Ludwig Anzengruber
Der Gwissenswurm
Ludwig Anzengruber

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Verwandlung

Wirtschaft an der »Kahlen Lehnten«. Die Bühne zeigt den Hofraum. Links vorne ein Teil des Hauses mit der Eingangstüre, rechts ein Teil einer Scheuer. Beide sind in einem stumpfen Winkel gegeneinander gebaut und durch eine sogenannte offene Einfahrt (leeren Torbogen, etwa durch einen Balken, »Schranne«, verschließbar) verbunden. Hinter dem Hause steigen gewaltige Felsmassen hinan, welche weit in den Hintergrund verlaufen, wo dieselben an den aufrecht stehenden, bewaldeten Bergkronen als nacktes Getäfel schief angelehnt erscheinen (Kahle Lehnten). Ab und zu hört man das Grollen eines fernen Gewitters.

Elfte Szene

Der Bauer, Natzl und Hans (mit Sensen und Rechen, kommen durch den offenen Torbogen zögernd nach vorne).

Natzl. Oba, Voda, was wöllt's denn hizt schon dahoam?

Hans. Z'wegn we hättn mer denn fruher Feierabnd gmocht?

Bauer (alter Mann, schon an die Siebzig, geht gebeugt, hat graues Haar und dunkle, buschige Augenbrauen, die Lodenjoppe schlottert ihm um den Leib und auch im übrigen Anzuge zeigt sich eine arge Vernachlässigung – erstaunt). No, z'wegn'm Wetter do!

Hans. Hehe, freilich, z'wegn 'm Wetter! (Lehnen die Werkzeuge an die Scheuer.)

Natzl. Kunnt ja do der Voda a weng ins Dörfl schaun, af a Glasl Wein!

Bauer. Wißts ja do, daß mer d'Muada koan Geld loßt.

Natzl (gibt ihm Geld). Habn do mir oans für'n Vodan!

Bauer. Ös seid, s doch gute Buama. No, do gehn ich schon, hehe, freili gehn i! Wonn mi aber leicht es Wetter derwischt?

Natzl. Beileib!

Hans. Hehe, sogn mer do schon 'n Vodern a fufzgimal, von derer Seiten kimmt's jo nie übri, bleibt ja allmal entern Berg!

Bauer. Hehe, ös seid's Hallodri und alle fufzgimal hon ich's richti vergessa! No, und wo gangt's denn ös hin?

Natzl. In Wold!

Bauer. In Wold? Wonn eng aber 's Wetter derwischt?

Hans. Hehe – hehe –'s kimmt ja net!

Bauer. Hehe – richti – jo –

Natzl. Wonn's a kam, mir fanden schon oan Unterstand.

Hans. A wohl – und was f ür oan.

Bauer. No, nachhert, wo denn?

Natzl. In der Köhlerhüttn.

Bauer. Ui, ui, ös Schlankeln, a wohl in der Köhlerhütten, no, no, ös seid's mer Feine! Der Kohlnferdl is heunt mit oaner Fuhr nach der Stadt und ös fandets seine zwoa Dirndeln allanig.

Hans. Wohl – wohl – is eh a so.

Bauer. Ös Lotter, schau – schau. Ös treibts es nöt schlecht, ich war scho a achtavierzgi, wie ich enger Muada gheirat hab.

Hans. Weil halt da Voda a Trauminöt war!

Bauer (beleidigt). So, a so! So meinst es! A Trauminöt war ich gwest. So? und dir fahlet Kuraschi nöt – gelt na, fahlet eng nöt, dö Kuraschi! Moants, ös kunnts zeitli dazuschaun, warts koane Trauminöt! Stund eng dö Ehrbarigkeit von engern Vodern nöt an, han, wöllts es besser habn? – Was? Na! Hoam bleibt's hizt! Hoam bleibt's! Leni!

Natzl (zu Hans). Du bist a rechter Lapp, mußt allwal dein dumm Maul auftun, möcht der glei oans draufgebn!


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