Aristophanes
Der Friede
Aristophanes

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Dritter Act

Erste Scene

Trygäos. Der Chor. Ein Sensenschmid. Ein Töpfer.

Trygäos (tritt heraus und sieht einen Helm auf dem Tische liegen.)
Hoho! Hoho!
Was kommt mit da zu meiner Hochzeit auf den Tisch?
(er gibt dem Knechte den Helm.)
Da nimm's und fege mir damit die Tische rein;
Denn sonst zu gar nichts ist das Ding zu brauchen mehr.
Dann trage mir die Kuchen und die Drosseln auf
Und Hasenfleisch die Menge samt dem Waizenbrod.

(Der Knecht geht zur Küche. Es kommt ein Sensenschmid und ein Töpfer, beide mir Geräthen ihres Handwerks.)

Der Sensenschmid
Wo weilt, wo weilt Trygäos?

Trygäos                                     Drosseln brat' ich hier.

Der Sensenschmid
Mein Liebster, mein Trygäos, welch ein Glück für uns,
Daß du den Frieden schlossest! Denn sonst kaufte mir
kein Mensch die Sense, nicht für einen Heller, ab;
Jezt bring' ich sie zu fünfzig Drachmen an den Mann,
Und der (auf den Töpfer zeigend)
            erhält vom Lande drei für einen Krug.
Nun, mein Trygäos, nimm von meinen Sensen dir,
Und was du weiter willst, umsonst.
(auf die Töpferwaren zeigend:)           Auch dieses nimm!
Denn was wir jezt verkaufen mit Gewinn, von dem
Sei dir zur Hochzeitgabe dies hier dargebracht!

Trygäos
Gut! Legt mir all die Sachen her und geht hinein
Zum Essen ohne Säumen. Denn dort, seh' ich kommt
Ein Waffentrödler voller Grimm dahergerannt.

(Der Sensenschmid und der Töpfer ab.)

Zweite Scene

Trygäos. Der Chor. Leute mit Waffen aller Art, unter ihnen ein Helmbuschbinder, ein Lanzenschäfter, ein Helmschmid, ein Trompetenmacher, ein Panzerschmid.

Der Buschbinder
Weh mir, Trygäos! Völlig hast du mich verderbt!

Trygäos
Was ist dir, Armer? Wächst dir aus dem Schopf ein Busch?

Der Buschbinder
Ja, Ja, verderbt ir hast du Kunst und Unterhalt,
Auch diesem hier, und jenem Lanzenschäfter dort!

Trygäos
Was zahl' ich dir für deine zwei Helmbüsche da?

Der Buschbinder
Was willst du geben?

Trygäos                         Geben, Freund? Ich schäme mich;
Doch weil das Rohr am Busche viel Arbeit gemacht;
So ge' ich dir drei Mäßchen Feigen wohl dafür,
Um meinen Tisch zu fegen mit dem Trödel da.

Der Buschbinder
So geh' hinein denn, hole mir die Feigen her;
Denn besser, Etwas lösen, als gar nichts, o Freund.

Trygäos (der indessen zur Probe mit den Helmbüschen den Tisch gefegt hat)
Hinweg, hinweg, zum Geier fort aus meinem Haus!
Die lassen ja die Haare, nichts sind beide werth;
Ich mag sie nicht, und wär's um eine Feige nur!

(Der Buschbinder ab.)

Der Panzerschmid
Was soll mir dieser Panzer, der zehn Minen gilt
Und prächtig anschließt? Armer ich, was thun damit?
(sezt den schweren Panzer zu Erde.)

Trygäos (besieht den Panzer)
Nun, dieser bringt dir sicher keinen Schaden, Freund;
Den überlaß du für den Einkaufspreis an mich;
Für einen Leibstuhl, seh' ich, ist er ganz gemacht –
(er sezt sich darauf.)

Der Panzerschmid
Laß ab du, mich zu höhnen und mein Waffenzeug!

Trygäos
Hier leg' ich her drei Steinchen; ist's so nicht bequem?Wer sich vom Leibstuhl erhob, bediente sich kleiner Steine zu dem angedeuteten Zwecke.

Der Panzerschmid
Wie willst du denn dich wischen, ungeschickter Mensch?

Trygäos (indem er die Hände durch die beiden Armöffnungen des Panzers steckt)
Hier fahr' ich durch das Ruderloch mit einer Hand,
Und hier –

Der Panzerschmid   Zugleich mit beiden Händen?

Trygäos                                                             Ja gewiß;
Sonst heißt es, daß ich um ein Loch den Staat geprellt.Der Trierarch, d. i. der Bürger, dem die Ausrüstung und Unterhaltung einer Triere zugetheilt war, mußte so viel Ruderer besolden, als das Schiff Ruderlöcher hatte. Um zu ersparen, verstopften sie deßhalb oft ein oder mehrere Löcher.

Der Panzerschmid
Zehn Minen also gibst du für das Kacken aus?

Trygäos
Ei freilich, du Verschmizter! Oder meinst du wohl,
Um tausend Drachmen wäre mir mein Werther feil?

Der Panzerschmid
Wohlan, so hole das Geld heraus!

Trygäos (aufstehend)                           Nein, guter Mann!
Der drückt den Hintern. Fort damit: ich kaufe nichts!

(Der Panzerschmid ab.)

Der Trompetenmacher
Was soll ich jezt mit dieser Kriegstrompete thun,
Die einst um sechzig Drachmen ich erhandelte?

Trygäos
Hier in die Mündung unten gieße Blei hinein,
Und oben bring' ein mäßig langes Stäbchen an;
So wird daraus ein Schöner Hängekottabos.Ueber diese Art von Kottabos bemerkt Athenäos: An einem hohen Leuchter, dessen Stelle hier die Trompete vertreten soll, ist ein beweglicher Wagebalken angebracht, an dessen Enden zwei Schalen hängen. Unter jeder dieser Schalen steht die Figur eines Sklaven (Manes gennannt). Die Kunst des Spieles besteht nun darin, den lezten Tropfen aus dem Becher (die Neige) so in die Schale zu schnellen, daß diese sinkt und durch Anstoßen auf der Figur einen Klang gibt.

Der Trompetenmacher
Weh mir, du spottest meiner!

Trygäos                                     Noch ein andrer Rath!
Hier unten gieße, wie gesagt, das Blei hinein;
Dann mußt du dort, mit feinem Baste festgeschnürt,
Noch ein Schal' anhängen, und du hast ein Ding,
Womit du Feigen dem Gesind zuwägst im Feld.

Der Helmschmid (tritt mit Helmen auf.)
Verwünschter Dämon, ach, wie hast du mich verderbt!
Einst gab ich eine Mine für den Plunder hier:
Und jezo – was beginn' ich? Denn wer kauft mir's ab?

Trygäos
Geh nach Aegypten, dor verhandle deinen Kram:Nach Herodotos purgirten sich die Aegypter jeden Monat drei Tage hinter einander.
Purganzen drin zu messen, taugt er immerhin.

Der Lanzenschäfter
O lieber Helmschmid, traurig, ach, ergeht es uns!

Trygäos
Dem ist ja gar kein Leid gescheh'n.

Der Helmschmid                                 Ei, sage mir:
Was gibt es noch, wozu man Helme brauchen kann?

Trygäos (faßt ihn an den Ohren)
Wenn Einer solche Henkel dran zu machen weiß,Ein Paar Oehrlein daran gemacht, so wird es ein Krug, der jezt besseren Absaz findet.
Denn findet er viel bessern Absaz als zuvor.

Der Helmschmid
Komm, Lanzenschäfter, gehen wir!

Trygäos                                               Bewahre nein!
Erst kauf' ich diesem Manne noch die Lanzen ab.

Der Lanzenschäfter
Was gibts du?

Trygäos               Sind sie durchgesägt, so nehm' ich sie
Zu Rebenpfählen, hundert um ein Drachmenstück.

Der Lanzenschäfter
Wir sind zum Spott hier; Freundchen, laß uns weiter gehn!

(Sie gehen.)

Dritte Scene

Trygäos. Der Chor. Mehrere Knaben.

Trygäos
Ja, geht: die Buben meiner Gäste kommen schon
Heraus, ihr Wasser abzuthun, sie wollen wohl
Sich vorbereiten zum Gesang, so scheint es mir.
(zu den ersten Knaben)
Tritt her zu mir, mein Söhnchen, und was immer du
Zu singen vorhast, das probir' erst hier einmal.
Der erste Knabe
"Hebt nun an den Gesang von gerüsteten Männern" –

Trygäos
O still doch!
Nichts von gerüsteten Männern, zumal jezt Friede, du dreimal
Schändlicher, waltet im Land, fluchwürdiger, dummer Geselle!

Der Knabe
"Als nunmehr die Geschwader in einerlei Raum sich begegnet,
Trafen sich Lanzen und Schilde zugleich und genabelte Tartschen."

Trygäos
Schilde? So höre doch auf, uns stets an die Schilde zu mahnen!

Der Knabe
"Nun scholl Jammergeheul, nun Siegesgeschrei von den Männern."

Trygäos
Jammergeheul von den Männern? Du heulst noch, bei'm Dionysos,
Singst du von Jammergeheul, und dazu von genabeltem Jammer!

Der Knabe
Doch was soll ich denn singen? So sage mir, was dich erfreu'n mag.

Trygäos
"Also schmausten die Männer am Stierfleisch," oder dergleichen,
Sezten das Frühmal auf und sonst von den leckersten Bissen.

Der Knabe
"Also schmausten die Männer am Stierfleisch, lösten der Rosse
Triefende Nacken vom Joch, nachdem sie des Kriegs sich gesättigt."

Trygäos
So recht: sie waren kriegessatt, dann aßen sie.
Das singe, das, wie Alle satt noch aßen dort.

Der Knabe
"Alle, der Mahlzeit müde, behelmten sich" –

Trygäos                                                           Lustig mit Wein wohl.

Der Knabe
"Strömten hinaus zu den Thoren, und endlos tobte der Kriegslärm."

Trygäos
Daß dich der Henker, Bube, dich samt deinem Krieg –!
Du singst ja nichts als Kriege. Wem gehörst du denn?

Der Knabe
Ich?

Trygäos   Allerdings du!

Der Knabe                     Bin der Sohn des Lamachos.

Trygäos
Ha, ha, ha!
Wahrlich, ein selstames Wunder erschiene mir's, wärst du der Sohn nicht
Eines dem Kampfe so holden und kampfwuthathmenden Vaters.
Auf, packe dich, den Lanzenträgern singe das! –
(Der Sohn des Lamachos ab.)
Wo steckt mir denn das Söhnchen des Kleonymos? –
Es du hineingehst, singe was; wohl weiß ich, du
Singst nicht von Händeln, du, des klugen Vaters Sohn.

Der Sohn des Kleonymos
"Freilich, ein Saier prangt in dem Schild nun, den ich gezwungenEin Epigramm des Archilochos auf sich selbst und den Verlust seines Schildes in der Schlacht gegen die Saier, eine Völkerschaft Thraciens.
Unten am Busch wegwarf, meinen untadlichen Schmuck" –

Trygäos
Sage mir, Schwänzelchen, doch, dur singst auf deinen Papa dies?

Der Sohn des Kleonymos
"Aber ich kam mit dem Leben davon" –

Trygäos                                                     Zur Schande der Eltern.
Nun laß hinein uns gehen; denn ich weiß gewiß,
Das Lied vom Schilde, welches du mir eben sangst,
Das wirst du nie vergessen, solches Vaters Sohn.

(Die Knaben ab in's Haus.)

Vierte Scene

Trygäos. Der Chor.

Trygäos
Ihr, die ihr hier bei'm Mahle weilt, Eins ist für euch noch übrig,
Nicht leer zu beißen, nein, mit Macht hier Alles rein zu fegen:
Ja, greifet heldenmüthig an,
Und haut mit beiden Backen ein! Zu Nichts, ihr armen Schlucker,
Sind euch die weißen Zähne nüz, die nichts zu kauen haben.

Der Chor
Wir werden hier schon sorgen; doch wohl thust du, uns zu mahnen.

Trygäos
Auf, ihr, noch eben hungrig, werft euch muthig auf die Hasen!
Nicht alle Tage will's das Glück,
Daß ihr auf leckre Kuchen trefft, die unbewacht umhergeh'n.
Drum esset brav; es möchte sonst in kurzem euch gereuen.

(Der Chor ordnet sich zum Festzuge.)

Der Chorführer
Voll Andacht schweigt! Jezt werde die Braut hierher aus dem Hause geleitet:
Nehmt Fackeln zur Hand, und es juble das Volk ringsher in freudigem Zuruf!
Und das Ackergeräth tragt alles mit euch jezt wieder hinaus in die Felder,
Nachdem wir getanzt, Trankopfer gesprengt, den Hyperbolos glücklich vertrieben,
Und den Göttern darauf im Gebete gefleht,
Dem Hellenengeschlecht Reichthum zu verleih'n,
Daß Gerste die Füll' im Lande wir bau'n,
Wir alle zumal,
Und des Weines die Füll' und die Feigen zum Schmaus,
Und daß sie mit Kindlein segnen die Frau'n,
Und alle das Gut, das wir lange vermißt,
Sich wieder für uns aufäufe, wie sonst,
Und die blinkenden Schwerter verschwinden!

(Opora wird als Braut geschmückt, mit Fackeln aus dem Hause hergeführt)

Trygäos
Komm, Weibchen, in's Feld hinaus!
Komm, Schöne, da sollst du schön
Mir ruhen im Arme!
Gib Segen, o Hymen!

Erster Halbchor
O Seliger, daß du jezt
Errangst das verdiente Glück!
Gib Segen, o Hymen!

Zweiter Halbchor
Wie ehren wir diese?

Erster Halbchor
Wie ehren wir diese?

Zweiter Halbchor
Wir pflücken die Blume.

Erster Halbchor
Wir pflücken die Blume.

Zweiter Halbchor
Wir heben ihn hoch empor,
Wir tragen den Bräutigam,
Vormänner des Zuges!

(Sie heben Braut und Bräutigam auf die Schultern.)

Der ganze Chor
Gib Segen, o Hymen!

Erster Halbchor
Schön wohnt ihr im Segen nun,
Von Mühen und Sorge frei,
Euch Feigen zu sammeln.
Gib Segen, o Hymen!

Zweiter Halbchor
Er hegt die gereifte Frucht;
Ihr duftet die Feige.
So ruft ihr am Mahl entrzückt,
So, wenn ihr im Weine schwelgt!
Gib Segen, o Hymen!

Trygäos (an die Zuschauer)
Froh jauchzet, o Männer, jauchzt,
Und kommt ihr, so werd' ich euch
Mit Kuchen bewirthen!


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