Kirchenlieder
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Das Lied vom Schweigen

        Gott Lob und Dank! Ich hab einmal
die große Kraft erfahren,
dadurch ich mir in aller Qual
viel Kummer kann ersparen.
Es breche, was da will, herein,
so soll mein liebstes Stichblatt sein:
Ich will geduldig schweigen.

Mein Jesus hat mit solcher Art
die hochbetrübten Stunden,
darinnen er gemartert ward,
höchstselig überwunden.
Was nun mein Heiland hat getan,
das nehm ich mir zum Beispiel an:
Ich will geduldig schweigen.

Ach, mög des Lebens Angst und Not
auch noch so hart mich pressen,
und muß ich schon mein bißchen Brot
mit Salz und Elend essen;
Ja, langt es manchmal kläglich zu,
so leb ich doch in guter Ruh:
Ich will geduldig schweigen.

Ist in der ganzen Welt kein Freund,
der es in meinem Harme
so treulich mit mir Ärmsten meint,
daß er sich mein erbarme;
will gar kein Mensch mehr bei mir stehn,
so will ich dennoch nicht vergehn:
Ich will geduldig schweigen.

Willst du, Gott, meinen matten Geist
gar wieder von mir nehmen,
so will ich mich, wenn du es heißt,
zum Tode gern bequemen;
da will ich arm, verlassen, bloß
in meiner ersten Mutter Schoß
erst recht geduldig schweigen.

Und wenn ich dann die rechte Zeit
nun ausgeschwiegen habe,
so ruft der Herr mich hocherfreut
aus meinem stillen Grabe.
Da soll mein Mund geschäftig sein,
da stimm ich mit den Engeln ein –
da will ich nicht mehr schweigen!

 


 


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