wurden außerordentlich reich durch einen Ablaß, zu welchem ihnen der Papst ein besonderes Privilegium gegeben hatte. Der Portinuncula-Ablaß brachte den Franziskanern Millionen. – Ein Hieronymitenkloster bei Valladolid mit achtzig Mönchen hatte das ausschließliche Privilegium, die Kreuzbulle zu verkaufen, was ihm jährlich 12 000 Dukaten eintrug.

So gern nun auch die Mönche nahmen, so ungern gaben sie, und jeder, der es wagte, sie mit Gewalt dazu zu zwingen, wurde bis in den tiefsten Abgrund der Hölle verflucht, wie folgende Formel zeigt, die einer jeden Schenkungsurkunde angehängt war: »Sein Name sei vertilget aus dem Buche des Lebens; und alle Plagen Pharaons sollen ihn treffen – der Herr werfe ihn aus seinem Eigentum und gebe solches seinen Feinden – sein Teil sei bei dem Verräter Judas – bei Dattam und Abiram – seine Äcker werden wie Sodom, und Schwefel verderbe sein Haus wie Gomorra – die Luft schicke Legionen Teufel über ihn – er sei verflucht vom Fuße bis zum Haupte, daß ihn die Würmer mit Gestank verzehren und seine Eingeweide ausschütte wie Judas sein Leichnam werde verzehrt von den Vögeln und wilden Tieren und sein Gedächtnis von der Erde vertilgt – verflucht alle seine Werke, verflucht, wenn er aus- und eingeht, verflucht sei er im Tode wie ein Hund, wer ihn begräbt, sei vertilgt. Verflucht die Erde, wo er begraben wird, und er bleibe bei den Teufeln und seinen Engeln im höllischen Feuer!« – Dabei mußte einem Christen des Mittelalters wohl der Appetit nach Klostergut vergehen!

Wenn nun auch das Hauptgeschäft der Mönche im Handel mit geistlicher Ware bestand, so ließen sie sich doch auch zu dem mit irdischen Dingen herab, als die ersten im Kurs zu fallen begannen. Viele Klöster wußten sich das Recht zu erwerben, Wein und Bier zu verzapfen, und verdienten damit viel Geld. In Nürnberg verkaufte eins jährlich 4500 Eimer Bier. Jeder Bettler, der in seine Bierstube kam, erhielt einen Pfennig, aber das Glas Bier wurde ihm für zehn Pfennig verkauft.

Im allgemeinen gaben sich die Mönche aber mehr mit dem Trinken als mit dem Verkaufen ab, und die Klosterkeller stehen bei allen alten Zechern im besten Andenken. Die frommen Väter hatten in ihren Kellern Fässer, die größer waren als die Zellen ihrer Vorfahren, der armen Einsiedler.

Als man in Österreich die Klöster aufhob, fand man selbst in Nonnenklöstern herrlich versehene Weinkeller. Die Kanonissinnen zu Himmelspforten in Wien hatten in dem ihrigen noch 6800 Eimer und Raum für das Doppelte. Es gab da einen Gottvaterkeller, Gottsohn- und Heiligengeistkeller, einen Muttergottes-, Johannes-, Xaveri- und Nepomukkeller. Der allergrößte, der Gottsohnkeller, war leer bis auf ein einziges Faß. – Was mag nun erst in Mönchsklöstern für ein Vorrat gewesen sein!

Saufen galt bei den alten Rittern für eine Tugend, und es war die einzige, in welcher sie es einigermaßen weit brachten, worin sie aber dennoch im allgemeinen von den Mönchen übertroffen wurden; einzelne Ausnahmen fanden freilich statt, und es kam sogar vor, daß Mönche von einem Ritter totgesoffen wurden.

Ein sehr geachteter protestantischer Geistlicher zu Caen in Frankreich war angeklagt worden, über die Ohrenbeichte der Katholiken schlecht gesprochen zu haben. Die Sache wurde sehr strenge untersucht, aber man konnte an dem Geistlichen keine Schuld finden, und er wurde freigesprochen. Der Jubel darüber war in Caen ungeheuer, und jeder suchte seine Freude auf irgendeine Weise an den Tag zu legen. Dies tat denn auch ein Ritter, welcher in einem ziemlich schlechten Rufe stand. Er lud zwei Kapuziner ein, und »der Wein floß in Strömen«. Es begann ein Wettsaufen, welches damit endete, daß einer der Mönche maustot auf dem Platze blieb. – Seelenvergnügt ging nun der protestantische Edelmann zu dem Geistlichen und sagte, »er sei über dessen Freisprechung außerordentlich erfreut und habe gedacht, dies durch nichts besser an den Tag zu legen als daß er dieser Freude einen Mönch opferte. Eigentlich hätte es ein Jesuit sein sollen; da er aber keinen habe bekommen können, so möge der Geistliche diesmal mit einem Kapuziner vorlieb nehmen.«

Wenn die Klöster nicht selbst stark genug waren, sich zu beschützen, so rechnete es sich irgendein Fürst zur Ehre, ihr Schutzherr zu sein, wofür ihm dann von den Klosterherren diese oder jene Rechte eingeräumt wurden. Aber nicht alle Schutzherren machten davon einen so ernsthaften Gebrauch wie der Herzog Julius von Braunschweig. Dieser ließ die Äbtissin von Gandersheim, eine geborene von Warberg, die sich mit ihrem Stiftsverwalter zu tief eingelassen hatte, nach der Stauffenburg abführen und hier (1587) lebendig einmauern! Meistens brauchten die Klöster keinen Schutz; die Äbte und Prälaten waren große Herren, welche Lehnsleute hatten, die ihnen zu allerlei Diensten verbunden waren, wie auch Leibeigene. Oft war es bei diesen Lehnsleistungen übrigens nur auf einen gnädigen Spaß abgesehen, der mitunter sehr mittelalterlich derb war.

Der Lehnsmann eines Klosters zu Bologna mußte jährlich dem Abt einen Topf mit Reis und einem Huhn darin bringen und diesen Sr. Hochwürden unter die Nase halten, denn – er war nur den Dampf davon schuldig.

Ein Bauernhof in Soest in Westfalen hatte die Verpflichtung, dem Dominikanerkloster alljährlich ein Ei auf einem vierspännigen Wagen zu bringen. Im Quedlinburgischen mußten Bräute den Herren Pfaffen ihren »Stech- oder Bunzengroschen« zahlen und im Paderbornschen eine Bockshaut liefern. – Mehreren schwäbischen Klöstern mußten die Bräute einen kupfernen Kessel geben, »so groß, daß sie darin sitzen konnten«, und die Beweisführung war natürlich das Hauptgaudium für die frommen Herren.

Die Gräfin Hidda von Eulenberg ließ sich von den Witwen, die wieder heirateten, einen Beutel ohne Naht mit zwei »Schreckenbergern« darin liefern, und unfruchtbare Eheleute mußten im Hildesheimschen alljährlich, wegen des Abgangs an Taufgeld, damit man mit ihrem Unvermögen Geduld habe, einen »Geduldshahn« opfern.

Die Fuchsnatur der Pfaffen offenbarte sich auch in ihrer Lüsternheit nach Hühnern, und ihre Lehnsleute mußten davon herbeischaffen, soviel sie nur immer konnten. Es gab Haupt- und Leibhühner, Rauchhühner, Erbzins- und Fastnachtshühner, Pfingst-, Sommer-, Herbst-, Ernten-, Wald-, Garten-, Heu- und Ehrenhühner! Audubon hat diese Hühnerarten in seiner Naturgeschichte der Vögel vergessen; doch waren sie ja auch nur in Europa zu Hause, und Gloger, als er sein treffliches Werk schrieb, hätte sich darum bekümmern sollen.

Manche Äbte und Bischöfe unterhielten Heere, wie es Fürsten nicht vermochten. Der Bischof Galen von Münster hatte 42 000 Mann Infanterie, 18 000 Reiter und die schönste Artillerie, und die meisten Klöster waren verbunden, ein mehr oder minder bedeutendes Kontingent zu den Truppen des Landesbischofs stoßen zu lassen. Als die Reformation und die Revolution die Klöster gehörig angezapft hatte, wurde dies manchem schwer genug, und eine Äbtissin schrieb an die Kreisdirektion, »daß sie und ihre Kanonissinnen im letzten Krieg so von den Franzosen zugerichtet worden, daß sie nicht imstande seien, auch nur einen halben Mann aufsitzen zu lassen«.

Ehe wir nun einen Blick in die Klöster tun, wollen wir einmal prüfen, welchen Nutzen die Mönche der Welt brachten. Wir werden leider finden, daß dieser zu dem Übel, dessen Ursache sie waren, so wenig im Verhältnis steht, daß er fast ganz und gar verschwindet.

Die Verteidiger des Mönchswesens machen geltend, daß durch Mönche das Christentum in die fernsten Weltteile getragen wurde. Es ist das ein sehr zweifelhaftes Verdienst, denn das Mönchs-Christentum brachte mehr Fluch als Segen, wohin es auch immer kam, namentlich aber solchen Völkern, die unter dem Einfluß eines ewig milden heitern Himmels sich gebildet hatten und für die das scheußliche Mönchs-Christentum mit seinen trübseligen asketischen Ansichten eine moralische Unmöglichkeit war. Das erste Kloster wurde 1525, also 4 Jahre nach der Eroberung von Mexiko, gebaut.

Ähnlicher Art waren die Wirkungen des durch Mönche verbreiteten Christentums fast überall. Die Marianneninseln wurden früher von 150 000 glücklichen Naturkindern bewohnt, und im Laufe der Zeit wurden sie durch christliche Krankheiten, Trunksucht und das Franziskaner-Evangelium auf 1500 elende, Christen genannte Subjekte reduziert.

Um auch dem Teufel zu geben, was ihm gebührt, will ich wenigstens bemerken, daß die Jesuiten, welche sich viel mit dem Missionswerke beschäftigten, neben dem vielen Schlechten, dessen Urheber sie sind, in manchen Gegenden der Erde segensreich wirkten, so daß das Untergehen ihrer Missionen zu beklagen ist, wie zum Beispiel in Südamerika, an den Ufern des Amazonenstroms und des Orinoko.

Das Missionswesen, wie es von Katholiken und Protestanten betrieben wurde und zum Teil noch betrieben wird, ist ein an der Menschheit begangenes himmelschreiendes Unrecht, welches ich ein Verbrechen nennen würde, wenn ihm nicht, großenteils wenigstens, ehrlich-dummer Glaubenseifer zugrunde läge. Die protestantischen Missionare, besonders diejenigen, welche von dem puritanischen England auszogen, haben vor den Mönchen nur allein das voraus, daß ihr Fanatismus weniger blutig war. Die Bewohner der Freundschaftsinseln liefern die schlagendste Illustration zu dieser Behauptung, die jedem in die Augen fallen muß, der die Schilderungen der dort lebenden Indianer vor und nach Einführung des Christentums liest. – Männer wie Dr. Livingstone sind unter den Missionaren sehr selten. Er und die wenigen ihm gleichgesinnten Männer sind ein Segen für die Menschheit; allein ihr geläutertes Christentum würde wenig Gnade finden vor den Augen der Inquisition oder selbst vor orthodoxen englischen Christen. Ich nenne hier Dr. Livingstone und die ihm gleichgesinnten Männer, da es ein bitteres Unrecht sein würde, sie in den Tadel einzuschließen, der den größten Teil derjenigen trifft, welche sich wie sie »Missionare« nannten und nennen.

Den Mönchen verdanken wir, sagen die Klosterverteidiger weiter, die Erhaltung der Kunst und der Wissenschaften, wie auch die der meisten alten Klassiker. Daran ist allerdings etwas Wahres, und besonders erwarben sich die Benediktiner Verdienste in dieser Beziehung; aber eine andere Frage ist es, ob sich nicht ganz ohne Mönche, ja ganz ohne Christentum, Künste und Wissenschaften weit frühzeitiger und herrlicher entfaltet haben würden.

Die alten Griechen dienen uns noch heute in manchen Zweigen der Kunst als unerreichbare Muster, und sind jemals die Wissenschaften unter der Herrschaft der römischen Kirche so ins Volk gedrungen wie bei ihnen? – Alle die herrlichen Resultate, welche sie erzielten, erreichten sie ohne Christentum, ohne Mönche, und eine Tatsache ist es, daß die Wissenschaften in Europa erst anfingen, recht aufzublühen, als das Mönchsleben anfing, abzusterben. Ja noch mehr, sind nicht noch heutzutage die Heimatländer der Pfaffen und Klöster in bezug auf Wissenschaften so gut wie Null?

In der Malerei, Bildhauerkunst und Baukunst leisteten die Mönche noch das meiste; allein, welche krasse Geschmacklosigkeit herrscht nicht in den mönchischen Erzeugnissen der erstgenannten Künste. Einige technische Fertigkeit mochten sie allenfalls erlangen; aber bei der Komposition der Gemälde wie der Skulpturen war ihnen überall ihre Unwissenheit im Wege, und sie brachten Dinge hervor, die an Abgeschmacktheit nicht ihresgleichen finden. Wer alte Gemälde gesehen hat, besonders solche, die aus Mönchshänden hervorgingen, wird mir recht geben.

Von den unendlich vielen Beispielen mönchischer Geschmacklosigkeit und Borniertheit, wie sie sich in Gemälden äußert, nur zwei. In Erfurt befand – oder befindet sich vielleicht noch – ein Gemälde, welches die Transsubstantiation verherrlichen soll. Die vier Evangelisten werfen kleine Papierchen in eine Handmühle, und auf den Zetteln liest man die Worte: »Das ist mein Leib.« Die vier großen Kirchenlehrer halten einen Kelch unter, und das Jesulein fährt geschroten aus der Mühle in den Kelch.

An einem anderen Orte befindet sich eine Darstellung von dem Opfer Abrahams. Isaak kniet kläglich auf dem Holzstoß, und sein Vater setzt ihm eine Pistole auf die Brust. Der Hahn ist gespannt, und man sieht, der Erzjude will eben abdrücken; man zittert, aber oben in den Wolken schwebt schon der Erretter, ein Engel, der so geschickt aus der Höhe herunterpißt, daß durch sein heiliges Wasser das Pulver auf der Pfanne naß und dadurch Isaak gerettet wird.

Es würde mich zu weit führen, wollte ich den Einfluß des mönchischen Christentums auf die Malerei und Kunst überhaupt weiter ausführen; ich überlasse das den unbefangenen Fachmännern und begnüge mich damit, auf die in den Museen aufgehäuften Erzeugnisse hinzuweisen, welche dieser Religionsanschauung ihr Dasein verdanken. Es ist gewiß viel relativ Herrliches darunter; allein man vergleiche es mit den Werken, die aus einer Zeit und von Künstlern stammen, die sich von dem eigentlichen römischen Christentum emanzipiert haben.

Den Mönchen verdanken wir auch die Schauspiele, rufen die Klosterfreunde. – Nun, auf diesen Ruhm werden die frommen Männer, welchen die Schauspiele ein Greuel sind, eben nicht besonders stolz sein; allein die Sache hat ihre Richtigkeit. Unsere Schauspiele gingen allmählich aus den sogenannten Mysterien hervor, welche in den Klöstern aufgeführt wurden; aber Shakespeare, Lessing, Schiller, Goethe und Konsorten, welche die rein christlichen Vorbilder verließen und sich zuviel mit den Schauspielen der alten Heiden beschäftigten, haben sie vollkommen verpfuscht!

In diesen Klosterschauspielen erreicht die Mönchsdummheit ihren Gipfelpunkt, und wer einmal recht von Herzen lachen will, der suche sich dergleichen Machwerke zu verschaffen, und wer das nicht kann, der lese das vortreffliche Werk von Karl Julius Weber, Die Möncherei. Der treffliche Mann ist tot; aber wenn er sich noch um die Erde bekümmern sollte, würde er sich gewiß freuen, daß ich in diesem Buche mir seine fabelhafte Belesenheit zunutze machte. Ein Lieblingsthema der Mönche scheint die Schöpfung gewesen zu sein, denn sie wurde sehr oft dargestellt, und höchst erbaulich ist es, wenn Gott, der im Schlafrock mit Brille und Perücke erscheint, von Adam auf den Knien darum gebeten wird – erschaffen zu werden.

In einem dreiaktigen »Passionsspiel«, welches 1782 unter dem Titel »Die Sündflut« in Ingolstadt aufgeführt wurde, klagt Gottvater über das sündige Leben der Menschen:

Ist das, o Mensch! das Leben dein!
Der Henker soll Gottvater sein,
Es tut mich bis in Tod verdrießen,
Daß ich euch Schweng'l hab' machen müssen. –

Neptun und Äolus bieten nun Gott ihre Dienste an, das sündige Geschlecht zu vertilgen, und ersterer sagt höchst ärgerlich:

Tut länger Ihr so barmherzig sein,
So schlagens uns noch in d' Fressen 'nein,
Ein Exempel müßt Ihr statuieren,
Sonst tun's einem noch ins Haus hofieren.

Endlich ist die Arche fertig und zum Abfahren bereit. Der Engel trinkt mit Noah eine Flasche Wein; dieser geht endlich in die Arche, der Engel schiebt den Riegel vor, und nun geht das Donnerwetter, das Regnen und der Sturm los, daß die Menschen in der Luft herumfliegen.

Als endlich die Geschichte zu Ende ist und Noah opfert, spricht Gott:

Potz Element, was riecht so süß?
Das ist zu meiner Ehre gewiß.
Zum Zeichen, wie ich dir gewogen,
Nimm um den Hals den Regenbogen.

Fama posaunt dies nach allen vier Winden in einer herrlichen Arie aus:

Das bleibt der Welt nun immer kund,
Geschlossen ist der Gnadenbund.
Pum, Pum, Pumpidipum, Pum!

In einer Passionskomödie, die in einem schwäbischen Kloster aufgeführt wurde, tritt Judas zu den versammelten Pharisäern:

Judas. Gelobt sei Jesus Christ, ihr lieben Herrn!

Phar. In Ewigkeit! Judas, was ist dein Begehr'n?

Judas. Ich will euch verraten Jesum Christ,
Der für uns am Kreuz gestorben ist.

Größerer Unsinn kann wohl nicht leicht in vier Zeilen gesagt werden!

Besonders stark in derartigen Schauspielen waren die Jesuiten; wenn sie sich auch von solchen plumpen Dummheiten frei hielten, so ersetzten sie dieselben reichlich durch mehr innerliche. Ein sehr schönes, originelles Stück ist des Paters Sautter »Genius der Liebe«, und ein Theaterdirektor könnte heutzutage sein Glück machen, wenn er diese brillante Oper, mit Offenbachscher Musik, auf die Bühne brächte.

Heilige Jungfrauen (aus meinem zweiten Kapitel) bringen dem Genius »Gaben der Liebe« in goldenen Schalen. Der Genius singt:

Genius. Nun! was bringt mir, liebe Bräute,
Euer Galantismus heute?

St. Luzia. Herr! dir zum süßen Augenschmaus
Stach ich mir selbst die Augen aus.

St. Euphemia. Für dich, o Herr, zur Morgengab',
Schnitt ich mir Nas' und Lefzen ab.

St. Apollonia. Viel weißer als das Elfenbein
Siehst du hier Zähne, Jesus mein!

St. Magdalena. Ich bringe dir zum Opfer dar
Meine schöne blonde Haar;
Nimm auch von mir verschreiten Musch
Den roten und den weißen Tusch.

Chor. Pupillen,
Mammillen
Und Zähne schneeweiß!
Jungfräulich Haar',
Nasen und Lefzen und mehr solche War'
Steh'n, heilige Liebe, hier alle dir preis!

Die Prozessionen sind auch eine Erfindung der Mönche, und ihr seltsamer Geschmack verwandelte sie in die seltsamsten, abenteuerlichsten und lächerlichsten Possenspiele. Besonders bunt und toll waren die am Karfreitage und am Fronleichnamsfeste. Alle Personen aus dem Alten und Neuen Testament erschienen in entsprechendem Kostüm – natürlich nach mönchischer Anordnung und Angabe – im Zuge. Wie im wilden Heere wirbelte der tollste Maskenzug Menschen und Tiere durcheinander, die Straße entlang. Jede Gruppe sang ihr eigenes Lied, und dem Zuschauer wurde ganz schwindlig dabei. Nahm er aber nicht andächtig den Hut ab, oder unterstand er sich gar, über den tollen Spuk zu lachen, dann konnte es ihm leicht sehr übel ergehen, denn die Geistlichen ermahnten selbst von der Kanzel herab, die Spötter zu züchtigen.

Noch unter Karl Theodor von Bayern predigte der Karmeliter F. Damascenus in München: »Liebe Christen, morgen ist Prozession. Ihr werdet da an vielen Fenstern Freimaurer und Freidenker sehen, – Unchristen, die unsrer spotten. Waffnet euch mit dem Eifer des Herrn, greifet nach Steinen und werfet sie nach ihnen.« – Anstatt den Eiferer zu bestrafen, ließ ihm Karl Theodor sein Wohlgefallen an seinem Eifer zu erkennen geben!

Diese Prozessionen endeten gar häufig mit Liederlichkeiten und Saufereien, wenn sie nicht schon damit begannen. Engel, Apostel und Teufel soffen sich gemeinschaftlich voll, und der Bauernlümmel, der Jesus vorstellte und der gewöhnlich der Dümmste war, kam meistens betrunken ans Kreuz und fing an zu extemporieren. Ein solcher Jesus, den ein nicht ganz klar sehender Ritter Longinus mit der Lanze in der Seite kitzelte, anstatt die mit Blut gefüllte Schweinsblase zu treffen, schrie ganz erbost: »Hol mich der Teufel, Arm und Bein schlag ich dir entzwei, wenn ich, herunterkomme!«

Es kamen noch weit unanständigere und lächerliche Szenen bei dieser Kreuzigung vor, die ich aber weglassen muß, weil sie zu sehr an die Zote streifen. – Wäre ich ein Pfaffe oder ein Frommer, so müßte ich mit einem Seufzer meine Augen zum Himmel aufschlagen und an diesen »Mißbrauch des Heiligsten« meine salbungsvollen Redensarten knüpfen; ich mache aber nicht den geringsten Anspruch darauf, von irgend jemand für einen »frommen Christen« gehalten zu werden, und muß ehrlich gestehen, daß mich diese Sachen weit mehr amüsieren als empören.

Da wir aber nun einmal bei der spaßhaften Seite der Möncherei sind, die ich bei der Charakteristik derselben nicht unberücksichtigt lassen durfte, mögen jene Leser, die sich vielleicht daran ärgern, diesen Kelch auf einmal leeren. Ich will es übrigens kurz machen, obwohl dieses Thema ein besonderes Buch verdiente. Wer hätte nicht schon von den berühmten Predigten des Paters Abraham a Sancta Clara gehört! Sie sind in einer neuen Auflage zum Amüsement der Ketzer erschienen, und ich will mich daher nicht lange bei ihnen aufhalten, da sie jedem zugänglich sind.

Diese Predigten, welche oft die originellsten und seltsamsten Vergleiche und Wendungen enthalten, hatten seinerzeit auf das Volk eine große Wirkung. In seinem Eifer brachte er oft die seltsamsten Dinge vor, wovon der Schluß einer Predigt über den Ehebruch als Probe dienen mag: »Ja, ja! es gibt so verdorbene Männer, daß sie diesem Laster nachrennen, und wenn sie zu Hause die schönsten Frauen haben! Wie gern würden wir, was uns betrifft, die Stelle dieser Männer vertreten!«

In ähnlicher Art, aber noch derber und oft unflätig, predigte in der Mitte des 16. Jahrhunderts der Pater Cornelius Adriansen zu Brügge in Flandern, wo er in dem zu jener Zeit herrschenden großen Revolutionskrieg eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Er sprach, was ihm gerade in den Mund kam, und das war dann häufig sehr derb niederländisch.

Einst verglich er des Himmels Süßigkeit mit – Hammelfleisch und weißen Rüben, welches Gericht er wahrscheinlich sehr gern aß. Der Rat der Stadt konnte es ihm nie recht machen, und er schimpfte über ihn ganz öffentlich von der Kanzel, so daß ihm endlich das Predigen untersagt wurde. Eine Rede gegen diesen Rat schloß er mit einer neuen Beschuldigung und bereitete auf dieselbe mit den Worten vor: »Nun noch eine Klette an seinen Hintern!« – Diesen Pater Cornelius werden wir im nächsten Kapitel genauer kennenlernen, wenn ich von dem Mißbrauch des Beichtstuhls rede.

Noch populärer als Cornelius und Abraham a Sancta Clara übte der kurz vor der Revolution in Neapel verstorbene Pater Rocco großen Einfluß aus. Dieser sagte dem König Ferdinand die derbsten Wahrheiten, und man durfte ihn nicht hindern, denn in seiner Hand lag das Schicksal Neapels. Alle Lazzaroni zitterten, wenn er den Mund auftat, und niemand wagte eine Miene zu verziehen, wenn er auch die lächerlichsten Dinge vorbrachte.

Einst jagte er einen Marktschreier von seiner Bühne herab, trat an seine Stelle, hielt das Kreuz in die Höhe und rief mit Donnerstimme: »Dies ist der wahre Policinello!« Alles zitterte, und er hielt den Ehebrecherinnen eine furchtbare Strafpredigt über den seltsamen Text: »Und Alexanders Bucephalus ließ niemand aufsitzen als seinen Herrn und übertraf die Menschen an Tugend.« »Ich will sehen«, sprach er, »ob eure Sünden euch leid sind. – Wem es mit der Buße Ernst ist, der recke die Hand in die Höhe.« – Alle Hände reckten sich in die Höhe. – »Nun, heiliger Michael, der du mit deinem Flammenschwerte am Throne des Ewigen stehest, haue alle die Hände ab, die sich in Heuchelei erheben!« – und alle Hände sanken wie mit einem Schlage herunter. Nun aber begann Rocco eine furchtbare Strafpredigt und schloß dieselbe mit Erzählung einer Vision oder eines Traumes, in welcher er durch eine Abtrittsöffnung tief, tief hinuntergesehen auf eine ungeheure Schar von Lazzaronis, die der Teufel sich alle hinten hineingesteckt habe in eine Öffnung, die so groß gewesen sei wie der See Agnano.

Die römische Kirche zählt unter ihren Mönchspredigern so viele originelle Leute, daß ich nur einige wenige anführen kann. – Ein Kapuziner hatte sich von einem anderen eine Passionspredigt machen lassen; sie schloß: »Und Christus verschied.« Dieser Schluß schien dem Pater doch gar zu dürftig, und er fügte noch schnell hinzu: »Nun, Gott sei dem armen Sünder gnädig!«

Der Liebling des Würzburger Publikums am Ende des vorigen Jahrhunderts und einer der größten Feinde der Aufklärung war der achtzigjährige Kapuziner Pater Winter. Eine Rosenkranzpredigt schloß er einst mit folgender Frage: »Wer sind die Neuerer?« – sehr lange spannende Pause – »Esel sind sie, Amen!«

Ein Franziskaner hielt 1782 bei Einkleidung einer Nonne zu Gmünd eine Predigt, die von ganz Deutschland mit vielem Lachen gelesen wurde. Besonders komisch ist der Schluß: »Nun, geistliche Braut, seien Sie ein junger Affe, der seiner Mutter, der würdigen Frau Oberin, alles nachäfft – äffen Sie nach dem alten Affen in Tugenden, Kasteiungen und Bußwerken – äffe nach, du junger Affe, ihre Keuschheit, Demut, Geduld und Auferbaulichkeit! – Und Sie, würdige Frau Oberin! gleichen Sie dem alten Bären, der ein ungelecktes Stück Fleisch so lange leckt, bis es die Gestalt eines jungen Bären hat – lecke, du alter Bär, gegenwärtiges geistliches Stück Fleisch so lange, bis es dir vollkommen ähnlich ist – lecke du auch dein ganzes Konvent samt allen Kost und Klosterfräuleins – lecke, du alter Bär, die sämtliche Familie der geistlichen Braut und alle hier in dem Herrn Versammelten – zuletzt lecke auch mich, damit wir alle wohlgeleckt und gereinigt den Gipfel der Vollkommenheit erreichen mögen. Amen!«

Eines der originellsten Predigertalente war aber wohl der sogenannte Wiesenpater zu Ismaning in Bayern, der vor hundert Jahren lebte. Seine Rosenkranzpredigt: »Der heilige Rosenkranz überg'waltigt d' Höllenschanz« und seine Schwanzpredigt sind höchst komisch. Die letztere sollte bewirken, daß die Bauernburschen sich nicht mehr, wie sie zu tun pflegten, Sauschwanz schimpften, sondern beim Namen nannten. In ihr kommt folgende Stelle vor: »Warum, meine Christen, ist gewachsen dem Hund sein Schwanzerl? Dem Hund sein Schwanzerl ist gewachsen, damit er wedle und wackle, daß ihm nicht fahren die Mucken ins Loch. – Wir Geistlichen sind aber die wahren Schwanzerl, wir müssen wedeln und wackeln, damit die Seelen der gläubigen Christen nicht fahren ins Loch des Teufels!«

Wenn nun auch einzelne Spötter über solche Mönchspredigten lachten, so waren sie doch von Wirkung auf das Volk und dem Bildungsgrade desselben angemessen. Wäre dies nicht der Fall gewesen, so hätte Luther gewiß nicht in derselben Weise gepredigt. Einst predigte er über die letzte Posaune: »So geht es in die Feldschlacht; man schlägt die Trommel und bläst die Trommete Tara-tan-ta-ra! – man macht ein Feldgeschrei Her! Her! Her! – der Hauptmann ruft Hui-Hui-Hui! Bei Sodom und Gomorrha waren die Trommete und Posaune Gottes, da ging es Pumperlepump-Plitz-Platz-Schein! – Schmier! Denn wenn Gott donnert, so lautete es schier wie eine Pauke Pumperlepump – das ist das Feldgeschrei und die Tarantan-tara Gottes, daß der ganze Himmel und alle Luft wird gehen Kir-Kir-Pumperlepump!« – Nun denke man sich dazu die Gebärden des heftigen Mannes und bewundere die Zuhörer, welche zitterten und bebten und nicht lachten!

Von den evangelischen, protestantischen, lutherischen und anderen nichtrömischen Predigern hört man auch zuzeiten Unsinn, welcher dem vorangeführten nicht viel nachgibt. Ich kannte einen Garnisonsprediger Ziehe in Berlin, der sehr häufig in Knittelversen predigte. Meistens reden die Herren aber langweiligen Unsinn.

Hätten die Mönche weiter nichts getan als schlechte Schauspiele aufgeführt und verrückte Predigten gehalten, dann könnte man ihnen ihr Dasein allenfalls verzeihen, allein sie übten einen unendlich unheilvollen Einfluß dadurch, daß sie sich der Erziehung des Volkes bemächtigten und über die Schule hinaus demselben Laster einimpften, die in den Klostermauern ausgebrütet wurden und in ihnen die größten Schandtaten und Niederträchtigkeiten hervorbrachten, die in der »Welt« sicher sehr selten vorkommen und dann mit den härtesten und entehrendsten Strafen, die das Gesetz vorschreibt, bestraft werden.

Wer von den Klostergeistlichen nichts weiter kennt als ihre Lächerlichkeiten, der ist gar leicht geneigt, sie für harmlose Dummköpfe zu halten; wer aber tiefer in das Klosterleben hineinsieht, der entsetzt sich vor der Bosheit und Verworfenheit dieser »frommen« Herren, die in den echt römisch-katholischen Ländern noch heute den größten Einfluß haben.

Mönche zu Lehrern des Volkes machen, ist das größte und verderblichste Unrecht, welches man an demselben begehen kann, und unbegreiflich bleibt es, daß die Erfahrungen von Jahrhunderten darüber noch nicht genügend aufgeklärt haben und daß in vielen Ländern Europas das Schulwesen mit dem Mönchswesen auf das engste verbunden und selbst in protestantischen Ländern von der Kirche abhängig gemacht worden ist.

Das pedantische Pennalwesen, welches noch heutzutage selbst in vielen – protestantischen Schulen, besonders in England, herrscht, ist die Folge der Mönchsschulen, wo die Kinder auf die schauderhafteste Weise behandelt wurden.

Man sollte es kaum für möglich halten, daß die preußische Regierung noch anfangs dieses Jahrhunderts den Trappisten, den allerwahnsinnigsten Mönchen, die es gab, Erlaubnis erteilte, zu Bieren und Walda im Paderbornischen Schulen zu errichten!

Diese fanatischen, bornierten Mönche übernahmen junge Leute, ja Kinder beiderlei Geschlechts von drei bis vier Jahren – zur Erziehung! Der Abt reiste überall selbst umher, leichtgläubige Eltern zu verführen, ihm ihre armen Kinderchen zu übergeben. Auf diese Weise wurden Hunderte dieser unglücklichen Opfer zusammengeschleppt. Es wäre ihnen besser gewesen, man hätte sie gleich bei der Geburt erstickt! – Die Mütter wären wahnsinnig geworden, hätten sie gesehen, wie die Trappisten mit den unschuldigen Kindern umgingen. Die Schilderung, welche ein Augenzeuge davon macht, wendet einem nicht ganz gefühllosen Menschen das Herz im Leibe herum!

Die Kinder, meistens im Alter von vier bis zehn Jahren, lebten in düsteren Zellen, deren ganzes Gerät ein Strohsack, ein Totenkopf, Spaten und Hacke war, womit sie ihre Kartoffelfelder bearbeiteten, die sie nebst Wasser und Brot nährten. Sie waren gekleidet wie die Trappisten und mußten ganz ebenso leben wie ihre Lehrer. Sie durften nicht reden, und die ganze Anstalt glich einem Taubstummen-Institute. Wenn solch ein armes Kind zur Unzeit sprach, lachte, aß oder sonst einen kleinen Fehler beging, wurde es bis aufs Blut gegeißelt. Fortwährend Prügel, gewürzt durch etwas Latein, das war die ganze Erziehung, denn alle anderen Wissenschaften wurden verachtet.

Es konnte nicht ausbleiben, daß viele der Kinder durch die Flucht sich dieser barbarischen Behandlung zu entziehen suchten; allein die armen Geschöpfe wurden leicht wieder eingefangen, und die fürchterlichsten Strafen schreckten von ferneren Fluchtversuchen ab. Klagen konnten die Ärmsten niemandem, denn die Eltern durften ihre Kinder nicht sprechen, und diese waren bis zum 21. Jahre Eigentum des Klosters!

Die Folge davon war, daß eine große Menge der Kinder krank oder wahnsinnig wurde. Es kamen Gerüchte davon unter das Volk, und der Ex-Jesuit Le Clerc schrieb öffentlich gegen diese Kindermordanstalt. Seine Stimme fand Gehör, und Friedrich Wilhelm III. von Preußen machte der Scheußlichkeit ein Ende.

Aber nicht alle Fürsten denken so vernünftig, und wir sehen in anderen Staaten Klöster und Klosterschulen in höchster Blüte. Die Mönche trachten danach, ihre Schüler zu Mönchen oder doch möglichst mönchähnlich zu machen, und in der höchsten Vollkommenheit zeigen sich diese Bestrebungen bei der Erziehung der Novizen, weshalb ich einiges darüber sagen will.

Climakus spricht: »Es ist besser gegen Gott sündigen als gegen seinen Prior.« Das erste Gesetz in einem Kloster ist unbedingter Gehorsam, und deshalb trachtet man denn auch vor allen Dingen danach, Geist und Körper in Fesseln zu legen. Ein Novize darf gar keinen Willen haben; er muß auf den Wink der frommen Väter oder des Novizenmeisters aufpassen wie ein Pudel in der Dressur. Er muß auf Befehl krank und gesund sein, sich in Wasser oder Feuer stürzen und die unsinnigsten Dinge vornehmen, wenn sie ihm geheißen werden.

Die Novizen sind die Hofnarren der Patres und müssen sich alle Ausbrüche ihrer guten oder bösen Laune gefallen lassen. Diese nehmen mit ihren Zöglingen die allerverrücktesten Dinge vor, um sie »an Gehorsam und Demut zu gewöhnen«.

Die Novizen mußten zum Beispiel manchmal, mit schweren Reitstiefeln angetan, auf einem Bein um den Tisch hüpfen oder ein Dutzend Purzelbäume schlagen, so gut sie es konnten. Dann wurde ihnen wieder befohlen, Fischeier oder Salz in die Erde zu säen, oder man spannte sie an einen Wagen und ließ sie einen Strohhalm oder eine Feder spazierenfahren.

Kapuziner haben ihren Novizen Heu und Stroh vorgesetzt oder sie aus Sautrögen essen lassen. Ein Vergnügen, welches sie sich oftmals machten, war, daß sie auf dem Fußboden einen Strich mit Kreide zogen und nun dem Novizen befahlen, diesen aufzulecken. Das war an und für sich schon arg genug; aber überdies zogen sie den Strich absichtlich über den Speichel, womit sie die Dielen zu verzieren pflegten.

Oft ließ man die armen Dulder auch exerzieren. Es wurde ihnen ein alter Kessel über den Kopf gestülpt, ein Bratspieß oder Flederwisch an die Seite gesteckt und eine Bratpfanne als Gewehr über die Schulter gelegt.

Wehe dem Unglücklichen, der es wagte, die Miene zu verziehen oder sich gar Worte des Widerspruchs zu erlauben; ihn erwarteten strenge Strafen. Wenn ein Novize vielleicht beim Gesang zu früh einfiel oder die Tür zu heftig zuwarf, etwas fallen ließ und dergleichen, so war dies eine culpa levis, und man strafte ihn damit, daß man ihn, auf den Knien liegend, mit ausgestreckten Armen ein langes Gebet sprechen ließ, oder indem er einen Finger in die Erde steckte, was man Bohnenpflanzen nannte.

Eine culpa media war es, wenn es der Novize unterließ, dem Obern die Hand oder den Gürtel zu küssen, oder vergaß, sich vor dem Allerheiligsten, wenn es vorbeigetragen wurde, zu verneigen, oder wenn er ohne Erlaubnis auslief. Für solche Vergehen mußte er hungern oder mit seinem Gürtel um den Hals an der bloßen Erde essen.

Ging er ohne »geistliche Waffen«, das heißt ohne Rock, Skapulier und Gürtel zu Bette, besaß er irgend etwas als Eigentum, schrieb er Briefe oder opponierte sich gar gegen Obere, dann beging er eine culpa gravis und wurde mit entsetzlichen Hieben, Fasten und Einsperrung bestraft.

Eine culpa gravissima aber war es, wenn er einen anderen geschlagen, verwundet oder gar getötet, oder wenn man den Novizen auf wiederholter Unkeuschheit ertappt hatte, oder wenn er den Versuch machte, aus dem Kloster zu entweichen. Diese Verbrechen wurden nach den Umständen oder nach Laune der Obern mit einjähriger Einsperrung bei Wasser und Brot oder auch mit täglicher Geißelung und ewigem Gefängnis bestraft.

Und was für Gefängnisse waren es, in welchen die Ärmsten oft wegen geringer Vergehen jahrelang sitzen mußten. Pater Franz Sebastian Ammann, der Benediktinerstudent im Kloster Fischingen und dann Guardian (Vorsteher) mehrerer Klöster in der Schweiz gewesen war und dem wir die interessantesten und abschreckendsten Aufschlüsse über das jetzige Klosterleben verdanken, beschreibt auch den im Kapuzinerkloster auf dem Wesamlin bei Luzern befindlichen Kerker (Custodie). Er liegt an einem feuchten und grauenhaften Orte, ist von dicken Balken aufgeführt, mit zwei Türen und einem kleinen stark vergitterten Fenster versehen und inwendig ungefähr 12 Fuß lang, 6 breit und ebenso hoch. Da er nicht heizbar ist, so hat hier schon mancher durch Kälte und schlechte Nahrung sein Leben eingebüßt. Wie mögen nun erst dergleichen Löcher im Mittelalter beschaffen gewesen sein.

Die gewöhnliche Beschäftigung der Novizen war sehr dazu geeignet, den Menschen in ihnen zum Vieh herabzuwürdigen. Ihre wissenschaftlichen Studien bestanden darin, daß sie aszetische Schriften oder das Brevier lesen mußten, woraus allerdings sehr viel Weisheit zu holen war! – Dann mußten sie sich im Schweigen und im Niederschlagen der Augen, kurz in der Heuchelei üben. Wer zu unrechter Zeit den Mund auftat, mußte eine Zeitlang ein Pferdegebiß im Munde tragen, und wer seine Augen zuviel umherschweifen ließ, erhielt eine Brille oder Scheuklappen.

Ferner war es das Geschäft der Novizen, zu läuten, die Treppen, Gänge, ja selbst die Abtritte zu fegen. Wer verschlief, der mußte mit der Matratze oder mit dem Nachttopfe am Halse erscheinen oder im Sarge schlafen. – Holz, Licht und Wasser herbeizuholen, gehörte ebenfalls zu ihren Verrichtungen, und außerdem mußten sie noch im Chor singen bis zur äußersten körperlichen Erschöpfung.

Dabei fehlte es nicht an allerlei Kreuzigungen des Fleisches. Sie mußten in der größten Hitze dürsten, bis sie fast verschmachteten; den Abspülicht der Geschirre als Suppe essen oder, wenn sie hungrig waren, mit jedem Löffel voll Speise eine Leiter hinaufsteigen und durften ihn dann erst in den Mund stecken, wenn sie oben angelangt und noch etwas darin war.

Zu Meran in Tirol mußte 1747 an einem Feste ein Kapuziner-Noviz – er war der Sohn eines Grafen – drei Stunden lang gebunden an einem Kreuz hängen und fortwährend rufen: »Erbarmen mir großem Sünder!« – Er hatte einen Krug zerbrochen! Fischingen, in welchem der obengenannte ehemalige Guardian Ammann von seinem siebenten bis vierzehnten Jahre war, stand in dem Rufe, eines der sittenreinsten und vorzüglichsten Klöster der Schweiz zu sein, und welche Nichtswürdigkeiten gingen hier vor!

Die liederlichen Patres lebten untereinander wie Hund und Katze, und einer suchte dem andern auf jede Weise zu schaden. Ammann wurde von einem seiner Lehrer so lange mit einem schweren Lineal auf die Fingerspitzen geschlagen, bis Blut herausspritzte und die Hände ganz dick geschwollen waren. Dann mußte er in einem offenen Gange mitten im Winter zwei Stunden lang auf dem Ziegelboden sitzen; und warum? – Weil er von einem andern Lehrer nichts Böses zu sagen wußte! – Mönche sind nur eins in ihrem Hasse gegen die Weltgeistlichen, aber diese werden von ihnen gründlich gehaßt.

Ein von dem ehemaligen Benediktiner zu Rom Raffaeli Cocci (1846 bei Pierer in Altenburg) veröffentlichtes Buch enthält über die Novizen und über die Klosterverhältnisse so entsetzliche Tatsachen, daß sich beim Lesen derselben die Haare sträuben. Der Unglückliche wurde durch seine von den Geistlichen ganz umgarnten Eltern gezwungen, ins Kloster zu gehen, und hatte hier Schreckliches zu leiden, bis es ihm endlich 1842 gelang, nach England zu fliehen, wo er wohl noch lebt.

Interessant ist zu beobachten, wie den Knaben schon von Jugend auf unter dem Schleier der Religion der bitterste Haß gegen die Protestanten ins Herz gepflanzt wird. Diese, lehrte man, beteten den Mammon als Gott an und glaubten nicht an Jesum; täglich kämen bei ihnen Fälle vor, wo einer den andern totschlüge; die Römisch-Katholischen, die in ihre Länder kämen, würden zum Tode verurteilt; sie hätten keine Gesetze, sondern lebten fortwährend in einem anarchischen Zustande.

Wenn ein Novize Vernunft zeigte, dann war es um ihn getan: er hatte die entsetzlichsten Qualen zu erdulden. Man wandte die äußersten Mittel an, den rebellischen Geist des Knaben durch Einwirkungen auf die Sinne zu brechen, was bei vielen zum Wahnsinn führte. Cocci fand einst nach einer schrecklichen Predigt in seiner Zelle ein grinsendes Totengerippe und ein anderes Mal ein scheußliches Gemälde des Jüngsten Gerichts, welches mit vielen Lichtern beleuchtet war. Wenn solche Mittel nicht fruchten wollten, dann folgten die grausamsten Geißelungen.

Weiter unten, wenn ich von den Folgen des Zölibats in den Klöstern rede, wird sich zeigen, welchen schändlichen Verführungen die unter Leitung der Mönche stehenden Knaben ausgesetzt sind, und ein jeder Vater wird daraus erkennen können, wie höchst gefährlich es für seine Kinder ist, wenn er diese in Klosterschulen unterrichten läßt.

Welche Vorteile kann auch diesen Gefahren für die Sittlichkeit gegenüber die Erziehung durch Geistliche gewähren! Der größte Teil derselben, mögen sie nun Katholiken, Lutheraner oder Reformierte heißen, sind beschränkt, und diejenigen, die es nicht sind, müssen so scheinen, da ihre Existenz davon abhängt. Die unter ihrer Leitung erzogenen Knaben saugen von Jugend auf eine Menge falscher Ansichten und Vorurteile ein, die sie dann ihr ganzes Leben lang wie eine Sklavenkette mit sich herumschleppen und die ihnen vielfach an ihrem Fortkommen hinderlich sind. Man nehme die Erziehung aus den Händen der Geistlichen und trenne die Kirche durchaus von der Schule; ehe das nicht geschieht, werden wir nicht Männer erziehen, welche den Anforderungen des gegenwärtigen Jahrhunderts entsprechen.

Ich erwähnte oben, daß die Novizen für geringe Vergehen grausam gegeißelt wurden, und muß einiges über das Geißeln überhaupt sagen, da es eine ganz außerordentlich große Rolle in der römischen Kirche und besonders in den Klöstern spielt. Ich habe einen ganzen Band über das Geißeln geschrieben, und andere haben es vor mir getan, aber dennoch den Gegenstand nur oberflächlich behandeln müssen, da er in der Tat zu reichhaltig ist, um in einem Bande erschöpft werden zu können. Hier muß ich mich vollends nur auf wenige und fragmentarische Angaben beschränken.

Schon unter den Christen der ersten Jahrhunderte gewann der Gedanke Raum, daß es verdienstlich und zur Erlangung der Seligkeit förderlich sei, sich Entbehrungen und körperliche Qualen freiwillig aufzuerlegen. Der Gedanke lag nahe, sich diese durch selbst erteilte Schläge zu verursachen, und wir finden daher schon frühzeitig unter den Christen Selbstgeißler, besonders unter den Mönchen. In den Statuten vieler Klöster heißt es darüber: »Wenn die Mönche die Geißelung an sich selbst ausüben, so sollen sie sich an Jesum, ihren liebenswürdigsten Herrn, erinnern, wie er an die Säule gebunden und gegeißelt ward, und sollen sich bemühen, wenigstens einige geringe von den unaussprechlichen Schmerzen und Leiden selbst zu erfahren, welche er erdulden mußte.«

Andere Gründe für die Selbstgeißelung waren, daß man dadurch sein Gewissen beruhigte, wenn man eine Sünde begangen hatte, und als durch die Pfaffen der Glaube aufkam, daß man durch diese oder jene von ihnen auferlegte Pönitenz sich entsündigen könne, so lag der Gedanke nahe, daß dies durch selbst gegebene Schläge geschehen könne. Ein weiterer Grund dafür war auch der, daß man dadurch die »Anfechtungen des Fleisches« besiegen wollte.

Allmählich wurde die freiwillige Geißelung als Bußmittel immer beliebter. Es bildeten sich besondere Gebräuche dabei, und das Verhältnis zwischen Sünde und Hiebe wurde festgestellt. Besondere Bußbücher bestimmten, durch welche Strafen gewisse Sünden gebüßt werden könnten. Geißelhiebe wurden gleichsam die Scheidemünze der Buße besonders für diejenigen, welche der römischen Kirche keine anderen Münzen zahlen konnten.

In der Mitte des 11. Jahrhunderts gab es in Italien einige Männer, welche im Selbstgeißeln Unerhörtes leisteten. Sie geißelten sich nicht nur für ihre Sünden, sondern übernahmen auch die Buße für die Sünden anderer.

Von den vielen Geißelhelden will ich nur den berühmtesten anführen. Es war dies der Mönch Dominikus der Gepanzerte, welchen Namen er erhielt, weil er beständig, außer wenn er sich geißelte, einen eisernen Panzer auf dem bloßen Leibe trug. Petrus de Damiani, der Kardinalbischof von Ostia, war Abt des Benediktinerklosters zu Fonte-Avallana, in welchem Dominikus lebte. Er erzählt:

»Kaum vergeht ein Tag, ohne daß er mit Geißelbesen in beiden Händen zwei Psalter hindurch seinen nackten Leib schlägt, und dieses in den gewöhnlichen Zeiten, denn in den Fasten oder wenn er eine Buße zu vollbringen hat (oft hat er eine Buße von hundert Jahren übernommen), vollendet er häufig unter Geißelschlägen drei Psalter. Eine Buße von hundert Jahren wird aber, wie wir von ihm selbst gelernt haben, so erfüllt: Da dreitausend Geißelschläge nach unserer Regel ein Jahr Buße ausmachen und, wie es oft erprobt ist, bei dem Hersingen von zehn Psalmen hundert Hiebe stattfinden, so ergeben sich für die Disziplin eines Psalters fünf Jahre Buße, und wer zwanzig Psalter mit der DisziplinUrsprünglich bedeutet dieses Wort alle Strafen und Züchtigungen; als aber die Disziplin durch Geißeln über jede andere Art den Preis davontrug, wurde das Wort Disziplin der technische Ausdruck, womit man diese Art Züchtigungen bezeichnete, und endlich nannte man selbst das Instrument, welches zum Schlagen gebraucht wurde, die Disziplin. absingt, kann überzeugt sein, hundert Jahre Buße vollbracht zu haben. Doch übertrifft auch darin unser Dominikus die meisten, da er als ein wahrer Schmerzenssohn, da andere mit einer Hand die Disziplin ausüben, mit beiden Händen unermüdet die Lüste des widerspenstigen Fleisches bekämpft. Jene Buße von hundert Jahren vollendete er aber, wie er mir selbst gestanden hat, ganz bequem in sechs Tagen.« – Er gab sich also nach dem angegebenen Maßstabe (3000 für ein Jahr) während dieser sechs Tage 300 000 Hiebe. Er mußte sich also täglich sieben Stunden geißeln und in jeder Sekunde zwei Hiebe geben, was angeht, da er sich mit beiden Händen geißelte.

Welchen Anblick mag der Körper dieses Geißelhelden dargeboten haben, denn schon beim achten Psalter war das Gesicht zerschlagen, voller Striemen und blau und braun. Der Körper Dominikus', erzählt Damiani mit Stolz, habe ausgesehen wie die Kräuter, welche der Apotheker zu einer Ptisane zerstoßen habe!

Es entstand unter den Frommen Streit darüber, ob man sich beim Geißeln entkleiden solle oder nicht, und ferner, ob Schläge auf Rücken und Schultern oder auf den Hintern der Gesundheit weniger nachteilig oder dem Himmel angenehmer seien. Die ganze geißelnde Welt teilte sich in zwei Parteien; die eine zog die obere Disziplin vor (disciplina supra oder im besten Mönchslatein secundum supra), die andere die untere Disziplin (disciplina deorsum, secundum sub.).

Die Gegner der unteren Disziplinen sagten, sie verstoße gegen die Schamhaftigkeit, und der Abbé Boileau sagt in seinem berühmten Werke darüber: »Der hl. Gregorius von Nyssa lobt in seiner kanonischen Epistel den Gebrauch, die toten Körper zu vergraben, welches man seiner Meinung nach tue, damit die Schande der menschlichen Natur nicht dem Sonnenlicht ausgesetzt werde. – Aber ist es bei der verdorbenen Natur nicht weit schamloser und niederträchtiger, beim Lichte der Sonne die Lenden junger Mädchen und ihre, obwohl der Religion geweihten, nichtsdestoweniger wunderschönen Schenkel zu zeigen als einen bloßen und entstellten Leichnam?«

Trotzdem fand die untere Disziplin bei den Frauen den meisten Beifall, und die medizinischen Gründe des gelehrten Abbé Boileau, die ich hierhersetze, machten wenig Eindruck; – im Gegenteil.

»Wenn man ein Übel flieht«, sagt der Abbé, »so muß man wohl achtgeben, daß man nicht unklugerweise in das entgegengesetzte rennt und daß man, nach dem lateinischen Sprichwort, um die Szylla zu vermeiden, nicht in die Charybdis gerät. Wenigstens ist die Geißelung der Lenden um so viel gefährlicher, als die Krankheiten des Geistes mehr zu fürchten sind als die des Körpers. Die Anatomen bemerken, daß die Lenden sich bis zu den drei äußeren Muskeln der Hinterbecken erstrecken, dem großen, dem mittleren und dem kleinen, so daß darin drei Zwischenmuskeln enthalten sind, oder ein einzelner, welchen man den dreiköpfigen Muskel nennt, oder den triceps, weil er an drei Orten des os pubis beginnt, an dem oberen Teil nämlich, an dem mittleren und dem innern. Hieraus folgt nun ganz notwendig, daß, wenn die Lendenmuskeln mit Ruten- oder Peitschenhieben getroffen werden, die Lebensgeister mit Heftigkeit gegen das os pubis zurückgestoßen werden und unkeusche Bewegungen erregen. Diese Eindrücke gehen sogleich in das Gehirn über, malen hier lebhafte Bilder verbotener Freuden, bezaubern durch ihre trügerischen Reize den Verstand, und die Keuschheit liegt in den letzten Zügen.

Man kann nicht daran zweifeln, daß die Natur auf dieselbe Weise verfährt, weil es außer den Nierenblut-, Samen- und Fettadern (veines emulgentes, spermatiques et adipeuses) noch zwei andere gibt, die man Lendenadern nennt und die sich zwischen dem Rückgrat, zu beiden Seiten des Rückenmarkes, befinden und vom Gehirn einen Teil der Samenbestandteile herführen, so daß diese durch die Heftigkeit der Peitschenhiebe erhitzte Materie sich in die Teile stürzt, welche zur Fortpflanzung dienen, und durch den Kitzel und den Stoß des os pubis zur rohen fleischlichen Lust anreizen.«

Diese hier erwähnten Folgen der untern Disziplin – die wir Müttern zur Beachtung empfehlen – waren entweder ihren Anhängern nicht bekannt oder wurden von ihnen nicht gefürchtet, indem sie es, so künstlich zu fleischlicher Lust aufgeregt, vielleicht für um so verdienstlicher hielten, ihr »Fleisch« zu besiegen. Wie die Herren Jesuiten auf diese Wirkung spekulierten, werden wir im letzten Kapitel sehen.

Die Kirche wollte lange Zeit hindurch das Geißeln nicht als eine Notwendigkeit anerkennen; allein die Gegner desselben unterlagen, und das Selbstgeißeln sowohl als das Geißeln als Strafe wurde allgemein und mit einem Fanatismus betrieben, der in unserer Zeit völlig unbegreiflich ist. Der heilige Antonius von Padua kann die Geißelmode nicht genug loben; aber der heilige Franziskus nennt ihn ein »Rindvieh«, und ich will dem Heiligen um so weniger widersprechen, als dieses heilige Rindvieh der Urheber der Geißlerprozessionen wurdeWer sich über den römisch-katholischen Wahnsinn näher unterrichten will, lese den zweiten Teil des Pfaffenspiegel, »Die Geißler« von Corvin. – Berlin SW 61, A. Bock Verlag., aus denen die Geißlerbrüderschaften hervorgingen, die Jahrzehnte hindurch eine große Rolle in der römischen Kirche spielten.

Das Geißeln fand unter den frommen Frauen besonders viele Anhänger und wurde in den Nonnenklöstern besonders mit Leidenschaft getrieben, über den Grund will ich mir weiter keine Untersuchungen gestatten, sondern nur den Verdacht aussprechen, daß der triceps und das os pubis mehr mit dieser Leidenschaft zu tun hatten als die Religion und als die armen Frauen selbst ahnten.

Die Karmeliter hatten eine ziemlich vernünftige Regel, bis sie unter die Herrschaft der heiligen Therese kamen; dieselbe, welche den Mönchen buchstäblich die Hosen auszog und diese ihren Nonnen anzog. In den Regeln, die sie gab, spielte die Selbstgeißelung eine Hauptrolle. Während der Fasten besonders geißelten sich manche ihrer Mönche und Nonnen drei- bis viermal täglich, ja sogar während der Nacht.

Das Kloster zu Pastrana war eine freiwillige Marteranstalt. Eine Zelle war gleichsam das Geißelzeughaus. Hier waren alle nur möglichen Geißelinstrumente angehäuft, und jeder Novize hatte das Recht, sich dasjenige Folterwerkzeug auszusuchen, welches ihm für seine Buße am passendsten schien. – Eine beliebte Art der Selbstquälerei war das sogenannte Ecce homo. Sie wurde gewöhnlich in Gesellschaft vorgenommen. Die bußbedürftigen Brüder stellten sich im Refektorium auf. Einer trat nun aus der Reihe heraus. Er war nackt bis zum Gürtel und sein Gesicht mit Asche bedeckt. Unter dem linken Arm schleppte er ein schweres hölzernes Kreuz, und auf dem Kopfe trug er eine Dornenkrone, in der rechten Hand hatte er eine Geißel. So ging er mehrmals im Refektorium auf und nieder, peitschte sich fortwährend und sagte mit kläglicher Stimme einige besonders zu dieser Gelegenheit verfaßte Gebete her. – War er fertig, dann folgten die andern Brüder.

Der Karmeliterorden hat berühmte Geißelhelden und Heldinnen hervorgebracht, und ich erinnere nur an die heilige Therese und die heilige Katharina von Cardone, von denen ich schon im Kapitel von den Heiligen weitläufiger gesprochen habe. Die letztere brauchte zum Geißeln Ketten mit Häkchen oder eine gewöhnliche Geißel, in die sie Nadeln und Nägel steckte oder sie mit Dornenzweigen durchflochten hatte. Mit solchen gräßlichen Werkzeugen geißelte sie sich oft zwei bis drei Stunden lang.

Maria Magdalena von Pazzi, eine Karmeliternonne zu Florenz, erlangte durch ihre Selbstquälerei und mehr noch durch die Folgen derselben einen hohen Ruf. Sie war 1566 in Florenz geboren und die Tochter angesehener Eltern. Schon als Kind hatte sie eine Leidenschaft für das Geißeln, und als sie siebzehn Jahre alt war, nahm sie den Schleier. Es war ihre größte Freude, wenn die Priorin ihr die Hände auf den Rücken binden ließ und sie in Gegenwart sämtlicher Schwestern mit eigener Hand auf die bloßen Lenden geißelte.

Diese schon von Jugend auf vorgenommenen Geißelungen hatten ihr Nervensystem ganz und gar zerrüttet, und keine Heilige hat so häufig Entzückungen gehabt. Während derselben hatte sie es besonders mit der Liebe zu tun und schwatzte darüber das wunderlichste Zeug. Der himmlische Bräutigam erschien ihr sehr häufig, und sie sah ihn in allen möglichen Lagen. Einst blieb sie, das Kruzifix in der Hand, sechzehn Stunden lang in Betrachtungen über das Leiden Jesu versunken und sah im Geiste eine der Martern nach der andern, welche er erduldet hatte. Dieser Anblick rührte sie so sehr, daß sie Ströme von Tränen vergoß und ihr Bette davon so naß wurde, als ob es in Wasser getaucht worden wäre. Dann fiel sie in Ohnmacht, blaß wie der Tod, und blieb eine lange Zeit ohne Bewegung liegen.

In diese Entzückungen verfiel sie gewöhnlich, nachdem sie das Abendmahl genommen hatte oder wenn sie sich in die Betrachtung eines heiligen Ausspruchs vertiefte. Besonders geschah das, wenn sie über ihren Lieblingstext nachdachte; dieser war: Und das Wort ward Fleisch. Einst geriet sie dabei in eine Verzückung, welche von abends fünf Uhr bis zum anderen Morgen dauerte. Während derselben rief sie plötzlich aus: »Das ewige Wort ist in dem Schoße des Vaters unermeßlich groß; aber in Mariens Schoß ist es nur ein Pünktchen. – Deine Größe ist unergründlich und Deine Weisheit unerforschlich, mein süßer, liebenswürdiger Jesus!« – Das innere Feuer drohte sie zu verzehren, und häufig schrie sie: »Es ist genug, mein Jesus! Entflamme nicht stärker diese Flamme, die mich verzehrt! – Nicht diese Todesart ist es, die sich die Braut des gekreuzigten Gottes wünscht; sie ist mit allzu vielen Vergnügungen und Seligkeiten verbunden!« So steigerte sich ihr Zustand von einer Stufe des Wahnsinns zur anderen, und endlich bildete sie sich ein, förmlich mit Jesus vermählt zu sein und sowohl von ihm wie von ihrem Schwiegervater und dessen Adjutanten, dem Heiligen Geiste, Visiten zu erhalten. Die Hysterie erreichte den höchsten Grad, und »der Geist der Unreinigkeit« blies ihr die wollüstigsten und üppigsten Phantasien ein, so daß sie mehrmals nahe daran war, ihre Keuschheit zu verlieren. Aber die Qualen, denen sie sich nach solchen Versuchungen unterzog, waren entsetzlich. Sie ging in den Holzstall, band einen Haufen Dorngesträuch los und wälzte sich so lange darauf, bis sie am ganzen Körper blutete und der Teufel der Unzucht sie verlassen hatte. So ging es fort, bis endlich der barmherzige Tod ihren Qualen ein Ende machte. Die arme Wahnsinnige wurde natürlich heilig gesprochen.

Die unendlich vielen Abarten des Zisterzienserordens haben sich im Punkte des Selbstgeißelns sehr ausgezeichnet, allein von ihnen keine so sehr als die Trappisten. Sogar Mönche nannten den Stifter dieses Klosters zu La Trappe den »Scharfrichter der Religiösen«. Der Orden war durch die Revolution sehr herabgekommen; aber Karl X. nahm ihn unter seinen besonderen Schutz, und von 1814-1827 zählte man in Frankreich nicht weniger als 600 Nonnenklöster dieses Ordens. Die Geißel war hier an der Tagesordnung, und Mademoiselle Adelaide de Bourbon, die Beschützerin dieser Klöster, wie auch die alternde Frau von Genslis geißelten sich von Zeit zu Zeit mit den Nonnen in frommer Andacht.

Die Krone der Zisterzienser ist aber die hochgepriesene Mutter Passidea von Siena, von der ich schon früher erzählte, daß sie es für verdienstlich hielt, sich wie einen Schinken in den Rauch zu hängen. Im Geißeln leistete sie Dinge, welche selbst Dominikus den Gepanzerten mit Neid erfüllt haben würden. Die natürliche Folge des unmäßigen Geißelns war ebenfalls ein dem Wahnsinn nahekommender Zustand, in welchem ihr Jesus erschien. Das Blut floß aus seinen Wunden, er streckte ihr die Arme entgegen und rief mit zärtlicher Stimme: »Schmecke, meine Tochter, schmecke!« –

Elisabeth von Genton geriet durch das Geißeln förmlich in bacchantische Wut, was aber die Pfaffen heilige Verzückung nannten. Am meisten raste sie, wenn sie, durch ungewöhnliche Geißelung aufgeregt, mit Gott vereinigt zu sein glaubte, den sie sich als einen schönen, nackten Mann und in beständigem Bräutigamstaumel mit seiner irdischen Geliebten dachte. Dieser Zustand des Entzückens war so überschwenglich beglückend, daß sie häufig in den Ausruf ausbrach: »O Gott! o Liebe, o unendliche Liebe! o Liebe! o ihr Kreaturen, rufet doch alle mit mir: Liebe! Liebe!« –

Ich könnte die Zahl solcher Beispiele unendlich vermehren: allein ich halte es für überflüssig, da die Wirkungen so ziemlich überall dieselben waren.

Daß das Geißeln unter den Strafen die Hauptrolle spielte, kann man sich nach dem Gesagten wohl denken. Die Klosterregel der Heiligen Therese ist so reichlich mit Geißelverordnungen gespickt, daß manches Kloster, welches derselben folgte, ein eigenes Magazin für Ruten haben mußte.

Die beschuhten oder graduierten Karmeliter, die sich viel mit dem Studieren beschäftigten und deshalb einige Vorrechte genossen, erhielten dennoch trotz ihrer Gelehrsamkeit bei den kleinsten Vergehungen Prügel. Am allerhärtesten wurden aber die Vergehungen mit hübschen Klosterfrauen bestraft, besonders ein mit denselben begangenes Verbrechen, welches zwar nicht genannt, aber in dem Orden sehr häufig vorgekommen sein muß. Schon auf den bloßen Verdacht hin, dasselbe begangen zu haben, wurde ein Mönch, ohne Hoffnung auf Milderung oder Barmherzigkeit zu haben, mit ewigem Gefängnis bestraft, und zwar: um dort erbärmlich gequält zu werden, wie der Beisatz in den Statuten lautet. Nicht so streng scheint man indessen dergleichen Vergehungen genommen zu haben, wenn sie mit nichtgeistlichen Frauen begangen wurden, und die Mönche trugen Sorge, daß solche in der Nähe waren. Besonders scheinen die Weiber der Klosterdiener, die in den Wirtschaftsgebäuden, der sogenannten Vorstadt wohnten, eine große Anziehungskraft für die heiligen Väter gehabt zu haben, und einen besonderen Wert hatten diejenigen Weiber, welche keine Kinder bekamen oder in der Klostersprache »steriles« (Unfruchtbare) waren. Der bekannte Schriftsteller Karl Julius Weber wohnte einst einer Unterhaltung bei, welche ein Domherr mit seiner Köchin hatte, die von ihm einen höheren Lohn forderte. Der Domherr wollte nicht einsehen, warum sie mehr verlange wie eine andere, allein sie machte ihre Vorzüge geltend und rief mit Selbstgefühl: »Ja, ich bin aber auch eine Sterelise!«

Der Orden von Fontevrauld war ein kurioser Orden. In dem Kloster lebten Mönche und Nonnen zusammen, die oft beieinander schlafen mußten, um Versuchungen gewaltsamerweise und einzig zu dem Zwecke herbeizuführen, sie desto glorreicher zu überwinden. Die Regel dieses Ordens fand so viele Liebhaberinnen, daß nicht selten zwei- bis dreitausend Nonnen im Kloster waren. Da die Schwangerschaften gar zu häufig vorkamen, mußte die Zucht etwas strenger eingerichtet werden.

Dieses Kloster zu Fontevrauld oder Eberardsbrunnen hatte fünfzig Mönchsklöster unter sich. Besonders zahlreich war aber die Zahl der Novizen im Stammhause, und meistens führten hier fürstliche oder andere vornehme Damen das Regiment, denn dieser Orden hatte das Eigentümliche, daß hier das männliche Geschlecht dem weiblichen untergeben war.

Das Geißeln an einem jungen Frater oder Novizen war für die Damen ein Hauptvergnügen und wurde höchsteigenhändig vollzogen und am liebsten der »unteren Disziplin« der Vorzug gegeben. Oft ließen sich beide Teile – Mönche und Nonnen zusammen disziplinieren; die Nonnen vom Beichtvater und die Mönche von der Äbtissin.

Die verbesserten Regeln des Zisterzienserordens waren besonders beim weiblichen Geschlecht mit dem Geißeln sehr freigebig. War eine Nonne gestorben, dann mußten die Schwestern sich noch viele Wochen lang zum Heil der Seele der Toten den Hintern zerhauen. Dies Geißeln zum Heil der armen, im Fegefeuer schwitzenden Seelen fand in vielen Nonnenklöstern statt und auch in Leyden, wie uns der gelehrte, aber etwas derbe Marnix Herr von St. Aìdegonde in seinem »Bienenkorb« folgendermaßen erzählt:

»Noch vber alle dise heylsame hülffmittel, haben die liebe andächtige Schwestern zu Leyden in Holland, vnd in allen Regularissenklöstern, noch etwas gefunden, das sehr artig ist. Den zwischen Remigy und aller Heyligentag, nachdem man die Vigilien von neun Lektionen sehr andächtig hat gesungen, so geht jhre Frau Mater inn eyn finster Kellerlein, mit eyner Ruten inn der hand, vnnd da kommen die Schwesterlein, eyne vor, die ander nach, mit dem hintern bloshaupts, ja etliche auch wol gantz Mutternackend, vnnd legen sich für sie vnnd empfangen die selige Disziplin oder züchtigung für die Seelen im Fegfeuer. Dann als manchmal sie zehen streich empfangen, so manche Seelen fliegen knapp inn schnapps dem Himmel zu, wie die Küe in eyn Mäusloch. Ist das nicht köstlich Ding, mit Nonnenärssen die Seelen aufplasen? Ei der kräfftigen Nonnenfürz, welche so feine Blaßbälg inns Fegfeuer geben! Ich denk, die andern Nonnen, Beginen und Schwestern werdens jnen auch nach thun müssen, vnnd soll allein wolstandshalben geschehen; auch das es der Pater oftmals thun muß, wann kein Mater vorhanden ist; denn malet schon der Müller mit bei tag, so versiehts doch die Müllerin bei nacht.«

Sebastian Ammann, der Ex-Prior der Kapuziner, den ich schon früher erwähnte, gibt eine Beschreibung davon, wie die Geißelung noch in gegenwärtiger Zeit in den Kapuzinerklöstern angewandt wird. Ich führe es hier nur an, damit die Leser nicht glauben, daß was ich erzählte, nur dem »finsteren Mittelalter« angehöre.

»Die Geißel ist ein Instrument, aus Eisendraht geflochten, ungefähr vier Schuh lang; ein Teil davon, den man beim Schlagen um die Hand windet, ist einfach, derjenige aber, mit dem man auf den Leib schlägt, fünffach geflochten und an den fünf Enden gewöhnlich mit eisernen Zacken versehen. Die Geißelung geschieht bei den Kapuzinern auf zweierlei Art. Im Chore nachts bei der Mette heben sie die Kutten auf und klopfen sich auf den bloßen Steiß, bis der Obere ein Zeichen zum Aufhören gibt. Da sie keine Hosen tragen, so geht die Szene schnell auf das Kommando vor sich. In dem Speisezimmer, wo die Geißelung am hellen Tage im Angesicht aller Konventualen vor sich geht, pflegt sie auf folgende Weise zu geschehen. Derjenige, welchem die Strafe zuteil wird, muß, bevor er zu Tische geht, das wollene Hemd (Schweißblätz) und die leinene Schürze (Mutande), die unter der Kutte getragen werden, ausziehen und so mit den anderen sich zum Tischgebete einstellen. Nach diesem gehen alle übrigen zu Tische; der Sträfling aber wirft sich auf die Knie, legt die Geißel vor sich hin auf den Boden, faßt mit beiden Händen die Kapuze und zieht sich die Kutte über den Kopf aus, legt dieselbe vor seine Brust hin, so daß der vordere Leib bedeckt, der hintere aber ganz nackt ist. In dieser Lage hält er mit der linken Hand die Kutte und in der rechten die Geißel.

Auf ein Zeichen, das ihm der Obere gibt, beginnt er laut Bußpsalmen, das Miserere, De profundis und lateinische Gebete zu sprechen und schlägt sich so lange auf den nackten Rücken über die Achseln, bis der Obere zufrieden ist und das Zeichen zum Aufhören gibt. Zwickt sich der Pönitent mit der Geißel nicht heftig genug, so läßt ihn der Guardian länger beten und zuschlagen. – Wer noch nicht alles Schamgefühl verloren hat, wie ergraute Kapuziner, der unterzieht sich dieser Operation gewiß ungern. Daß diese schamlose Handlung Anlaß zu der naturwidrigsten Unzucht gegeben hat, könnte ich jedem mannigfach beweisen, der daran zweifeln sollte.« –

Die Folgen des Zölibats zeigten sich bei den Mönchen auf eine noch widerlichere Weise als bei den Weltgeistlichen, die durch ihren Verkehr mit den Menschen doch noch Gelegenheit fanden, den mächtigen Geschlechtstrieb auf natürliche Weise zu befriedigen. Die strenge Zucht in allen Klöstern erschwerte dies aber den Mönchen sehr, und so nahmen denn bei ihnen die unnatürlichen Laster auf eine schaudererregende Weise überhand. Die zahlreichen Verbote, keine weiblichen Tiere in Mönchsklöstern und keine Schoßhündchen in Nonnenklöstern zu leiden, sprachen laut genug dafür, welche Wege der unterdrückte Geschlechtstrieb aufsuchte.

Das asketische Leben, die schwächende Diät und der häufige Genuß der Fische wie auch das Geißeln trugen sehr viel dazu bei, den »Fleischesteufel« mehr gegen die Mönche als gegen andere Menschenkinder aufzureizen; und ich sehe eigentlich nicht ein, warum nicht statt des Zölibatgesetzes ein anderes gegeben wurde, welches alle Knaben, die sich dem Klosterleben widmeten, zur Kastration verurteilt. Dann würden sie Ruhe haben und nicht durch fleischliche Anfechtungen in ihren frommen Betrachtungen gestört werden und das Familienleben durch ihre Unsittlichkeit verpesten.

Übrigens ist der Gedanke kein Originalgedanke; es gab schon längst vor mir Leute, welche ihn praktisch ausführten. Der Ritter Bressant de la Rouveraye, empört über die skandalöse Prozession, welche zur Feier der Bluthochzeit in Rom veranstaltet wurde, gelobte, alle Mönche zu kombabisieren, die ihm in die Hände fielen. Wie ein Indianer die Skalpe seiner Feinde, so trug der grimmige Ritter die für die Erfüllung seines Gelübdes zeugenden Trophäen an seinem Wehrgehänge. – Iphauer Bauern, welche das Kloster Birkling in der Grafschaft Kastell zerstörten, nahmen an den erwischten Mönchen dieselbe Operation vor.

Die in den Klöstern herrschende Sittenlosigkeit übertrifft die kühnste Phantasie. Um die Folgen derselben zu verbergen, wurden sehr häufig die Mittelchen der Klosterapotheke in Anspruch genommen, und manches gefallene Mädchen blieb durch ihre Hilfe in den Augen der Welt eine reine Jungfer; aber auch mancher Ehemann verschwand durch sie. Ammann kennt einen Pater, der einem Mädchen in Rapperswyl, das von ihm schwanger gewesen sein soll, einen Trank zum Abtreiben gab. Der Vorgesetzte war genau davon unterrichtet; aber er hielt es »zur Ehre der Geistlichkeit« nicht für angemessen, viel Aufhebens davon zu machen.

Mönche und Nonnen lebten in der innigsten Vertraulichkeit und schienen der Ansicht, daß sie nur dazu geschaffen wären, sich einander zu ergänzen. Der Humanist Bebel, der im Mittelalter lebte, wollte ein Nonnenkloster kennen, in welchem nur eine keusche Nonne gewesen, – die nämlich noch kein Kind gehabt hatte.

Das Kinderbekommen war die Schattenseite des Nonnenlebens, aber die frommen Vestalinnen wußten sich zu helfen. Das Mittel war sehr einfach, »zur Ehre der Geistlichkeit« wahrscheinlich brachten sie die Kinder um. Bei Abbrechung des Klosters Mariakron fand man »in den heimlichen Gemächern und sonst – Kinderköpfe, auch ganze Körperlein versteckt und vergraben«, und der Bischof Ulrich von Augsburg erzählt, daß Gregor I., der auch sehr für das Zölibat eingenommen gewesen, davon zurückgekommen sei, als einst aus einem Klosterteiche sechstausend Kinderköpfe herausgefischt wurden. Das Wort des Bischofs mag für diese fast unglaublich klingende Tatsache bürgen.

Als Kaiser Joseph II. diese Wiedehopfnester ausnahm, fragte er einen Prior: »Wie stark sind sie?« – »Zweihundert, Ew. Majestät.« – »Wie?« – »Ja, Ew. Majestät, wir haben aber auch vier Nonnenklöster zu versehen.« – Der Kaiser drehte dem offenherzigen Prior den Rücken zu, um sein Lachen zu verbergen.

Die Äbtissinnen waren aber auch für ihre Freunde, die Mönche, auf das liebevollste besorgt. Kranke Nonnen wurden nicht aufgenommen, ja nicht einmal solche, welche einen übelriechenden Atem hatten. Was dieser der Heiligkeit für Hindernisse in den Weg legen soll, kann ich nicht wohl begreifen; allein für die Unheiligkeit ist er höchst unbequem und bei Eheleuten, wenn ich nicht irre, in manchen Ländern ein Grund zur Scheidung.

Nichts ist possierlicher – erzählt der Ex-Prior Ammann – als wenn sich die Nonnen die körperlichen Gebrechen ihrer geliebten Patres vorwerfen. Dies erinnert an andere, keineswegs der Keuschheit geweihte Häuser, und viele Geschichtsschreiber aus der Zeit der päpstlichen »babylonischen Gefangenschaft« sagen auch wirklich geradezu: »Von Nonnen kann man aus Scham gar nicht sprechen; ihre Klöster sind Hurenhäuser, und ein Mädchen, das den Schleier nimmt, tut dasselbe, als ob sie sich für eine Hure erkläre

Schon die Synode zu Rouen (um 650) sah sich genötigt, das Gesetz zu erlassen, daß Nonnen, die mit Geistlichen oder Laien Unzucht getrieben, durchgeprügelt und ins Gefängnis geworfen werden sollten.

Robert von Abrissel, der Stifter des obenerwähnten Klosters von Fontevrauld, ein sehr heiliger Mann, brachte die Nächte bei Nonnen zu, um seine Stärke zu prüfen in der Tugend der Enthaltsamkeit. Sehr vernünftig war es von ihm, daß er sich zu dieser Probe nur die allerschönsten Nonnen aussuchte. Siegte er, dann war sein Sieg um so verdienstlicher, und unterlag er, nun, dann lohnte es doch auch der Mühe.

Bebel, den ich schon mehrmals nannte, ist sehr reich an spaßhaften Anekdoten von Mönchen und Nonnen. Zwei mögen hier einen Platz finden.

Ein Mönch, der in einem Nonnenkloster einkehrte, wurde von den Nonnen auf das freundlichste aufgenommen und bewirtet. Er sprach so viel von Tugendsinn, Gottesfurcht und Züchtigung, daß ihn die Nonnen für ein Muster der Enthaltsamkeit hielten und ihm sogar in ihrem eigenen Schlafsaal ein Bett anwiesen.

Mitten in der Nacht fing der Mönch plötzlich an zu schreien: Ich mag nicht! Ich mag nicht! Man kann sich denken, wie die Nönnchen die Ohren spitzten und wie eifrig sie herbeiliefen, um sich nach der Ursache des sehr verdächtig klingenden Ausrufs zu erkundigen. Der Schalk erzählte ihnen nun, daß ihm eine Stimme vom Himmel befohlen habe, sich zu der jüngsten Nonne ins Bette zu legen, denn sie beide wären dazu ausersehen, einen Bischof hervorzubringen; er aber wolle nicht.

Die frommen Nonnen waren hocherfreut, wußten ihn zum Gehorsam gegen Gottes Stimme zu bekehren und führten ihn endlich an das Bett der glücklichen Schwester. Als diese einiges Bedenken fand, erklärten sich sogleich alle übrigen bereit, ihre Stelle zu vertreten, so daß sie sich bestimmen ließ und den Mönch zu sich nahm.

Das Resultat war aber – eine Tochter! Diese konnte freilich nicht Bischof werden; und als man den Mönch zur Rede stellte, schob er den mißratenen Bischof darauf, daß die Nonne nicht freiwillig gekommen wäre.

Einen ähnlichen Streich spielte den Nonnen der Pförtner ihres Klosters, welcher den sonderbaren Namen Omnis mundus führte. Während einer Nacht kroch er in die Feueresse und brüllte durch ein großes Rohr in den Kamin ihres Schlafsaals: »O ihr Nonnen, hört das Wort Gottes!« Die Nonnen zitterten und zagten; als sie aber in der nächsten Nacht wieder dieselbe Stimme hörten, fielen sie alle nieder, denn sie meinten, ein Engel spräche zu ihnen, und sangen: »O Engel Gottes, verkünde uns deinen Willen!«

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten; sie lautete: »Haec est voluntas Domini ut Omnis mundus inclinet vel supponat vos!« – Was bedeutet dieser Orakelspruch? fragten sich die Nonnen und kamen bald dahin überein, daß der Pförtner Omnis mundus bei ihnen schlafe, woraus wohl ein Bischof oder gar ein Papst entstehen sollte.

Der schlaue Pförtner wurde gerufen. Er fügte sich, und die Äbtissin, welche zuerst mit ihm allein blieb, sang beim Hinausgehen: »Wie freut mich das, was mir gesagt worden ist.« – Nun kam die Priorin an die Reihe. Diese sang: »Herr Gott, dich loben wir!« Die dritte Schwester: »Der Gerechte wird sich im Herrn freuen«, und die vierte: »Lasset uns alle fröhlich sein.«

Aber nun hatte das Latein des Pförtners ein Ende, und als er davonlief, schrien ihm die übrigen Nonnen nach: »Wann erhalten wir denn nun den AblaßDie Einführung der erzwungenen Priesterehelosigkeit usw. von Theiner, Bd. 2, S. 108.

Aber nicht immer kam ein reisender Mönch, der angenehme Offenbarungen hatte, und nicht jedes Kloster besaß einen brauchbaren Pförtner; aber das Verlangen war da und wollte befriedigt sein. Viele behalfen sich so gut es ging; aber was wollte das sagen? Einige verliebten sich in Jesus und schwärmten so lange für ihn, bis sie sich wirklich einbildeten oder träumten, Besuche von ihm zu empfangen.

Die Nonne Armelle glaubte wirklich in der Seitenwunde Jesu zu wohnen, und Maria de la Coque erhielt gar von ihm die Erlaubnis, ihr Herz in das seinige zu legen. Dann bekam sie es wieder; aber Jesus riet ihr, wenn sie von der Operation Seitenstechen empfinde, zur Ader zu lassen.

Andere, die nicht so schwärmerisch waren, beschäftigten sich in ihren Gedanken fortwährend mit Männern, und als Abraham a St. Clara einst in einem Nonnenkloster die Beichte hörte, gestanden ihm fast alle Nonnen, daß sie von Hosen geträumt hätten. Der fromme Pater war nicht wenig ergrimmt. »Was! ihr wollt Bräute Jesu sein?« fuhr er sie an. »Jesus hatte keine Hosen; ist euer Bräutigam ohne Hosen, und ihr denkt und träumt von Hosen? – Gehet hin in das ewige Feuer, da werdet ihr Hosen sehen, glühende, feurige Hosen, die ihr werdet angreifen und damit spielen müssen« usw.

Neben ihren Träumereien von Männern, Hosen und dergleichen phantastischen Dingen verliebten sich die armen Nönnchen in Ermangelung anderer Liebesgegenstände ineinander. Grecourt erzählt ein Geschichtchen von zwei Nonnen, die ihre Reize bewundern und in ihrer Unschuld mit dem Rosenkranz messen:

– Eh bon Dieu! dit Sophie,
Qui l'aurait cru? Vous l'avez, chere amie,
Plus grand que moi d'un Ave Marie!

Die Nonnen waren überhaupt ein seltsames Völkchen, und der Mangel an Männern brachte bei ihnen neben den beklagenswerten auch oft höchst komische Wirkungen hervor.

In einem flandrischen Kloster fing plötzlich eine Nonne an, in ihrem Bette höchst befremdliche Bewegungen zu machen. Das hätte am Ende nichts zu bedeuten gehabt; aber die Sache wurde ansteckend, und bald arbeiteten die Nonnen sämtlich des Nachts so heftig, daß die Bettstellen knackten. Das sonderbare Übel pflanzte sich in andere Klöster fort und machte so großes Aufsehen, daß die Geistlichkeit amtlich einschritt und mit Weihkessel und Wedel in die Klöster einrückte, um die Teufel aus den Nonnen auszutreiben. Ob sie »die Teufel – à la Boccaccio – in die Hölle schickten«, davon meldet die Chronik nichts.

Im 15. Jahrhundert bekam eine deutsche Nonne den Einfall, eine andere zu beißen. Dieser gefiel der Spaß, und sie biß wieder eine andere, bis das Beißen förmlich epidemisch wurde und sich mit rasender Schnelligkeit von einem Nonnenkloster zum anderen verbreitete. Bald bissen sich alle Klosterkätzchen von der Ostsee bis nach Rom!

In einem französischen Kloster wurde es unter den Nonnen Mode, wie die Katzen zu miauen, und die Sache nahm so überhand, daß es viel Skandal gab. Alle Verbote fruchteten nichts, und das Miauen wurde immer ärger. Endlich erhielt eine Kompanie Soldaten den Befehl, diesen Katzenteufel zu bannen, in ein Kloster zu rücken und eine der Klosterkätzchen nach der anderen über das Knie zu legen und mit Ruten zu bearbeiten, bis ihnen das Miauen verginge. Es verging ihnen aber schon von der bloßen Furcht, und die Exekution wurde überflüssig.

Diese Nonnen, besonders wenn sie alt und garstig wurden, konnten aber wahre Teufel sein, und ihr ganzer Haß traf die jungen und hübschen Schwestern. Diese wurden mit Argusaugen bewacht, und wehe ihnen, wenn sie auf dem Umgange mit einem Manne ertappt wurden. Dann vergaßen jene ihre eigene Jugend und begingen die empörendsten Grausamkeiten. Von den unzähligen Beispielen will ich nur einige anführen.

Im Kloster Wattum verliebte sich eine Nonne in einen Mönch. Solche Liebe war selten platonisch, und diese war es auch nicht, denn die Nonne fühlte sich schwanger. Sie verbarg ihre Lage, solange es irgend angehen wollte, dann aber entdeckte sie sich ihren Mitschwestern. Das hatte ihr ein böser Geist geraten, denn diese stürzten über sie her und überhäuften sie mit Schmähungen und Schimpfworten. Einige rieten, die Verbrecherin zu schinden oder zu verbrennen; andere wollten, daß sie auf glühende Kohlen gelegt werde!

Nachdem sich der erste Sturm gelegt hatte, ließen die erfahreneren Nonnen sie in ein Gefängnis werfen und fesseln. Hier mußte sie bei Brot und Wasser unter fortwährenden Mißhandlungen liegen. Dem Mönche war es gelungen, zu entfliehen.

Als die Stunde der Niederkunft heranrückte, bat das arme Geschöpf flehentlich, man möge sie aus dem Kloster entlassen, denn ihr Geliebter habe ihr versprochen, sie mitzunehmen. Die Nonnen lockten ihr nun nach und nach heraus, daß der Mönch sie auferhaltene Nachricht an einer bestimmten Stelle in der Nacht und in weltlichen Kleidern erwarten würde.

Diese Entdeckung war den Megären willkommen! Ein handfester Pater, begleitet von einigen andern, begab sich, gehörig verschleiert und mit einem Knittel versehen, an den bezeichneten Ort. Der Mönch wurde ergriffen und im Triumph ins Kloster geschleppt. Hier erwartete ihn seine Geliebte und ein gräßliches Schicksal! Das arme Weib wurde von den Nonnen gezwungen, ihren Geliebten zu entmannen! Dann wurde die Unglückliche wieder in das Gefängnis geschleppt.

Das arme gequälte Geschöpf schlief hier einst vom Fasten und Weinen ermattet ein und träumte, oder glaubte zu träumen, daß ein Bischof mit zwei Weibern zu ihr komme und daß die letzteren bald darauf mit ihrem in glänzende Windeln gehüllten Kinde davongingen. Als sie wieder zu sich kam, fühlte sie sich ihrer Bürde entledigt. Die Nonnen untersuchten hierauf ihre Brüste, ihren ganzen Leib, berührten und drückten alle Teile desselben und fanden ihn weder irgendwo verletzt, noch eine Spur von Ermordung des Kindes. Die Geschichte wurde nun für ein Wunder erklärt und als solches im Kloster bis auf späte Zeiten für den Neugierigen erzählt. Dies trug sich in der Mitte des 12. Jahrhunderts in England zu.

Doch wir brauchen nicht so weit zurückzugehen, denn noch weit ärgere Schändlichkeiten wurden von den Nonnen in neuerer Zeit begangen.

Am Ende des vorigen Jahrhunderts wurden in einem deutschen Staate die Klöster aufgehoben. Der mit der Regulierung dieser Angelegenheit beauftragte Kommissarius hatte die Nonnen eines Karmeliterklosters aufgefordert, dasselbe zu verlassen. Da seinem Befehle nicht Folge geleistet wurde, so begab er sich selbst in das Kloster und wiederholte der Äbtissin und ihren geistlichen Töchtern den fürstlichen Befehl. Zugleich ließ er sich, die nötigen Nachweisungen und auch das Personenverzeichnis geben. In diesem waren einundzwanzig Nonnen angegeben; als er aber die Versammelten mit den Augen zählend überlief, konnte er immer nur zwanzig herausbekommen. Er zählte noch einmal – dasselbe Resultat.

Um sich unnütze Mühe zu ersparen, rief er die Personen namentlich auf; die Nonne Alberta fehlte. Auf die Frage des Kommissars, warum diese nicht anwesend sei, konnte er deutlich bemerken, daß sämtliche Nonnen in große Verlegenheit gerieten und die Äbtissin mit dem Beichtvater sehr seltsame Blicke wechselte. Dies veranlaßte ihn, ernstlich auf das persönliche Erscheinen der Nonne zu dringen.

Die Äbtissin hatte sich unterdessen gefaßt. Sie sagte, daß der gegenwärtige Zustand der Nonne Alberta ihr persönliches Erscheinen unmöglich mache, da sie gefährlich krank sei. Der Kommissar, der nun einmal mißtrauisch gemacht war und irgendeine Nichtswürdigkeit vermutete, drang darauf, zur Kranken geführt zu werden, denn er wollte sie sehen. Nach vielen Ausflüchten rückte die Äbtissin endlich mit dem Geständnis heraus, daß die Abwesende in so hohem Grade wahnsinnig sei, daß sie gewiß niemanden erkennen und ein Besuch ganz nutzlos sein würde.

Das ganz eigentümliche und befremdende Benehmen der Nonnen, die blaß waren wie ein Tuch und so zitterten, daß sie sich kaum auf den Füßen halten konnten, veranlaßte den Regierungsbeamten, nach den näheren Umständen der Krankheit zu forschen, und so erfuhr er denn, daß der gegenwärtige Klosterarzt gar nichts von dem Wahnsinn der Nonne wisse. Sein Vorgänger habe die Krankheit für unheilbar erklärt, und zur Wahrung der Ehre des Klosters habe man die Sache geheimgehalten. Seit acht Jahren befinde sich die Nonne Alberta in einem beklagenswerten Zustande. Näheren Aufschluß wollte ihm niemand geben. Der Regierungsbeamte hielt es jedoch für seine Pflicht, der Sache auf den Grund zu gehen, und nach ernstlichen Drohungen ließen sich endlich zwei Nonnen dazu bewegen, ihn zu Alberta zu führen.

Sie leiteten ihn treppauf treppab durch eine Menge schmaler Gänge in eine Art von Hintergebäude, bis sie endlich wieder vor einer Treppe stehenblieben. Der Kommissar wollte hinaufsteigen, aber die Nonnen sagten ihm, daß hier die Wohnung der Nonne Alberta sei. Er entdeckte jedoch nichts, was nur entfernt einem Aufenthaltsort für Menschen ähnlich sah, und war starr vor Erstaunen, als die Nonnen auf einen Bretterverschlag unter der Treppe wiesen, in welchem sich selbst ein Hund elend gefühlt haben würde.

Aus diesem Verschlage trat ein großes, bleichgelbes Mädchen von etwa fünfunddreißig Jahren hervor, mit bloßen Füßen und mit halbverfaulten Lumpen nur notdürftig bekleidet. Die langen schwarzen Haare flatterten unordentlich um ihren Kopf, und aus ihren tiefen Augenhöhlen blitzte in unheimlicher Glut ein dunkles Augenpaar, dessen Feuer weder Leiden noch Tränen hatten erlöschen können.

Die ganze Erscheinung erweckte das tiefste Mitleid. Mit herzzerreißendem Gewimmer warf sich das arme Geschöpf dem Kommissar zu Füßen, umklammerte seine Knie und bat, sie doch nicht wieder so entsetzlich zu geißeln. Als sie aber die teilnehmende Miene des tief erschütterten Mannes sah, bat sie um Rettung und Befreiung.

Ihre Reden waren abgerissen und verwirrt, und man sah, daß die langen Leiden den Geist dieses kräftigen Mädchens gestört hatten. Sie wurde sogleich in das Refektorium gebracht, wohin sie nur ungern folgte, denn der Anblick ihrer weiblichen Henker konnte sie nicht ermutigen. – Der Kommissar befahl sogleich, daß ihr reinliche Kleidung und ein gutes Bett gegeben würde, und verließ am anderen Tage in der heftigsten Entrüstung das Kloster, nachdem er die Nonnen mit den schwersten Strafen für die geringste Mißhandlung der Alberta bedroht hatte. Bald darauf begab sich der Vizepräsident des damaligen Landeskollegiums, Graf Th..., mit dem Kommissar in das Kloster. Die Lage des armen Mädchens hatte sich aber leider wieder verändert und der Wahnsinn die Oberhand gewonnen. Sie sprach ohne Zusammenhang und gebrauchte eine Menge unflätiger Worte. Die Oberin und die Nonnen konnten ihre hämische Schadenfreude nicht unterdrücken. Der Präsident, der dies bemerkte, hielt den entarteten Weibsbildern eine Predigt, wie sie dieselbe wohl noch niemals von einem ihrer gefälligen Patres gehört haben mochten und die deshalb auch einen tiefen Eindruck machte. Dann stieg er mit Alberta in einen bereitgehaltenen Mietwagen und brachte sie in zweckmäßige Pflege.

Diese hatte auch einen guten Erfolg. Die körperliche Gesundheit kam wieder; aber nun zeigte sich an ihr die Hysterie, welche wohl der Hauptgrund ihres Wahnsinns gewesen sein mochte, in einem furchtbaren Grade; ja, ihre Begierde nach Befriedigung des Geschlechtstriebes ging so weit, daß sie die sich ihr nähernden Männer mit Gewalt anpackte.

In den lichten Zwischenräumen gab sie Aufschluß über ihre Geschichte. Sie war aus Würzburg, mitten im schönen Franken, wo ihr Vater ein ziemlich bedeutender Weinhändler war. In seinem Hause waren die Pfaffen willkommene Gäste, und besonders hatten sich die barfüßigen Karmeliter, die in der Stadt ein Kloster besaßen, darin eingenistet.

Alberta wurde eine auffallende Schönheit. Wie es aber besonders schönen Mädchen oft zu gehen pflegt, hatte sie keine Neigung zur Häuslichkeit und ließ sich lieber von den Herren den Hof machen. Bald spann sich ein Liebesverhältnis an, welches durch den Reiz des Geheimnisses noch anziehender wurde und damit endete, daß sie ihre Jungfräulichkeit einbüßte.

Ihre Eltern, welche noch mehrere Kinder hatten, waren mit ihr sehr unzufrieden und wären sie gern aus dem Hause los gewesen. Unter solchen Verhältnissen fand der Vorschlag der Karmeliter, Alberta in ein Kloster zu schicken, bei ihnen bald Anklang. Alberta, leichtsinnig und bigott dabei, ließ sich durch Schmeicheleien und Drohungen bewegen, ihre Einwilligung zu geben, und wurde in ein Kloster nach N-brg gebracht. Man empfing sie dort freundlich und behandelte sie auch während des Probejahrs recht gut, denn ihr Vater hatte versprochen, das seiner Tochter zukommende Vermögen an das Kloster zu zahlen.

Als sie aber das Gelübde abgelegt hatte und sich die Auszahlung des versprochenen Geldes verzögerte, ja sogar die Aussicht bevorstand, daß dieselbe niemals geschehen werde, da mußte es Alberta büßen, welche von den Nonnen schon wegen ihrer Schönheit und ihrer Abneigung gegen alle weiblichen Beschäftigungen gehaßt wurde.

Mit dem Zustand dieses Mädchens ging unterdessen eine traurige Veränderung vor. Das einsame Leben in der Zelle und der Mangel an teilnehmenden Umgebungen waren Veranlassung, daß sie fortwährend an ihren Geliebten dachte, von welchem sie durch Mönchskniffe getrennt worden war. Die Phantasie verweilt so gern bei vergangenen Freuden, besonders in trauriger Einsamkeit. Die Phantasien nahmen aber bald eine für ihre Gesundheit bedenkliche Richtung. Sie hatte vom Baume der Erkenntnis gegessen, und die veränderte Lebensweise trug sehr viel dazu bei, ihre Sinnlichkeit aufzuregen.

Die Karmeliternonnen dürfen kein Fleisch essen, und ihre Nahrung besteht größtenteils aus stark gewürzten Mehlspeisen und Fischen, welche das Blut erhitzen und der Keuschheit nichts weniger als zuträglich sind. Alberta suchte ihre rebellischen Sinne durch Mittel zu besänftigen, welche gerade das Gegenteil bewirkten, und wurde dadurch in einen solchen Zustand versetzt, daß sie sich endlich genötigt sah, sich dem Klosterarzt zu entdecken. Es war dazu fast zu spät, denn die Hysterie hatte sich beinahe zur Mannestollheit (Nymphomanie) ausgebildet.

Aber das hieß Öl ins Feuer gießen. Die arme Nonne ging bei diesem Kampf mit ihren Sinnen fast unter, und die Oberin, anstatt aufs neue ärztliche Hilfe herbeizurufen, beschloß, sie von allen lebenden Wesen zu entfernen, damit der Ruf des Klosters nicht leide. Man brachte sie in den abscheulichen Verschlag unter der Treppe, gab ihr nicht einmal notdürftige Nahrung und Kleidung und ließ sie täglich von boshaften Nonnen geißeln, so daß durch die schlechte Behandlung, die sie acht Jahre zu erdulden hatte, ihre Krankheit in Wahnsinn überging. – Alberta wurde nicht wieder geheilt; sie endete ihr Leben in einem Irrenhause.

Vielleicht wurden die Andeutungen des höchst achtbaren Arztes mißverstanden; vielleicht reizte auch das Pikante der Sache den Vorstand des männlichen Karmeliterhospiziums, kurz, er und die Oberin kamen dahin überein, daß er versuchen solle, die Nonne zu kurieren. Er mußte der Oberin aber bald gestehen, daß er dieser Kur nicht gewachsen sei, und riet nun, es mit der Geißel und häufigem Fasten zu versuchen.

Es ist eine ziemlich bekannte Erfahrung, daß die Weiber im allgemeinen weit grausamer sind als Männer. Von der Grausamkeit der Nonnen will ich noch ein anderes, ebenfalls der neueren Zeit angehöriges Beispiel anführen.

Der Wundarzt Friedrich Baumann, der in dem Dörfchen Hornstein in der Nähe einer Prämonstratenserabtei wohnte, hatte eine große Vorliebe für die Klöster, und dieselbe wurde von seiner Frau geteilt. Aus diesem Grunde beschlossen beide, ihre jüngste Tochter Magdalena »dem Himmel« zu weihen, da die älteste große Geschicklichkeit und Neigung für die Landwirtschaft zeigte.

Der Hausfreund Baumanns war der Abt der benachbarten Abtei, und er bestärkte die Eltern noch in ihrem Entschlusse, ja verwendete sich selbst bei den Klarissinnen in der Hauptstadt für die künftige Aufnahme des Mädchens und bewirkte, daß man von ihr nur eine mäßige Aussteuer verlangte. Magdalena wurde nun in allen einer Nonne dienlichen Geschicklichkeiten und auch in der Wundarzneikunst unterrichtet und meldete sich nach vollendetem sechzehnten Jahre zur Aufnahme.

Sie war ein wunderschönes Mädchen geworden und bezauberte alle Herzen durch ihr anmutiges Wesen. Es fehlte ihr daher auch nicht an Freiern, unter denen der junge Rehling die redlichsten Absichten hatte und in keiner Hinsicht zu verwerfen war. Magdalena blieb aber fest bei ihrem Entschluß, ins Kloster zu gehen, in welchem sie durch ihre bigotte Mutter nur noch mehr bestärkt wurde.

Der Vater war wankend geworden, denn die seltsamen, schmunzelnden Mienen und die höchst besonderen Redensarten des Beichtvaters des Klosters, wie auch das habgierige Benehmen der Nonnen erfüllten ihn mit bangen Besorgnissen, aber er hatte nicht Energie genug, der Mutter und den Pfaffen gegenüber fest aufzutreten.

Magdalena wurde eingekleidet und vor allen Dingen in die Mysterie des Geißelns eingeweiht, für welches das arme Mädchen bald anfing zu schwärmen. Die kleine Disziplin bestand aus 36, die große aus 300 Hieben auf Rücken und Hintern. – Das Noviziat ging zur Zufriedenheit vorüber, und Magdalena tat Profeß zur Verzweiflung des jungen Rehling.

Sie sah aber bald allerlei Dinge, die ihr teils gar nicht gefielen, teils sehr befremdlich vorkamen; allein sie durfte ihre Bemerkungen nicht laut werden lassen. – Endlich kam das Fest der Himmelfahrt Mariä und mit ihm die große Disziplin, die sie nur der Theorie nach und im allgemeinen kennengelernt hatte. – Das Zimmer, in welchem die Geißelung vorgenommen wurde, war zwar verdunkelt; allein durch die Ritzen der Fensterläden fiel Licht genug herein, um alles, was vorging, ziemlich genau erkennen zu lassen. Nur mit großem Widerwillen löste die schamhafte Jungfrau den Gürtel und entblößte den untadelhaften, wunderschönen Körper, an welchem sich die lüsternen Blicke der alten Klosterkatzen und der Äbtissin weideten.

Magdalena geißelte sich mit allem Eifer, bemerkte aber, daß es die andern Nonnen mehr wie eine Spielerei betrieben. Nur eine Nonne, namens Griselda, übertrieb die Sache so sehr, daß das Blut über ihren Körper herabströmte und die Spitzen der Geißel an manchen Orten wohl ein Zoll tief in das Fleisch eingeschnitten hatten.

Magdalena, welche zur Klosterapothekerin ernannt worden war, eilte ihr zu Hilfe und stellte sie in kurzer Zeit gänzlich wieder her. Sie hatte es aber nicht unterlassen können, Griselda aufzufordern, sich in der Folge nicht wieder zu hart zu geißeln, und dies kam der Äbtissin zu Ohren, welche darüber sehr ungehalten wurde. Als sich Magdalena entschuldigen wollte, schrie sie dieselbe herrisch an und gebot ihr zu schweigen. Die Folge davon war ein erhöhter Bußeifer der Griselda. Diese fuhr nicht allein fort, sich so hart wie früher zu geißeln, sondern quälte sich auch dermaßen mit dem Zilizium – ein stachliger Drahtgürtel, der auf der bloßen Haut getragen wird –, daß die Stacheln tief in das Fleisch eingedrungen waren. Der herbeigerufene Wundarzt erklärte, daß nur die sorgfältigste Operation der Nonne das Leben retten könne, und nun erst verbot die Äbtissin mit Gutbefinden des Beichtvaters der Griselda auf das strengste, sich ferner so heftig zu geißeln.

Magdalena, der nun auch das Aderlassen und Schröpfen überlassen wurde, bemerkte bald, daß die erstere Operation mit der zweiundzwanzigjährigen Schwester Theodora fast jeden Monat vorgenommen werden mußte. Sie bemerkte dem Mädchen, daß ein so großer Blutverlust notwendig die Wassersucht zur Folge habe, und die arme Nonne gestand ihr weinend, daß sie dies auf Befehl der Äbtissin tun müsse, um die Wallungen des Blutes und die damit verbundenen wollüstigen Träume und verbotenen Gelüste, welche Folge des häufigen Geißelns wären, zu unterdrücken, was auch immer für kurze Zeit durch das Aderlassen gelinge. Die Unterhaltung Magdalenas mit Theodora und andere ähnliche Dinge kamen der Äbtissin zu Ohren und erbitterten sowohl diese als die älteren Nonnen.

Der Pater Beichtvater hatte seine Pläne auf das schöne Mädchen nicht aufgegeben, sondern ging recht systematisch zu Werke, zum Ziele zu gelangen. Auf seine Veranlassung wurde sie zur Oberkrankenpflegerin des Klosters ernannt, welcher Posten sie in häufigere Berührung mit dem Pater Olympius brachte, vor dem sie indessen von einer wohlmeinenden Schwester gewarnt wurde. Dieser scheinheilige Schurke machte ihr allerlei geistliche Geschenke und erwies ihr überhaupt so viel Aufmerksamkeiten, daß die andern Nonnen neidisch wurden. Magdalena suchte sich von dem ihr übertragenen Amte loszumachen, nur um die Berührungen mit dem Pater Olympius zu vermeiden. Dieser erkannte sehr gut ihre Absicht und machte ihr im Beichtstuhl darüber heftige Vorwürfe, so daß sie genötigt war, denselben zu verlassen.

Magdalena war nun bereits drei Jahre im Kloster, und die Augen waren ihr vollständig geöffnet. Mit Schaudern erkannte sie nun zu spät, daß der Weg zur Rückkehr in die Welt für sie verschlossen sei, und verfiel in tiefe Schwermut. Häufig fand man sie seufzend und in Tränen. Es fing ihr an alles gleichgültig zu werden, und in ihrer Betrübnis achtete sie nicht immer auf die vorgeschriebenen Formen und beging allerlei Fehler, die mit leichten Bußen bestraft wurden, welche sie bei ihrer gereizten Stimmung sehr erbitterten.

Zu dieser Zeit war die Tochter eines anderen Wundarztes Nonne geworden, und da sie einige Proben von Geschicklichkeit abgelegt hatte, so nahm man Magdalena ihre bisherige Stelle und fing an, sie mit großer Geringschätzung zu behandeln. Man warf ihr die Geringfügigkeit des von ihr ins Kloster gebrachten Geldes vor und nannte sie ein lästiges, durchaus unnützes Geschöpf.

Nun ging dem armen Mädchen die Geduld aus. Anstatt die Vorwürfe ruhig hinzunehmen, antwortete sie heftig und mit Spott und wollte nicht schweigen, wenn die parteiische Priorin ihr den Mund verbot. Alsbald wurde der Äbtissin dies widersetzliche Benehmen hinterbracht und ihr Magdalena als ein durchaus boshaftes, zänkisches und ungehorsames Geschöpf geschildert. Die Äbtissin fuhr zornig auf und schrie: »Ein solches Benehmen soll dieser Bauerndirne nicht ungestraft hingehen; man muß ihr den Nacken beugen und sie durch Zwang in die Schranken der Ordnung bringen.« Damit ließ sie Magdalena zu sich bescheiden.

Diese erschien und sah, daß bereits zwei stämmige Laienschwestern bei der Äbtissin waren; eine der Mägde hatte eine große Kinderrute in der Hand. Die Äbtissin las Magdalena ordentlich den Text und kündigte ihr an, daß sie bestraft werden solle. Die Arme weinte und bat; alles vergeblich. Endlich äußerte sie in ihrem Eifer, daß sie kein Kind und der Rute längst entwachsen, eine solche Züchtigung auch für eine Nonne unschicklich sei. Die Äbtissin wurde immer zorniger und gebot Magdalena, die Erde zu küssen.

Diese war sehr bereit, dem Befehl Folge zu leisten, denn sie hoffte, daß es mit dieser Strafe für diesmal abgetan sein werde. Kaum lag sie auf der Erde, als sogleich eine der Laienschwestern über sie herfiel und sich auf ihren Rücken setzte, während die andere ihr das Gewand aufhob und die Rute tüchtig gebrauchte. Als dies vorüber war, mußte Magdalena der Äbtissin die Hände küssen und sich für die gnädige Strafe bedanken. Die Nonnen standen auf der Lauer und begleiteten sie mit Hohngelächter, als Magdalena wieder in ihre Zelle ging.

Von nun an hatte die Unglückliche fortwährend von den Verfolgungen zu leiden, deren Ziel sie durch Feindschaft der Äbtissin, der Priorin und des Beichtvaters geworden war.

Als sie eines Abends nicht in ihrer Zelle war und in der ihrer einzigen Freundin Crescentia gefunden wurde, schleppte man sie am folgenden Tage durch förmlichen Kapitelbeschluß zur großen Disziplin. Doch damit war es noch nicht genug, es trafen sie noch eine Menge anderer Strafen, darunter auch die Degradation von dem Nonnenrang zu dem einer Laienschwester.

Sie beging die Unvorsichtigkeit, einen Brief an ihre Eltern zu schreiben, in welchem sie ihnen ihre grauenvolle Lage schilderte und auf rührendste Weise um Hilfe bat. Der Brief wurde aufgefangen und sie gezwungen, einen andern lügenhaften abzuschicken, den ihr der Pater Olympius in die Feder diktiert hatte. Für das Verraten von Klostergeheimnissen an Laien erhielt sie abermals eine derbe Geißelung und wurde vier Wochen lang in den Turm gesperrt, wo sie einen Tag um den andern Wasser und Brot erhielt.

Ihre Lage verschlimmerte sich noch, als die Äbtissin starb und ihre Hauptfeindin, die Priorin, an deren Stelle kam. Vergeblich bat Magdalena um Rückgabe des schwarzen Nonnenschleiers; sie mußte nach wie vor als Laienmagd Dienste in der Küche verrichten. Für jedes kleine Versehen erhielt sie hier die Rute, und als sie einstmals bei der Feier des Palmenfestes einen aus Blei gegossenen und fünfzig Pfund wiegenden »heiligen Geist«, weil derselbe ihr zu schwer war, fallen ließ, so daß derselbe zerbrach, erklärte dies Olympius für absichtliche Bosheit, für ein Religionsverbrechen! Die Ärmste empfing in dem neben dem Refektorium gelegenen Gefängnisse eine starke Disziplin.

Um diese Zeit erhielt sie Besuch von einigen Verwandten, welche sie jedoch nur hinter der Klausur sprechen durfte. Was sie gesprochen hatte, wurde untersucht, und man erklärte sie für ein gänzlich verworfenes Geschöpf.

Die Sehnsucht nach »der Welt« wurde nun in Magdalena immer mächtiger, und sie sann auf Flucht. Sie war auch so glücklich, das Freie zu gewinnen, aber später wurde sie ertappt und mußte wieder in das Kloster zurückkehren, obwohl ein hoher Geistlicher, den sie um Hilfe angerufen hatte, sich für sie verwendete.

Pater Olympius reizte die Äbtissin zu stets neuen Verfolgungen an, und Magdalena wurde endlich zum Gefängnis auf unbestimmte Zeit verurteilt. Als man sie dorthin bringen wollte, wehrte sie sich mit der Kraft der Verzweiflung, und man mußte einen Franziskanerlaienbruder zur Hilfe rufen. – Durch diesen Widerstand erbittert, ließ ihr die Äbtissin in Gegenwart der Priorin in dem Gefängnis auf einem Bunde Stroh abermals sehr derb die Rute geben.

Als einst Magdalenas Gefängnis ausgebessert werden mußte, wurde sie in ein benachbartes gebracht, in welchem die Schwester Christine nun schon dreizehn Jahre saß. Sie war zum Gerippe abgezehrt, vom Geißeln lahm und dem Wahnsinn nahe.

An Festtagen wurde Magdalena zum Abendmahl in die Kirche gelassen und mußte monatlich einmal bei Pater Olympius beichten. Dieser Schurke hatte seinen Verführungsplan noch immer nicht aufgegeben und drang mit unzüchtigen Anträgen in sie; allein sie schrie um Hilfe, und der Pater stellte sich, als habe er ihr nur die Disziplin geben wollen. Um wenigstens in etwas seinem Sinnen zu genügen, befahl ihr der heilige Mann, sich zu entblößen; allein es kamen einige Schwestern herbei, bei denen er sein Betragen schlecht genug entschuldigte.

Die Einkerkerung des unglücklichen Geschöpfes hatte nun unter fortwährenden Mißhandlungen drei Jahre und acht Monate gedauert, als endlich ein Schornsteinfeger, der in der Nähe ihres Gefängnisses arbeitete und ihr Gewimmer hörte, die Sache der Obrigkeit anzeigte. Es wurde vom betreffenden Ministerium sogleich eine Kommission ernannt, welche in dem St. Klarenkloster eine Untersuchung anstellte.

Als man Magdalena ihre Freiheit ankündigte, weinte sie laut vor Freuden; allein die Ärmste war so elend, daß sie sich kaum bewegen konnte. Man übergab sie sogleich dem Leibarzt des Kurfürsten und dem Hofwundarzt zur sorgfältigsten Pflege.

Das von beiden über den Zustand des armen Mädchens abgegebene Gutachten sprach sich dahin aus, daß die unaufhörlichen Geißelungen ihr die heftigsten Schmerzen zugezogen hätten, an denen sie fortwährend leide, besonders bei verhärtetem Stuhlgange, ohne daß man dies als eine Wirkung der goldenen Ader betrachten könne. Durch die lange Einsperrung ohne alle Bewegung und durch die heftigen Schläge auf die muskulösen und tendinösen Teile der Schenkel und Füße seien diese so entzündet, und da man bei ihr keine verteilenden Mittel angewendet habe, so hätten sich diese Teile dermaßen verhärtet und zusammengezogen, daß sie gänzlich exstorpiert und schwerlich Hoffnung vorhanden sei, sie wieder so weit zu heilen, daß sie ihre geraden Glieder wieder würde gebrauchen können.

Während ihrer ärztlichen Behandlung wurde Magdalena viermal verhört, und es kamen alle im Kloster verübten Schändlichkeiten an den Tag, so sehr sich auch das Pfaffengezücht schlangengleich drehte und wand.

Eine Nonne namens Paschalia, die ebenso wie Magdalena gequält worden war, sollte wahnsinnig geworden und an einem Nervenschlage gestorben sein; aber einige von den fünf Nonnen, die den Mut hatten, die Wahrheit zu gestehen, behaupteten, sie habe sich in der Verzweiflung im Gefängnis an ihrem Busenschleier erhängt. Daß man auf einen solchen Selbstmord von seiten Magdalenas ebenfalls gefaßt war, ergab sich aus den Papieren der Abtei.

Obgleich alle Umstände gegen die Äbtissin und ihr Gelichter sprachen, obgleich sich über Magdalenas Bestrafung kein einziges Protokoll vorfand –, die Schuldigen wußten sich doch so durchzulügen, daß sie ohne Strafe davonkamen, und die einzige Folge dieser Entdeckungen war eine Einschränkung der Macht der Äbtissin und genauere Beaufsichtigung des Klosters. Magdalena sollte zeitlebens im kurfürstlichen Hospital bleiben und, wenn sie genesen würde, Freiheit haben, auszugehen, anständige Gesellschaften zu besuchen und zu empfangen. Das Klarenkloster mußte ihr die nötige Ausstattung und außerdem jährlich zweihundert Gulden geben.

Erst nach fünf bis sechs Jahren konnte Magdalena wieder gehen, und ihr geknickter Körper erholte sich allmählich. Im Klostergefängnis hatte sie im Fall der Befreiung eine Wallfahrt nach Loretto gelobt. Diese unternahm sie nun mit Erlaubnis der Behörde; allein sie kehrte nicht mehr in die Heimat zurück. Im August 1778 starb sie, fünfundvierzig Jahre alt, in einem Krankenspital zu Narni in Italien.

Trotz solcher Erfahrungen gibt es doch noch heute Klöster! Und daß in denselben noch ähnliche Schandtaten verübt werden, beweisen die Schriften von Sebastian Ammann, Rafaelo Ciocci und andern.

Von der Lieblosigkeit, mit welcher Kranke in den Klöstern behandelt werden, hat uns ebenfalls Ammann folgendes Beispiel erzählt: »Im Kloster Solothurn litt P. Theophil an einem ungeheuren Leistenbruch so schmerzhaft, daß er verzweifelte. Man legte ihn in einem Zimmer neben der Küche auf einen Strohsack und ließ ihn da zappeln. Niemand besuchte ihn als der Klosterknecht, der ihm dreimal des Tages Essen zutrug. Ich habe in den letzten Tagen seines Lebens nie einen Arzt bei ihm gesehen. Seine Unterleibsbeschwerden, das erschreckliche Elend und die gänzliche Verlassenheit mögen ihm sein martervolles Leben unerträglich gemacht haben. – An einem Tage vor dem Mittagessen, um halb elf Uhr, war ich noch bei ihm und fand ihn äußerst schwermütig; es ist aber gewiß, daß er um elf Uhr noch lebte. Um halb zwölf Uhr wollte der Klosterknabe die Speisegeschirre bei P. Theophil abholen und fand ihn an der Zimmerdecke aufgeknüpft leblos. Als wir die Anzeige von diesem Unglück hörten, sprangen wir alle vom Tische auf; ich war der erste bei ihm und wollte mit einem Messer das Handtuch zerschneiden, an dem er hing; aber P. Guardian Raimund untersagte mir dies, weil es schade um das Handtuch sei. Man ging lieber langsam zu Werke, weil man keine Rettung versuchen wollte. Seine Hände und Füße waren noch ganz warm, und ich verlangte, daß man auf der Stelle einen Arzt herhole, damit man die möglichsten Anstalten zum Wiedererwecken des vielleicht noch nicht Entseelten treffe. Allein P. Raimund tobte und verbot die Herbeirufung eines Arztes auf das strengste, weil es ein erschreckliches Ärgernis absetze, wenn es unter die Weltlichen käme, es habe sich ein Kapuziner erhängt. Keine Bürste wurde zum Reiben seines Leibes angewandt, sondern man legte den Leichnam ohne weiteres auf einen Totensarg und machte bekannt, P. Theophil sei an einem Schlagfluß (Apoplexie) gestorben.«

Ein anderes Beispiel, wie schnell die Pfaffen diejenigen zu expedieren wissen, die ihnen unbequem oder gefährlich werden, erzählt Rafaelo Ciocci.

Don Alberico Amatori, Bibliothekar im Kloster Sancta Croce di Gerusalemme zu Rom, war durch das Lesen der Bibel von vielen Irrtümern und Mißbräuchen der römischen Kirche überzeugt worden. Er und fünfzehn ihm gleichgesinnte Mönche, darunter Rafaelo Ciocci, unterschrieben eine Eingabe an den Ordensgeneral Nivardi Tassini, in der sie um Einräumung eines bequemen Klosters baten, wo sie nach ihrer Überzeugung leben konnten.

Alle diese Mönche schienen mit dem Charakter ihrer Mutter Kirche sehr schlecht bekannt zu sein, da sie einfältig genug waren zu glauben, daß dieselbe auch nur im entferntesten daran denken könne, ihre Wünsche zu erfüllen. Der unerhörte Vorschlag erregte allgemeines Entsetzen! Amatori wurde vor ein Tribunal gefordert, und mit Entrüstung vernahmen die geistlichen Herren, daß er à la Luther die Bibel zur Grundlage des ganzen Kirchenwesens machen wolle. Man gebot ihm Schweigen, um die Sache nicht öffentlich werden zu lassen, und faßte im geheimen einen Entschluß über das Schicksal der ketzerischen Mönche.

Der Mönch Stramucci wurde ins Kloster San Severin in den Sümpfen geschickt, wo er infolge »der ungesunden Luft« oder durch anderes Zutun nach Verlauf weniger Monate von einem starken Mann in ein Gerippe verwandelt war. Don Andrea Gigli wurde nach Rom berufen. Er war damals sehr gesund; allein er nahm täglich mehr ab, und nach zwei Monaten wurde er eines Morgens tot im Bett gefunden. – Don Eugenio Ghioni blieb in Rom; aber nach vier Monaten starb auch er, erst 31 Jahre alt. – Don Marian Gabrielli, ein blühender Jüngling, starb ebenfalls. Alle diese Krankheiten nannte man »Auszehrung«! – Der Abt Bucciarelli, ein Mann von herkulischer Gestalt, starb nach kurzer Krankheit von nur drei Tagen. Der Abt Berti hatte nach zwei Monaten einen »Fieberanfall« und starb nach einer Krankheit von zehn Tagen. – Don Antonio Baldini bekam nach Verlauf von 34 Tagen furchtbare Krämpfe und starb. – Die übrigen sechs kämpften monatelang zwischen Leben und Tod. Nur Don Alberico und Ciocci blieben lange Zeit von dem geheimnisvollen Todesengel unberührt.

Aber die Rache zögerte nur, sie schlief nicht. Eines Abends nach dem Essen bekam Ciocci schreckliche Krämpfe im Magen und ein furchtbares Brennen in Brust und Gurgel. In wenigen Minuten war er schwarzgelb im Gesicht, und vor den Mund trat ihm Schaum. – Die herbeilaufenden Mönche schrien, daß er besessen sei, und versuchten nun ihren abgeschmackten Hokuspokus mit Weihwasser und Reliquien, wodurch der Kranke, der diesen Unsinn verabscheute, nur geärgert wurde. Endlich kam ein Arzt, aber nicht der gewöhnliche, sondern, wie man sagte, der nächste, den man habe finden können. Er gab Ciocci eine Arznei, wodurch aber die Schmerzen sogleich noch bedeutend vermehrt wurden.

Ciocci bestand nun darauf, daß man den gewöhnlichen Klosterarzt holen solle, der sein Freund war, und da man wahrscheinlich hoffte, daß er zu spät kommen werde, schaffte man ihn auch herbei. Nachdem derselbe sich etwas orientiert hatte, betrachtete er die vom ersten Arzt gegebene Arznei, von der noch einige Tropfen im Glase waren, und voll Zorn und Entsetzen warf er sie nach der Untersuchung und einem bedeutungsvollen »Aha« zum Fenster hinaus. – Durch die zweckmäßigen Mittel, welche der wackere Mann anwendete, wurde Ciocci gerettet.

In demselben Kloster wurde eines Tages der Novizenlehrer Pacifico Bartoci, der sich durch seine Strenge verhaßt gemacht hatte, im innern, offenen Hof des Klosters von unbekannter Hand mit einem Steine auf den linken Schlaf getroffen, daß er infolge der erhaltenen Verletzung zehn Tage darauf starbUngerechtigkeiten und Grausamkeit der römischen Kirche im neunzehnten Jahrhundert. Erzählung von Rafaelo Ciocci. Altenburg bei Pierer..

Man bemerke wohl, daß hier nicht vom Mittelalter, sondern von der Zeit zwischen 1835 und 1845 die Rede ist, und daß diese oder ähnliche Nichtswürdigkeiten noch ebenso wahrscheinlich heutigentags stattfinden.

Ich würde die mir gesteckten Grenzen zu sehr überschreiten, wenn ich auch nur einen kleinen Teil der mir noch bekannten, im Kloster begangenen Schandtaten anführen wollte, deshalb übergehe ich auch die sehr interessante Geschichte des Urban Grandier, der durch die nichtswürdigsten Schikanen auf den Scheiterhaufen gebracht wurde, weil er die Begierden einer Äbtissin und ihrer Nonnen zu Loudun nicht befriedigen wollte. Einer unserer besten Romanschriftsteller, Willibald Alexis, hat diesen Stoff zu einem Roman bearbeitet.

Ein in den Klöstern gebräuchliches Sprichwort sagt: »Man kommt zusammen, ohne sich zu kennen, man lebt miteinander, ohne sich zu lieben, und stirbt, ohne beweint zu werden.« Ein unter solchen Verhältnissen bestehendes Zusammenleben mußte den bessern unter den Mönchen zur Hölle werden, und mancher arme Pater, den seine bigotten Eltern dem Klosterleben in früher Jugend geopfert hatten, sprach mit heißen Tränen den Wunsch aus, daß ihn die Mutter bei der Geburt doch lieber ersäuft als in ein Kloster geschickt haben möchte.

Zur Zeit, als das Klosterleben in seiner höchsten Blüte war, etwa im elften Jahrhundert, herrschte unter den Menschen eine wahre Wut, ins Kloster zu gehen; nur als Mönch glaubte man der Seligkeit gewiß zu sein. Hermann, Herzog von Zähringen, schlich sich in Bauernkleidung vom Fürstenstuhl ins Kloster zu Clugny und diente demselben als Schweinehirt bis an seinen Tod, wo erst sein Stand bekannt wurde. Der Mann eignete sich ganz gewiß besser zum Schweinehirten als zum regierenden Fürsten, und es war schön von ihm, daß er seinen Beruf erkannte.

Doch nicht alle trieb Andacht oder Demut ins Kloster; viele suchten in demselben weiter nichts als ein faules, liederliches Leben, was sie auch meist in reichem Maße fanden. Das Gelübde der Keuschheit, welches den Laien immer als das schrecklichste erschien, betrachtete man in sehr vielen Klöstern als eine leere Form, und Saul, der Abt des Klosters zur heiligen Maria im Bistum Mondennadi in Spanien, verwandelte dasselbe geradezu in ein Bordell.

Sogar das Konkubinat, ja selbst die Ehe waren unter den Mönchen nicht selten. Im zehnten Jahrhundert lebten in manchen Klöstern die Äbte und sämtliche Mönche im Konkubinat oder in förmlicher Ehe und statteten ihre Söhne und Töchter mit Klostergütern aus. Unter Abt Hadamar von Fulda waren die meisten Mönche verheiratet.

Doch wir brauchen nicht so weit ins graue Mittelalter hinaufzusteigen; dergleichen Fälle kamen noch in neuerer Zeit vor. Im Jahre 1563 fand man in vielen Klöstern Niederösterreichs Eheweiber, Konkubinen und Kinder der Mönche, und noch vor einigen zwanzig Jahren hielt der Prälat Augustin Bloch in der Schweiz ein allerliebstes Kammermädchen, welches als Student verkleidet war.

Doch ich wollte es diesen Klosterherren gern verzeihen, wenn sie ihre Schätzchen hinter den heiligen Mauern sittsam verbergen; davon hat die Welt eben keinen Schaden; aber mehr Unheil richten sie an, wenn sie ihre Verführungskünste außerhalb derselben wirken lassen. Um dies tun zu können, müssen sie die Grundsätze lockern, kurz die sinnlichen Ausschweifungen als höchst unbedeutende, kleine Verirrungen hinstellen, besonders wenn sie mit einem kleinen Pater begangen werden.

Wo die Mönche zu Hause sind, da gibt es fast kein Bürger- oder Bauernhaus, wo nicht ein Pater der Hausfreund ist. Kommt der heilige Mann, dann lecken ihm die Alten die schmutzigen Hände, und die Kinder liegen auf den Knien, bis er seinen Segen erteilt hat. Das Beste wird nun dem geehrten Gaste vorgesetzt, und wenn die Leute auch zu arm sind, sich selbst ein Glas Wein zu gönnen, so ist doch gewiß eins für den heiligen Mann bereit. Er läßt es sich gut schmecken, denn die armen Leute würden es ja für Verachtung auslegen, wenn er ihre Gaben verschmähte! Welch Gesicht schneidet er aber, wenn das gewöhnliche Glas Wein oder seine Leibspeise fehlen!

»Was die Töchter der Lust den Wüstlingen der Welt, das sind die Mönche den Betschwestern und den Stillen im Lande«, denn diese Herren haben Tugenden, welche Frauen zu schätzen wissen, und sind – verschwiegen. Vor einem solchen heiligen Manne brauchen sie sich ihrer Sündhaftigkeit nicht zu schämen, denn die Beichte zwingt sie ja, die geheimsten Sünden zu sagen. Diese Beichte wird daher von den Mönchen sehr heilig gehalten. Denjenigen, der das Beichtgeheimnis verletzt, treffen die schrecklichsten Strafen und selbst vor den weltlichen Gerichten, – was auch ganz in der Ordnung ist. Das Gericht zu Toulouse ließ 1579 einen Priester enthaupten, welcher einen ihm in der Beichte anvertrauten Mord der Behörde anzeigte. Der Mörder blieb unbestraft. Man gerät in Verlegenheit zu entscheiden, wie man über dieses Urteil urteilen soll.

Mönche sind nicht allein sehr liebevolle, sondern auch sehr bequeme Hausfreunde. Mag ein junger Bursch ein Mädchen gern, dann braucht er sich nur an seinen Herrn Pater zu wenden, dann wird sich die Sache schon machen. Mit der kleinen Sünde wird es sich schon finden; denn der fromme Herr hat einen Überfluß an Absolution, und wenn man noch so oft sündigte, eine Beichte – und man ist wieder rein wie ein neugeborenes Kind! Man glaube daher ja nicht, daß die Beichte dazu beiträgt, die Sittlichkeit zu befördern; wozu sie benutzt wird, davon werden wir im nächsten Kapitel einige Beispiele sehen.

So leicht nun die Mönche geschlechtliche Verirrungen nehmen, so strenge sind sie, wenn jemand das Fasten gebrochen hat, und es ist empörend, wenn wir lesen, daß die reiche Abtei St. Claude in Burgund im Jahre 1629 einem gewissen Guillon den Kopf abschlagen ließ – weil der arme Mann während einer Hungersnot zur Fastenzeit sich ein Stück Pferdefleisch vom Schindanger geholt hatte!

Starb ein Abt, so waren die liederlichen Mönche darauf bedacht, einen solchen an die erledigte Stelle zu setzen, von dem sie nicht besorgen durften, daß er sie in ihrer Lebensweise störe. Die Wahl traf daher nicht selten das liederlichste Subjekt des ganzen Klosters.

Johann Busch erzählt, daß die Mönche eines Klosters nach dem Tode des Abtes zur Wahl eines anderen schritten, der dem Verstorbenen an Tugenden gleiche. Die meisten Stimmen hatte ein Pater, der nicht anwesend war, sondern während der Wahl in der Schenke saß und soff. Da man ihn von diesen angenehmen Orte nicht weglocken konnte, so ging eine Deputation der Mönche dorthin, ihm das Ergebnis der Wahl zu verkündigen. Erst nach langen Bitten ließ er sich bewegen, die neue Würde anzunehmen. Als es geschehen war, wurde ein großes Gastmahl gehalten, bei dem alle Mönche mit ihren Konkubinen sich volltranken. Während sie so betrunken waren, daß sie nichts sahen und hörten, kam Feuer aus, und die ganze feiste, liederliche Gesellschaft verbrannte lebendigen Leibes.

Obwohl nun die Mönche unzählige gefällige Nonnen hatten – in Deutschland gab es allein 200 000 –, so sind sie doch besonders lüstern nach Kindern der Welt. Oft geraten sie dadurch freilich in arge Verlegenheiten, welche Spott und Hohn oder unendliche Prügel zur Folge haben.

Der Abt des Klosters zu Guldholm bei Schleswig hatte ein Liebchen in der Stadt, bei welchem er oftmals die Nacht zuzubringen pflegte. Gewöhnlich nahm er des besseren Scheins wegen einen vertrauten Pater mit. Dieser wurde ihm endlich unbequem, und er ließ den Begleiter zu Hause. Dies verdroß denselben, und echt mönchisch dachte er sogleich auf Rache.

Als nun der Abt wieder einmal die Nacht bei seiner Geliebten zubrachte, weckte der boshafte Mönch das ganze Kloster und rief: Dominus noster Abbas mortuus est in anima. Die Mönche deuteten das auf den leiblichen Tod des Abts, und das war es eben, was der Pater wollte. Alsbald zog man mitten in der Nacht mit Fackeln, Kreuz und Fahne an den bezeichneten Ort, um die Leiche des Abts einzuholen, und war nicht wenig überrascht, den frommen Herrn anstatt auf der Totenbahre bei seiner Buhlerin zu finden.

Doch ich brauche abermals nicht so weit zurückzugehen; die neuere Zeit liefert Beweise dieser Art in Menge, und Ammann, der dreißig Jahre im Kloster war, führt deren eine Menge an.

Im Jahre 1832 pflegte ein Pater namens Amandäus jedesmal, wenn er sich unter einem frommen Vorwand entfernen konnte, die Nacht bei einem berüchtigten Frauenzimmer in Mels zuzubringen. Um den frommen Heuchler auf der Tat zu ertappen, lauerten ihm einst einige junge Burschen auf und erwischten ihn richtig in den Armen der Buhlerin. Im Triumph schleppten sie ihn nach dem Kloster, und die Versetzung nach Schwyz war seine ganze Strafe.

Zwei andere Klostergeistliche, Pater Augustin, Pfarrer in Tußnang, und P. Benedikt, Pfarrer in Bettwiesen, verführten viele Frauen und gingen ganz ungescheut in ihre Häuser unter dem Vorwande, daß sie die Sterbesakramente dorthin zu bringen hätten.

In mehreren Orten der Schweiz, wo Klöster waren, wagte sich kein Frauenzimmer am Abend auf die Straße, denn die brünstigen Pfaffen fielen sie förmlich an, und ihre viehische Geilheit schonte selbst nicht unreife Kinder.

Pater Friedrich aus dem Kapuzinerkloster in Appenzell hatte sich, solange er noch bloßer Frater war und nicht das Kloster verlassen durfte, mit unnatürlichen Ausschweifungen beholfen; als er aber Pater wurde und mehr Freiheit hatte, verlangte er nach natürlichen. – Eines Tages zog er von Appenzell nach dem Flecken Teufen in das St. Galler Land, um in einigen katholischen Gemeinden zu predigen und Beichte zu hören. Als er nicht weit von Teufen sich einem Walde näherte, lief ihm ein Mädchen nach und bat ihn um ein Heiligenbildchen, wie die Kinder überall, wenn sie einen Kapuziner sehen, zu tun pflegen. – Pater Friedrich zog ein gemaltes Bildchen aus seiner Kapuze, zeigte es dem Mädchen und versprach es ihm zu schenken, wenn es weiter mit ihm kommen wollte. Auf diese Weise lockte er das unschuldige Kind in den Wald. Sobald er dasselbe in ein Gebüsch gebracht hatte, verübte er an ihm die brutalste Notzucht. Das kleine Mädchen schrie um Hilfe, und der Vater, der ihre Stimme hörte und erkannte, eilte auf das schnellste herbei und ertappte den geilen Pfaffen auf der Tat. Er behielt Mäßigung genug, dem Mönche nicht auf der Stelle den verdienten Lohn zu geben, machte aber sogleich Anzeige von den schändlichen Handlungen des Paters. Dieser wurde festgenommen und nach Troegen gebracht, wo man die Sache gerichtlich untersuchte. Es ergab sich, daß das arme Kind geschändet und bedeutend verletzt war.

Höchst merkwürdig sind die Ansichten, welche den Pater zu diesem Verbrechen leiteten, die aber fast von allen Mönchen in den Klöstern geteilt werden. Er glaubte, die Reformierten wären alle so schlecht, daß sie nichts für Sünde hielten, und daß bei ihnen alles erlaubt sei, weil sie nicht beichten müssen! Daher meinte er denn, in den Augen derselben kein Verbrechen zu begehen, wenn er ein reformiertes Kind notzüchtige!

Der Pater wäre zur öffentlichen Ausstellung an den Pranger und zum Staupenschlag oder zu einer großen Geldbuße verurteilt worden, wenn sich der damalige Landamtmann Joseph Anton Bischofsberger des Schurken nicht auf das angelegentlichste angenommen hätte. Er kam also ohne die verdiente Strafe davonWer die tolle Wirtschaft, welche die Pfaffen in der Schweiz mit den Bürgerfrauen und Mädchen treiben, genau kennenlernen will, der lese das Büchelchen von Ammann, welches ich weiter oben anführe..

Diese Pfaffenliederlichkeit ekelt mich an und wahrscheinlich auch die Leser; allein der Vollständigkeit wegen muß ich doch noch einige Worte über die in den Klöstern herrschenden unnatürlichen Laster sagen, welche traurige Folgen des schändlichen Zölibats sind.

Ammann behauptet, daß unter 200 Kapuzinern wenigstens 150 Onanisten sind. Er ist darüber ein kompetenter Richter, denn nur ein Kapuziner konnte diese so genau kennen, als es bei ihm der Fall ist.

Im Kloster Fischingen trieb ein gewisser Pater Berchthold sein Wesen, dessen hauptsächliches Geschäft es zu sein schien, Klosterschüler und junge Mönche zu verführen. Absichtlich hörte er die Beichte nicht in einem öffentlichen Beichtstuhl, sondern in einem dunklen Winkel, und viele Knaben, die ihm hier beichteten, klagten, er habe sie verführen wollen; allein der Guardian nahm davon nicht die mindeste Notiz. Berchthold wurde natürlich immer dreister und trieb sein abscheuliches Laster so ungescheut, daß man doch endlich gezwungen war, ihn auf seine Zelle zu beschränken und zu versetzen.

Als Ammann eben die Gelübde abgelegt hatte, schlich dieser Knabenschänder auch in der Nacht zu ihm, setzte sich auf sein Bett, holte eine Flasche Schnaps und einiges Gebäck hervor und begann, ihm von seinen Siegen über die Frauen zu erzählen. Als Ammann ihn bat, von etwas anderem zu reden oder seine Zelle zu verlassen, sagte er: »Ja, es ist eitel, von solchen guten Bissen zu reden, die wir einmal nicht haben können. Doch können wir einander auch Freude machen.« – Ammann wurde endlich genötigt, durch Klopfen an der dünnen Seitenwand der Zelle Hilfe herbeizurufen, worauf ihn der Verführer verließ.

An die Stelle dieses sauberen P. Berchthold kam P. Joseph aus Freiburg . Dieser war noch ärger als sein Vorgänger, indem er sich nicht allein durch das oben bezeichnete Laster, sondern auch noch durch seine verschmitzte Heuchelei und raffinierte Bosheit auszeichnete.

Dieser Schandbube wurde niemals bestraft, sondern nur versetzt, wodurch nur Veranlassung gegeben wurde, daß sich seine abscheuliche Wirksamkeit immer mehr verbreitete.

In Sursen hatte dieser P. Joseph einen bildschönen Jüngling so sehr entkräftet, daß derselbe unter den schrecklichsten Schmerzen starb und noch auf dem Sterbebette seinen Verführer und Mörder verfluchte.

Dieses unnatürliche Laster ist bei Mönchen und selbst bei weltlichen katholischen Geistlichen in der Schweiz sehr gewöhnlich, und im Jahre 1835 wurden zwei derselben, Professor Schär und Kaplan Eisenring, im Städtchen Wyl wegen Sodomiterei zur Untersuchung gezogen und später zum Zuchthause verurteilt. Es gelang ihnen aber, ins Ausland zu entfliehen.

Das Verhör ergab die abscheulichsten Tatsachen, und das Publikum wollte anfangs gar nicht glauben, daß diese Männer, welche Stifter und Bezirkspräsidenten des katholischen Vereins waren, solche Schandtaten begangen haben konnten. Sie wurden durch Ammann selbst angeklagt, der sich dadurch viel Feinde machte.

Diese Untersuchung hatte noch eine andere Entdeckung zur Folge. Ein sechzehnjähriger Knabe kam zu Ammann und entdeckte ihm, daß der Prior der Kartause zu Ittlingen im Thurgau mit ihm noch weit schändlichere Dinge getrieben als sie Schär und Eisenring zur Last gelegt wurden. Er habe, durch den Prior beschwichtigt, nicht geglaubt, eine so große Sünde zu begehen, aber jetzt sei ihm die Sache klar, da jene beiden dafür zum Zuchthaus verurteilt wären.

Ähnliche Tatsachen würden ans Tageslicht kommen, wenn wir einmal von den Klöstern anderer Länder so genaue und offenherzige Schilderungen erhielten, wie sie uns Ammann und Rafaelo Ciocci von der Schweiz und von Rom geliefert haben. Es ist durchaus kein Grund vorhanden, anzunehmen, daß die Mönche in anderen Gegenden sittenreiner sind, denn dieselben Ursachen erzeugen gewöhnlich auch dieselben Wirkungen, höchstens mit einigen, in der Hauptsache nichts ändernden Variationen.

Und solchen Männern sollen wir unsere Kinder zur Erziehung anvertrauen!? Haben die Regierungen nicht den Mut und den Willen, das Volk zu befreien, so muß sich jeder Familienvater selbst helfen. Die Zeiten haben sich wesentlich geändert, und keine Regierung wagt es mehr, die Untertanen in die Kirche zu treiben oder sie zu zwingen, zur Beichte zu gehen. Übt sie auch noch einen Zwang aus auf solche Bürger, die Staatsdienste suchen, so sollten doch wenigstens diejenigen, die ihre eigenen Herren sind, ihr Haus gegen den Einfluß liederlicher, scheinheiliger Pfaffen bewahren und durch vernünftige Lehren im Hause den in der Schule erhaltenen Unterricht unschädlich machen, wenn die Regierung nämlich darauf besteht, den Besuch sogenannter konfessioneller Schulen zu erzwingen. Wenn das Volk es ernstlich verlangt, wird nicht nur die Schule von dem Einfluß der Kirche befreit werden, sondern der Staat wird auch aufhören, sich um die Religion seiner Untertanen weiter zu bekümmern als es zum Schutz der kein Gesetz verletzenden Ausübung der verschiedenen Religionen nötig ist.

Werft zunächst die Pfaffen aus den Häusern und aus den Schulen und den unvernünftigen Glauben aus dem Herzen, – das weitere findet sich von selbst.


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