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Vierter Aufzug

Erster Auftritt

Chimene. Elvira.

Chimene. Weißt du, daß es kein falsch Gerücht, Elvira?

Elvira. Ihr glaubt nicht, wie ein Jeder ihn bewundert
Und einstimmig des jungen Helden Thaten
Bis in den Himmel hebt! Zu ihrer Schmach
Zeigten vor ihm die Mauren sich. Voll Eile
Geschah der Angriff eil'ger noch die Flucht.
Drei Stunden Kampfes brachten unsern Kriegern
Vollständ'gen Sieg, zwei Kön'ge als Gefangne.
Dem tapfern Führer ward kein Widerstand.

Chimene. Rodrigo's Hand vollführte solche Wunder!

Elvira. Lohn seiner Müh'n sind die zwei Könige;
Sein Arm besiegte sie nahm sie gefangen.

Chimene. Von wem kam dir so wunderbare Kunde?

Elvira. Vom Volk; das überall sein Lob verbreitet,
Ihn aller Freude Gegenstand und Schöpfer,
Schutzengel und Befreier nennt.

Chimene. Und wie denn blickt auf so viel Muth der König?

Elvira. Rodrigo wagte nicht sich ihm zu zeigen;
Doch freudig brachte, in des Siegers Namen,
Ihm die gefang'nen Könige Don Diego, 39
Als Gunst erfleh'nd, des edlen Fürsten Blick
Mög' huldvoll auf des Landes Retter schauen.

Chimene. Und blieb er unverwundet?

Elvira. Nichts erfuhr ich.
Doch Ihr entfärbt Euch o gewinnet Fassung!

Chimene. Und neu ersteh' der halberloschne Groll!
Darf ich, um ihn besorgt, mich selbst vergessen?
Man rühmt, man preist ihn und mein Herz stimmt ein;
Stumm ist die Ehre, ohnmächtig die Pflicht.
Schweig' Liebe, gib dem Zorne Raum! Besiegte
Er auch zwei Könige er tödtete
Doch meinen Vater! Dieses Trauerkleid,
Mein Unglück zeigend, ist die erste Frucht,
Die seine Tapferkeit erzielt. Was immer
Von seinem hohen Sinn man sage hier
Spricht Alles mir von seiner Schuld! Ihr, die
Aufs Neu' Ihr meinen Schmerz wachrufet, Schleier,
Gewänder, Flöre, düstre Zierden, die
Durch seinen ersten Sieg mir vorgeschrieben,
Wahrt meine Ehre gegen meine Liebe,
Und mahnt, spricht sie zu laut, an meine Pflicht!
Furchtlos greif' ich ihn an, den stolzen Sieger!

Elvira. O mäßigt Euch! dort nahet die Infantin.

 

Zweiter Auftritt

Die Infantin. Chimene. Leonore. Elvira.

Die Infantin. Ich komme nicht, im Schmerze dich zu trösten,
In deine Thränen will ich Seufzer mischen.

Chimene. Theilt lieber doch die allgemeine Lust;
Genießt das Glück, was Euch der Himmel sendet.
Zum Seufzen hat Niemand ein Recht als ich,
Da Euch Rodrigo der Gefahr entzogen,
Sein Schwert bewahrt das öffentliche Wohl,
Sind heute Thränen mir nur noch erlaubt.
Er rettete die Stadt, diente dem König,
Und Unheil bracht' sein tapfrer Arm nur mir.

Die Infantin. Chimene! Er vollbrachte wirklich Wunder!

Chimene. Schon drang die Kunde leider mir zu Ohren, 40
Und überall hör' ich, so tapfern Krieger,
Wie unglücksel'gen Liebenden ihn nennen.

Die Infantin. Weshalb verdrießt dich dieses Stadtgespräch?
War der gepriesne junge Mars doch einst
Dir werth; dein Herz war sein, er dir ergeben,
Drum ehrt ja, wer ihn rühmet, deine Wahl.

Chimene. Ein Jeder mag mit ein'gem Recht ihn rühmen,
Mir weckt jedoch sein Lob nur neue Pein.
Man mehrt, indem man ihn erhebt, mein Leiden;
Denn was er gilt, zeigt mir was ich verliere.
Ach, welcher Jammer für ein liebend Herz!
Mit seinem Werth wächst meiner Liebe Flamme;
Doch mächt'ger ist die Pflicht in mir, und trotz
Des Herzens Glut, erstrebt sie seinen Tod.

Die Infantin. Achtung erwarb dir diese Pflicht noch gestern,
Ihr Streben schien so edel und so werth
Solch großen Herzens, daß am Hofe Jeder
Gepriesen deinen Muth, dein Herz beklagt.
Doch hörst du einer treuen Freundin Rath,

Chimene. Ich wäre strafbar, folgte ich Euch nicht.

Die Infantin. Was damals recht war, ist es heut' nicht mehr.
Rodrigo ist jetzt unser einz'ger Beistand,
Liebling und Trost des Volks, das ihn vergöttert,
Castilien's Stütze und den Mauren Schrecken.
Was sie geraubt, gab uns sein Muth zurück.
Und nur in ihm ersteht dein Vater wieder.
Kurz, hör' es mit zwei Worten: Du erstrebst
Durch seinen Tod den Untergang des Staates!
Darf man, nur eines Vaters Tod zu rächen,
Das Vaterland in Feindeshände geben?
Ist die Verfolgung gegen uns gerecht?
Und theilen wir die Schuld, die du willst strafen?
Vermählen nicht sollst du dich ihm, den ja
Ein todter Vater anzuklagen fordert:
Ich selbst würd' solchen Wunsch verdammen; nimm
Ihm deine Liebe, doch laß uns sein Leben!

Chimene. Ach, diese Milde ziemt mir nicht. Die Pflicht, 41
Die mich erbittert, weiß von keinen Schranken.
Ob auch mein Herz dem Sieger huldigt, ob
Ein Volk ihn liebt, ein König ihn begünstigt,
Ob Krieger ihn umstehn meine Cypressen
Soll'n dennoch seine Lorbeern niederbeugen!

Die Infantin. Ja, edel ist es, ein so theures Haupt
Angreifen, um des Vaters Tod zu rächen:
Doch noch erhab'ner, heil'ge Pflichten für
Das allgemeine Beste aufzugeben.
Glaub', es genügt schon, ihn nicht mehr zu lieben!
Raubst du dein Herz ihm, ist er schon bestraft!
Des Landes Wohl verlangt es. Was auch denkst du,
Daß dir der König wol gewähren wird?

Chimene. Weis' er mich ab ich würde doch nicht schweigen.

Die Infantin. Bedenke recht, Chimene, was du thust!
Leb wohl. Erwäge Alles in der Stille.

Chimene. Des Vaters Tod erspart mir jede Wahl.

 

Dritter Auftritt

Don Ferdinand. Don Diego. Don Arias. Don Rodrigo. Don Sancho.

Don Ferdinand. Dich, edlen Erben so erlauchten Hauses,
Das stets Castiliens Ruhm und Stütze war,
Und dess' Geschlecht so reich an tapfern Ahnen,
Denen dein Prob'stück früh dich gleichgestellt;
Dich zu belohnen, fühl' ich mich zu schwach,
Denn wen'ger Macht hab' ich, als du Verdienste.
Des Landes Rettung von so rohem Feind,
Mein mir durch deine Hand erhaltnes Scepter,
Der Mauren Niederlage, eh' ich noch
In diesem Schreckniß Widerstand zu leisten
Anordnen konnte, sind nicht Thaten, die
Zu lohnen, deinem König Hoffnung geben;
Allein die zwei gefang'nen Könige
Seien dein Lohn; ich hört' sie Cid dich nennen,
Weil Cid in ihrer Sprache Herr bedeutet.
Ich mißgönn' dir den Ehrennamen nicht.
Sei denn fortan der Cid! dem großen Namen
Beug' Alles sich; er sei Granada's, wie 42
Toledo's Schrecken, und zeig' meinem Volk,
Was du mir giltst, und was ich dir verdanke.

Don Rodrigo. Spar' Eure Majestät mir die Beschämung!
Zu hoch schlagt so geringe That Ihr an,
Und ich erröthe vor solch großem König,
So wenig diese Ehre zu verdienen.
Ich weiß ja, daß ich Eures Reiches Wohl
Mein Blut und Leben schulde, und erfülle,
Wenn für so würd'gen Zweck ich sie verliere,
Nur des getreuen Unterthanen Pflicht.

Don Ferdinand. Nicht Alle, denen diese Pflicht obliegt,
Entled'gen ihrer sich mit gleichem Muthe,
Und, wenn die Tapferkeit nicht ungewöhnlich,
Erzielt sie nicht solch' glänzenden Erfolg.
Duld' es daher, daß man dich lobt, und künde
Ausführlich dieses Siegs Geschichte mir.

Don Rodrigo. Sire, Ihr wißt, daß in dem Schrecken, welchen
Der Stadt die dringende Gefahr erweckt,
Die Freundesschaar, die sich bei meinem Vater
Versammelt, mich, der tiefbewegt noch, drängte
Allein verzeihet meiner Kühnheit, daß
Ich ohne Eure Vollmacht sie verwendet
Doch nah war die Gefahr, die Schaar bereit,
Den Kopf wagt ich, wenn ich am Hof mich zeigte
Und, sollt' ich ihn verlieren, war es süßer,
Im Kampf für Euch mein Leben einzubüßen.

Don Ferdinand. Den Eifer, Rache für den Schimpf zu nehmen,
Entschuld'ge ich; spricht doch des Staats Vertheid'gung
Für dich bei mir. Glaub', was Chimene sage,
Nur sie zu trösten, hör' ich sie hinfort,
Doch weiter!

Don Rodrigo. Unter meiner Führung zog
Die Schaar nun aus, und kühnen Mannesmuth
Zeigt Aller Stirn. Fünfhundert zählten wir,
Doch schnell verstärkt, am Hafen angelangt,
Dreitausend schon, und uns so wohl gerüstet
Erblickend, schöpft' der Aengstlichste selbst Muth. 43
Zwei Drittheil ihrer barg ich nach der Ankunft
Gleich unten in den vorgefundnen Schiffen;
Die Andern, deren Zahl stets wuchs, entflammt
Von Ungeduld, lagerten sich geräuschlos
Rings um mich auf den Boden, und verbrachten
Also den größten Theil der schönen Nacht.
Ein Gleiches that auf mein Gebot die Wache,
Und half, versteckt so, meine Kriegslist glücken.
Und kühn gab den Befehl, den ich ertheilt
Und ausgeführt, ich für den Euren aus.

Der Sterne Dämmerlicht läßt endlich mit
Der Flut auch dreißig Segel uns erblicken;
Die Wogen schäumen, und mit gleicher Eil'
Treiben die Mauren und das Meer zum Hafen.
Man läßt sie nah'n. Sie wähnen Alles ruhig;
Kein Krieger in dem Hafen, auf der Mauer:
Getäuscht durch unser Schweigen, zweifeln sie
Durchaus nicht, daß der Ueberfall gelungen.
Sie landen furchtlos ankern steigen aus,
Und eilen, sich den Händen auszuliefern,
Die ihrer harr'n. Nun stehn wir auf einstimmig
Tönt unser tausendfält'ger Ruf zum Himmel
Auf unsern Schiffen antworten die Unsern,
Und nah'n bewaffnet. Die bestürzten Mauren
Erfaßt zur Hälfte erst gelandet Furcht,
Sie geben vor dem Kampf schon sich verloren.
Auszieh'nd zur Plündrung, finden sie den Krieg.
Wir drängen sie zu Wasser, drängen sie
Zu Land in Strömen fließt durch uns ihr Blut,
Eh Einer widersteht, eh sie sich ordnen.
Doch ihre Fürsten sammeln bald sie wieder;
Ihr Muth erwacht, vergessen ist die Furcht,
Die Scham, so ohne Kampf zu sterben, hemmt
Die Unordnung, gibt ihnen neue Stärke.
Sie stehn, ziehn ihre Schwerter, und zerschnitten
Wird manches tapfern Kriegers Lebensfaden.
Land, Meer, der Hafen ihre Flotte werden
Zum blut'gen Schlachtfeld, wo der Tod regiert.
O wie viel große Werke, hohe Thaten, 44
Sind ruhmlos in der Dunkelheit geblieben,
Wo Jeder, selbst nur Zeuge seiner Hiebe,
Nicht unterscheidet, wie das Loos sich neigt.
Ich sprach ringsum den Unsern Muth ein, ließ
Die vorwärts dringen, Jene Beistand leisten,
Ordnen, die kamen, trieb sie an, und wußte
Nichts vom Erfolge, bis der Tag erschien.
Doch endlich zeigt sein Licht uns unsern Vortheil,
Ihren Verlust den Mauren, und ihr Muth
Sinkt schnell, so daß, als uns Verstärkung nahet,
Die Siegeslust der Todesfurcht muß weichen.
Sie eilen ihren Schiffen zu, zerhauen
Die Taue, flieh'n, furchtbar Geschrei erhebend,
In der Verwirrung achtlos, ob mit ihnen
Auch ihre Könige sich retten können.
So unterlag der stärkern Furcht die Pflicht.
Die Flut bracht' sie die Ebbe führt sie fort,
Indeß noch ihre Könige im Kampfe,
Und Ein'ge ihrer Tapfern, schwer verwundet,
Ihr Leben theuer zu verkaufen streben.
Ich selbst drängt' sie, sich zu ergeben, doch
Umsonst sie hören nicht, den Säbel schwingend,
Nur, als sie sehn wie ihre Krieger fall'n,
Wie sie allein noch fruchtlos sich vertheid'gen,
Begehr'n den Führer sie ich nenne mich,
Und sie ergeben sich. Ich sandt' Euch Beide.
Der Kampf war, weil die Kämpfer fehlten, aus.
Auf diese Weise ist in Eurem Dienste

 

Vierter Auftritt

Don Ferdinand. Don Diego. Don Rodrigo. Don Arias. Don Sancho. Don Alonso.

Don Alonso. Sire, Chimene naht, um Recht zu fordern.

Don Ferdinand. Unsel'ge Nachricht, läst'ge Pflicht! Entfern' dich,
Denn ich will sie nicht nöth'gen, dich zu sehen.
Statt dir zu danken, schicke ich dich fort.
Doch erst laß deinen König dich umarmen! 45

Don Diego. Chimene klagt ihn an und möcht ihn retten.

Don Ferdinand. Man sagt sie liebt ihn; wol, ich will's erproben.
Zeigt ernstre Mienen!

 

Fünfter Auftritt

Don Ferdinand. Don Diego. Don Arias. Don Sancho. Don Alonso. Chimene. Elvira.

Don Ferdinand. Seht Euch denn befriedigt,
Chimene, Euch nach Wunsch ist der Erfolg.
Rodrigo schlug den Feind. Jedoch wir sahen
Ihn auch an den erhaltnen Wunden sterben.
So dankt dem Himmel, welcher Euch gerächt.
Seht, wie sich ihre Farbe schon verändert.

Don Diego. Seht auch, wie nah sie einer Ohnmacht ist:
Erkennt die Wirkung ihrer Liebe, Sire.
Ihr Schmerz verräth Euch ihr Geheimniß, und
Läßt über ihr Gefühl Euch nicht im Zweifel.

Chimene. So ist Rodrigo todt?

Don Ferdinand. Nein, nein, er lebt,
Und wahrt dir unverändert seine Liebe!
Laß deinen Schmerz um ihn sich sänftigen!

Chimene. Sire, man wird aus Freude, wie aus Trauer
Ohnmächtig. Großes Glück macht leicht uns schwach,
Und kommt es plötzlich, schwinden uns die Sinne.

Don Ferdinand. Du willst Unmögliches uns glauben machen.
Dein Schmerz, Chimene, zeigte sich zu klar!

Chimene. Wol, häuft mein Unglück, Sire, immer mehr;
Nennt meine Ohnmacht Wirkung meines Schmerzes;
Gerechter Unmuth brachte mich so weit.
Entzöge doch sein Tod ihn der Verfolgung.
Stirbt er an Wunden, für des Landes Wohl
Empfangen, wär verloren meine Rache,
Mein Zweck verfehlt. Ein solches schönes Ende
Beleidigt mich. Er sterbe, doch nicht glorreich,
Nicht so, umstrahlt von hohem Ruhmesglanz,
Nicht auf dem Bett der Ehre, sondern auf 46
Dem Blutgerüst! Für meinen Vater sterb' er,
Nicht für das Vaterland! Geschändet sei
Sein Name und befleckt sein Angedenken!
Kein traurig Loos ist's für sein Land zu sterben,
Unsterblichkeit erwirkt solch schöner Tod.
Ich freu' mich seines Sieges, darf es, denn
Er schützt den Staat, gibt mir mein Opfer wieder,
Doch edel, hochberühmt vor allen Kriegern,
Bekränzt mit Lorbern statt mit Blumen kurz,
Werth meines Vaters Manen es zu weih'n.
Ach, welcher Hoffnung geb' ich mich da hin!
Hat doch Rodrigo Nichts von mir zu fürchten.
Was schaden Thränen ihm, die man verachtet?
Für ihn ist Freistatt Euer Reich ihm Alles
Erlaubt! Er triumphirt so über mich,
Wie über alle Feinde; als Trophäe
Dient das in deren Blut erstickte Recht
Des Siegers Schuld: wir mehr'n den Prunk, denn die
Verachtung der Gesetze läßt uns mit
Zwei'n Kön'gen seinem Siegeswagen folgen!

Don Ferdinand. Du bist zu heftig, meine Tochter; Alles
Muß man erwägen, um gerecht zu richten.
Getödtet ist dein Vater; er gab Anlaß;
Deshalb mahnt mich die Billigkeit zur Milde.
Eh du mich aber tadelst, zieh' dein Herz
Zu Rath: Rodrigo herrscht darin, und heimlich
Dankst du wol deinem König, dessen Huld
Dir den so heiß Geliebten will bewahren.

Chimene. Mir! Meinen Feind! Ihn, meines Zornes Ziel!
Den Unheilstifter! Meines Vaters Mörder!
So wenig gilt meine Anklage, daß
Man gar mich dankbar glaubt, mich nicht zu hören!
Versagt Gerechtigkeit Ihr meinen Thränen,
So laßt mich zu den Waffen Zuflucht nehmen;
Durch sie gekränkt, muß ich durch sie mich rächen.
Von allen Euren Rittern fordre ich
Sein Haupt! Ja, bringt es Einer mir, so bin
Ich selbst sein Lohn, sie mögen mit ihm kämpfen! 47
Und ist vorbei der Kampf, bestraft Rodrigo,
Vermähl' ich mich dem Sieger. Laßt es, Sire,
Als Euren Willen öffentlich verkünden.

Don Ferdinand. Die alte Sitte, üblich hier zu Land,
Raubt durch den Vorwand ungerechten Angriff
Zu strafen, einem Staat die besten Krieger.
Denn solchen Mißbrauchs trauriger Erfolg
Trifft oft den Schuldlosen und schont den Schuld'gen.
Rodrigo sei davon befreit. Zu kostbar
Ist er mir für die Launen des Geschicks;
Und welche Schuld solch großes Herz begangen,
Die flieh'nden Mauren nahmen sie mit fort.

Don Diego. Wie! Hebt für ihn Ihr die Gesetze auf,
Die Euer Hof so oft befolgte, Sire?
Was dächte Euer Volk? Was spräch der Neid,
Schont unter Eurem Schutze er sein Leben,
Und nützt den Vorwand, dort nicht zu erscheinen,
Wo jeder Ritter schönen Tod erstrebt?
Würd' solche Gunst doch seinen Ruhm so trüben,
Daß er des Sieges Frucht nicht ohn' Erröthen
Sich könnt' erfreu'n. Der Graf war kühn er strafte
Als Tapfrer ihn, und muß sich so behaupten.

Don Ferdinand. Sei's denn, da Ihr es wollt; doch werden Tausend
An des besiegten Kämpfers Stelle treten,
Denn ihm macht der, dem Sieger von Chimene
Versprochne Preis, zum Feinde alle Ritter.
Ihn aber Allen gegenüberstellen
Wär ungerecht. Genug, wenn er den Kampfplatz
Einmal betritt. Wähl' wen du willst, Chimene,
Wähl' gut, doch nach dem Kampf begehr Nichts mehr.

Don Diego. Dadurch entschuldigt die nicht, die ihn fürchten.
Gebt frei den Kampfplatz Niemand wird erscheinen.
Welch eitler Muth erkühnt sich, mit Rodrigo
Es nach den heut'gen Thaten aufzunehmen?
Wer wagte sich an solchen Gegner? Wer
Ist dieser Tapfre, nein, vielmehr Verwegne?

Don Sancho. Oeffnet den Kampfplatz! Seht den Gegner! Ich
Bin der Verwegne oder vielmehr Tapfre! 48
(Zu Chimene.)
Gestattet meiner Liebe diese Gunst!
Ihr wißt, daß Ihr sie mir versprochen, Dame!

Don Ferdinand. Willst du dein Loos ihm anvertrau'n, Chimene?

Chimene. Sire, ich gab mein Wort.

Don Ferdinand. Bereit seid morgen!

Don Diego. Nein, Sire, zögern darf man länger nicht;
Wer Muth besitzt, ist jederzeit bereit.

Don Ferdinand. Kaum aus der Schlacht zurück, und wieder kämpfen!

Don Diego. Beim Schlachtbericht erholte sich Rodrigo.

Don Ferdinand. So ruh' er Ein', Zwei Stunden mindestens.
Doch, daß nicht dieser Kampf als Beispiel diene,
Und, daß solch blutiges Verfahren, welches
Mir nie gefiel, ich ungern seh', zu zeigen,
Will ich nicht, noch mein Hof dabei erscheinen.
(Zu Don Arias.)
Nur Ihr sollt Kampfesrichter sein. Seht zu,
Daß beide Kämpfer auch als Tapfre handeln,
Und nach dem Kampf bringt mir den Sieger wer
Es sei der Preis gebühret seinem Muthe.
Ich selbst führ' ihn Chimenen zu, damit
Als Lohn er ihr Gelöbniß mög' empfangen.

Chimene. Sire! Solch hart Gebot legt Ihr mir auf!

Don Ferdinand. Du klagst, doch deine Liebe klagt nicht, sondern
Nimmt, ist Rodrigo Sieger, ohne Zwang
Ihn an. Murr' nicht ob solchem milden Urtheil,
Wer es von Beiden sei er wird dein Gatte. 49

 


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