Pierre de Bourdeille Seigneur de Brantôme
Das Leben der galanten Damen
Pierre de Bourdeille Seigneur de Brantôme

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Siebente Abhandlung – Über die verheirateten Frauen, die Witwen und Mädchen, zur Erkenntnis dessen, dass die Einen in der Liebe feuriger sind als die Anderen, und welche.

Einleitung

Als ich eines Tages zu Madrid am Spanischen Hofe war und mit einer sehr ehrbaren Dame plauderte, wie an diesen Höfen gebräuchlich ist, richtete sie die Frage an mich: Qual era mayor fuego d'amor, el de la biuda, el de la casada, o de la hija moça? »Wer hat das größere Liebesfeuer, die Witwe, die Verheiratete oder das junge Mädchen?« Als ich ihr meine Meinung gesagt hatte, sagte sie mir die ihrige mit den Worten: Lo que me parece d'esta cosa es que, aunque las moços con el hervor de la sangre se disponen à querer mucho, no deve ser tanto como lo que quieren las casadas y biudas, con la gran experiencia del negocio. Esta razon debe ser natural, como lo seria la del que, por haver nacido ciego de la perfection de la luz, no puede cobdiciar de ella con tanto deseo como el que vio, y fue privado de la vista. »Mir scheint die Sache so zu sein: obwohl die Mädchen mit ihrem sehr heißen Blut zur Liebe stark disponiert sind, lieben sie doch nicht so sehr wie die verheirateten Frauen und die Witwen, die von einer großen praktischen Erfahrung getragen sind; der Grund ist sehr natürlich; genau wie ein Blindgeborner, der von seiner Geburt an des Augenlichts beraubt ist, es nicht so sehr ersehnen kann wie der, der es genossen und danach verloren hat.« Dann fügte sie hinzu: Con menos pena se abstiene d'una cosa la persona que nunca supo, que aquella que rive enamorada del gusto pas ado. »Viel leichter versagt man sich etwas, das man niemals geschmeckt hat, als das, was man geliebt und erprobt hat.« Dies die Gründe, die jene Dame über den Gegenstand beibrachte.

Der verehrungswürdige und gelehrte Boccaccio erhebt nun unter den Streitfragen seines Romans Philocoppo in der neunten die folgende: In welche von den dreien, der Verheirateten, der Witwe und des Mädchens, soll man sich mehr verlieben, um seine Wünsche mit größerem Glück zum Ziel zu führen? Durch den Mund der Königin, die er redend einführt, antwortet Boccaccio: Obwohl es sehr schlecht und gegen Gott und sein Gewissen gehandelt ist, eine verheiratete Frau zu begehren, die durchaus nicht sich gehört, sondern ihrem Gatten unterworfen ist, ist es sehr leicht, bei ihr zum Ziel zu kommen, nicht aber bei dem Mädchen und bei der Witwe; die Plauderei äußert weiter, eine solche Liebe sei gefährlich; denn ein Feuer entbrenne um so mehr, je mehr man hineinblase, sonst löscht es aus. Auch nehmen alle Dinge beim Gebrauch ab, mit Ausnahme der Wollust, die sich nur immer noch steigert. Die Witwe jedoch, die lange keinen solchen Eindruck gehabt hat, hat quasi keinen Geschmack mehr dafür und kümmert sich nicht mehr darum, als wäre sie gar nicht verheiratet gewesen, und wird eher von der Erinnerung wieder angefeuert als von der Begierde. Das Jungfräulein dagegen, das noch nichts davon weiß und es noch nicht kennt außer in ihrer Phantasie, hat nur matte Wünsche. Die Verheiratete aber, die hitziger ist als die andern, wünscht häufig an den Punkt zu kommen, um dessentwillen sie von ihrem Gatten manchmal aufs äußerste beleidigt und geschlagen worden ist; aber in dem Wunsch, sich zu rächen (denn es gibt nichts Rachsüchtigeres als ein Weib), und besonders jener Sache wegen macht sie ihn in bester Absicht zum Hahnrei und verschafft damit ihrer Seele eine Befriedigung. Man langweilt sich auch, immer von demselben Fleisch zu essen, besonders legen die großen Herren und Damen oft das beste und köstlichste Fleisch hin und nehmen andres dafür. Überdies bedarf es bei den Mädchen zu großer Anstrengung und Zeit, um sie dem Willen der Männer geneigt und gefügig zu machen: und wenn sie lieben, wissen sie nicht, daß sie lieben. Bei den Witwen jedoch gewinnt das Feuer leicht wieder seine alte Kraft und läßt sie alsbald wieder begehren, was sie in der langen Unterbrechung vergaßen; und es verlangt sie, diesen Eindruck wieder zu haben, wobei sie die verlorne Zeit und die langen Nächte bedauern, die sie kalt in ihrem ungewärmten Witwenbett verbrachten.

Auf diese Gründe der beredten Königin hin nimmt ein Edelmann namens Farramonte das Wort, indem er von den verheirateten Frauen überhaupt absieht, weil sie sehr leicht zu erschüttern sind, und mit einer Diskussion darüber sich gar nicht aufhält, dann geht er zu den Mädchen und Witwen über und stellt die Behauptung auf, daß das Mädchen in der Liebe fester sei als die Witwe; denn die Witwe, die in der Vergangenheit die Geheimnisse der Liebe schmeckte, liebt niemals fest, sie zaudert und nimmt sich Zeit, geschwind wünscht sie den einen, dann den andern, und weiß nicht, wem sie sich zu ihrem größeren Nutzen und zu ihrer größeren Ehre verbinden soll: manchmal will sie gar keinen davon, so schwankt sie hin und her in ihrer Überlegung, und dabei kann die Liebesleidenschaft gar nicht stark werden. Gerade das Gegenteil geht in dem Jungfräulein vor, ihr ist alles das unbekannt: sie strebt nur darnach, sich einen Freund zu verschaffen, und schenkt ihm ihre ganzen Gedanken, wenn sie eine glückliche Wahl getroffen hat, und will ihm in allem gefallen, in der Meinung, es sei eine große Ehre, in seiner Liebe fest zu bleiben; daher erwartet sie die Dinge, die sie niemals erblickt, gehört oder erfahren hat, in größerer Glut und hat stärkere Wünsche, alles zu sehen, zu hören und zu erproben, als die andern erfahrenen Frauen, Auch beherrscht sie der Wunsch sehr, neue Dinge zu schauen: sie erkundigt sich bei den Erfahrenen, das steigert ihr Feuer noch; so wünscht sie die Vereinigung mit dem, den sie zum Herrn ihrer Gedanken gemacht hat, diese Leidenschaft hat die Witwe nicht mehr, sie hat sie bereits hinter sich.

Nun ergreift bei Boccaccio die Königin wieder das Wort, sie will der Streitfrage überhaupt ein Ende machen und schließt: die Witwe ist hundertmal mehr um die Liebeslust besorgt als die Jungfrau, weil die letztere sich ihre Keuschheit und Jungfrauenschaft durchaus bewahren will, in Anbetracht dessen, daß ihre ganze zukünftige Ehre darin liegt. Dann sind die Jungfrauen von Natur furchtsam und besonders in dieser Hinsicht ungeschickt und nicht dazu geeignet, sich die Gelegenheiten, die für derartige Betätigungen nötig sind, herauszufinden und sich bequem einzurichten; ganz anders bei der Witwe, die in dieser Kunst bereits sehr praktisch, dreist und erprobt ist, da sie sich ja dessen, was die Jungfrau noch hingeben will, bereits entledigt hat; das ist auch die Veranlassung, daß sie sich nicht fürchtet, untersucht zu werden, oder irgendeines Breschezeichens bezichtigt zu werden: und sie kennt auch die geheimen Wege, die zur Verwirklichung ihrer Hoffnung führen. Übrigens fürchtet die Jungfrau jenen ersten Ansturm auf ihre Jungfernschaft; denn er ist zuweilen mehr schmerzlich als süß und lustig; das fürchten die Witwen gar nicht, sondern sie lassen sich ganz sachte gehen und laufen, wenn auch der Angreifer zu den rohsten Kerlen gehörte. Dieses Vergnügen unterscheidet sich sehr von manchen andern, an denen man sich beim ersten Male sehr oft sättigt und deren man sich dann leicht entschlägt, dieses aber läßt die Neigung zur Wiederholung immer nur wachsen. Daher ist die schenkende Witwe hundertmal freigebiger als die Jungfrau, die ihr köstlichstes Ding preisgeben muß, an das sie tausendmal denkt. Folglich, schloß die Königin, ist es besser, man wendet sich an eine Witwe als an ein Mädchen, weil sie leichter zu gewinnen und zu verführen ist.

Über die Liebe der verheirateten Frauen

Um nun die Gründe Boccaccios herzunehmen und sie ausführlicher zu behandeln und zu prüfen und um sie zu besprechen gemäß den Gesprächen, die ich von ehrbaren Edelleuten und Damen, beides tüchtig erprobten, darüber hörte, sage ich: es ist unzweifelhaft, daß der, welcher bald in den Genuß einer Liebe treten will, sich an verheiratete Damen wenden muß, dann braucht er sich keine große Mühe zu geben und viel Zeit zu vergeuden; denn, wie Boccaccio sagt, je mehr man ein Feuer schürt, desto heißer brennt es. Genau so steht es mit der verheirateten Frau, die sich so sehr mit ihrem Gemahl erhitzt, daß sie, wenn es ihm an Mitteln fehlt, das Feuer auszulöschen, das er bei seiner Frau angefacht hat, wohl anderswo Hilfe leihen muß, oder sie verbrennt lebendig. Ich kannte eine große Dame von guter Herkunft und tüchtiger Art, die einmal zu ihrem Freund sagte, der mir's wieder erzählte, von Natur sei sie gar nicht so gierig nach dem Geschäft, wie man behaupte (und Gott weiß es!), sie täte es gerne recht häufig aufstecken, aber da schüre sie ihr Gatte an, und da er nicht dazu ausreiche und nicht fähig genug sei, ihre Brunst zu dämpfen, die er zu solcher Höhe und Hitze anfache, müsse sie zu ihrem Freund um Hilfe laufen: sehr oft begnüge sie sich aber nicht mit ihm, sondern zöge sich entweder in ihr Kabinett oder in ihr Bett zurück, und da stille sie ganz allein, so und so, ihre Wut, lesbisch oder sonst mit einem andern Kunstmittel; sie würde sich sogar, sagte sie, wenn sie sich nicht schämte, dem ersten besten hingeben, den sie in einem Ballsaal fände, in einer Ecke oder sogar auf der Treppe, so gequält wäre sie von dieser Fieberhitze, genau wie die Stuten in den Bezirken von Andalusien, wenn sie in Brunst kommen und keine Hengste finden, um sich bespringen zu lassen; und wenn sie überhaupt nicht dazu kommen können, halten sie ihre Natur gegen den Wind, der ihnen hineinfährt und ihnen was hineingibt, damit befriedigen sie ihre Brunst und machen sich voll. Daher kommen aber auch die schnellen Pferde, die so geschwind sind, als lebe in ihnen die natürliche Schnelligkeit ihres väterlichen Windes. Ich glaube, es gibt verschiedene Gatten, die sehr wünschen, ihre Frauen fänden einen solchen Wind, der sie erfrische und ihre Brunst stille, als daß sie zu Liebhabern gingen und ihnen sehr gemeine Hörner ansetzten.

Eine merkwürdige Eigenschaft der Frau, die ich soeben erwähnte, ist noch: sie gerät nicht in Glut, außer wenn man ihr einheizt; darüber darf man sich aber nicht wundern; denn, wie eine spanische Dame sagte: Que quanto mas me quiero sacar de la braza, tanto mas mi marido me abraza en el brazero. »Je mehr ich die Glut von mir abtue, desto mehr verbrennt mich mein Gemahl in meiner Pfanne.« Und gewiß können sie dabei brennen und auf eine solche Weise, wenn man bedenkt, daß sie schon von Reden, von bloßen Berührungen und Umarmungen, ja von äußern Reizen sehr leicht hingerissen werden, wenn sie die Gelegenheiten finden, und zwar ohne jeden Respekt vor dem Gatten. Denn um die Wahrheit zu sagen, was ein Mädchen oder eine Frau am meisten zurückhält, das ist die Furcht, es möchte ihnen der Bauch anschwellen, ohne daß sie Bohnen gegessen haben, das fürchten die Verheirateten ganz und gar nicht; denn wenn sie anschwellen, ist der arme Ehemann für alles haftbar und sorgt für die Bedeckung. Und was die Gesetze der Ehre anlangt, die ihnen das verböten, so machen sich nach den Angaben Boccaccios die meisten Frauen darüber lustig und haben ihre gewichtigen Gründe dafür: die Gesetze der Natur gehen vor, sie tut niemals etwas vergebens, sie gab ihnen so edle Glieder und Körperteile, damit sie gebraucht und betätigt würden, nicht um sie brach und müßig liegen zu lassen; man könnte ihnen weder etwas befehlen noch gebieten, weil sonst die Spatzen keine Nester drin bauten, wie ich anderswo sagte, und Gefahr vorliegt, daß es keinen Fuchsschwanz mehr gibt, sie herauszufegen; ja oft entstehen daraus, daß sie diesen Körperteil brach liegen lassen, große Übel und Lebensgefährdungen, besonders aber eine Erstickung der Gebärmutter, derenthalben man so viele sterben sieht, daß es zum Erbarmen ist, und zwar eine Menge schöner, ehrbarer Damen, alle um dieser gräßlichen Enthaltsamkeit willen; das Hauptmittel dagegen ist der fleischliche Beischlaf, sagen die Ärzte, und besonders mit sehr starken und tüchtig begliederten Leuten. Dazu sagen sie noch (wenigstens manche unserer Damen), dieses Gesetz der Ehre gälte bloß für jene Frauen, die gar nicht lieben und die keine ehrbaren Freunde hätten, von denen sei es sehr unanständig und schändlich, die Reinheit ihres Körpers preiszugeben, sie wären wie Dirnen: jene aber, die lieben und die sich gute Freunde erwählt haben, werden von jenem Gesetz durchaus nicht verhindert, daß ihnen bei dem Brand, der in ihnen loht, nicht Beistand geleistet und etwas gegeben werden könnte, damit sie ihn ersticken können; damit schenkt man ja gerade dem Verlangenden das Leben, indem man sich darin gütig erzeigt, nicht barbarisch oder grausam, wie Reinhold, den ich früher erwähnte, als ich von der armen niedergeschlagenen Genofeva redete. Ich kannte eine höchst ehrbare und vornehme Dame, die eines Tages von ihrem Freund in ihrem Kabinett gefunden wurde, als sie gerade die Reinholdsche Stanze: una donna deve dunque morire in so schöne und wohlgebaute französische Verse brachte, als ich je sah (denn sie kamen mir später vor Augen), und auf seine Frage, was sie geschrieben hätte, sagte sie: »Hier, diese Übersetzung hab' ich soeben gemacht, sie bedeutet mir ebensoviel wie einen Urteilsspruch, Euch in Euern Wünschen zu befriedigen, und es fehlt bloß noch der Vollzug.« Der folgte dann der Lektüre auf dem Fuße. In der Turnelle ist wohl nie ein so schönes Urteil gefällt worden! Denn wenn schon Ariost die Worte Reinholds mit den schönsten Gründen ausstattete, so kann man auch sicher sein, keinen vergaß sie aufs beste zu übersetzen und darzustellen, so daß die Übertragung in ebenso hohe Erregung versetzte wie das Original; sie gab ihrem Freund zu verstehen, daß sie ihm das Leben schenken und keineswegs unerbittlich gegen ihn sein wolle, wie auch der andre die Zeit wohl beim Schopf zu packen verstand.

Wenn also die Natur eine Dame gütig und barmherzig geschaffen hat, warum sollte sie dann nicht auch die ihr verliehenen Gaben freigebig gebrauchen, ohne undankbar dagegen zu sein oder ohne ihr überhaupt zu widerstreiten oder zu widerreden? So hörte ich einmal von einer Dame, die eines Tages ihren Gatten in einem Saal umhergehn und wandeln sah, und sich dabei nicht enthalten konnte, zu ihrem Liebhaber zu sagen: »Seht nur unsern Mann gehn; trägt er nicht den echten Hahnreikragen? Hätte ich also nicht die Natur arg beleidigt, wenn ich ihr zuwidergehandelt und sie Lügen gestraft hätte, da sie ihn doch dazu gemacht und bestimmt hat!«

Von einer andern Dame wurde mir berichtet, die sich über ihren Gatten beklagte, daß er sie nicht gut behandle und ihr voll Eifersucht nachspioniere; er ahnte nämlich, daß sie ihm Hörner aufsetze. »Aber er ist gut!« sagte sie zu ihrem Freund. »Er meint, sein Feuer gliche dem meinigen; denn ich lösche ihm seines in einem Nu aus, mit vier oder fünf Tropfen Wasser; das meine aber, dessen Schmelzofen eine ganz andere Tiefe hat, bedarf mehrerer: wir sind nämlich wie Wassersüchtige oder wie Sandgruben, je mehr sie Wasser verschlucken, desto mehr wollen sie haben.«

Noch treffender sagte eine andere Dame, ihr L... hätte die Natur von Hennen, die den Pips bekommen und daran sterben, wenn es ihnen an Wasser fehlt und sie nicht trinken können. Genau so bekäme ihre Scheide den Pips und stürbe daran, wenn man ihr nicht oft zu trinken gäbe; es muß aber auch ein anderes als Brunnenwasser sein. Eine andre Dame sagte, sie hätte die Natur eines guten Gartens, der sich nicht mit dem Wasser vom Himmel begnüge, sondern auch noch welches vom Gärtner haben wolle, wenn er fruchtbarer sein soll. Eine andere Dame sagte, sie wolle den guten Ökonomen und Haushaltern gleichen, die nicht ihr ganzes Gut einen einzigen verwalten und verwerten ließen, sondern es in verschiedene Hände verteilten; denn eine einzige könnte es nicht leisten, es tüchtig zu verwerten. Scheinbar wollte sie so ihre S... bewirtschaften, um sie zu meliorieren, und es bekam ihr gut.

Ich hörte von einer ehrbaren Dame, die einen sehr häßlichen Freund und einen sehr schönen, sehr anmutigen Ehemann hatte; auch war die Dame selbst sehr schön. Ihre Vertraute machte ihr Vorstellungen, warum sie nicht einen schöneren Anbeter wählte. »Wißt Ihr nicht,« antwortete sie, »wenn man ein Land tüchtig bebauen will, braucht man mehr wie einen Arbeiter, und gewöhnlich sind gerade die schönsten und feinsten nicht die geeignetsten, sondern vielmehr die bäuerlichsten und robustesten?« Eine andere Dame, die ich kannte und die einen sehr häßlichen und mißgestalteten Gemahl hatte, wählte sich einen ebenso häßlichen Freund; und auf die Frage einer ihrer Gefährtinnen, warum, antwortete sie: »Damit ich mich besser an die Häßlichkeit meines Mannes gewöhne.«

Eine andre Dame plauderte eines Tages über die Liebe, über die ihrige wie über die ihrer Gefährtinnen, und dabei sagte sie: »Wenn die Frauen immer keusch wären, wüßten sie nicht, was das Gegenteil ist;« hierin stützte sie sich auf die Ansicht Heliogabals, der sagte: »Die eine Hälfte des Lebens müßte auf Tugenden verwendet werden, die andre Hälfte auf Laster; sonst sei man immer in einer ganz guten oder ganz bösen Verfassung und könne das Gegenteil nicht beurteilen, was einem doch oft zur Mäßigung dient.« Ich sah diese Maxime von hohen Persönlichkeiten gebilligt und besonders im Hinblick auf die Frauen. Ebenso sagte die Gemahlin des Kaisers Sigismund, die Barbara hieß, immer in ein und demselben Stand der Keuschheit leben, das sei Sache der Dummen; und ihre Damen und Fräuleins, die bei dieser einfältigen Meinung beharrten, tadelte sie sehr, wie sie es ihrerseits weit von sich abwies; denn ihre ganze Lust waren Feste, Tänze, Bälle und Liebschaften, und dabei lachte sie die Leute aus, die's nicht ebenso machten oder die fasteten, um ihr Fleisch zu kasteien, oder die zurückgezogen lebten. Es kann sich jeder denken, ob es sich an dem Hof dieses Kaisers und dieser Kaiserin gut leben ließ; ich meine für die Leute, die Liebschaften gerne hatten.

Ich hörte von einer sehr ehrbaren Dame von Stande, die aus Liebesweh zu ihrem Anbeter krank war; mit jenem kleinen Fräulein zwischen ihren Beinen wollte sie es aber doch nicht wagen, jenes hohen Ehrenkodex halber, den die Ehemänner so sehr empfehlen und predigen; wie sie sich nun von Tag zu Tag mehr verzehrte und ausdörrte, so daß sie sich in einem Nu trocken, mager, schlaff werden sah, wie vorher frisch, fett, beleibt, ward sie ganz verändert von der Erkenntnis, die ihr in ihrem Spiegel aufging, und sagte: »Wie! soll man denn sagen, daß ich in der Blüte meiner Jahre und in der Begierde, einem unbedeutenden Ehrenpunkt und flüchtigen Skrupeln zuliebe, die meine Leidenschaft allzusehr hemmen, allmählich so austrockne, mich verzehre und vor der Zeit alt und häßlich werde, oder daß ich den Glanz meiner Schönheit verliere, die mir Schätzung und Liebe bescherte; und statt einer Dame mit schönem Fleisch soll ich ein mageres Gerippe oder vielmehr ein Skelett werden, um mich aus jeder guten Gesellschaft verbannen und von ihr verspotten zu lassen, und jedem zum Gelächter zu sein? Nein, davor will ich mich schon hüten, aber ich will mir durch Mittel helfen, die in meiner Macht sind.« Und genau wie sie es sagte, so führte sie es aus, befriedigte sich und ihren Freund, nahm an Beleibtheit wieder zu und wurde schön und rund wie vorher, ohne daß der Gatte das Mittel kannte, dessen sie sich bediente, sondern er schrieb es den Ärzten zu, denen er dafür dankte und Ehrungen zollte, daß sie sie wieder zu seinem Behagen und höhern Nutzen so eingerichtet hatten.

Von einer andern sehr vornehmen Dame, die eine sehr muntre Laune hatte und brillant redete, hörte ich; als sie kränklich war, sagte ihr Arzt eines Tages zu ihr, es würde ihr niemals gut gehen, wenn sie nicht liebte; sofort antwortete sie: »Nun gut! liebe also!« So erfreuten sie sich einander an Leib und Seele. Eines Tages sagte sie zu ihm: »Überall sagt man, Ihr liebtet mich. Das ist mir aber ganz gleich, da es mir doch gut geht,« und hatte stets den galanten Ausdruck im Mund, der mit F... anfängt. »Solange ich lieben kann, will ich lieben, da meine Gesundheit davon abhängt.«

Diese beiden Damen waren jenen schon oben erwähnten ehrbaren Damen von Pampeluna in den Hundert Erzählungen der Königin von Navarra gar nicht ähnlich; rasend in den Herrn von Avannes verliebt, wollte eine doch lieber ihr Feuer verbergen, es in ihrer Brust schwelen lassen, die davon brannte, und sterben, als ihrer Ehre etwas vergeben. Nach der Unterhaltung aber, die ich von einigen ehrbaren Damen und Herren darüber hörte, wäre sie eine einfältige Person und dächte wenig an das Heil ihrer Seele, weil sie sich selbst den Tod gäbe, während es doch in ihrer Macht läge, ihn zu vertreiben, und zwar für Geringes. Schließlich sagt ja auch ein altes französisches Sprichwort: »Geschnittenes Gras und gef... F..., der Schaden wird bald wieder gut.« Und was ist denn, wenn alles erledigt ist? Kommt denn das Geschäft vor die Leute wie andre, wenn es abgeschlossen ist? Geht die Dame darum schiefer? Weiß man etwas davon? Das versteht sich, wenn das Geschäft im geheimen, bei verschlossenen Türen gemacht wurde, und man nichts davon sieht. Ich möchte wohl wissen, ob viele große Damen, die ich kenne (denn sie sind der Liebe liebstes Quartier, wie jene Dame von Pampeluna sagte: gerade an die großen Portale schlagen die starken Winde), nicht etwa mit hocherhobenem Haupte gehn, an diesem Hof wie anderswo, und ob sie nicht gerade so tapfer daherkommen wie jene Bradamanta oder Marfisa? Und wer wäre so vorwitzig, der sie darnach zu fragen wagte, wenn sie davon herkommen? Sogar ihre Gatten (sag' ich euch), wenigstens manche, würden es ihnen nicht zu sagen wagen, so gut wissen sie sich zu verstellen und so hochmütig tragen sie ihr Haupt: und wenn es sich diese Gatten (manche) doch beifallen lassen, ihnen davon zu reden oder sie zu bedrohen oder mit Wort oder Tat zu beleidigen, dann sind sie verloren; denn haben sie ihnen auch nichts Böses angesonnen, so werfen sich die Frauen sogleich auf die Rache und zahlen es ihnen heim; ein altes Sprichwort sagt nämlich: »Wann und sobald ein Gatte seine Frau schlägt, lacht ihre F... darüber.« Das heißt, sie bereitet sich zum Willkommen vor, sie kennt das Naturell ihrer Herrin, und da sich das Weib mit andern Waffen nicht rächen kann, bedient es sich ihrer als Stütze und Freundin, um den Galan ihres Gatten zu empfangen, so sehr er sie auch bewachen und behüten mag.

Denn um ihr Ziel zu erreichen, ist es ihr vornehmstes Mittel, untereinander ihre Klagen vorzubringen oder unter ihren Kammerfrauen und Kammerzofen und sie dann dafür zu gewinnen, daß sie ihnen entweder neue Freunde besorgen, wenn sie noch keine haben, oder wenn sie welche haben, sie an die bezeichneten Orte kommen zu lassen; sie stehen Wache, damit der Gatte oder ein andrer sie nicht überrasche. Da gewinnen nun die Damen ihre Mädchen und Frauen und verführen sie mit Geld, mit Geschenken, mit Versprechungen; und manche setzen sich recht häufig mit ihnen auseinander und machen einen Vertrag mit ihnen; wenn nämlich der Freund dreimal zu der Dame und Herrin gekommen ist, soll die Dienerin dafür die Hälfte oder wenigstens ein Drittel haben. Das Schlimme ist jedoch: recht häufig täuschen die Damen ihre Dienerinnen und behalten alles für sich, indem sie die Entschuldigung vorbringen, der Freund hätte ihnen nicht mehr gegeben, sondern nur weniges, daß sie selbst nicht genug für sich gehabt hätten; auf diese Weise spielen sie mit den armen Mädchen und dienenden Frauen Possen und scheren ihre Wolle, während diese Schildwache stehen und tüchtig aufpassen: Das ist eine Ungerechtigkeit; und ich glaube, wenn dieser Streitfall gerichtlich behandelt würde und dazu Begründungen von der einen und von der andern Seite beigebracht würden, es gäbe tüchtig zu lachen und zu debattieren; denn am Ende ist's ein wahrhaftiger Diebstahl, wenn man ihnen dermaßen ihre ausgemachte Belohnung und Pension raubt. Andre Damen wiederum halten ihren Pakt und ihr Versprechen sehr ordentlich und stehlen ihnen nichts, um dann auch besser bedient und unterstützt zu werden, sie machen's wie die ehrlichen Ladenverkäufer, die den Gewinn und Profit aus ihren Einkünften ihrem Herrn oder Kompagnon rechtmäßig zuteilen; solche Damen verdienen daher, ordentlich unterstützt zu werden, weil sie für solche Mühen, Wachen und Achtsamkeiten so dankbar sind; denn schließlich setzen sich die Dienerinnen auch Gefahren aus; so weiß ich von einer, die eines Tages Wache hielt, während ihre Herrin mit ihrem Freund in ihrer Kammer war und sich mit ihm höchlich ergötzte, wobei sie nicht mäßig waren; da nahm sie der Hausmeister des Gatten vor und schalt bitter ihr Tun, und es wäre besser, sie wäre bei ihrer Herrin, als daß sie so die Kupplerin spielte und vor ihrer Kammer Wache stände und dem Gemahl ihrer Herrin einen so schlimmen Streich spielte; er würde ihn davon in Kenntnis setzen, sagte er. Die Dame gewann ihn jedoch durch die Vermittlung einer andern ihrer Kammerzofen, in die er verliebt war; diese versprach ihm etwas, was ihre Herrin für ihn erbitten würde, insgleichen bekam er ein Geschenk, womit er beruhigt war. Trotzdem war sie ihm später nie mehr geneigt und nahm sich vor ihm in acht; sie nahm auch eine gute Gelegenheit beim Schopf und ließ ihn von ihrem Gatten davonjagen.

Ich kenne eine schöne und ehrbare Dame, die eine Dienerin besaß, der sie ihre Freundschaft schenkte und viel Gutes tat; sie gebrauchte sie sogar zu großen vertraulichen Besorgungen und hatte sie für dergleichen Schliche vorzüglich abgerichtet; wenn sie dann den Gemahl der Dame lange vom Hause abwesend sah, sei es, daß ihn der Hof oder eine andre Reise beanspruchte, betrachtete diese Dienerin sehr häufig beim Ankleiden ihre Herrin, eine der schönsten und liebenswürdigsten, und sagte zu ihr: »He! Ist er nicht ein recht elender Kerl, dieser Gemahl, daß er eine so schöne Frau hat und sie so lange so allein läßt, ohne sie aufzusuchen? Verdient er nicht, daß Ihr ihn augenblicklich zum Hahnrei macht? Ihr müßt es, wenn ich so schön wäre, wie Ihr, würde ich es meinem Gatten ebenso machen, wenn er so lange abwesend bliebe.« Es kann sich jeder denken, ob die Dame und Herrin dieser Dienerin an dieser Nuß Geschmack fand, und ob sie sich nicht dieser Dienstwilligkeit später im Gebrauch eines so guten Werkzeugs bedienen konnte.

Nun gibt es auch Damen, die sich von ihren Dienerinnen darin helfen lassen, ihre Liebschaften zu verdecken, damit ihre Gatten es nicht innewerden, sie überantworten ihnen ihre Liebhaber, damit sie sie unterhalten und als ihre Diener bezeichnen, um sie unter diesem Deckmantel, dieser immerwährenden Angabe, wenn die Gatten sie in dem Zimmer ihrer Frauen finden, als Diener dieses oder jenes Fräuleins auszugeben: Dieser Vorwand gibt der Dame ein brillantes Mittel an die Hand, ihr Spiel zu treiben, und der Gatte merkt nichts. Ich kannte einen sehr großen Prinzen, der mit einer Dame aus der Umgebung einer hohen Prinzessin liebelte, bloß um die Geheimnisse der Liebschaften seiner Geliebten zu erfahren und sich nachher um so tüchtiger an sie heranzumachen.

Solche Streiche habe ich genug in meinem Leben ausführen sehen, nur nicht von der Art, wie es eine ehrbare Dame von da und da machte, die ich kannte; diese war so glücklich, nacheinander von drei tapfern und feinen Edelleuten bedient zu werden, sie verließen sie aber und verliebten sich in eine sehr große Dame und dienten ihr, darüber brachte sie nun folgendes artig vor: sie bilde sie und richte sie mit so schönen Lektionen und Arten her, daß sie, wenn sie in den Dienst jener hohen Prinzessin träten, daher aufs beste zugerichtet und eingeübt wären; und wenn man so hoch steigen will, muß man zuerst die Geringeren bedienen, damit man vor den Größeren nicht versage; wenn man so hohe Stufen empor will, muß man mit den Kleinen anfangen, wie aus allen Künsten und Wissenschaften ersichtlich ist.

Das bildete eine hohe Ehre für sie, eine größere, als einer andern erwuchs, die ich kenne, die im Gefolge einer großen verheirateten Dame gerade dabei war, wie diese große Dame in ihrer Kammer von ihrem Gemahl überrascht wurde, als sie gerade ein kleines Liebesbriefchen von ihrem Freund bekam; sie kam ihrer Herrin so prompt zu Hilfe, daß sie das Billett schlau packte und es in einem Stück hinunterschluckte, ohne zwei daraus zu machen und ohne daß es von dem Gatten bemerkt wurde, der sie sehr übel behandelt hätte, wenn er Wind bekommen hätte. Es war in der Tat ein sehr großer Dienst, und die große Dame blieb ihr auch immer dafür dankbar.

Ich kenne indessen sehr viele Damen, denen es schlecht bekommen ist, weil sie sich auf ihre Dienerinnen zu sehr verließen, und andern bekam es ebenso schlecht, weil sie sich gar nicht auf sie verließen. Ich hörte von einer schönen und ehrbaren Dame, die einen der tapfersten, tüchtigsten und vollendetsten Edelleute von Frankreich auserwählt hatte, um ihm mit ihrem hübschen Leibe Genuß und Freude zu machen. Sie wollte sich darin niemals auf eine ihrer Frauen verlassen, und zu dem in einer dritten Wohnung verabredeten Zusammentreffen wurde ausgemacht und bestimmt, daß nur ein Bett im Zimmer sein solle, und daß die Frauen im Vorzimmer schlafen sollten. Wie befohlen, so geschah's. Nun befand sich eine Katzenluke im Zimmer, die sie gar nicht gesehen hatten, und die stellten sie dann mit einer kleinen Haue zu, daß ein Geräusch entstand, wenn man dagegen stieß, und wenn sie es hörten, schwiegen und sich vorsahen. Eine ihrer Frauen, die ahnte, es stecke etwas dahinter, und die erzürnt und verdrossen darüber war, daß ihre Herrin ihr mißtraue, während sie sich doch schon oft als eine ihrer Vertrautesten erwiesen hatte, kam auf den Einfall, nachdem ihre Herrin schlafen gegangen war, aufzupassen und an der Türe zu horchen. Sie hörte sie wohl ganz leise wispern, aber sie merkte, daß es nicht die Lektüre war, die sie ein paar Tage vorher in ihrem Bett bei der Kerze gewöhnlich gepflogen hatte, um ihr Tun besser zu bemänteln. Dieser ihrer Begierde, alles auszukundschaften, kam eine sehr gute und günstige Gelegenheit zustatten; denn zufällig kam eine junge Katze in die Kammer, und die fing sie mit ihren Freundinnen und schob und stieß sie durch die Luke in die Kammer ihrer Herrin, nicht ohne daß der Verschluß sehr geräuschvoll umfiel.

Das schreckte nun das Liebespaar plötzlich auf, sie sprangen im Bett auf und sahen beim Schein ihrer Kerze, daß es eine Katze war, die hereingekommen war und die Klappe umgeworfen hatte. Daher legten sie sich, ohne sich sonst zu beunruhigen, wieder hin, sie sahen, daß es spät war und um eine Zeit, in der ein jeder schlafen mußte. Die Katzenluke schlossen sie indessen nicht wieder, sondern ließen sie offen, damit die Katze, die sie nicht die ganze Nacht eingeschlossen drin lassen wollten, wieder dadurch zurückkönnte. Dadurch hatte die Kammerfrau mit ihren Gefährtinnen die schönste Gelegenheit, von ihrer Herrin allerhand zu sehen, was sie später dem Gemahl enthüllten; für den Liebhaber hatte es den Tod, für die Dame einen Skandal zur Folge. Man sieht, was Trotz und Mißtrauen, die man zuweilen Leuten gegenüber hegt, nütze sind, sie schaden recht oft ebensosehr wie allzu großes Vertrauen. Insgleichen kenne ich einen sehr großen Herrn, der einmal imstande war, alle Kammerzofen seiner Frau, einer ehrbaren und schönen Dame, herzunehmen und foltern zu lassen, damit sie ihm alle deren Schlechtigkeiten und die Dienste, die sie ihr in ihren Liebschaften geleistet hatten, beichteten. Aber für diesmal verlief die Sache im Sande, damit ein größerer Skandal vermieden würde. Der erste Hinweis erfolgte von einer Dame, die ich nicht nennen will, die jener vornehmen Dame übelwollte: Gott strafte sie nachher dafür.

Um mit unsern Frauen zu Ende zu kommen, schließe ich damit: nur von den verheirateten Frauen bekommt man tüchtige und geschwinde Leistungen; denn sie verstehen ihr Metier so gut, daß dabei die listigsten und stolzesten Wiedehopfe von Gatten getäuscht werden. Im Kapitel über die Hahnreie und verheirateten Frauen habe ich genug darüber gesagt, dort findet man auch gute Geschichten darüber, damit wollen wir es für diesmal gut sein lassen.

Über die Liebe der Mädchen

In der Reihenfolge Boccaccios bleibend, unsers Führers bei dieser Unterhaltung, komme ich nun zu den Mädchen, von denen man sicherlich zugeben muß, daß sie von Natur für den Anfang sehr furchtsam sind und ihren Schatz nicht preiszugeben wagen, eine Folge der beständigen Einredungen und Vorstellungen von seiten ihrer Väter, Mütter, Brüder, Verwandten, Herrinnen, in Begleitung der strengsten Drohungen; auch wenn sie alle Begierden von der Welt danach hätten, kasteien sie sich so sehr, als sie nur können, und sie haben auch Angst, daß der elende Bauch sie sofort verrate; denn ohne den würden sie tüchtige Bissen verspeisen. Diese Bedenken haben aber durchaus nicht alle; denn vor jeder Erwägung die Augen schließend, gehen sie dreist darauf los, nicht gesenkten Hauptes, sondern mit sehr hoch zurückgeworfenem: das ist dann eine große Irrung von ihnen, weil die Schande eines ausschweifenden Mädchens sehr groß ist und tausendmal größere Bedeutung hat als bei einer verheirateten Dame oder einer Witwe; denn wenn es seinen schönen Schatz verloren hat, dann hat es seinen Skandal, sie wird schimpfiert, und alle Welt zeigt mit dem Finger auf sie, und es gehen ihr sehr gute Heiratspartien verloren, wenn mir auch verschiedene Male bekannt wurde, daß es stets irgendeinen Lümmel gibt, der entweder freiwillig oder unversehens, absichtlich oder unwissentlich oder zwangsweise sich zwischen ihre Beine warf und sie heiratete; und anderswo sagte ich schon einmal: wären sie auch noch so beschädigt, sie ließen es sich doch wohlsein.

Ich kannte eine Menge von diesen und jenen, die das durchgemacht haben, besonders eine, die sich sehr skandalöserweise gehen und von einem Prinzen von da und da schwängern ließ, ohne ihre Wochen zu verheimlichen oder den Anstand zu wahren; als sie entdeckt war, antwortete sie nur: »Was sollte ich denn machen? man sollte mich nicht schelten, es ist nicht meine Schuld und auch nicht der Stachel meines Fleisches, ich habe mich nur nicht zeitig genug vorgesehen; denn wäre ich so klug und wohlberaten gewesen wie die meisten meiner Freundinnen, die ebensoviel auf dem Kerbholz haben wie ich, ja noch Schlimmeres, die aber ihrer Schwangerschaft und Niederkunft tüchtig entgegenzuwirken verstanden, so wäre ich jetzt nicht in dieser Verlegenheit, und man hätte nichts erfahren.« Wegen dieser Rede zürnten ihr die Gefährtinnen sehr; ihre Herrin schickte sie auch aus der Hofgesellschaft weg, freilich sagte man, diese selbst hätte ihr anempfohlen, dem Willen jenes Prinzen zu gehorchen; denn sie hatte etwas mit ihm und wollte ihn gewinnen. Nach einiger Zeit fand sie nichtsdestoweniger eine gute Partie und verheiratete sich sehr reich; und es ging eine sehr tüchtige Nachkommenschaft aus dieser Ehe hervor. Man sieht also, wäre dieses arme Mädchen schlau gewesen wie ihre Gefährtinnen und andre, wäre ihr das nicht passiert; denn ich habe gewiß in meinem Leben Mädchen gesehen, die darin ebenso schlau und gerieben waren wie die ältesten verheirateten Frauen, ja sie wurden sogar sehr tüchtige und schlaue Kupplerinnen, die sich nicht mit ihrem Gute begnügten, sondern auch andre damit versorgten.

Da war ein Mädchen an unserm Hof, das jene schöne Komödie »Das Paradies der Liebe« betitelt, dichtete und im Saal Bourbon bei verschlossenen Türen spielen ließ, wo nur die Komödianten und Komödiantinnen waren, die zu gleicher Zeit als Spieler und Zuschauer fungierten. Wer die Geschichte versteht, weiß, was ich sagen will. Sechs Personen spielten die Komödie, drei Männer und drei Frauen: der eine war Prinz, er hatte seine Dame, diese war groß, aber nicht so vornehm wie er, trotzdem liebte er sie sehr; der andre war ein hoher Herr, und der spielte mit der großen Dame, die aus reichem Hause war; der dritte war ein Edelmann, und der tat sich mit dem Mädchen zusammen, das er nachher heiratete; denn, o die Galante! sie wollte ihre Rolle ebensogut spielen wie die andern. Gewöhnlich spielt auch der Verfasser einer Komödie seine Person, oder er spricht den Prolog, so tat sie auch und spielte, wenn sie auch nur ein Mädchen war, sicherlich ebensogut oder vielleicht noch besser als die verheirateten. Sie hatte auch schon etwas andres von der Welt gesehn als nur ihr Land und war, wie der Spanier sagt: rafinada en Secobia, raffiniert in Segovia; das ist ein spanisches Sprichwort, weil die guten Wollstoffe in Segovia verfeinert werden.

Man redete und erzählte mir auch von vielen Mädchen, die als Darioletten (Vertraute) im Dienst ihrer Damen und Herrinnen auch von deren Bissen kosten wollten. Solche Damen sind auch häufig die Sklavinnen ihrer Fräuleins, weil sie Angst haben, sie möchten, wie ich oben sagte, ihre Liebschaften entdecken und ausplaudern. Von einem Mädchen hörte ich eines Tages sagen: es wäre eine große Torheit, damit sein Spiel zu treiben, und wenn die Einfältigen sich Gewissensbisse darüber machten, lehne sie das ihrerseits ab, und bei alledem gäbe es bloß Skandal; wenn man aber seine Sache geheim und versteckt hielte, mache man alles wieder gut; und es wären Trottel, die nicht zu leben verdienten, die sich nicht praktisch helfen könnten.

Eine spanische Dame dachte, ihre Tochter fürchte sich vor der Gewaltsamkeit des ersten hochzeitlichen Beilagers, und ermutigte sie auf dem Wege dazu, das wäre weiter nichts, und sie würde keinen Schmerz dabei haben, sie selbst möchte gerne an ihrer Stelle sein, um es ihr besser auseinandersetzen zu können; da antwortete das Mädchen: Bezo las manos, señora madre, de tal merced, que bien la tomaré yo por mi. »Vielen Dank, liebe Mutter, für einen so guten Dienst, ich werde ihn mir schon selber ordentlich leisten.«

Man erzählte mir von einem Mädchen von sehr hoher Abstammung, von der man, während sie sich gerade ihrem Freudenleben hingab, redete, daß sie nach Spanien verheiratet werde. Einer ihrer vertrautesten Freunde sagte ihr nun eines Tages, indem er scherzte, er wundere sich sehr über sie, sie hätte die Levante so sehr geliebt, und nun schiffe sie nach Westen und Sonnenuntergang zu (weil Spanien gen Westen liegt); die Dame antwortete ihm: »Ja, ich habe von den vielgereisten Seeleuten sagen hören, die Levante-Schiffahrt ist überaus lustig und angenehm; und ich habe sie oft mit der Bussole erprobt, die ich gewöhnlich bei mir trage; ich werde mir aber helfen, wenn ich im Westen sein werde, will ich geradeswegs in die Levante fahren.« Tüchtige Interpreten werden diese Allegorie gut auszudeuten wissen und erraten, ohne daß ich sie glossiere. Es kann sich jeder bei diesen Worten denken, ob jenes Mädchen immer ihre Gebete von Notredame gebetet.

Eine andre, die mir genannt wurde, hatte von den Wundern der Stadt Venedig erzählen hören, von ihren Eigentümlichkeiten und von der dort herrschenden Freiheit des Lebens, besonders für die Dirnen und Kurtisanen, da sagte sie zu einer ihrer Gefährtinnen: »Ha! mein Gott! könnten wir doch auch unser ganzes Hab und Gut mit einem Bankbrief dort hinschaffen lassen und uns da niederlassen, damit wir dieses Kurtisanenleben, dieses lustige und glückliche Leben, führen, da könnte uns keiner; denn wir würden bald die ganze Welt in den Sack stecken!« Das nenne ich einen lustigen und guten Wunsch. Und ich glaube in der Tat, wer ein solches Leben führen will, könnte sich nirgends besser amüsieren als dort.

Einen nicht weniger guten Wunsch äußerte einmal in vergangener Zeit eine Dame, die sich von einem armen den Türken entronnenen Sklaven die Qualen und Leiden erzählen ließ, die ihm und allen andern armen Christen in der Gefangenschaft bereitet wurden; sie bekam von dem früheren Sklaven genug und alle Arten von Grausamkeiten erzählt. Da verfiel sie darauf, ihn zu fragen, was sie mit den Frauen machten. »Ach! Madame,« sagte er, »sie lieben sie so sehr, daß sie sie damit umbringen.« – »Möchte es doch Gott gefallen,« erwiderte sie, »daß ich ebenso als Märtyrerin durch den Glauben stürbe!«

Drei große Damen, von denen eine ein Fräulein war, waren eines Tages zusammen, wie ich weiß, und tauschten ihre Wünsche aus. Die eine sagte: »Ich möchte gern einen Apfelbaum haben, der alle Jahre so viel goldene Äpfel hervorbringt wie natürliche.« Eine andre sagte: »Ich möchte eine solche Wiese haben, auf der mir ebensoviel Steine und Geschmeide wüchsen wie Blumen.« Die dritte, das Fräulein, sagte: »Ich möchte einen Taubenschlag haben, dessen Löcher mir so viel einbrächten, wie das der und der Dame, der Favoritin des und des Königs, die ich nicht nennen will; aber in mein L... sollten noch viel mehr Tauben kommen als in das ihrige.«

Diese Damen hatten keine Ähnlichkeit mit jener spanischen Dame, deren Leben in der Geschichte Spaniens beschrieben ist; als eines Tages der große Alphons, König von Arragon, in Saragossa einzog, kam sie und warf sich vor ihm auf die Knie und bat ihn um Gerechtigkeit. Wie sie nun der König anhören wollte, verlangte sie ihn auf der Seite zu sprechen, was er ihr gewährte: da beklagte sie sich über ihren Gatten, der zweiunddreißigmal, des Tags und der Nacht, bei ihr schliefe, daß er ihr keine Geduld ließe, kein Aufhören und keine Ruhe gäbe; da ließ der König den Mann holen und erfuhr, daß es wahr war; er war der Meinung, im Recht zu sein, da es seine Frau war; nun versammelte sich wegen dieser Sache der Rat Seiner Majestät, und der König bestimmte und befahl, er solle sie nur sechsmal berühren; dabei wunderte er sich höchlich, wie er sagte, über die große Hitze und Potenz dieses Mannes und über die große Kälte und Enthaltsamkeit jener Frau, völlig im Gegensatz zum Naturell von andern (sagt die Geschichte), die mit gefalteten Händen ihre Gatten oder andre Männer darum anflehen und sich darüber beklagen, wenn anderen zufließt, was ihnen gebührt.

Gar nicht ähnlich war dieser Dame ein Mädchen, ein Fräulein aus gutem Hause, die am andern Morgen nach ihrer Hochzeit einigen von ihren Gefährtinnen ihre Abenteuer der vergangenen Nacht erzählte und sagte: »Wie!? Weiter ist es nichts? Ich habe doch manche von euch und von andern Frauen und Männern sagen hören, die sich so tapfer und galant zeigen und Berge und Wunder versprechen, meiner Treu, meine Gefährtinnen und Freundinnen, dieser Mensch (sie redete von ihrem Gemahl), der einen so hitzigen Liebhaber spielte und sich für einen tapfern und tüchtigen Ringelstecher ausgab, statt aller Rennen hat er bloß viere gemacht, wie man gewöhnlich drei für den Ring rennt und den andern für die Damen: und zwischen den vieren hat er noch mehr Pausen gemacht, als es gestern abend auf dem großen Ball gegeben hat.« Man stelle sich vor, da sie sich über so wenig beklagte, wollte sie ein Dutzend haben; aber es ist auch nicht jeder wie dieser spanische Edelmann.

So verhöhnen die Frauen ihre Gatten; so auch eine, die beim Beginn und am ersten Abend ihrer Ehe, wie ihr Gemahl sie besteigen wollte, sich beim Angriff sehr hartnäckig und widerspenstig benahm. Da verfiel er auf den Gedanken, ihr zu sagen, wenn er seinen großen Dolch nähme, gäbe es noch ein ganz anderes Spiel, und da gäb' es zu schreien; aus Angst vor dem großen, mit dem er sie bedrohte, gab sie sich ihm daher sofort hin: aber am andern Tag hatte sie keine Angst mehr, und nicht zufrieden mit dem kleinen fragte sie ihn beim ersten Anstoß, wo der große wäre, mit dem er ihr am Abend vorher gedroht habe. Darauf antwortete ihr der Gemahl, er hätte keinen, und es sei bloß Spaß gewesen; sie müsse mit seiner kleinen Munition zufrieden sein, die er bei sich habe. Da sagte sie zu ihm: »Heißt das recht getan, wenn man sich so über ein armes und einfältiges Mädchen lustig macht?« Ich weiß nicht, ob man dieses Mädchen einfältig und dumm oder nicht vielmehr ein schlaues und verschlagenes nennen muß, da es vorher davon gekostet hatte. Das überlasse ich aber den Auslegern.

Weit einfältiger war ein andres Mädchen, die vor Gericht darüber Klage führte, daß ein Galan sie vergewaltigt hätte; als er dann wegen dieser Tat verhört wurde, antwortete er: »Meine Herren, ich berufe mich auf sie, ob es wahr ist, und ob sie nicht selbst mein Glied genommen und es mit eigner Hand in das ihrige gesteckt hat.« »Ha! meine Herren,« sagte das Mädchen, »das ist wohl wahr, aber wer hätte das nicht getan? Denn nachdem er mich hingelegt und hinaufgestülpt hatte, setzte er mir sein steifes und spitziges Glied wie einen Stock gegen den Bauch und versetzte mir damit so starke Stöße, daß ich Angst hatte, er möchte mich durchbohren und stieße mir ein Loch hinein. Verdammt! Da nahm ich es denn und steckte es in das L..., das dazu gemacht war.« Ob dieses Mädchen einfältig war oder sich so stellte, das mögen andre entscheiden.

Ich will euch noch zwei Geschichten von zwei verheirateten Frauen erzählen, die ebenso einfältig waren wie diese oder auch sehr schlau, wie man's eben nimmt. Zunächst handelt es sich um eine sehr große Dame, die ich kannte, die sehr schön und daher sehr begehrt war. Als eines Tages ein sehr großer Prinz um ihre Liebe bat, ja, sie sehr darum bedrängte, indem er ihr sehr schöne und hohe Stellungen versprach, mit Würden und mit Reichtümern für sie wie für ihren Gemahl, so daß sie seinen süßen Versuchungen ein ziemlich geneigtes Ohr lieh; trotzdem wollte sie sich auf den ersten Anstoß hin nicht gehen lassen, sondern entdeckte als einfältige, neue und junge Frau alles ihrem Gemahl und fragte ihn um seine Meinung, ob sie es tun solle. Der Gemahl antwortete ihr sofort: »Nein, nein, meine Liebe, um Jesu Christi willen! Was willst du machen und wovon redest du mir? Das wäre ja ein schändlicher Streich, der für dich und für mich niemals wieder gut gemacht werden könnte.« – »Ja! Aber lieber Mann,« erwiderte die Dame, »wir sollen doch so große Vorteile davon haben, daß nichts daran auszusetzen sein wird.« Schließlich wollte der Gatte nicht ja sagen; die Dame aber begann sich nachher ein Herz zu fassen und klug zu werden und wollte diese Partie nicht verlieren und spielte sie mit dem Prinzen und noch andern und dabei hing sie auch ihre törichte Einfalt allmählich an den Nagel. Diese Geschichte hörte ich von jemand, der sie von jenem großen Prinzen und auch von der Dame gehört hatte; dieser hatte es der Dame verwiesen und ihr gesagt, daß man sich in solchen Dingen niemals vom Gatten Rat holen dürfe, und es gebe doch noch andre Leute an seinem Hof.

Diese Frau war ebenso einfältig oder noch mehr als jene andre, von der ich hörte, daß ihr eines Tages ein ehrbarer Edelmann seine Aufwartung machte, in ziemlicher Nähe von ihrem Gemahl, der gerade mit einer andern Dame plauderte; da geriet ihr sein Sperber oder, um deutlicher zu reden, sein Instrument in die Hände, sie packte es, drückte es sehr heftig, wendete sich zu ihrem Gemahl und sagte zu ihm: »Lieber Mann, seht doch das schöne Geschenk, das mir dieser Edelmann macht: darf ich es annehmen? sagt es mir.« Erstarrt zieht der arme Edelmann seinen Sperber mit solcher Heftigkeit zurück, daß er auf eine Diamantspitze an ihrem Finger traf und sich dermaßen von einem Ende bis zum andern aufriß, daß er ihn fast ganz und gar verlor; das war mit großen Schmerzen verbunden und sogar mit Lebensgefahr, eiligst flüchtete er zur Tür hinaus und tränkte die Kammer mit Blut, das überall hintropfte. Der Gatte lief ihm jedoch nicht nach, um ihn deswegen noch vorzunehmen; er brach nur in ein starkes Gelächter aus sowohl wegen der Einfältigkeit seines armen Frauchens wie wegen des schönen Präsents; auch war der Mann ja genug dafür gestraft. Eine Dorfgeschichte muß ich auch noch erzählen; denn sie ist nicht schlecht: Als man ein Landmädchen zur Trauung mit Trommel und Pfeife in die Kirche geleitete, zur hohen Feier, kamen sie zufällig an dem Liebhaber ihrer Mädchenjahre vorbei, den sie anrief: »Adieu, adieu, Peter (so hieß er nämlich), nun ist's ... Du wirst mir's nicht mehr machen. Meine Mutter hat mich verheiratet«; dabei sprach sie das Wort stracks aus. Es lag ebensoviel Naivität darin wie Bedauern über die Vergangenheit.

Da wir nun einmal auf dem Lande sind, wollen wir von noch einer reden: Ein schönes junges Mädchen brachte eine Ladung Holz zum Verkauf auf den Markt; man fragte sie nach dem Preis, und da sie ihn beim Angebot der Käufer stets erhöhte, sagten sie ihr: »Ihr sollt das haben und die F... auf dem Markt.« »Das ist recht von euch,« sagte sie, »daß ihr das gesagt habt; denn ihr...«

Man sieht, das sind sehr einfältige Mädchen und Frauen, sie und ihresgleichen unterscheiden sich sehr von vielen andern, die es auf der Welt gibt, die falscher und schlauer sind als sie, die sich von ihren Gatten keinen Rat holen und ihnen auch nicht solche Geschenke zeigen, die ihnen gemacht werden.

In Spanien erzählte man mir von einem Mädchen, das in der ersten Nacht ihrer Ehe, wie ihr Gemahl sich anstrengte und abmattete, ihre Festung einzunehmen, nicht ohne daß er sich wehtat, in ein Lachen ausbrach und zu ihm sagte: Señor, bien es razon que seays martyr, pues que io soy virgen: mas pues que io tomo la paciencia, bien la podeys tomar. »Mein Herr, es ist ganz in der Ordnung, daß Ihr ein Märtyrer seid, da ich Jungfrau bin; da ich aber Geduld habe, könnt Ihr sie wohl auch haben.« Während jener sich über seine Frau lustig gemacht hatte, machte sich diese über ihren Gemahl lustig; sicherlich haben auch verschiedene Mädchen Grund, sich über sie in dieser Nacht lustig zu machen, besonders wenn sie vorher erfahren hatten, was es ist, oder von andern, oder wenn sie sich diesen großen Lustmoment selbst gedacht und ausgemalt haben, den sie für sehr groß und von ewiger Dauer halten.

Eine andre Spanierin erzählte am Morgen nach ihrer Hochzeit von den Tüchtigkeiten ihres Gatten, sie berichtete von mehreren, ausgenommen, sagte sie, que non era buen contador aritmetico, porque no sabia multiplicar: »ausgenommen, daß er kein guter Arithmetiker war, weil er nicht multiplizieren konnte«.

Ein Mädchen von gutem Herkommen und aus gutem Hause (das ich kannte und reden hörte) sagte etwas anderes: an ihrem Hochzeitsabend, als ein jeder dem Brauche nach auf der Lauer lag, bis der Gatte den ersten Ansturm auf sie vollbracht hatte, ruhte er sich ein wenig aus, aber nicht um zu schlafen, und fragte sie, ob sie noch was wolle; artig erwiderte sie ihm: »Wie es Euch gefällt, mein Herr.« Man stelle sich vor, daß der galante Gemahl nach einer solchen Antwort sehr erstaunt war und sich das Ohr reiben mußte.

Dergleichen Mädchen, die so geschwind nach der Hochzeit solche Witze machen, können ihre armen Gatten tüchtig beunruhigen und sie glauben machen, daß sie nicht die ersten sind, die den Anker in ihren Grund gestoßen, und auch nicht die letzten, die ihn hineinstoßen werden; denn daran ist nicht zu zweifeln, wenn man sich nicht anstrengt und sich nicht zugrunde richtet, indem man seine Frau sappiert, dann sinnt sie darauf, einem Hörner anzuheften; so sagte ein altes französisches Sprichwort: »Wer sie nicht satt macht, der sieht sie gleich anderswo speisen.« Freilich, wenn eine Frau alles aus dem Mann herauszieht, was sie kann, so schlägt sie ihn nieder, d. h. er stirbt daran; ein altes Wort ist auch: seinen Freund darf man nicht ganz ausziehen und erschöpfen, wie man wohl möchte, und muß seine Kräfte schonen; den Gatten aber darf man bis auf die Knochen ausziehen. Daher das spanische Sprichwort: Que le primero pensiamento de la muger, luego que es casada, es de embiudarse. »Der erste Gedanke der verheirateten Frau ist der, sich zur Witwe zu machen.« Dieses Wort trifft nicht allgemein zu, wie ich anderswo zu sagen hoffe, sondern es gilt nur für manche Frauen.

Bestimmte Mädchen können ihre Hitze nicht lange halten und meistern und geben sich nur zu leicht den Prinzen und hohen Herren hin, die ganz dazu passen, sie ins Wanken zu bringen, wegen ihrer Gunstbeweise ebensosehr wie wegen ihrer Geschenke und auch aus Vorliebe für ihre Artigkeiten; denn am Ende ist alles an ihnen schön und vollkommen, selbst wenn sie die größten Tröpfe wären. Andre Mädchen wiederum suchen sie nicht und fliehen sie sehr, weil sie etwas im Rufe stehen, skandalös, wenig verschwiegen, große Prahler und Schwätzer zu sein; kluge und verschwiegene Edelleute haben sie lieber, deren Zahl ist freilich gering; trotzdem ist jene sehr glücklich, die einem begegnet und einen findet. Um aber alledem vorzubeugen, wählen sie (wenigstens manche) ihre Diener, von denen die einen schön, die andern nicht schön sind, und ich kannte welche, die es getan haben; und sie brauchen auch diese ihre Kammerdiener nicht lange zu bitten: denn da sie sie aufwecken, niederlegen, auskleiden, ihre Strümpfe an- und ausziehen und ihnen ihre Hemden anlegen (ich sah viele Mädchen am Hof und anderswo, die keine Schwierigkeiten und Skrupeln dabei empfanden), konnte es gar nicht anders sein, als daß die Diener bei der Betrachtung ihrer vielen schönen Reize an ihnen in Versuchung gerieten, und manche Mädchen lassen sie noch dazu mit Absicht sehn; nachdem die Augen ihren Dienst getan hatten, mußten also wohl auch andere Körperteile den ihrigen erfüllen.

Ich kannte ein Mädchen von da und da, schon wie nur eine, die ihren Kammerdiener zum Kompagnon eines großen Prinzen machte, der sie unterhielt, und der der alleinige glückliche Inhaber zu sein glaubte; aber der Kammerdiener war ihm darin ebenbürtig; auch hatte sie eine sehr gute Wahl mit ihm getroffen; denn er war sehr schön und hatte einen ausgezeichneten Wuchs, so daß man im Bett und bei seinem Geschäfte keinen Unterschied an ihm gemerkt hätte. Der Kammerdiener übertraf sogar den Prinzen an vielen Schönheiten; dieser erfuhr von der Liebschaft und dieser Vertraulichkeit erst, als er sie aufgab, um sich zu verheiraten; und aus diesem Grunde behandelte er den Kammerdiener nicht mehr schlecht, sondern hatte viel Vergnügen daran ihn zu sehen; wenn er ihn im Vorübergehn sah, sagte er bloß: »Ist es möglich, daß dieser Mensch mein Nebenbuhler gewesen ist? Ja, ich glaube es gern; denn abgesehen von meinem Rang übertrifft er mich anderswo.« Er trug nämlich denselben Namen wie der Prinz und war ein sehr tüchtiger Schneider und genoß den besten Ruf am Hofe; schwerlich gab es Mädchen oder Frauen, denen er keine Kleider machte, wenn sie gut angezogen sein wollten. Ich weiß nicht, ob er sie auf dieselbe Art bekleidete wie seine Herrin, aber die Frauen befanden sich gar nicht übel dabei. Ich kannte ein Mädchen aus gutem Hause, die einen Lakaien im Alter von 14 Jahren hatte, aus dem sie ihren Hanswurst und Spaßmacher gemacht hatte; unter seinen Scherzen und Spaßen machte sie soviel wie gar keine Schwierigkeiten, sich von ihm küssen, berühren und betasten zu lassen, vertraulich wie eine Frau, und recht häufig vor allen Leuten; sie entschuldigte alles, indem sie sagte, er wäre ein närrischer und lustiger Spaßmacher. Ich weiß nicht, ob er weiter ging, aber ich weiß wohl, daß sie später, als Verheiratete, als Witwe und als Wiederverheiratete, eine ausgemachte Hure gewesen ist. Sie entzündete eben ihren Docht an diesem ersten Brand, so daß er ihr später bei ihren größeren Streichen und höheren Brünsten niemals versagte. Ich habe wohl ein Jahr damit zugebracht, dieses Mädchen zu beobachten; aber als ich sie in ihren Vertraulichkeiten in Gegenwart ihrer Mutter sah, die im Rufe stand, eine der ausgefeimtesten und heuchlerischsten Spröden ihrer Zeit zu sein, die nur darüber lachte und sich darüber freute, sagte ich sofort voraus, daß sich aus dem kleinen Spiel ein großes entwickeln würde, und zwar sehr bewußt, und das Fräulein würde eines Tages eine tüchtige Tellerleckerin sein; und so traf es auch ein.

Ich kannte zwei Schwestern aus einem sehr guten Hause in Poitou, Mädchen, von denen man merkwürdig redete und die mit einem großen baskischen Lakaien in Zusammenhang gebracht wurden, der bei ihrem Vater war; unter dem Vorwand, er tanze ausgezeichnet und tanze nicht allein den den Reigen seiner Heimat, sondern auch alle andern, und er führe sie ordentlich zum Tanze und lerne ihnen tanzen, ließ er sie also tanzen, und dann lernte er ihnen den Hurentanz; damit erregten sie einen recht hübschen Skandal: trotzdem wurden sie sehr gut verheiratet; denn sie waren reich; und wenn es sich um Reichtum handelt, denkt man an nichts, man nimmt alles, und handle es sich um noch Hitzigere und noch Brünstigere. Jenen Basken kannte ich später als einen wackern Soldaten von braver Art, man konnte ihm den Streich sehr wohl zutrauen. Man entließ ihn damals, um den Skandal niederzuschlagen, und er wurde Soldat in der Gardetruppe des Herrn von Strozzi.

Ich kannte auch ein andres Haus da und da, und zwar ein großes, wo sich die Dame damit beschäftigte, in ihrer Gesellschaft ehrbare Mädchen, unter andern Verwandte ihres Gemahls, aufzuziehen; nur war die Dame arg kränklich und von den Ärzten und Apothekern sehr abhängig, die bei ihr aus- und eingingen; die Mädchen haben aber auch oft Krankheiten wie die Bleichsucht, Fieber und andre, und da kam es vor, daß unter andern zweie das Quartanfieber bekamen, und ein Apotheker sollte ihnen Hilfe bringen. Sicherlich versorgte er sie mit seinen Drogen und Arzneien; aber das Geeignetste war, daß er eine beschlief der Schurke; denn er hatte mit einem überaus schönen und ehrbaren Fräulein von Frankreich zu tun, mit der jeder große König hoch zufrieden gewesen wäre; und nun mußte sich dieser Monsieur Apotheker ihr in die Wolle setzen. Ich kannte das Mädchen, das sicherlich eines andern Bespringers wert war; sie wurde nachher gut verheiratet; und wie man sie als Jungfer gab, so fand man sie. Ich finde indessen, sie war dabei sehr schlau; sie konnte nämlich ihr Wasser nicht halten, und da wandte sie sich an ihn, und er gab ihr Gegenmittel zur Verhütung einer Schwangerschaft; denn das fürchten die Mädchen am meisten: es gibt in dieser Beziehung Leute, die so erfahren sind, daß sie ihnen Drogen geben, die sie ausgezeichnet davor bewahren, schwanger zu werden; oder wenn sie schwanger werden, dann bringen sie ihnen ihre Schwangerschaft so sorgfältig und so klug weg, daß man sie niemals wahrnimmt und nur das Gerücht davon erfährt; ebenso hörte ich von einem Mädchen, die früher die Ziehtochter der hochseligen Königin von Navarra, Margarete I., gewesen war. Zufällig oder wissentlich wurde sie schwanger, ohne daß sie indessen daran dachte. Sie traf einen klugen Apotheker, der ihr mit einem Trank, den er ihr gab, ihre Frucht, die bereits sechs Monate alt war, Teil um Teil, Stück für Stück, so bequem abtrieb, daß sie in ihren Beschäftigungen niemals eine Übelkeit oder einen Schmerz spürte; und nachher verheiratete sie sich galant, ohne daß der Gatte ahnte, daß er auf gebahnten Wegen ging. Was für ein geschickter Arzt! Denn man gibt ihnen auch Mittel, damit sie wie keusche Jungfrauen aussehen wie vorher, wie ich welche im Hahnreikapitel anführte; eins ließ ich mir in vergangenen Tagen von einem Quacksalber sagen: man muß sich Blutegel besorgen und sie an die Natur setzen und sich damit das Blut abzapfen und aussaugen lassen, diese Blutegel erzeugen beim Saugen mit Blut gefüllte kleine Blasen und Fisteln; diese werden dann von dem galanten Gemahl, der sie am Hochzeitsabend bespringt, zum Platzen gebracht, das Blut fließt heraus, und sie befleckt sich, und das ist beiden eine große Freude; damit l'onor della citadella è salvo. Ich finde dieses Mittel gut und köstlich, wenn es wahr ist; und hilft es nicht, so gibt es hundert andre, die besser sind, als diese Herren Ärzte, diese kundigen und erfahrenen Apotheker sie ausgezeichnet anordnen, erfinden und anwenden können. Darum kommen aber auch diese Herren gewöhnlich zu so großem Reichtum; denn sie können verwunden und heilen wie früher die Lanze des Peleus.

Ich kannte den Apotheker, von dem ich soeben redete, und ich muß im Vorübergehn noch ein paar Worte über ihn sagen, daß ich ihn zum erstenmal, als ich in Italien war, in Genf sah; denn damals war dieser Weg für die Franzosen gebräuchlich und führte wegen der Kriegsläufte durch die Schweiz und Graubünden. Er besuchte mich in meiner Wohnung. Sofort fragte ich ihn, was er in dieser Stadt mache, und ob er sich da aufhalte, um die schönen Mädchen zu heilen wie in Frankreich. Er antwortete mir, er wäre hier, um Buße zu tun. »Wie!« sagte ich, »verspeist Ihr denn keine so guten Bissen mehr wie dort?« »Ach! mein Herr!« erwiderte er mir, »Gott hat mich ja zu sich gerufen, und ich bin von seinem Geist erleuchtet, und ich habe ja jetzt die Erkenntnis seines heiligen Wortes.« »Ja,« sagte ich zu ihm, »Ihr waret doch schon damals ein frommer Mann und befaßtet Euch damit, Leib und Seele zu heilen, und predigtet und unterrichtetet die Mädchen!« – »Aber, mein Herr, jetzt habe ich meinen Gott besser erkannt als damals,« antwortete er wiederum, »und ich will nicht mehr sündigen.« Von einer Menge anderer Reden, die wir über diesen Gegenstand wechselten, im Ernst wie im Scherze, will ich schweigen; aber dieser Schelm genoß doch, was einem feinen Mann weit besser zugekommen wäre als ihm. Es kam ihm auch wohl zustatten, daß er jenes Haus zur rechten Zeit räumte; denn sonst wäre es ihm schlecht bekommen. Nun lassen wir ihn. Verflucht sei er, weil ich ihn hasse und beneide; so redete auch Herr von Ronsard von einem Arzt, der seine Herrin lieber abends und morgens besuchte und ihre Brustwarzen, ihren Busen, ihren Bauch, ihre Weiche und ihren schönen Arm betastete, anstatt daß er sie von ihrem Fieber heilte; er machte ein sehr hübsches Sonett darüber, das im zweiten Buche seiner Amours steht und beginnt:

Hé! que je porte et de hayne et d'envie
Au médicin qui vient soir et matin,
Sans une propos, tastonner le tétin,
Le sein, le ventre et les flancs de ma mye.

Insgleichen hege ich eine große Eifersucht gegen einen Arzt, der einer schönen großen Dame, die ich liebte, ähnliche Streiche spielte, während ich doch solche und ähnliche Vertraulichkeit nicht von ihr genoß, obgleich ich mehr nach ihr verlangt hatte als nach einem kleinen Königreich. Solche Leute sind freilich Mädchen und Frauen außerordentlich willkommen, und es werden ihnen dabei schöne Abenteuer beschert. Ich kannte zwei Ärzte am Hofe, von denen der eine Herr Castellan hieß, Arzt der Königin-Mutter, und der andre Herr Cabrian, Arzt des Herrn von Nevers, der bei Ferdinand von Gonzaga gewesen war. Alle beide hatten ihre Liebesabenteuer, und wie man sagt, hätten sich die Größten am Hofe dem Teufel verschrieben, wenn sie ihre Nebenbuhler hätten sein können.

Der verstorbene Baron von Viteaux und ich plauderten eines Tages mit dem Herrn Legrand, einem großen Pariser Arzt, einem guten Gesellschafter mit vortrefflichen Ansichten; er hatte den erwähnten Baron besucht, der an Liebesgeschichten krank lag; wir fragten ihn beide um verschiedene Reden und Betätigungen der Damen aus, und meiner Treu er erzählte uns tüchtig davon und machte uns mit einem Dutzend Geschichten bekannt, die alles derartige in den Schatten stellten; wir waren so hinein vertieft, daß es Glock' neun schlug, und er erhob sich aus seinem Stuhl und sagte: »Wahrhaftig, ich bin ein größerer Tor als ihr, die ihr mich hier zwei gute Stunden aufgehalten habt, damit ich mit euch Possen treibe, und inzwischen habe ich sechs oder sieben Kranke vergessen, die ich besuchen muß;« damit sagte er adieu und ging weg; zuvor aber riefen wir ihm noch nach: »Ja, ihr versteht die Geschichten, ihr Herren Ärzte, und besonders Ihr, Herr, der Ihr soeben als Meister geredet habt.« Er neigte den Kopf und antwortete: »Gemach, gemach! Ja, ja, wir verstehen es; denn wir wissen Geheimnisse, die nicht jedermann kennt; aber jetzt, wo ich alt bin, habe ich Venus und ihrem Sohn lebewohl gesagt. Jetzt überlasse ich das euch Jungen.«

Eine andre Art Leute hat noch die Mädchen sehr verdorben, das sind ihre Lehrmeister, die sie in den schönen Wissenschaften unterrichten müssen; und wenn sie schlecht sein wollen, sind sie es: es kann sich jeder denken, was ihnen für Bequemlichkeit gegönnt ist, wenn sie ihre Lektionen erteilen, allein in einer Kammer oder bei ihrem Studium; jeder kann denken, was für Geschichten, Fabeln, Erzählungen sie ihnen gelegentlich beibringen können, um sie in Hitze zu versetzen, und wenn sie sie in derartigen Aufregungen und Begierden sehen, wie sie dann die Gelegenheit beim Schöpfe zu packen wissen.

Ich kannte ein Mädchen aus sehr gutem Hause, und aus einem großen, sag' ich euch, die sich zugrunde richtete und sich zur Hure machte, weil ihr von ihrem Schulmeister die Geschichte oder vielmehr die Fabel des Tiresias erzählt worden war; der, weil er beide Geschlechter erprobt hatte, von Jupiter und Juno wegen eines Streites zwischen beiden darum befragt wurde, wer beim Koitus, beim Liebesakt, den meisten Genuß habe, der Mann oder das Weib. Dieser behauptete gegen Junos Ansicht, es sei das Weib; aus Ärger darüber, abgeurteilt worden zu sein, machte sie dafür den armen Richter blind und nahm ihm das Augenlicht. Man darf sich nicht darüber wundern, daß diese Geschichte das Mädchen in Versuchung brachte; denn oft hatte sie gehört, von ihren Gefährtinnen oder von andern Frauen, daß die Männer so feurig dahinter her seien und so großes Vergnügen daran hätten, in Anbetracht des Urteils des Tiresias mußten aber die Frauen noch viel mehr davon haben können; demzufolge müsse man es erproben, sagen sie. Wahrhaftig, solche Lektionen sollte man den Mädchen nicht geben! Gibt es keine andern? Aber ihre Lehrmeister werden sagen, daß sie alles wissen wollen, und da sie einmal beim Studieren sind, müssen die vorkommenden Stellen und Geschichten, die einer Erklärung bedürfen (oder die sich von selbst erklären) eben erklärt und gesagt werden, ohne daß das Blatt übersprungen und umgewendet wird; und wenn sie es umwenden, werden sie nach dem Grund gefragt, und wenn sie ihnen sagen, es sei eine schmutzige Stelle, werden sie sofort um so begieriger danach, sie kennen zu lernen, und sie bedrängen ihren Lehrer darum so sehr, daß er sie ihnen erklärt; denn es ist eben ihre Natur, das zu verlangen, was ihnen verboten wird oder was man ihnen nicht sagen will. Wieviel Schülerinnen haben sich doch mit der Lektüre dieser Geschichten zugrunde gerichtet, sowie mit der von Biblis, von Caunus und einer Menge ähnlicher, die in den Metamorphosen Ovids stehen, bis zu dem Buch Ars Amandi, das er verfaßt hat; dazu kommen noch eine Menge andrer schlüpfriger Fabeln und geiler Gespräche, die bei uns erschienen sind, französische, lateinische wie griechische, italienische, spanische. Auch sagt der spanische Refrain: De una mula que haze hin, y de una hija que habla latin, libera nos Domine!Befreie uns, Herr Gott, von einem Pferd, das spricht, und von einem Mädchen, das lateinisch redet. Gott weiß, wenn ihre Lehrer schlecht sein wollen und ihren Schülerinnen solche Lektionen erteilen, wie sie sie verderben und hineintunken können, daß die Sittsamste von der Welt sich dabei gehen läßt. Wurde nicht sogar der heilige Augustin von Mitleid und Weh ergriffen, als er das vierte Buch der Aeneis las, das die Liebschaften und den Tod Didos enthält? Ich möchte so viel Hunderte von Talerstücken haben; als es Mädchen gegeben hat, weltliche wie fromme, die sich an der Lektüre des Amadis de Gaule aufregten, befleckten und entjungferten. Es kann sich jeder denken, was die griechischen, lateinischen und andern Bücher anrichten können, wenn ihre Lehrer, diese schlauen verderbten Füchse, diese elenden Taugenichtse, mit ihren geheimen Kammern und Kabinetten inmitten ihrer Faulheit sie ihnen glossieren, kommentieren und interpretieren.

In der Lebensbeschreibung des heiligen Ludwig, in der Geschichte von Paul Emil, lesen wir von einer Margarete, Gräfin von Flandern, Schwester Johannas, der Tochter des ersten Balduin, des griechischen Kaisers, die seine Nachfolgerin wurde, weil jene keine Kinder hatte; von ihr sagt die Geschichte: in ihrer ersten Jugend bekam sie einen Präzeptor, namens Wilhelm, den man für einen Mann von frommem Lebenswandel hielt und der bereits ein paar Priesterweihen empfangen hatte; das hinderte ihn aber gar nicht, seiner Schülerin zwei Kinder zu machen, mit Namen Jehan und Balduin; und zwar so heimlich, daß wenige Leute es erfuhren, nacher wurden sie jedoch vom Papst als legitim anerkannt. Ein hübsches Urteil und ein feiner Pädagoge? Siehe die Geschichte.

Ich kannte eine große Dame am Hofe, die im Rufe stand, daß sie sich von ihrem Vorleser und Lehrmeister unterhalten ließ, dermaßen, daß Chicot, des Königs Spaßmacher, es ihr eines Tages vor seiner Majestät und einer Menge andrer Personen an seinem Hof öffentlich vorwarf, indem er zu ihr sagte, ob sie sich denn nicht schäme, sich von einem so häßlichen und gemeinen Menschen unterhalten zu lassen wie dieser (diesen Ausdruck gebrauchte er), und ob sie nicht so viel Geist hätte, einen Schöneren zu wählen. Die ganze Gesellschaft lachte mächtig, und die Dame weinte, in der Meinung, der König hätte ihr diesen Streich spielen lassen; denn solche Sachen war man von ihm gewöhnt.

Andre sehr große Damen und große Prinzessinnen kannte ich, die sich alle Tage in ihrem Kabinett damit vergnügten, schreiben zu lassen oder, besser gesagt, sie stellten sich so, statt dessen machten sie aber mit ihren Sekretären, die ich kannte, saubre Geschichten, und hatten sie gerade nichts zum Schreiben, so ließen sie sie lesen, um alles besser zu bemänteln, indem sie sagten, es griffe ihre Augen zu sehr an, wenn sie selber lesen würden.

Diese Damen, die sich solcher Art Leute wählen, sind durchaus nicht zu entschuldigen, sondern sehr tadelnswert, weil sie ja ihren freien Willen haben, und alle Freien von ihren Freiheiten und Bequemlichkeiten erfüllt sind und die Wahl treffen können, die ihnen gefällt. Die armen Mädchen jedoch, die von ihren Vätern und Müttern, ihren Verwandten, Vormündern und Herrschaften als Sklavinnen abhängig sind und noch dazu Angst haben, sind gezwungen, zu nehmen, was sich für sie findet, um in Tätigkeit zu treten, und nicht darauf zu achten, ob es warm oder kalt, geröstet oder gebraten ist: daher bedienen sie sich, wie es die Gelegenheit ergibt, am häufigsten ihrer Kammerdiener, ihres Schulmeisters und Lehrers, dieser Preisträger von Blumenspielen, Lautenspieler, Geigenspieler, Tanzmeister, Maler, kurz derer, von denen sie in den Fertigkeiten und Wissenschaften unterrichtet werden, sogar mancher frommer Prediger und Mönche, wie Boccaccio und die Königin von Navarra in ihren Erzählungen berichten; desgleichen tun sie mit den Pagen (solche kannte ich), mit den Lakaien, Komödianten; in bezug auf letztere kannte ich zwei Mädchen am Hofe, die in zwei verliebt waren und manche genossen; auch Dichter, von denen ich ebenso ein paar kenne, die schöne Mädchen, Frauen und Witwen verführt haben; denn dergleichen Personen lieben die Ruhmeshymnen sehr, und dann sind sie auch gefangen; endlich alle, die sie gelegentlich finden und erwischen können. Die Prozeßanwälte sind ebenfalls sehr gefährlich. Und aus diesem Grunde findet derselbe Boccaccio und andre mit ihm, daß die Mädchen in der Liebe beständiger und fester sind als die Frauen und Witwen; denn diese gleichen den Leuten auf einem Boot im Wasser, das untergeht: wer gar nicht schwimmen kann, der erfaßt den ersten Zweig, an den er sich klammern kann und hält ihn hartnäckig fest, bis man ihm zu Hilfe gekommen ist; die andern, die gut schwimmen können, werfen sich ins Wasser und schwimmen tapfer, bis sie das Ufer erreicht haben; ebenso halten die Mädchen, sobald sie erst einen Liebhaber erwischt haben, ihn fest und bewahren ihn, den sie zuerst erwählt, derartig, daß sie ihn nicht von sich abtun wollen; sie lieben ihn treu, weil sie Furcht haben, keine Freiheit und Gelegenheit zu haben, sich einen andern zu erwerben, wie sie schon gerne wollten; statt dessen ergreifen die verheirateten Frauen und Witwen, die die Diebeslisten kennen und erfahren sind und die Freiheit und Gelegenheit haben, ohne Gefahr in allen Wassern zu schwimmen, die Partei, die ihnen beliebt; und wenn sie sich über einen Liebhaber erzürnen oder ihn verlieren, wissen sie alsbald einen neuen zu bekommen, oder sie verschaffen sich gleich deren zwei; denn bei ihnen kommen auf einen verlorenen zwei frische. Außerdem haben die armen Mädchen auch nicht die Mittel, das Vermögen und auch nicht die Taler, sich alle Tage einen neuen Liebhaber kaufen zu können; denn alles, was sie ihren Liebsten geben können, sind höchstens ein paar kleine Haarlöckchen oder kleine Perlen oder Beeren oder Armbänder, kleine Ringe oder Schärpen und andere kleine Geschenke, die kaum etwas kosten; denn wenn sie auch eine noch so reiche Erbin wäre und aus noch so gutem Hause stamme (ich sah deren), so wird sie doch von Vater und Mutter, von Verwandten und Vormündern so kurz gehalten, daß sie für ihre Liebhaber keine Mittel aufbringen und daß sie höchstens mit ihrer einen Büchse freigebig schalten kann; denn in der andern hat sie nichts; schließlich wären sie ja auch nur betreffs dieser Büchse nicht habsüchtig; denn die Freigebigkeit besteht vor allem in den Mitteln und hängt von ihnen ab; statt dessen können die Frauen sehr frei über ihre Mittel verfügen, wenn sie welche haben: und besonders wenn sie nach einem Manne Lust haben, sich in ihn verlieben und von einer tollen Laune nach ihm gepackt werden, würden sie sogar lieber ihr Hemd verkaufen und hergeben, als daß sie ihn nicht schmeckten; nach Art der Lüsternen, der Schleckermäuler: wenn sie nach einem guten Bissen Verlangen haben, müssen sie ihn versuchen, was er ihnen auch auf dem Markte kostet. Die armen Mädchen haben es anders, wie sie es treffen, gut oder schlecht, sie müssen dabei bleiben. Ich könnte noch eine ganze Reihe von Beispielen über ihre Liebschaften und ihre verschiedenen Begierden und merkwürdigen Genüsse anführen; aber ich fände niemals ein Ende, und diese Geschichten wären auch nichts wert, könnte man sie nicht mit Namen und Zunamen bezeichnen, das will ich aber um keinen Preis; denn ich will sie nicht in schlechten Ruf bringen; ich habe auch beteuert, in diesem Buch jeden Skandal zu vermeiden, so daß man mir keine Verleumdung zum Vorwurf machen kann. Und Geschichten erzählen, wenn man die Namen verschweigt, das ist keine Schlechtigkeit, ich lasse ja die Welt die Leute erraten, von denen die Rede ist; sehr häufig werden sie an eine denken, und doch ist es eine andere.

Genau wie es nun Hölzer von verschiedener Natur gibt, von denen die einen in ganz grünem Zustand brennen wie die Esche, die Buche, und andre, die gut trocken, alt und lang vorher geschnitten sind wie die Ulme, die Erle, und andre, die nur brennen, wenn sie so alt geworden sind wie die Welt; viele andre brennen wie alle trocknen und alten Hölzer in ihrer Trockenheit und ihrem Alter so heftig, daß es scheint, als würden sie eher verzehrt und eingeäschert als verbrannt: gerade so ist es mit den Mädchen, den Frauen und den Witwen: die einen brennen, sobald sie in der Blüte ihres Alters stehen, leicht und so gut, daß man meinen könnte, sie brächten schon vom Mutterleib die Buhlerei und Liebesbrunst mit; wie die schöne Lais von der schönen Timandra herstammte, ihrer berüchtigten Hure von Mutter, und hunderttausend andre, die darin ihren tüchtigen Vetteln von Müttern gleichen, ja, sie warten nicht einmal das Alter der Reife ab, das etwa im zwölften oder dreizehnten Jahre eintritt, um sich zu verlieben, sondern tun es viel früher; es ist noch keine zwölf Jahre her, da passierte das zu Paris der Tochter eines Bäckermeisters, die im Alter von neun Jahren schwanger wurde; da sie durch ihre Schwangerschaft sehr krank wurde, hatte der Vater den Urin zum Arzt getragen, der Arzt sagte sofort, sie hätte keine andre Krankheit, als daß sie schwanger wäre. »Wie!« antwortete der Vater, »Herr, meine Tochter ist erst neun Jahre alt.«Alberic de Rosate berichtet bei dem Wort Patrimonium seines Dictionnaire ein ganz ähnliches Beispiel. Barbatias überliefert einen noch stärkeren Fall von einem siebenjährigen Knaben, der seine Amme schwängerte. Wer war baff? Der Arzt. »Das ist ganz gleichgültig,« sagte er, »bestimmt, sie ist schwanger.« Und als er sie näher untersuchte, fand er es bestätigt; und nachdem sie bekannt hatte, mit wem sie zu tun gehabt, wurde ihr Galan vom Gericht mit dem Tode bestraft, weil er mit ihr in einem so zarten Alter Umgang gehabt und sie so jung geschwängert hatte. Es tut mir überaus leid, daß ich dieses Beispiel habe anführen und hier vorbringen müssen, weil es eine Person niedrigen Standes betrifft, während ich doch beschlossen habe, mein Papier nicht an so geringe Leute zu verschwenden, sondern an große und hohe.

Ich bin etwas von meinem Thema abgekommen, da diese Geschichte jedoch selten und ungewöhnlich ist, wird man mich dafür entschuldigen; nicht weil ich von solchem Wunder, das unsern großen Damen von Stand passierte (ich meine: als evident erwiese) nicht berichten könnte, dergleichen habe ich wohl erfahren, und sie haben in diesem Alter, mit neun, mit zehn, mit zwölf und mit dreizehn Jahren, das Männchen sehr bequem ertragen und ausgehalten, war's nun als Buhle oder in der Ehe, wie ich mehrere Beispiele von verschiedenen beibringen könnte, die in derartiger Kindheit entjungfert wurden, ohne daß sie daran gestorben sind, sie fielen auch nicht einmal von dem Schmerz in Ohnmacht, sondern von der Wonne.

Dabei fällt mir die Geschichte eines galanten und tapfern Herrn ein, wie je nur einer war, der gestorben ist; er beklagte sich eines Tages über die Geräumigkeit der Natur der Mädchen und Frauen, mit denen er Umgang hatte. Er sagte, am Ende wäre er gezwungen, sich nach kindlichen Mädchen umzusehen, die sozusagen aus der Wiege kämen, damit er nicht mehr das Gefühl habe, als schwömme er grenzenlos auf offenem Meer wie mit den andern, sondern sich dagegen mit mehr Vergnügen in eine Meerenge hineinschwimmen fühle. Hätte er diese Worte an eine große und ehrbare Dame gerichtet, die ich kannte, sie hätte ihm dieselbe Antwort gegeben wie einem Edelmann von da und da, dem sie, als er sich ähnlich bei ihr beklagte, antwortete: »Ich weiß nicht, wer sich mehr beklagen muß, ihr Männer über unsre Weite und Größe, oder wir Frauen über eure Kleinheit und Winzigkeit oder vielmehr eure kleinen Pimpeleien; denn wir können uns ebensogut über euch beklagen wie ihr über uns. Wenn ihr eure Maßstäbe unsern Kalibern entsprechend hättet, brauchten wir einander nichts vorzuwerfen.«

Dazu hatte sie wirklich am Arm eines Edelmanns Grund; daher sagte auch eines Tages am Hofe eine große Dame, als sie jenen großen Bronze-Herkules am Springbrunnen von Fontainebleau betrachtete und ansah, zu dem Begleiter: so vorzüglich dieser Herkules auch gemacht und hergestellt sei, er wäre dennoch nicht so gut proportioniert an allen seinen Gliedern, wie er müßte; denn das in der Mitte sei zu klein und zu ungleichmäßig und stünde nicht in Verhältnis zu seinem großen Koloß von Körper. Der Edelmann antwortete ihr, damit habe sie vollkommen recht, aber damals waren, wie man glauben müsse, die Frauen auch nicht so groß und weit gebaut wie heutzutage.

Eine sehr vornehme Dame und Prinzessin hatte erfahren, daß man ihren Namen einer dicken und großen Feldkanone beigelegt habe, und sie fragte warum. Da bekam sie die Antwort: »Aus dem Grunde, Madame, weil sie ein größeres und weiteres Kaliber hat als die andern.«Es ist dies charakteristischerweise die einzige indezente Anekdote, die Brantôme im Kapitel: Katharina von Medici seiner Berühmten Damen erzählt. Die Geschichte knüpft sich auch hier an Katharina von Medici.

Indessen haben sie genug Mittel dagegen gefunden und finden noch alle Tage genug, um ihre Tore enger, geklemmter und schwieriger zugänglich zu machen; manche machen Gebrauch davon, andre nicht; indessen sind jedoch die Öffnungen von verschiedenen, wenn der Weg durch beständigen Beischlaf und Umgang oder durch Geburten (hindurchgerutschte Kinder) tüchtig geschlagen und oft gebahnt ist, stets um so größer und breiter. Ich habe mich hier wieder etwas verloren und bin vom Wege abgekommen; da es aber die Gelegenheit mit sich brachte, schadet es nicht, und ich kehre zu meinem Thema zurück.

Manche Mädchen lassen jene hohe Zartheit und Blüte ihrer Jahre vorübergehn und warten die größere Reife und Trockenheit ab, sei es, daß sie bei Anbeginn in ihrer Natur sehr kalt sind, solche finden sich nämlich; sei es, daß sie kurz gehalten werden, was bei manchen sehr nötig ist; denn wie der spanische Refrain besagt: viñas e niñas son muy malas a guardar; »Reben und Mädchen sind schwer zu behüten;« es soll wenigstens keiner, der durchreist oder sich kurz aufhält, davon schmecken und besonders, wenn sie zu spüren anfangen, wie sich die Spitze erhebt gleich dem ...; manche sind auch unbeweglich, und alle Winde und Stürme eines Winters könnten sie nicht erregen und erschüttern. Andre sind so dumm, so einfältig, so plump und so unwissend, daß sie nicht einmal das Wort Liebe aussprechen hören wollen; so hörte ich von einer Frau, die durchaus die Ernste und Sittenstrenge spielte, daß sie sofort in Ohnmacht fiel, wenn sie nur von einer Hure reden hörte; als man dies einem großen Herrn in Gegenwart seiner Frau erzählte, sagte er: »Diese Dame soll nur nicht zu uns hereinkommen; denn wenn sie schon in Ohnmacht fällt, wenn sie von Huren reden hört, muß sie ja augenblicklich sterben, wenn sie eine sieht.«

Es gibt trotzdem auch Mädchen, die, sobald sie ihr Herz zu spüren anfangen, so zahm werden, daß sie aus der Hand fressen. Andere sind so fromm und gewissenhaft und haben eine solche Furcht vor den Geboten Gottes unseres Herrn, daß sie das Gebot der Liebe weitab von sich weisen. Indessen sah ich aber eine Menge jener Frömmlerinnen und muckerischen Rosenkranzschwestern und städtischen Kirchenläuferinnen, die unter dieser Scheinheiligkeit ihr Feuer brüten ließen und verdeckten, damit es unter solchen Vorspiegelungen von der Welt nicht bemerkt und sie für sehr spröde gehalten werden sollten, ja für halbe Heilige wie eine heilige Katharina von Siena, aber sehr häufig haben sie die Welt und die Menschen getäuscht; so hörte ich auch von einer großen Prinzessin, ja Königin, erzählen, die nun tot ist: wenn sie mit einem eine Liebschaft anbändeln wollte (denn sie war solchen sehr unterworfen), begann sie ihre Gespräche stets mit der Liebe zu Gott, die wir ihm schuldig sind, und plötzlich ließ sie sie auf die weltliche Liebe und auf die Absicht geraten, die sie ihrem Partner gegenüber hegte, in deren Folge sie nachher zum Stein der Weisen oder wenigstens zur Quintessenz kam. So werden wir von den Frömmlerinnen oder mehr noch von den Bigotten getäuscht; ich meine jene Frauen, denen es an Klugheit mangelt und die das Leben der andern nicht kennen.

Ich hörte eine Geschichte, von der ich nicht weiß, ob sie wahr ist: Als in einem dieser Jahre in einer gewissen Stadt eine Prozession stattfand, beteiligte sich auch eine Frau mit, mochte sie nun vornehm oder gering sein, mit nackten Füßen und in großer Zerknirschung, die für mehr wie zehne jammerte, und zwar war es während der Fastenzeit. Nach deren Schluß ging sie mit ihrem Liebhaber ein Lammviertel und einen Schinken verspeisen: es roch bis auf die Straße: man stieg hinauf und fand sie bei diesem herrlichen Schmause. Sie wurde gefangen genommen und dazu verurteilt, mit ihrem Lammviertel am Spieß über der Schulter und dem Schinkenknochen am Hals durch die Stadt zu spazieren. Damit war sie doch auf eine gute Art bestraft?

Andre Damen wieder sind stolz, hochmütig, sie verachten sozusagen Himmel und Erde, die Männer und ihre Liebeswerbungen lassen sie hart an und jagen sie weit von sich weg; aber solchen gegenüber bedarf es nur der Geduld und Beharrlichkeit; denn mit all dem und mit der Zeit bekommt man sie schon und demütigt sie, wie es denn ein ganz eigner Ruhm und Stolz ist, sie, die vorher so hochmütig gewesen, jetzt von ihrem Sockel heruntersteigen zu sehen. Und von diesen Hochfahrenden und Stolzen sah ich sogar recht häufig manche, die sich fügten und liebten, nachdem sie die Liebe und ihre Fürsprecher sehr verachtet hatten, ja sie heirateten dann sogar Leute ganz niedrigen Standes, die ihnen durchaus nicht irgendwie ebenbürtig waren. So spottet ihrer Amor, straft sie für ihren Übermut und greift gerade sie am liebsten an; denn der Sieg ist um so glorreicher, da er über Dünkel und Übermut gewonnen wird.

Mir war früher am Hofe ein Mädchen bekannt, das war so stolz und spröde, daß sie, gesellte sich ein kluger und galanter Mann zu ihr und versuchte ihre Liebe, ihm so hochmütig und mit solcher Verachtung vor der Liebe mit so widerspenstigen und anmaßlichen Worten antwortete (denn sie redete brillant), daß er das Wiederkommen vergaß: und wer durch Zufall mit ihr zusammenkam, wie schickte sie den heim und schnauzte ihn an, mit Worten, Gebärden und geringschätzigen Mienen; denn sie war sehr gerieben. Endlich wurde sie bestraft; die Liebe packte sie, und sie gab sich einem Manne so hin, daß er sie, etwa zwanzig Tage vor ihrer Hochzeit, schwängerte; und dennoch konnte jener gar nicht mit andern ehrbaren Edelleuten verglichen werden, die ihr gehuldigt hatten. In dem Falle muß man mit Horaz sagen: sic placet Veneri; »so gefällt es der Venus;« und das sind ihre Wunder.

Am Hofe kam mir einmal die Laune an, einem schönen und ehrbaren Mädchen zu huldigen, die geschickt war wie nur eine, aus sehr gutem Hause stammte, aber stolz und sehr anmaßend war; gerade aber deshalb war ich vollständig in sie verliebt. Ich nahm mir vor, sie ebenso arrogant zu bedienen und anzureden, wie sie zu mir redete und antwortete: denn »à brave, brave et demy.« Sie fühlte sich deswegen in keiner Weise beeinträchtigt; denn indem ich sie derartig behandelte, lobte ich sie aufs höchste, da ja nichts das Herz einer Dame mehr erweichen kann, als wenn man ihre Schönheiten und ihre Vollkommenheiten ebenso wie ihren Stolz rühmt; ja, ich sagte ihr sogar, er stände ihr sehr gut in Anbetracht dessen, daß sie nichts Gewöhnliches an sich hätte, und ein Mädchen oder eine Dame, die sich zu ordinär und gemein mache, die nicht auf eine stolze Haltung und auf einen hochmütigen Ruf sehe, wäre nicht sehr würdig, umworben zu werden; und daher ehrte ich sie um so mehr und wollte sie niemals anders nennen als meine Gloire. Das gefiel ihr so sehr, daß sie mich gleichfalls ihren ArrogantDenkt hier Brantôme an alte Minnesängerweisen? Sie mögen ganz gut bis 1590 fortgeklungen haben, und er war ja auch mit den jeux floraux der Provence sehr gut vertraut. Im Minnesang waren solche neutrale Decknamen allgemein im Gebrauch. nennen wollte.

Indem ich immer so fortfuhr, diente ich ihr lange; und ich kann mich auch rühmen, daß ich ihre Gunst ebenso oder noch mehr als irgendein großer Herr am Hofe genoß, der ihrer begehrte; aber ein bedeutender Günstling des Königs, gewiß ein tapferer und mutiger Edelmann, raubte sie mir, nahm mir sie mit der Gunst seines Königs weg und heiratete sie. Indessen bestand eine Art Verhältnis stets zwischen uns, solange sie lebte, und ich habe sie immer sehr geehrt. Ich weiß nicht, ob man mich schelten wird, daß ich das erzähle; denn man sagt gewöhnlich, von sich zu erzählen, das sei nicht hübsch; diesmal bin ich aber eben darauf verfallen, auch habe ich in diesem Buch allerlei verschiedene Geschichten von mir selbst erzählt, ohne daß ich dabei meinen Namen nannte.

Noch andre Mädchen gibt es, die haben ein so fröhliches Gemüt, sind so schäkerhaft, ausgelassen und erheitert und haben gar nichts weiter im Kopf als zu lachen, ihre Zeit zu verscherzen und zu verschäkern, daß sie sich nicht damit aufhalten, von etwas anderm zu hören oder an etwas andres zu denken außer an ihre kleinen Belustigungen. Ich habe mehrere gekannt, die lieber eine Geige hörten oder tanzten oder sprangen oder liefen, als daß sie Liebesworte anhörten; bei manchen war's die Jagd, so daß sie sich eher Dienerinnen der Diana als der Venus nennen konnten. Ich kannte einen tapfern und mutigen Herrn, der aber gestorben ist, der verlor sich so sehr in der Liebe zu einem Mädchen und später großen Dame, daß es ihn zur Verzweiflung brachte; »denn,« sagte er, »wenn ich ihr meine Leidenschaft erklären will, redet sie mir nur von ihren Hunden und von ihrer Jagd; da möchte ich wohl in einen schönen Hund oder Windhund verwandelt werden, in deren Körper meine Seele nach Pythagoras überginge, dann könnte sie bei meiner Liebe verweilen, und ich könnte von meinem Schmerz genesen.« Später ließ er sie jedoch; denn er war weder ein guter Diener noch ein Jäger und konnte ihr auch nicht überallhin folgen oder sie begleiten, wohin ihre muntern Launen, ihre Freuden und Tollheiten sie führten.

Ich muß noch etwas bemerken: Wenn nämlich solche Mädchen ihren Hähnchenstand verabschiedet und ihr Röcklein abgeworfen haben, wollen sie nach dem kleinen Spiel das große versuchen, so langsam es auch geht; diese Mädchenjahre gleichen denen der jungen kleinen Wölfe, die in ihrem Milchhaar alle hübsch, artig und lustig sind; werden sie aber alt, verwandeln sie sich in Bosheit und Untat. Die Mädchen, von denen ich soeben redete, machen es gerade so, wenn sie ordentlich getändelt und ihre Launen in ihren Vergnügungen und Jugendstreichen befriedigt haben, auf Jagden, Bällen, Volten, Coranten, Tänzen, dann wollen sie sich meiner Treu an den großen Tanz und an die süße Carolle der Liebesgöttin machen. Kurz, um nun endgültig Schluß zu machen, es gibt wohl schwerlich Mädchen, Frauen oder Witwen, die nicht früher oder später alle brennen, sei es in oder außerhalb ihrer Zeiten, gleichwie alle Hölzer brennen, mit Ausnahme des Lärchenholzes, von dessen Art die Frauen gar nichts haben. Diese Lärche ist nämlich ein Holz, das niemals brennt und kein Feuer, keine Flamme, keine Kohle gibt, wie es Julius Cäsar einst erfuhr. Bei seiner Rückkehr aus Gallien hatte er den Einwohnern von Piemont befohlen, ihm Lebensmittel zu liefern und an seiner großen Etappenstraße Magazine zu errichten. Sie gehorchten ihm auch mit Ausnahme eines Kastells mit Namen Larignum, wohin sich ein paar elende Taugenichtse zurückgezogen hatten, die sich widerspenstig und rebellisch zeigten, so daß Cäsar umkehren und sich an ihre Belagerung machen mußte. Bei seiner Ankunft vor der Festung sah er, daß sie nur aus Holz erbaut war, worüber er sich sofort lustig machte, indem er sagte, er werde sie gleich haben. Sofort befahl er, eine Menge Reisigbündel und Stroh herbeizuschaffen, um sie in Brand zu stecken, das loderte in einer so großen Flamme, daß man bald die Trümmer und die Zerstörung zu sehen hoffte; sobald sich aber das Feuer verzehrt hatte und die Flamme erloschen war, waren alle sehr erstaunt; denn sie sahen die Feste im nämlichen Zustand wie vorher und ganz und durchaus nicht verbrannt oder zerstört; nun mußte sich Cäsar mit einem andern Mittel helfen, er mußte die Feste sappieren, was zur Folge hatte, daß die Insassen unterhandelten und sich ergaben; Cäsar erfuhr von ihnen die Eigenschaft dieses Lärchenholzes, wonach das Kastell Larignum hieß, weil es damit gebaut und befestigt war.

Manche Väter, Mütter, Verwandte und Gatten wünschten gewiß, ihre Töchter und Frauen hätten von der Natur dieses Holzes etwas, sie möchten sehr brennen, ohne daß sie versehrt würden. Sie wären in ihrem Sinn zufriedener und bekämen nicht so oft den Floh ins Ohr gesetzt, und es gäbe auch nicht so viel offenkundige Huren und entdeckte Hahnreie. Das ist aber weder so noch so notwendig; denn es würde die Welt entvölkern, und man lebte gleich Marmorsteinen, ohne jede Lust oder Befriedigung, so sagten welche, und anstatt höchst vollkommen zu sein, wäre die Natur unvollkommen; wenn wir ihr also wie einem guten Feldherrn folgen, werden wir niemals im rechten Wege irren.

Über die Liebe der Witwen

Nun wäre genug von den Mädchen geredet, und es ist in der Ordnung, daß wir nunmehr von den gnädigsten Witwen reden.

Die Liebe der Witwen ist gut, bequem und profitabel, weil sie ihre volle Freiheit haben und keine Sklaven von Vätern, Müttern, Brüdern, Verwandten und Gatten sind und auch, was noch mehr besagt, keiner Justiz unterliegen; und man hat gut mit einer Witwe liebeln und bei ihr schlafen, man wird nicht dafür bestraft, wie man's bei Mädchen und Frauen wird; die Römer, die uns die meisten unserer Gesetze gegeben haben, haben sie sogar niemals wegen dieser Tat bestrafen lassen, weder an ihrem Leibe noch an ihrem Vermögen, das habe ich von einem großen Rechtsgelehrten, der mir dafür Papinian anführte, jenen gleichfalls großen Rechtsgelehrten, der bei der Behandlung der Ehebrüche sagte: Wenn man zuweilen unter dem Namen Ehebruch versehentlich die Schande eines Mädchens oder einer verwitweten Frau begreife, so wäre das widerrechtlich geredet; und an einer andern Stelle sagte er: Der Erbe kann die Sitten der Witwe des Verstorbenen durchaus nicht tadeln, sie gehen ihn nichts an, wenn nicht der Gatte bei seinen Lebzeiten deswegen seine Frau vor Gericht hat rufen lassen; denn dann konnte sich der Erbe für die Verfolgung bezahlt machen, nicht anders. In der Tat findet man in dem ganzen römischen Recht keine Strafe, die gegen die Witwe verordnet wäre, außer wenn sie sich in ihrem Trauerjahr wieder verheiratet, oder die, ohne sich wieder zu verheiraten, nach dem elften Monat ein und desselben Jahres ein Kind gebärt, indem man meint, das erste Jahr ihrer Witwenschaft müsse der Ehre ihres ersten Bettes geweiht bleiben. Das war auch ein Gesetz Heliogabals, die Witwe solle sich nicht in dem Jahr nach dem Tod des Gatten wieder verheiraten, damit sie Muße habe, ihn das ganze Jahr zu beweinen und sorgfältig über die Wahl eines neuen nachzudenken. Was für ein Gedanke! Das nenne ich einen ordentlichen Rechtsgrund. Was ihr Wittum anlangt, könnte der Erbe es ihr nicht streitig machen, und hätte sie mit ihrem Leibe alle Torheiten von der Welt getrieben; und von dem ich das habe, der führte mir einen schönen Grund dafür an; denn wenn der Erbe, der keinen Gedanken hat als das Vermögen, der Rache Tür und Tor öffnet, um die Witwe dieses Verbrechens anzuklagen und sie ihrer Mitgift zu berauben, würde er dafür der Verleumdung geziehen werden; und es gäbe keine Witwe, die zugleich eine vermögliche Frau ist, die sich vor den verleumderischen Verfolgungen jener galanten Erben retten könnte.

Nach diesen Berichten hatten, wie ich sehe, die römischen Damen gute Zeit und gute Veranlassung, froh zu sein; und es darf einen nicht wundern, wenn eine zur Zeit Marc Aurels, wie in seiner Lebensbeschreibung steht, im Leichenzug ihres Gatten unter ihren größten Schreien, Schluchzern, Seufzern, Tränen und Jammern dem Mann, der sie führte und geleitete, die Hand so heftig drückte, zum Zeichen, daß sie ihn liebe und ihn nach Ablauf des Jahres heiraten wolle, das konnte sie aber nur mit Dispens (ebenso wie Pompejus dispensiert wurde, als er Cäsars Tochter heiratete; es bekamen ihn aber höchstens die Vornehmsten); indessen genoß er immer gute Bissen von ihr und nahm eine Menge Brote aus ihrem Backofen, wie man sagt. Diese Dame wollte nichts verlieren, sondern sah sich zur rechten Zeit vor; daher verlor sie weder von ihrem Vermögen etwas noch von ihrem Wittum. Wie man sieht, ging es den römischen Witwen recht glücklich wie auch heute noch unsren französischen, die nichts von ihren Rechten verlieren, wenn sie ihrem Herzen und ihrem hübschen Leib Freude spenden wollen, obwohl die Gerichtshöfe verschiedene Streitfälle dieser Art verhandelt haben; so kenne ich einen großen und reichen Herrn von Frankreich, der seine Schwägerin lange Zeit wegen ihrer Mitgift verklagen ließ, indem er ihr ein etwas schlüpfriges Leben vorwarf und noch ein anderes schwereres Vergehen damit vermengte. Trotzdem aber gewann sie ihren Prozeß; und der Schwager mußte sie ausgezeichnet ausstatten und ihr geben, was ihr gebührte: nur die Fürsorge für ihren Sohn und ihre Tochter wurden ihr abgenommen, weil sie sich wieder verheiratete; darauf nehmen die Richter und hohen Senatoren der Gerichtshöfe Rücksicht, sie erlauben den Witwen, die in eine zweite Ehe treten, die Vormundschaft über ihre Kinder nicht; wenn mir auch vor nicht langer Zeit Witwen aus ziemlich gutem Stande bekannt wurden, die die Vormundschaft über ihre minderjährigen Töchter bei ihrer Wiederverheiratung von ihren Schwagern und andern Verwandten vorwegbekamen; dabei kam ihnen aber freilich auch die Gunst des Prinzen, der sie unterhielt, bedeutend zustatten. Es gibt eben kein Gesetz, das ein schöner Schoß nicht umstürzte. Von diesen Gegenständen will ich aber nun aufhören; denn das ist nicht mein Beruf; in der Meinung, etwas Gutes zu sagen, sage ich vielleicht nichts, was einen Wert hat: das überlasse ich unsern großen Gesetzgebern.

Von unsern Witwen nun freut es manche, wieder in die Ehe zu treten und sich wieder danach auf die Lauer zu legen wie die Seeleute, die, aus zwei, drei und vier Schiffbrüchen gerettet, immer wieder aufs Meer gehen, und wie es auch die verheirateten Frauen machen; in ihren Kindsnöten schwören und beteuern sie, es niemals wieder zu tun, niemals solle ein Mann ihnen wieder etwas sein; sie sind aber kaum bereinigt, als man sie gleich wieder der ersten Erschütterung unterliegen sieht. So ließ sich eine spanische Dame in Kindesnöten eine Kerze aus der Liebfrauenkirche von Montferrat anzünden, die infolge der Kraft dieser Unsrer Lieben Frau beim Gebären eine große Hilfe sein soll. Trotzdem mußte sie große Schmerzen erdulden, und sie schwur, es niemals wieder zu tun. Sie war aber kaum entbunden, als sie schon zu der Frau, die ihr die Kerze hielt, sagte: Serra esto cabillo de candela para otra vez; »Hebt den Kerzenrest für ein andermal auf.«

Andere Damen wollen sich nicht wieder verheiraten; und unter denen, die es nicht wollen, gibt es und hat es manche gegeben, die in ihrem schönsten Alter in den Witwenstand tretend sich dabei verhalten haben. Wir sahen die Königin-Mutter im Alter von 37 und 38 Jahren Witwe werden, und sie ist stets Witwe geblieben; obwohl sie schön, höchst angenehm und sehr liebenswürdig war, dachte sie nicht einmal an einen einzigen, um ihn zu heiraten. Man wird mir jedoch ebenso sagen können: Wen hätte sie aber auch heiraten sollen, der ihrer Größe angemessen und jenem großen König Heinrich, ihrem gestorbenen Herrn und Gemahl, ebenbürtig war, und dabei hätte sie auch die Regierung des Reiches verloren, die mehr wert war als hundert Gatten, und mit der man sich weit besser und lustiger unterhalten konnte? Trotzdem aber kann die Liebe alles andere vergessen machen; und darum muß sie gepriesen und im Tempel des Ruhmes und der Unsterblichkeit zur Erinnerung aufgestellt werden, daß sie sich überwand und beherrschte und es nicht machte wie eine verwitwete Königin,In Frankreich trauerten verwitwete Königinnen in weißen Kleidern und in weißem Haar. Doch scheint Brantôme hier von der Herzogin-Witwe von Orleans zu sprechen, die tatsächlich einen ihrer Kammerherren heiratete. die sich nicht enthalten konnte und ihren Haushofmeister heiratete, der sich Herr von Rabaudange nannte. Der König, ihr Sohn, fand es zu Anfang sehr befremdend und bitter; trotzdem aber entschuldigte er, weil sie seine Mutter war, den erwähnten RabaudangeEin Rabaudange kommt auch einmal bei Guicciardini vor. Aber auch dessen »Gemahlin« war niemals Königin. Es steht also nicht fest, wen Brantôme meinte. und verzieh ihm, daß er sie geheiratet hatte, er solle sie nur am Tage vor der Welt immer als Haushofmeister bedienen, damit er seiner Mutter ihre Würde und Hoheit nicht verletze, in der Nacht könne sie mit ihm machen, was sie wollte und sich von ihm bedienen lassen, entweder als Kammerdiener oder als Herrn, das stelle er ihrer Verschwiegenheit und ihren beiderseitigen Wünschen anheim; aber man stelle sich nur vor, daß er herrschte: denn eine Dame mag noch so groß sein, wenn sie dahin kommt, wird sie immer von dem Oberen unterjocht, nach dem Recht der Natur und nach Volksrecht. Ich habe diese Geschichte von dem jüngst verstorbenen großen Kardinal von Lothringen, der sie in Poissy König Franz II. erzählte, als er die achtzehn Ritter des St. Michael-Ordens ernannte, eine sehr große, bis dahin noch nicht gesehene und noch nie erhörte Zahl; unter andern befand sich der Herr von Rabaudange darunter, sehr alt, den man lange nicht am Hof gesehen hatte, außer auf einigen unserer Kriegszüge, da er sich seit dem Tod des Herrn von Lautrec mit Trauer und Verdruß etwas zurückgezogen hatte, wie man häufig erlebt, wenn einer seinen guten Herrn verloren hat; auf der Reise ins Königreich Neapel, wo er starb, war er Kapitän seiner Leibwache; der Herr Kardinal sagte dazu, er meine, der Herr von Rabaudange stamme aus jener Ehe ab. Vor einiger Zeit heiratete eine französische Dame ihren Pagen sogleich, nachdem sie ihn seiner Pagenschaft enthoben hatte, und sie hatte sich in ihrem Witwenstand genug zusammengenommen.


Lassen wir nun diese Art Witwen und reden wir von stolzeren und weiseren.Die folgenden Abschnitte über hochgeborne Witwen, besonders Prinzessinnen aus dem Haus Österreich wurden von verschiedenen Editoren in die Berühmten Damen transponiert, immerhin eine Willkür gegen Brantôme selbst.

Wir hatten unsre französische Königin Donna Isabella von Österreich, die mit dem hochseligen König Karl IX. verheiratet war, von der wir durchaus sagen können, daß es eine der besten, der sanftesten, sittsamsten und tugendhaftesten Königinnen war, die seit der Regierung aller Könige und Königinnen, die je geherrscht haben, auf dem Thron von Frankreich saß; ich darf es sagen, und ein jeder kann es mit mir, der sie gesehen oder von ihr gehört hat, und mit höchster Wahrheit, ohne die andern zu verkleinern. Sie war eine sehr schöne Fürstin, die Farbe ihres Antlitzes war ebenso zart und köstlich wie nur die einer Dame an ihrem Hofe und sehr angenehm. Auch ihr Wuchs war sehr schön, wenn auch ziemlich mittleren Grades. Sie war sehr sittsam, sehr tugendhaft und sehr gütig, und niemals fügte sie einer Person, wer es auch immer sein mochte, Leid oder Verdruß zu oder kränkte sie mit dem geringsten Wort der Welt: sie war auch sehr in sich gekehrt dabei und redete nur sehr wenig und stets ihr Spanisch.

Sie war sehr fromm, aber durchaus nicht bigott, doch zeigte sie ihre Frömmigkeit nicht allzusehr durch äußere Akte und Schaustellungen, auch nicht durch zu übertriebene, wie ich sie von verschiedenen Betschwestern sah; in ihren regelmäßigen Gebetstunden versäumte sie nie, Gott zu bitten, und erfüllte sie sehr gut, ohne außerordentliche Stunden dafür anzusetzen. Freilich habe ich auch von mancher ihrer Damen erzählen hören, daß sie, wenn sie im Bett allein und versteckt lag und ihre Vorhänge ordentlich heruntergezogen waren, im Hemd auf den Knien lag und eine Stunde oder noch mehr zu Gott betete, indem sie sich auf die Brust schlug und sich in höchster Zerknirschung kasteite. Man hatte es gewöhnlich nicht bemerkt, erst als König Karl, ihr Gemahl, gestorben war; denn als sie sich niedergelegt hatte und alle ihre Frauen sich zurückgezogen hatten, befand sich unter jenen, die in ihrer Kammer schliefen, eine, die sie seufzen hörte, diese sah nun durch den Vorhang und sah sie in diesem Zustand, wie sie auf diese Art und Weise zu Gott betete und ihn anflehte; das trieb sie nun jeden Abend so; da entschloß sich diese Kammerfrau, die ziemlich vertraut mit ihr war, ihr eines Tages darüber Vorhalte zu machen, daß sie ihre Gesundheit schädige. Die Königin erzürnte sich sehr darüber, daß sie es entdeckt hatte und beobachtete; sie wollte es ableugnen und gebot ihr, kein Wort davon laut werden zu lassen; daher nahm sie auch für diesen Abend davon Abstand: aber in der Nacht holte sie es wieder nach, im Glauben, ihre Kammerfrauen beobachteten sie nicht; sie sahen sie jedoch und bemerkten sie an dem Schatten vom Lichte ihres Wachsstockmörsers, den sie in ihrem Alkoven angezündet hatte, um manchmal in ihren Gebetbüchern zu lesen und Gott zu bitten, anstatt wie die andern Prinzessinnen und Königinnen es auf ihrem Schrank liegen zu haben. Diese Art und Weise zu bitten hat aber nichts mit jenen Scheinheiligen gemein, die in dem Wunsch, vor der Welt einen Eindruck zu machen, ihre Gebete und Frömmigkeiten öffentlich abmachen und dabei murmeln, damit man sie für frömmer und heiliger halte.

So betete unsere Königin für die Seele ihres königlichen Gemahls, den sie aufs tiefste beklagte, und sie gab ihre Klagen und Bekümmernisse kund, nicht wie eine Verzweifelte oder Besessene, die laut schreit, sich das Gesicht zerreißt, die Haare ausrauft, sie heuchelte auch nicht die Frau, die man rühmt, weil sie weint, sondern sie klagte so sanft, sie vergoß ihre schönen und köstlichen Tränen unter Seufzern so zart und so mild und so still, daß man der Meinung über sie wurde, sie lege sich in ihren Schmerzen Zwang an, weil sie bei der Welt nicht den Glauben erwecken wolle, sie wolle einen guten Eindruck machen (wie mir von verschiedenen Damen vorkam), aber sie ließ trotzdem große Qualen in ihrer Seele durchfühlen. Ein aufgestämmter Gießbach ist auch heftiger als einer, der eben fortläuft. Dabei erinnere ich mich, daß sie während der Krankheit des Königs, ihres Herrn und Gemahls, als er in seinem Bett lag und sie ihn besuchen kam, sich sofort neben ihn setzte, nicht nahe auf sein Kissen, wie es der Brauch ist, sondern etwas auf die Seite und in seiner Blickrichtung, wo sie verweilte, ohne kaum mit ihm zu reden, wie der Brauch, ohne daß freilich auch er zu ihr redete; solange sie blieb, heftete sie ihre Augen so fest auf ihn, ohne sie irgendwie von ihm abzuwenden, daß man meinte, von der Liebe, die sie ihm entgegenbrachte, glühe sie in ihrer Seele; dann sah man sie so zart und so verstohlen Tränen vergießen, daß es einem, der es nicht bemerkte, nicht auffiel; sie wischte ihre nassen Augen, indem sie sich den Anschein gab, als schneuze sie sich, und sie erweckte höchstes Mitleiden bei einem jeden (denn ich sah sie), daß ihr die Qual so anzusehn war, weder ihren Schmerz noch ihre Liebe zu zeigen, die denn der König auch nicht wahrnahm. Das war die Erfüllung ihrer Pflicht, die sie bei der Krankheit des Königs übte; dann stand sie auf und ging weg, um Gott für seine Gesundheit zu bitten; denn sie liebte und ehrte ihn aufs höchste, wenn sie auch wußte, daß er eine verliebte Natur und Mätressen hatte, sei es der Ehre oder des Vergnügens halber: deswegen aber bereitete sie ihm niemals einen übleren Empfang oder sagte ihm ein schlimmeres Wort, geduldig ertrug sie seine kleine Eifersucht und den Raub, den er an ihr beging. Sie paßte ausgezeichnet zu ihm und war seiner sehr würdig; denn in ihnen kamen Wasser und Feuer zusammen, weil der König rasch, beweglich und hitzig war, während sie kalt und sehr gemäßigt war.

Man hat mir von guter Seite erzählt: Nach ihrer Verwitwung meinten ein paar ihrer vertrautesten Damen sie trösten zu müssen, und eine darunter (wie man weiß, gibt es unter einer so großen Schar immer eine ungeschickte) meinte ihr etwas recht Gutes anzutun und sagte zu ihr: »Wenn der König Euch wenigstens statt einer Tochter, Madame, einen Sohn hinterlassen hätte, Ihr wäret jetzt Königin-Mutter, und um so mehr wäre Eure Hoheit gestiegen und befestigter.« – »Ach!« antwortete sie, »verschont mich mit dieser üblen Rede. Als ob Frankreich nicht schon genug Unglück hätte, ohne daß ich ihm einen erzeugte, der seinen Ruin ganz vollendet hätte; denn wenn ich einen Sohn gehabt hätte, hätte es über die Verwaltung und Vormundschaft während seiner Kindheit und Minderjährigkeit mehr Zwistigkeiten, Unruhen und Aufstände gegeben, daß mehr Krieg daraus entstanden wäre denn je, und ein jeder möchte seinen Profit machen und gewinnen, indem er dieses arme Kind auszieht, wie man den hochseligen König, meinen Gemahl, in seiner Jugend ausziehen wollte, wäre nicht die Königin, seine Mutter, und die guten Diener gewesen, die sich dem entgegensetzten. Hätte ich einen Sohn gehabt, so wäre ich Unglückliche daran schuld gewesen, weil ich ihn empfangen, und ich hätte tausend Verfluchungen des Volkes auf mich geladen, dessen Stimme Gottes Stimme ist. Daher preise ich meinen Gott und nehme willig die Frucht, die er mir gab, gereiche sie mir nun zum Unheil oder zum Glück.«

So gütig meinte es diese gute Fürstin mit dem Land, in das sie gesetzt war. Ich hörte erzählen, daß sie beim Blutbad der Sankt Bartholomäus-Nacht, ohne von etwas Kunde zu bekommen oder nur das geringste Gerücht von der Welt zu vernehmen, sich in ihrer gewohnten Art schlafen legte; und als sie erst am Morgen erwachte, erzählte man ihr beim Aufwachen das große Drama, das sich abspielte. »Ach,« sagte sie sofort, »der König, mein Gemahl, weiß er es denn?« – »Ja, Madame,« antwortete man, »er selbst läßt es vollziehen.« – »O mein Gott!« schrie sie auf, »was ist das? Und was für Räte sind es, die ihm diese Meinung beigebracht haben? Mein Gott! Ich flehe dich an und bitte dich, vergib ihm; denn wenn du kein Erbarmen hast, habe ich große Angst, diese Sünde kann nicht verziehen werden.« Und sogleich verlangte sie ihr Gebetbuch und begann mit Tränen im Auge zu Gott zu bitten und zu flehen.

Man erwäge, ich bitte, die Güte und die Sittsamkeit dieser jungen Königin, daß sie eine solche Tat durchaus nicht billigte und auch das Spiel nicht, das dabei getrieben wurde, obgleich sie starken Grund hatte, die vollständige Austilgung sowohl des Herrn Admiral wie all jener seines Bekenntnisses zu wünschen, weil sie ganz und gar im Gegensatz zu ihrem Bekenntnis standen, das sie mehr als alle Dinge dieser Welt schätzte und anbetete; und auf der anderen Seite sah sie, wie sehr jene den Staat ihres königlichen Herrn und Gemahls beunruhigten, und wie auch ihr kaiserlicher Vater zu ihr gesagt hatte, als sie von ihm ging, um sich nach Frankreich zu begeben: »Meine Tochter,« sagte er zu ihr, »du wirst Königin in dem schönsten, mächtigsten und größten Königreich, das es auf der Welt gibt, und ich schätze dich sehr glücklich deshalb; aber noch glücklicher würdest du sein, wenn du es in seinem ganzen Bestande finden würdest und so blühend, wie es einst war; aber du wirst es sehr zerrissen, auseinandergefallen, geteilt und geschwächt sehen; denn wenn dein königlicher Gemahl einen guten Teil davon innehat, halten die Prinzen und die hohen reformierten Herren ihrerseits den andern fest.« Und wie er ihr sagte, so fand sie es.

Als sie nun Witwe geworden war, meinten verschiedene der scharfsichtigsten Personen am Hofe, die ich kenne, Männer wie Frauen, daß sie der König bei seiner Rückkehr aus Polen heiraten würde, obwohl sie seine Schwägerin war, aber mit dem Dispens des Papstes hätte er es gekonnt; denn dieser vermag in solchen Dingen viel und besonders aus Rücksicht auf die Großen im Interesse des öffentlichen Wohls, das daraus entspringt. Für die Schließung dieser Heirat gab es viele Gründe, worüber ich bessere Redner sich verbreiten lasse, ohne daß ich sie anführe. Unter anderm war einer, daß mit der Ehe die hohen Verbindlichkeiten gelohnt werden sollten, die dem König vom Kaiser bei seiner Rückkehr aus Polen erwiesen worden waren; denn wenn der Kaiser ihm das geringste Hemmnis von der Welt in den Weg hätte legen wollen, hätte er niemals aus Polen herauskommen oder durchziehen und auch nicht in Sicherheit nach Frankreich kommen können. Die Polen wollten ihn zurückhalten, wäre er nicht, ohne Abschied zu nehmen, davongegangen; denn die Deutschen lauerten ihm überall auf, um ihn zu erwischen (so machten sie es auch bei jenem tapfern Richard von England, als er vom Heiligen Land zurückkehrte, wie in unsern französischen Chroniken steht), und hätten ihn ganz ebenso gefangen genommen und Lösegeld zahlen lassen oder ihm möglicherweise noch Schlimmeres angetan; denn sie zürnten ihm sehr, weil er zur Bartholomäuspartei hielt, wenigstens taten es die protestantischen Fürsten: er ergab sich jedoch aus freiem Willen und ohne jede Förmlichkeit in die Treue des Kaisers, der ihn sehr huldvoll und freundschaftlich und mit höchster Ehre, Freundlichkeit und Vertraulichkeit aufnahm wie einen Bruder und ihn höchst ehrenvoll bewirtete; und nachdem er einige Tage bei ihm verbracht hatte, gab ihm der Kaiser selbst einen oder zwei Tage das Geleite und bewilligte ihm ganz sichern Durchzug durch seine Länder; so erreichte er durch seine Gunst Kärnten, die venezianischen Gebiete, Venedig und dann sein Königreich.

Dies war die Verpflichtung, die der König dem Kaiser gegenüber hatte, derzufolge viele Leute, wie ich sagte, der Ansicht waren, der König handele ihr gemäß, indem er in ein noch engeres Bündnis mit dem Kaiser träte. Schon damals aber, als er nach Polen ging, sah er in Blamont in Lothringen Fräulein von Vaudemont, Luise von Lothringen, eine der schönsten, gütigsten und vollendetsten Prinzessinnen der Christenheit, auf die er seine Augen so heftig warf, daß er bald von ihr entbrannte, und zwar derart, daß er das Feuer während der ganzen Dauer seiner Reise brüten ließ und bei seiner Rückkehr nach Lyon Herrn du Guast, einen seiner größten Günstlinge (der es sicherlich auch völlig verdiente), eiligst nach Lothringen entsandte, wo er die Heirat mit Zustimmung ihres Vaters festmachte und abschloß, eine Sache, die sehr leicht und ohne großes Hin- und Widerreden vonstatten ging, wie sich denken läßt, da für den Vater wie für seine Tochter das Glück unvergleichlich war; für ihn, Schwiegervater des Königs von Frankreich, für seine Tochter, Königin zu sein. Ich werde anderswo von ihr reden.

Um nun nochmals auf unsre kleine Königin zurückzukommen, die es aus vielen Gründen verdroß noch weiter in Frankreich zu bleiben und besonders deshalb, weil ihr da weder gedankt noch gelohnt wurde, wie sie verdiente, so entschloß sie sich, den Rest ihrer schönen Tage bei ihrem kaiserlichen Vater und ihrer kaiserlichen Mutter zu verbringen; während sie sich bei diesen aufhielt, starb dem katholischen König seine königliche Gemahlin Anna von Österreich, eine leibliche Schwester unserer Königin Elisabeth, und er wünschte sie zu heiraten und schickte die Kaiserin, die eigene Schwester des katholischen Königs, ihr die ersten Vorschläge über seine Werbung zu eröffnen; sie wollte aber niemals etwas davon hören, weder zum ersten, noch zum zweiten oder zum dritten Male; als die Kaiserin, ihre Mutter, ihr davon redete, entschuldigte sie sich mit der ehrwürdigen Asche des hochseligen Königs, ihres Gemahls, die sie mit einer zweiten Ehe nicht verletzen wolle, ebenso wies sie auf die allzu nahe Blutsverwandtschaft und enge Verbindung hin, die zwischen ihnen beiden bestände und über die sich Gott höchlich erzürnen könnte. Da schritten die Kaiserin und ihr königlicher Bruder dazu, ihr durch einen sehr gelehrten wohlberedten Jesuiten zureden zu lassen, der sie dazu ermahnte und ihr sein möglichstes vorpredigte und auch nicht vergaß, alle jene bedeutenden Stellen der Heiligen und andern Schriften mit vorzubringen, die seinem Zwecke dienen konnten; sie setzte ihn jedoch sofort durch andre ebenso schöne und wahrere Stellen in Verwirrung; denn sie hatte sich seit ihrem Witwenstand sehr auf das Studium des göttlichen Wortes geworfen, und dann sprach sie ihren bestimmten Entschluß aus, ihre heiligste Verteidigung, daß sie ihren Gatten mit einer zweiten Ehe nicht vergessen wolle; so daß der Herr Jesuit sich davonmachen mußte, ohne etwas ausgerichtet zu haben; bedrängt von Briefen des Königs von Spanien kam er noch einmal zurück, ohne sich mit der bestimmten Antwort der erwähnten Fürstin zufrieden zu geben; da sie aber keine Zeit mehr damit verlieren wollte, sich mit ihm weiter herumzustreiten, sagte sie ihm strenge Worte und Drohungen; sie schnitt ihm ganz kurz die Rede ab; wenn er sich unterstände, sich weiter über sie den Kopf zu zerbrechen, würde sie es ihn bereuen lassen, ja sie drohte ihm sogar, ihn in ihrer Küche durchprügeln zu lassen. Ich habe noch viel mehr sagen hören, weiß aber nicht, ob es wahr ist, daß sie, als er zum drittenmal wiederkam, weiter ging und ihn ob seiner Vermessenheit züchtigen ließ. Trotzdem glaube ich es nicht; denn sie liebte die Leute eines heiligen Lebenswandels allzusehr, wie sie eben sind.

Man sieht die große Beständigkeit und schöne Festigkeit dieser tugendsamen Königin, die sie schließlich den ehrwürdigen Gebeinen ihres königlichen Gemahls bis ans Ende bewahrt hat; sie ehrte sie unaufhörlich mit Klagen und Tränen, und als sie keine mehr vergießen konnte (denn ein Brunnen wäre darum versiegt), erlag sie und kam so jung zu sterben, daß sie bei ihrem Tod keine fünfunddreißig Jahre haben konnte; gewiß ein nur zu unschätzbarer Verlust; denn sie hätte für die ehrbaren Damen der ganzen Christenheit noch einen Spiegel der Tugend bilden können.

Bewies sie nun die Liebe zu ihrem königlichen Gemahl mit ihrer Beständigkeit und tugendsamen Enthaltsamkeit und mit ihren fortwährenden Klagen, so zeigte sie gewiß noch bessern Charakter gegenüber der Königin von Navarra, ihrer Schwägerin: denn als sie erfuhr, daß diese in alleräußerster Armut auf einem Schloß der Auvergne zurückgezogen lebte, daß sie von den meisten ihrer Angehörigen und denen, die ihr verbunden waren, geradezu preisgegeben war, ließ sie sie aufsuchen und ihr ganzes Vermögen ihr anbieten; sie gab ihr sogar die Hälfte ihrer Einkünfte aus dem Wittum, das sie aus Frankreich bezog, und teilte mit ihr wie mit ihrer eigenen Schwester; man sagte sogar auch, jene große Königin hätte ohne diese hohe Freigebigkeit ihrer gütigen und schönen Schwägerin viel zu leiden gehabt. Sie zollte ihr auch höchsten Dank dafür und ehrte und liebte sie dermaßen, daß sie ihren Tod kaum ertragen konnte, anders als die Welt; denn sie hütete zwanzig Tage lang das Bett, unter Weinen und beständigen Tränen und unaufhörlichen Klagen; und seitdem tat sie nichts, als daß sie immer nur weinte und beklagte, indem sie für ihr Gedächtnis stets die besten Worte hatte, für die man keine andern zu borgen braucht, um sie zu rühmen und in die Unsterblichkeit zu versetzen: man hat mir sogar gesagt, sie hätte ein schönes Buch über das Wort Gottes und eine andre Geschichte über die Vorgänge in Frankreich während ihres Aufenthalts verfaßt und herausgeben lassen. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, man hat es mir aber versichert, und man habe es auch in den Händen der Königin von Navarra gesehen, die es vor ihrem Tod bekommen habe; sie legte hohen Wert darauf und nannte es eine sehr schöne Sache. Da ein so erhabenes Orakel wie die Königin es sagte, muß man es glauben.

Das war es, was ich in Kürze über unsre gute Königin Elisabeth habe sagen wollen, über ihre Güte, ihre Tugend, ihre Beständigkeit und Enthaltsamkeit, und über ihre rechtschaffene Liebe zu ihrem königlichen Gemahl. Diese Tugend hatte sie nicht allein von sich aus (von Herrn von Lansac, der bei ihrem Tod in Spanien war, hörte ich, daß die Kaiserin zu ihm sagte: El mejor de nostros es muerto, man möchte auch glauben, daß sie darin ihrer Mutter, ihren Großtanten und Tanten nachahmen wollte; denn die Kaiserin, ihre Mutter, wollte sich, als sie ziemlich jung und noch sehr schön Witwe geworden war, nicht wieder verheiraten und hat sich sehr sittsam und ausdauernd in ihrem Witwenstand verhalten und tut es noch, nachdem sie Österreich und Deutschland, die Stätten ihres Reiches, nach dem Tod ihres kaiserlichen Gemahls verlassen hatte. Sie suchte ihren Bruder in Spanien auf, von dem sie aufgefordert und gebeten worden war, hinzukommen, um ihn in der großen Last seiner Geschäfte zu unterstützen, was sie auch tat; denn sie ist eine sehr kluge und äußerst besonnene Fürstin. Den hochseligen König Heinrich III., der sich auf Persönlichkeiten besser verstand als irgendein Mann seines Reiches, hörte ich sagen, sie wäre nach seiner Meinung eine der ehrbarsten und geschicktesten Fürstinnen von der Welt. Als sie auf dem Wege nach Spanien durch Deutschland gezogen war, kam sie nach Italien und Genua, wo sie sich einschiffte: da es im Winter war, im Monat Dezember, als sie sich einschiffte, überraschte sie in Marseille schlechtes Wetter, und sie mußte Anker werfen lassen. Niemals aber wollte sie den Hafen betreten, auch nicht die Galeeren, aus Angst, Verdacht und Argwohn zu erregen; sie betrat auch nur ein einziges Mal die Stadt, um sie zu besuchen. Ihr Aufenthalt davor währte, in Erwartung guten Wetters, sieben bis acht Tage. Ihre schönste und ehrbarste Betätigung bestand darin, daß sie am Morgen ihre Galeere verließ (denn da schlief sie gewöhnlich), in der Frühe mit einer sehr eifrigen Frömmigkeit in der Kirche von St. Viktor die Messe und den Gottesdienst hörte: und wenn dann ihr Mittagessen in die Abtei gebracht und zugerichtet war, speiste sie dort; nachmittags unterhielt sie sich dann entweder mit ihren Frauen oder ihrem Gefolge oder mit Herren aus Marseille, die ihr alle Ehrfurcht und Ehrerbietung erwiesen, die man einer so großen Fürstin schuldig war, wie ihnen auch der König befohlen hatte, sie wie seine eigne Person zu empfangen, zur Vergeltung des guten Empfanges und Willkommens, den sie ihm in Wien bereitet hatte. Sie bemerkte es auch sehr; und redete deswegen sehr vertraut und gab sich sehr familiär mit ihnen, mehr auf deutsche und französische Art als auf spanische; sie waren sogar sehr zufrieden mit ihr, wie sie mit ihnen, wie sie denn auch dem König zu schreiben und sich bei ihm zu bedanken verstand, daß sie ihm sogar entbot, es wären so ehrbare Leute, als sie nur je in einer Stadt gesehen hätte; und nannte einige zwanzig besonders, wie den Herrn Castellan, mit Namen Seigneur Altiviti, Kapitän der Galeeren, der auch ziemlich berühmt war, weil er die schöne Chateauneuf vom Hofe geheiratet und den Großprior getötet hatte, von dem wieder er getötet ward, wie ich anderswo zu sagen hoffe. Ich habe es von seiner eignen Frau, die es mir erzählte und mich von den Vollkommenheiten jener großen Fürstin unterhielt, wie so ausgezeichnet schön sie den Aufenthalt in Marseille fand, wie sie es bewunderte und wie unermüdlich sie auf ihren Spaziergängen davon plauderte: und wenn der Abend gekommen war, verfehlte sie nicht, sich auf der Galeere schlafen zu legen, um im Augenblicke die Segel zu hissen, sobald es gutes Wetter wurde oder der günstige Wind sich erhob, oder aus dem Grunde, weil sie keinen Argwohn geben wollte. Ich war damals am Hofe, als man dem Könige diese Neuigkeiten von ihrer Durchreise berichtete, und er war sehr in Unruhe, ob man sie so gut empfangen habe, wie ihr zukam und wie er wollte. Diese Prinzessin lebt noch und erhält sich in ihren schönen Tugenden; nach dem, was man sagte, hat sie ihrem königlichen Bruder die reichste Hilfe geleistet. Später zog sie sich als zu ihrer letzten Stätte und Wohnung in einen Orden frommer Frauen zurück, genannt Descalçadas, weil sie weder Schuhe noch Strümpfe anhaben; den Orden hatte ihre Schwester, die Prinzessin von Spanien, gegründet.

Diese Prinzessin von Spanien ist eine sehr schöne Prinzessin gewesen und von leuchtender Majestät: sie hätte ja sonst keine spanische Prinzessin sein müssen; denn besonders bei den Spaniern tritt die Majestät in der Begleitung von Anmut und schönem Aussehen auf. Als ich von Portugal nach Spanien zurückkehrte, hatte ich die Ehre, sie zu sehen und ziemlich vertraut mit ihr zu sprechen. Als ich das erstemal unserer Königin Elisabeth von Frankreich meine Aufwartung zu machen gekommen war, und als ich mit ihr plauderte, wobei sie mich nach einer Menge Neuigkeiten aus Frankreich wie aus Portugal fragte, meldete man der Königin, die Frau Prinzessin käme. Sofort sagte sie zu mir: »Halt, Herr von Bourdeille, Ihr werdet eine schöne und ehrbare Fürstin sehen; die Euch gefallen wird. Sie wird sehr erfreut sein, Euch zu sehen und sich bei Euch nach dem König, ihrem Sohn, erkundigen zu können, da Ihr ihn gesehen habt.« Und siehe, dabei kommt schon die Frau Prinzessin herein, und ich fand sie sehr schön, meiner Ansicht nach war sie brillant gekleidet, angetan mit einer spanischen Toque aus weißem Krepp, der ihr sehr tief und spitzig über ihre Nase hereinhing, und zwar war sie ganz als Witwe auf spanische Art gekleidet; denn sie trug gewöhnlich nur Seide. Ich betrachtete und bewunderte sie zunächst und war so vertieft, daß mich die Königin gerade in meiner Verzückung rief und zu mir sagte, die Frau Prinzessin wolle von mir Neuigkeiten über den König, ihren Sohn, erfahren; denn ich hatte sehr gut gehört, daß sie zu ihr sagte, sie rede und plaudere mit einem Edelmann des Königs, ihres Bruders, der aus Portugal käme. Darauf nähere ich mich ihr und wie ich ihr das Kleid auf spanische Art küsse, empfängt sie mich sehr freundlich und vertraut; dann begann sie mich nach Neuigkeiten über den König, ihren Sohn, zu fragen, über seine schlechte Aufführung und was mich darum dünke; denn damals redete man davon, man wolle zwischen ihm und Frau Margarete von Frankreich, Schwester des Königs, jetzt Königin von Navarra, eine Ehe schließen. Ich erzählte ihr genau davon; denn ich redete damals Spanisch ebensogut oder besser als mein Französisch. Unter anderen Fragen richtete sie diese an mich: Ob dieser ihr Sohn schön sei, und wem er ähnlich sähe? Ich sagte ihr, er wäre einer der schönsten Fürsten der Christenheit, und das war auch Tatsache, und er sähe ihr ganz und gar ähnlich, und er wäre das wahre Ebenbild ihrer Schönheit; darüber lächelte sie etwas und errötete, ein Zeichen, daß ihr meine Worte behagt hatten. Und nachdem ich ziemlich lange mit ihr gesprochen, holte man die Königin zum Abendessen, und daher trennten sich die beiden Schwestern; und die Königin (die sich ein wenig am Fenster vergnügte, uns aber doch zugehört hatte), sagte dann lachend zu mir: »Ihr habt ihr eine große Freude damit gemacht, daß Ihr ihr über die Ähnlichkeit mit ihrem Sohn erzählt habt.« Und dann fragte sie mich, wie sie mir vorkäme, ob sie mir nicht eine prächtige Frau schiene, genau nach ihrer Schilderung; dann sagte sie: »Ich glaube, sie wünscht sehr meinen Bruder, den König, zu heiraten, und ich möchte es auch gern.« Das wußte ich dann der Königin-Mutter zu überbringen, als ich an den Hof zurückkehrte, der damals in Arles in der Provence war. Sie sagte jedoch zu mir, sie wäre bereits zu alt für ihn und sie könnte seine Mutter sein. Ich teilte ihr ferner mit, was man mir in Spanien gesagt hatte und daß ich es von guter Stelle hätte: sie wäre fest entschlossen, im Falle sie den König von Frankreich nicht heirate, sich nie wieder zu verheiraten und sich überhaupt von der Welt zurückzuziehen. Und in der Tat bildete sie sich diese hohe Partie und überaus schöne Aussicht so sehr ein; denn sie hatte ein sehr stolzes Herz, daß sie ihre Absicht zuversichtlich zu erreichen glaubte, oder sie wollte überhaupt, wie gesagt, den Rest ihrer Tage in dem Kloster beschließen, an dem sie bereits bauen ließ, um sich dahin zurückzuziehen. In diesem Hoffen und Glauben schwebte sie ziemlich lange, indem sie immer sittsam mit ihrem Witwenstand umging, bis sie die Hochzeit des Königs mit seiner Nichte erfuhr. Da sah sie denn ihre ganze Hoffnung gescheitert und sagte die ärgerlichen Worte oder ähnliche, wie ich hörte: Aunque la nieta sea por su verano mas moza, y menos cargada de años que la tia, la hermosura de la tia, ya en su estio, toda hecha y formada por sus gentiles y fructiferos años, vale mas que todos los frutos que su edad florescida da esperanza a venir; porque la menor desdicha humana los hara caer y perder ni mas ni menos que algunos arboles, los quales, en el verano, por sus lindos y blancos flores nos prometen linda fruta en el estio, y el menor viento que acade los lleva y abate, no quedando que las hojas. Ea! dunque pasase todo con la voluntad de Dios, con el qual desde agora me voy, no con otro, para siempre jamas, me casar; »Wenn die Nichte auch jung ist und in ihrer Blüte steht, wenn sie auch weniger Jahre zählt als die Tante, so ist doch die Schönheit der Tante, die bereits in ihrem Sommer steht, in ihrer schönen früchtetragenden Zeit mehr wert als alle Früchte, zu denen ihr jetzt blühendes Alter Hoffnung gibt; denn das geringste menschliche Mißgeschick wird sie vernichten, abfallen lassen und zerstören, genau wie bei manchen Bäumen im schönen Frühling, die uns mit ihren schönen und weißen Blüten für den Sommer schöne und gute Früchte versprechen, bloß ein böser kleiner Wind zu kommen braucht, und er reißt sie ab, schlägt sie nieder und vernichtet sie, und es bleiben nur Blätter. So gehe denn alles vorüber nach dem Willen Gottes, dem allein und keinem andern ich mich auf immer und ewig vermählen will.« Wie sie sagte, so tat sie; und sie führte ein so gutes und heiliges und völlig weltfernes Leben, daß sie den Damen, den großen wie den kleinen, ein schönes nachahmenswertes Beispiel hinterließ. Nun möchten da manche sagen: »Gott sei Dank, daß sie den König Karl nicht heiraten konnte; denn hätte das sein können, hätte sie die harten Verhältnisse der Witwenschaft weit von sich abgewiesen und die milden der Ehe wieder ergriffen.« Das war zu vermuten; aber ebenso möchte man andrerseits vermuten, daß das große Verlangen, das sie vor der Welt kundgab, jenen großen König zu heiraten, eine prahlerische Art war, eine stolze spanische Manier, die ihren hohen Mut verkünden sollte, worin sie sich durchaus nicht demütigen wollte, und da sie ihre Schwester als Kaiserin sah und sie es nicht sein konnte, sie dieser aber gleichkommen wollte, strebte sie danach, Königin von Frankreich zu werden, was wohl ein Kaiserreich wert ist oder noch mehr, und wenn sie es nicht in der Tat erreichen konnte, wollte sie es wenigstens mit den starken Wünschen ihres Ehrgeizes erstreben, wie ich von ihr reden hörte. Schließlich war sie meiner Ansicht nach eine der vollendetsten Prinzessinnen des Auslands, die ich je sah, obgleich man ihr ihre Zurückgezogenheit von der Welt zum Vorwurf machen kann, die sie eher aus Ärger als aus hoher Frömmigkeit betätigte; aber wie sie es nun auch gemacht hat: ihr gutes Leben und ihr frommes Ende haben in ihr eine überaus hohe Heiligkeit zur Erscheinung kommen lassen.

Ihre Tante, die Königin Marie von Ungarn, tat desgleichen, jedoch schon in sehr hinfälligem Alter, ebensosehr um sich vor der Welt zurückzuziehen wie um ihrem Bruder, dem Kaiser, zu helfen, Gott recht zu dienen. Diese Königin wurde in sehr jungen Jahren Witwe, als sie den König Ludwig, ihren Gemahl, verlor, der in einer Schlacht gegen die Türken starb, die er nicht gerade vernünftig und überlegt als vielmehr infolge des hartnäckigen Zuredens eines Kardinals, der ihn sehr beherrschte, unternommen hatte; der redete ihm vor, man dürfe der Macht Gottes und seiner gerechten Sache nicht mißtrauen; wenn er sozusagen bloß zehntausend Ungarn habe, würde er, da sie so tüchtige Christen und Streiter Gottes wären, es mit hunderttausend Türken aufnehmen: so trieb und drängte er ihn dazu, daß er die Schlacht verlor; er wollte sich zurückziehen, da geriet er in einen Sumpf, in dem er erstickte.

Das gleiche passierte dem letzten König von Portugal, Sebastian, der sich elend zugrunde richtete, als er mit allzu schwachen Kräften es wagte, den Mauren, die dreimal stärker waren als er, eine Schlacht zu liefern, und zwar auf das Treiben, die Predigten und hartnäckigen Aufforderungen von ein paar Jesuiten hin, die ihm die Macht Gottes vor Augen stellten, der mit seinem bloßen Blicke die ganze Welt zerschmettern könnte, auch wenn sie sich gegen ihn zusammenscharte, das ist ja sicherlich ein sehr wahres Wort; aber dennoch darf man die Größe Gottes weder versuchen noch mißbrauchen; denn es gibt Geheimnisse, die wir nicht kennen. Manche sagten, jene Jesuiten taten und sagten es in guter Absicht, wie man glauben kann; andre, sie wären vom König von Spanien dazu angestiftet worden, um jenen jungen und tapfern, ganz von Begeisterung erfüllten König zu vernichten, damit der Spanier nachher um so bequemer an sich reißen konnte, was er sich später auch wirklich ergrapste. Wie dem auch sei, solche Sachen sind Leuten passiert, die im Waffenhandwerk bewandert sein wollen und das Metier nicht verstehen.

Deshalb sagte auch jener große Herzog von Guise häufig, nachdem er auf seiner italienischen Fahrt höchlich getäuscht wurde: »Ich liebe die Kirche Gottes sehr, aber ich will auf das Wort und die Versicherung eines Priesters hin niemals einen Eroberungszug unternehmen;« damit meinte er den Papst Caraffa, Paul IV. genannt, der ihm nicht gehalten, was er ihm mit großen und feierlichen Worten versprochen hatte, oder auch seinen Bruder, den Herrn Kardinal, der Erkundigungen eingezogen und in Rom unterhandeln sollte und dann in ganz leichtsinniger Weise seinen Bruder dazu getrieben hatte. Es läßt sich begreifen, daß mein Herr von Guise beide meinte; denn wie ich sagen hörte, wiederholte dieser mein Herr vor dem Herrn Kardinal häufig solche Worte; in der Meinung, man habe ihm damit einen Stein ins Beet geworfen, geriet er in Wut und ward von einem mühsam gezügelten Zorn gepackt. Ich machte diese Abschweifung, weil mir der Gegenstand gelegen kam.

Um wieder auf unsre Königin Marie zu kommen, verblieb sie nach jenem Unglück mit ihrem königlichen Gemahl eine sehr junge und sehr schöne Witwe, wie ich von mehreren Leuten hörte, die sie gesehen haben, und aus den Bildnissen schließe, die ich sah, die sie so zeigen, ohne etwas Häßliches oder Tadelhaftes an ihr erkennen zu lassen, mit Ausnahme ihres großen und auf österreichische Art vorstehenden Mundes, der indessen nicht vom Hause Österreich stammt oder kommt, sondern vielmehr von Burgund, wie ich zu jener Zeit eine Dame vom Hofe erzählen hörte: Als einmal die Königin Eleonore durch Dijon kam und im Kloster der Kartäuser daselbst ihre Andacht halten ging und die ehrwürdigen Gräber ihrer Ahnen, der Herzöge von Burgund, aufsuchte, ergriff sie die Begierde, sie öffnen zu lassen, wie es manche Könige mit den ihrigen getan. Manche Verstorbene darunter sah sie wohl erhalten und vollständig, daß sie verschiedene Formen an ihnen wieder erkannte, unter andern den Mund in ihrem Gesicht. Sofort rief sie dabei aus: »Na, ich dachte, wir hätten unsern Mund von den Österreichern; wie ich aber sehe, haben wir ihn von Marie von Burgund, unserer Ahnin, und andern Herzögen von Burgund, unsern Ahnen. Wenn ich je meinen kaiserlichen Bruder sehe, will ich's ihm sagen; ich will es ihm sogar sagen lassen.« Jene Dame, die damals dabei war, sagte mir, sie hätte es gehört und meinte, jene Königin sei darüber gleichsam freudig erregt gewesen, und das mit Recht; denn das Haus Burgund galt gewiß so viel als das von Österreich, da es von einem Sprossen von Frankreich, Philipp dem Kühnen, stammte, und sie hohen Reichtum, großen Adel und hochgemute Tapferkeit daraus gewonnen hatten; denn ich glaube, es gab niemals vier größere Herzöge nebeneinander als jene vier Herzöge von Burgund. Man wird mir den Vorwurf machen können, daß ich oft abschweife; es kann mir aber auch leicht verziehen werden, weil ich von einer Kunst, gut zu schreiben, gar nichts verstehe.

Unsere Königin Marie von Ungarn war also sehr schön und angenehm und sehr liebenswürdig, obwohl ein wenig männlich; darum zeigte sie für die Liebe und den Krieg und alles, was sie unter ihre hauptsächliche Verwaltung nahm, kein geringes Geschick. Der Kaiser, ihr Bruder, der sie als sehr geeignet dafür erkannte, ließ sie holen und bitten, zu ihm zu kommen, um von ihm das Amt zu übernehmen, das ihre Tante Margarete von Flandern innegehabt hatte; eine sehr kluge Prinzessin, die ihre Niederlande mit Milde, wie sie die andre mit Strenge regierte; auch wandte der König Franz, solange sie lebte, seine Angriffe und Kriege kaum gegen diese Gebiete; obgleich ihn der König von England dazu antrieb; er sagte, er wolle der ehrbaren Prinzessin nicht mißfallen, die sich so gütig gegen Frankreich erweise und so sittsam und tugendhaft und trotzdem in ihren Ehen unglücklich wäre, unglücklicher, als ihre Tüchtigkeit verdiene; ihre erste Ehe war die mit dem König Karl VIII., von dem sie sehr jung wieder in ihr Haus und zu ihrem Vater zurückgeschickt wurde; die zweite mit dem Sohn des Königs von Aragonien, genannt Jehan, von dem sie ein nachgebornes Kind bekam, das bald nach der Geburt starb; die dritte mit dem schönen Herzog Philibert von Savoyen, von dem sie keine Nachkommenschaft hatte und darum in ihrer Devise den Spruch Fortune infortune, fors uneMargarete von Österreich wählte diesen Wahlspruch 1504, als sie 24 Jahre alt zum drittenmal Witwe wurde. trug. Sie liegt mit ihrem Gemahl in jenem schönen und prächtigen Kloster Brou, bei der Stadt Bourg en Bresse, begraben.

Diese Königin von Ungarn also unterstützte den Kaiser sehr; denn er war allein. Freilich hatte er Ferdinand, den römischen König, seinen Bruder; dieser hatte aber genug damit zu tun, jenem großen Sultan Soliman die Stirn zu bieten. Der Kaiser hatte auf seinen Schultern auch die Geschichte mit Italien, das damals in Brand stand, um Deutschland stand es nicht besser, wegen des Großtürken, auch nicht um Ungarn, um Spanien (als die Empörung unter Herrn von Chièvres ausbrach), um Indien, die Niederlande, die Barbaresken, um Frankreich, und dies war die größte Last von allen; kurz er hatte mit der halben Welt zu tun; jene seine Schwester, die er vor allen liebte, machte er zur Generalstatthalterin seiner ganzen Niederlande, die sie zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Jahre hindurch für ihn verwaltete, und ich wüßte nicht, wie er sich ohne sie hätte behelfen sollen. Der Kaiser vertraute ihr aber auch vollkommen in seinen Staatsangelegenheiten: während er selbst in Flandern war, verließ er sich in den Angelegenheiten seiner Besitzungen vollständig auf sie, und der Rat fand unter ihr statt und bei ihr, und der Kaiser ging sehr oft hin und verweilte dabei, wie ich erfuhr. Freilich überbrachte und rapportierte ihm seine sehr geschickte Schwester alles, was im Rat vorgegangen war, wenn er nicht dabei war, und das machte ihm viel Freude. Sie führte ihm auch glückliche Kriege, entweder durch ihre Feldherren oder persönlich, immer zu Pferd wie eine edle Amazone.

Sie war auch die erste, die in unserm Frankreich die großen Feuersbrünste entzündete und schöne Schlösser und Burgen in Asche legte; man denke an das Schloß von Follambray, das schöne reizende Haus, das unsre Könige für die Weidmannslust hatten errichten lassen; worüber der König so erzürnt und erbittert war, daß er es ihr nach einiger Zeit tüchtig heimzahlte und sich an ihrem schönen Haus von Bains rächte, das man für ein Weltwunder hielt, das alle andern schönen Bauwerke, wenn ich so sagen darf, und sogar die im Altertum so berühmten sieben Weltwunder in Schatten stellt, wie ich jene sagen hörte, die es in seiner Vollendung gesehen haben. Sie bereitete dort dem Kaiser Karl und seinem ganzen Hof glänzende Feste, als sein Sohn, der König Philipp, von Spanien nach Flandern reiste, um ihn zu besuchen, und dabei wurden Prachtfeste von solcher Vortrefflichkeit und Vollendung gefeiert, daß man von dieser Zeit an nur von den fiestas de Bains sprach, wie die Spanier sagten. Auch auf der Reise nach Bayonne, erinnere ich mich, wurden Prachtfeste, Ringelrennen, Zweikämpfe, Maskeraden veranstaltet und Aufwendungen gemacht, aber im Vergleich mit den fiestas de Bains bedeuteten sie nichts; so sagten auch ein paar alte spanische Edelleute, die ihnen beigewohnt haben, wie ich auch aus einem eigens gedruckten spanischen Buche habe ersehen können. Und ich kann wohl sagen, daß niemals etwas Schöneres veranstaltet oder gesehen wurde, trotz den römischen Prachtfesten mit ihren Kampfspielen, abgesehen von den Gladiatorenspielen und den Kämpfen mit wilden Tieren; davon abgesehen waren jedoch die Feste von Bains schöner, lustiger, bunter und allgemeiner.

Ich würde sie gerne hier beschreiben, da ich sie jenem spanisch geschriebenen Buch entnommen und auch von einigen berichtet bekommen habe, die damals dabei waren, besonders Madame de Fontaine, genannt Torcy, die damals Fräulein der Königin Leonore war; man könnte mir jedoch vorwerfen, daß ich allzu große Abschweifungen mache. Ich will mir sie auf ein andermal ersparen; denn die Sache ist es wohl wert. Eines der schönsten Feste davon finde ich das: sie ließ eine große Backsteinfestung bauen, die von sechstausend Fußsoldaten aus alten Truppen angegriffen und verteidigt wurde, dabei wurde mit dreißig Geschützen kanoniert, die in Batterien standen, die zur Verteidigung dienten, mit recht kriegerischen Formen und Bräuchen; die Belagerung dauerte dreieinhalb Tage; und niemals sah man etwas so Schönes; denn es gab Bestürmungen, jetzt wurde der Entsatz herangebracht, jetzt wurden die andern sowohl von der Kavallerie wie von der Infanterie durch den Prinz von Piemont aufs Haupt geschlagen, dann wurde der Platz mit einer zur Hälfte milden, zur Hälfte etwas harten Kapitulation zur Übergabe aufgefordert, und die Soldaten, die sich übergeben hatten oder flüchteten und mit der Eskorte geleitet wurden, bemitleidete man; kurz, alles wurde wie im wirklichen Krieg gemacht, und der Kaiser hatte ein besonderes Vergnügen daran.

Man kann sicher sein, wenn die Königin hier prunkvoll war, so wollte sie ihrem Bruder beweisen, daß alles, was sie von ihm oder von seinen Renten, Pensionen, Wohltaten oder aus jenen Eroberungen bezogen hatte, seinem Ruhm und seinem Vergnügen gewidmet wäre. Dem Kaiser gefiel es auch sehr, und er lobte sie dafür; und den Aufwand dafür schätzte er sehr hoch und besonders auch den in seinen Wohnräumen; denn da befand sich eine ganz aus Gold, Silber und Seide gefertigte Hautelisse-Tapete, auf der alle diese schönen Eroberungen, hohen Unternehmungen, Kriegszüge und Schlachten, die er geleistet, geliefert und gewonnen hatte, natürlich abgebildet und dargestellt waren, wobei besonders nicht die Flucht Solimans vor Wien und die Gefangennahme des Königs Franz vergessen war. Kurz, es war alles köstlich und auserlesen darin.

Aber das arme Schloß verlor leider bald darauf seine Pracht; denn es wurde vollständig geplündert, zerstört und geschleift. Ich hörte, als seine Gebieterin von der Zerstörung erfuhr, verfiel sie in solche Angst, Wut und Zorn, daß sie sich deswegen lange nicht beruhigen konnte; und als sie eines Tages vorbeikam, wollte sie die Ruine sehen; sie betrachtete sie bekümmert und schwur mit Tränen im Auge, ganz Frankreich solle es bereuen, es solle die Folgen der Einäscherung tragen, nicht eher würde sie wieder froh, als bis sie jenes schöne Fontainebleau, von dem man so viel Wesens mache, der Erde gleich gemacht habe, und es solle kein Stein davon auf dem andern bleiben. Und in der Tat ließ sie ihre Wut aufs ärgste an der armen Picardie aus, die ihre Feuerflammen sehr zu spüren bekam; und ich glaube, wäre nicht der Waffenstillstand dazwischen gekommen, ihre Rache wäre groß gewesen; denn sie hatte ein starkes und hartes Herz, das nur schwer weich wurde; man hielt sie von ihrer wie von unserer Seite für etwas zu grausam; aber das ist die Natur der Frauen und besonders der großen, rasch zur Rache bereit zu sein, wenn sie beleidigt wurden. Nach dem, was man sagt, wurde sie dafür vom Kaiser desto mehr geliebt.

Man erzählte mir: als er in Brüssel abdankte und der Herrschaft entsagte, was in einem großen Saale geschah, wo er eine allgemeine Versammlung seiner Staaten veranstaltet hatte, redete er zuerst die Versammlung und seinen Sohn an über alles, was er wollte, und als er demütig auch der Königin Maria, seiner Schwester, gedankt hatte, die in der Nähe ihres kaiserlichen Bruders saß, erhob sie sich von ihrem Sitz und machte ihrem Bruder eine große Verbeugung voller hoher und ernster Würde und sichrer Anmut und richtete ihre Worte ans Volk und sprach also: »Meine Herren, seit 23 Jahren, seit es dem Kaiser, meinem Bruder, gefallen hat, mir die Verwaltung und Regierung aller seiner Niederlande zu übertragen, habe ich alles darauf verwendet und dazugetragen, was Gott, die Natur und das Glück mir für Mittel und Gnade erwiesen haben, um es, so gut es mir nur möglich gewesen ist, zu vollziehen. Wenn ich trotzdem in irgendeiner Sache einen Fehler gemacht habe, bin ich dafür zu entschuldigen, in der Meinung, nichts von dem Meinigen vergessen oder vernachlässigt zu haben, was nötig war. Wenn ich indessen in etwas gefehlt habe, bitte ich euch, mir zu verzeihen. Wenn jedoch der oder jener unter euch es nicht tun will und mit mir nicht zufrieden ist, so ist das meine geringste Sorge, da mein kaiserlicher Bruder damit zufrieden ist, dem allein zu gefallen stets der höchste meiner Wünsche und Sorgen gewesen ist.« Nachdem sie so gesprochen und wieder dem Kaiser ihre große Verbeugung gemacht hatte, setzte sie sich wieder in ihren Stuhl. Ich hörte, daß man diese Rede etwas zu hochmütig und anmaßend fand und besonders, weil es dem Abschied von ihrem Amt galt und dem Lebewohl für ein Volk, dem sie eine gute Meinung von sich und die schmerzliche Empfindung des Abschieds hinterlassen mußte. Aber was kümmerte sie sich darum, da sie ja kein andres Ziel hatte, als ihrem Bruder zu gefallen und ihn zufrieden zu stellen, da sie von jetzt an den Menschen zur Zufriedenheit leben und ihrem Bruder bei seiner Abdankung und seinen Gebeten Gesellschaft leisten wollte? Ich hörte diese Geschichte von einem Edelmann bei meinem Bruder, der damals in Brüssel war, wohin er gegangen war, um über das Lösegeld dieses meines Bruders zu verhandeln, der in Hédin gefangen genommen und in Isle in Flandern fünf Jahre als Gefangener geblieben ist. Jener Edelmann sah die ganze Versammlung und den ganzen trauervollen Anblick des Kaisers; er sagte mir, verschiedene hätten im geheimen an der so tapfern Rede der Königin Anstoß genommen, aber trotzdem wagten sie nichts zu sagen oder zu zeigen; denn sie sahen wohl, daß sie mit einer gebieterischen Dame zu tun hatten, von deren Hand man noch in der letzten Stunde einen Streich bekommen hätte, bevor sie wegging, wenn man sie erzürnt hätte. Da war sie denn von allem befreit, und sie begleitete ihren Bruder nach Spanien. Sie verließ ihn nie, mit der Königin Eleonore, ihrer Schwester, bis an sein Grab: und alle drei überlebten einander um ein Jahr. Der Kaiser ging voran, dann kam die Königin von Frankreich als die Ältere; dann folgte die Königin von Ungarn ihren beiden Geschwistern, nachdem sie ihre Witwenschaft voll Zucht und Sitte gepflegt hatte. Freilich war die Königin von Ungarn länger Witwe als ihre Schwester, ohne sich je wieder zu verheiraten; ihre Schwester verheiratete sich zweimal wieder, einmal, um Königin von Frankreich zu werden (ein guter Bissen), dann auf die Bitten und Überredungen des Kaisers hin, um für die Versicherung eines Friedens und einer völligen öffentlichen Ruhe als überaus festes Siegel zu dienen, wenn auch der Stoff des Siegels nicht lange hielt: denn es hatte später den Krieg zur Folge, der so grausam war wie je; aber der armen Prinzessin Schuld war es nicht; denn sie trug alles dazu bei, was sie nur konnte; und dennoch wurde sie deswegen von ihrem königlichen Gemahl nicht besser behandelt; denn er verwünschte das Bündnis mit ihr sehr, wie ich habe sagen hören.

Nachdem die Königin von Ungarn ihr Amt aufgegeben hatte, blieb in der Nähe des Königs Philipp (der die Herrschaft über seine Länder bereits angetreten hatte) keine hohe Prinzessin außer der Frau Herzogin von Lothringen, Christina von Dänemark, seine leibliche Cousine, später Ihre Hoheit genannt, die ihm stets gute Gesellschaft leistete, solange er da war, und seinem Hof stets einen hohen Wert verlieh; denn ein Hof eines Königs, Prinzen, Kaisers oder Monarchen, so groß er auch sei, bedeutet wenig, wenn er nicht entweder von dem Hof einer Königin oder Kaiserin, oder großen Prinzessin und von einer großen Zahl von Damen und Fräulein begleitet oder empfohlen wird, wie ich es wohl wahrgenommen und darüber Unterhaltungen von den Größten mit anhörte.

Diese Prinzessin war meines Erachtens eine der schönsten und ebenso vollkommensten Fürstinnen, als ich je sah. Sie hatte ein sehr schönes und sehr freundliches Gesicht, einen sehr schönen und hohen Wuchs; sie redete vorzüglich, vor allem kleidete sie sich vortrefflich; zu ihrer Zeit gab sie daher unsern französischen Damen wie ihren das Maß und Muster, am Kopf das Haar und den Schleier auf die sogenannte lothringische Art zu tragen, was unsere Hofdamen sehr schön kleidete; und gerne schmückte sich damit auch ihr Gefolge an den großen Festen und hohen Feierlichkeiten, um sich besser herauszuputzen und zu zeigen, alles auf lothringische Art in Nachahmung Ihrer Hoheit. Vor allem besaß sie die schönsten Hände, die man sehen konnte; ich hörte sie auch von der Königin-Mutter sehr rühmen und mit den ihrigen vergleichen. Zu Pferde hielt sie sich sehr gut und sehr anmutig, sie ging stets mit dem Steigbügel in den Sattel, dessen Gebrauch sie von der Königin Marie, ihrer Tante, gelernt hatte, und ich hörte sagen, die Königin-Mutter habe es von ihr gelernt; denn vorher ritt sie im Brettchen, was gewiß weder zur Grazie noch zu schönen Gebärden Gelegenheit gibt wie der Steigbügel. Sie wollte in dieser Hinsicht der Königin, ihrer Tante, sehr nachahmen und stieg nur auf spanische Pferde, auf Berberrosse und vorzügliche Andalusier, die den Zeltergang gut konnten, wie ich ihn auch auf einmal von einem Dutzend sehr schöner sah, die alle den Vergleich miteinander aushielten. Jene Tante liebte sie sehr und fand sie ihrer Laune entsprechend, ebensosehr wegen der Übungen, die sie liebte, wegen der Jagden und andern Dinge, wie wegen ihrer Tüchtigkeiten, die sie an ihr erkannte. Als sie verheiratet war, besuchte sie sie auch sehr oft in Flandern, wie ich von Madame de Fontaine hörte; und nachdem sie Witwe geworden, und besonders nachdem ihr der Sohn genommen wurde, verließ sie voller Schmerz Lothringen; denn sie hatte ein sehr stolzes Herz. Sie nahm ihren Aufenthalt bei dem Kaiser, ihrem Onkel, und den Königinnen, ihren Tanten, die sie mit sehr hoher Freude aufnahmen.

Den Verlust und die Abwesenheit ihres Sohnes ertrug sie auch sehr ungeduldig, wiewohl der König Heinrich sich vor ihr überaus entschuldigte und ihr vorstellte, er wolle ihn als seinen Sohn annehmen. Da sie sich aber nicht beruhigen konnte und sah, daß man ihm den Schwachkopf de la Brousse als Erzieher gab und ihm den seinen nahm (Herr von Montbardon, ein sehr kluger und ehrbarer Edelmann, den ihm der Kaiser gegeben hatte, der ihn von langer Hand her als solchen kannte; denn er hatte ihn in Diensten des Herrn von Bourbon gekannt, und er war französischer Refugié), suchte die Prinzessin ohne Rücksicht darauf und in höchster Verzweiflung an einem Gründonnerstage den König Heinrich in der großen Galerie von Nancy auf, wo sein ganzer Hof war, und trat mit einer sehr sichern Anmut, mit jener großen Schönheit, die sie noch bewundernswertermachte, unerschrocken und ohne ihrer Würde irgendetwas zu vergeben, vor ihn, indem sie ihm gleichwohl eine große Verbeugung machte: voll demütigen Flehens, Tränen in den Augen, die sie noch schöner und reizender machten, stellte ihm das Unrecht vor, das er ihr antat, daß er ihr ihren Sohn wegnähme, ein so teures Wesen, wie sie auf der Welt weiter keines habe, stellte ihm vor, daß sie in Anbetracht ihrer hohen Abstammung diese grausame Behandlung keineswegs verdiene und daß sie auch ihrer Pflicht nicht entgegengehandelt zu haben glaube. Und diese Reden sagte sie so vortrefflich, mit so hoher Anmut, mit so schönen Begründungen, mit so sanfter Klage, daß der König, der an sich gegen die Damen immer sehr höflich, ein überaus großes Mitleid mit ihr empfand, und nicht bloß er, sondern alle Prinzen und Hohe und Geringe, die dieses Anblicks teilhaftig wurden.

Der König, der den Damen die größte Achtung erwies, die ihnen je von einem König in Frankreich gezollt wurde, antwortete ihr sehr ehrenvoll, nicht etwa mit einem großen Wortschwall, auch nicht in Form einer langen Anrede, wie es Paradin in seiner Geschichte Frankreichs darstellt; denn er war an sich und in seiner Natur durchaus nicht so weitschweifig und verschwenderisch mit Reden und Gesprächen und auch kein so großer Redner. Er brauchte es auch nicht, und es schickte sich auch nicht, daß ein König in seinen Reden den Philosophen oder den großen Orator spielt; die kürzesten Worte und die bündigsten Befehle und Antworten sind für ihn die besten und passendsten, wie ich große Persönlichkeiten wie den Herrn von Ribrac sagen hörte, dessen Unterweisung seiner großen Fähigkeiten halber ganz vortrefflich war. Auch wird niemand, der immer diese Anrede Paradins lesen wird, die wirklich oder angeblich an diesem Ort vom König Heinrich gehalten worden sein soll, etwas davon glauben; ebenso habe ich von verschiedenen Großen, die anwesend waren, gehört, daß er weder seine Antwort noch sein Gespräch so weit ausdehnte, wie Paradin sagte. Freilich tröstete er sie sehr ehrenvoll und einfach über ihre kundgegebene Betrübnis; sie habe keine Veranlassung, darüber besorgt zu sein, da er ihren Sohn zur Sicherung seines Standes und nicht wegen besonderer Feindschaft bei sich haben wolle, um ihn mit seinem ältesten Sohn zusammenzubringen, mit diesem aufzuziehen und die nämliche Lebensweise, das nämliche Glück genießen zu lassen; und da er von Franzosen abstamme und er ein Franzose wäre, könne er gar nicht besser erzogen werden als am Hofe von Frankreich und unter Franzosen, wo er so viele Freunde und Verwandte hätte; vor allem vergaß er nicht zu sagen, daß das Haus Lothringen dem von Frankreich mehr verpflichtet wäre als irgendeinem Haus in der Christenheit, indem er sie auf die Verpflichtung des Herzogs von Lothringen gegenüber dem Herzog Karl von Burgund hinwies, der vor Nancy getötet wurde: man konnte daher unfehlbar glauben, daß er unter Frankreich sowohl den Herzog von Lothringen wie sein Herzogtum zerstört und ihn zum elendesten Prinzen von der Welt gemacht hätte. Hier zeigte sich, wem das Haus Lothringen mehr verpflichtet war, dem von Frankreich oder dem von Burgund, indem er's ihr ein wenig merken ließ, daß er vermute, sie sei mit Burgund verbündet und sie neige sich auf jene Seite und könne diese Neigung auf ihren Sohn übertragen und ihn damit beeinflussen; daher wolle er sich seiner versichern. Er wies sie auch auf den Dank hin, den die Angehörigen des Hauses Lothringen den Franzosen schuldig waren, weil sie auf den Kreuzzügen bei der Eroberung von Jerusalem, des Königreichs Neapel und Sizilien von ihnen so tüchtig unterstützt worden waren. Er führte auch an, wie weder seine Natur noch Ehrgeiz darauf abzielten, die Fürsten zu vernichten oder zu beseitigen, sondern ihnen in der Not durchaus zu helfen, wie er mit der kleinen Königin von Schottland, der nächsten Verwandten seines Sohnes, mit dem Herzog von Parma und mit Deutschland getan habe, das so bedrückt war, daß es ohne seine Hilfe zusammengestürzt wäre; kraft derselben Güte und Großmut wolle er den kleinen jungen lothringischen Prinzen in seinem Schutz haben, um ihn noch mehr zu erhöhen als bisher und ihn zu seinem Sohn zu machen, indem er ihm eine seiner Töchter gäbe; Gründe genug, daß sie darüber nicht betrübt zu sein brauche.

Aber all diese schönen Worte und guten Begründungen konnten sie durchaus nicht trösten oder ihr im geringsten ihren Kummer ertragen helfen. Daher zog sie sich, nachdem sie ihre Verbeugung gemacht hatte, unter stetem Vergießen vieler kostbarer Tränen in ihr Zimmer zurück, wohin sie der König bis an die Türe geleitete; und am andern Morgen, bevor sie abreiste, besuchte er sie auf ihrem Zimmer und beurlaubte sich von ihr, ohne daß sie auf ihre Bitte etwas anderes erlangt hätte. Da sie nun ihren teuren Sohn aus ihren Augen entschwinden und nach Frankreich geführt werden sah, entschloß sie sich ihrerseits, Lothringen zu verlassen und sich nach Flandern zu ihrem kaiserlichen Onkel (welch schönes Wort!) und zu ihrem Vetter, dem König Philipp, und ihren Tanten, den Königinnen, zurückzuziehen (was für Verbindungen und Titel!), und führte es auch aus; und dort blieb sie, bis der Friede zwischen den beiden Königen geschlossen wurde, und der von Spanien übers Meer und fortging.

Zu diesem Frieden trug sie sehr viel bei, ja er war ihr ganz zu verdanken: denn nachdem sich die Abgesandten der einen wie der andern Partei, wie ich hörte, sehr abgemüht und in Cercan mehrere Tage gebraucht hatten, ohne zu einem Resultat zu kommen, da sich alle irrten oder wie Jäger auf der falschen Fährte waren, übernahm sie, vom Geist Gottes erfüllt oder von gutem christlichem Eifer und ihrem natürlichen Verstand getrieben, die Leitung dieser großen Unterhandlung und führte sie so tüchtig, daß der Ausgang für die ganze Christenheit damals sehr glücklich wurde. Es konnte sich auch niemand geeigneter finden, sagte man, diesen großen Stein zu wälzen und zu sichern; denn sie war eine sehr geschickte und überaus besonnene Dame, die ein schönes und hohes Ansehen genoß; kleine und geringe Leute passen aber auch nicht für solche Aufgaben wie die Großen. Anderseits glaubte ihr königlicher Vetter ihr sehr und setzte mit ihrer Berufung ein hohes Vertrauen auf sie; er liebte sie sehr und brachte ihr eine überaus tiefe Neigung und Liebe entgegen: sie verbreitete aber auch Glanz und Ruhm über seinen Hof, der ohne sie sehr öde gewesen wäre; trotzdem hatte er später, wie ich hörte, nicht sehr viel Dank für sie und behandelte sie auch nicht sehr gut in den Besitzungen, die ihr als Wittum im Herzogtum Mailand zugefallen waren, wo sie in erster Ehe mit dem Herzog Sforza verheiratet gewesen war: denn wie man mir sagte, brachte er es so weit, daß sie ihm einige überlassen mußte.

Ich hörte, daß sie nach dem Verlust ihres Sohnes mit dem Herrn von Guise und seinem Bruder, dem Herrn Kardinal, sehr in Unfrieden lebte; sie klagte sie an, den König dazu überredet zu haben, weil sie ebensosehr den Ehrgeiz hatten, den ihnen so nahe verwandten Vetter als Sohn angenommen und mit dem Hause Frankreich verheiratet zu wissen, als deswegen, weil sie einige Zeit vorher einen Eheantrag des Herrn von Guise abgelehnt hatte, der ihr davon hatte sprechen lassen. Stolz bis zum äußersten, sagte sie, daß sie niemals den Jüngsten des Hauses heiraten würde, dessen ältesten Sproß sie geheiratet hätte; diese Zurückweisung trug ihr Herr von Guise sehr nach, ja in der Heirat, die er nachher machte, verlor er nicht einmal etwas; denn seine Gemahlin entstammte einem sehr berühmten Hause und war die Enkelin König Ludwigs XII., eines der tüchtigsten und tapfersten Könige, die je auf dem französischen Thron saßen, und noch mehr, sie war die schönste Frau der Christenheit.

Dazu hörte ich, als sich diese beiden Prinzessinnen das erstemal sahen, betrachteten sich alle beide so sehr, hielten ihre Blicke so fest aufeinander gerichtet, bald schräg, bald von der Seite, daß sie einander nicht genug betrachten konnten, so eifrig und aufmerksam sahen sie sich an. Es mag sich jeder die verschiedenen Gedanken denken, die sie darüber in ihren schönen Seelen hegen konnten; genau so, wie man liest, daß Scipio und Hannibal, kurz vor dem Beginn jener großen Schlacht, die in Afrika zwischen ihnen nach der vollständigen Kriegserklärung zwischen Rom und Karthago stattfand, während eines kleinen Stillstands der Bewegungen ungefähr zwei Stunden lang miteinander sprachen: und wie sie sich einander näherten, verweilten sie einige Zeit, verzückt in gegenseitige Betrachtung; jeder gedachte der Tüchtigkeit seines Kollegen, so berühmt durch schöne Taten, die sich auf ihren Gesichtern, auf ihren Leibern und in ihrer schönen und kriegerischen Haltung und Gebärde abspiegelten. Nachdem sie in solchen Bewunderungen den gegenseitigen Wert abgewogen hatten, schritten sie zu jenen Verhandlungen, die Titus Livius so vorzüglich beschreibt. Das ist Tüchtigkeit, die unter Haß und Feindseligkeit noch Bewunderung erregt, und so wird auch unter eifersüchtigen Frauen noch die Schönheit bewundert, wie bei jenen beiden Damen und Prinzessinnen, von denen ich soeben sprach!

Ihre Schönheit und Anmut konnten gewiß gleich genannt werden, wenn Frau von Guise ihr nicht etwas überlegen gewesen wäre; auch war sie es zufrieden, sie darin zu übertreffen, nicht aber an Ruhm und Stolz; denn sie war die sanfteste, gütigste, demütigste und leutseligste Prinzessin, die man hätte sehen können, wenn sie sich auch in ihrem Aussehen hochmütig und anmaßend zeigte. Das war das Werk der Natur: in ihrem hohen und schönen Wuchs wie in ihrer ernsten Haltung und hohen Würde; und wenn man sie sah, dachte man daher immer nur mit Furcht daran, an ihre Seite zu treten; hatte man sich aber zu ihr gesellt und mit ihr geredet, so fand man sie nur ganz freundlich, redlich und gutmütig, das hatte sie von ihrem Großvater, dem guten Vater des Volks, und von der freundlichen französischen Art. Freilich wußte sie ihre Hoheit und ihren Ruhm sehr zu behaupten und ins Licht zu stellen, wenn es nötig war. Ich hoffe von ihr noch besonders an anderem Orte zu reden.

Ihre Hoheit von Lothringen war im Gegensatz zu ihr sehr stolz und etwas zu anmaßlich. Ich lernte sie ein paarmal in ihrem Verhältnis zur Königin von Schottland kennen, die nach ihrer Verwitwung eine Reise nach Lothringen antrat, wo ich war; aber man meinte, ihre Hoheit wolle sich sehr häufig über die Majestät jener Königin erhöhen und hinwegsetzen. Diese aber, die sehr klug und adlig war, ließ es ihr kein einziges Mal durchgehen, und räumte ihr in nichts einen Vorzug über sich ein, wiewohl sie von derselben Freundlichkeit war; auch war sie ja von dem Herrn Kardinal, ihrem Onkel, sehr gut eingeweiht und von der Gemütsart der Prinzessin unterrichtet worden; da sie aber ihren Stolz nicht anbringen konnte, wollte sie sich der Königin-Mutter gegenüber etwas schadlos halten, als sie sich sahen; aber das war à glorieuse glorieuse et demy, auf eine Stolze anderthalbe; denn die Königin-Mutter war nötigenfalls die stolzeste Frau von der Welt, so sah ich sie auch und hörte sie von verschiedenen Großen so nennen, und besonders, wenn sie den Stolz von irgendwem demütigen mußte, der ihn zur Geltung bringen wollte; denn sie drückte ihn bis in die Mitte des Erdballs hinunter: trotzdem verhielt sie sich ihrer Hoheit gegenüber einfach, hielt ihr genug zugute und ehrte sie, dennoch behielt sie die Zügel immer in Händen und führte sie jetzt mit starker, dann mit schwacher Hand, wie es nötig war, weil sie sich weder irren noch abgedrängt werden wollte; denn ich hörte sie zwei- oder dreimal sagen: »Das ist die stolzeste Frau, die ich je sah!« Das war damals, als sie zur Salbung des hochseligen Königs Karl IX. kam, wohin sie nach Reims eingeladen war. Ihren Einzug wollte sie nicht zu Pferde halten, weil sie fürchtete, dabei ihre Hoheit und ihre Würde nicht genug zu zeigen, sondern sie setzte sich in eine wegen ihrer Witwenschaft ganz mit schwarzem Samt ausgeschlagne sehr stolze Kutsche, die von den schönsten vier weißen türkischen Pferden gezogen wurde, und alle vier waren wie an einem Triumphwagen in einer Reihe gespannt. Sie saß am Kutschenschlag in prächtigem Gewande, allerdings ganz schwarz, in einer Samtrobe; aber am Kopf war sie ganz weiß, überaus schön, artig und stolz geschmückt und geputzt; am andern Wagenschlag saß eine ihrer Töchter, eine spätere Herzogin von Bayern; den Rücksitz nahm ihre Edeldame ein, die Prinzessin von Mazedonien. Die Königin wollte sie bei diesem Triumph in den unteren Hof einfahren sehen, begab sich ans Fenster und sagte leise: »Das nenne ich ein stolzes Weib!« Und als sie dann ausgestiegen war und hinaufkam, wurde sie von jener Königin inmitten des Saales allein empfangen, oder wenigstens etwas weiter vorne, in größerer Nähe der Türe. Es wurde ihr ein ausgezeichneter Empfang zuteil; denn sie beherrschte damals alles, der Tugend ihres königlichen Sohnes halber, den sie erzog und alles tun ließ, was sie wollte, was ihrer Hoheit zur großen Ehre gereichte. Der ganze Hof, die Großen wie die Kleinen, achteten und bewunderten sie sehr und fanden sie überaus schön, auch wenn sich ihre Jahre neigten, die auf etwas über vierzig Jahre kommen konnten; verändert fand man allerdings nichts an ihr; denn ihr Herbst übertraf den Sommer von manchen andern Frauen sehr. Man muß es dieser Prinzessin hoch anrechnen, daß sie so schön war, und daß sie ihre Witwenschaft bis an ihr Grab bewahrt und den Manen ihres Gemahls, ohne sich zum drittenmal zu vermählen, so unverletzlich und unbefleckt die Treue gewahrt hat.

Sie starb ein Jahr später, nachdem sie die Nachricht bekommen hatte, daß sie Königin von Dänemark geworden wäre, ihrem Geburtsland; dieses Königreich war ihr zugefallen, so daß sie vor ihrem Tod den Namen Hoheit, den sie so lange getragen hatte, mit »Majestät« vertauschen konnte, und leider führte sie ihn keine sechs Monate. Ich glaube, sie hätte lieber noch den Namen Hoheit weiter geführt und gewünscht, noch länger in ihrer früheren schönen Jugendblüte zu bleiben; denn im Vergleich mit der Jugend haben keine Königreiche und Kaiserreiche etwas zu bedeuten. Wiederum war es ihr eine Ehre und ein Glück, vor dem Tod den Namen Königin führen zu können: freilich war sie, nach dem, was ich sagen hörte, entschlossen, nicht in ihr Königreich zu gehen, sondern wollte den Rest ihrer Tage in ihrem italienischen Wittum, in Tortona, verbringen; die Leute des Landes nannten sie nur Frau von Tortona (was freilich kein schöner Name und ihrer nicht würdig ist), und dahin hatte sie sich lange Zeit vor ihrem Tode zurückgezogen, ebensosehr einiger Gelübde halber, die sie an den heiligen Orten da unten abgelegt hatte, als auch, weil sie die dortigen Bäder näher haben wollte; denn sie wurde kränklich und sehr gichtisch.

Ihre Gewohnheiten waren vortrefflich, fromm und ehrbar, wie etwa zu Gott beten, den Armen Almosen geben und mildtätig sein, besonders gegen die Witwen, unter denen sie der armen Frau von Castellana in Mailand gedachte, die wir am Hofe elend hinleben sahen; ohne die Königin-Mutter, die stets irgendeine kleine Wohltat für sie hatte, wäre es ihr schlecht gegangen. Diese war eine Tochter der Prinzessin von Mazedonien und diesem großen Hause entsprossen. Ich sah sie als eine sehr ehrenwerte Frau und sehr bejahrt; sie war Erzieherin ihrer Hoheit gewesen. Als die Königin von dem Elend erfuhr, in dem jene arme Castellana lebte, ließ sie sie holen und zu sich kommen und behandelte sie so gut, daß sie die Not nicht mehr empfand, die sie in Frankreich fühlte.

Das war es, was ich in Kürze von dieser großen Prinzessin sagen konnte, und wie sie sich als schöne vortreffliche Witwe so sehr sittsam geführt hat. Freilich wird man sagen können, daß sie vorher mit dem Herzog Sforza verheiratet war. Allerdings war sie das, aber er starb alsbald, und sie waren kein Jahr verheiratet, als sie schon im Alter von fünfzehn oder sechzehn Jahren Witwe wurde; daher verheiratete sie der Kaiser, ihr Onkel, mit dem Herzog von Lothringen zur Befestigung und Sicherung seiner Bündnisse; aber sie ward wiederum Witwe in der Blüte ihres Alters, nachdem sie ihre schöne Ehe lange Jahre hindurch nicht genossen hatte; und die ihr blieben, die schönsten, die am meisten zu schätzen und zu nutzen waren, die verlebte und verbrachte sie in einer zurückgezogenen und keuschen Witwenschaft.

Bei diesem Punkt muß ich auch ein paar Worte über die schönen Witwen alter Zeiten reden, nämlich von jener ehrenwerten Witwe Bianca von Montferrat, aus einem der ältesten Häuser Italiens, Herzogin von Savoyen, die schönste und vollendetste Prinzessin ihrer Zeit, die zu den klügsten und besonnensten gehörte und die Vormundschaft ihres Sohnes und seine Besitztümer so gut und weise verwaltete, wie man je von einer Frau und Mutter sah, da sie im Alter von 23 Jahren Witwe geworden war.

Sie war es, die den kleinen König Karl VIII., als er in sein Königreich Neapel ging, in allen ihren Gebieten so ehrenvoll empfing, besonders bereitete sie ihm in ihrer Stadt Turin einen sehr prunkvollen Einzug, an dem sie selbst teilnahm und auch sehr kostbar angetan mitzog; sie zeigte schon, daß sie sich als große Dame fühlte; denn sie war in einem prachtvollen Staat, in einer herrlichen Robe aus gekräuseltem Goldstoff, die ganz mit großen Diamanten, Rubinen, Saphiren, Smaragden und einer Fülle anderer Steine besetzt war. Auch am Haupte trug sie die kostbarsten Edelsteine; an ihrem Hals einen Ring oder eine Kette, die mit überaus großen unschätzbaren orientalischen Perlen geziert war, und an ihren Armen hatte sie ganz ebensolche Armbänder. Sie ritt einen sehr prächtig geschirrten schönen weißen Zelter, den sechs große in durchwirkten Goldstoff gekleidete Lakaien geleiteten. Eine große Schar Fräuleins folgten ihr, sehr reich, zierlich und reizend nach piemontesischer Mode gekleidet, die schön anzusehn waren; nach ihnen kam ein sehr großer Trupp von Edelleuten und Kavalieren des Landes; so führte sie denn den König Karl unter einem reichen Thronhimmel in die Stadt ein und stieg im Schlosse ab, wo er wohnte; und hier vor dem Schloß stellte ihm die Frau Herzogin vor dem Eintritt ihren sehr jungen Sohn vor; darauf richtete sie eine überaus schöne Ansprache an ihn und bot ihm ihre Besitzungen und ihr Vermögen an, die ihrigen wie die ihres Sohnes; das nahm der König sehr freundlich auf und dankte ihr sehr dafür, indem er sich ihr überaus verpflichtet fühlte. Überall in der ganzen Stadt sah man die Schilder Frankreichs und Savoyens verknüpft mit einem breiten Liebesband, das die beiden Wappen und die beiden Ordenssprüche mit den Worten verband: Sanguinus arctus amor, so nach dem Bericht der Chronik von Savoyen.

Ich hörte es von manchen unsrer Väter und Mütter, die es von den ihren hatten, die dabei waren, und besonders von der Frau Seneschall von Poitou, meiner Großmutter, die damals Hoffräulein war; sie versicherte, daß man damals nur von der Schönheit, Klugheit und Überlegtheit dieser Fürstin redete, und daß alle Höflinge und Galane am Hofe nach ihrer Rückkehr nach Frankreich die Hofdamen und Hoffräuleins nur von ihrer Schönheit und Tugend unterhielten; vor allem war der König entzückt, der sich anscheinend in seinem Herzen von ihr verwundet zeigte.

Trotzdem hatte er auch ohne diese Schönheit reiche Veranlassung, sie sehr zu lieben; denn sie half ihm mit allen Mitteln, mit denen sie nur konnte, sie entäußerte sich aller ihrer Edelsteine, ihrer Perlen und Juwelen, um sie ihm zu leihen und zu verpfänden, wie es ihm gut dünkte; das verdient große Anerkennung; denn gewöhnlich hegen die Damen zu ihren Edelsteinen, Ringen und Juwelen eine überaus große Zuneigung, und lieber verpfänden sie gewöhnlich irgendeine Köstlichkeit ihres Leibes als ihren Reichtum an Kleinodien: ich rede von manchen, nicht von allen. Gewiß mußte ihr der König sehr verpflichtet sein; denn ohne diese Freundlichkeit und auch ohne die der Marquise von Montferrat (ebenfalls eine sehr ehrbare und sehr schöne Dame) hätte er sehr argen Schimpf davongetragen und wäre von seiner halben Reise, die er ohne Geld unternommen hatte, wieder zurückgekehrt, noch schlimmer als jener französische Bischof, der ohne Geld und Latein aufs Konzil von Trient ging. Das nenne ich sich einschiffen, ohne daß man Proviant hat! Aber sie unterscheiden sich doch beide sehr voneinander; denn was der eine tat, das rührte aus einem schönen Adel und großen Ehrgeiz her, die ihm für alle Unzuträglichkeiten die Augen verschlossen, wie denn seinem tapfern Herzen nichts unmöglich war; aber der andre bedurfte Geist und Geschicklichkeit, während er doch durch Ignoranz und Dummheit sündigte, wenn er sich nicht darauf verließ, sich durchs Konzil durchzufechten.

Bei dem schönen Einzug, den ich soeben schilderte, muß auch die Pracht der Gewänder der Prinzessin erwähnt werden, die ein wenig mehr die verheiratete Frau (wird man sagen) als die Witwe heraussteckte. Allerdings konnte sie sich, wie damals die Damen sagten, für einen so großen König schon einmal ihrer Witwenschaft entschlagen, wie es auch sonst keiner Erlaubnis bedurfte, große Leute geben sich das Gesetz selbst; und damals genossen die Witwen in ihren Kleidern größere Freiheiten und waren nicht so streng gehalten, wie sie es seit einigen vierzig Jahren geworden sind; so kleidete sich eine große Dame, die ich kenne, die bei einem König in Gunst stand, ja seine höchste Wonne war, etwas bescheidener (indessen doch stets in Seide), um ihr Spiel besser verhüllen und verdecken zu können; daher wollten ihr die Witwen am Hof nacheifern, indem sie es ebenso machten wie sie. Dennoch schränkte sie sich nicht so sehr ein und legte sich auch nicht die Härte auf, hübschen und pompösen Kleidern zu entsagen, stets ging sie jedoch in Schwarz und Weiß; und dabei ließ sie mehr Weltlust durchlugen als Eingeschränktheit einer Witwe, vor allem zeigte sie immer ihren schönen Hals. Die Königin-Mutter König Heinrichs III. hörte ich bei der Salbung und Hochzeit König Heinrichs III. dasselbe sagen: Die Witwen der vergangenen Zeit hätten auf ihre Kleider, auf ihre Sitten und Handlungen nicht so sehr acht gegeben wie heutzutage; das hatte sie zur Zeit Königs Franz gesehen, der seinen Hof in allem frei haben wollte; besonders sollten die Witwen dort tanzen, und man nahm sie ebenso frei, wie man es mit den Mädchen und verheirateten Frauen machte; und das sagte sie in dem Augenblick, in dem sie Herrn von Vaudemont befahl und bat, zur Ehre des Festes die verwitwete Frau Prinzessin von Condé zum Tanze zu führen; er tat es, um ihr zu gehorchen, und führte sie zum großen Ball; wer gleich mir bei der Salbung war, hat's gesehen und wird sich sehr gut daran erinnern können. Das waren die Freiheiten, die die Witwen damals genossen. Heutzutage ist es ihnen verboten wie eine Tempelschändung, und auch die Farben sind es; denn sie dürfen nur Schwarz und Weiß tragen; ihre Röcke und Unterröcke wie ihre Strümpfe können sie wohl in Grau, Lohfarben, Violett und Blau tragen. Manche sah ich, die sich mit Rot, Fleischfarbe und Chamois Freiheiten herausnahmen wie in vergangenen Zeiten; denn in ihren Unterröcken und Strümpfen durften sie alle Farben tragen, nicht in den Kleidern, hörte ich sagen.

Auch konnte diese Herzogin jenes Kleid aus Goldstoff wohl tragen; denn es war ihr Herzogsgewand, das Kleid ihrer Würde, das ihr zukam und ihr erlaubt war, um ihre Souveränität und ihren Rang als Herzogin zu zeigen. Das können auch unsre Gräfinnen und Herzoginnen noch und tun es noch, die bei ihren Feierlichkeiten ihre herzoglichen und gräflichen Gewänder tragen und tragen können. Unsre bekümmerten Witwen wagen keine Steine zu tragen außer an den Fingern, an ein paar Spiegeln und ein paar Gebetbüchern und schönen heiligen Dingen, nicht aber am Kopfe und an ihrem Leibe, dagegen am Hals und am Arme sehr viele Perlen; und ich schwöre, ich habe Witwen gesehen, die in ihren weißen und schwarzen Kleidern ebenso propre und ebenso anziehend waren wie die Buntscheckigkeit verheirateter und unverheirater Französinnen. Damit ist von dieser ausländischen Witwe genug geredet: ich muß ein wenig von den unsern reden, und ich will mich nun mit unserer weisen Königin Louise von Lothringen befassen, der Gemahlin des jüngst verstorbenen Königs Heinrich.

Man kann und muß diese Prinzessin sehr rühmen; denn sie hat sich in ihrer Ehe mit ihrem königlichen Gemahl so sittsam, keusch und ehrenhaft verhalten, daß das Band, mit dem sie an ihn geknüpft war, stets so fest und unauflöslich geblieben ist, daß man es niemals gelockert fand, wiewohl ihr königlicher Gemahl manche Male mit seiner Liebe wechselte, nach der Art der Großen, die ihre Freiheit für sich beanspruchen; und wiewohl er ihr schon gleich vom schönen ersten Anfang ihrer Ehe an (zehn Tage nachher) eine große Kränkung zufügte; denn er nahm ihr ihre Kammerzofen und Fräuleins weg, die stets bei ihr gewesen und in ihrem Dienste gestanden hatten, sie bedauerte sie sehr; und es traf sie auch tief ins Herz, besonders wegen Fräulein von Changy, einem sehr schönen und überaus ehrbaren Fräulein, die es nicht verdiente, aus der Gesellschaft ihrer Herrin oder vom Hofe vertrieben zu werden. Es ist auch ein großer Verdruß, eine gute Gefährtin und Vertraute zu verlieren. Ich weiß, daß einmal eine ihrer vertrautesten Damen so anmaßlich war, ihr unter Lachen und Scherzen zu raten: da sie keine Kinder vom König haben könnte und auch nie welche bekäme (aus vielen Gründen, die man damals sagte), täte sie gut daran, sich irgendeiner dritten und geheimen Person zu bedienen, um welche zu bekommen, damit sie nicht ohne Ansehen wäre, wenn der Fall einträte und der König stürbe, daß sie vielmehr eines Tages Königin-Mutter des Königs sein könne und dieselbe Würde und Hoheit habe wie die Königin, ihre Schwiegermutter. Sie wies jedoch diesen spaßhaften Ratschlag sehr weit von sich ab und nahm ihn sehr übel auf und brachte auch seitdem dieser guten Beraterin keine Liebe mehr entgegen, da sie ihre Größe lieber auf ihre Keuschheit und Tugend als auf eine dem Laster entsprossene Nachkommenschaft stützen wollte. Nach der Meinung der Welt und der Lehre Machiavellis gemäß brauchte dieser Rat aber doch nicht verworfen zu werden.

Man sagt, die Königin Marie von England, die dritte Gemahlin König Ludwigs XII., handelte nicht so; denn unzufrieden und voller Mißtrauen in die Schwäche ihres königlichen Gemahls wollte sie diesen Weg versuchen, indem sie die Hand des Herrn Grafen von Angoulême ergriff, später König Franz, der damals ein junger, schöner und sehr angenehmer Fürst war; sie erwies ihm die höchsten Aufmerksamkeiten, indem sie ihn immer »Mein Herr Schwiegersohn« nannte; er war es auch; denn er hatte bereits Claudia, die Tochter des Königs Ludwig, geheiratet. Sie war in der Tat von ihm hingerissen; und als er sie sah, ward er es von ihr, so daß wenig fehlte und die beiden Feuer wären zusammengeschlagen, wäre nicht der verstorbene Herr von Grignaux gewesen, ein sehr kluger und besonnener Edelmann und Hofmarschall von Périgord, der Chevalier d'Honneur der Königin Anna gewesen war, wie wir gesagt haben, und er war es noch von der Königin Marie. Als er sah, daß das Stück wirklich vonstatten gehn sollte, hielt er diesem meinen Herrn von Angoulême den Fehltritt vor, den er zu begehen im Begriff war, und sagte zu ihm voller Zorn: »Wie, heiliger Schabbes!« (das war nämlich sein Schwur) »was wollt Ihr machen? Seht Ihr nicht, daß dieses schlaue und gewitzigte Weib Euch an sich locken will, damit Ihr sie schwanger macht? Und wenn sie unversehens einen Sohn bekommt, dann seid Ihr immer noch ein simpler Graf von Angoulême und werdet nie König von Frankreich werden, wie Ihr hofft. Der König, ihr Gemahl, ist alt und kann ihr keine Kinder mehr machen. Ihr werdet sie berühren und Euch Ihr so sehr nähern, daß Ihr, jung und heiß wie sie, daß Ihr, heiliger Schabbes, Ihr auf den Leim gehen werdet; sie wird ein Kind kriegen, und dann steht Ihr da! Dann könnt Ihr wohl sagen: Adieu, mein Teil vom Königreich Frankreich. Also, denkt daran.« Diese Königin wollte das spanische Sprichwort und den Vers erproben und praktizieren, der da lautet: Nunca muger aguda murio sin herederos; »eine geschickte Frau stirbt niemals ohne Erben;« d. h. wenn ihr Gemahl ihr keine macht, hilft sie sich mit einem zweiten, der's ihr macht. Herr von Angoulême dachte wirklich daran und beteuerte, klug sein und davon Abstand nehmen zu wollen: aber wieder und wieder von den Liebkosungen und Schmeicheleien dieser schönen Engländerin versucht, fiel er doch immer mehr auf sie hinein. Das ist die Glut der Liebe! Was ist so ein Stückchen Fleisch, für das man Königreiche und Kaiserreiche hingibt und verliert, wovon die Geschichten voll sind. Als Herr von Grignaux sah, daß der junge Mann seine Liebschaft fortsetzte und im Begriff war, sich zugrund zu richten, sagte er es schließlich Frau von Angoulême, seiner Mutter, die ihm Einhalt gebot und ihn so ausschalt, daß er nicht zu ihr zurückkehrte. Indessen sagte man, um als Königin-Mutter zu leben und zu regieren, tat die Königin kurz vor und nach dem Tod ihres königlichen Gemahls ihr möglichstes. Aber er starb ihr zu früh; denn sie hatte nicht viel Zeit, das Geschäft zu besorgen; nichtsdestoweniger ließ sie nach dem Tode des Königs das Gerücht aussprengen, sie wäre schwanger; da sie es aber am Leibe keineswegs war, sagte man sogar, sie lasse sich äußerlich allmählich mit Tüchern anschwellen, und wenn die Zeit käme, bekäme sie ein untergeschobenes Kind, das eine andre schwangere Frau soeben geboren, und in der Zeit der Niederkunft würde sie es vorzeigen. Aber die aus Savoyen stammende Frau Regentin, die wußte, was es heißt, Kinder zu machen, und die sah, daß es sich dabei nur zu sehr um sie und ihren Sohn handelte, ließ sie von Ärzten und Hebammen genau beobachten und untersuchen, und als sie ihre Tücher und Behänge sahen und entdeckten, da war sie entlarvt und in ihrem Plan behindert, mit der Königin-Mutter war es aus, und sie wurde in ihr Land zurückgeschickt.

Man sieht, wie sich die Maria von unsrer Königin Louise unterscheidet; diese war so sittsam, keusch und tugendhaft, daß sie weder mit einer wahren noch mit einer falschen Unterschiebung Königin-Mutter hat sein wollen. Und wenn sie ein solches Spiel hätte spielen wollen, hätte sie es ruhig tun können; denn es achtete niemand darauf, und sie hätte damit verschiedene sehr starr gemacht. Der heute regierende König ist ihr dafür sehr verbunden und darf sie dafür sehr lieben und ehren; denn wenn sie den Streich ausgeführt und ein kleines Kind erzeugt hätte, wäre der König, statt ein König zu sein, bloß ein kleiner Regent in Frankreich gewesen, möglicherweise auch nicht: und der schwache Name hätte ihn nicht davor schützen können, daß er viel mehr leiden und Kriege auszustehen hatte, als er schon ausstand.

Von manchen, Geistlichen wie Weltleuten, hörte ich sagen und folgendes Urteil fällen: unsre Königin hätte besser daran getan, wenn sie diese Partie gespielt hätte, und Frankreich hätte nicht so viel Elend, Verarmung und Zerstörung auszustehen gehabt, wie es hat und haben wird, und der Christenheit wäre es besser gegangen. Ich berufe mich hier auf die Ansicht von tapfern Sprechern und Eingeweihten (ich glaube aber nicht daran; denn wir stehn uns gut mit unserm König, Gott schütze ihn); denn sie haben eine wackre Veranlassung, die für den Staat sehr bedeutsam ist, nicht aber für Gott, wie mir scheint, dem unsre Königin stets sehr ergeben war, sie liebte ihn nämlich so sehr, betete ihn so an, daß sie sich und ihren hohen Stand zurücksetzte und seinen Dienst voranstellte; denn wiewohl sie eine vortreffliche Prinzessin war (der König nahm sie auch wegen ihrer Schönheit und Tugend), obwohl sie jung, fein und überaus liebenswürdig war, widmete sie sich doch nichts anderm als Gott zu dienen, zu den Andachten zu gehn, fortwährend die Hospitäler zu besuchen, an die Kranken zu denken, die Toten zu begraben, und vergaß oder vernachlässigte dabei keines der guten und frommen Werke, welche die heiligen, frommen und guten Damen, Prinzessinnen und Königinnen der Vergangenheit der Urkirche beobachteten. Nach dem Tod ihres königlichen Gemahls tat sie stets das gleiche, sie verbrachte die Zeit damit, ihn zu beweinen und zu beklagen und für seine Seele Gott zu bitten; so daß ihr Witwenleben dem in der Ehe ganz gleich war. Zu Lebzeiten ihres Gemahls argwöhnte man, daß sie ein wenig auf die Seite der Union neige, weil sie, als beste Christin und Katholikin, doch jene liebte, die für ihren Glauben und ihre Religion kämpften und stritten; aber geliebt hat sie sie nie, sondern ganz von sich gewiesen, nachdem sie ihren Gemahl ermordet hatten; sie forderte keine andre Rache oder Strafe, als wie sie Gott schicken wollte, wenn sie auch die Menschen und vor allem unsern König darum bat, der für diese ungeheuerliche Tat an einem geweihten Manne Gerechtigkeit schuldig war. So lebte diese Prinzessin in der Ehe und als Witwe ohne Fehl und Tadel. Zuletzt starb sie in einem sehr schönen Ruhm, der ihrer würdig war, nachdem sie lange gesiecht und sich schwindsüchtig und trocken hingeschleppt hatte, weil sie nur noch der Trauer gelebt hatte, sagte man. Sie starb einen sehr schönen und sehr frommen Tod. Vor ihrem Hinscheiden ließ sie ihre Krone auf ihr Bettkissen neben sich legen und wollte sie nicht von sich entfernen lassen, solange sie noch atmete, und nach ihrem Tode sollte sie damit gekrönt werden und solange sie über der Erde wäre.

Sie hinterließ eine Schwester, Madame de Joyeuse, die ihr in ihrem spröden und keuschen Leben nachahmte; für ihren Gemahl erhob sie großes Wehe und großes Klagen: und er war auch ein kühner, tapferer und vollendeter Herr. Ich hörte überdies: als der jetzt regierende König in solcher Klemme in Dieppe war, das Herr von Mayne mit 4oooo Mann belagert und wie in einem Sack zusammengepreßt hielt, sagte sie, wäre sie an der Stelle des Herrn Kommandeurs von Chate gewesen, der drinnen befahl, so hätte sie sich am Tod ihres Gatten ganz anders gerächt als jener Herr Kommandeur, dem es wegen der Verpflichtungen, die er Herrn von Joyeuse gegenüber hatte, nicht passieren durfte, sagte sie; seitdem liebte sie ihn nicht mehr, sondern haßte ihn wie die Pest, da sie ihn wegen eines solchen Vergehens nicht entschuldigen konnte, wie wohl andre der Meinung sind, er habe die versprochene Treue und Redlichkeit gewahrt. Nun läßt sich aber keine Frau, sei sie nun gerecht oder ungerecht beleidigt, den Mund verschließen, so auch diese; sie konnte den jetzt regierenden König nicht lieben, ob er gleich den verstorbenen König sehr beklagt und Trauer um ihn gehegt hatte, und dabei gehörte sie mit zur Liga; aber sie sagte, ihr Gatte und sie seien ihm aufs äußerste verbunden. Kurz, es war eine tüchtige und sittsame Prinzessin, die man wegen der Trauer ehren muß, die sie der Asche ihres Gemahls bezeigte, wenigstens für einige Zeit bezeigte; denn sie verheiratete sich wieder mit dem Herrn von Luxemburg. Sie war so jung, sollte sie da ewig in Brand stehn?

Madame von Guise, Katharina von Cleve, eine der drei Töchter Nevers' (gewiß drei Prinzessinnen, die man nicht genug loben könnte, sowohl wegen ihrer Schönheiten wie wegen ihrer Tugenden, sie bekommen ein besondres Kapitel von mir), trauerte unaufhörlich und würdig um ihren verewigten Gemahl; was war das aber auch für ein Gemahl? Der Ritter ohnegleichen in der Welt; so nannte sie ihn in einigen ihrer Briefe, die sie an ein paar ihrer vertrautesten Damen schrieb, die ich nach ihrem Unglück sah; mit ihren schmerzlichen und traurigen Worten gab sie ihnen sehr kund, von was für Klagen ihre Seele wund war.

Ihre Frau Schwägerin, Frau von Montpensier, von der ich anderswo zu reden hoffe, weihte ihrem Gemahl ebenfalls schmerzlichste Tränen; und obgleich sie ihn verlor, wie sie noch sehr jung, schön und liebenswürdig war und noch mit vielen Vollkommenheiten des Leibes und der Seele ausgestattet war, dachte sie doch nie daran, sich wieder zu verheiraten, obwohl sie ihren Gatten in sehr zartem Alter genommen hatte (er hätte ihr Großvater sein können) und obwohl sie die ehelichen Früchte nur sehr mäßig gepflückt hatte; sie hat sie nicht wieder kosten und auch die Fehler und Reste in einer zweiten Ehe nicht wieder auskorrigieren wollen.

Ich habe verschiedene Herren, Edelleute und Damen sich häufig über die verwitwete Frau Prinzessin von Condé aus dem Hause Longueville wundern sehen, die sich niemals wieder verheiraten wollte, da sie doch eine der schönsten Damen von Frankreich und sehr begehrenswert war (sie gefiel sich in ihrem Witwenstand, ohne den Wunsch nach einer zweiten Heirat zu haben), und besonders weil sie sehr jung Witwe blieb.

Die Frau Marquise von Rothelin, ihre Mutter, hat es ebenso gemacht, so überaus schön, wie sie war, starb sie doch als Witwe. Gewiß, Mutter und Tochter konnten mit ihren Augen und ihren süßen Blicken ein ganzes Königreich in Brand setzen, und am Hofe und in Frankreich galten sie für die angenehmsten und anziehendsten. Unzweifelhaft versengten sich auch manche daran; ihnen aber mit einer Ehewerbung näher zu kommen, davon brauchte gar keine Rede zu sein: alle beide haben die ihren seligen Gatten versprochene Treue sehr redlich gehalten, ohne wieder zu heiraten.

Ich käme niemals zu Ende, wollte ich in dieser Hinsicht alle Prinzessinnen am Hof unserer Könige anführen. Ich verschiebe ihr Lob und Preis an einen andern Ort: Daher lasse ich sie und rede ein wenig von ein paar Damen, die, wenn sie auch keine Prinzessinnen waren, doch ebenfalls von einer berühmten Rasse abstammten und eine ebenso adlige Seele hatten wie sie.

Frau von Randan, genannt Fulvia Mirandola, aus dem guten Hause der Amiranda, wurde in der Blüte ihrer Jahre und Schönheit Witwe. Sie hegte über ihren Verlust eine so große Trauer, daß sie sich nie herbeiließ, sich in ihrem Spiegel zu betrachten, und ihr schönes Gesicht dem blanken und klaren Kristall, der sich so sehr nach ihr sehnte, vorenthielt; sie konnte nicht zu ihm sagen wie jene Frau, die ihren Spiegel zerbrach, ihn der Venus weihte und dazu die lateinischen Verse sagte:

Dico tibi Veneri speculum, quia cernere talem
Qualis sum nolo, qualis eram nequeo.

»Venus, ich weihe dir meinen Spiegel; denn wie ich bin, habe ich nicht mehr den Mut und nicht mehr die Geduld, mich darin zu betrachten; und so wie ich früher gewesen bin, kann ich es nicht mehr.«

Frau von Randan verachtete ihren Spiegel nicht dieses Grundes halber, denn sie war sehr schön; sondern eines Gelübdes halber, das sie dem Schatten ihres Gatten dargebracht hatte, der einer der vollendetsten Edelleute von Frankreich war, sagte sie aller Weltlichkeit ab, nie kleidete sie sich anders als sehr streng und fromm in ihren Witwenschleier, nie ließ sie ihre Haare sehn und bevorzugte eine gewisse Unauffälligkeit, trotzdem zeigte sie in ihrer Unbefangenheit eine große Schönheit. Auch nannte sie der jüngst verstorbene Herr von Guise nie anders als die Nonne; denn sie war ganz geistlich gekleidet und geknotet; das sagte er aber, indem er lachte und mit ihr scherzte; denn er liebte und ehrte sie sehr, sowie sie denn auch ihm und seinem ganzen Hause sehr zugetan war.

Frau von Carnavalet, zum zweitenmal Witwe, weigerte sich, in dritter Ehe noch Herrn von Epernon zu heiraten, der damals Herr de la Valette d. J. genannt wurde und gerade der höchsten königlichen Gunst entgegenging; er war so von Liebe zu ihr ergriffen (und sie war sicherlich eine sehr schöne und sehr liebenswürdige Witwe), daß er unbefriedigt in seinen höchsten Wünschen sie trieb und drängte, ihn zu heiraten, und drei- oder viermal den König zu seinem Fürsprecher machte; aber niemals wollte sie sich in eine eheliche Unterwerfung fügen: denn sie war zweimal verheiratet gewesen: einmal mit dem Grafen von Montravel, das andre Mal mit dem Herrn von Carnavalet; und wenn ihre vertrautesten Freunde und besonders ich, der ihr ergebenster Diener war, ihr den Fehler vorhielten, den sie damit beginge, eine so große Partie auszuschlagen, die sie auf den Gipfel der Größe, des Besitzes, des Reichtumes, der Gunst und aller Würden bringen müßte, in Anbetracht dessen, was de la Valette wäre, der Favorit des Königs, den er wie sein zweites Ich behandelte, antwortete sie: sie suche ihre ganze Zufriedenheit nicht in all diesen Punkten, sondern in ihrem Willen und ihrer vollen Freiheit und Selbstzufriedenheit sowie im Angedenken an ihre beiden Gatten, deren Zahl sie gesättigt hätte.

Madame von Bourdeille, die aus dem berühmten und alten Hause Montbrou stammte und von den Grafen von Périgord und der Vizegrafschaft d'Annay, wurde im Alter von 37 bis 38 Jahren Witwe, sie war eine sehr schöne Witwe (und ich glaube, in Guyenne, woher sie stammte, gab es keine einzige, die sie zu ihrer Zeit an Schönheit, Anmut und schönem Aussehen übertroffen hätte; denn sie hatte den schönsten, höchsten und prächtigsten Wuchs, den man sehen konnte und hatte eine ebenso schöne Seele); da sie nun als Witwe noch diese schönen Eigenschaften hatte, wurde sie von drei großen und reichen Herren zur Ehe begehrt, aber sie antwortete allen: »Ich will nicht wie viele Damen reden, die sagen, sie werden sich nie verheiraten, und die ihre Worte so bestimmt kundgeben, daß man es glauben kann, und dann ist es nichts damit; sondern ich sage, wenn Gott und das Fleisch mir keine andern Wünsche eingibt, als ich sie zur Stunde habe, und wenn sich in mir nichts ändert, dann habe ich gewißlich für immer dem Eheleben Lebewohl gesagt.« Und wie ein andrer ihr erwiderte: »Aber was! Gnädige Frau, wollt Ihr in der Blüte Eurer Jahre vom Feuer verzehrt werden?« antwortete sie ihm: »Ich weiß nicht, wie Ihr das meint, aber bis jetzt ist es mir nicht möglich gewesen, mich allein in meinem eiskalten Witwenbett zu erhitzen; darum will ich nicht leugnen, daß ich in der Gesellschaft eines zweiten Gatten doch wieder entbrennen könnte, wie Ihr sagt, wenn ich mich seinem Feuer nähere: da aber die Kälte leichter zu ertragen ist als die Wärme, habe ich mich entschlossenen, in meiner Eigenschaft zu verharren und von einer zweiten Ehe Abstand zu nehmen.« Und genau, wie sie es sagte, so hielt sie es bis jetzt: schon zwölf Jahre ist sie Witwe geblieben, ohne etwas von ihrer Schönheit verloren zu haben, die sie doch ohne einen einzigen Flecken immer gepflegt und erhalten hat. Das läßt auf eine hohe Zuneigung zu ihrem verewigten Gemahl schließen, ein Zeugnis, das sie ihn bei seinen Lebzeiten sehr geliebt hat, und ein fast zu hohes Vermächtnis für ihre Kinder, daß sie ihn immer ehrte, und so ist sie als Witwe gestorben.

Der verstorbene Herr von Strozzi hatte sich auch einmal um sie beworben; und er hatte sie dazu auffordern lassen; aber eine so hohe Persönlichkeit und so eng verbunden er auch mit der Königin-Mutter war, sie wies ihn zurück und entschuldigte sich ehrbarlich dafür. Was für eine Laune indessen, schön und ehrbar und eine sehr reiche Erbin zu sein und den Rest der schönen Tage auf einem einsamen, öden und eiskalten Federbett oder Pfühl zu beschließen und so viele Witwennächte darauf zu verbringen! Oh! Es gibt aber auch Frauen, die ihr gar nicht gleichen, und andre wiederum, die wohl mit ihr verglichen werden können. Wenn ich sie alle anführen wollte, würde ich niemals zu einem Ende kommen: besonders, wenn ich unter unsre Christinnen noch die Heidinnen reihen wollte, wie jene schöne, hübsche, gute, alte Römerin Martia, die nachgeborene Tochter des Cato von Utica, die Schwester Portias, die nach dem Verlust ihres Gatten, als sie sich unaufhörlich beklagte und man sie fragte, wann sie denn den letzten Tag für ihre Trauer kommen lasse, antwortete, wenn der letzte Tag ihres Lebens gekommen sei. Und da sie eine schöne und sehr reiche Dame war und man sie manchmal fragte, wann sie sich wieder verheiraten würde, sagte sie: »Dann, wenn ich einen Mann finden würde, der mich eher wegen meiner Tugenden als meines Vermögens wegen begehrt.« Und Gott weiß, sie mußte zu ihrem Reichtum und ihrer Schönheit auch noch überaus tugendhaft sein; sonst wäre sie keine Tochter Catos und keine Schwester der Portia gewesen; sie brachte aber ihren Dienern und Freiern diese Schelmenansicht bei und machte ihnen glaubhaft; sie suchten sie wegen ihrer Güter und nicht wegen ihrer Tugenden, wenn sie auch genügend damit aufwarten konnte; auf diese Weise hielt sie sich jene unverschämten Galane leicht vom Halse.

In einer Epistel, die der heilige Hieronymus der Jungfrau Principia schrieb, stimmt er das Lob einer feinen römischen Dame seiner Zeit, namens Marcella, an, die aus einem guten und großen Hause mit einer Unmenge von Konsuln, Prokonsuln und Prätoren stammte und sehr jung Witwe geworden war. Wegen ihrer Tugend und wegen des Alters ihres Hauses wurde sie sehr begehrt, wegen ihres schönen Wuchses, der das Verlangen der Männer vornehmlich entfacht (das sagt der heilige Hieronymus mit denselben Worten; man merke sich das) und wegen ihrer guten Art und Sitte. Unter andern, die um sie freiten, befand sich ein großer und reicher römischer Herr, der ebenfalls ein Nachkomme von Konsuln war und Cerealis hieß, der ihr wegen einer zweiten Ehe sehr zusetzte. Da er in etwas sehr vorgerücktem Alter stand, versprach er ihr zum voraus große Reichtümer und große Geschenke. Auch ihre Mutter, die Albina hieß, bedrängte sie deswegen sehr, sie fand es gut und wollte von einer Weigerung nichts wissen. Sie aber antwortete: »Wenn ich Lust hätte, mich in die Schlinge zurückzuwerfen und mich in die Banden einer zweiten Ehe wieder zu verstricken und keiner zweiten Keuschheit mich widmen wollte, nähme ich eher einen Gatten als eine Erbschaft.« Und da der Liebhaber der Meinung war, sie sage es um seiner hohen Jahre willen, gab er ihr zurück: »Die Greise könnten lange leben und die Jünglinge bald sterben.« Sie erwiderte ihm: »Ja, gewiß, ein Jüngling kann bald sterben; aber ein Greis kann nicht lange leben.« Auf dieses Wort hin ließ er von ihr ab. Ich finde die Worte dieser Frau sehr klug, auch ihren Entschluß und den der Martia, und schätze sie darum höher als ihre Schwester Portia, die nach dem Tod ihres Gemahls den Entschluß faßte, nicht mehr zu leben, sondern sich zu töten: und obwohl man ihr alle eisernen Gegenstände, mit denen sie sich umbringen konnte, weggenommen hatte, verschluckte sie glühende Kohlen und verbrannte sich die ganzen Eingeweide, indem sie sagte, einer mutigen Frau könnte es nicht an Mitteln fehlen, wenn sie sich töten will; wie es Martial in einem seiner Epigramme, das er eigens für diese Frau dichtete, gut darzustellen verstand; geht man nach ein paar Philosophen und besonders nach Aristoteles, der in seiner Ethik von der Tapferkeit oder Kraft redet, so bewies sie durch ihren Selbstmord keinen großen Mut und keine Seelengröße, ebensowenig wie andere, die das gleiche taten wie ihr Gatte; um ein größeres Übel zu vermeiden, sagen sie, stürzen sie sich in das andere. Darüber rede ich anderswo. Wie dem auch sei, es wäre besser gewesen, jene Frau hätte ihre Tage darauf verwendet, ihren Gatten zu betrauern und seinen Tod zu rächen, als daß sie sich selber den Tod gab: was zu nichts diente, außer daß er ihr eine eitle Rache einbrachte, wie ich von manchen reden hörte, die sie tadelten. Was indessen mich anlangt, so kann ich sie nicht genug loben, wie alle verwitweten Frauen, die ihre Gatten im Tode ebensosehr lieben wie zu ihren Lebzeiten. Das ist auch der Grund, weshalb der heilige Paul sie so sehr gelobt und gerühmt hat, diese Lehre hatte er von seinem großen Meister. Dennoch habe ich von den Beredtesten und Scharfsichtigsten erfahren, daß die besten und jungen Witwen, die in der Blüte ihrer besten Jahre und ihres feinen Geistes bei diesem Stande bleiben, allzu große Grausamkeiten gegen sich und gegen die Natur begehen, daß sie sich so dagegen verschwören und die süßen Früchte der zweiten Ehe nicht wieder kosten wollen, die vom göttlichen und menschlichen Gesetze, von der Natur, der Tugend und Schönheit ihnen erlaubt werden, daß sie sich irgendeines bestimmten eigensinnigen Gelübdes halber der Begierde enthalten, eines Gelübdes, das sie sich in den Kopf gesetzt haben, den vagen und leeren Schatten ihrer Gatten zu halten, verlorenen Posten gleichsam in der andern Welt, die sich doch da unten in den Gefilden der Seligen um nichts kümmern und möglicherweise darüber spotten. Sie sollten sich die schönen Vorstellungen und feinen Gründe zu Herzen gehn lassen, die Anna vor ihrer Schwester Dido im vierten Buch der Äneis vorbringt, eine schöne und junge Witwe kann vorzüglich daraus lernen, sich einem Witwenschaftsgelübde, das gewiß mehr förmlich als fromm ist, nicht allzusehr zu unterwerfen. Oder wenn man sie wenigstens nach ihrem Hinscheiden mit schönen Hüten aus Blumen oder Pflanzen krönte wie in vergangener Zeit, und wie es heute noch den Mädchen geschieht, dann wäre dieser Triumph schön und lobenswert und hätte einige Dauer. Man gibt ihnen aber weiter nichts als ein paar schöne Worte, die alsbald davonfliegen, sich im Sarg verlieren und so plötzlich verschwinden wie der Leib. Daß doch die schönen und jungen Witwen für die Welt empfänglich wären, da sie doch noch darin leben, und Frömmigkeit und Witwenschaft den alten Leuten überließen.

Nun ist aber von den fastenden Witwen genug geredet. Laßt uns jetzt von andern sprechen, die voller Abscheu vor Gelübden und Beschränkungen der zweiten Ehe danach verlangen und den süßen und lustigen Gott Hymen wieder ersehnen. Da gibt es welche, die schon zu Lebzeiten ihres Gatten ihren Liebhabern heiß entgegenkommen und es bereits überlegen, bevor sie tot sind, und mit ihren Liebhabern schon zum voraus Vereinbarungen treffen. »Ach!« sagen sie, »wenn mein Gatte tot wäre, täten wir das, täten wir jenes; wir lebten auf diese Art und richteten uns auf die andere ein; und das so schlau, daß man von unserer vergangenen Liebschaft nichts ahnte. Wir wollten ein lustiges Leben führen; wir gingen nach Paris, an den Hof; wir täten es uns schon so gut einrichten, daß uns nichts etwas schaden sollte: Ihr würdet der den Hof machen und ich jenem; wir bekämen das vom König, wir bekämen jenes. Wir gäben unsre Kinder Vormündern und Pflegern in die Hut: wir würden uns weder um ihr Vermögen noch um ihre Angelegenheiten bekümmern, nur unsre besorgten wir, und wir genössen ihr Vermögen bis zu ihrer Mündigkeit. Wir würden die Möbel und die meines Gatten haben; das wenigstens sollte uns nicht fehlen; denn ich weiß, wo die Pfandbriefe und Taler sind,« und noch viele andre Reden. »Kurz, wer wäre glücklicher als wir?«

Das sind die schönen Reden und Pläne, die von diesen verheirateten Frauen vor der Zeit mit ihren Liebhabern veranstaltet werden; manche darunter rechnen nur in ihren Wünschen, Reden, Hoffnungen und Erwartungen mit dem Tod ihres Gatten; und andre wieder befördern sie stracks ins Leichenhaus, wenn sie allzulange säumen; unsern Gerichtshöfen sind so viel dergleichen Fälle vorgekommen, und sie haben sie alle Tage noch, daß es nicht auszusagen ist. Aber das Beste und Lustigste, sie machen es nicht wie eine spanische Dame, die ihren Gemahl, der sie mißhandelt hatte, tötete und darauf sich selbst umbrachte, nachdem sie das Epitaph verfaßt, das von ihrer Hand geschrieben war und auf dem Tisch ihrer Kammer lag:

Aqui yaze qui a buscado una muger,
Y con ella casado, no l'ha podido hazer muger.
A las otras, no a mi, cerca mi, dava contentamiento.
Y pore este, y su flaqueza y atrevimiento,
Yo lo he matado,
Por le dar pena de su pecado:
Ya my tan bien, por falta de my juyzio,
Y por dar fin à la mal-adventura, qu'yo aviò.

»Hier liegt, der ein Weib gesucht hat
und sie nicht zur Frau hat machen können:
andere neben mir, nicht mich, befriedigte er;
deshalb und wegen seiner Feigheit und Vermessenheit
habe ich ihn getötet, um ihn für seine Sünde zu bestrafen:
und auch mir habe ich den Tod gegeben,
weil ich es nicht verstehe, und dem Mißgeschick,
das ich hatte, ein Ende zu machen.«

Diese Dame hieß Donna Maddallena de Soria; nach einigen war es eine gute Tat von ihr, ihren Gemahl jener Veranlassung halber umzubringen; aber es war doch auch töricht von ihr, daß sie sich umbrachte; sie gesteht es auch, daß sie sich aus Mangel an Urteil tötete. Sie hätte besser daran getan, sich nachher schöne Zeit zu gönnen, wenn sie nicht vielleicht die Justiz fürchtete und Angst hatte, dafür belangt zu werden, daher wollte sie lieber über sich triumphieren, als diesen Ruhm der Macht den Richtern gönnen. Ich versichere euch, es hat welche gegeben, und es gibt welche, die sind viel schlauer: denn sie treiben ihr Spiel so klug und verborgen, daß sie bei dem Tode des Gemahls höchst fidel leben und sich mit ihren galanten Liebhabern unter eine Decke stecken, nicht um mit ihnen gode michi zu treiben, sondern Liebeslust.

Andere Witwen sind vernünftiger und tugendhafter und lieben ihre Gatten mehr und üben keine Grausamkeiten gegen sie; denn sie bedauern, beweinen sie, beklagen sie bis zu dem Grad, daß man ihnen keine Stunde mehr zum Leben gäbe, wenn man sie sieht. »Ja,« sagen sie, »bin ich nicht die Elendeste von der Welt, die Unglücklichste, daß ich ein so teures Wesen verlor? Gott, warum schickst du mir nicht den Tod, daß ich ihm nachfolge! Nein, ich will nach ihm nicht mehr leben; denn was kann mir denn auf der Welt bleiben und werden, was mich befriedigte? Wären diese kleinen Kinder nicht, die er mir als Pfand gelassen hat und die noch Hilfe brauchen, nein, ich tötete mich auf der Stelle. Verflucht sei die Stunde, in der ich geboren wurde! Wenn ich ihn wenigstens als Phantom, in Visionen, im Traum oder durch Magie sehen könnte, dann wäre ich zu glücklich. Ach, mein Herz! Ach, meine Seele, ist es nicht möglich, daß ich dir folge? Ja, ich will dir folgen, wenn ich mich abseits von der ganzen Welt, mich ganz allein verzehrte. Ach, was könnte mich denn im Leben aufrechterhalten, nachdem ich deinen unersetzlichen Verlust erlitten, wenn du lebst, hätte ich nur zu leben, wenn du stirbst, nur zu sterben! Was! ist es nicht besser, daß ich jetzt in deiner Liebe, deiner Huld, in meinem Ruhm und meiner Zufriedenheit sterbe, als daß ich ein so ärgerliches und elendes und gar nicht lobenswürdiges Leben hinschleppe? Ach Gott! was erdulde ich doch für Leiden und Qualen, daß du weg bist! und wie erlöst werde ich sein, wenn ich dich bald sehen kann, und beladen mit großen Freuden! Ach! er war so schön, so liebenswürdig; er war in allem so vollendet, so tapfer, so mutig! Er war ein zweiter Mars, ein zweiter Adonis! Was noch mehr ist, er war so gütig zu mir, er liebte mich so sehr, er behandelte mich so gut! Kurz, mit ihm habe ich mein ganzes Glück verloren!«

So pflegen unsere betrübten Witwen nach dem Tode ihrer Gatten zu reden; die einen auf diese Art, die andern auf jene; die einen in der Verkleidung, die andern in jener; sie kommen aber doch immer der eben geschilderten nahe; die einen schmähen den Himmel, die andern verfluchen die Erde; die einen lästern gegen Gott, die andern verwünschen die Welt; die einen werden ohnmächtig, die andern stellen sich tot; die einen sind erstarrt, die andern närrisch, besessen und besinnungslos, sie erkennen niemand und wollen nicht reden. Kurz, ich würde nie zu Ende kommen, wollte ich alle ihre scheinheiligen, gleisnerischen und heuchlerischen Methoden auseinandersetzen, von denen sie Gebrauch machen, um ihre Trauer und ihren Kummer der Welt kundzugeben. Ich rede nicht von allen, sondern von manchen, ich meine sogar verschiedene in der Mehrzahl.

Wer sie tröstet und an nichts Übles denkt und der Sitte nach zu ihnen geht, der verschwendet seine Fechterkunst damit und gewinnt nichts. Wenn ihre Patientin und Wehklagende das Spiel und die Scheinheiligkeit nicht gut versteht, geben sie ihr Unterricht, wie eine Dame von da und da, die ich kenne, die zu einer andern, ihrer Tochter, sagte: »Stell dich ohnmächtig, Liebste, du hast dich nicht genug in der Gewalt!«

Nachdem sich nun alle diese großen Feierlichkeiten abgespielt haben, sieht man, einem großen Bergstrom gleich, der nach der heftigen Wucht seines Sturzes wieder in seine Wiege zurücktritt und kehrt, oder einem Flusse gleich, der über seine Ufer getreten ist, sieht man diese Witwen wieder zu ihrer ersten Natur zurückkehren, ihren Geist allmählich wiederfinden, sich zur Freude erheben und an die Welt denken. Haben sie vorher gemalte, gravierte oder erhabene Totenköpfe getragen; Knochen von Verstorbenen, die entweder kreuzweise oder in Leichenstricken liegen, Tränen, gemalt oder aus Netzgold oder Jet, sieht man jetzt Bilder ihrer Gatten an ihnen, die sie am Hals tragen, die aber doch mit Totenköpfen und Tränen, als Namenszeichen gemalt, in kleinen Schnüren hergerichtet sind; kurz, in kleinen hübschen Sachen, die indessen so aufgemacht sind, daß die Betrachter glauben, sie trügen sie mehr wegen der Trauer um ihren Gatten als aus Eitelkeit. Und nachher machen sie es wie die kleinen Vögel, die, wenn sie aus dem Nest kommen, nicht im ersten Augenblick gleich mächtig fliegen, sondern von Zweig zu Zweig flatternd allmählich gut fliegen lernen; so zeigen sich jene Witwen, wenn sie von ihrer großen verzweifelten Trauer herkommen, nicht sofort der Welt, die sie gelassen haben, sondern sie legen die Trauer allmählich ab, bis sie sie plötzlich völlig abwerfen und ihren Witwenschleier auf die Nesseln legen, wie man sagt, der Liebe noch höhere Huldigungen darbringen denn vorher und nur an eine zweite Ehe oder andre Lüsternheiten denken. Man sieht, ihre große Heftigkeit zu trauern hat keine Dauer. Es wäre besser, sie hielten mehr in ihrer Trauer stand.

Ich kannte eine überaus schöne Dame; nach dem Tod ihres Gemahls wurde sie so bekümmert und verzweifelt, daß sie sich die Haare raufte, am Gesicht und am Hals die Haut zerkratzte und so lange, als sie nur konnte; und als man ihr das Unrecht vorhielt, das sie ihrem schönen Antlitz damit antäte, sagte sie: »Ach Gott! wovon sprecht ihr nur? Was soll ich denn mit meinem Gesicht machen? Für wen soll ich es behüten, da mein Gemahl nicht mehr ist?« Acht Monate später schminkte sie sich mit spanischem Weiß und Rot und puderte ihr Haar: das war eine große Veränderung.

Ich will darüber noch ein gutes Beispiel anführen, das zu Vergleichen nützen kann, nämlich das der ehrbaren und schönen Frau von Ephesos, die nach dem Verlust ihres Gemahls von ihren Verwandten und Freunden unmöglich einer Tröstung teilhaftig gemacht werden konnte; sie geleitete ihren Gatten zum Grab unter gewaltig viel Klagen, Kümmernissen, Schluchzern, Schreien, Wehklagen und Tränen, und nachdem er in das Beinhaus niedergelegt und aufgestellt worden war, wo er ruhen sollte, warf sie sich aller Welt zum Trotz hinein, schwur und beteuerte, nicht wieder herauszugehn, da wolle sie des Hungers sterben und bei dem Leichnam ihres Gemahls, den sie nie verlassen wollte, ihre Tage beschließen; in der Tat verblieb sie hier zwei oder drei Tage lang. Der Zufall wollte, daß ein Mann aus der Stadt irgendeines Verbrechens halber hingerichtet und gehangen, und daß dann sein Leichnam außerhalb der Stadt an den gewöhnlichen Galgen gebracht wurde, wo solche Gehenkte ein paar Tage lang des Beispiels halber von ein paar Soldaten oder Sergeanten sorgfältig bewacht werden mußten, damit sie nicht geraubt würden. Wie nun ein Soldat, der den Leichnam behütete, als Schildwache auf der Lauer stand, hörte er nahebei eine wehklagende Stimme, er ging darauf zu und hörte, daß sie aus dem Beinhaus kam, er stieg hinunter und bekam jene Dame zu Gesicht, die ganz in Jammer zerschmolzen wehklagte und schön war wie der Tag; er ging hin zu ihr und fragte sie nach der Ursache ihrer Betrübnis, die sie ihm gütig erklärte; und als er sie darüber trösten wollte, konnte er ihr beim erstenmal nichts abgewinnen, und er kehrte zum zweiten und dritten Male dahin zurück; das machte er so gut, daß er sie gewann, sie allmählich beruhigte und ihre Tränen zum Trocknen brachte; nun verstand er den Grund ihres Kummers und genoß sie zu zweien Malen, und zwar auf dem Sarg ihres Gatten, der als Bett diente; und nachher schwuren sie sich zu heiraten; nachdem diese Sache glücklich im reinen war, kehrte der Soldat mit ihrer Erlaubnis wieder zur Bewachung seines Gehenkten zurück; denn das ging ihm ans Leben. Während er aber in seinen schönen Exekutionen selig gewesen war, wollte es sein Unglück, daß, während er sich zu sehr vergnügt machte, die Verwandten des im Winde baumelnden Gehenkten herzugekommen waren, um ihn abzunehmen, falls keine Wache dabei stände; und als sie wirklich keine dabei fanden, nahmen sie ihn sofort ab, trugen ihn schleunigst fort, um mit ihm die Schande für ihre Verwandtschaft und des so gemeinen und schmutzigen Schauspiels für sie zu begraben. Als sich der Soldat nun umsah und den Leichnam vermißte, lief er verzweifelt wieder zu seiner Dame und klagte ihr sein Unglück und sagte, daß er nun verloren wäre, weil das Gesetz des Landes bestimmte, der Soldat, der auf der Wache einschliefe und der den Leichnam forttragen ließe, solle an dessen Stelle gehenkt werden; diese Gefahr schwebte also über ihm. Die Dame, die vorher von ihm getröstet worden war und für sich Trost brauchte, konnte ihm nun ihrerseits Trost spenden und sagte zu ihm: »Hab keine Angst, komm nur, hilf mir meinen Gatten aus seinem Grab nehmen, wir wollen ihn für den andern aufhängen, dann wird man ihn auch für den andern halten.« Wie gesagt, so getan: Nun sollte sogar der vorher Gehenkte ein abgeschnittenes Ohr haben; gleich schnitt die Frau ihrem Gatten eins ab, damit er täuschender aussehe. Am andern Morgen kam das Gericht und fand nichts daran auszusetzen; so rettete die Frau durch eine sehr gemeine Handlung und Beschimpfung ihres Gatten ihren Galan, dieselbe, sage ich, die ihn so sehr bejammert und beklagt hatte, daß man niemals einen so schmählichen Ausgang von ihr erwartet hätte.Die berühmte Geschichte der Epheserin haben auch Boccaccio und Lafontaine so erzählt. Voltaire erinnerte sich daran, als er in Zadig Azora mit dem Rasiermesser auftreten läßt, um damit die Nase ihres in der vorhergehenden Nacht gestorbenen Gatten abzuschneiden.

Das erstemal hörte ich diese Geschichte von dem Herrn von Aurat, der sie dem tapfern Herrn von Guast und einigen andern erzählte, die wir mit ihm speisten; Herr von Guast wußte sie nachher hübsch vorzutragen; denn er war der Weltmann, der eine gute Geschichte überaus liebte und sie besser ans Licht zu stellen wußte. Zugleich sah er auf dem Wege in das Zimmer der Königin-Mutter eine schöne junge Witwe, die es eben erst geworden, in höchsten Tränen, ihr Schleier hing bis auf die Nasenspitze hinunter, und sie jammerte, klagte und geizte gegen jeden mit Worten. Sofort sagte Herr von Guast zu mir: »Siehst du die da? es dauert kein Jahr, und sie macht es eines Tages wie die Frau von Ephesus.« Das tat sie auch, freilich nicht so schmählich, aber sie heiratete einen Menschen von ganz geringem Stand, wie Herr von Guast prophezeit hatte. Das gleiche sagte mir der Herr von Beau-Joyeux,Balthasar von Beaujoyeux, genannt Balthazarin, war am Hofe Heinrichs III. mit der Ausführung der meisten Balletts betraut. Er komponierte auch das Ballett zur Hochzeit des Herrn von Joyeuse. der Kammerdiener der Königin-Mutter und der beste Geiger der Christenheit. Er war nicht allein in seiner Kunst und in der Musik vollkommen, sondern er war auch ein sehr feiner Geist, und er wußte viel, vor allem sehr schöne Geschichten und gute Erzählungen, und zwar durchaus keine gewöhnlichen, sondern sehr merkwürdige, mit denen er gegen seine vertrautesten Freunde auch nicht kargte; und er erzählte einige von sich; denn zu seiner Zeit hatte er tüchtige Liebesabenteuer gesehen und erlebt; denn mit seiner ausgezeichneten Kunst und seinem vortrefflichen und kühnen Geist, zwei Werkzeugen, die zur Liebe geschaffen sind, konnte er viel ausrichten. Der Herr Marschall von Brissac hatte ihn der Königin-Mutter gesandt, als sie noch regierende Königin war, und hatte ihn mit seiner ausgezeichneten, vollständigen Bande von Geigern aus Piemont zu ihr geschickt: er hieß Balthasar, später änderte er seinen Namen. Er war es, der jene schönen Balletts komponierte, die immer am Hofe getanzt wurden. Er war mit Herrn du Guast und mir sehr befreundet; wir plauderten häufig miteinander; er brachte uns stets irgendeine schöne Geschichte, besonders über Liebe und Frauenlist, darunter auch die jener Epheserin, die wir bereits von Herrn von Aurat erfahren haben, wie ich sagte, der sie von Lampridius zu haben behauptete; später las ich sie in dem Buche » Trauerfeiern«, einem sehr schönen Buche, das dem gestorbenen Herrn von Savoyen gewidmet ist.

Ich hätte diese Abschweifung bleiben lassen können, wird man sagen: ja, aber ich wollte gern von meinem Freund reden, der mich oft daran erinnerte, wenn er etwelche von unsern betrübten Witwen sah. »Das ist eine,« sagte er, »die wird eines Tages die Rolle unsrer Epheserin spielen oder hat sie schon gespielt.« Und es war sicherlich eine seltsame, von großer Unmenschlichkeit erfüllte Tragikomödie gewesen, den Tod des Gatten so grausam zu entweihen.

Anders handelte eine Dame unserer Zeit, von der ich hörte, die nach dem Tod ihres Gatten ihm seine mittlere Partie abschnitt, die sie einst so sehr geliebt hatte, und die sie einbalsamierte, in Wohlgerüche tauchte und mit überaus wohlduftenden Parfüms und Moschuspulvern würzte; dann steckte sie sie in eine Büchse aus vergoldetem Silber, die sie als ein Heiligtum aufbewahrte und behütete. Man stelle sich vor, daß sie diese Büchse manchmal öffnete, um sich der vergangenen schönen Zeit zu erinnern. Ich weiß nicht, ob es wahr ist; aber die Geschichte wurde dem König erzählt, der sie wieder verschiedenen andern seiner Vertrautesten mitteilte, und ich habe sie von ihm selbst gehört.

Beim Sankt Bartholomäus-Blutbad wurde der Herr von Pleuviau getötet, der seinerzeit im toskanischen Krieg unter dem Herrn von Soubise sowie im Bürgerkrieg ein tapferer Soldat gewesen war, wie er es in der Schlacht von Jarnac, wo er ein Regiment kommandierte, und bei der Belagerung von Niort zeigte. Einige Zeit danach machte der Soldat, der ihn getötet hatte, seiner ganz von Tränen und Bekümmernissen überwältigten Witwe, die schön und reich war, Vorwürfe und sagte ihr, wenn sie ihn nicht heirate, würde er sie umbringen und sie hinter ihrem Gatten herschicken; denn bei jener Bluthochzeit herrschte bloß Krieg und Messer. Die arme noch schöne und junge Frau ward, um ihr Leben zu retten, gezwungen, das Leichenbegängnis und die Hochzeit zu gleicher Zeit zu feiern. Sie war jedoch entschuldbar; denn was hätte ein armes gebrechliches und schwaches Weib nur beginnen sollen, wenn sie sich nicht selbst töten oder ihre schöne Brust dem Schwert des Mörders entgegenstrecken wollte? Aber

Le temps n'est plus, belle bergeronnette;

solche Törinnen und Närrinnen wie einst gibt es jetzt nicht mehr; und dann ist es uns auch von unserm heiligen christlichen Glauben verboten: das dient heutzutage unsern Witwen sehr zur Entschuldigung, sie sagen, sie würden sich umbringen, wenn es nicht von Gott verboten wäre; damit bedecken sie ihr Lüstchen.

Bei demselben Blutbad verlor eine andere Frau von sehr gutem Herkommen ihren Mann, eine überaus schöne und angenehme Frau. Eben war sie erst Witwe geworden, da wurde sie schon von einem Edelmann, den ich sehr gut kenne, vergewaltigt: sie wurde so bestürzt und verwirrt darüber, daß man einige Zeit glaubte, sie habe die Besinnung verloren. Sie erholte sich jedoch bald nachher wieder, stürzte sich in den schönen Witwenstand, gewann allmählich wieder Lust an der Welt und bekam ihren lebendigen und natürlichen Geist wieder, vergaß ihre Schändung und verheiratete sich galant und hochgestellt wieder, das machte sie ganz vortrefflich. Ich will noch das erzählen.

Bei demselben Sankt Bartholomäus-Blutbad wurde einer Frau der Gatte wie die andern getötet, und sie ward Witwe. Ihr Schmerz darüber war so maßlos, daß sie schon in Ohnmacht fallen wollte, wenn sie nur einen armen Katholiken sah, auch wenn er sich an der Nacht gar nicht beteiligt hatte; oder sie konnte ihn nur mit Abscheu und Entsetzen, wie die Pest, ansehn. Paris zu betreten, ja nur zwei Meilen in der Runde es nur zu sehn, davon brauchte keine Rede zu sein; denn weder ihre Augen noch ihr Herz konnten es ertragen; was sage ich: sehn; nicht einmal hören wollte sie sie davon. Nach zwei Jahren aber entschloß sie sich, die gute Stadt wieder zu begrüßen, darin herumzugehn und im Wagen das Palais zu besuchen; aber lieber in Tod und Feuer, als die Rue de la Huchette passieren, wo ihr Gemahl umgebracht worden war, lieber hätte sie sich in Tod und Feuer geworfen und gestürzt, statt in diese Straße zu gehn. Wie eine Schlange, die den Schatten der Esche so verabscheut, daß sie sich lieber in das heißeste Feuer wagt, wie Plinius sagt, als in den ihr so sehr verhaßten Schatten. Der verstorbene König, als er noch Anjou war, sagte sogar: er habe keine Frau gesehn, die sich in ihrem Verlust und in ihrem Schmerz so wild zeigte wie diese, und am Ende müßte man sie niederschlagen, um ihrer wieder habhaft zu werden, wie man es bei den alten Falken machen muß. Aber nach einiger Zeit sagte er, daß sie schon von selbst recht zahm geworden sei, so daß sie sich von selbst sehr gut und vertraut chaperonierenDie ganze Stelle in der Sprache der Falkenbeize. Der Nebensinn des Ausdrucks »Unter die Haube bringen« legt hier die Beibehaltung von Chaperonieren nahe. lasse, ohne von außen dazu veranlaßt zu sein. Was machte sie kurze Zeit nachher? Sie hat für Paris nur noch die wohlwollendsten Augen, sie interessiert sich dafür, besucht die Stadt und durchstreift sie in der Länge und Breite, geradeaus und in der Quere nach allen Richtungen, ohne auf ihren Schwur Rücksicht zu nehmen, und als ich eines Tages nach achtmonatiger Abwesenheit von einer Reise an den Hof zurückkehrte und dem König meine Aufwartung machte, da sehe ich diese Witwe reich geschmückt und herausgeputzt, begleitet von ihren Verwandten und Freundinnen in den Saal eintreten, vor den Königen, den Königinnen und dem ganzen Hof erscheinen, um aus den Händen eines Bischofs, des Bischofs von Digne, Großalmoseniers der Königin von Navarra, die ersten hochzeitlichen Weihen, d.h. den Segen zur Verlobung zu empfangen. Wer war baff? Ich; sie war aber auch nicht weniger erstaunt, als sie mich so unvermutet in dieser vornehmen Verlobungsgesellschaft zu sehen bekam, wie ich sie fest anblickte und musterte; denn ich erinnerte mich an ihre Schwüre und Gebärden, die ich von ihr gehört und gesehen, und sie erinnerte sich ihrerseits, was sie mir entgegnet hatte; denn ich war ihr Diener gewesen, ich wollte sie heiraten, und sie dachte anscheinend, ich hätte die Gelegenheit nicht versäumen wollen und mit Absicht die Post genommen, um als Zeuge und Richter zu dienen und ihre Verurteilung ins Werk zu setzen. Sie sagte und schwur mir, sie hätte lieber 10000 Taler von ihrem Vermögen hingegeben, wenn ich nicht dazu erschienen, der ich doch der Richter ihres Gewissens wäre.

Ich kannte eine große Dame, eine verwitwete Gräfin von sehr hoher Abstammung, die es ebenso machte; denn als eine steife und feste Hugenottin ging sie mit einem sehr ehrbaren katholischen Edelmann die Ehe ein; zum Unglück wurde sie jedoch in Paris von einem ansteckenden Pestfieber ergriffen, das ihren Tod herbeiführte. Erschrocken und verzweifelt klagte sie und sagte: »Ach! müßte sich denn in einer so großen Stadt, wo alle Wissenschaften blühen, kein Arzt finden können, der mich heilt! Ach! an Geld sollte es durchaus nicht fehlen, ich will ihm reichlich geben. Wenn doch wenigstens mein Tod erst nach meiner Vermählung erfolgt wäre, und mein Gatte vorher hätte erkennen können, wie ich ihn liebe und ehre!« (Sophonisbe sagte anders; denn sie trug Reue darüber, daß sie sich verlobt hatte, bevor sie das Gift trank.) So sprach diese Gräfin, redete noch andere und ähnliche Worte, kehrte sich auf die andre Seite des Bettes und starb. Das ist die Glut der Liebe, daß sie sich auf der Überfahrt über den Styx zu den Gestaden der Vergessenheit, an die Liebesfreuden und Liebesfrüchte erinnerte, die sie gerne noch schmecken wollte, bevor sie den Garten verließ.

Ich hörte von einer Dame, die todkrank war: als sie einen ihrer Verwandten mit einem andern, der schrecklich groß ausgestattet war, streiten hörte (es waren indessen gute Leute), begann sie zu lachen und sagte: »Ihr seid große Narren!« und wendete sich auf die andere Seite, lachte und verschied.

Wenn nun diese Hugenottinnen solche Streiche gemacht haben, kannte ich auch katholische Damen, die desgleichen getan und Hugenotten geheiratet, nachdem sie wahre Galgenlieder von ihnen und von ihrer Religion gesungen hatten. Wollte ich sie hierhersetzen, käme ich niemals zu Ende damit. Daher müssen diese Witwen klug sein, dürfen am Beginn ihrer Witwenschaft nicht so viel schäumen, heulen, stürmen, blitzen, donnern, Tränen regnen lassen, wenn sie schon so rasch den Schild erheben und sich damit lächerlich machen wollen: hier schweigt man besser. Sie aber sagen: »Also muß man sich am Anbeginn entschlossen stellen wie ein Mörder, man muß eine eiserne Stirn zeigen und jede Beschimpfung schlucken. Das dauert etwas, aber es geht vorüber; und wenn man mich eine Weile aufs Bureau gesetzt hat, läßt man mich auch wieder und nimmt jemand anders dafür.«

In einem kleinen spanischen Buch las ich, daß Vittoria Colonna, die Tochter jenes großen Fabricio Colonna und Gemahlin des großen Marquis von Pescara, des Helden ohnegleichen seiner Zeit, nach dem Verlust ihres Gatten, Gott weiß welches Gatten, in eine so schmerzliche Verzweiflung geriet, daß niemand ihr Trost einflößen konnte; und wenn man ihr nun in ihrem Schmerz zusprechen wollte, sagte sie nur: »Worüber wollt Ihr mich trösten? über meinen toten Gatten? Ihr täuscht Euch: er ist nicht tot; er ist noch lebendig und lebt in meiner Seele. Tag und Nacht fühle ich es, wie er wieder in mir lebendig wird und zu neuem Leben wieder ersteht.« Diese Worte wären gewiß schön gewesen, wenn sie sich nicht nach einiger Zeit, nachdem sie ihn verlassen und über den Acheron fortgeschickt hatte, mit dem Abbé von Farfa wieder verheiratet hätte, der sicherlich ihrem großen Pescara nicht ebenbürtig war; ich will nicht sagen, der Rasse nach; denn er gehörte zu dem vornehmen Hause der Ursino, das ebensoviel gilt und ebenso alt oder noch älter ist wie das von Avalos. Aber ihre beiderseitigen Taten können einander nicht die Waage halten; denn die des Pescara waren unvergleichlich und ihr Wert unschätzbar; wiederum legte auch jener Abbé ein hohes Zeugnis von seiner Persönlichkeit ab, indem er sich sehr treu und tapfer im Dienste Königs Franz betätigte; aber das waren doch nur kleine unbedeutende und leichte Gefechte, während die Taten des andern in großen, offenen und berühmten Siegen bestanden; auch mußte das Waffenhandwerk des andern, mit dem er schon in jungen Jahren angefangen und sich vertraut gemacht und das er regelmäßig fortgesetzt hatte, dasjenige eines Mannes der Kirche, der sich dem Metier doch erst spät zuwandte, weit übertreffen: nicht daß ich von etwelchen Dienern Gottes und seiner Kirche, die das Gelübde brachen und den Beruf aufgaben, um die Waffen zu ergreifen, übel reden wollte; denn damit täte ich vielen großen Feldherren unrecht, die früher Geistliche waren und diese Laufbahn durchmachten.

War Cesare Borgia, der Herzog von Valentinois, nicht vorher Kardinal? Und er ist ein so großer Feldherr geworden, daß Machiavelli, dieser ehrwürdige Erzieher der Fürsten und Großen, ihn als Beispiel und als seltenen Spiegel für alle andren seinesgleichen zur Nachfolge aufgestellt hat. Wir hatten auch den Herrn Marschall von Foix, der der Kirche angehörte und früher Protonotar von Foix hieß, er ist ein sehr großer Feldherr gewesen. Der Herr Marschall von Strozzi war der Kirche geweiht, und weil ihm ein roter Hut verweigert wurde, ließ er das geistliche Gewand und ergriff die Waffen. Der Herr von Salvoison, von dem ich geredet habe (der ihm sehr nahe kam und sogar im Rang eines großen Feldherrn; er hätte mit ihm auf der gleichen Stufe gestanden, wäre er aus einem ebenso großen Hause und Verwandter der Königin gewesen), trug in seinem ersten Beruf das lange Gewand; und was für ein Feldherr ward er dann doch? Er wäre ohnegleichen gewesen, hätte er länger gelebt. Und hat der Marschall von Bellegarde, den man lange den Probst von Ours nannte, nicht auch den viereckigen Hut getragen? Der verstorbene Herr d'Enghien, der in der Schlacht von St.-Quentin fiel, war Bischof gewesen; ebenso der Herr Chevalier von Bonnivet. Und auch der tapfre Herr von Martigues hatte ebenfalls der Kirche angehört; kurz, eine Unmenge andrer, mit denen ich dieses Buch anfüllen könnte. Auch muß ich meine Verwandten rühmend erwähnen, habe ich doch gute Veranlassung dazu. Der Kapitän Bourdeille, mein Bruder, einst in jeder Beziehung piemontesischer Rodomont, ward ebenfalls der Kirche geweiht; als er aber erkannte, daß das nicht sein eigenster Beruf sein konnte, vertauschte er das lange Gewand mit einem kurzen und machte sich im Handumdrehen zu einem der tapfern und tüchtigen Kapitäne von Piemont; als er heimging, genoß er schon des schönsten und ausgebreitetsten Rufs, wenn er nur nicht, ach, im Alter von 25 Jahren gestorben wäre.

Wir sahen viele solche Männer zu unsrer Zeit und an unserm Hof, besonders den kleinen Herrn von Clermont-Tallard, den ich als Abt von Bon-Port kannte; später gab er die Abtei auf und erwies sich in unsern Feldzügen und bei Hofe als einer der tapfersten, mutigsten und ehrbarsten Männer, die wir je gehabt haben; er bezeugte es auch vorzüglich durch seinen Tod, der ihn so glorreich vor La Rochelle ereilte, das erstemal, als wir den Wallgraben betraten. Ich könnte noch eine Anzahl nennen; aber dann käme ich niemals damit zu Rande. Herr von Souillelas,Andreas von Soleillas war 1576 Bischof von Riez in der Provence. Seine Geliebte war eine bigotte Dame, aber den König täuschte ihre Scheinheiligkeit nicht. Heinrich IV. spottete auch über ihre Liebschaften und machte bei dieser Gelegenheit den Witz: es gefiele ihr wohl am besten au jeûne et à l'oraison (bei Fasten und Beten) genannt der junge Oraison, war Bischof von Riays gewesen und befehligte später ein Regiment; in Guyenne, unter dem Marschall von Matignon, diente er dem König sehr treu und tapfer.

Kurz, ich käme niemals zu Ende, wollte ich alle diese Leute aufzählen: so schweige ich denn der Kürze halber, damit man mir auch keine gar zu starken Abschweifungen vorwerfen möge. Jene über Vittoria Colonna, die den Abbé heiratete, war indessen ganz gelegen. Hätte sie sich nicht mit ihm verheiratet, hätte sie den Rang und Namen einer Vittoria besser verdient, da sie dann Siegerin über sich gewesen wäre; und da sie keinen zweiten finden konnte, der dem ersten glich, hätte sie es schon genug sein lassen können.

Ich kannte sehr viele Damen, die ihr nachahmten. Da war gleich eine, die einen meiner Oheime geheiratet hatte, der einer der tapfersten, mutigsten, vollkommensten Männer seiner Zeit war. Nach seinem Tod heiratete sie einen andern, der ihm glich wie ein Esel einem spanischen Pferd; das spanische Pferd war aber mein Onkel. Eine andre Dame kannte ich, die hatte einen Marschall von Frankreich, einen schönen, ehrbaren und tapfern Edelmann geheiratet: in zweiter Ehe nahm sie einen ganz andersartigen Menschen, der auch der Kirche angehörte; mehr fand man jedoch an ihr zu tadeln, daß sie, als sie wieder zu Hofe ging, wo sie seit 20 Jahren, seit ihrer zweiten Ehe, nicht wieder gewesen war, den Namen und Titel ihres ersten Gemahls wieder annahm. Unsere Gerichtshöfe müßten ihr Augenmerk darauf lenken und ein Gesetz dafür schaffen; denn es machten es sehr viele so, was eine allzu große Verachtung für ihre letzten Gatten bedeutet, deren Namen sie nach ihrem Tod nicht tragen wollen; denn da sie sich die Suppe eingebrockt haben, müssen sie sie auch saufen und dabei bleiben.

Eine Witwe kannte ich: als deren Gemahl zu sterben kam, stimmte sie ein Jahr lang ein so verzweifeltes Wehklagen an, daß man schon immer meinte, sie habe ausgestöhnt. Als das Jahr vorbei war und sie ihre große Trauer ablegen und die kleine tragen konnte, sagte sie zu einer ihrer Frauen: »Verwahrt mir diesen Krepp gut; denn ich werde ihn vielleicht ein andermal wieder brauchen.« Dann verbesserte sie sich gleich: »Aber was habe ich da gesagt? Ich träume wohl. Lieber sterben, als je wieder damit zu tun haben.« Nach der Trauerzeit verheiratete sie sich an einen zweiten, der dem ersten höchst unähnlich war. »Aber« (sagen diese Frauen), »er war aus ebenso gutem Hause wie der erste.« Ja, das gebe ich zu, aber ich frage auch, wo bleiben seine Tugend und Tapferkeit? Sind diese nicht höher zu schätzen als alles? Und das Beste, das ich darin finde, ist: haben sie's fertig gebracht, tragen sie schwerlich lange den Sieg davon; denn Gott erlaubt, daß sie so mißhandelt und geprügelt werden, wie sie es nötig haben: nachher, da tun sie Buße, aber dann ist auch keine Zeit mehr dazu.

Die Damen, die sich so zum zweitenmal verehelichen, haben eine gewisse Meinung und Laune in ihrem Schädel, die wir nicht gut kennen: so hörte ich von einer spanischen Dame, der man, als sie sich wieder verheiraten wollte, vorstellte, was denn aus ihrer großen Liebe zu ihrem Gemahl werden solle, und da antwortete sie: La muerte del marido y nuevo casamiento no han de romper el amor d'una casta muger; »Der Tod des Gemahls und eine neue Ehe können die Liebe einer keuschen Frau gar nicht zerbrechen.« Nun, reimt mir das zusammen, wenn's euch gefällt. Eine andre spanische Dame, die man wieder verheiraten wollte, sprach noch besser: Si hallo un marido bueno, no quiero tener el temor de perder lo; y si malo que necessidad he del; »Wenn ich einen guten Gatten finde, will ich keine Furcht haben, ihn zu verlieren; wenn einen schlechten, was für eine Notwendigkeit liegt dann für mich vor, daß ich ihn überhaupt habe?«

Als Valeria, eine Römerin, ihren Gatten verloren hatte, und sie von einigen Freundinnen über ihren Verlust und seinen Tod getröstet wurde, sagte sie zu ihnen: »Für euch ist er freilich gestorben, aber in mir lebt er ewig.« Jene Marquise, von der ich soeben redete, hatte etwas Ähnliches gesagt. Diese Aussprüche der ehrbaren Damen stehen sehr im Gegensatz zu dem spitzzüngigen spanischen Sprichwort:

Que la jornada de la biudez d'una muger es d'un dia; »Die Witwenschaft einer Frau spielt sich ganz und gar an einem Tage ab.« Noch schlimmer machte es eine weitere Dame, Frau von Monnains, deren Mann Statthalter des Königs war und der Salzsteuer halber vom Volk in Bordeaux massakriert wurde. Als man ihr die Nachricht brachte, daß ihr Gemahl getötet und so, wie geschehen, behandelt worden war, rief sie sofort aus: »Ach? Und was ist aus meinem Diamanten geworden?« Sie hatte ihm denselben zum ehelichen Bunde gegeben, und er war damals 1000 bis 1200 Taler wert, und der Herr trug ihn immer am Finger. Damit gab sie zu erkennen, ob sie über den Verlust ihres Gatten oder über den des Diamanten mehr trauerte.

Madame von Etampes, die vom König Franz sehr begünstigt und daher von ihrem Gemahl wenig geliebt wurde, sagte, wenn eine Witwe sie besuchte und sie bat, Mitleid mit ihr und ihrem Witwenstand zu haben: »Ach! Liebste, seien Sie glücklich mit Ihrer Stellung; denn man ist nur dann Witwe, wenn man es sein will,« als ob sie selber sehr danach verlangte, es zu sein. Für einige mag das gelten, für andre aber nicht.

Was sollen wir aber zu den verwitweten Frauen sagen, die ihre Ehe geheimhalten und nicht wollen, daß sie öffentlich bekannt werde?Man kann hier an Johanna Chabot denken, die Witwe des Herrn von Anglure, die Herrn de la Châtre, Marschall von Frankreich, heiratete. Sie war Mutter des tapfern Giori, der 1594 bei der Belagerung von Laon fiel. Ich kannte eine, die die ihre länger als sieben oder acht Jahre lang verschwieg, ohne sie drucken oder verkündigen lassen zu wollen: man sagte, sie täte es aus Furcht vor ihrem Sohn, einem der tapfersten und ehrbarsten Männer der Welt, damit er über sie und über den Mann nicht wütend werde, obwohl derselbe auch zu den Großen gehörte. Sobald er jedoch in einem Gefecht im Krieg verstarb, das ihm viel Ruhm brachte, da ließ sie es sofort drucken und veröffentlichen.

Ich hörte von einer großen verwitweten Dame, die seit mehr als 15 Jahren mit einem sehr hohen Fürsten und Herrn verheiratet ist; aber die Welt weiß nichts davon und erfährt nichts, so geheim und verschwiegen ist es: man sagte, der Herr fürchte seine Schwiegermutter, die eine arge Herrschaft über ihn ausübe und wegen seiner kleinen Kinder nicht wolle, daß er sich wieder vermähle.

Ich kannte eine andre sehr große Dame, die vor nicht langer Zeit mit einem simplen Edelmann verheiratet war und starb, nachdem sie ihre Ehe länger als zwanzig Jahre fortgesetzt hatte, ohne daß man es anders als vermutungsweise und durch Hörensagen bemerkte. Ach! was es doch für Frauen gibt!

Ich hörte eine Dame von hohem Rang und altem Herkommen erzählen, daß der gestorbene Herr Kardinal du Belay als Bischof und Kardinal Frau von Chatillon geheiratet hatte und als verheirateter Mann gestorben ist; das sagte sie gelegentlich eines Gesprächs mit dem Provencalen Herrn von Manne, aus dem Hause Senjal,lies: Cental. Franz von Boulliers (»Herr von Manne«) wurde 1580 Bischof. Bischof von Fréjus, der während eines Zeitraums von fünfzehn Jahren am königlichen Hofe im Gefolge des Kardinals und einer seiner vertrauten Protonotare gewesen war: als sie auf den Kardinal zu sprechen kam, fragte sie ihn, ob er ihm nie gesagt und vertraut habe, daß er verheiratet wäre. Wer war erstaunt? Herr von Manne über eine solche Frage. Er ist noch am Leben und wird sagen können, ob ich lüge; denn ich war dabei. Er antwortete, daß er ihn nie hätte davon reden hören, weder zu sich noch zu andern. »Nun, dann gebe ich es Euch zu wissen,« sagte sie; »denn nichts ist so wahr, als daß er verheiratet war;« und er ist in der Tat mit der Dame und Witwe von Chatillon vermählt gewesen! Ich versichere euch, daß ich beim Anblick des erstaunten Gesichts des Herrn von Manne, der sehr gewissenhaft und fromm war und alle Geheimnisse seines seligen Herrn zu wissen glaubte, sehr gelacht habe: aber für diesmal war er de galico: es war auch skandalös in Anbetracht des heiligen Rangs, den er innehatte.

Jene Frau von Chatillon war die Witwe des gestorbenen Herrn von Chatillon, von dem man sagte, daß er den kleinen König Karl VIII. leitete, mit Bourdilhon, Galiot und Bonneval, die den königlichen Sproß beaufsichtigten. Er starb zu Ferrara, nachdem er bei der Belagerung von Ravenna verwundet worden und zu seiner Heilung hingebracht worden war. Diese Dame wurde sehr jung, schön und klug Witwe und war anscheinend auch tugendhaft: Zeuge dessen ist diese Verheiratung, daher wurde sie von der jetzt gestorbenen Königin von Navarra zur Ehrendame erwählt. Sie war's, die jener Dame und großen Prinzessin, die in den Hundert Novellen der besagten Königin geschildert wird, jenen guten Rat gab; es handelte sich um sie und um einen Edelmann, der nächtlicherweile, als sie in ihrem Bett lag, durch eine Klappe in den Alkoven geschlüpft war und sie genießen wollte; er gewann aber bloß tüchtige Schrammen auf seinem schönen Gesicht; und als sie sich bei ihrem Bruder darüber beklagen wollte, machte ihr die Dame jene Vorstellungen, die man in der Novelle lesen soll, und gab ihr jenen guten Rat, einen der schönsten, weisesten und passendsten, einem Skandal aus dem Weg zu gehn; sein Urheber hätte erster Präsident von Paris werden können, es zeigte indessen auch sehr, daß die Dame in solchen Geschichten ebenso klug und schlau war wie weise und besonnen: daher ist nicht daran zu zweifeln, ob sie ihren Fall mit ihrem Kardinal geheimhielt. Meine Großmutter, die Frau Seneschall von Poitou, bekam nach ihrem Tod deren Stelle, sie wurde vom König Franz erwählt, der sie ernannte und sogar aus ihrem Hause holen ließ; er überließ sie seiner königlichen Schwester, weil er sie als eine sehr weise und sehr tugendhafte Dame kannte, auch nannte er sie mon chevalier sans reproche: sie war jedoch nicht so schlau, so verschmitzt, so geschickt darin wie ihre Vorgängerin und war auch keine zweite Ehe eingegangen. Und wenn ihr wissen wollt, von wem die Novelle handelt: von der Königin von Navarra selbst und vom Admiral von Bonivet, wie ich von meiner seligen Großmutter habe: mir scheint indessen, die Königin brauchte ihre Namen nicht zu verhehlen, da der andre über ihre Keuschheit nichts vermochte und sich in Verwirrung wieder fortmachte; und sie wollte ja die Tat bekannt machen, wären nicht die schönen und klugen Vorhaltungen jener ihrer Ehrendame, Frau von Chatillon, gewesen; und wer davon gelesen hat, wird derselben Meinung sein. Ich glaube, der Herr Kardinal, ihr Gatte, einer der beredtesten, gelehrtesten, klügsten und besonnensten Männer seiner Zeit, inspirierte sie bei diesen Ratschlägen und Mahnungen. Vielleicht mutet diese Geschichte wegen des heiligen und frommen Berufs des andern etwas skandalös an; wer sie aber bringen will, müßte eben andere Namen wählen.

Und wenn dieser Streich bezüglich jener Ehe geheimgehalten wurde, war es mit der des letzten Kardinals von Chatillon nicht so; denn er verkündete und sprengte es selbst genug aus, ohne daß er eine Trompete borgte; und ohne sein hohes Kleid und seinen roten Hut aufzugeben, starb er verheiratet. Einerseits entschuldigte er sich mit der reformierten Religion, an der er festhielt; anderseits damit, daß er stets seinen Rang behalten und ihn nicht niederlegen wollte (was er sonst getan hätte), und daß er in den Rat gehen wollte, wo er mit seiner Gegenwart, seiner Religion und seiner Partei viel helfen konnte; er war ja auch gewiß ein sehr fähiger Könner und eine sehr große Persönlichkeit.

Ich glaube, mein Herr Kardinal du Belay konnte es ebenso machen; denn damals neigte er sehr zum Glauben und zur Lehre Luthers, ebenso wie der französische Hof davon beeinflußt war; denn alle neuen Dinge gefallen, und besagte Lehre gab auch den Leuten, und besonders den Geistlichen, die recht artige Freiheit, sich zu verheiraten.

Nun wollen wir aber nicht mehr von diesen Standesherren reden, wegen der großen Verehrung, die wir ihrem Gewand und ihrem heiligen Range zollen müssen. Wir müssen uns jetzt etwas mit unsern alten Witwen befassen, die keine sechs Zähne mehr im Maul haben und sich wieder verheiraten. Es ist noch nicht lange her, als eine Dame, Witwe dreier Gatten, in Guyenne als vierten einen Edelmann heiratete, der dort einen ziemlichen Rang einnimmt, da stand sie im Alter von 80 Jahren. Ich weiß nicht, warum sie es tat; denn sie war sehr reich und hatte eine Menge Taler, derentwegen der Edelmann wohl hinter ihr her war, war es nicht deswegen, weil sie sich wieder hingeben und noch einmal auf ihren Lorbeeren tanzen»fringuer sur les lauriers«: auf den Lorbeeren, mit denen die Sieger ihr Lager bedeckt hatten. wollte, wie Fräulein Sevin, die Possenreißerin der Königin von Navarra, sagte. Ich kannte auch eine große Dame, die sich im Alter von sechsundsiebenzig Jahren wieder vermählte und einen Edelmann ehelichte, der nicht die Qualität ihres ersten besaß; und sie lebte hundert Jahre; dennoch bewahrte sie dabei ihre Schönheit; denn sie hatte zu den schönen Frauen ihrer Zeit gehört und hatte ihren hübschen und jungen Leib auf jede Art und Weise verwertet: vor der Ehe, in der Ehe und als Witwe, sagte man.

Das nenne ich zwei schreckliche Frauenlaunen! Sie mußten wohl viel Hitze haben. Auch habe ich tüchtige und erfahrene Bäcker sagen hören, daß ein alter Backofen viel leichter heiß wird als ein neuer, und wenn er einmal erhitzt ist, hält er seine Wärme länger und bäckt das Brot besser.

Ich weiß nicht, was für einen Geschmack ihre Kunden von Gatten und Liebhabern an ihnen finden; ich sah jedoch viele galante und tapfre Edelleute, die an der Liebe der alten Damen ebenso, sogar noch mehr hingen als an der der jungen; und man sagte mir noch, es hätte schon seine Annehmlichkeiten für sie. Manche sah ich auch, die sie mit sehr heißer Liebe liebten, ohne ihre Börse in Anspruch zu nehmen, als nur ihr Börschen im Schoße. So sahen wir einst einen sehr hohen, regierenden Fürsten,Heinrich II, der seiner jungen Gemahlin die schon bejahrte Herzogin von Valentinois vorzog, die schon seines königlichen Vaters Maitresse gewesen war. der eine bejahrte verwitwete hohe Dame so heftig liebte, daß er sowohl seine Gemahlin wie alle andern noch so schönen und jungen Frauen aufgab, um mit ihr zu lieben. Darin hatte er aber recht; denn sie war eine der schönsten und liebenswürdigsten Damen, die man je gesehen hat; und ihr Winter war sicherlich mehr wert als der Frühling, der Sommer und der Herbst der andern. Wer mit den italienischen Kurtisanen Umgang gepflogen hat, dem sind Beispiele vorgekommen, wie manche stets die berühmtesten und ältesten wählen, die gleich die geübtesten waren, weil sie sowohl am Leib wie an der Seele mehr von ihnen erwarten konnten. Das war der Grund, weshalb jene feine Kleopatra sich gar nicht aufregte, als sie von arc Anton aufgefordert wurde, ihn zu besuchen; da sie Julius Cäsar und Gnäus Pompejus, den Sohn des großen Pompejus, hatte in den Sack stecken können, als sie noch ein junges Mädchen war und noch kaum etwas von der Welt und ihrem Metier verstand, war sie sicher, daß sie ihren Mann, der sehr roh war und den groben Soldaten erkennen ließ, ganz anders an die Zügel nehmen würde, während sie gerade in der Blüte ihres Könnens und ihres Alters stand. Und wenn auf manche Männer, um die Wahrheit zu sagen, nur die Tugend wirkt, so werden andere durch das reife Alter, einen reiferen, beredteren Geist und eine lange Erfahrung gereizt und verführt.

Hier stört nur ein Zweifel, dessentwegen ich früher Ärzte gefragt habe; es sagte einer, warum er nicht mehr gesund lebe, da er in seinem Leben keine Alte erkannt oder berührt habe, im Hinblick auf jenen ärztlichen Aphorismus: vetulam, non cognovi. Unter andern Witzen und Scherzen bekam ich von diesen Ärzten ein altes Sprichwort zu hören, das besagte: »In einer alten Scheuer drischt man gut, aber mit alten Dreschflegeln richtet man nichts Ordentliches aus.« Andre sagen: »Es liegt wenig daran, wie alt das Tier ist, sondern ob es trägt.« Sie kannten auch aus Erfahrung so hitzige und brünstige alte Weiber, daß sie beim Beischlaf mit einem jungen Mann aus ihm herauszogen, was sie nur konnten, und ihn abquälten und alles aussogen, was er an Stoff oder Saft im Leibe hatte, der besseren Befeuchtung wegen: ich meine jene, die des Alters halber vertrocknet sind und keine Säfte haben. Jene Ärzte nannten mir andre Gründe; neugierige Leute können sie aber selber darum fragen.

Ich sah eine alte Witwe, eine große Dame, die in weniger als vier Jahren drei Gatten und einen jungen Edelmann, den sie zum Freund genommen hatte, zuschanden ritt und unter die Erde brachte, nicht mit Mord oder Gift, sondern durch unaufhörliches Schröpfen und Destillieren. Wenn man die Dame sah, hätte man es ihr nie zugetraut; denn vor den Leuten tat sie sehr fromm, erbarmend und scheinheilig, ja sie wollte vor ihren Kammerfrauen nicht einmal das Hemd wechseln, weil sie fürchtete, von ihnen nackend gesehen zu werden, und wollte auch nicht vor ihnen das Wasser abschlagen; eine mit ihr verwandte Dame sagte aber, sie mache diese Umstände nur mit ihren Frauen, nicht aber mit ihren Männern oder ihren Galanen.

Aber wie? Verdient denn eine Frau, die in ihrem Leben mehrere Gatten hat, wie es deren genug gab, die drei, vier und fünf hatten, mehr Tadel als eine andre, die in ihrem Leben nur einen Gatten und einen Geliebten hat, oder zwei, oder drei, wie sich einige wirklich rechtschaffen damit zufrieden gaben? Darüber hörte ich eine große Dame von da und da sagen, sie mache keinen Unterschied zwischen einer Dame, die mehrere Gatten hatte, und einer, die neben ihrem Gatten bloß einen oder zwei Freunde gehabt; denn der Schleier der Ehe deckt alles zu; was aber die Sinnlichkeit und die Schlüpfrigkeit anlange, gebe es keinen Heller Unterschied, darin befolgen die Frauen das spanische Sprichwort: Algunas mugeres son de natura de anguilas en referier, y de lobas en excoger; »Manche Frauen haben die Natur von Aalen, wenn man sie halten will, und ihre Wahl treffen sie wie Wölfinnen«; denn der Aal ist sehr schlüpfrig und schlecht zu fassen, und die Wölfin wählt immer den häßlichsten Wolf.

Es passierte mir einmal am Hofe, wie ich anderswo erzählte, daß eine ziemlich hohe Dame, die dreimal verheiratet gewesen war, zufällig zu mir sagte, sie habe soeben mit ihrem Schwager gespeist, und ich solle erraten mit wem; sie sagte es mir naiv, ohne etwas Böses dabei zu denken; und ich antwortete ihr etwas boshaft, aber doch lachend: »Und wer zum Teufel könnte so wahrsagen, um das zu erraten? Ihr seid viermal verheiratet gewesen; man kann sich denken, was Ihr für eine Menge Schwäger haben mögt.« Da antwortete sie mir und replizierte: »Ihr habt Böses im Sinn,« und nannte mir den Schwager. »Gut, gut!« erwiderte ich ihr; »aber vorhin war es nicht so gut.« In RomUm 400 nach Christus. Der heilige Hieronymus sah das Leichenbegängnis dieser Frau und berichtete auch das Faktum. lebte einst eine Frau, die zweiundzwanzig Gatten nacheinander gehabt hatte, und ebenso ein Mann, der einundzwanzig Frauen gehabt; sie kamen alle beide überein, einen guten Bund zu schließen und sich miteinander zu verheiraten. Der Mann überlebte schließlich seine Frau: dafür wurde er von dem ganzen Volk in Rom so hoch gefeiert, daß er als Sieger im Triumphwagen lorbeergekrönt und die Palme in der Hand herumgeführt wurde. Welch ein Sieg, welch ein Triumph!

Zur Zeit König Heinrichs II. war am Hofe Herr von Barbezan, genannt Saint-Amand, der sich dreimal nacheinander verheiratete. Seine dritte Frau war Fräulein bei der Frau von Monchy, der Erzieherin der Herzogin von Lothringen, die, tapferer als ihre beiden Vorgängerinnen, über sie recht behielt; denn unter ihr starb der Gatte; wie man ihn nun am Hof bedauerte und sie über seinen Verlust schmählich niedergeschlagen war, machte ihr Herr von Monpesat, der ganz vortrefflich redete, den Einwand: anstatt sie zu beklagen, müsse man sie vielmehr preisen wegen ihres Sieges über ihren Mann, von dem man sagte, daß er so stark und kräftig und wohlausgestattet wäre, daß er seine ersten beiden Frauen durch die Gewalt, mit der er es ihnen machte, ins Grab brachte; sie, die beim Kampf nicht unterlegen sei, sondern siegreich geblieben wäre, müßte für einen so schönen Sieg über einen so tapfern und robusten Kämpen vom Hofe gelobt und bewundert werden; daher müsse sie selber sehr stolz darüber sein. Was für ein Ruhm!

Dieselbe Meinung äußerte ein Herr von Frankreich: zwischen einer Frau, die vier oder fünf Gatten gehabt hat (dergleichen gab es), und einer Hure, die drei oder vier Liebhaber hintereinander habe, fände er keinen größeren Unterschied; es sei denn, daß die eine die Ehe zum Deckmantel nehme, die andere nicht. Als ein feiner Mann, den ich kenne, eine Frau geheiratet hatte, die drei Männer gehabt, fand sich einer (ich kenne ihn), der sagte: »Er hat ja schließlich eine Hure geheiratet, die aus dem Respektsbordell kommt.« Meiner Treu, solche Frauen, die sich wieder verheiraten, gleichen den habgierigen Wundärzten, die einem armen Verwundeten die Wunden nicht sofort zuschließen wollen, um die Heilung hinauszuzögern und immer mehr klingendes Honorar dadurch zu gewinnen. Auch sagte eine: »Es ist nicht schön, gerade mitten auf seinem Weg anzuhalten; man muß ihn bis ans Ende durchmachen.«

Ich wundere mich, daß diese Frauen, die so hitzig sind und so rasch dabei, sich wieder zu verheiraten, und besonders so angejahrte, zu ihrer Ehre sich keiner abkühlenden Mittel und niederschlagenden Tränke bedienen, um alle diese ihre Brünste zu dämpfen und zu vertreiben; aber weit gefehlt, sie zu gebrauchen, helfen sie sich sogar mit deren Gegenteil und sagen, solche erkältende potus verdürben ihnen den Magen. Ich habe früher ein kleines, aber dummes italienisches Büchelchen gesehen und gelesen, das Rezepte gegen die Wollust enthielt und auch zweiunddreißig Mittel dagegen nennt; sie sind aber so dumm, daß ich den Frauen durchaus nicht rate, sie zu gebrauchen, sonst können sie ihren Körper in einen bösen Zustand versetzen. Deshalb führe ich sie auch hier nicht an. Plinius führt eines an, das früher die Vestalinnen gebrauchten; auch die athenischen Frauen benützten es während der Feste der Göttin Ceres, genannt Thesmophoria,Das Fest der Thesmophorien wurde bei den Römern nicht gefeiert, nur bei den Athenern. Brantôme hat die Stelle im Plinius nicht exakt kommentiert. um sich abzukühlen und jede heiße Liebesgier zu vertreiben; dadurch wollten sie die Feier in größerer Keuschheit begehen, es waren Abgüsse aus den Blättern eines Baumes, genannt agnus castus. Aber nur während des Festes schränkten sie sich so ein, nachher aber lustierten sie sich wieder ordentlich damit.

Ich sah einen solchen Baum in einem Hause in der Guyenne, er gehörte einer großen, ehrbaren und sehr schönen Dame, die ihn häufig den Fremden, die sie aufsuchten, als große Spezialität zeigte und ihnen auch seine Eigenschaft erklärte, aber der Teufel soll mich holen, wenn ich je gesehen oder gehört hätte, daß eine Frau oder Dame auch nur einen einzigen Zweig hätte pflücken lassen oder bloß ein kleines Blättermittel gemacht hätte; nicht einmal die Eigentümerin des Baumes, die doch darüber verfügen konnte, wie es ihr paßte. Das wäre auch schade gewesen; denn ihr Gatte hätte es sicher nicht schön dabei gehabt: sie war es auch sehr wert, daß sie dem Lauf der Natur seinen Gang ließ, so schön und angenehm war sie, und sie hat auch in der Tat eine überaus schöne Nachkommenschaft erzeugt.

Um die Wahrheit zu sagen, muß man diese scharfen und kalten Rezepte lieber den armen Nonnen überlassen und verordnen, die häufig von den Versuchungen des Fleisches gepackt werden, die Ärmsten, obwohl sie fasten und ihren Leib kasteien; hätten sie Freiheit, würden sie sich, wenigstens manche, gleich den weltlich Gesinnten erquicken; und recht häufig bereuen sie es, daß sie den Schleier nahmen, wie man bei römischen Kurtisanen sieht, von deren einer ich eine lustige Geschichte mitteilen will; diese hatte sich dem Schleier gelobt, und bevor sie ins Kloster ging, besuchte sie einer ihrer Freunde, ein französischer Edelmann, um ihr Lebewohl zu sagen, da sie ja Klosterschwester würde; bevor er wegging, bat er sie noch einmal um Liebe; während er sie nahm, sagte sie zu ihm: Fate dunque presto; ch'adesso mi verranno cercar per far mi monaca, e menare al monasterio.Mach' geschwind, denn man wird mich gleich holen, ins Kloster bringen und zur Nonne machen! Man stelle sich vor, sie wollte es zum Abschied noch einmal genießen und sagte: Tandem haec olim meminisse juvabit. – Welche Reue! Was für ein frommer Antritt! Und wenn sie einmal das Gelübde abgelegt haben, glaube ich, daß wenigstens die schönen, ich meine manche, sich mehr danach zurücksehnen als von leiblicher oder seelischer Speise zu leben. Manche wissen sich auch zu helfen, entweder mit Dispensen oder mit offenen Freiheiten, die sie sich selber nehmen; denn hier werden sie nicht, wie in der Vergangenheit die Vestalinnen von den Römern, grausam behandelt, wenn sie etwas verbrochen haben; das war etwas Häßliches und Verabscheuenswertes; dafür waren sie auch Heiden und voller Scheußlichkeiten und Grausamkeiten. Wir Christen, die wir der milden Lehre unsres Heilands folgen, müssen gütig sein wie er; und wie er verzeiht, so müssen wir verzeihen. Ich würde die Art, wie die Vestalinnen behandelt wurden, beschreiben; aber da mir schaudert, laß ich es lieber in der Feder.

Lassen wir nun diese armen Klosterschwestern; wenn sie da einmal eingeschlossen sind, erdulden sie Übles genug; so sagte einmal eine spanische Dame, als sie ein sehr schönes und ehrbares Fräulein ins Kloster gesteckt werden sah: O tristezilla, y en que pecasteis, que tan presto vienes à penitencia, y seys metida en sepultura viva! »O arme Unglückliche, was habt Ihr groß gesündigt, daß Ihr so rasch büßen müßt und ganz lebendig ins Grab geworfen werdet!« Und als sie sah, daß die Nonnen ihr die freundlichste und ehrenvollste Aufnahme bereiteten, sagte sie: que todo le hedia, hasta et encienso de la yglesia; »Alles röche ihr übel, selbst der Weihrauch der Kirche.«

In betreff dieser jungfräulichen Gelübde erließ Heliogabal ein Gesetz: es solle keine römische Jungfrau, auch keine Vestalin, zur Wahrung der Jungfräulichkeit verpflichtet werden; die Frauen wären geschlechtlich zu einfältig, daß man sie zu etwas verpflichten könne, was sie nicht garantieren könnten. Daher stifteten die Leute, die Hospitäler errichteten, um darin arme Mädchen zu ernähren, aufzuziehen und zu verheiraten, ein sehr barmherziges Werk, sowohl weil sie ihnen die süße Frucht der Ehe kosten ließen, als auch, weil ihnen so die Buhlerei ferngehalten wurde. Ebenso verwandte Panurg bei Rabelais sehr viel Geld darauf, solche Ehen zu stiften, und besonders bedachte er gern alte häßliche Weiber; denn für die muß man doch viel mehr Geld springen lassen als für die schönen.

Eine Frage noch erhebt sich hier, von der ich gerne wollte, sie möchte mir von ein paar Damen, die die Fahrt gemacht haben, in aller Wahrheit und ehrlich gelöst werden; ich möchte wissen, wie sie sich, wenn sie sich wieder verheiratet haben, gegenüber dem Andenken an die ersten Gatten verhalten. Dazu sagt ein Spruch: Die letzten Freundschaften und Feindschaften lassen die ersten vergessen; ebenso begräbt die zweite Ehe die erste. Dafür will ich ein lustiges Beispiel anführen; aber keines hohen Orts; nicht, daß es sehr zu billigen und auch nicht zu verwerfen wäre, man sagt jedoch, Weisheit und Wissen könnten auch an einem mindern Ort verborgen sein. Als einmal eine große Dame von Poitou eine Bäuerin, ihre Pächterin, fragte, wieviel Gatten sie gehabt habe, und wie sie sich dabei befunden habe, machte sie ihre kleine Verbeugung und antwortete kaltblütig: »Ich will es Euch sagen, Madame: ich hatte zwei Gatten, Gott sei Dank! Der eine hieß Wilhelm, er war der erste; der zweite hieß Collas. Wilhelm war ein guter Mann, ein wohlhabender Mann; und er behandelte mich sehr gut; aber Gott möge Collas verzeihen; denn Collas machte es mir sehr gut.« Das Wort, das mit F anfängt, sagte sie aber stracks und ungeschminkt, ich wage es aber nicht. So bat diese Vettel für die Seele des hingeschiedenen guten Kameraden und argen Hurenjägers zu Gott, und weshalb, frage ich einen: weil er sie so gut liebte; beim ersten – niente. Ich dachte, ebenso machen es manche Damen, die eine zweite Ehe eingehen; denn dann tun sie es jener großen Sache halber; daher wird der, der's am besten versteht, am meisten geliebt. Und es ist auch ihre Meinung, der zweite sei vor Liebeswut geschwollen; aber recht häufig werden manche getäuscht; denn sie finden in ihren Butiken das Lager nicht, das sie da zu finden glaubten; oder es ist wie bei manchen so elend, verbraucht, verdorben, schlaff, gewelkt, schlapp und abgenutzt, daß man es bereut, seinen Denar darangesetzt zu haben; dafür sah ich eine Menge Beispiele, die ich aber nicht anführen will.

Bei Plutarch lesen wir, Cleomenes hatte nach dem Tode des Aagis dessen Frau, die schöne Agintis geheiratet; denn da sie äußerst schön war, liebte er sie sehr. Er würdigte die große Trauer, die sie für ihren ersten Gatten empfand, und hatte so großes Mitleid mit ihr, daß er ihr seine Freude über die Liebe aussprach, die sie für ihren ersten Gatten empfand, und ihre liebenswürdige Erinnerung an ihn hübsch fand, und zwar brachte er selbst sehr häufig die Rede auf ihn, indem er sie um verschiedene Besonderheiten ihrer Liebesfreuden fragte, die sich zwischen ihnen abgespielt hatten. Er erfreute sich ihrer aber nicht lange; denn sie starb ihm weg, und er empfand die tiefste Trauer darüber. Manche solcher Gatten machen es mit ihren schönen Frauen zweiter Ehe gerade so.

Es ist aber nun doch bald Zeit, wie mich dünkt, daß ich Schluß mache, oder ich tu es sonst überhaupt nie. Andre Damen sagen auch, sie hätten ihre letzten Gatten weit lieber als die ersten: »denn,« sagten mir manche, »die ersten, die wir heiraten, müssen wir sehr häufig auf den Befehl unserer Könige und königlichen Herrinnen nehmen, unter dem Zwang unsrer Väter, Mütter, Verwandten, Vormünder, nicht mit unserm freien Willen; dagegen treffen wir in unsrer Witwenschaft, wo wir sehr frei geworden sind, eine solche Wahl, die uns zusagt, und nehmen sie nur zu unsrer Lust und Freude, aus Liebe und zu unsrer artigen Befriedigung.« Das mag sicherlich zutreffen, hieße es nicht auch häufig: les amours gui s'accommancent par anneaux se finissentpar couteaux, wie ein altes Sprichwort sagt. Alle Tage erfahren wir Beispiele von Frauen, die glauben, sie würden von ihren Männern gut behandelt, die sie aus den Händen der Justiz und vom Galgen, aus der Armut, dem Elend, dem Bordell genommen und erhöht haben, und dann wurden sie geschlagen und geprügelt, ganz elend mißhandelt und sehr häufig auch ums Leben gebracht. Das war die gerechte göttliche Strafe dafür, weil sie gegen ihre ersten Gatten, die viel zu gut mit ihnen gewesen waren, zu undankbar waren und von ihnen das Schlimmste redeten. Da war eine andre, von der ich erzählen hörte, ganz anders: Diese begann in der ersten Nacht ihrer Ehe, wie ihr Gemahl sie anzugreifen begann, dermaßen zu weinen und zu seufzen, daß sie sich auf einmal sehr entgegengesetzt zeigte, winterlich und sommerlich. Ihr Gemahl fragte sie, worüber sie sich betrübe, und ob er nicht ordentlich seine Pflicht tue. Sie antwortete ihm: »Ach genug, lieber Mann; aber ich erinnere mich an meinen ersten Gatten, der mich so sehr und so oft gebeten hat, daß ich mich nach seinem Tod nie wieder verheiraten und mich an seine kleinen Kinder erinnern und Mitleid mit ihnen haben solle. Ach! ich sehe wohl, daß ich noch viele von Euch bekommen werde. Oh! was soll ich tun? Ich glaube, daß er mir sehr flucht, wenn er mich von seinem Platze im Himmel aus sehen kann.« Was für eine Gemütsart, solche weise Erwägungen erst dann anzustellen, wenn der Angriff schon vorbei ist! Nachdem sie der Gemahl aber beruhigt und ihr diese Laune oftmals benommen hatte, öffnete er am andern Morgen das Fenster des Zimmers und ließ die ganze Erinnerung an den ersten Gatten hinaus; denn wie ein altes Sprichwort sagt: Eine Frau, die einen Gatten begräbt, kümmert sich nicht mehr darum, einen andern zu begraben; und ein anderes besagt: Eine Frau, die ihren Gatten verliert, hat kein anderes Aussehen als ein melancholisches.

Ich kannte eine andre Witwe, eine große Dame, die sich wieder ganz anders verhielt als die vorige und nicht so weinte; denn in der ersten und zweiten Nacht ihrer Ehe belustigte sie sich dermaßen mit ihrem zweiten Gatten, daß sie das Bettgestell einstießen und durchbrachen, obwohl sie eine Art von Krebs an einer Brustwarze hatte; unerachtet ihrer Krankheit aber minderte sie ihre Liebeslust um kein Jota und unterhielt ihn nachher oftmals von der Dummheit und von der Ungeschicktheit ihres ersten Gatten. Nach dem aber, was ich von manchen Männern und Frauen hörte, wollen die zweiten Gatten von ihren Frauen über die Tüchtigkeit und Tapferkeit ihrer ersten Gatten ganz und gar nicht unterhalten sein, gleichsam aus Eifersucht gegen die armen Verstorbenen, an die ihre Weiber so denken, als kehrten sie in diese Welt zurück: Übles dagegen können sie von ihnen reden, soviel sie wollen. Sehr viele fragen sie freilich auch danach, so machte es Cleomenes; und ihre Frage geht dahin, ob sie sich sehr kräftig und tapfer zeigten, und vergleichen beide nach ihrer Kraft und Stärke bei diesen Minnediensten; das habe ich von manchen Männern und Frauen sagen hören, daß sie, um ihnen einen besseren Geschmack daran beizubringen, den spätern den Glauben einflößten, daß die andern bloß Lehrlinge gewesen wären; und sie hatten es daher auch sehr häufig weit besser. Andre sagten im Gegenteil, daß die ersten gewütet hätten, und die letzten hätten sich dann mächtig angestrengt wie abgesattelte Esel. Solche Witwen wären gut für die Insel Chios, die schönste, freundlichste und lustigste Insel der Levante, die einst im Besitz der Genueser war und seit fünfunddreißig Jahren von den Türken usurpiert worden ist, was höchst schade und ein großer Verlust für die Christenheit ist.Die Türken eroberten Chios 1566. Auf dieser Insel besteht also, wie ich von ein paar Genueser Kaufleuten hörte, der Brauch, daß die Signoria, wenn eine Frau Witwe bleiben will und keine Absicht zeigt, sich wieder zu verheiraten, sie zwingt, eine bestimmte Geldsteuer zu bezahlen, die sie argomoniatiquo nennen, was soviel besagen will (ohne der Ehre der Frauen zu nahe zu treten), »Ein S..., der ruht, ist unnütz.« (So wurde einst in Sparta, wie Plutarch in der Lebensbeschreibung Lysanders berichtet, eine Strafe gegen jene Frauen verfügt, die sich gar nicht oder die sich zu spät verheirateten oder die sich schlecht verheirateten.) Ich habe mich bei manchen Chioten danach erkundigt, worauf sich dieser Brauch stützte: sie antworteten mir, damit die Bevölkerung der Insel befördert würde. Ich versichere euch, in unserm Frankreich hat die Enthaltsamkeit der Witwen, die sich nicht wieder verheiraten, keine Entvölkerung oder Unfruchtbarkeit im Gefolge; denn ich denke, es verheiraten sich mehr wieder, als ledig bleiben, und daher brauchen sie für den unnützen und untätigen S... keine Steuer zu bezahlen. Tun sie es nicht ehelich, so fruktifizieren und betätigen sie es anderswie, wie ich zu erzählen hoffe. Auch manche unserer Mädchen würden die Steuer von Chios nicht zu bezahlen brauchen, wie die chiotischen Mädchen, die (stammten sie nun vom Land oder von der Stadt) bei Verlust ihrer Jungfernschaft bevor sie verheiratet sind und wenn sie das Metier fortsetzen wollen, gehalten sind, dem Hauptmann der Nachtwache einmal einen Dukaten zu geben (ein sehr billiger Handel; denn sie können es ja dann ihr ganzes Leben lang machen), sie treiben es dann ganz nach Lust, ohne jegliche Furcht und Gefahr; es ist auch der größte und sicherste Gewinn, den jener brave Hauptmann in seinem Amte hat.

In alten Zeiten stand es allerdings mit den Frauen und Mädchen dieser Insel ganz anders; wie Plutarch in seinen Opuscula berichtet, waren sie siebenhundert Jahre hindurch so keusch, daß man sich niemals erinnerte, daß je eine verheiratete Frau Ehebruch getrieben oder ein Mädchen außerhalb der Ehe entjungfert worden wäre. Mirakel, riefe die ...da aus wie Homer! Man kann mir glauben, daß sie sich heutzutage sehr verändert haben. Auch...

Die Griechen hatten immer besondere Erfindungen, die auf die Hurerei abzielten; so lesen wir in der alten Zeit von dem Brauch auf der Insel Cypern, den die gute Frau Venus, die Patronin der Insel, eingeführt haben soll: er bestand darin, daß die Mädchen längs der Ufer, Küsten und Gestade des Meeres spazieren gingen, um mit der Preisgebung ihres Leibes gegenüber den Seeleuten, Reisenden und Schiffern ihre Aussteuer zu gewinnen; diese stiegen eigens aus, ja sie wendeten sich von ihrem geraden, dem Kompaß folgenden Weg sogar ab, um zu landen, genossen ihre kleinen Erfrischungen mit ihnen, bezahlten sie sehr gut und fuhren dann wieder weiter, wobei manche bedauerten, solche Schönheiten verlassen zu müssen; damit gewannen diese schönen Mädchen ihre Mitgift, diese mehr, jene weniger; diese niedrig, jene hoch, diese groß, jene klein, je nachdem die Mädchen schön, ausgezeichnet und verführerisch waren.

Heutzutage spazieren manche Mädchen von uns christlichen Nationen keineswegs herum oder setzen sich so den Winden, den Regengüssen, der Kälte, der Sonne, der Hitze, dem Mond aus, um sich ihr Heiratsgut zu verdienen; denn die Mühe ist zu anstrengend und für ihre zarte und köstliche Haut und ihr weißes Fleisch zu hart; statt dessen lassen sie sich unter weichen Zelten und hinter prächtigen Bettvorhängen besuchen, und da pressen sie den Liebhabern ihren Liebes- und Mitgiftsold ab, ohne jeglichen Tribut zu bezahlen. Ich rede nicht von den römischen Kurtisanen, die ihn bezahlen, sondern von viel vornehmeren als sie. Ja, bei manchen haben die Väter, Mütter und Brüder die meiste Zeit keine große Sorge ums Geld und brauchen ihnen auch keines zu geben, um sie zu verheiraten; sondern die Töchter geben im Gegenteil häufig genug den Ihrigen davon ab und fördern sie in Gütern und Ämtern, in Graden und Würden, wie ich verschiedentlich gesehen habe. Auch befahl Lykurgus, daß die jungfräulichen Mädchen ohne eine Mitgift in Geld verheiratet würden, weil die Männer sie ihrer Tugenden halber, nicht aus Habsucht heiraten sollten. Aber was für eine Tugend war das? Daß sie bei den hohen Festen sangen und in aller Nacktheit öffentlich mit den Knaben tanzten, ja auf offnem Markte Ringkämpfe aufführten; es spielte sich indessen in aller Ehrbarkeit ab, sagt die Geschichte: das muß man wissen, und was mag das für eine ehrbare Verfassung gewesen sein, in der man diese schönen Mädchen öffentlich sah? Zucht und Ehrbarkeit war wohl gar nicht dabei, dagegen mag es eine Augenweide gewesen sein, besonders im Anblick der Bewegung ihres Leibes, in ihrem Tanz und noch mehr in ihrem Ringkampf: dann auch, wie sie übereinander fielen, illa sub, ille super; ille sub et illa super, wie der Lateiner sagt, »sie unten, er oben, sie oben, er unten.« Da soll man mir doch nicht weismachen, diese spartanischen Mädchen seien züchtig und ehrbar gewesen? Ich glaube, da war keine Keuschheit, die nicht davon erschüttert wurde, und wenn die unschuldigen Spiele öffentlich und am Tag stattfanden, so kamen die großen Kämpfe und Überfälle im verborgnen und bei den nächtlichen Zusammenkünften dran. Alles das konnte ohne jeden Zweifel der Fall sein in Anbetracht dessen, daß jener Lykurgus denen, die schön und disponiert waren, erlaubte, die Frauen der andern zu borgen, um darin wie in fetter, schöner und guter Erde zu ackern: es konnte auch einem alten und schwächlichen Mann kein Vorwurf daraus gemacht werden, daß er seine schöne und junge Frau einem feinen jungen Mann lieh, den er wählte; aber es sollte auch der Frau erlaubt sein, den nächsten Verwandten ihres Gatten zur Unterstützung zu wählen, der ihr gefiele, um sich mit ihm zu paaren, damit die gezeugten Kinder wenigstens dem Blut und der Rasse des Gemahls entstammten. Das sieht man ja auch wohl ein, hatten doch auch die Juden das Gesetz über den Verkehr des Schwagers mit der Schwägerin; unser Christengesetz hat das jedoch alles beseitigt, wenn auch unser heiliger Vater manchmal Dispense erteilte. In Spanien ist dergleichen sehr im Schwange, aber auch nur mit päpstlichem Dispens.

Nun wollen wir noch etwas und so nüchtern wie möglich von ein paar andern Witwen reden und dann Schluß machen.

Eine andre Gattung von Witwen, die es gibt, verheiratet sich durchaus nicht wieder, sondern flieht vor der Ehe wie vor der Pest: so antwortete mir eine sehr geistreiche Dame aus einem großen Hause, die gefragt worden war, ob sie dem Gott Hymen nochmals ihr Gelübde leisten würde: »Was verlangen Sie von mir!! wäre denn ein Galeerensträfling oder der Sklave kein Tropf und kein Tölpel, wenn er nach langem Rudern und Angekettetsein die Freiheit gewänne und er sich nicht gern fortmachte, ohne nochmals bei einem schändlichen Korsaren unters Joch zu gehen? Das gleiche gilt von mir, wenn ich einen andern nähme, nachdem ich schon die Sklaverei eines Gatten erduldet habe; was verdiente ich dafür, da ich es mir doch ohne jegliche Gefahr anderswo wohl sein lassen kann?« Eine andre große Dame und Verwandte von mir (denn ich wollte gar nicht den Sultan spielen) antwortete, als ich sie fragte, ob sie denn keine Lust hätte, sich wieder zu vermählen: »Nein, lieber Vetter, aber ergötzen will ich mich!« Das sollte eine Anspielung sein, mit der sie sagen wollte daß sie ihre S... mit etwas anderm erfreuen wollte als mit einem zweiten Gatten, nach dem alten Sprichwort: il vaut mieux voler en amours qu'en manage: und dann sind ja auch Frauen überall gastfrei. Das alte Wort trifft zu; denn sie empfangen überall und sind überall Königinnen; ich meine die schönen.

Ich hörte von einer andern, die auf die Frage eines Edelmanns, der ihr als Freier auf den Busch klopfen wollte, ob sie denn gar keinen Gatten mehr wünsche, sagte: »Ach, redet mir nicht von einem Mann, ich werde nie wieder einen haben; aber einen Freund, davon rede ich nicht.« »Erlaubt also, Madame, da ich der Gatte nicht sein kann, daß ich dieser Freund bin.« Sie antwortete ihm: »Dient gut und harret aus; vielleicht werdet Ihr's.«

Eine schöne und ehrbare Witwe im Alter von dreißig Jahren wollte eines Tages mit einem ehrbaren Edelmann spaßen, oder besser gesagt, sie wollte ihn zur Liebe verlocken; wie sie eines Tages zu Pferd steigen wollte, nahm sie ihren Rock vorne auf, der an etwas hängen geblieben und ein wenig zerrissen war, und sagte zu ihm: »Da seht, was Ihr mir gemacht habt, Ihr habt mir mein Vorderteil aufgerissen.«

»Das würde mich sehr betrüben,« sagte der Edelmann, »und daß ich ihm weh getan habe; denn es ist zu hübsch und zu schön.«

»Was wißt Ihr davon?« sagte sie. »Ihr habt es doch gar nicht gesehen!«

»So! wollt Ihr leugnen,« replizierte der Edelmann, »daß ich es wohl hundertmal sah, wie Ihr eine kleine Range wart, wo ich Euch oft aufschürzte und es bequem und nach meinem Belieben betrachtete?«

»Ach!« sagte sie, »damals war es noch ein junger Bursche, ein Flaumbart, der noch nichts von der Welt wußte. Heute hat er einen Bart bekommen, man erkennt ihn nicht wieder, und Ihr würdet ihn gar nicht mehr wiedererkennen.«

»Er steht aber,« antwortete wiederum der Edelmann, »noch auf demselben Fleck wie damals und hat ja gar nicht den Platz gewechselt. Ich glaube, ich fände ihn noch am nämlichen Ort.«

»Ja,« sagte sie, »gerade da ist er, wenn ihn auch mein Gemahl genug hin und her getan hat, mehr als je Diogenes seine Tonne.«

»Ja,« sagte der Edelmann, »aber jetzt, was kann er jetzt machen, wo ihm die Bewegung fehlt?«

»Es geht ihm gerade so,« sagte die Dame, »wie einer Uhr, die nicht aufgezogen ist.«

»Gebt also acht,« sagte der Edelmann, »daß es Euch nicht geht wie diesen Uhren; wenn sie nicht aufgezogen werden, so verrosten mit der Zeit ihre Federn, und dann taugen sie nichts mehr.«

»Diese Vergleiche,« sagte die Dame, »treffen nicht in allem zu; denn die Uhrfedern, an die Ihr denkt, sind keinem Rost ausgesetzt und immer in gutem Stand, seien sie nun aufgezogen oder werden sie es erst, sobald man es nur vornehmen will.«

»Ach! wollte doch Gott,« gab der Edelmann zurück, »daß ich der Aufzieher oder der Uhrmacher sein könnte, wenn diese Zeit und Stunde zum Aufziehen kommt!«

»Wenn der Feiertag kommen wird,« sagte die Dame, »dann werden wir uns nicht müßig verhalten, sondern machen einen Werktag daraus. Und Gott behüte den vor Unheil, den ich nicht so liebe wie Euch.«

Nach diesen wenigen pikanten und treffenden Worten stieg die Dame zu Pferd, küßte den Edelmann von Herzen und sagte: »Lebewohl, auf Wiedersehn, und auf schönste Hoffnung!« Aber das Unheil wollte, daß die ehrbare Dame binnen sechs Wochen verstarb, worüber er vor Qual umzukommen glaubte; denn jene treffenden Worte wie schon früher gewechselte hatten ihn mit solcher Hoffnung erfüllt, daß er sicher war, sie gewonnen zu haben, und das war ja auch wirklich der Fall. Verflucht sei das böse Schicksal ihres Todes; denn sie war eine der schönsten und ehrbarsten Frauen, die man sehen konnte, und war schon eine Todsünde wert!

Als eine andre schöne junge Witwe von einem ehrbaren Edelmann gefragt wurde, ob sie faste und gar kein Fleisch esse, wie der Brauch sei, antwortete sie: »Nein.« – »Aber ich sah doch,« sagte der Edelmann, »daß Ihr Euch keine Skrupel daraus machtet und in dieser Jahreszeit es ebensogut wie in einer andern roh und gekocht speistet.« – »Ja, das war zu Lebzeiten meines Gatten,« sagte sie; »aber meine Witwenschaft hat mir Schranken auferlegt und meine Lebensart geregelt.« – »Nehmet Euch in acht,« sagte der Edelmann, »so viel zu fasten; denn gewöhnlich haben die Leute, die sich dem Fasten und dem Hunger überlassen, nachher, wenn der Appetit sie packt, so enge und verstopfte Därme, daß es ihnen übel bekommt.« – »Worauf Ihr anspielt,« sagte sie, »das ist nicht so eng oder ausgehungert, daß ich es nicht mäßig sättige, wenn mir der Appetit kommt.« Ich kannte eine große Dame, die als Mädchen und verheiratete Frau überaus beleibt war. Da verlor sie ihren Gatten, und das schmerzte sie so sehr, daß sie davon dürre wie Holz wurde.Dieselbe Johanna Chabot, von der schon die Rede war. Heinrich IV. sagte auf einem Balle zu ihr, sie sei wohl deshalb grün und trocken, um die Gesellschaft zu amüsieren. Er verspottete sie mit Absicht; denn sie hatte eine böse Zunge. Trotzdem ließ sie nicht ab, ihr Herz anderswie zu erfreuen, ja sie suchte sogar bei einem ihrer Sekretäre und andern Trost, selbst bei ihrem Koch, sagte man. Deswegen bekam sie ihre Beleibtheit doch nicht wieder, wiewohl jener Koch, der ganz fett und dick war, wie mich dünkt, sie eigentlich auch hätte fett machen können. Ebenso nahm sie ihre Kammerdiener in Anspruch, spielte sich aber bei alledem als die prüdeste und keuscheste Frau vom Hofe auf; während sie doch die Tugend nur im Munde hatte, lästerte sie über alle andern Frauen und fand an allen etwas auszusetzen. Von derselben Art war auch jene große Dame aus der Dauphiné in den Hundert Erzählungen der Königin von Navarra, die von einem Edelmann, der sterblich in sie verliebt war, angetroffen wurde, wie sie mit ihrem Stallknecht oder Mauleseltreiber über sich im schönen Grase lag; das kurierte den Herrn aber sehr geschwind von seinem Liebesweh.

Ich hörte von einer sehr schönen Frau in Neapel, die im Rufe stand, mit einem Neger Umgang zu haben, dem häßlichsten Kerl von der Welt, der ihr Sklave und Maultiertreiber war. Es war aber seine befremdend starke Leibesbeschaffenheit, die ihm ihre Liebe erwarb.

In einem alten, in gotischen Lettern gedruckten Roman des Jehan de Saintré las ich, daß der gestorbene König Johann ihn als Pagen hielt. In alten Zeiten war es der Brauch, daß die Großen ihre Pagen zur Botschaft ausschickten, wie es heute noch geschieht; damals aber gingen sie überall hin und ritten zu Pferd durchs Land: von diesen Botschaften habe ich auch von unsren Vätern viel erzählen hören: denn wenn man einen Pagen mit einem Pferd und einem Stück Geld hinaussandte, dann hatte man's erledigt und ebensoviel gespart. Dieser kleine Jehan von Saintré (denn so nannte man ihn lange) wurde von seinem Herrn, dem König Johann, sehr geliebt; denn er war ein geistreicher Bursche und hatte häufig auch kleine Botschaften an des Königs Schwester zu überbringen, die damals Witwe war (das Buch sagt nicht, wessen Witwe sie war). Nach einigen Botschaften, die er bestellt hatte, verliebte sich diese Dame in ihn; und als sie ihn eines Tages bei guter Gelegenheit fand und allein mit ihm war, redete sie ihn an und fragte ihn aus, ob er denn keine Dame vom Hofe liebe, und welche ihm am besten gefalle; wie manche Damen zu reden pflegen, wenn sie eine Liebelei einleiten wollen, eine Praxis, die ich recht gut kenne. Klein-Jehan von Saintré, der an nichts weniger dachte als an die Liebe, sagte ihr: »Noch nicht;« da nannte sie ihm verschiedene, und was er davon hielte. »Noch weniger,« antwortete er, nachdem sie ihm die Tugend und das Lob der Liebe gepredigt; denn wie heutzutage waren ihr auch in jener alten Zeit manche große Damen ausgesetzt; denn die Welt war noch nicht so weise, wie sie heute ist; und um so besser für die klügsten, wenn sie sich mit ihrer Scheinheiligkeit und Naivität bei ihren Männern ins Licht setzen können. Wie diese Dame also den jungen Burschen, der ein guter Fang war, ansah, sagte sie ihm also, sie wolle ihm eine Geliebte geben, die ihn sehr lieb hätte; aber er müsse ihr auch gut dienen; und so schamhaft er sich auch noch im Augenblick zeigte, sie ließ es ihm versprechen, nur sollte er verschwiegen sein. Endlich erklärte sie sich ihm, daß sie seine Dame und Geliebte sein wolle; denn damals war das Wort Maitresse noch nicht im Gebrauch. Der junge Page war sehr erstaunt, er glaubte, sie mache sich über ihn lustig oder sie wolle ihn ertappen und dann Prügel geben lassen.

Dennoch hatte er sogleich soviel Zeichen von Brand und Feuer, von Liebe und Vertraulichkeit von ihr, daß er erkannte, es handele sich um keinen Scherz mehr: dabei sagte sie ihm immer, sie wolle ihn mit eigner Hand erziehen und groß machen. Wie dem auch sei, ihre Liebesfreuden währten eine lange Zeit, solange er noch Page war und auch darüber hinaus, bis er eine ferne Reise antreten mußte und sie ihn mit einem dicken fetten Abbé vertauschte. Diese Geschichte, die in den Nouvelles du monde advantureuxGennier: Comptes du monde adventureux, von A.D.G. Erste Ausgabe in Paris bei Etienne Groulleau, 1555, spätere wurden auch in Lyon gedruckt. steht, stammt von einem Kammerdiener der Königin von Navarra, wo man sieht, wie der Abbé dem besagten Jehan von Saintré, der so tapfer und so mutig war, einen Schimpf zufügt; er zahlte es aber auch bald darauf dem Herrn Abbé tüchtig heim und sogar dreifach. Die Geschichte ist sehr schön und da hergenommen, wo ich sagte.

Man sieht, nicht erst heute lieben die Frauen die Pagen und besonders, wenn sie gesprenkelt sind wie Rebhühner. Was für eine Laune das doch von den Frauen ist, daß sie Freunde die Fülle haben wollen, aber keinen Gatten! Sie tun es um der Freiheit willen, und das ist allerdings etwas Köstliches; es bedünkt sie, im Paradies zu sein, wenn sie die Herrschaft ihrer Gatten los sind: denn sie haben ihr vorzügliches Leibgeding und bewirtschaften es, sie handhaben die Geschäfte des Hauses; sie gehen mit den Geldern um; es geht überhaupt alles durch ihre Hand; anstatt Dienerinnen zu sein, sind sie Herrinnen; sie wählen sich ihre Vergnügungen und die Leute aus, die sie ihnen nach ihrem Wunsch machen.

Manche verdrießt es auch gewiß, daß sie keine zweite Ehe eingehen können, weil sie ihre Hoheit, ihre Würde, ihren Besitz, ihre Reichtümer, ihren Rang, ihren vornehmen und freundlichen Umgang nicht verlieren wollen; daher nehmen sie sich zusammen; so kannte und hörte ich es von verschiedenen großen Damen und Prinzessinnen, die aus Furcht, ihren früheren ersehnten Rang nicht wiederzugewinnen und ihre Stellungen zu verlieren, sich nie wieder verheiraten wollten; deswegen nahmen sie aber doch keinen Anstand, die Liebe zu pflegen und in Lust zu betreiben, deshalb verloren sie weder ihre Stellungen, noch ihren Schemel, ihre Sitze oder ihre Stühle in der Kammer der Königinnen oder anderswo. Sollten sie nicht sehr glücklich sein, ihrer Würde zu frönen, hochzusteigen und sich zugleich tief zu erniedrigen? Nun braucht aber gar keine Rede davon zu sein, ihnen etwas darüber zu sagen oder Vorstellungen zu machen, sonst würde ich mich vor Ärger, Ableugnungen, Absagungen, Widersprüchen und Rachegelüsten gar nicht auskennen.

Ich hörte von einer Witwe, die ich kannte, erzählen, sie hätte sich unter dem Vorwand der Ehe lange von einem ehrbaren Edelmann huldigen lassen; es wurde aber niemals wirklich etwas daraus. Eine große Prinzessin, ihre Herrin, wollte ihr darüber einen Verweis erteilen. Schlau und verderbt antwortete sie ihr: »Wie, Madame, wäre es verboten, mit ehrbarer Liebe zu lieben? Das wäre aber doch zu grausam.« Und Gott weiß: Diese ehrbare Liebe war eine sehr geile Liebe, eine tüchtig in den Kompost gestampfte Liebe: sicherlich sind im Anfang alle Liebschaften rein, keusch und ehrbar; aber später verlieren sie ihre Jungfräulichkeit, irgendwie kommt der Stein der Weisen damit in Berührung, und sie verwandeln sich und werden unehrbarer und unzüchtig.

Der gestorbene Herr von Bussy,Jener selbe Louis von Clermont, der von dem Grafen von Montsoreau ermordet wurde. der brillanteste Sprecher seiner Zeit, der auch überaus lustig zu erzählen verstand, sah eines Tages am Hofe eine vornehme Witwe, die das Liebesmetier immer noch fortsetzte, und sagte: »Was, diese Stute geht immer noch zum Hengst?« Dies wurde der Dame hinterbracht, die davon tödlich verletzt war; das erfuhr Herr von Bussy: » Na,« sagte er, »ich weiß schon, wie ich mich wieder mit ihr vertrage und es wieder gutmache. Sagt ihr, ich bitt Euch, daß ich nicht so geredet habe; sondern ich habe vielmehr gesagt: »Dieses StütchenFranzösisch: »poultre«, nach Rabelais eine noch nicht besprungene Stute. geht noch zum Pferde? Denn ich weiß wohl, daß sie nicht darüber betrübt ist, daß ich sie für eine galante Dame halte, sondern daß ich sie für eine alte halte; wenn sie aber erfährt, daß ich sie ein Stütchen genannt habe, d.h. ein Füllen, wird sie meinen, ich schätze sie noch als junge Dame.« Als die Dame diese Genugtuung und Korrektur seiner Worte wieder erfahren hatte, beruhigte sie sich und söhnte sich mit Herrn von Bussy wieder aus; darüber lachten wir sehr. Es half ihr aber nichts; denn man hielt sie stets für eine alte und ausgebesserte Stute, die bei aller Angejahrtheit immer noch nach den Hengsten wieherte.

Eine andre Bewandtnis hatte es mit einer anderen Dame, von der ich reden hörte, die in ihrer ersten Zeit eine recht verliebte Kameradin gewesen war und beim Altwerden mit Fasten und Gebeten Gott zu dienen begann. Ein ehrbarer Edelmann machte ihr Vorhaltungen, warum sie so viele Nachtwachen in der Kirche mache, warum sie bei Tische soviel faste, und ob sie es täte, um die Stacheln des Fleisches abzutöten und abzustumpfen. »Ach!« sagte sie, »die sind bei mir alle vorbei.« Diese Worte stieß sie so kläglich aus, als es einst Milo von Croton tat (das erzählte ich anderswo, wie mich bedünkt), jener tapfere und mächtige Ringkämpfer, der eines Tages in die Arena oder in den Ringplatz hinuntergestiegen war, bloß zu seiner Kurzweil; denn er war sehr alt geworden; da sagte einer aus der Schar zu ihm, ob er nicht noch einmal einen Stoß aus der alten Zeit machen wolle. Er streifte traurig seine Arme auf, betrachtete seine Sehnen und Muskeln und sagte bloß: »Ach! sie sind tot.« Wenn es jene Frau ebenso gemacht und sich aufgestülpt hätte, hätte der Fall ganz ähnlich wie beim Milo gelegen; etwas Bedeutendes, was einen in Versuchung bringen konnte, hätte man freilich nicht bei ihr gesehn.

Ein ähnliches Wort wie das eben erwähnte des Herrn von Bussy rührt von einem Edelmann her, den ich kenne. Nach sechsmonatiger Abwesenheit kam er an den Hof und sah eine Dame, die auf die Akademie ging, die der verstorbene König damals am Hof eingeführt hatte: »Wie,« sagte er, »die Akademie besteht immer noch? Man hatte mir doch gesagt, sie wäre abgeschafft.« – »Zweifelt Ihr,« antwortete ihm jemand, »ob sie hingeht. Sie bekommt dort von ihrem Magister Unterricht in der Philosophie des Perpetuum mobile.« Und in der Tat, wie sich auch die Philosophen den Kopf zerbrechen mögen, um dieses Perpetuum mobile zu erfinden, das beste und sicherste gibt es doch bloß in der Schule der Venus.

Eine noch viel bessere Antwort wußte eine Dame von da und da, als die Schönheiten einer andern Dame sehr gerühmt wurden, ausgenommen, daß sie unbewegliche Augen hätte und sie gar nicht drehen könnte. »Stellt euch vor,« sagte sie, »daß dann eben die Begierde ihre übrigen Körperteile um so beweglicher macht, besonders in den mittlern, nur auf ihre Augen überträgt sie sich nicht.«

Nun, wenn ich alle feinen Worte und lustigen Geschichten, die ich kenne, hier niederschreiben wollte, um den Gegenstand recht zu bereichern, käme ich überhaupt nie zu Ende. Weil ich aber noch andre wichtige Dinge vorhabe, nehme ich davon Abstand und will mit dem oben angeführten Boccaccio schließen: Mädchen, Frauen und Witwen sind alle, wenigstens größtenteils, der Liebe geneigt. Ich will nicht von niedrigen Leuten reden, weder vom Lande noch von der Stadt; denn über die zu schreiben, lag gar nie in meiner Absicht, meine Feder fliegt vielmehr nur für die Großen. Wenn man mich aber wirklich um meine Ansicht fragen würde, sagte ich gern, abgesehen von aller Gewagtheit und aller Gefahr vor den Gatten, sind nur die verheirateten Frauen zur Liebe geschaffen und können willig genossen werden; denn von Ehemännern werden sie so sehr erhitzt, daß sie wie ein Brennofen, in den viel hineingefeuert wird, nur nach Stoff, nach Wasser, Holz und Kohle verlangen, um ihre Hitze immer zu behalten: ebenso wie jemand stets frisches Öl zugießen muß, wenn seine Lampe immer in Ordnung sein soll; aber man hüte sich auch vor den Hinterhalten und Schleichwegen jener eifersüchtigen Gatten, auf welche die Schlauen recht häufig hineinfallen. Man muß hier indessen so vorsichtig und auch so kühn zu Werke gehn, als man nur kann, man muß es wie jener große König Heinrich machen; diesem stak die Liebe sehr in den Gliedern, er war aber auch sehr achtungsvoll gegen die Damen und verschwiegen. Daher wurde er auch von ihnen sehr geliebt, und wenn er manchmal das Bett wechselte und in dem einer andern Dame, die ihn erwartete, schlafen wollte, ging er, wie ich aus guter Quelle weiß, nie hin, und war's in jenen verdeckten Galerien von St. Germain, Blois und Fontainebleau, auf kleinen Schlupftreppen, in Winkeln und auf den Dächerböden seiner Schlösser, ohne daß er seinen Favorit-Kammerdiener, genannt Griffon, bei sich hatte, der seinen Spieß mit der Fackel vor ihm hertrug; er ging hinterdrein, seinen großen Mantel oder sein Nachtgewand vor dem Gesicht, den Degen unterm Arm; und wenn er sich mit seiner Dame hingelegt hatte, ließ er sich seinen Spieß und seinen Degen neben sein Kissen legen, und Griffon postierte sich vor der wohlverschlossenen Tür, wo er manchmal wachte, manchmal schlief. Es ist für jeden klar, wenn sich schon ein großer König so in acht nahm (es wurden nämlich welche auch erwischt, Könige und große Fürsten, das bezeugt in unserer Zeit der Herzog Alexander von Florenz), was dann im Vergleich mit diesem großen die kleinen Kameraden machen müßten. Gewisse Eingebildete verachten freilich alles; und sie werden dafür denn auch recht häufig abgefaßt.

Ich hörte erzählen, der König Franz hatte einmal eine überaus schöne Dame, bei der er lange blieb,Eine historische Konjektur: Bonnivet fiel in der Schlacht bei Pavia. Die Herzogin von Etampes wurde erst nach der Rückkehr Franz' I. aus der Gefangenschaft seine Maitresse. Es kann sich also nur um Madame von Chateaubriand handeln, die in der Tat lange beim König blieb. und als er sie eines Tags unversehens besuchte und in einer unvermuteten Stunde bei ihr schlafen wollte, klopfte er heftig an die Tür, das durfte er, dazu hatte er Macht; denn er war der Herr. Sie aber hatte damals gerade Herrn von Bonnivet zur Gesellschaft und wagte nicht den Spruch der römischen Kurtisanen zu sagen: Non si può, la signora è accompagnata. Da galt es sich besinnen, wo sich ihr Galan am sichersten verstecken konnte. Zufällig war es im Sommer, wo man in den Kamin Äste und Zweige gelegt hatte, wie es in Frankreich der Brauch ist. Daher riet sie ihm sofort, sich so, wie er war, im Hemde in den Kamin zu werfen, unter das Reisig zu verstecken, und es war zum Glück für ihn nicht Winter. Nachdem der König sein Geschäft mit der Dame besorgt hatte, wollte er sein Wasser abschlagen; er stand auf und pißte mangels einer andern Gelegenheit in den Kamin; und das belustigte ihn so, daß er den armen Liebhaber mehr damit besprengte, als hätte man ihn mit einem Wassereimer begossen; denn er bewässerte ihn wie mit einer Gartengießkanne von allen Seiten, sogar auf das Gesicht, auf die Augen, auf die Nase, auf den Mund und überallhin; möglicherweise schlüpfte ihm auch ein Tropfen davon in die Kehle. Es kann sich jeder denken, in welcher Qual der Edelmann war; denn er wagte sich nicht zu rühren, und was für eine Geduld und Ausdauer er zeigen mußte! Als der König fertig war, verabschiedete er sich von der Dame und verließ das Zimmer. Die Dame schloß hinter ihm zu, rief ihren Liebhaber wieder in ihr Bett, wärmte ihn mit ihrem Feuer und ließ ihn ein weißes Hemd anziehn. Nach der ausgestandenen Furcht konnten sie sehr darüber lachen; denn wenn er entdeckt worden wäre, hätten er und sie in sehr großer Gefahr geschwebt. Jene Dame war dieselbe, die zu dem König sagte: »Aber er ist wirklich gut, der Herr von Bonnivet, er hält sich gar für schön (sie war nämlich in Herrn von Bonnivet verliebt und wollte dem König, den eine kleine Eifersucht darüber faßte, das Gegenteil beweisen); und je mehr ich ihm sage, daß er's ist, desto mehr glaubt er's; und ich mache mich über ihn lustig; damit vertreibe ich mir die Zeit; denn er ist sehr spaßhaft und macht vortreffliche Witze; man kommt bei ihm gar nicht aus dem Lachen, so tüchtig gibt er heraus.« Damit wollte sie den König merken lassen, daß ihre gewöhnliche Unterhaltung mit ihm nicht den Zweck hatte, ihn zu lieben und zu genießen oder dem König ein Schnippchen zu schlagen. Ach! In diesen Listen sind auch noch andre Damen bewandert; um ihre Liebe zu verdecken, die sie mit diesem oder jenem haben, reden sie schlecht über sie, machen sich vor der Welt über sie lustig, dabei tun sie im geheimen gar nicht dergleichen; das heißt Liebesschlauheit und Liebeslist.

Ich kannte eine sehr große Dame, die eines Tages ihre Tochter, eines der schönsten Mädchen von der Welt, der Liebe eines Edelmanns halber, über den ihr Bruder erzürnt war, in Unruhe geraten sah; da hielt sie ihr unter andern mütterlichen Reden diese: »Ach! liebe Tochter, liebe doch diesen Menschen nicht mehr; er ist doch so mißgestaltet! Er ist so häßlich! Er sieht wahrhaftig wie ein Dorfbäcker aus.« Darüber lachte nun das Mädchen, spendete den Worten ihrer Mutter Beifall, und bestätigte auch die Ähnlichkeit mit dem Dorfbäcker, nur daß er einen roten Hut trüge. Sie behielt ihn noch bei, aber einige Zeit später, nach ungefähr sechs Monaten, verließ sie ihn und nahm einen andern dafür.

Ich kannte verschiedene Damen, die über solche Frauen schimpften, die nur der niedern Minne frönten, wie mit ihren Sekretären, ihren Kammerdienern und andren gemeinen Leuten, vor der Welt aber diese Liebe mehr wie Gift verabscheuten; trotzdem gaben sie sich ihnen aber ebenso oder noch mehr hin wie andre. Da hat man die ganze Verschlagenheit der Weiber, daß sie vor der Welt gegen sie sogar zornig tun, sie bedrohen, sie beleidigen; aber daheim haben sie ein galantes Verhältnis mit ihnen. Diese Frauen haben soviel Listen! Denn wie der Spanier sagt: Mucho sabe la zorra; mas sabe mas la dama enamorada; »Der Fuchs weiß viel, aber eine verliebte Dame weiß noch viel mehr.«

Was die vorige Dame auch tun mochte, um den König Franz seinen Verdacht zu benehmen, konnte sie es doch nicht fertig bringen, daß er kein Körnchen mehr zurückbehielt, wie ich erfuhr; dabei erinnere ich mich, als ich einmal nach Chambord gegangen war, wurde ich von einem alten Schloßvogt, der Kammerdiener des Königs Franz gewesen war, sehr ehrenvoll empfangen; denn er hatte von jener Zeit an die Meinen, die am Hof und im Krieg waren, gekannt, und er wollte mir nun alles selbst zeigen; er führte mich in das Zimmer des Königs und zeigte mir eine Inschrift an dem Fenster linker Hand: »Halt,« sagte er, »lest das, lieber Herr; wenn Ihr die Handschrift meines königlichen Herrn noch nicht gesehen gehabt, da habt Ihr sie.« Ich las sie, da standen in großen Buchstaben die Worte hingeschrieben: Toute femme varie. Ich war in Begleitung eines sehr ehrbaren und klugen Edelmanns aus dem Perigord, meines Freundes, namens Herr des Roches, zu dem sagte ich sofort: »Stellt Euch vor, daß er ein paar von jenen Damen, die er am meisten liebte und deren Treue er sich am meisten versichert hielt, sich verändern und ihm einen Schabernack spielen sah, und daß er eine von ihnen entdeckte, mit der er durchaus nicht zufrieden war, und aus Zorn hat er das Wort geschrieben.« Der Schloßvogt hörte uns und sagte: »Allerdings! wahrhaftig, macht Euch nicht darüber lustig: denn unter allen Frauen, die ich je bei ihm sah und kannte, sah ich keine, die es nicht veränderlicher trieb als seine Hunde von der Meute bei der Hirschjagd. Das geschah aber alles sehr verstohlen; denn sonst wäre es ihnen bös ergangen.«

Da sieht man also, daß jene Frauen sich weder mit ihren Gatten noch mit ihren Liebhabern, großen Königen, Fürsten und vornehmen Herren, zufrieden geben; sondern sie müssen wechseln, und auch jener große König mußte es erfahren, weil er sie aus den Händen ihrer Gatten und ihrer Mütter, aus ihren Freiheiten und ihrem Witwenstand gezogen und verführt hatte.

Ich kannte und hörte von einer Dame, die von ihrem Fürsten so überaus geliebt wurde, daß er sie in der großen Liebe, die er ihr entgegenbrachte, mit Begünstigungen, Wohltaten und Würden gradezu überschüttete, so daß ihr Glück mit jedem andern unvergleichlich war; trotzdem war sie so in einen Herrn verliebt, daß sie ihn niemals verlassen wollte. Und als er ihr vorstellte, daß ihr Fürst sie alle beide zugrunde richten könne, sagte sie: »Das ist ganz einerlei, wenn Ihr mich verlaßt, will ich mich zugrunde richten, und auch Euch ruinieren, ich will aber lieber Eure Konkubine genannt werden als die Maitresse dieses Fürsten.« Da seht, welch eine Frauenlaune und welch eine Geilheit!

Ich kannte eine andre sehr große verwitwete Dame, die es ebenso gemacht hat; denn wiewohl sie von einem sehr Großen geradezu angebetet wurde, mußte sie doch noch verschiedene kleine Liebhaber haben, damit auch jede Stunde ihrer Zeit ordentlich ausgefüllt war und sie nicht müßig zu bleiben brauchte; denn ein einzelner ist nicht immer lieferungsfähig. Das ist auch die Regel der Liebe: daß die geliebte Frau nicht für eine bestimmte Zeit und auch keiner bestimmten Person vorbehalten werden kann oder zum alleinigen Gebrauch da ist, und das erinnert mich an jene Dame in den »Hundert Erzählungen« der Königin von Navarra, die drei Liebhaber auf einmal hatte und so klug war, daß sich alle drei vorzüglich unterhielten.

Die schöne Agnes, die der König Karl VII. liebte und anbetete, geriet in den Verdacht, ihm eine Tochter geboren zu haben, von der er nicht glaubte, daß es die seine war, und die er nicht anerkennen konnte. Wie die Mutter so war auch die Tochter, sagen unsre Chroniken auch; ebenso verhielt es sich mit Anna von Bouleyn, der Gemahlin des Königs Heinrich von England, die er enthaupten ließ, weil sie sich nicht mit ihm zufrieden gab und Ehebruch trieb; er hatte sie wegen ihrer Schönheit genommen und betete sie an.

Ich kannte eine Dame, die mit einem überaus ehrbaren Edelmann verkehrt hatte, und als sie dann nach einiger Zeit auseinandergingen, erzählten sie sich ihre vergangenen Liebschaften. Der Edelmann, der den Galan spielen wollte, sagte zu ihr: »Was! Meintet Ihr, Ihr wart damals meine einzige Maitresse? Ihr werdet Euch wundern, zu hören, daß ich mit Euch noch zwei andre hatte!« Sie antwortete ihm sofort: »Und Ihr werdet noch viel erstaunter sein, wenn Ihr meintet, allein mein Liebhaber zu sein; denn ich hatte noch drei andre Liebhaber in Reserve.« Man sieht, ein gutes Schiff verlangt immer zwei oder drei Anker, damit es sich recht befestigen kann.

Um nun zu Ende zu kommen – es lebe die Liebe zu den Frauen! So fand ich einst in dem Schreibtäfelchen einer überaus schönen und ehrbaren Dame, die mit ihrem Spanisch etwas prahlte und es auch vorzüglich konnte, diesen kleinen Vers von ihrer eigenen Handschrift; denn ich kannte sie sehr gut: Hembra o dama sin compagnero, esperanza sin trabajo y navio sin timon, nunca pueden hazer cosa que sea buena; »Niemals kann eine Frau ohne Kameraden, eine Hoffnung ohne Betätigung, ein Schiff ohne Steuerruder etwas ausrichten, das Wert hat.« Dieses Wort mag gut sein und auf die Frau, die Witwe und das Mädchen zutreffen; denn die eine wie die andre können ohne des Mannes Hilfe nichts vollbringen; und auch die Hoffnung, die man auf ihren Besitz hat, bedeutet wenig, wenn es keine Mühe macht, als wenn etwas Arbeit, Beschwerde dabei ist. Trotzdem ist das bei Frauen und Witwen nicht so sehr der Fall wie bei Mädchen; denn es ist leichter und bequemer, jemand zu besiegen und niederzuschlagen, der schon einmal besiegt, niedergeworfen und umgestürzt wurde, als der es noch nie wurde; und es macht nicht so viel Arbeit und Anstrengung, einen bereits getretenen und gehauenen Weg zu gehen, als einen, der noch nie gebrochen oder gebahnt wurde: bezüglich dieser beiden Vergleiche berufe ich mich auf die Reisenden und Kriegsleute. Ebenso steht es mit den Mädchen; etwelche sind sogar so launenhaft, daß sie sich niemals verheiraten und immer nur Mädchen bleiben wollen; und wenn man sie fragt warum, sagen sie: »Das ist nun so meine Laune.« Auch haben Kybele, Juno, Venus, Thetis, Ceres und andre Himmelsgöttinnen alle den Namen Jungfrau verachtet, mit Ausnahme der Pallas, die aus dem Haupte Jupiters entsprang, womit sie zu erkennen gab, daß sie Jungfräulichkeit auch bloß für ein Hirngespinst hielt. Und fragt auch unsre Mädchen, die sich nie verheiraten (oder wenn sie sich verheiraten, tun sie es so spät sie nur können und sehr ältlich), warum sie sich nicht verheiraten. »Weil ich es nicht will,« sagen sie, »das ist meine Laune und meine Meinung.«

An den Höfen unsrer Könige gab es solche zur Zeit des Königs Franz. Die Frau Regentin hatte ein schönes und ehrbares Mädchen, genannt Poupincourt, das sich nie verheiratete und im Alter von 60 Jahren jungfräulich starb, wie sie geboren wurde; denn sie war sehr sittsam. Die Brelandière starb als Mädchen und Jungfrau im Alter von 80 Jahren, man kannte sie als Hofmeisterin der Madame von Angoulême.

Ich kannte ein Mädchen aus sehr bedeutendem und hohem Stand im Alter von 70 Jahren, das sich nie verheiraten wollte; deswegen huldigte sie aber der Liebe nicht weniger; jene, die sie entschuldigen wollten, warum sie sich nicht verheirate, sagten, sie passe weder zu einer Frau noch zu einem Mann, weil sie keine S... hätte, abgesehen von einem kleinen Loch, durch das sie ihr Wasser abschlage. Gott weiß! mit einem andern wird sie sich schon gaudiert haben. Was für eine Entschuldigung!

Fräulein von Charansonnet von Savoyen starb jüngst in Tours als Mädchen im Alter von 45 oder mehr Jahren und wurde mit ihrem jungfräulichen weißen Hut und Kleid sehr feierlich unter großem Pomp und reichem Geleit begraben; an Partien muß es für sie doch nicht gefehlt haben; denn als eines der schönsten und ehrbarsten und sittsamsten Mädchen vom Hofe sah ich sie die besten und vortrefflichsten zurückweisen.

Meine Schwester von Bourdeille, die Hofdame der Königin ist, hat ebenso sehr gute Partien ausgeschlagen und wollte sich nie verheiraten und wird es auch nie, so entschlossen ist sie, so alt wie sie ist, als Mädchen zu leben und zu sterben; bis jetzt hat sie sich von dieser Meinung nichts nachgelassen.

Fräulein von Certean, ebenfalls ein Hoffräulein der Königin, und Fräulein von Surgières, die Gelehrte des Hofes; man nannte sie auch die Minerva, und noch viele andre ...

Ich sah die Infantin von Portugal, die Tochter der hochseligen Königin Eleonore, bei demselben Entschluß verharren; sie ist als Mädchen und Jungfrau im Alter von sechzig oder mehr Jahren gestorben. Es mangelte ihr darum nicht an Größe; denn sie war in allem groß; auch nicht an Reichtümern; denn sie hatte deren die Menge, und besonders in Frankreich, wo der Herr General Gourgues ihre Geschäfte besorgte; es mangelte ihr auch nicht an natürlichen Gaben; denn ich sah sie im Alter von 45 Jahren in Lissabon als ein sehr schönes und ehrbares Fräulein, von anmutigem und schönem Aussehen, freundlich und reizend, höflich, (besonders gegen uns Franzosen), und sie verdiente wohl einen ebenbürtigen Mann. Ich kann es sagen, weil ich die Ehre gehabt, oft und vertraut mit ihr zu reden. Als der gestorbene Herr Großprior von Lothringen zur Zeit des jungen Königs Franz seine Galeeren von Osten nach Westen lenkte, um nach Schottland zu fahren, kam er nach Lissabon, wo er sich ein paar Tage aufhielt und sie alle Tage besuchte und sah. Sie empfing ihn sehr höflich und fand an seiner Gesellschaft sehr großes Gefallen und machte ihm eine Menge schöne Geschenke. Unter anderm gab sie ihm eine Kette, um sein Kreuz daran zu hängen, die voller Diamanten und Rubinen und großen Perlen zweckvoll und reich ausgearbeitet war; sie konnte 4- bis 5000 Taler wert sein und ging dreimal um den Hals. Ich glaube, daß sie das kosten konnte; denn er verpfändete sie stets für 3000 Taler, wie einmal in London, als wir von Schottland zurückkamen; sobald er aber in Frankreich war, ließ er sie wieder einlösen; denn er liebte sie um seiner Dame willen, in die er heftig verliebt war. Ich glaube, sie liebte ihn nicht weniger, und sie hätte gern den Knoten ihrer Jungfräulichkeit für ihn gelöst; das heißt in der Ehe; denn sie war eine sehr züchtige und tugendhafte Prinzessin. Ich will dazu noch sagen, daß er ohne die ersten Bürgerkriege, die in Frankreich begannen, zu denen ihn seine Brüder verführten und dabei festhielten, selbst seine Galeeren wieder zurückbringen und wieder dieselbe Route nehmen lassen wollte, um jene Prinzessin wiederzusehen und ihr von der Hochzeit zu reden: ich glaube, er hätte keinen Korb bekommen; denn er war aus einem ebenso guten Hause wie sie, stammte wie sie von großen Königen ab, besonders von einem der schönsten, freundlichsten, ehrbarsten und besten Fürsten der Christenheit. Ich sah eines Tages, daß er zu seinen Brüdern davon redete und ihnen von seiner Reise und den empfangenen Freuden und Gunstbezeugungen erzählte: (es waren hauptsächlich die beiden älteren; denn sie waren die Orakel von allen und lenkten das Schiff der Familie); sie wünschten sehr, daß er die Reise nochmals mache und wieder dahin zurückkehre, und rieten ihm sehr dazu; denn der Papst hätte ihm sofort wegen seines Kreuzes Dispens erteilt: ohne jene verfluchten Unruhen wäre er hingegangen und meiner Ansicht nach zu seiner Ehre und Zufriedenheit daraus hervorgegangen. Die besagte Prinzessin liebte ihn sehr und sprach zu mir ausgezeichnet über ihn, sie beklagte ihn sehr und befragte mich, gleichsam ergriffen, über seinen Tod; wenn man nur etwas scharfsichtig ist, kann man es bei dergleichen Fragen leicht herausfinden.

Ich hörte noch einen andern Grund von einer sehr geschickten Persönlichkeit, ich sage nicht, ob es ein Mädchen war oder eine Frau, möglicherweise hatte sie es erprobt: warum manche von den Mädchen so mit ihrer Verheiratung zögern. Sie sagen propter mollitiem. Dies Wort mollities ist dahin zu verstehen, daß sie so weichlich sind, das heißt so in sich selbst verliebt, derartig besorgt darum, sich zu ergötzen und bloß untereinander ihr lesbisches Spiel zu betreiben; und das macht ihnen ein solches Vergnügen, daß sie fest meinen und glauben, soviel Genuß könnten ihnen die Männer nicht verschaffen: daher begnügen sie sich mit ihren eignen Freuden und mit ihrem eignen Liebesgeschmack, ohne sich um die Männer zu kümmern, weder um ihre Bekanntschaft noch um ihre Ehschaft.

Solche jungfräuliche Mädchen wurden einst in Rom sehr geehrt und genossen ihre Vorrechte, ja sie durften vom Gericht nicht einmal zum Tod verurteilt werden: wir lesen sogar, daß sich in der Zeit des Triumvirats unter den Proskribierten ein römischer Senator befand, der zum Tod verurteilt wurde, aber nicht allein, sondern mit seiner ganzen von ihm gezeugten Nachkommenschaft; da erschien auf dem Schafott auch eine seiner Töchter, ein überaus schönes und feines Mädchen, das indes noch nicht reif war und noch als Jungfer befunden wurde, da mußte sie der Henker gleich auf dem Schafott entjungfern; und so geschändet nahm er sie dann unters Schwert. Den Kaiser Tiberius ergötzte es sehr, die schönen Mädchen und Jungfrauen so öffentlich entjungfern und dann hinrichten zu lassen: gewiß eine sehr gemeine Grausamkeit!

Die Vestalinnen wurden ebenfalls sehr geehrt und respektiert, ebensosehr ihrer Jungfräulichkeit als ihrer Religion halber: wenn sie sich aber nur im geringsten fleischlich verfehlten, wurden sie hundertmal härter bestraft, als wenn sie das heilige Feuer nicht ordentlich gehütet hätten; denn sie wurden unter entsetzlichem Jammer ganz lebendig begraben. Man kann von einem Römer Albinus lesen, der einst außerhalb Roms ein paar Vestalinnen begegnete, die zu Fuß irgendwohin gingen, da befahl er seiner Frau, mit ihren Kindern vom Wagen abzusteigen, ließ sie aufsitzen und ihren Weg fortsetzen. Sie genossen auch ein solches Ansehen, daß sie sehr häufig zu Einigungen zwischen dem römischen Volk und den Rittern mit dem Mittleramt betraut wurden. Der Kaiser Theodosius vertrieb sie auf den Rat der Christen aus Rom, da sandten die Römer einen Simachus zum Kaiser ab, um ihn zu bitten, sie mit ihren Besitztümern, Renten und Vermögen, deren sie bedeutende hatten, wieder zurückzurufen; denn sie waren so reich, daß sie alle Tage viele, viele Almosen gaben, daß sie keinen Römer und keinen Fremden, war er auf der Durchreise oder kam er eben an, erst um ein Almosen bitten ließen, so breitete sich ihre fromme Barmherzigkeit über die Armen aus; trotzdem wollte Theodosius sie niemals wieder einsetzen. Sie hießen Vestalinnen, nach dem Wort Vesta, das Feuer bedeutet; denn es mag sich drehen, winden, biegen, flackern, niemals wirft es einen Samen aus oder empfängt welchen; ebenso die Jungfrau. Dreißig Jahre hindurch mußten sie Jungfrau bleiben, nach Ablauf derselben konnten sie sich verheiraten; aber nur wenige von den austretenden wurden glücklich, genau wie unsre Nonnen, die ihren Schleier und ihre Kleider abgelegt haben. Sie waren sehr prächtig und stolz gekleidet (der Dichter Prudentius beschreibt sie hübsch), wie heutzutage die Stiftsdamen von Monts im Hennegau und von Reymond in Lothringen sein mögen, die sich auch wieder verheiraten. Von jenem Dichter Prudentius werden sie übrigens sehr getadelt, daß sie in überaus prächtigen Kutschen in die Stadt fuhren und auch so vorzüglich gekleidet waren, daß sie in die Amphitheater gingen, um die Spiele der Gladiatoren, wie sie auf Tod und Leben miteinander kämpften, und die Hetzen der wilden Tiere zu sehen, als empfänden sie ein großes Vergnügen, zu sehen, wie die Männer dabei einander töteten und Blut vergossen; daher flehte er den Kaiser an, diese blutrünstigen Kämpfe und erbarmungswürdigen Schauspiele abzuschaffen. Die Vestalinnen brauchten sicherlich solche Spiele nicht zu sehen; aber sie konnten auch sagen: »Da wir keine andern lustigeren Spiele haben, wie sie die andern Damen praktizieren, können wir uns wohl an diesen schadlos halten.«

Es sind auch manche Witwen so beschaffen, daß sie ebenso lieben wie jene vestalischen Mädchen, wie ich deren ein paar kannte, und andere, denen es lieber ist, sich mit den Männern im geheimen und gar mit ihrem freien Willen zu belustigen, als ihnen ehelich unterworfen zu sein, und wenn man etwelche ihre Witwenschaft lange bewahren sieht, braucht man sie daher nicht so sehr zu rühmen, wie man meinen sollte, ehe man nicht alles aus ihrem Leben weiß; dann kann man sie, je nachdem man sie erkannt hat, hochhalten oder verachten: denn eine Frau, die ihren Geist auf die Weide führen will, ist schrecklich schlau und führt den Mann auf den Markt, ohne daß er sich's versieht; mit ihrer Schlauheit weiß sie die Augen und die Gedanken der Männer so zu behexen und zu verblenden, daß sie schwerlich je in ihr Leben hineinsehn können: denn man hält eine Frau für spröde, züchtig, und dann ist sie doch eine tüchtige Hure und spielt ihr Spiel so trefflich und versteckt, daß man nichts davon bemerkt.

Ich kannte eine große Dame, die länger als 40 Jahre Witwe geblieben ist, sie machte sich als die anständigste Frau vom Land und vom Hofe geschätzt, aber sotto coperto war's eine tüchtige Hure; sie hatte das Metier 55 Jahre hindurch so artig betrieben, als Mädchen, als verheiratete Frau und als Witwe, und zwar so geschickt und klug, daß man es sogar noch im Alter von 70 Jahren, in dem sie starb, kaum bemerkte. Sie verwertete ihren Schoß wie eine junge Witwe, die sich einmal in einen jungen Edelmann verliebte, und da sie ihn nicht erwischen konnte, ging sie am Tage der Unschuldigen Kindlein auf seine Kammer, um's ihm zu geben; aber der Edelmann gab's ihr überaus wohlig, mit etwas anderm als mit Ruten. Sie hielt aus ... und dann trieb sie noch vieles andere.

Ich kannte eine andere verwitwete Dame, die ihre Witwenschaft fünfzig Jahre bewahrte und dabei immer mit überaus kluger Mäßigung galant herumbuhlte, und zwar mit mehreren zu verschiedenen Malen. Als sie schließlich gestorben war, stellte sich heraus, daß sie zwölf Jahre einen Liebhaber gehabt und von ihm einen Sohn bekommen hatte, sie machte aber kein groß Wesen aus ihm und verleugnete ihn sogar. Muß man mir da nicht recht geben, daß man manche Witwen nicht so viel loben darf, ehe man nicht ihr Leben kennt und ihr Ende? Soll ich denn aber niemals fertig werden? So machen wir denn Schluß.

Ich weiß wohl, manche werden mir vorhalten, ich hätte viele treffliche Bonmots und Geschichten ausgelassen, die diesen Gegenstand noch mehr verschönern und veredeln hätten können. Ich glaube es gern; aber da hätte ich bis ans Ende der Welt schreiben können; und wer sich die Mühe nehmen will, es besser zu machen, dem wird man deswegen sehr danken.


Nun, meine Damen, ich schließe; verzeiht mir, wenn ich etwas gesagt habe, das euch beleidigt. Ich bin nie in die Lage gekommen, euch zu kränken oder zu mißfallen. Wenn ich von einigen rede, rede ich nicht von allen; und von diesen paar rede ich nur mit Decknamen und verbreite sie durchaus nicht. Ich verberge sie so gut, daß man sich nicht darüber klar werden soll; und einem Skandal können sie nur durch Verdacht und Vermutung anheimfallen, es kann aber keine Wahrscheinlichkeit dafür ins Feld geführt werden.

Ich meine und fürchte, daß ich hier verschiedene Sprüche und Geschichten wieder vorgebracht habe, die vorher schon in andern Abhandlungen von mir standen. Hierin bitte ich jene, die mir die Ehre erweisen, alle zu lesen, mich zu entschuldigen; denn ich erhebe nicht den Anspruch, ein großer Sprecher zu sein oder ein gutes Gedächtnis zu haben, um mich an alles zu erinnern. Der große Mann Plutarch erzählt in seinen Werken auch oft verschiedene Dinge zweimal. Wer meine Bücher drucken lassen wollte, brauchte nur, um alles ins reine zu bringen, einen guten Korrektor.


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