Retif de la Bretonne
Zeitgenössinnen
Retif de la Bretonne

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Die Gattin auf Probe oder die hübsche Haushälterin.

Einige Tage nach meiner Begegnung mit dem Herrn, der mir den Stoff für den Gatten auf Probe geliefert hatte, hatte ich endlich Gelegenheit, auch meinen anderen Wunsch erfüllt zu sehen. Ein Herr in schwarzem Anzuge – ein Prokurator beim Parlament – hielt einem unserer gemeinschaftlichen Freunde, einem Advokaten, folgende Rede:

»Ich mich verheiraten? Weiß Gott, nein! Wäre denn so etwas möglich? Denken sie doch nur an den schrecklichen Luxus, den die Frauen treiben! ... Man spricht stets von den Prokuratoren, man klagt sie an, sie wären – na, Sie wissen ja, aber bei den unsinnigen Ausgaben, die heutzutage ihre Frauen machen, müßten sie eigentlich ihren Kunden den Hals abschneiden.«

»Sie sind reich,« bemerkte der Advokat, »übrigens sehen sie zu schwarz. Der vermeintliche Luxus besteht nur im guten Geschmack, die Ausgaben dafür sind nicht größere, als unsere Urahnen sie machten. Wenn eine einsichtsvolle Frau Ihren Haushalt leitet, so wird sie Ihnen eine behagliche Sorglosigkeit zu bereiten wissen, die der Balsam des Lebens ist. Meine Frau macht mich glücklich und ist doch in ihrer Kleidung ebenso kokett, wie die elegantesten Damen, Halten sie es denn für rein gar nichts, wenn sie nach Hause kommen und eine reizende Frau, wie die meinige, Ihnen entgegeneilt, die Auge und Herz zugleich entzückt? Ah! Herr P**, Sie haben keine Ahnung von der Ehe! Nehmen sie dazu noch meine Tochter! Erst durch unsere Kinder fangen wir an, zu leben, bis ein Mann Vater wird, existiert er nur halb.«

»Mit schönen Bildern werden sie mich nicht überzeugen können,« erwiderte der Prokurator. »Ich kenne alles, was sie da anführen. Aber wenn ich Ihnen ein Bild von der Hölle in der Ehe vor Augen führen wollte, brauchte ich Ihnen nur alle die vielen Tatschen zu erzählen, deren Zeuge ich war. Ich werde mich nicht verheiraten, es sei denn, ich fände eine Frau wie die Ihre, was mir nicht gut möglich erscheint. Ich ziehe vor, meinen Haushalt von einer hübschen, sanften Haushälterin führen zu lassen, die ich bezahle und für die ich mich weiter nicht interessiere. So habe ich einen Teil der Annehmlichkeiten der Ehe, die mir ein nettes Mädchengesicht verschafft, und habe mit ihren Sorgen nichts zu tun. Ich habe Ehen gesehen, die mich geradezu erschreckt haben! Ich für mein Teil würde nicht die Hälfte der Mühseligkeiten aushalten können, deren Zeuge ich war.«

Da G** dem Prokurator nicht durch Vernunftsgründe beikommen konnte, wollte er es auf eine andere Weise versuchen. Am Tage nach dieser Unterredung überbrachte ein junges zwanzigjähriges Mädchen, die Erzieherin der Kinder eines dem Meister G**, befreundeten, verwitweten Prokurators, Herrn P** ein Schriftstück. Er nahm es persönlich entgegen und war von der Anmut des Mädchens betroffen. Es war eine schöne Brünette mit großen Augen, eleganter Taille, weißen, fleischigen Händchen, von appetitlicher Sauberkeit und sehr geschmackvoll gekleidet, so daß sie das Aussehen einer Dame hatte.

P** unterhielt sich mit ihr, erkundigte sich nach ihrer Tätigkeit im Hause seines Kollegen, kurz, befragte sie über alle Einzelheiten ihres Daseins, soweit die Höflichkeit es erlaubte. Als die schöne Louison fort war, behielt er noch lange ihr Bild vor Augen. Er war ärgerlich, daß er dieses Mädchen nicht vor seinem Kollegen kennen gelernt hatte, und hätte gern Lust gehabt, sie ihm abspenstig zu machen, doch schien ihm das nicht anständig zu sein. Er benutzte die erste sich ihm bietende Gelegenheit, um Herrn B** zu besuchen und dort die hübsche Erzieherin zu sehen. (Es ist nötig, hier anzuführen, daß man sein Kommen schon von der Ecke der Straße an bemerkt hatte.) Als er eintrat, fand er seinen Freund im Streit mit Louison.

»Fassen sie Ihren Entschluß, Fräulein,« sagte ersterer, »der meinige ist gefaßt. Aus Rücksicht für Ihre Familie will ich Sie behalten, bis sie eine andere Stelle gefunden haben, aber von heute ab sind Sie nicht mehr in meinem Dienst ... Entschuldigen sie, Herr Kollege, aber ich wollte mit dem Fräulein erst zu Ende kommen, sie ist ein Leichtfuß, ich kann nicht einmal von ihr erreichen, daß sie nicht vom frühen Morgen bis späten Abend singt und lacht, meine Tochter erzieht sie ebenfalls zum Leichtfuß, und das paßt mir nicht. Ich will, daß diese ihrer verstorbenen Mutter gleiche und ernst, fleißig, lieber traurig, als heiter sei.«

»Mir scheint, lieber Kollege, daß Sie unrecht haben.«

»Das ist aber nun einmal so nach meinem Geschmack.«

»Dagegen ist nichts einzuwenden, Sie sind Herr in Ihrem Hause ...«

Es war keine Rede mehr davon. Man sprach von Geschäften, und Herr P** ging sehr zufrieden wieder von dannen, nachdem er Louison, die er auf der Treppe traf, zugeflüstert hatte: »Fräulein Louise, ich glaube, ich kann Ihnen nützlich sein. Beschließen sie nichts, bevor sie mich besucht haben.«

»In welcher Stunde, mein Herr?«

»Sobald als möglich, noch heute, ich werde zu Hause bleiben.«

Der Prokurator war ein allgemein geachteter, sehr tüchtiger, reicher, aber dabei ehrlicher Mann. In England hätte man ihm ein Monument zwischen den beiden schon vorhandenen, nämlich dem ehlichen Brückengeldempfänger und dem zartfühlenden Kerkermeister errichten können mit der Inschrift: dem biederen Prokurator; dort würde es sich sehr gut gemacht haben und mit Recht wertgeschätzt worden sein. Seine Freunde achteten ihn hoch, unter ihnen auch Meister G**, der Advokat, der auch der intime Freund B**s war, in dessen Hause Louison wohnte. Mehr will ich vorläufig nicht sagen.

Die hübsche Erzieherin verfehlte nicht, im Laufe des Nachmittags beim Prokurator vorzusprechen. Sie fand ihn allein in seinem Arbeitszimmer.

»Ich bin entzückt, Sie zu sehen,« redete er sie an. »Meister B** scheint da mit Ihnen einen Streit vom Zaun gebrochen zu haben, denn hat man je gehört, daß man einer jungen Gouvernante zürnt und sie fortschickt, weil sie die Kinder zu heiter erzieht? Er hat schon seine Frau mit seinen Grillen und Launen ins Grab gebracht, mit seiner Tochter wird er es wahrscheinlich ebenso machen ... Doch zu Ihnen, Fräulein Louison. Wenn sie eine Stelle annehmen wollen, die ebenso gut ist, wie Ihre jetzige, so biete ich Ihnen eine solche als Gouvernante in meinem Hause an. Sie werden einen Dienstboten zur Ausführung Ihrer Befehle zur Verfügung haben und selber nur über das ganze Hauswesen wachen, wie eine Hausherrin. Ihren Befehlen wird gehorcht werden, als ob ich selbst sie erteilt hätte, und über die Küche haben sie allein zu bestimmen. Paßt Ihnen mein Vorschlag? Ich will dazu noch bemerken, daß ich darunter keine geheimen Absichten verberge, denn ich bin ein in jeder Beziehung ehrenwerter Mann. Doch will ich gar nicht verhehlen, daß Sie mir ausnehmend gefallen, aber man wäre ja unglücklich, wenn man gezwungen wäre, sich in seinem Hause nur mit Personen zu umgeben, die einem mißfallen. Sie können darauf rechnen, von meiner Seite mit der gleichen Achtung behandelt zu werden, wie ich sie einer Schwester bezeigen würde, die Ihr Amt einnähme. Als solche sollen sie ganz und gar vorbehaltlos in meinen Hause angesehen werden.«

Louison nahm mit Dank an und versicherte dem Prokurator, daß sie sich, wie groß auch immer seine Güte gegen sie sein werde, nie vergessen, sondern stets daran denken werde, daß er ihr Herr sei.

»Da Sie meinen Vorschlag annehmen,« fuhr der Prokurator fort, »will ich Sie sofort in Besitz Ihres Zimmers setzen. Hier sind die Schlüssel dazu, Sie werden allein darüber verfügen und können Ihre Sachen darin gleich unterbringen lassen. Ich bin anders, als mein Kollege, und freue mich, wenn alles um mich herum heiter, zufrieden und glücklich ist, zudem bin ich gerecht, nicht zu anspruchsvoll, nachsichtig und erlaube jedem, seinen Nutzen zu finden, wenn er nur den meinigen im Auge behält. Ich bitte Sie, die Ausgaben der beiden ersten Wochen bestreiten zu wollen, danach sind Sie dann imstande, mir die Summe zu bestimmen, die Sie jede Woche nötig haben werden, Setzen Sie das Höchste an. Ich werde Ihnen jeden Montag das Geld im voraus geben. Sollte Ihnen ein Überschuß bleiben, so geht mich das nichts an, ebensowenig aber auch werde ich, wenn sie in einer Woche durch Ihre Schuld einmal mehr ausgeben, den Fehlbetrag ergänzen. An Ihnen ist es, sich für solche Fälle etwas zurückzulegen. Ich lasse diese Freiheit gern einem jungen Mädchen, um es daran zu gewöhnen, selbständig zu handeln, und um ihm Sparsamkeit beizubringen. Es kommt ihm dabei auch weniger oft der Gedanke an seine dienende Stellung, und es fühlt sich frei, soweit es eben möglich ist, bei fremden Leuten frei zu sein.«

Louison war von ihrem neuen Herrn entzückt, und war äußerst glücklich in ihrer neuen Stellung, nachdem sie alle Sicherheitsmaßregeln gegen etwaige Überraschungen getroffen hatte.

Auch Meister P** war seinerseits nicht weniger zufrieden. Er hatte zwar noch keinen festen Plan, aber er war entschlossen, seine Tage mit diesem Mädchen zusammen zu beschließen, doch dachte er vorläufig nur so ganz im allgemeinen an diese Aussicht. Alles ging gut. Louison hielt mit der ihr überwiesenen Summe gut Haus und gab vor allem so vorzügliches Essen, daß der Prokurator sie oft fragte, ob sie ihn nicht anführe?

»Im Gegenteil,« war stets die Antwort, »mir bleibt noch Geld übrig, und ich werde Ihnen in einiger Zeit zeigen, was ich mir für meine Ersparnisse anschaffen werde.«

Obwohl der Prokurator in den nächsten Wochen mehr Gäste, als gewöhnlich, mit Absicht zu Tische lud, trat keine Änderung in der Reichhaltigkeit und Güte der Mahlzeiten ein. Erstaunt darüber, nahm er Louison eines Tages beiseite und sagte zu ihr:

»Meine beste Louise, ich mißbrauche ein wenig unsere Abmachungen und will Ihnen gern gestehen, daß ich das seit einigen Wochen mit Absicht getan habe, daher die vielen Einladungen. Ich weiß, was das gekostet haben muß, und werde Ihnen daher für die verflossenen Wochen je ein Drittel der festgesetzten Summe zulegen.«

»So?« erwiderte Louison, »nun, das nehme ich nicht an. Bitte kommen sie und sehen, was ich gerade seit sechs Wochen zurückgelegt habe.«

Sie führte ihn auf ihr Zimmer und zeigte ihm ein schönes Kostüm von dunkelblauem Tuch, mit Rosaseide gefüttert, das wenigstens sechs Louis gekostet haben mußte.

»Das ist nicht möglich«, rief der Prokurator bei diesem Anblick aus.

»Doch, doch. Hier ist mein Wirtschaftsbuch, sehen Sie selbst nach.«

»Dann haben sie sich also die Wochen vorher noch mehr anschaffen können?«

»Nun, ich bin nicht unzufrieden.« Und sie zeigte ihm noch andere Kleider, Morgenröcke und einige Schmucksachen.

»Sie sind ja ein wahrer Schatz, Louise, fahren sie so fort, liebes Kind. Aber ich will nicht, daß ich allein von Ihrem Wirtschaftstalent und Ihrer Sparsamkeit profitiere und wünsche, daß Sie die Zulage annehmen, denn unsere Abmachungen hatten zur Voraussetzung, daß ich Ihnen keine größeren Ausgaben verursachte, als in der ersten Woche.«

Gehorsam gab Louison nach.

Der Prokurator konnte von Zeit zu Zeit nicht unterlassen, über das Verdienst und die Anmut Louisons Erwägungen anzustellen. »Wahrhaftig,« dachte er oft bei sich, »wenn Louison eine Partie wäre, so wäre das die Frau, die ich wählen würde. Aber wo eine solche unter denen finden, die mir zur Wahl stehen?«

Nachdem er eine Zeitlang dies nur gedacht hatte, ging er eines Tages so weit, es zu Meister G** zu sagen.

»Sicherlich«, erwiderte der Advokat, »wäre Louison ein sehr wertvoller Besitz!«

»Ich weiß nur noch Ihre Frau, die ihr an guten Eigenschaften und äußeren Reizen gleichkommt,« fuhr der Prokurator fort.

»Es ist schade, daß sie nur ein Dienstbote ist.«

»Ein Dienstbote? In dieser Eigenschaft ist sie aber nicht bei mir, sie wird selber bedient.«

»Das lobe ich mir! Aber sie bezieht doch nichtsdestoweniger Gehalt und war bei B** im Dienst, der sie entlassen hat.«

»Aus einem lächerlichen Grunde!«

»Ich gebe zu, daß er Louison mehr zur Ehre, als zum Nachteil gereicht, aber schließlich war er doch ihr Herr.«

»Sie werden noch behaupten, daß durch unseres Kollegen Gequatsche Louisons Ehre angegriffen wird!«

»Oh! Das sage ich nicht. Ich bin im Gegenteil ein großer Verehrer des Fräuleins und schätze sie ganz speziell sehr hoch, besonders ihre Talente.«

»Und sie verdient es, sie verdient es, lieber Freund! bestätigte eifrigst der Prokurator.

Nachdem das Eis einmal gebrochen war, geizte P** nicht mehr mit seinen Lobreden über die Haushälterin und brachte sich selbst ins Feuer, indem er sie anderen gegenüber pries. Das Ende vom Liede war, daß er sich sterblich in sie verliebte. Da er aber stets über die Ehe geschimpft hatte, so hatte er noch ein Hindernis mehr zu besiegen, als jeder andere, um seine Haushälterin heiraten zu können. Er wagte es daher anfangs auch nicht, sich bei solchen Gedanken aufzuhalten und dachte, er könne mit Louison irgendein anderes Abkommen treffen. Täglich dachte und träumte er darüber, wenn es sich aber darum handelte, dem liebenswürdigen Mädchen ein solches vorzuschlagen, dann verließ ihn der Mut, denn es kam ihm so vor, als ob Louison an seiner verlegenen Miene seine Absicht erkenne und deshalb bei solchen Gelegenheiten einen Ausdruck von Zurückhaltung und Würde annehme, der ihm imponierte. Nachdem er lange mit sich gekämpft hatte, ohne die nötige Tatkraft zur Ausführung seines Entschlusses zu erlangen, beschloß er, ihr zu schreiben. Eines Abends übergab er dem jungen Mädchen einen Brief, als sie gerade auf ihr Zimmer gehen wollte, und sagte zu ihr:

»Lesen sie das, Fräulein Louison, sie werden daraus meine Gefühle für sie erkennen. Was ich in dem Briefe sage, ist wohl nicht ganz einwandfrei, aber ich bitte Sie, mir Ihre Vorstellungen zu machen, und ich werde darauf vielleicht in einer Weise antworten, die Ihr Zartgefühl befriedigen wird.«

Louison wollte den Brief sofort in seiner Gegenwart lesen, er hinderte sie aber daran und schloß sich wieder in seinem Zimmer ein, als ob er befürchtete, sie könne sofort wiedererscheinen, um ihm Vorwürfe zu machen.

Dieser Brief an Louison lautete:

»Ich will Ihnen nicht länger verhehlen, teure Louison, daß ich Sie liebe. Ein Mädchen von Ihrem Werte kann nicht fähig sein, mit diesem Geständnis Mißbrauch zu treiben. Aber, mein teures Mädchen, obwohl ich Sie zärtlich liebe, dürfen sie nicht darauf rechnen, daß ich Sie heirate, das einzige, was ich Ihnen versprechen kann und gewissenhaft halten werde, ist, daß ich niemals eine andere heiraten werde. Ich will noch weiter gehen. Falls meine Liebe zu Ihnen Ihr Herz rühren würde, und Sie sich entschließen könnten, mir anzugehören, so erkläre ich Ihnen, daß ich Sie zur unumschränkten Herrin meines Hauses einsetze. Endlich – verzeihen sie mir, wenn ich das anführe, aber ich glaube, es tun zu müssen – sollte das Dasein kleiner unschuldiger Wesen es erfordern, daß ich meinen Grundsätzen untreu werde, so schwöre ich Ihnen bei meiner Ehre und werde Ihnen alle Garantien dafür geben, die Sie fordern können, daß ich mit Ihnen eine heimliche, aber bindende Ehe eingehen werde, die um so unanfechtbarer sein wird, als ich Herrn und Frau G**, meine und Ihre guten Freunde, ins Vertrauen ziehen werde. Nun kennen sie meine geheimen Wünsche, liebenswertes Fräulein, ganz und gar. Nur möchte ich Sie dringend noch um eins bitten, nämlich unter allen Umständen in meinem Hause zu bleiben, wenn sie meine Vorschläge auch nicht annehmen würden. Wenn Sie es verlangen, werde ich Ihnen in diesem Falle mein Ehrenwort geben und es halten, niemals wieder den Vorschlag zu erneuern, den ich Ihnen in diesem Briefe mache. Ich habe es getan, weil dieser Gedanke mich seit langem quält und ich vor Ihnen kein Geheimnis haben will. Ich sende Ihnen innige Grüße, liebes Fräulein, und versichere Sie meiner größten Hochachtung, wie sie Ihnen gebührt und wie ich Sie Ihnen unter allen Umständen mein ganzes Leben lang bewahren werde.

Ihr Ihnen sehr ergebener und wohlerwogener Diener

P**«

Louison konnte sich eines Lächelns nicht enthalten, als sie diese Zeilen las, die sie nicht sehr erschreckten. Um sich darüber zu ärgern, hätte sie versucht sein müssen, den Vorschlag anzunehmen. Immerhin war sie aber darüber in Verlegenheit, welche Haltung sie in Zukunft ihrem Herrn gegenüber beobachten sollte. Sie stand am anderen Morgen sehr früh auf, um sich bei Herrn und Frau G** Rat zu holen. Aber ihr Herr war noch früher aufgestanden, und sie stieß auf ihn, als sie gerade aus dem Haus heraustreten wollte. Er bat sie um eine Unterredung und sagte zu ihr:

»Wollen sie mich verlassen, Louison, und mich für einen Schritt bestrafen, der doch in nichts Ihre Lage ändern und Ihnen nur mein Herz eröffnen sollte, das ganz Ihnen gehört?«

»Nein, Herr P**, ich verlasse Sie nicht,« war ihre Antwort. »Ich bin der Ehrenhaftigkeit Ihrer Gefühle für mich versichert und habe von einem achtungswerten Manne, der sie sind, nichts zu befürchten. Ich begnüge mich damit, Ihren Vorschlag rund heraus abzulehnen, versichere Ihnen aber, daß ich keine Sekunde daran gedacht habe, Sie zu verlassen. Dazu hänge ich zu sehr an Ihnen.«

»Oh, Louison!« rief Herr P** gerührt, und die Tränen traten ihm in die Augen, »dieser letzte Zug Ihres Charakters hat noch gefehlt, um mich ganz in Ihre Fesseln zu schlagen ...! Gehen sie, liebes Fräulein, ich will Sie nicht länger von Ihren Geschäften abhalten. Seien sie versichert: wenn ich meinen Vorschlag jemals wieder erneuern sollte, so wird es mit der Ihnen gebührenden Achtung und Ehrerbietung geschehen, von der ich niemals abweichen werde.«

Louison ging zu ihren Freunden, Herrn und Frau G**, zeigte ihnen den Brief und beeilte sich, als sie dieselben darüber sehr erstaunt sah, ihnen die Unterhaltung mitzuteilen, die sie soeben mit ihrem Herrn geführt hatte. Das beruhigte sie einigermaßen. Madame G** konnte nicht aufhören, die Haltung zu loben, die Louise bei dieser Gelegenheit beobachtet hatte, und zweifelte nicht daran, daß die Geschichte mit einer Heirat enden würde. Man behielt sich vor, dem Prokurator in diesem Falle ein Geheimnis zu offenbaren, dessen Kenntnis seiner Glückseligkeit die Krone aufsetzen würde.

Man lud ihn zum Diner ein, wie immer mit seiner Haushälterin. Man stellte sich unbekannt mit dem Geschehenen, aber man brachte ihn dahin, Louisons Lob zu singen, und verfehlte nicht, darin einzustimmen. Nach dem Essen verschwanden die Damen für einen Augenblick, um sich etwas mehr über das Vorkommnis auszusprechen, denn am Morgen hatte Louise nur kurze Zeit verweilen können, um jede Überraschung zu vermeiden, und sie hatten sich noch viel zu sagen. Im gleichen Augenblick erschien ein Herr, der Meister G** geschäftlich zu sprechen wünschte, infolgedessen dieser sich in sein Arbeitszimmer zurückziehen mußte. Allein geblieben, fragte der Prokurator sich neugierig, was die Damen wohl so lange beschäftigen könnte, und er konnte dem Drange nicht widerstehen, ein wenig zu horchen. Er schlich sich an die Tür zum Nebenzimmer und legte sein Ohr daran, was ihm erlaubte, folgendes zu vernehmen:

»Eines ist sicher: er liebt dich.«

»Auch ich zweifle nicht daran, seine ganze Aufführung bestätigt es, aber seine Abneigung gegen die Ehe hindert uns vorläufig noch, ihm klaren Wein einzuschenken.«

»Nun, ich denke doch, daß diese Abneigung nicht schlecht nachgelassen hat ... ! Höre mich an, meine kleine Kusine, ich bin der Ansicht, daß du, um dein Zartgefühl nicht zu verletzen, ihn zu der heimlichen Eheschließung bringen solltest, bei der wir als Zeugen auftreten würden. Deinen Namen wird er erst bei der Unterzeichnung des Ehekontraktes erfahren. Selbstverständlich werden wir nicht mit den Bedingungen anfangen, die er für die heimliche Eheschließung stellt!«

»Ich denke, liebe Kusine, daß es auf alle Fälle besser wäre, ihm noch nicht zu verraten, wer ich bin, er wird dann später um so freudiger darüber überrascht sein.«

»Wie du willst. Hast du ihn übrigens so liebenswert gefunden, wie du dir vorgestellt hast«

»Noch mehr.«

»Um so besser, meine liebe Delétang! Aber du mußt doch gestehen, daß wir da eine sonderbare List anwenden!«

»Da ich Vitry nie verlassen habe, so kennt mich ja niemand hier; sonst allerdings wäre sie nicht durchführbar gewesen.«

»Der reinste Roman.«

»Das ist richtig, meine liebe G**! ... Aber P** ist ein so ehrenwerter Mann, daß ich gern alle Unannehmlichkeiten durchmachen will, die mir daraus entstehen. Ich will ihm seine schlechte Meinung von den Frauen nehmen, die er nur für Verschwenderinnen und leichtsinnige Koketten hält, weil er ohne Zweifel bis jetzt leider nur mit solchen zusammengekommen ist. Sei gewiß, daß ich mich, wenn ich seine Frau werden sollte, nicht ändern werde. Es ist mir in meiner Stellung als Beschließerin oder Haushälterin – irgendeinen Titel muß ich doch führen, da er von dem des Dienstboten nichts hören will – schon zu einer angenehmen Gewohnheit geworden, zu sparen.«

In diesem Augenblick kehrte Meister G** zurück, so daß der Prokurator nichts mehr hören konnte. Auch die Damen traten wieder ein, und bald darauf ging man auseinander. Meister P** kehrte mit seiner hübschen Gouvernante nach Hause zurück.

Welche Veränderung in seinen Ideen bewirkte nicht die Entdeckung, die er gemacht hatte! Louise war die Kusine der Madame G**, und er erinnerte sich, daß diese Kusine die Nichte des Herrn B** war, bei dem sie wohnte, und daß dieser selbst Anlaß zu dem falschen Glauben gegeben hatte, in dem er sich betreffs ihrer Persönlichkeit befand. Louise war eines Tages, an dem er zu seinem Kollegen gegangen war, gerade aus der Provinz eingetroffen, sie trug damals einen nicht eben eleganten, aber sauberen Morgenrock, und da sie in diesem Augenblick das Amt der Haushälterin ausübte, so hatte die junge Tochter B**s sie scherzend ihre Bonne genannt. Er hatte das für Ernst genommen und Meister B** dazu gratuliert, auf eine so hübsche Erzieherin seiner Tochter gestoßen zu sein. Man hatte sich zuerst darüber amüsiert, war aber dann wahrscheinlich, da man ihn in diesem Hause sehr gern hatte, auf den Gedanken geraten, ob man der Nichte nicht zu der guten Partie mit ihm verhelfen könnte. So schloß der Prokurator nach einiger Überlegung, und das gab ihm Anlaß zu einem neuen Plan.

»Louise«, dachte er, »wird sicherlich meine Frau werden, da ich sie nun aber einmal in meinem Hause habe, werde ich mit ihr eine gründliche Probe machen, und dann wollen wir weiter sehen ... Sie muß übrigens bei ihrer ganzen Familie gut angeschrieben sein, sonst würden sich nicht alle dazu hergegeben haben, mich zu zu meinem Glück zu hintergehen. Eine so schmeichelhafte Hochachtung werde ich nicht Lügen strafen ... Ich werde zusehen und meine Handlungen nach den Umständen richten, aber die Probe wird nicht leicht durchzuführen sein ... Ich will ihr alles anvertrauen und sie heimlich überwachen. Die liebenswürdigsten jungen Kollegen werde ich einladen, die schönsten Schreiber werde ich anstellen, und wenn ich mit dem Ergebnis zufrieden bin, dann werde ich meine Louison heiraten. Weiß Gott! Da habe ich gestern eine herrliche Entdeckung gemacht!«

Demgemäß ließ er Louison in seinem Hause alle Freiheit, zu schalten und zu walten wie eine Hausfrau. Sie nahm sich sogar selbst das Haushaltungsgeld. Er verlangte, daß sie seiner Tafel vorstehe, daß sie über alles als Herrin verfüge, und daß sie ihn höchstens um Rat frage. Aber er beobachtete sie von nun an mit noch größerem Interesse, als vor seiner Entdeckung. Damals hatte es sich nur um eine Haushälterin gehandelt, die er jeder Zeit entlassen konnte, jetzt handelte es sich darum, darüber klar zu werden, welches Schicksal ihm das junge Mädchen als Gattin und gleichstehende Gefährtin zu bereiten imstande wäre.

Er machte sich an die fadesten Gecken unter seinen Kollegen heran und lud sie in sein Haus, sah zu, wie sie der schönen Louise den Hof machten, und beobachtete, welchen Einfluß dieses Gebaren auf sie ausübte. Er hatte alle Ursache, damit zufrieden zu sein. seine Schreiber, die geckenhaftesten Schlingel dieser Art, würdigte Louise keines Blickes, sie verachtete sie und begriff nicht, wie ihr Herr, ein vernünftiger Mann, sich gerade mit Leuten aller Art, die das am wenigsten waren, umgeben konnte.

Meister P**, soweit mit seinem Versuche zufrieden, stellte noch eine andere Überlegung an: »Sie liebt mich, das wundert mich nicht, da ich gut zu ihr bin und sie in mir den besten aller Ehemänner sieht. Versuchen wir einmal, griesgrämisch, mürrisch und ungerecht gegen sie zu sein.« Und er fing an, ihr um nichts Vorwürfe zu machen, er heuchelte die schauderhafteste Laune und quälte Louise mit unsinnigen Kaprizen. Das junge Mädchen war über diese plötzliche Veränderung verwundert und betrübt, denn sie liebte ihn. Sie setzte auch Madame G** davon in Kenntnis, die ebenfalls darüber erstaunt war und sich dahin äußerte:

»Dahinter muß etwas stecken, hast du ihm vielleicht ahnungslos Grund zur Eifersucht gegeben? Achte auf dich und sei vorsichtiger, denn je.«

Louise befolgte ihren Rat. Sie blieb stets für sich, ging nur aus, wenn sie Besorgungen zu machen hatte, und blieb nur die unerläßliche Zeit außer Haus. Doch anstatt sich beruhigen, trieb ihr Herr es nur desto schlimmer. Sie wußte nicht mehr, was sie davon denken sollte, als der Zufall sie von ihrer Unruhe darüber befreite. Meister G** besuchte eines Tages seinen Freund P**, wohl ein wenig in der Absicht, ihm den Puls zu fühlen und den Grund für seine Unzufriedenheit herauszubekommen. Kaum hatte dieser ihn erblickt, als er sich nicht mehr halten konnte, auf ihn zueilte, ihn umarmte und zu ihm sagte:

»Ich muß dir gestehen, lieber Freund, daß meine Louison ein Engel ist, darum liebe ich sie auch von ganzem Herzen. Denke dir, seit zwei Monaten prüfe ich ihren Charakter auf die grausamste Weise, sie muß wirklich vollkommen sein, um das alles hinzunehmen. Von heute ab will ich damit aufhören. Ich bin entschlossen, mit diesem Mädchen den Rest meiner Tage zu verleben.«

G** teilte dies seiner Frau mit, die natürlicherweise nichts Eiligeres zu tun hatte, als Louison davon in Kenntnis zu Setzen. Der Prokurator hatte seine alte Haltung gegen diese wieder angenommen und war liebevoll und freundlich zu ihr, wie vorher. Doch lag es noch nicht in seiner Absicht, ihr einen Heiratsvorschlag zu machen, er wollte sie erst noch weiter auf die Probe stellen, was er wahrscheinlich unterlassen hätte, wenn er nicht von vornherein davon überzeugt gewesen wäre, daß jeder Versuch in dieser Richtung zu ihrem Ruhme ausschlagen würde.

Er wußte, daß einer seiner Bekannten, ein junger Advokat, sterblich in Louise verliebt war. Er richtete es daher geschickt so ein, daß dieser mit ihr Zusammenkünfte hatte, von denen er heimlich Zeuge war, was ihm sehr leicht war, da das Haus einen hinteren Ausgang hatte, zu dessen Tor nur er einen Schlüssel besaß. Er bat den jungen Mann in Geschäften zu sich, erschien aber selbst erst eine Stunde später. Infolgedessen konnten die jungen Leute sich sprechen. Beim zweiten Besuche bat der Advokat Louison, ihm Gesellschaft zu leisten, und es dauerte nicht lange, bis er zärtlich in sie drang:

»Seit langem schon, mein Fräulein, drängt es mich, Ihnen etwas zu sagen, das uns beide interessiert, gestatten sie mir, mich Ihnen zu erklären.«

»Ich bitte um Entschuldigung, aber ich habe eine Arbeit zu erledigen, die ich nicht aufschieben kann.«

»Ich will kurz sein: Sie sind anbetungswürdig, Fräulein Louison, ich fühle das, wie keiner, und biete Ihnen alles an, worüber ich verfügen kann.«

»Erlauben sie mir, mich zurückziehen zu dürfen.«

»Nein, schöne Louison, Sie müssen mich hören.«

Und er schloß die Türe ab und nahm den Schlüssel an sich.

»Aber was fällt Ihnen ein, mein Herr?«

»Wenn ich nicht die Absicht hätte, Sie mit Achtung zu behandeln, so würde ich mir diese Freiheit nicht genommen haben.«

»So? Und wenn Herr P** dazu kommt?«

»Was liegt mir daran? Ich liebe Sie und ich wollte, er hörte mich in diesem Augenblick und ärgerte sich darüber, daß er mir das Glück verschafft hat, Sie schätzen zu lernen.«

»Wir sind nicht gleicher Ansicht, Herr Advokat. Ich achte und ehre Herrn P** und bin ihm aus Neigung und Dankbarkeit zugetan. Ich muß Sie also ernstlich bitten, den Schlüssel wieder herauszugeben und mich gehen zu lassen.«

»Nur noch ein Wort, ein einziges.«

»Nein, mein Herr, ich will nichts mehr hören.«

»Ich biete Ihnen ... meine Hand an.«

»Ich danke Ihnen für die Ehre, die Sie mir damit erweisen, bin aber nicht in der Lage, sie anzunehmen.«

»Wie? Sie wollen lieber Haushälterin bei P** bleiben, als meine Frau werden?«

»Gewiß, Herr Advokat, ich will Ihnen allerdings gestehen, daß ich nur bei Herrn P** Haushälterin sein will, sollte er meiner nicht mehr bedürfen, dann gehe ich wieder zu meinen Verwandten.«

»Sie hassen mich, schöne Louise, und ich bin in Verzweiflung darüber.«

»Nein, aber ich finde es sehr unhöflich von Ihnen, daß Sie mich hier gegen meinen Willen zurückhalten.«

»P** wird einsichtsvoller sein, als sie selbst, und besser Ihre Interessen wahren. Ich werde mich an ihn wenden, um in Ihren Besitz zu gelangen.«

»Ein solcher Schritt wäre vollkommen unnütz, da ich Ihren Antrag ablehne.«

»Aber es ist nicht möglich, daß Sie die Hand eines Advokaten ausschlagen, der, wie Sie wissen dürften, hervorragend tüchtig ist!«

»Doch, mein Herr, ich tue es.«

»Tun sie es aus Edelsinn, um mir in meiner Laufbahn und der Welt gegenüber nicht zu schaden?«

»Nein, wahrlich nicht! Ich würde keineswegs denken, Ihnen damit Abbruch zu tun!«

»Diesen Stolz liebe ich, mein Fräulein, und schätze Sie deshalb nur um so höher, aber ich biete Ihnen doch einen Ihrer würdigeren Stand, als die Stellung ist, die Sie hier bekleiden.«

»Das will ich nicht prüfen, mein Herr. Doch ich bitte Sie ernstlich, mich jetzt nicht weiter von meiner Arbeit abzuhalten.«

»Sie sind wirklich unbändig! Wie glücklich ist Herr P**, den sie anhören, solange er will.«

»Sie sind nicht sehr zartfühlend, Herr Advokat, nicht einmal höflich.«

»Seien sie mir nicht böse, schöne Louise, aber, wenn Sie die Gewalt meiner innigen Gefühle für sie kennten, würden sie mir verzeihen.«

»Gut, ich will Ihnen verzeihen, wenn sie mich herauslassen.«

»Da haben sie den Schlüssel, aber bleiben sie wenigstens mit mir zusammen, bis Herr P** kommt.«

Louise nahm den Schlüssel und verließ das Zimmer, ohne ihn weiter anzuhören. Er wollte ihr folgen, als gerade der Prokurator zurückkam. Der Advokat hielt es nicht für angebracht, bei ihm um Louise anzuhalten, sei es, daß seine Absichten doch nicht so rein waren, oder daß er sich schämte, einen solchen Schritt um einen Dienstboten zu tun. Er hatte übrigens bei anderen Gelegenheiten ebensowenig Glück bei Louison, obwohl er ein sehr hübscher Mann und ebenso reich war, wie P**.

Der erste Schreiber des Prokurators war ebenfalls ein hübscher Mann, hatte sehr reiche Eltern und begründete Aussicht auf eine günstige Laufbahn. Diesen erkor Herr P** sich zu einem weiteren Versuch, die Beständigkeit von Louisons Gefühlen für ihn auf die Probe zu stellen. Auch dieser hübsche Fant war in sie verliebt. Er sprach zuerst in überlegenem Tone mit ihr, wurde aber bald durch ihre Zurückhaltung und ihr stolzes Wesen zur Vernunft gebracht. Er hatte zuerst geglaubt, sie sei die Geliebte seines Herrn, da er aber sah, daß er sich getäuscht hatte, so versuchte er es, die Liebe des jungen Mädchens zu gewinnen.

Junge eingebildete Männer mit hübschen Gesichtern besitzen dazu bekanntlich ein besonderes Talent! Er begann, ihr den Hof zu machen und spielte den Liebenswürdigen, den Schwerenöter, Gleichgültigen, Beleidigten, Hochmütigen, Unverschämten, Anbeter, Spötter und Liebevollen, kurz, wandte alle die Niedlichkeiten an, die Frauen so leicht den Kopf verdrehen. Er ging noch weiter, er rühmte sich einiger Eroberungen, die er gesucht hatte: das ist das nec plus ultra, drei oder vier entehrte Frauen auf dem Konto eines jungen Mannes bilden einen Reiz, dem die ehrsamste Maid nicht widerstehen kann. Und doch war Louise, die einfache Gouvernante, unempfindlich gegen das alles! Um den Leser zu belustigen, will ich hier eines der Gespräche bringen, die sie miteinander führten, es sind zu nette Sachen darin enthalten, als daß ich mir diese kleine Abschweifung nicht erlauben sollte. Louise war so freundlich, ihm zuzuhören, die tiefe Verachtung, die der liebenswürdige Taugenichts ihr einflößte, schützte sie ja vor jeder Gefahr.

»Es tut mir leid, daß Sie meinetwegen so viel Mühe hatten, mein Herr!«

»Oh, ich wollte Ihnen gern alle Arbeit abnehmen, Fräulein, das würde mir das größte Vergnügen bereiten.«

»Ich weiß, wie galant Sie sind.«

»Das ist man den Frauen schuldig, ein Mann, der sich zu benehmen weiß, wird den Wünschen einer Frau zuvorkommen, und« – dabei sah er in den Spiegel – »wenn man hübsch ist, ist man noch mehr dazu verpflichtet.«

»Da haben sie recht.«

»Ich bin hochentzückt daß Sie meiner Ansicht sind, schöne Louise ... « (er greift ihr ans Kinn).

»Lassen sie, bitte, diese Unmanierlichkeiten.«

»Wie? Sie sind darüber böse, Fräulein? Na, das steht Ihnen frei!«

»Ganz und gar frei, und ich benutze meine Freiheit.«

»Werde mich darüber zu trösten wissen.«

»Es wird Ihnen wohl auch nichts anderes übrig bleiben.«

»Ich habe mir offenbar etwas Schreckliches zuschulden kommen lassen und bitte Sie höflichst um Entschuldigung! ... Mädchen Ihrer Art lassen einen so etwas wirklich teurer bezahlen, als eine Marquise!«

»Ich halte Sie nicht für berechtigt, solche Vergleiche anzustellen.«

»So? meinen sie, Fräulein? Nun, da täuschen sie sich aber gewaltig. Frau Marquise von ... sagte mir eines Tages, als ich sie besuchte, sehr niedliche Dinge, worauf ich mit so viel Geist und Welterfahrung antwortete, daß ...«

»Gut, gut, ich glaube Ihnen, halten sie ein.«

»Ich will nur noch bemerken, daß die Marquise an Fräulein Louise nicht heranreicht.«

»Nach Ihren Lobsprüchen über sie zu urteilen, wird das wohl richtig sein.«

»Bei Gott, Sie sind naiv, Fräulein Louison.«

»Nein, aber wahr, wofern sie die Wahrheit sagen.«

»Sie sind nicht wenig eingebildet!«

»Tatsache ist, daß ich mich selbst achte, weil ich Ehrgefühl und Sittsamkeit besitze, mein Bester.«

»Ich habe unrecht, mit Ihnen darüber zu streiten. Sie sind wahrhaftig besser, als alle Frauen, die ich kenne. Aber können sie denn nicht dieses erregte Wesen ablegen, das sie sogleich packt, wenn man sich Ihnen nähert? Das ist wirklich lächerlich! ... Ja, schöne Louise, ich fühle, daß ich Sie vergöttere, und bei Gott, es steht bei Ihnen, mich zum Glücklichsten aller Sterblichen zu machen. Dazu brauchten sie mir nur ein wenig Entgegenkommen.«

»Sie vergessen sich. Halten sie anderen solche Reden. Wenn ich Sie heute und einige andere Male anhörte, so geschah das nur, um mich über Ihre Fadheit lustig zu machen. Wenn ich Ihren Worten auch nur den geringsten Wert beilegen würde, so können sie versichert sein, daß ich Ihnen nie Gelegenheit gegeben haben würde, sie an mich zu richten.«

Das Herrchen fühlte sich beschämt, faßte sich aber sogleich und zog sich erhobenen Hauptes, sie spöttisch anblickend und ein Liedchen trällernd, zurück.

Herr P**, der das alles sah, war begeistert von der Aufführung seiner Haushälterin. Am liebsten hätte er sie gleich um ihre Hand gebeten. Aber er hielt sich noch zurück, denn er wollte noch sehen, ob sie nicht, wenn er sich ganz seiner Liebe für sie hingäbe, das ausnutzen würde, um ihn unter ihre Herrschaft zu bringen.

Er folgte also ganz den Eingebungen seiner Gefühle für das reizende Mädchen, er übertrieb noch und schien von einer Leidenschaft ergriffen zu sein, die ihm alle Energie raubte. Er warf ihr zärtliche, schmachtende Blicke zu und, wenn sie mit ihm sprach, antwortete er durch Seufzer, kurz Seladon war ein Grobian im Vergleich zu dem verliebten Prokurator. Alles, was Louise vorschlug, war ihm Gesetz, er widersprach niemals mehr. Einige Zeit hindurch bemerkte Louise diese Veränderung nicht, sie hielt ihren Herrn für krank und verdoppelte ihre Aufmerksamkeiten für ihn, ohne ihn aber den Grund dafür merken zu lassen, aus Furcht, ihn zu erschrecken. Endlich aber sah sie, daß die vermeintliche Krankheit nichts weiter, als gesteigerte Liebe für sie war. Wenn sie allein waren, so näherte er sich ihr, ergriff ihre Hand und drückte einen Kuß darauf. Wenn sie dann rasch ihre Hand zurückzog, dann blickte er sie schmachtend an und beschränkte sich darauf, ein Band oder sonst etwas von ihrer Kleidung zu küssen. Louise ärgerte sich über diese neue Manier ihres Herrn, lieber wäre es ihr vielleicht gewesen, wenn er sich kühner gezeigt hätte. Solche Schmachterei ermüdet, und die Verliebten, die auf diese Weise ein Herz zu rühren versuchen, sind Dummköpfe. Meister P** verfolgte nicht diesen Zweck und spielte nur den Schmachtlappen, um ganz unterwürfig zu erscheinen, und deshalb schoß er über das Ziel hinaus. Weit entfernt, mit dieser Weichherzigkeit ihres Herrn, die sie für echt hielt, Mißbrauch zu treiben, gab sich Louise im Gegenteil alle Mühe, ihn daraus aufzurütteln, und je mehr er sich erniedrigte, desto mehr zeigte sie sich unterwürfig, dabei aber voller Würde.

»Meiner Treu! Sie ist die Vollkommenheit selbst« war die Schlußfolgerung des Prokurators nach diesem neuen Versuche, und er entschloß sich nunmehr, ihr die heimliche Eheschließung vorzuschlagen.

Demgemäß nahm er allmählich wieder seine alte Haltung an und bereitete ihr dadurch viele Freude. Er zeigte sich sogar etwas herrisch, beinahe hart. Eines Abends schien Louison recht ermüdet zu sein und setzte sich in einen Sessel, als sie mit ihm zu sprechen hatte. Hundertmal hatte er ihr früher einen Stuhl angeboten. Diesmal sagte er zu ihr:

»Ich muß Ihnen bemerken, Fräulein, daß man sich in Gegenwart des Herrn solche Freiheiten nur erlauben darf, wenn er es befiehlt!«

»Welch' sonderbarer Mann«, sagte Louison sich, als sie wieder draußen war, »und wie ungleicher Laune! Doch habe ich bis jetzt noch nichts an ihm bemerkt, was man nicht aushalten könnte.«

Sie dachte noch darüber nach, als P** ihr läutete.

»Setzen sie sich, Fräulein,« sagte er zu ihr freundlich, »ich habe mit Ihnen Wichtiges zu besprechen. Schließen sie die Tür, damit wir nicht gestört werden. Ich liebe Sie, Louise, das wissen sie. In den drei Jahren, die wir miteinander zusammenleben, habe ich Ihren Charakter studiert, und das Ende davon ist, daß ich mich entschlossen habe, mein ganzes Leben mit Ihnen zusammen zu bleiben. Von den Bedingungen meines Briefes an sie ist keine Rede mehr: Ihr hoher Wert hat meine Ansichten geändert. Ich will daher, daß Sie meine Frau werden, aber nicht vor den Augen der Welt. Wir werden Herrn und Frau G**, den Advokaten F** (den, der in Louise verliebt war), und meinen ersten Schreiber als Zeugen zuziehen. Passen Ihnen diese?«

»Ich habe gegen die Zeugen nichts einzuwenden, Herr P**, der Vorbehalt, den ich mache, betrifft nur meine Person: überlegen sie sich noch einmal, was sie beschlossen haben!«

»Wenn sie nicht ablehnen, so kann mich nichts davon abbringen oder nur die Ausführung verzögern.«

»Dann erlauben sie mir, mich mit Frau G** zu beraten, die über mein Schicksal entscheiden soll, und auch mit einem Oheim, der hier lebt, darüber zu sprechen.«

»Sie antworten mit der Vorsicht, die Ihnen eigen ist, meine teure Louise. Alles, was sie äußern und tun, ist durch Sittsamkeit und gesunde Vernunft diktier ... Ich werde Ihnen bestimmte Vorteile gewähren, doch darüber werde ich mit Ihrem Onkel und Herrn G** sprechen. Was meine zukünftige Haltung Ihnen gegenüber betrifft, so wird sie eine solche sein, wie Sie sie an mir kennen gelernt haben, mit Ausnahme der kleinen Ungleichmäßigkeiten, die nicht wieder vorkommen werden ... Gehen sie zu Ihrer Freundin und fragen Sie sie um Rat.«

Louise stand auf, verbeugte sich und wollte gehen.

»Sie haben es sehr eilig! Und doch habe ich Ihnen noch tausend Dinge zu sagen. Denn ich möchte doch wissen, was ich Ihnen eigentlich in Ihrem Geiste und besonders in Ihrem Herzen bin?«

»Sie besitzen, Herr P**, meine ganze Hochachtung, ich wüßte niemanden, den ich höher achtete. Im übrigen halte ich Sie für einen sehr liebenswürdigen Mann. Erlassen sie mir, mehr zu sagen. Ich werde mich darüber freimütiger einer Frau gegenüber auslassen können.«

»So gehen sie denn, Fräulein. Mein Entschluß steht fest, ich habe ihn reif werden lassen, und nichts kann ihn umstoßen. Ich folge dabei weniger einem leidenschaftlichen Gefühle, als der Vernunft, und doch liebe ich Sie zärtlich ... Mein Fräulein, ich halte Sie nicht mehr zurück.«

Louise beeilte sich, Madame G** diese gute Botschaft mitzuteilen, und beide Sprachen darüber mit Meister B**, Louisons Oheim.

»Was, zum Teufel, meine Nichte und eine heimliche Ehe!« antwortete er.

»Was liegt daran?« meinte Frau G** lachend, »da wir doch Zeugen sind! Es handelt sich um ihr Glück. Auch Herr P** glaubt, auf diesem Wege sein Glück zu begründen, hindern wir ihn also nicht daran. Übrigens weiß er gar nicht, wer seine Haushälterin ist.«

Herr B** ließ sich überreden, und es wurde beschlossen, daß Louise bis zu ihrer Hochzeit bei Madame G** wohnen solle.

Nach zehn Tagen fand die Zeremonie statt. Herr P** hatte die Sache beschleunigt, denn er konnte es in seinem Hause nicht mehr aushalten, seitdem die liebenswürdige Louise nicht mehr da war. Als der Tag gekommen war, gab der zukünftige Ehemann allen seinen Freunden und Bekannten ein großes Diner, ohne ihnen aber die Veranlassung dazu mitzuteilen. Auf der Einladungskarte waren die Gäste gebeten worden, Spätestens um 11 Uhr zu erscheinen aus Gründen, die er ihnen mitteilen werde. Als die Gäste sich einstellten, wurden sie von einem mit diesem Auftrage betrauten Manne in die Kirche gewiesen, wo Meister P** seine Ehe einging. Man beeilte sich, dorthin zu gehen. Nie war eine Überraschung vollkommner, als die des Meisters B**, des Herrn und der Frau G**, die auf eine so feierliche Zeremonie nicht gefaßt waren. Freudige Überraschung malte sich auf allen Gesichtern. Keiner von den Gästen erkannte Louise, die ihr Zukünftiger auf das herrliche geschmückt hatte, aber alle fanden sie göttlich. Im Haufe der Neuvermählten beeilte sich ein jeder, die jungen Eheleute zu beglückwünschen. Madame G**, die in das Geheimnis eingeweiht zu sein schien, wurde mit Fragen nach der Persönlichkeit der Gattin bestürmt.

»Sie ist eine Nichte von Meister B**,« antwortete der Prokurator statt ihrer. »Diese Heirat ist für mich so ehrenvoll, daß ich am liebsten die ganze Welt davon in Kenntnis gesetzt hätte.«

Man beglückwünschte den Onkel. Meister G** und seine Frau waren sprachlos. Schließlich dachten sie, daß Louise alles verraten habe, und machten ihr Vorwürfe. Diese versicherte aber, daß sie sich nicht zu erkennen gegeben habe, was ihr Erstaunen noch vermehrte. Inzwischen hatte man in B**s Nichte die ehemalige Haushälterin erkannt, und nun erfaßte alle eine Verblüffung, die sich nicht beschreiben läßt. Meister B**, der Onkel der Neuvermählten, versprach zum Nachtisch alles aufzuklären, vorher werde er aber kein Wort sagen. Man ging also zu Tisch und speiste mit noch mehr Spannung als Appetit, obwohl letzterer auch nicht schlecht war. Beim Nachtisch nahm B** endlich das Wort:

»Meine Herren und Damen! Die junge Ehefrau ist tatsächlich meine Nichte, Tochter des Herrn Delétang und meiner Schwester. Sie alle kennen das hohe Verdienst ihres Gatten, meines Kollegen P**, sowie dessen Abneigung gegen die Ehe. Als meine Nichte zur Waise geworden und unter meine Vormundschaft gestellt worden war, machten wir, Herr und Frau G**, sowie ich, ein Komplott gegen P**s Freiheit. Die Ausführung unseres Anschlages erleichterte sehr, daß meine Nichte hier niemandem bekannt war, da ihre Mutter nach dem Tode ihres Gatten Vitry nie verließ und in strengster Abgeschlossenheit lebte. Beim Eintreffen Louisons in Paris begünstigte der Zufall unsere Pläne: Herr P** ging an unserem Hause vorüber und Madame G** bemerkte zu mir, auf ihn deutend: »Ich glaube, meine Kusine ist hübsch genug, um diesen Herrn da auf andere Ideen zu bringen.«

Zugleich rief sie Louise herbei und fragte sie:

»Wie findest du den Herrn da?«

»Nicht übel, scheint mir,« war die Antwort.

»Würdest du nichts dagegen haben, wenn wir dich mit ihm zu verheiraten suchen würden?«

»Ich sehe nicht ein, warum Ihr Euch deshalb bemühen wollt, ich habe gar keine Lust, mich zu verheiraten.«

»Aber ich will dir zu einer guten Partie verhelfen. P** ist ein Freund meines Mannes. Aber er schimpft beständig auf die Ehe, und das könnte schließlich auch mir zum Nachteil gereichen. Deshalb will ich ihn bessern, und dazu bist du die Rechte mit deiner guten Erziehung und besonders deinem ausgezeichneten Charakter. Eine andere Frau würde ihn in seinen Ansichten nur bestärken, anstatt ihn von seiner Abneigung zu heilen. Wir werden also sehen, euch Bekanntschaft machen zu lassen.«

Am gleichen Tage pflog G** mit P** eine Unterhaltung über die Ehe und fand ihn dazu weniger geneigt denn je. Wir wollten sehen, welche Wirkung der alleinige Anblick Louisons auf diesen gegen die Liebe so aufsässigen ausüben würde, und man sandte meine Nichte zu ihm mit einem Schriftstück, dessen er bedurfte. Sie war noch in dem einfachen Kostüm, das sie in Vitry trug, und P** hielt sie für die Erzieherin meiner Kinder, aber sie war reizend. Gleich am anderen Morgen kam er selbst, mir ein Schriftstück zu überbringen, das er auch durch einen Schreiber hätte schicken können. Da wir ungefähr wußten, welchen Eindruck meine Nichte auf ihn gemacht hatte und wofür er sie hielt, so machte es Madame G** Spaß, ihn in seinem Irrtum zu belassen. Sie hatte ihn kommen sehen, eilte schnell zu mir herunter und veranlaßte mich, mit Louise einen Streit anzufangen und ihr zu drohen, sie zu entlassen. Ich nahm dazu einen an sich lächerlichen und ungerechten Vorwand. Ich machte meine Sache gut, ohne damals noch die Absichten der Frau G** zu ahnen. Sie wissen, verehrte Freunde, wie schlau und energisch Frauen sein können. Madame G** hatte sich in den Kopf gesetzt, meine Nichte müsse Frau P** werden und sich zu diesem Zweck einen sonderbaren Plan ausgeheckt. Daß P** sich mit einer Haushälterin behelfen wollte, wußte sie, da er es selbst ihrem Manne gesagt hatte. Sie wußte ferner, wie er über Louison dachte, und endlich war sie von den seltenen Vorzügen und der unantastbaren Tugend ihrer Kusine überzeugt. Sie beschloß daher, Fräulein Delétang müsse bei P** Haushälterin werden, als einziges Mittel, sie später zu seiner Frau zu machen. Das schwierige an der Sache war nicht, sie bei unserem Freunde zu placieren, sondern Louise diesem Plane geneigt zu machen. Stundenlang mußte Madame G** ihr predigen, selbst Tränen ließ sie fließen, indem sie ihr vorstellte, Herr P** verderbe durch sein ewiges schimpfen auf die Ehe auch ihren Mann – sie glaubte natürlich kein Wort davon –, und sie sei sicher, ein Mädchen wie sie sei in jeder Beziehung die einzige Frau, die ihn umstimmen könnte ... kurz, sie rührte sie mehr, als sie sie überzeugte, und Louise, die Sanftmut selbst, tat aus Gefälligkeit gegen ihre Kusine einen Schritt, der ihr sehr schwer wurde. Ich suchte Streit mit meiner Nichte, erklärte ihr, sie müsse sich eine andere Stelle suchen, und sagte ihr, daß sie sofort aus meinem Dienste entlassen sei. Meister P** verfehlte nicht, ihr sein Haus anzubieten. Madame G** triumphierte und war von da ab ihrer Sache sicher, was ja auch das Resultat heute bestätigt. Ich meine, liebe Freunde: wenn P** nicht meine Nichte als ein so vollkommenes Wesen befunden hätte, wie er es von einer Frau wünschte, so würde er sie nicht geheiratet haben, zumal da er sich im Irrtum über ihre soziale Lage befand. Jetzt hat er das Wort, um uns zu erklären, woher er wußte, daß seine Gattin meine Nichte ist.«

»Ich hatte meinen Entschluß gefaßt, bevor ich es wußte, das ist alles, was ich sagen kann,« erwiderte P**. »Ich habe Louise, die ich unter mir stehend glaubte, allen möglichen Proben unterworfen. Sie ist daraus zu ihrem Ruhme und in einem Glänze hervorgegangen, daß sie meiner beständigen Liebe versichert sein kann. Ich gestehe offen, daß ich mich nie verheiratet haben würde, wenn mir nicht Madame G** die einzige Gelegenheit dazu verschafft hätte, die es mir erlaubte, meine Frau auf Probe zu nehmen. Aber ich bin heute so glücklich darüber, daß ich vor dieser ehrenwerten Versammlung hier feierlich die Erklärung abgebe, daß der beste, zuverlässigste und liebevollste Freund, den ein Mann haben kann, seine Frau ist.«


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