Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Hinter Hausschweinen

Um Mitternacht weckt schneidendes Schweinegrunzen aus dem Koben die Schläfer, Hirten und Sennerinnen; und in lautem Gequieke weist sich der Raubzug des Bären bis tief zum Bach hinunter. Frate Nicolae ist da, der Riese. Erschreckend breit steht am nächsten Tag seine Spur im Morast des Quellbaches.

Wieder hängt kommende Nacht der Förster auch über dieser Zuchtsau, mit einem Riemen um den Leib gegen Absturz am schwankenden Wipfel versichert. Der Wind orgelt im Gesichte, Regen zwirnt herab, tiefschwarze Finsternis schauert über dem Dunst der angedrahteten Sauhälfte. Da kommt es auf der Schweißspur in scharfem Troll grunzend heran, der Bär Frate Nicolae, ohne Aufenthalt, ohne Zagen. Im Einsprung fliegen Draht und Stubben unter die Bäume. Schwarze Wand starrt vor dem Jäger. In aufrauschenden Tiefen der Urwälder heulen die Wölfe. Fichtenwipfel schwanken und schaukeln erregt um das Lauernest.

Unten unter bergendem Nadelschirm stückelt Frate Nicolae in der Beute, und über ihm, nur sechs Mann hoch, pendelt die größte Gefahr, hilflos, haltlos, blind, wie ein schwaches Schilf im Winde und muß sich vorsehend wahren, um nicht ausgehoben und vor Nicolae geworfen zu werden. Der Wind peitscht allen Menschenduft davon; und während sich der Jäger die Augen aus dem Kopf sieht und doch keinen Lichtstrahl erfassen kann, knacken unaufhörlich die Knochen, schnalzen Sehnen und Muskeln unter den reißenden Bissen. Der Mann kann den Leuchtstab nicht gebrauchen, weil dessen Licht sich im schirmenden Geäst verfinge und den Bären dahinter erst recht in Nacht versinken ließe. Eine kleine Weile nach Mitternacht stellt sich eine Pause ein. Nur der Sturm rüttelt – Regen feuchtet in großen Tropfen, und der Jäger, ermüdet vom Wandeln und Wachen in den vergangenen Tagen und Nächten, ertappt sich dabei, daß er im Schaukelstuhl friedlich und sorglos wie ein Kind eingeschlafen ist. Splittern und Schmatzen beginnen von neuem, und schon hofft der geduldige Mann im Nest, daß nun doch bald der anzeigende Morgen Licht und Sicht bringen werde – es dämmert im ersten schwachen Grauschein –, das Geräusch bricht unten ab, an der Lehne knackt ein Tritt, ein zweiter; und die fahle Frühe zeigt dem Jäger deutlich den Sudelfleck des nächtlichen Mahls und den nackten Boden umher, leergefressen von Luderzeug, – doch keinen Bären.


 << zurück weiter >>