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15. Die Tochter des Mannes und die Tochter der Frau

Es war einmal ein Mann und eine Frau, die heiratheten einander, und jeder von ihnen hatte eine Tochter. Die Tochter der Frau war faul und träge und mochte nicht das Geringste thun; aber die Tochter des Mannes war fleißig und flink, und doch konnte sie der Stiefmutter nie Etwas zu Dank machen. Einmal sollten die beiden Mädchen am Brunnen sitzen und spinnen. Die Tochter der Frau aber bekam Flachs zu spinnen, und die Tochter des Mannes nichts Anders, als Schweinsborsten. »Du bist nun immer so flink und ferm, Du,« sagte die Tochter der Frau: »aber dennoch fürchte ich mich nicht, mit Dir um die Wette zu spinnen.« Sie wurden nun darüber einig, daß Der, dem zuerst der Faden auslief, in den Brunnen sollte. Wie sie nun anfingen zu spinnen, so lief der Tochter des Mannes zuerst der Faden aus, und die mußte nun in den Brunnen. Sie fiel unverletzt bis auf den Grund; dort unten aber sah sie weit um sich her eine schöne grüne Wiese.

Sie ging nun fort und kam zu einem Reiserzaun, da wollte sie hinüber. »O, tritt nicht so hart auf mich!« sagte der Zaun: »ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein.« Sie machte sich nun so leicht, als sie konnte, und stieg so vorsichtig hinüber, daß sie den Zaun nicht einmal berührte.

Nun ging sie eine Strecke weiter und kam zu einer scheckigen Kuh, die einen Milcheimer an den Hörnern trug; es war eine große schöne Kuh, und ihr Euter war so voll und rund. »O, sei doch so gut und melke mich!« sagte die Kuh: »denn mir ist das Euter so straff von der Milch; trinke so Viel Du willst und gieße den Rest auf meinen Huf; ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein.« Das Mädchen that, wie die Kuh sie gebeten hatte; sowie sie nur die Zitzen anfaßte, spritzte die Milch in den Eimer; sie trank darauf, bis sie ihren Durst gelöscht hatte, goß dann der Kuh den Rest auf den Huf, und den Eimer hängte sie ihr wieder an die Hörner.

Als sie ein Ende weiter gegangen war, begegnete ihr ein großer Schafbock, der war so dick und hatte so lange Wolle, daß er sie auf der Erde nachschleppen mußte, und an dem einen Horn hing eine große Schere. »O, sei doch so gut und scher' mich!« sagte der Bock: »denn ich erliege unter der Last meiner Wolle, und mir ist so heiß, daß ich beinahe ersticken möchte; nimm so Viel Du willst und wirre mir den Rest um den Hals; ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein.« Das Mädchen zeigte sich sogleich bereit, zu thun, wie der Bock sie gebeten hatte, und dieser legte sich von selbst auf ihren Schoß, und da lag er ganz still; und sie schor ihn so behutsam, daß sie ihn auch nicht ein einziges Mal ins Fell schnitt. Darauf nahm sie von der Wolle so Viel sie wollte, und den Rest wirrte sie dem Bock um den Hals.

Etwas weiter hin kam sie zu einem Apfelbaum, der war so voll von Äpfeln, daß die Zweige sich zur Erde niederbogen, und an dem Stamm stand eine kleine Stange. »O, sei doch so gut und pflücke meine Äpfel ab!« sagte der Baum: »damit meine Zweige sich in die Höhe richten können; es ist so beschwerlich, immer so krumm zu stehen; die Du nicht mit der Hand erreichen kannst, schlage mit der Stange ab, aber schlage ja vorsichtig, damit Du mich nicht zu Schanden schlägst; iß dann so Viel Du willst und lege den Rest hübsch ordentlich unten an meinen Stamm hin; ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein.« Das Mädchen pflückte nun so viel Äpfel ab, als sie mit der Hand erreichen konnte, und die übrigen schlug sie vorsichtig mit der Stange herunter; darauf aß sie sich satt und legte den Rest noch so sauber und nett unten an den Stamm hin.

Sie ging nun eine gute Strecke weiter, und endlich kam sie zu einem großen Hause, wo ein Trollweib mit ihrer Tochter wohnte. Da ging sie hinein und fragte, ob sie nicht einen Dienst bekommen könnte. »O, es kann nichts nützen,« sagte das Trollweib: »denn wir haben schon Viele gehabt, aber Keine von ihnen hat was getaugt.« Das Mädchen aber bat so artig und so flehentlich, sie doch in Dienst zu nehmen, bis sie sie denn endlich nahmen; und nun gab das Trollweib ihr ein Sieb und befahl ihr, Wasser darin zu holen. Es däuchte dem Mädchen zwar etwas ungereimt, Wasser in einem Sieb zu holen, aber sie sagte doch Nichts, sondern ging willig hin, und als sie zu dem Brunnen kam, sangen die Vöglein:

Kleb' mit Lehm,
Stopf mit Stroh!
Kleb' mit Lehm,
Stopf mit Stroh!«

Ja, das that sie, und nun konnte sie das Wasser in dem Sieb tragen. Aber als sie damit nach Hause kam, sagte das Trollweib: »Das hast Du nicht aus Dir selber.«

Darauf sollte sie in den Stall gehen und ihn ausmisten und die Kühe melken. Als sie aber hineinkam, stand da eine Schaufel, die war so groß und so schwer, daß sie sie auf keine Weise handthieren, ja nicht einmal aufheben konnte. Sie wußte nun gar nicht, wie sie's anfangen sollte. Aber die Vögel sangen, sie solle nur Etwas mit dem Besenstiel hinauswerfen, dann würde all das Übrige nachfliegen. Kaum hatte sie das gethan, so war der Stall auf einmal so rein, als wäre er noch so sauber gemistet und gefegt. Jetzt wollte sie die Kühe melken; aber die waren so unruhig und schlugen und stießen, so daß sie gar nicht dazu gelangen konnte, sie zu melken. Aber da sangen die Vöglein draußen wieder:

»Kleinen Trunk,
Kleinen Strahl
Stripp zu den Vöglein
Allzumal!«

Ja, das that sie, sie strippte einen kleinen Strahl hinaus zu den Vöglein. Da standen alle Kühe still und ließen sich von ihr melken, ohne zu schlagen, oder zu stoßen, sie hoben nicht einmal das Bein auf.

Als das Trollweib sie mit der Milch ankommen sah sagte sie wieder: »Das hast Du nicht aus Dir selber. Aber nun kannst Du die schwarze Wolle nehmen, die da liegt, und sie weiß waschen.« Das Mädchen wußte wieder gar nicht, wie sie das anfangen sollte; denn sie hatte nie gesehen, daß Jemand schwarze Wolle weiß waschen konnte; aber sie sagte Nichts, sondern nahm die Wolle und ging damit zu dem Brunnen. Da sangen die Vöglein, sie solle die Wolle in den großen Zuber werfen, der da stände, dann würde sie wohl weiß werden.

»Nein, nein,« sagte das Trollweib, als das Mädchen mit der Wolle ankam: »mit Dir hilft es nichts; denn Du kannst ja Alles ausrichten, was man Dir sagt, und ärgerst mich zuletzt noch zu Tode. Es ist am besten, Du erhältst Deinen Reisepaß.«

Nun setzte das Trollweib drei Schreine hin, einen rothen, einen grünen und einen blauen, und von diesen sollte es dem Mädchen erlaubt sein, als Lohn für ihren Dienst, sich einen zu wählen, welchen sie wollte. Das Mädchen wußte nun gar nicht, welchen sie wählen sollte; aber da sangen die Vöglein:

»Nimm nicht den grünen,
Nimm nicht den rothen,
Den blauen nimm jetzt,
Auf welchen wir haben
Drei Kreuze gesetzt.«

Da nahm sie den blauen, so wie die Vöglein gesungen hatten. »Twi Dich an!« sagte das Trollweib: »das sollst Du mir entgelten!« Als das Mädchen nun fortgehen wollte, warf das Trollmensch eine glühende Eisenstange hinter sie drein; aber das Mädchen sprang schnell hinter die Thür, so daß sie nicht getroffen ward, denn so hatten die Vöglein es ihr gesungen. Sie ging nun fort, so schnell sie konnte; aber als sie zu dem Apfelbaum kam, hörte sie ein entsetzliches Geräusch hinter sich auf dem Wege; es war nämlich das Trollweib mit ihrer Tochter, welche ihr nachkamen. Dem Mädchen ward so angst und bange, daß sie sich gar nicht zu lassen wußte: »Komm,« sagte der Apfelbaum: »ich will Dir helfen; verbirg Dich schnell unter meine Zweige; denn wenn sie Dich erwischen, nehmen sie Dir den Schrein weg und zerreißen Dich.« Das that sie denn auch. Kaum aber hatte sie sich versteckt, so kam schon das Trollweib mit ihrer Tochter an: »Hast Du nicht eine Dirne hier gehen sehen?« fragte das Trollweib. »Ja wohl,« sagte der Apfelbaum: »es lief hier eine vor einer Weile vorüber; aber die ist nun schon weit weg, die könnt Ihr nicht mehr einholen.« Da kehrte das Trollweib wieder um und ging nach Hause.

Das Mädchen setzte nun ihren Weg fort; aber als sie zu dem Bock kam, hörte sie wieder ein so entsetzliches Geräusch, daß sie sich gar nicht zu lassen wußte, so angst ward ihr; denn sie konnte sich wohl denken, daß es das Trollweib war, das sich bedacht hatte. »Komm, ich will Dir helfen,« sagte der Bock: »verbirg Dich schnell unter meiner Wolle, dann sieht sie Dich nicht; sonst nimmt sie Dir den Schrein weg und zerreißt Dich.«

Kaum hatte sie sich verborgen, so kam auch schon das Trollweib angestoben. »Hast Du nicht eine Dirne hier gehen sehen?« fragte sie den Bock. »Ja wohl,« sagte der Bock: »ich sah eine vor einer Weile; aber sie lief so schnell, daß Du sie nicht wieder einholst.« Da kehrte das Trollweib wieder um und ging nach Hause.

Als das Mädchen nun weiter bis zu der Kuh gekommen war, hörte sie wieder ein entsetzliches Geräusch auf dem Wege. »Komm,« sagte die Kuh: »ich will Dir helfen; verbirg Dich schnell unter mein Euter; sonst kommt das Trollweib und nimmt Dir den Schrein weg und zerreißt Dich.« Es dauerte nicht lange, so kam das Weib an. »Hast Du nicht eine Dirne hier gehen sehen?« fragte sie. »Ja, ich sah eine vor einer Weile,« sagte die Kuh: »aber die ist nun schon weit weg, denn sie lief so schnell; die holst Du nicht mehr ein.« Das Trollweib kehrte nun wieder um und ging nach Hause.

Als das Mädchen nun ein gutes Ende weiter gegangen und nicht mehr weit von dem Reiserzaun war, hörte sie wieder ein so entsetzliches Geräusch auf dem Wege, daß ihr angst und bange ward; denn sie wußte nun wohl, daß es wieder das Trollweib war, das sich bedacht hatte. »Komm, ich will Dir helfen,« sagte der Zaun: »kriech schnell unter meine Reiser, daß sie Dich nicht sieht; sonst nimmt sie Dir den Schrein weg und zerreißt Dich.« Sie kroch nun schnell unter die Reiser des Zauns. »Hast Du nicht eine Dirne hier gehen sehen?« fragte das Trollweib, als sie zu dem Zaun kam. »Nein, ich habe keine Dirne gesehen,« antwortete der Zaun und war so erbittert, daß er knisterte, und dann machte er sich so groß, daß gar nicht daran zu denken war, hinüber zu kommen. Es war nun kein andrer Rath für das Trollweib, sie mußte wieder umkehren und nach Hause gehen.

Als nun aber das Mädchen wieder zu Hause ankam, waren die Stiefmutter und ihre Tochter nur noch neidischer auf sie; denn jetzt war das Mädchen noch weit stattlicher und so schön, daß es eine Lust war, sie anzusehen. Sie durfte aber nicht drinnen bei ihnen in der Stube bleiben, sondern sie jagten sie hinaus in den Schweinstall, da sollte sie wohnen. Hier wusch das Mädchen nun Alles sauber und rein, und darnach machte sie den Schrein auf, um zu sehen, Was sie zum Lohn bekommen hatte, und als sie den Schrein aufgemacht hatte, fand sie darin so viel Gold und Silber und so viel andre kostbare Sachen, daß sie sowohl die Wände, als den Boden damit behängen konnte; und es sah nun weit herrlicher in dem Schweinstall aus, als in dem prächtigsten Königsschloß. Als die Stiefmutter und ihre Tochter das sahen, waren sie ganz außer sich und fragten das Mädchen, wie denn ihr Dienst ausgefallen sei. »O, das könnt Ihr Euch wohl vorstellen,« sagte sie: »da ich einen so guten Lohn bekommen habe; es waren solche Leute und eine solche Frau, daß man Ihresgleichen nicht mehr findet.«

Da wollte nun die Tochter der Stiefmutter auch fort und dienen, damit sie auch einen solchen Goldschrein bekäme. Beide Mädchen setzten sich nun wieder hin, um zu spinnen; aber da sollte die Tochter der Frau Schweinsborsten spinnen, und die Tochter des Mannes Flachs, und Wem zuerst der Faden auslief, der sollte in den Brunnen. Es dauerte nicht lange, so lief der Frau ihrer Tochter der Faden aus, wie man sich wohl denken kann, und da warfen sie sie in den Brunnen.

Nun geschah es eben so, wie vorhin mit der Tochter des Mannes: sie fiel hinab bis auf den Grund, ohne Schaden zu nehmen, und befand sich nun auf einer schönen grünen Wiese. Als sie eine Strecke weit gegangen war, kam sie zu dem Reiserzaun. »Tritt nicht so hart auf mich! ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein,« sagte der Zaun. »Ei, was scher' ich mich um einen alten Reiserhaufen!« sagte sie und trat auf den Zaun, daß es nur so knackte.

Etwas später kam sie zu der Kuh, deren Euter so straff von der Milch war. »O, sei doch so gut und melke mich!« sagte die Kuh: »ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein; trinke so Viel Du willst, und gieße dann den Rest auf meinen Huf.« Ja, das that sie, sie melkte die Kuh und trank so Viel sie vermochte; dann aber war Nichts mehr übrig, das sie auf den Huf gießen konnte; den Eimer schleuderte sie über den Hügel und ging fort.

Als sie nun eine Strecke weiter gegangen war, kam sie zu dem Bock, welcher die Wolle nach sich schleppte. »O, sei doch so gut und scher' mich! ich will Dir auch ein andermal wieder gefällig sein,« sagte der Bock: »nimm so Viel von der Wolle, als Du willst, und wirre mir dann den Rest um den Hals.« Das that sie; aber sie benahm sich dabei so ungeschickt, daß sie dem Bock große Stücke aus dem Fell schnitt, und all die Wolle nahm sie mit.

Ein wenig darnach kam sie zu dem Apfelbaum, der wieder ganz krumm unter der Last seiner Frucht stand. »O, sei doch so gut und pflücke meine Äpfel ab,« sagte der Apfelbaum: »damit meine Zweige sich wieder aufrichten können! denn es ist so beschwerlich, hier so krumm zu stehen; aber nimm Dich in Acht, daß Du mir keinen Schaden thust; iß so Viel Du willst, und lege dann den Rest hübsch ordentlich unten an meinen Stamm hin.« Sie pflückte nun die nächsten Äpfel ab, und die sie nicht mit der Hand erreichen konnte, schlug sie mit der Stange herunter; aber sie kümmerte sich weiter um Nichts, riß und schlug große Zweige mit ab und aß so lange, bis sie zuletzt nicht mehr konnte, und dann warf sie den Rest hulterpulter unter den Baum hin.

Als sie nun noch ein kleines Ende weiter gegangen war, kam sie zu dem Hause, wo das Trollweib wohnte; da bat sie um einen Dienst. Das Trollweib sagte, sie wolle kein Dienstmädchen haben; denn entweder taugten sie nichts, oder sie wären auch allzu flink und betrögen sie um ihr Eigenthum. Aber das Mädchen ließ sich damit nicht abweisen, sondern sagte, sie wolle und müsse bei ihr dienen. Da sagte denn das Trollweib zuletzt, ja, sie wolle sie in Dienst nehmen, wenn sie zu Etwas tauge.

Das Erste, was sie zu thun bekam, war, Wasser im Sieb zu holen. Ja, sie ging auch zu dem Brunnen und schöpfte Wasser ins Sieb; aber sowie sie es oben hineinschöpfte, lief es unten immer wieder heraus. Da sangen die Vöglein:

»Kleb' mit Lehm,
Stopf mit Stroh!
Kleb' mit Lehm,
;Stopf mit Stroh!«

Aber sie bekümmerte sich nicht um Das, was die Vögel sangen, sondern warf mit dem Lehm nach ihnen, so daß sie davon flogen; und sie mußte mit dem leeren Sieb wieder nach Hause gehen und bekam Gnickpümpe von dem Trollweib obendrein. Darauf sollte sie den Stall ausmisten und die Kühe melken. Dazu däuchte sie sich nun zwar viel zu gut, aber sie ging doch hin. Als sie in den Stall kam, konnte sie jedoch auf keine Weise die Schaufel handthieren, denn die war viel zu schwer und zu groß für sie. Die Vögel sagten ihr nun eben Das, was sie der Tochter des Mannes gesagt hatten, sie solle ein Wenig mit dem Besenstiel hinauswerfen, dann würde all das Übrige nachfliegen; aber sie nahm den Besen und warf damit nach den Vögeln. Als sie darauf die Kühe melken wollte, waren diese so unruhig und schlugen und stießen, und so oft sie ein Wenig in den Eimer bekommen hatte, schlugen sie ihn immer wieder um. Da sangen die Vögel:

»Kleinen Trunk,
Kleinen Strahl
Stripp zu den Vöglein
Allzumal!«

Aber sie bumps'te und schlug die Kühe, warf nach den Vögeln mit Allem, was ihr in die Hände kam, und hielt eine Wirthschaft, daß es ganz entsetzlich war. Damit hatte sie aber, als sie zurückkam, weder den Stall ausgemistet, noch die Kühe gemelkt, und bekam nun tüchtige Hiebe und Schelte von dem Trollweib. Darnach sollte sie die schwarze Wolle weiß waschen; aber damit ging es um Nichts besser. Das war endlich dem Trollweib allzu arg. Nein, ein solches Dienstmädchen konnte sie nicht gebrauchen, denn sie taugte ja zu Nichts. Sie setzte aber drei Schreine hin, einen rothen, einen grünen und einen blauen; denn ihren Lohn sollte sie gleichwohl haben und sich einen von den drei Schreinen auswählen, den sie selbst wollte. Da sangen die Vögel:

»Nimm nicht den grünen,
Nimm nicht den rothen,
Den blauen nimm jetzt,
Auf welchen wir haben
Drei Kreuze gesetzt.«

Aber sie bekümmerte sich nicht um Das, was die Vögel sangen, sondern nahm den rothen, der am meisten schimmerte. Darnach begab sie sich auf den Weg und ging nach Hause. Sie durfte aber in guter Ruhe gehen; denn es war Niemand, der sie verfolgte. Als sie zu Hause ankam, war die Mutter sehr erfreut, und sie gingen beide sogleich in die große Stube und setzten da den Schrein hin; denn sie glaubten, es wäre nichts Anders, als lauter Gold und Silber drin, und meinten, sie wollten Wände und Boden damit vergolden; als sie ihn aber aufmachten, wimmelte lauter Gewürm und Ungeziefer hervor, und so oft das Mädchen den Mund aufthat, fielen Würmer und Kröten und all das Ungeziefer heraus, das man sich nur denken kann, so daß es zuletzt nicht mehr möglich war, mit ihr in einem Hause auszudauern. Das war der Lohn, den sie für ihren Dienst bei dem Trollweib bekommen hatte.

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