Aristophanes
Die Ritter
Aristophanes

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Fünfte Szene

Der Chor, der Wursthändler, nachher Demos

Wursthändler kommt heraus:
In Andacht schweigt und verschließet den Mund: kein Zeugenverhör, kein Geplauder!
Laßt feiern heut die Gerichte der Stadt, das Ergötzen unserer Bürger,
Und mit schallendem Jubel das neue Heil begrüße das ganze Theater!

Chor: O du Stern von Athen, der gesegneten Stadt, o du Retter der heiligen Inseln,
Was verkündest du uns für ein Glück, auf daß wir die Straßen mit Düften erfüllen?

Wursthändler: Den Demos hab' ich euch jung gekocht, bildschön ist der Häßliche jetzo!

Chor: Und wo weilet er jetzt, du Zauberer, du genialer Gedankenerfinder?

Wursthändler: Er wohnt in Athen, der heiligen Stadt, der herrlichen, veilchenbekränzten!

Chor: O so laß ihn uns sehn! Und wie trägt er sich denn? Wie erscheint er? Wie ist er gestaltet?

Wursthändler: Ganz so wie er einst mit Miltiades aß, wie er zechte mit Aristides.
Gleich sollt ihr ihn schaun; denn des Vorhofs Tor, schon hör' ich es knarrend sich öffnen!
Auf, jauchzet ihr zu, der erneuerten altehrwürdigen Stadt der Athener,
Der liederbesungenen Wunderstadt, wo er thront, der gewaltige Demos!

Chor: O Athen, du veilchenbekränzte Stadt, du beneidete, glänzende, reiche,
Zeig uns den erhabenen Fürsten und Herrn, der hier, der in Hellas gebietet!

Demos tritt auf, verjüngt, in altertümlicher, festlicher Tracht

Wursthändler: Da sieh ihn, mit goldnen Zikaden geschmückt, im altherkömmlichen Festkleid,
Nicht mit Muscheln behängt, mit Myrrhen gesalbt und vom Balsam des Friedens umduftet!

Chor: Heil, Heil dir, o König von Hellas, und Heil auch uns, deinen glücklichen Söhnen,
Daß du wieder erscheinst der gepriesenen Stadt, der Trophäen von Marathon würdig!

Demos: Komm her, mein teurer Agorakritos:
Dank dir, daß du mich umgekocht!

Wursthändler:                                     Nun ja:
Und wüßtest du erst, wie du sonst gewesen,
Und was du triebst: ich wäre dir ein Gott!

Demos: Was trieb ich denn? Wie war ich ehedem?

Wursthändler: Wenn einer in der Volksversammlung sprach:
›Demos, ich bin dein Freund, ich liebe dich,
Ich bin der einz'ge, der dich hegt und pflegt.‹ –
Wenn einer so begann, dann warfst du gleich
Den Kopf empor und schlugst die Flügel.

Demos:                                                       Ich?

Wursthändler: So prellt' er dich und ging und lacht' ins Fäustchen.

Demos: Wie? Solches wagt' er, und ich merkte nichts?

Wursthändler: Nichts! Deine Ohren gingen auf und zu,
Als wie ein aufgespannter Sonnenschirm.

Demos: So töricht war ich, so ein altes Kind?

Wursthändler: Weiß Gott! Und sprachen zwei, der eine so:
›Kriegsschiffe muß man bauen!‹ und der andre:
›Geld schaffen zum Geschwornensold!‹ – da lief
Der Soldmann stets dem Schiffsmann ab den Rang.
– Was hängst du so den Kopf? Hast du den Schwindel?

Demos: Ach, meiner dummen Streiche schäm' ich mich!

Wursthändler: Beruhige dich, du trägst die Schuld nicht selbst,
Wohl aber die, die dich geprellt! Nun sprich:
Wenn so ein Rechtsverdreher wieder droht:
›Ja seht, ihr bringt euch selbst ums Brot, ihr Richter,
Wenn ihr nicht schuldig sprecht den Angeklagten!‹ –
Sag an, was tust du jetzt dem schnöden Kläger?

Demos: Ich nehm' und werf ihn, den Hyperbolos
Am Hals, vom Fels hinunter in den Abgrund!

Wursthändler: Das heißt einmal verständig Recht gesprochen!
Nun sprich, wie führst du die Verwaltung sonst?

Demos: Vor allem lohn' ich jedes Kriegsschiff gleich
Beim Landen redlich ab, ohn' allen Abzug.

Wursthändler: Manch abgeseßner Hintre wird dir's danken!

Demos: Wie einer auf der Kriegerlist' einmal
Notiert ist, also bleibt's, trotz aller Gönner;
Kein Jota soll daran geändert werden!

Wursthändler: Kleonymos, das sticht auf deinen Schild!

Demos: Wer ohne Bart, wird schweigen auf der Pnyx!

Wursthändler: Wo soll dann Kleisthenes und Straton reden?

Demos: Die Bürschchen mein' ich, die in Baderstuben
Beisammensitzen und Lappalien schwatzen:
›Der Phaiax kann's, er hat 'ne gute Schule,
Er spricht präzis, energisch, sentenziös,
Sarkastisch, logisch, rhythmisch, tropisch, drastisch,
Hinreißend, beißend, wetternd, ködernd, rädernd!‹

Wursthändler: Stößt du dem Schwätzer nicht 'nen Pfahl ins Fleisch?

Demos: O nein, ich will nur, daß sie auf der Jagd
Sich tummeln, statt Gesetze zu entwerfen!

Wursthändler: Schön! So empfange diesen Feldstuhl und
Den schmucken Buben, dir ihn nachzutragen!

Demos sich darauf setzend:
Gottlob! Da säß' ich wieder, wie vorzeiten!

Wursthändler: Was sagst du erst, wenn ich die Friedensnymphen
Dir übergeb'? ruft in die Szene
                    Ihr Nymphen, tretet auf!

Tanzende Mädchen treten auf

Demos: Wie schön sie sind, wie schön! Ihr kommt wohl aus
Dem Pfefferland? O dürft' ich doch euch pfeffern!
Im Ernst, wo sind sie her?

Wursthändler:                       Der Paphlagonier
Hat sie versteckt und deinem Blick entzogen.
Dir übergeb' ich sie, zieh nun mit ihnen
Aufs Land!

Demos:             Dem Paphlagonier aber, sprich,
Was tust du dem für seine Schurkenstreiche?

Wursthändler: Nicht viel! Er soll mein Handwerk übernehmen,
Der einzige Wursthändler unterm Tor;
Da soll er Hunds- und Eselszeug verwursten,
Im Rausch sich mit den Gassendirnen zanken
Und Fleischbrüh' trinken aus den Badewannen!

Demos: Das hat er auch verdient: es bleibt dabei!
Er balge sich mit Huren und mit Badern!
Du aber kommst mit mir ins Prytaneion:
Der Platz ist dein, wo jener Unhold saß;
Da, nimm dies grüne Kleid und folge mir! –
Den Kerl schafft fort: er steh' in seiner Bude,
Begafft von allen, die er einst gehudelt!

Alle ab


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