Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Ernst Clausen

[Einleitung ]

von Prof. Friedrich Lienhard]

Wenn man in Clausens Heim trat, hatte man rasch und stark die Empfindung: Ein echt deutsches Haus!

Eine gesunde Kraft, eine männliche Offenheit, eine natürliche Herzenswärme und die entsprechenden Umgangsformen waren in diesem Kreise lebendig.

Die Nordseeküste war Ernst Clausens Heimat. Er wurde als Sohn eines hannoverschen Rittmeisters aus ursprünglich dänischer Familie am 18. September 1861 zu Aurich in Ostfriesland geboren. Erziehung und Berufswahl brachten in sein Wesen einen soldatischen Einschlag. Er besuchte das Gymnasium zu Lüneburg und trat dann in das sächsische Schützenregiment zu Dresden ein, wo er sich durch sein ritterliches Wesen Achtung erwarb. Nach einer längeren Urlaubsreise und etlichen erfolgreichen schriftstellerischen Versuchen nahm er 1897 den Abschied. In Eisenach widmete er sich der Schriftleitung der bedeutend angelegten Zeitschrift » Wartburgstimmen«. Später wirkte er zu Straßburg im literarischen Bureau des elsaß-lothringischen Ministeriums. 1909 ging er, dem Rufe des Vereins Deutscher Freimaurer folgend, um dessen Arbeitsamt zu leiten, nach Jena. Früh wurde der schaffensfreudige Mann am 13. Dezember 1912 dem Leben entrissen.

Von seinen Dramen seien genannt »Ums Heimrecht« und »Moderne Seelen«. Der Schwerpunkt seines Schaffens lag auf Romanen (wie »Das Haus am Markt«, »Dora Plattner«, »Henny Hurrah«) und zahlreichen kurzen Geschichten. Der Hauptmann a. D. verwertete seine gesellschaftlichen Beobachtungen und gab mit frischem Zugreifen und guter Lebenslaune Menschen der deutschen Landschaft.

Die Erzählung » Der Heiligen Kind« mutet wie ein Auftakt zu einem Geschichts-Roman großen Stils an, begnügt sich aber mit der Darstellung eines an sich nicht eben erquicklichen Einzelfalles. Es handelt sich um das frühe Hinsterben eines Sohnes der heiligen Elisabeth von Thüringen. Leider waren die Verhältnisse damals tatsächlich so unerfreulich, wie sie hier geschildert sind. Man möchte deshalb am Schluß der Novelle gern noch etwas Ausgleichendes oder Abrundendes vernehmen: vielleicht in einem Ausblick auf Raspes Schicksal, der gegen den Hohenstaufen als Gegenkönig aufgestellt wurde und in einem Gefecht einen Pfeilschuß erhielt, an dessen Folgen er im Februar 1247 auf der Wartburg starb.

Clausens Stil ist nicht leichtflüssig; man spürt ordentlich, wie er den Stoff mühsam unter die Füße zwang. Doch hat er genug landsknechthafte Kraft, um den geschilderten Verfallszuständen das Peinliche zu nehmen. Seine eigene Denkweise äußert sich im knappen Schlußsatz: »So verderben Kinder, wenn niemand sie lieb hat.«

Straßburg i. E.
Friedrich Lienhard.


 << zurück weiter >>