Dir, der ich alles, alles danke,
      Was ich im Leben mir errang,
      Dir bringt mein Herz, das müde, kranke,
      Der Lieder beste, die ich sang!
      O, nimm sie hin, du Teure, Gute,
      Und ist es schon zu spät, – vergib!
      Ich schrieb sie ja mit meinem Blute
      Und weih' sie deiner Mutterlieb'!
Du hast dem kindlichen Gemüte,
      Was groß und schön, zuerst gezeigt!
      Der Poesie vielsüße Blüte
      Ward mir aus deiner Hand gereicht!
      Es liegt die Heimat meiner Lieder
      In jener Zeiten gold'nem Traum!
      So geb' ich denn von Herzen wieder
      Dir heut', was mir gehörte kaum!
O, daß ich nicht an jenem Morgen
      Es bringen konnte, wo beglückt
      Wir Kinder, deinem Aug' verborgen,
      Dir noch den kleinen Tisch geschmückt!
      Fast ist ein Jahr dahingeschwunden,
      Bald naht des Tages Wiederkehr, –
      Doch du bist fern, – und diese Stunden
      Sie kommen nimmer, nimmermehr!
 Wo längst des teuren Vaters Hülle
      Zur ew'gen Ruhe hingebracht,
      Da liegst auch du und schlummerst stille
      In kühler Erde dunkler Nacht!
      Schlaf' süß! – bis dahin dringt kein Kummer;
      Denn alle Schmerzen bannt der Tod!
      Wer gönnte dir nicht süßen Schlummer
      Nach solchen Lebens Müh'n und Not?!
Zehn Kinder! – Tag und Nacht ohn' Ende,
      Was hast du nicht für sie getan?!
      Wie haben deine harten Hände
      Geebnet uns're Lebensbahn!
      Wie hast du bis zur letzten Stunde
      Und noch im Sterben immerzu
      Geliebt sie all' aus Herzensgrunde,
      Du liebe, teure Mutter, du!
Und kam der Kummer unverschuldet,
      Wie standhaft hast du allezeit,
      Wie fromm und glaubensfroh erduldet,
      Was Gott beschert an Weh und Leid!
      Nicht wissend, wie wir's tragen sollten,
      Uns zeigte das dein frommer Sinn!
      Und wenn wir schier verzagen wollten,
      Dein Mut half uns darüber hin!
Dir war die reine Menschenliebe
      Des Lebens heiligstes Gebot!
      Der schönste aller Herzenstriebe,
      Zu lindern armer Menschen Not!
      Wer so gestillt Bedrängter Schmerzen,
      Der hat genügt der höchsten Pflicht,
      Und blühen wird's auf seinem Herzen
      Von Rosen und Vergißmeinnicht!
 Daß wir dich schon gelegt darnieder,
      Von wannen keine Wiederkehr!
      O, kämest du noch einmal wieder,
      Wie kurz auch dein Verweilen wär'!
      Ich wollt' dich um Vergebung bitten,
      Dir küssend dein lieb Angesicht,
      Für das, was du um mich gelitten,
      Und du bist tot! – ich kann es nicht!
O Mutter, Mutter, meine Arme
      Leg' ich um den verlass'nen Stein
      Und bitte, daß sich Gott erbarme,
      Um deiner Liebe willen, mein!
      Nun dich die andre Welt empfangen,
      Verzeihe meinem Lebenswahn!
      Du weißt es, wo ich fehlgegangen
      Und nicht der Lieb' genug getan!
Dir, der ich alles, alles danke,
      Was ich im Leben mir errang,
      Dir bringt mein Herz, das müde, kranke,
      Der Lieder beste, die ich sang!
      Wer weiß, wie bald auch ich schon wand're,
      Nimm hin sie, eh' mir kommt die Nacht!
      In meinem Herzen keine and're,
      Der ich sie lieber hätt' gebracht!
Vom Sonnenstrahle
      Ward's Bienchen wach,
      Zum ersten Male
      Ein Frühlingstag!
 Nun spreiz' Dein Röckchen
      Im gold'nen Schein,
      Schneeglöckchen, Schneeglöckchen,
      Und läut' ihn ein!
Komp.: 1-st. v. Cl. Serpenthien, desgl. 1-st. v. Th. Stoltenberg.
Als ich dich heut' erblühen sah
      Auf dunklem Waldesgrunde,
      Du kleine, leuchtende Primula,
      Wie ward mir wonnige Kunde
      Vom König Lenz mit der Blumenkron'!
      Im süßen Kusse hing er schon
      An deinem duftigen Munde!
Der ist mir der liebste Tag,
      Wo aus blauer Luft
      Voll Sonnenschein
      Über des Winters Gruft
      In die Welt hinein
      Jubelt der erste Lerchenschlag!
O, schöner Tag, mit deiner Luft, der heil'gen,
      Sei mir gegrüßt, wo heut' zum ersten Male
      Der Frühling wachgeküßt vom Sonnenstrahle,
      Die Augen öffnet, seine blauen Veilchen!
 Ein Blick von ihm, – und wonnevolles Walten
      Erlöst die Welt aus ihren starren Banden;
      Vom Todesschlaf' ist die Natur erstanden
      Und muß zum Tempel Gottes sich gestalten.
Und Keime schwellen, – junge Halme sprießen,
      Am Baum die Blätter aus den Knospen blicken,
      Als wollte alles, alles still sich schmücken,
      Im Festgewand den lieben Gott zu grüßen.
Wie Sabbat ist es heute! – Weihrauchdüfte
      Aus Blumenherzen süß den Dom durchdringen;
      Die Lerche hebt zum Himmel ihre Schwingen,
      Ein Loblied Gottes schmetternd durch die Lüfte.
Und träumend über grünbedeckte Stufen,
      Das Liederherz voll seliger Gedanken,
      Sieht man den Dichter durch die Hallen schwanken,
      Ein Priester, – und vom heil'gen Geist berufen!
Lockt der erste Sonnenstrahl
      Blumen aus dem Grunde,
      Kleine Lerche, wieder mal
      Bringst du frohe Kunde!
Bringst sie für mein Liederherz,
      Und es folgt dir gerne, –
      Jubelnd steigst du himmelwärts
      In die gold'ne Ferne!
Wenn ausgetobt des Winters Nacht,
      Zur neuen Pracht die Erd' erwacht,  Und alles lebt und liebt,
      Wenn Blatt und Blüte sich geküßt,
      In Jubel laut das All zerfließt,
      Und Frühling mich umgibt:
Dann, – ist's des Himmels Vorgefühl?
      Ist's Frühlingspracht, ist's Saitenspiel,
      Was mich so schnell erweicht? –
      Ich weiß nicht, wie ich's nennen soll,
      Das Herz ist mir so übervoll,
      Das Auge ist mir feucht
Wenn's Frühling ist, die Blumen blüh'n,
      Und tausend Knospen springen,
      Wenn's droben blau und drunten grün,
      Dann fühl' ich's mächtig in mir glüh'n,
      Und singen muß ich, singen!
Die Lerche schwärmt im Jubelschall.
      Daß Wies' und Äcker klingen.
      Im Haine schlägt die Nachtigall,
      Zum Liede wird das ganze All,
      Und singen muß ich, singen!
Komp.: 4-st. v. Ed. Schilling.
Beim König Lenz im Blumenland
      Ist Regimentstrompeter
      Herr Fink, der lust'ge Musikant,
      Und's Schmettern das versteht er.
 Er kann mit seinem frohen Schlag'
      Die Menschenbrust bewegen,
      Als wie ein frischer Frühlingstag
      Nach langersehntem Regen
Du schöner Wald, nun laß dich grüßen!
      Sternblum' und Anemone blühn,
      Es blau'n die Veilchen dir zu Füßen,
      Und Primeln leuchten aus dem Grün;
      Und die in deinen Zweigen wohnen,
      Die kleinen Sänger allzumal,
      Sie schmettern aus den dunklen Kronen
      Längst ihre Lieder froh zu Tal.
Am Morgen, wenn verglüh'n die Sterne,
      O, wie so gern flücht' ich zu dir!
      Der Welt und ihrem Treiben ferne,
      Wie labt sich meine Seele hier!
      Wo ich am liebsten Andacht halte
      Und wieder fromm, wie einst als Kind,
      Im Glauben meine Hände falte,
      Es ist, wo deine Hallen sind.
Wie hat, wohin den Blick ich wende.
      Dich Gottes Huld so reich bedacht!
      Wo schufen jemals Menschenhände
      Ihm einen Dom von solcher Pracht?
      Und was im Sonnenschein, im Wetter
      Durch seine Kuppeln rauschend geht,
      Es ist das Lied der grünen Blätter
      Von deines Schöpfers Majestät!
Grüß' dich Gott, Stellaria,
      Kleiner Stern im Grünen!
      Sind die lieben Veilchen da,
      Bist auch du erschienen.
Blühet bei einander traut,
      Habt euch wohl so gerne;
      Wo ein liebes Auge blau't,
      Leuchten auch die Sterne.
Komp.: 2-st. v. Cl. Serpenthien.
Die Augen dein, die blauen,
      Die sind so licht und hehr,
      Als wären's die hellsten Sterne
      Im blauen Himmelsmeer'.
Die Augen dein, die blauen,
      Die sind ein stiller See,
      Auf dessen Grunde wohnet
      Die allerschönste Fee.
Und in die dunkle Tiefe
      Muß seh'n ich und wieder seh'n,
      Sollt' auch mein Glück für immer
      Dabei zu Grunde geh'n.
Mit den Blumen möcht' ich sprechen,
      Suchte mir die schönsten aus,
      Die es gäbe, sie zu brechen
      Dir zum duft'gen Busenstrauß.
 »Grüßt sie zärtlich«, würd' ich sagen,
      »Kleine Blümchen allzumal!
      Sollt' sie euch am Herzen tragen,
      Grüßet sie viel tausendmal!«
Mit den Vöglein möcht' ich singen
      Traut mein Lied in deiner Näh',
      Daß in's Herz dir sollte klingen
      All mein Wünschen, all mein Weh.
Möchte dann, daß für die Lieder,
      Für die Blumen, süß und klein,
      Nur ein einzig Lächeln wieder
      Strahlten mir die Augen dein!
Komp.: 2-st. von L. Fr. Witt, desgl. 4-st. von C. W. Prase.
Ich möcht' es den Blumen allen
      Erzählen, so viele da blüh'n,
      Die sollten es leise dir lallen,
      Daß ich so glücklich bin.
Ich möcht' es der Nachtigall sagen
      Im dunkelsten Waldesgrün,
      Sie sollte es flöten und schlagen,
      Daß ich so glücklich bin.
Möcht' blicken zum Himmel, dem blauen,
      Wenn nachts die Sternlein erglüh'n,
      Die sollten's dir anvertrauen,
      Daß ich so glücklich bin.
Ich möcht' es den Wolken sagen,
      Die leise vorüberzieh'n,
      Sie sollten es zu dir tragen,
      Daß ich so glücklich bin.
 Möcht' dem Walde mein Herz austauschen
      Im tiefsten, nächtlichen Grün,
      Er sollte es flüstern und rauschen,
      Daß ich so glücklich bin.
Ich möchte nur Lieder dichten
      Und nichts als von Liebe darin,
      Die sollten es weithin berichten,
      Wie glücklich, so glücklich ich bin!
Du gleichest einer Rose,
      Vom Frühlingskuß erwacht,
      Der aus dem dunklen Schoße
      Des Kelches die Freude lacht.
Du gleichest in der Höhe
      Den gold'nen Sternelein,
      Sie leuchten mir das Wehe
      Der Sehnsucht ins Herz hinein.
Ich möcht' ein Lied wohl singen.
      Das sollt' dir ähnlich sein;
      Doch ach, wie könnt' es klingen
      So selig, so süß und rein!
Leuchtet still auf mich hernieder
      Deines Auges lichter Stern,
      O, dann hab' ich alles wieder,
      Alles, was mir sonst so fern!
 Wie so wonnig, wie so selig
      Fühl' ich dann mein ganzes Glück,
      Und im Herzen wird allmählich
      Mir zum Liede jeder Blick!
Ich hab' in's Auge dir gesehen,
      Es war wie selig Träumen mir,
      Wie leises Frühlingsauferstehen
      Der sanfte Seelenblick von dir.
Und tief in's Herz ist mir gedrungen
      Dein Name und mit ihm dein Bild,
      Hab' nur von dir, von dir gesungen.
      War nur von deiner Lust erfüllt.
Und Engel weilten rings im Kreise,
      Es ward das Herz zum Paradies!
      O, laß mich träumen! – leise! leise! –
      Die Lieb' ist doch so wundersüß!
Komp.: 4-st. v. C. Meyer.
Da ließ der Lenz sich leis' hernieder
      Beim Festgesang der Nachtigall.
      Und als er kam, erwachten wieder
      Die kleinen Blumen überall.
Das ist ein Flüstern, ist ein Kosen,
      Das ist der Liebe süße Macht,
      Und überall sind auch die Rosen
      Im grünen Strauch' schon aufgewacht.
 Und sollte meine Tat es sprechen,
      Wie du mir lieb bist, du allein,
      Ich müßte alle, alle brechen
      Und dir sie vor die Füße streu'n!
Wenn irgendwo an einem Strauch'
      Die vollen Rosen glüh'n,
      Dann kommt des Zephyrs sanfter Hauch,
      Als wär's ein allgewohnter Brauch,
      Und bebt und schwebt durch ihn;
      Er kommt, verliebt zu kosen
      Mit Rosen.
Es kommen Schmetterling' und Bien',
      Die Käfer allzumal,
      Libellen, golden, blau und grün,
      Durchschwärmen und durchsäuseln ihn;
      Es kommt der Sonnenstrahl.
      Und alle, alle kosen
      Mit Rosen.
Wer säh' den Schönen ins Gesicht,
      Der Wangen Rosenglut,
      Wer sah' der Äuglein Silberlicht,
      Das Liebe spricht, und hätte nicht
      Es zu versuchen Mut,
      Geheim einmal zu kosen
      Mit Rosen!? 
Mag auch sich schwarz mein Himmel
      Mit Wolken überzieh'n,
      Kein Stern der Hoffnung wieder
      Nach Sturm und Wetter glüh'n:
Ich habe dennoch beides,
      Den Himmel licht und rein,
      Dazu o, zwei der schönsten
      Liebsüßen Sternelein.
Dein Herz das ist mein Himmel.
      Dein Auge ist mein Stern,
      Da bin ich überglücklich
      Und allem Kummer fern.
Dein Auge, ruht's in meinem,
      Dein Herz an meiner Brust,
      Mir ist, – – ich könnte sterben
      Vor lauter Glück und Lust!
Das ist ein süß Empfinden,
      Und Süß'res gibt es nicht,
      Wenn aus der ersten Knospe
      Die erste Liebe bricht!
Und wenn die Herzen schlagen,
      Und wenn der Sturm beginnt,
      Und wenn in eins verschmolzen
      Die Seelen beider sind,
Und wenn die Tränen fließen,
      Der Freude helle Flut,
      Und wenn sich Blicke küssen
      Und Aug' in Auge ruht:
 Das ist ein süß' Empfinden,
      Ein Drang von Lust und Schmerz,
      Als wär' für diese Erde
      Zu groß das kleine Herz!
Komp.: 4-st. v. C. W. Prase, desgl. 4-st. v. L. Meyer,
      desgl. 1-st. v. Cl. Serpenthien, desgl. 1-st. v. Fr. P. Neglia.
Bist du es nicht mit deiner Lust,
      Du Zeit der gold'nen Liebe?
      Du Lenz mit deiner grünen Brust,
      Voll all der süßen Triebe?
Mir brachte leis' dein erstes Grün
      Die ersten Liebesschwingen
      Und ließ die Lieder all erblüh'n,
      Es laut der Welt zu singen.
Nun wird die Erd' zum Paradies,
      Zum schönsten aller Sterne!
      O Lieb', o Leben, beid' so süß!
      Wie hab' ich euch so gerne!
Der Himmel blau, – die Erde grün,
      Im gold'nen Licht der Sonne! –
      Und so viel Blumen, als da blüh'n,
      So viel der Lust und Wonne!
O Wonnelust! o süße Schmerzen!
      Arm ist das Herz, das nie geliebt!
      Der Liebe Glut im tiefen Herzen,
      Das ist das Schönste, was es gibt!
 Das Leid in seiner Nacht beglücken,
      Als Mensch auch wirklich Mensch zu sein,
      Den Bruder an die Brust zu drücken,
      Ein Leben schließt's voll Wonne ein!
Die Welt ist ja so reich an Schmerzen! –
      Wer eine Träne nie gestillt,
      O, der hat nie in seinem Herzen
      Das Himmelreich der Lieb' gefühlt!
Laßt hoch die Becher überschäumen.
      Ihr reicht zu viel der Liebe nie!
      Ihr Wonnesein, ihr süßes Träumen
      Schafft alles um zur Poesie!
Voll heil'ger Macht, voll ew'ger Lieder,
      Schafft sie das Weh zur höchsten Lust!
      Und tausend Engel schweben nieder,
      Und ihre Heimat wird die Brust!
Der Liebe Glut im tiefen Herzen,
      Das ist das Schönste, was es gibt!
      O Wonnelust! o, süße Schmerzen!
      Arm ist das Herz, das nie geliebt!
Komp.: 1-st. v. C. W. Prase.
Sag' an, mein Lied, mein Saitenspiel,
      Das schon von Lieb' erklang so viel,
      Wo denn die Liebe wohnet
      Und thronet.
Allüberall in der Natur
      Wohnt sie auf jeder Blütenflur
      Im kleinen Heiligtume
      Der Blume.
 Sie wohnt, wo Philomele schlägt,
      Und wo der Zweig ein Nestlein trägt.
      Wo Blatt und Blüt' sich grüßen
      Und küssen.
Sie wohnt, wo ward auf dieser Erd',
      Was Odem hat, ein Platz gewährt,
      Daß ihre süße Gabe
      Es labe.
Sie wohnet, wo bei dunkler Nacht
      Hoch oben strahlt des Himmels Pracht
      Weit, weit in blauer Ferne
      Der Sterne.
Im Auge wohnt sie hell und rein,
      Oft golden, wie der Sonne Schein,
      Oft unter stillem Sehnen
      Der Tränen.
So hat die Lieb' ihr Haus erbaut
      Allüberall, wohin man schaut
      Und hat auf jeder Stätte
      Ihr Bette.
Und eh' du dir es recht bewußt,
      So weilet sie mit süßer Lust,
      Mit leisen Wehmutsschmerzen
      Im Herzen!
Komp.: 1- u. 2-st, v. Cl. Serpenthien, desgl. 1-st. v. C. W. Prase.
Tief in mein stilles Herze
      Bist du gezogen ein,
      Sollst dort im Reich der Lieder
      Die einz'ge Herrin sein.  Mein Lieb, nun sei zufrieden;
      Was wolltest noch dazu?
      Bist ja in deiner Heimat,
      Du liebes Mädchen du!
Komp.: 4-st. v J. Kapitain.
Dein Auge ist ein Edelstein,
      Ich habe mit dem Herzen mein
      Den teuren Schatz bezahlt,
      Er funkelt, wie der Sterne Licht,
      Wenn's durch die Nacht, die dunkle, bricht
      Und aus dem Himmel strahlt.
Dein Auge ist ein Diamant,
      Der Sonne ew'gem Glanz verwandt,
      Wenn hoch der Himmel blaut;
      O, wie so hold ihr gold'ner Strahl!
      O, wie viel Lust und Glück zumal,
      Wohin sie segnend schaut!
Und zög' der König morgen ein
      Und böt' mir für den Edelstein
      Sein Land und all sein Geld, –
      Ich sagte doch: behalt' den Tand!
      So kostbar, wie mein Diamant,
      Ist nicht die ganze Welt!
Mein Herz ist eine Blume,
      Dein Aug' das ist der Himmel rein;
      Im milden Strahl der Sonne
      Haucht sie des Daseins Wonne
      Aus seiner Tiefe ein.
 Mein Herz ist eine Blume,
      Dein Aug' das ist der Himmel blau
      Es trinkt die Blum', ihm ferne,
      Beim Silberlicht der Sterne
      Den frischen Lebenstau.
Und wie das Herz der Blume
      Im Dufte sich dem Himmel gibt,
      So gibt durch seine Lieder
      Mein trunk'nes Herz dir wieder
      All', was es hat und liebt.
Schon schläft mit leisem Dunkeln
      Die große Welt in Frieden ein,
      Und traut am Himmel funkeln
      Die gold'nen Sternelein.
Es flüstern rings die Bäume,
      Es schlägt im Hain die Nachtigall,
      Und tausend süße Träume
      Durchschweben still das All.
Ob sie aus Blüten wallen,
      Ob sie ein Herz voll Weh gesandt,
      Es winkt und lächelt allen
      Der Liebe Heimatland.
O, du mein Herz, nun wiege
      Das Heimweh, das dich quält, zur Ruh'
      Und still im Traume fliege
      Dem Ziel der Sehnsucht zu!
Komp.: 1-st. v. Cl. Serpenthien, desgl. 1-st. v. Fr. P. Neglia.
Mit heimlichem Sterngefunkel
      Zieht still die Nacht herein,
      So traulich, so leise, so dunkel;
      Schlafe, süß Liebchen mein!
Tautropfen kam sachte geflossen,
      Ihn tranken die Blümelein
      Und haben die Augen geschlossen;
      Schlafe, süß Liebchen mein!
Goldkäfer kehrte, der lose,
      Bei seiner Liebsten schon ein
      Und schlummert am Herzen der Rose;
      Schlafe, süß Liebchen mein!
Es rauschen die Blätter am Baume
      Mit leisem Säuseln darein,
      Die Vöglein flüstern im Traume;
      Schlafe, süß Liebchen mein!
Und leis' durch des Zimmers Räume
      Schweben die Engelein
      Und weben dir selige Träume;
      Schlafe, süß Liebchen mein!
Komp,: 1.st v. Cl. Serpenthien, desgl, 1.st b. M. Hasselmann.
Schlaf' ein, mein Lieb, in Frieden,
      Schlaf' ein, süß' Liebchen mein!
      Am Himmel glüh'n die Sterne
      In weiter, blauer Ferne
      Und hauchen allen Müden
      Die Ruh' in's Herz hinein.
 Schlaf' ein, mein Lieb, in Frieden,
      Schlaf' ein, süß Liebchen mein!
      Und träum' von meinen Schmerzen,
      Von meinem treuen Herzen;
      Und träum', wie wir zufrieden
      Und glücklich werden sein.
Schlaf' ein, mein Lieb, in Frieden,
      Mein Herzenslieb, schlaf' ein!
      Laß nichts dich bange machen!
      Die Engel werden wachen;
      Und Lieb' hat ja hienieden
      Viel tausend Engelein!
Komp.: 1.u, 2.st. v. L. Fr. Witt, desgl. 1.st, v. M. Graf, desgl. 4.st. v. A, Fey,
      desgl. 4.st v. Ed. Schilling.
Liebchen, gib' wohl acht!
      Hörst du's durch die Nacht
      Nicht wie Harfentöne leis' erklingen?
      Mit der Zither leicht
      Her ein Träumer schleicht,
      Singend dir den Abendgruß zu bringen.
Wenn der Mond so traut
      Durch die Blätter schaut,
      Wenn am Himmel funkeln tausend Kerzen,
      Wache ich allein,
      Denke dein, nur dein,
      Und die Sehnsucht brennt mir tief im Herzen.
Philomele schlägt,
      Fernes Echo trägt
      Süße Töne durch die dunklen Räume,
      Aber schöner klingt,
      Was dein Mündlein singt
      Ueber uns'rer Liebe süße Träume.
 Rosen, voll und schwer,
      Duften ringsumher,
      Rosen, die im dunklen Purpur glühen,
      Aber schöner lacht
      Jener Rosen Pracht,
      Die auf deinen Wangen hold erblühen.
Und die Rebe rankt,
      Sich hinauf und schwankt,
      Traubenschwer, am weißen Marmor nieder,
      Schöner, schöner gar
      Wälzt dein Rabenhaar
      Lockenvoll sich um die weißen Glieder.
Perlen weint die Nacht,
      Und auf Blumen lacht
      Reihend sie der Mond zu Silberkränzen;
      Doch, netzt Tränentau
      Deiner Augen Blau,
      Kann kein Sternlein himmlischer erglänzen.
Ach, dein Seelenblick
      Birgt mein ganzes Glück,
      Laß, o laß mich dir in's Auge schauen!
      Geh' mir's, wie es geh',
      Sei es wohl, sei's weh',
      Immer kannst auf Sängers Treu' du bauen!
Ob das Lied verklingt,
      Meine Liebe dringt
      Doch hinein, dich säuselnd zu umwehen,
      Mädchen, gute Nacht!
      Wenn der Morgen lacht,
      Sage mir, wen du im Traum gesehen.
Lenz ist erschienen;
      Blümchen an Blümchen lacht,
      Schimmernd im Grünen,
      In bunter Pracht.
      Daß ich ihr künde,
      Ach, was ich fühl' so ganz,
      Geh' ich und winde
      Blumen zum Kranz.
Blümlein der Liebe,
      Rose, im Purpurglanz,
      Sei du der Blumen
      Erste im Kranz.
      Sag' ihr, es schlage
      Für sie ein liebend Herz;
      Geh' nur und klage
      Ihr meinen Schmerz.
Ohne sie blühet
      Glück nicht und stille Lust,
      Ohne sie fliehet
      Freude die Brust.
      Röschen, so sterbe,
      Hoffnungsvoll brech' ich dich.
      Geh' denn und werbe
      Liebe für mich.
Blümlein der Treue,
      Veilchen du, werde ihr.
      Himmlische Bläue
      Gab Flora dir.
      Gleich wie nur Liebe
      Sagt ihr der Rose Rot,
      Sag' du, ich bliebe
      Treu bis zum Tod.
 Wenn in die Ferne
      Treibt es mich weit von hier,
      Und ich so gerne
      Wäre bei ihr,
      Dann, wenn aufs neue
      Brennet der Trennung Schmerz,
      Hauche ihr Treue
      Leise ins Herz.
Blättchen der Hoffnung,
      Efeu, wo also blüh'n
      Rose und Veilchen,
      Schmück' sie dein Grün!
      Liebe und Treue
      Stehen ja felsenfest,
      Wenn sie die Hoffnung
      Niemals verläßt.
Da, wo die Schleife
      Schimmernd das Kränzchen schließt,
      Blühe das letzte
      Blümelein süß.
      Auge erkennt es,
      Wann es die Freundschaft bricht,
      Liebe, die nennt es
      Vergißmeinnicht.
Nimm denn, o Mädchen,
      Was ich dem Lenz' geraubt,
      Und mit den Blümchen
      Schmücke dein Haupt.
      Wann stiller Weise
      Ein's dann die Lock' durchbricht,
      Flüst're es leise:
      Vergißmeinnicht! 
Was möcht' ich sein?
      Ein Blümelein,
      Mit Duft und Farben prangen,
      Und hochbeglückt,
      Von dir gepflückt,
      An deinem Herzen hangen.
Was möcht' ich sein?
      Die Quelle rein,
      In der dein Bildnis blinket
      Auf Silbergrund,
      So oft dein Mund
      Die frische Kühlung trinket.
Was möcht' ich sein?
      Ein Lüftchen fein
      Und säuselnd dich umschließen,
      Um sanft und kühl
      Im Zephyrspiel
      Die Stirne dir zu küssen.
Was möcht' ich sein?
      Der Sonne Schein,
      Auf dich herab zu flimmern.
      Dir mild und hold,
      Wie laut'res Gold
      In deine Äuglein schimmern.
Was möcht' ich sein?
      Ein Vögelein
      Zu dir herab mich schwingen,
      Um traut und leis'
      All', was ich weiß
      An Liedern dir zu singen.
 Was möcht' ich sein?
      Auf ewig dein,
      Ans laute Herz dir sinken!
      An deiner Brust
      Der Liebe Lust,
      Der Liebe Wehmut trinken!
Wohl seh' ich gern den Himmel brennen
      Mit seiner Sterne Flammenpracht;
      Doch Schön'res wüßt' ich nicht zu nennen
      Als deiner Augen dunkle Nacht.
      Dort strahlt mein Glück, ein heller Schimmer,
      In deiner Blicke süßem Licht.
      O, sage nicht: Leb' wohl auf immer!
      Ich kann es nicht!
Wohl mußt' von dir den Schritt ich wenden
      Und wandern über Berg und Tal:
      Doch tausend Grüße mußt' ich senden
      Als Boten meiner Herzensqual.
      Du bist die Stütze meiner Freuden,
      Die, wenn sie hin, das Herz mir bricht.
      O, sage nicht: Wir müssen scheiden!
      Ich kann es nicht!
Die Sternlein funkelten hell und licht
      Herab aus ferner Höh';
      Sie hielt ihn, sie flehte: »O, sag' es nicht!
      Ach Scheiden, wie tut es so weh!«
 Und die kleinen Blumen, die flüsterten sacht',
      Und es rauschte mitleidig der Baum,
      Und es ging durch die tauige Sommernacht
      Wie ein seliger Liebestraum.
Und als er Liebchen Lebwohl gesagt,
      Der Sänger, der liebe Freund,
      Da hat die Nachtigall leise geklagt,
      Da haben die Blumen geweint.
Wenn still die Nacht vom Himmel sinkt
      Und wenn im Glanz der Sterne
      Dein Seelenblick die Andacht trinkt
      Der blauen Himmelsferne:
      Dann mög' es aus der Ferne dir
      Wie Harfenton erklingen,
      Und jeder, jeder Stern von mir
      Viel' tausend Grüße bringen!
Und wenn der Lenz im Rosenglanz'
      Mit sanften Sehnsuchtsblicken
      Dir seine Blüten streut zum Kranz,
      Das Lockenhaupt zu schmücken:
      Dann mög' zum Blumenblick und -kuß
      Mit leisem, leisem Beben
      Viel' tausendmal mein Herzensgruß
      Aus jedem Kelche schweben!
Und wenn du wähntest liebeleer
      Den Ort, da du geweilet,
      Und wüßtest auch nicht einen mehr,
      Der deine Freundschaft teilet:  Dann sing' von dir ich träumend hier;
      Das Lied, das Lied hat Schwingen!
      Dann wird es aus der Ferne dir
      Wie Lieb' und Sehnsucht klingen!
Komp.: 4-st. v. C. W. Prase.
Ich hab' ein Herz besessen,
      Gott gäbe, es wäre noch mein!
      Das werd' ich nie vergessen,
      Sollt's noch so ferne sein,
Das war so ganz mir ergeben,
      Das hat so treu mich geliebt,
      Wie's nimmermehr im Leben
      Eine treuere Liebe gibt.
Und ein Frühling ließ sich hernieder,
      Voll Blumen und Sonnenschein,
      Voll wonniger Freudenlieder,
      Als dieses Herz war mein.
Da hat die Stunde geschlagen,
      Da bin ich gezogen fort,
      So traurig – ich kann's nicht sagen,
      Mir stirbt im Munde das Wort!
Nun schweift wohl nach der einen
      Weit in die Ferne mein Blick.
      Ach, Liebe und Heimweh weinen
      Den Frühling nie zurück! 
Schon ließ der Lenz sich leis' hernieder,
      Und überall ist Aufersteh´n;
      Ach, wieder muß und immer wieder
      Auf dich mein trauernd Herze seh'n!
Die Blumen blüh'n im süßen Prangen;
      Ich möcht' dir weih'n die schönsten gern,
      Allein umsonst ist mein Verlangen,
      Wie könnt' ich's wohl? – ich bin ja fern!
Ich möcht' beim Nachtigallgesange
      An deinem Arm durchs Grüne geh'n,
      Doch ach, verschwunden ist ja lange
      Die schöne Zeit, wo das gescheh'n!
Mir bringt der Frühling keine Freuden,
      Mit allem Duft und Sonnenschein;
      Denn seit von dir ich mußte scheiden,
      Kann nie das Herz sich wieder freu'n.
Was nützt es, daß dahin der Norden,
      Und daß die Welt voll Lieb' und Lust?!
      Ich trage, nun es Frühling worden,
      Ja doch den Winter in der Brust!
Was ich wollte? – eilen, eilen,
      In die Ferne wollt' ich zieh'n;
      In der Heimat wieder weilen
      Und die Brust, die kranke, heilen,
      Bis die Sehnsucht all dahin.
      Aber du, mein Herz, sei still!
      Kann man immer, was man will?
 Wollt' die Lieben wieder grüßen,
      Wo geblüht mein erstes Glück;
      Wieder in die Arme schließen,
      Wieder herzen, wieder küssen,
      Was ich scheidend ließ zurück.
      Aber du, mein Herz, sei still!
      Kann man immer, was man will?
Wollt' den Vöglein wieder lauschen
      Auf den Feldern, tief im Hain?
      Mit den Sternen Worte tauschen,
      Träumen bei der Blätter Rauschen
      Unterm Baum im Mondenschein.
      Aber du, mein Herz, sei still!
      Kann man immer, was man will?
Wollt' die Blumen wieder finden,
      Die ich auf den Wiesen fand;
      Wollt' die Sträuße wieder binden
      Und die Kränze wieder winden,
      Die ich meiner Liebe wand.
      Aber du, mein Herz, sei still!
      Kann man immer, was man will?
Treu unserm Bunde,
      Zu jeder Stunde
      Aus Herzensgrunde
      Gedenk' ich dein!
      O, laß das Wähnen
      Und all das Sehnen
      Im Leid der Tränen,
      Vielliebchen mein!
 Ob wir geschieden,
      Gib dich zufrieden
      Mit dem hienieden,
      Was Gott bescheert.
      Was soll das Klagen?
      Was soll das Fragen?
      Wir müssen's tragen,
      So lang' es währt.
Auf Frühlingskosen
      Folgt Sturmestosen,
      Und keine Rosen
      Ohn' Dornen steh'n; –
      Wo gibt es Freuden,
      Die ohne Leiden,
      Und wo ohn' Scheiden
      Ein Wiedersehn?!
Ich weiß wohl fern ein liebes Haus,
      Am Fenster grünen die Reben,
      Da sitzt mein Lieb und schaut hinaus
      Zu dieser Stund' wohl eben.
Es ist so traulich, es ist so still,
      Die Blumen flüstern und sprechen,
      Die Sternlein flimmern, – das Mondlicht will
      Just durch die Blätter brechen.
Sie spielt wohl jetzt – und die Lippe spricht
      Ein Lied, das singt sie so gerne:
      Vergiß dein trautes Liebchen nicht
      Auch in der weiten Ferne.
 Nun zieht es fort mich und drängt und treibt,
      Ach, frei ist allein der Gedanke!
      Und ich muß bleiben, und mit mir bleibt
      Mein Herz, das heimwehkranke.
Komp.: 1-st. v. P. Semmler.
Drüben in weiter Ferne
      Weiß ich ein Haus so klein,
      Es schau'n wohl eben die Sterne
      Ins Fenster still hinein!
Nun ist mir wohl, als müßt' ich
      Hinunter ins ferne Tal;
      Schlaf süß, mein Liebchen! – es grüßt dich
      Dein Treuer viel tausendmal.
Und sieh, durch die Wimpern, die dunkeln,
      Wohl über den roten Mund
      Zwei Tränen perlen und funkeln
      Hinab in des Kissens Grund!
Sie träumt', – o leis', ihr Sterne!
      Sie hat um mich geweint;
      Die Herzen, sei's noch so ferne,
      Die Herzen sind doch vereint!
Komp.: 1-st. v. L. Jessel.
Gute Nacht!
      Die Englein geben acht.
      Schlaf süß im stillen Kämmerlein,
      Die Lieb' hat tausend Engelein,
      Und alle halten Wacht.
 Gute Nacht!
      Der Abend war so sacht;
      Es schien der liebe Mond so schön,
      Ich konnte noch nicht schlafen geh'n,
      Hab' auf ein Lied gedacht.
Gute Nacht!
      Das Liedlein ist gemacht.
      Gesungen hat ein krankes Herz
      Es in der Fern' vor Heimwehschmerz,
      Der ewig, ewig wacht.
Gute Nacht!
      Und eh' du's noch gedacht,
      Klingt's Glöcklein hell an deiner Tür,
      Und sieh, es wird das Liebchen dir
      Im Briefe schon gebracht.
Komp.: 4-st. v. C. W. Prase.
Alle Müden
      Ruh'n in Frieden,
      Und das All umschwebt der Traum.
      An des Himmels blauem Bogen
      Kommt der Mond dahergezogen
      Durch der Wolke Silbersaum.
Tausend Sterne
      Aus der Ferne
      Senden ihren Silberstrahl;
      Freundlich grüßen sie die Erde,
      Daß ihr sanfter Schlummer werde
      Nach des Tages Müh' und Qual.
 Blätter rauschen
      Und sie lauschen
      Unter sich manch traulich Wort.
      Hoher Bäume dunkle Schatten
      Tanzen auf den grünen Matten
      Einen Geisterreigen dort.
Silberhelle
      Glänzt die Welle
      Von des Lichtes Widerschein,
      Wo aus weiter Himmelsferne
      Hier der Mond und dort die Sterne
      In die Fluten schau'n hinein.
Ambradüfte
      Fächeln Lüfte,
      Wo Violen schimmernd glüh'n.
      Hell glänzt an der Bäume Sprossen,
      Von des Mondes Strahl durchflossen,
      Überall der Blätter Grün.
Nebel wallen,
      Tränen fallen,
      Die der Himmel weint vor Lust, –
      Bis zum hellen Morgen hangen,
      Von der Blume aufgefangen,
      Schimmernd sie an ihrer Brust.
Flüsternd neigen
      Auf den Zweigen
      Sich im Traum die Vögelein.
      Zu des Friedens Stille schallen
      Melodie'n der Nachtigallen
      Fern her aus dem dunklen Hain.
 Hier im Traume,
      Unterm Baume,
      Melancholisch-süße Nacht,
      Laß mich schwärmen dir am Herzen, –
      Mit dem Morgen sind die Schmerzen,
      Ist die Sorge neu erwacht! –
O, Mondenschein, o, Mondenschein,
      Wie hab' ich dich so gerne!
      Ich wandle in die Nacht hinein,
      Und weithin über Flur und Hain
      Liegt träumerisch die Ferne.
O, Mondenschein, o, Mondenschein,
      Und weit, weit in der Ferne
      Umleuchtest du ein Fensterlein,
      Draus schau'n in deinen Glanz hinein
      Zwei liebe Augensterne.
O, Mondenschein, o, Mondenschein,
      Und sollt ich die nicht kennen?
      Wo zwei sich treuer Liebe weih'n,
      Wie fern sie auch einander sei'n,
      Was könnte die wohl trennen?!
O, Mondenschein, o, Mondenschein,
      Der Lieben, Holden, Süßen
      Sollst du mein trauter Bote sein
      Bis in ihr stilles Kämmerlein
      Und tausendmal sie grüßen!
Schlaf' süß, mein Lieb! – ich wache fern
      Und bete nun zu Gott dem Herrn
      Hinauf für dich um Frieden.
      Ach, daß es dir
      Nicht geh' wie mir,
      Seitdem wir sind geschieden!
Kann ohne dich mich nicht mehr freu'n,
      Und Tag und Nacht gedenk' ich dein
      Mit ewig neuem Sehnen;
      Hab' jede Lust
      Der frohen Brust
      Schon längst erstickt in Tränen.
Und sollt' ich nie dich wiederseh'n,
      Ja, sollt' mir solch' ein Leid gescheh'n,
      Es würd' den Tod mir geben.
      Du bist mein Herz!
      Mein Glück, mein Schmerz!
      Mein Lieben und mein Leben.
Komp.: 1-st. v. C. W. Prase.
Der liebe Mond der scheint so schön,
      Daß alle Sternlein ließen
      Das Leuchten sein in dunklen Höh'n;
      Nun muß ich wohl ans Fenster geh'n
      Und stille steh'n
      Und seh'n und seh'n,
      Es ist, als sollt' er mich grüßen.
 Du denkst wohl eben liebend mein
      Und schaust zur Ferne wieder;
      Süß' Lieb, nicht wollest traurig sein,
      Zu dieser Stund gedenk' ich dein
      Allein, allein
      Im Mondenschein
      Und dichte dir Heimwehlieder.
Wenn die Nacht beginnt zu dunkeln,
      Und so still ist die weite Welt,
      Wenn viel' Sterne leuchten und funkeln
      Am fernen Himmelszelt,
Wenn die Blumen duften und träumen,
      Wenn schlummert der dunkle Hain,
      Und wenn in den rauschenden Bäumen
      Bang flüstern die Vögelein:
Dann sinn' ich und setze mich nieder
      Und weiß nicht, was ich beginn', –
      Und es klingt mir wie Heimwehlieder
      Tief durch die Seele hin.
Oft, wenn des Mondes matter Schein
      Durch meines Zimmers Fenster leuchtet,
      Sitz' schweigend ich und denke dein,
      Bis sich der Blick mit Tränen feuchtet.
Dann seh' ich wohl dein liebes Bild,
      Als wär's gekommen aus der Ferne,
      Als ruhten mir am Herzen mild
      Der dunklen Augen lichte Sterne.
 Und sieh, dann denk' ich mir im Traum
      Noch einmal das Vergangne wieder;
      Und daß ich träum' – ich wüßt' es kaum,
      Verrieten's nicht die Heimwehlieder.
Hab' wieder und immer wieder
      Dein in der Fremde gedacht
      Und hab' nur Heimwehlieder,
      So oft ich gedichtet, gemacht.
Und in deinem lieben Herzen
      Da fanden sie, all' dir gesandt,
      Die kleinen Lieder der Schmerzen,
      Ihr trautes Heimatland.
Still ist es rings; – ich denke dein
      Und schwärme noch zur Laute,
      Und Sternenlicht und Mondenschein
      Sind meine Nachtvertraute.
      Jetzt, wo der Geist zum Geiste spricht,
      Schließ' auf das Auge, hell und licht,
      In das ich selig schaute!
O, denkst du noch an jene Stund',
      Wo wir im Garten standen
      Und aus den Blumen, frisch und bunt,
      Uns schöne Sträuße wanden!?
      Und wie, so oft der Tag vollbracht,
      Wir beid', im Schutze dunkler Nacht,
      Uns in der Laube fanden!? 
Hörst nun ein leises Säuseln du
      Sich rings um dich ergießen,
      Und nicken dir die Blumen zu,
      Als wollten sie dich grüßen, –
      Und wenn es durch die Laube bebt,
      Das ist mein Geist, der dich umschwebt,
      Zu weilen bei der Süßen.
O, denkst du noch an jene Stund',
      Wo deine Laut' erklungen,
      Und wo mir froh dein Blumenmund
      Manch' schönes Lied gesungen!?
      Und wo ich hielt voll sel'ger Lust
      Dein liebes Haupt an meiner Brust
      Mit festem Arm umschlungen!?
Wenn nun du einsam und allein
      Sitz'st in der Dämm'rung wieder,
      Und wenn beim blassen Mondenschein
      Es sanft wie ferne Lieder
      Durch deiner Laute Saiten rauscht,
      Es ist mein Geist, – er hat gelauscht
      Und kam zu dir hernieder.
Nacht ist es längst! – was träum' ich hier
      So spät und doch so gerne!?
      Sieh', tausend Grüße schick' ich dir
      Mit jedem, jedem Sterne!
      Und küßt schon längst der Schlummer dich, –
      Schlaf' süß! – und träum' von mir, wie ich
      Von dir träum' in der Ferne!
Wohl sagt man, wenn ein Stern vom Himmel fällt,
      Dann soll man wünschen, – und es wird geschehen;
      Zwar bin ich arm, doch Güter dieser Welt,
      Die werd' ich nie vom Herrn erflehen.  Nun saß ich neulich einsam und allein
      Und dachte dein – und sah hinauf zur Ferne
      Durch dunkle Nacht zum lichten Silberschein
      Der Millionen kleiner Sterne;
Da fiel ein Stern, – – – und deutlich sah und klar
      Mein Auge ihn in seinem Glanz vergehen,
      Und alles was ich wünschte, – ach, es war,
      Nur einmal, einmal dich zu sehen!
O, darum will so manch ein Herz
      Im Leid zu brechen scheinen,
      Weil es allein mit seinem Schmerz'
      Muß in der Stille weinen!
Könnt' eine Blume je gedeih'n,
      Wenn sie vergessen bliebe?
      Wenn Regen nicht und Sonnenschein
      Das zarte Leben triebe?
So muß das Herz, das gramumhüllt,
      Sich andern anvertrauen,
      Daß Mitgefühl und Lieb' es mild
      Mit ihrem Trost betauen!
Geteilte Freud' ist doppelt' Freud'
      Und mal so süß dem Herzen,
      Und ebenso geteiltes Leid
      Viel leichter zu verschmerzen.
Und könnt' ich fern dir nicht den Schmerz
      Durch meine Lieder klagen,.
      Es würde nie das kleine Herz
      So große Sehnsucht tragen! 
Wonne lächelt draußen wieder,
      Frühling hat sich eingestellt;
      Und die Blumen und die Lieder
      Künden's an der ganzen Welt.
Aber was da blüht und singet,
      Süße Pracht und laute Luft,
      Ach, dem Fernen glüht und klinget
      Es nur Sehnsucht in die Brust!
Und die Blumen und die Lieder
      Bringen mir den Frühling nicht,
      Aber wohl die Sehnsucht wieder,
      Die das Herz, das kranke, bricht!Sturmnacht.
Wohl sagt man, baß die Geister sich
      Zu solcher Stunde grüßen;
      O, wenn es wahr, wie sollte dich
      Mein Geist zur Stund' umfließen!
Es braust der Sturm, – der Regen rauscht,
      Die Nacht, die ist so schaurig;
      Es hat mein bangend Herz gelauscht,
      So einsam und so traurig.
Und hat ein Lied so heimwehvoll,
      Mein Lieb, von dir gesungen;
      Und Sturm und Regen haben toll
      Und laut dazu geklungen.
 Und durch die Nacht, die dunkle Nacht,
      Sandt' ich es dir, der Süßen,
      Dich Schlummernde, bis du erwacht,
      Zu grüßen und zu küssen!
's ist Weihnachtabend; – leise fällt
      Der helle Schnee, – rings tiefe Stille;
      Und Engel schweben durch die Welt,
      Zu spenden ihrer Gaben Fülle.
Wie fühlt' ich einst so tief, so tief
      Die süßen Schauer mich durchbeißen,
      Wenn uns die gute Mutter rief,
      Zu nehmen, was der Christ gegeben!
Nun ist es anders; – ach, wer gibt
      Zurück mir die verlorenen Freuden,
      Die nun so fern? – Ich hab' geliebt,
      Ich hab' geweint – und mußte scheiden.
Mein einz'ger Wunsch bist du allein!
      Und dürft' auch ich mir etwas heute
      Nach Lust erbitten, würd' es sein:
      In dieser Stunde dir zur Seite!
O, könnt' ich das vom Herrn ersteh´n,
      Und wollte das mir Gott verleihen,
      Ich würde durch dein Wiederseh'n
      Mich mehr als alle Kinder freuen. 
Schlaf' süß! – es glüh'n die Sterne,
      Und eisig ist die Nacht.
      Ich hab' in weiter Ferne
      Noch träumend dein gedacht;
      Nun soll auf Geistesschwingen
      Zu dir hinüberklingen,
      Was mir die Nacht gebracht.
Dir träumt? – so träum', es zöge
      Der Frühling wieder ein,
      Und durch die Blätter flöge
      Manch' singend Vögelein;
      Im Garten aber spräche
      Ich traut mit dir und bräche
      Viel' Blumen, groß und klein.
Zwei Rosen reicht' alleine
      Dir in der Hand ich hin,
      Davon lichtrot die eine,
      Schneeweiß die and're schien';
      Und zwischen ihnen glänzten
      Die Blätter und umkränzten
      Sie traut mit hellem Grün.
Ein Veilchen fügt' ich ihnen,
      Wie´s frisch gestreut der Mai,
      Und Nelken und Jasminen,
      Verben' und Lilien bei,
      Und an noch offnen Stellen
      Das Grün der Imortellen
      Und blaue Männertreu.
Noch eine Blum', noch eine
      Müßt' ich als letzte weih'n,
      Und dann sollt' keine, keine 
      Mehr in den Strauß hinein!
      Vergißmeinnicht, die kleine,
      O, nenn' sie stets die deine
      Und denke liebend mein!
So träum', du Holde, Süße,
      Träum', bis der Morgen lacht!
      Viel tausend Liebesgrüße
      Umschweben dein Bettlein sacht,
      Träum', daß ich dein gedächte
      Und dir das Liedlein brächte
      Noch spät in kalter Nacht!
Will nun nach Hause gehen,
      Wohn' in der Ferne weit, –
      Und morgen sollst du's sehen,
      Was dich im Traum erfreut',
      Dann sind geheimer Weise
      Die Fenster dein ganz leise
      Mit Blumen all' bestreut!
Ich grüß' die Blumen, die am Fenster blühen;
      Ums kurze hat der Frühling sie gestreut;
      Wenn ihre Schwestern draußen wieder blühen,
      Dann werd' ich ziehen, ziehen
      Zu meinem Liebchen in die Ferne weit!
Ich grüß' die Stürme, die den Himmel teilen;
      Ums kurze werden's leise Hauche sein;
      Wenn ihre sanft'ren Brüder draußen weilen,
      Dann werd' ich eilen, eilen
      Dahin, wo jetzt mein Mädchen weilt allein!
 Ich grüß' die Flocken, schweben sie hernieder;
      Ums kurze sind es lust'ge Vögelein;
      Und klingen laut erst draußen ihre Lieder,
      Dann kehr' ich wieder, wieder
      Zur trauten Heimat meiner Liebe ein!
Ja, wenn die eis'gen Blumen leis' zerfließen,
      Der Sturm verschwindet mit dem kalten Schnee,
      Dann werde ich mein Liebchen wieder grüßen,
      Es herzen und es küssen,
      Bis all' mein Leid verschwunden und mein Weh!
Nun bin ich fern, – der Frühlingstraum ist hin,
      So süß, und doch so voller Schmerzen!
      Und Winter ist's, – und nun ich einsam bin,
      Fühl' ich des Winters Bild im Herzen.
Gestorben ist, was lebte frisch und rot,
      Kein Strahl kann mehr die Knospen locken;
      Die Blumen, – ach, die Blumen all sind tot
      Und ruh'n im Leichentuch der Flocken!
So leer wie drauß', so eisig ist mein Herz,
      Seitdem die Ferne trennt uns beide,
      Und ach, es starben längst im Heimwehschmerz
      Die Blümlein alle meiner Freude.
Und hätt' ich mit dem ersten Abschied auch
      Den letzten schon von dir genommen,
      Es würde niemals mehr ein Frühlingshauch
      In dieses Herz voll Winter kommen! 
Es kam im Sternenschleier
      Zur müden Erde die Nacht;
      Ich hab', mein süßes Liebchen,
      In Wehmut dein gedacht.
Ins Freie hab' ich getragen,
      Was mir bedrückte das Herz,
      Und hab' der Kühle gelüftet
      Den heißen, brennenden Schmerz.
Und draußen da war's ein Flüstern
      Und Rauschen so heimlich und sacht',
      Als verplauderten Blumen und Sterne
      Treuliebend die schöne Nacht.
Und alles hab' ich vergessen,
      Was betrübt' mich, und fühlte es kaum;
      Und träumte mit ihnen zusammen
      Den seligsten Liebestraum!
Ich war auf einsamem Gange
      In wonniger Frühlingsnacht,
      Da hab' ich träumend lange,
      Wohl lange an dich gedacht.
Vom stillen Schmerz durchdrungen,
      Der tief mir im Busen erglüht,
      Hab' traurig ich gesungen
      Der Nacht und den Sternen mein Lied.
 Ich dachte – und konnt' es nicht fassen,
      Daß ich's so töricht gemeint, –
      Ich dachte, du hätt'st mich verlassen,
      Und lange hab' ich geweint.
Und die Blumen im Grase, die lauschten
      Und weinten mit mir um mein Weh,
      Und die alten Bäume, die rauschten
      Mitleidig dazu von der Höh'.
So hab' ich beim Funkeln der Sterne
      Schon oft es träumend gemeint,
      Schon oft, allein und dir ferne,
      Gedacht, – gedichtet, – geweint!
Wir waren zusammen, wir beiden,
      Es war die letzte Nacht,
      Die letzte vor unserm Scheiden,
      Die wir zusammen durchwacht.
Die Nacht, die war so schaurig,
      So ganz ohne Sternenschein;
      Wir sahen still und traurig
      Ins Wolkengebilde hinein.
Und als die Stunde geschlagen,
      Du lagst am Herzen mir;
      Ich konnt' kein Wörtlein sagen,
      Kein Wörtlein des Trostes dir.
Da fingst du an zu weinen,
      Dir ward das Scheiden so schwer;
      Mir war's als wollt' es scheinen,
      Wir säh'n uns nimmermehr. 
Du fragst, warum ich traurig bin?
      Das will ich gern dir sagen.
      Mir ist, als könnt' ich nicht das Glück
      Mit seiner Fülle tragen.
Als ich dir jüngst ein Liedchen sang
      Von meiner Liebe Sehnen,
      Da sah ich, wie die Augen dein
      Umflort von hellen Tränen.
Da schienst ein Engel du zu sein,
      Zum Troste mir beschieden,
      Im Herzen mild und engelsrein,
      Den süßen Gottesfrieden.
Da sprach's in mir, – und dieses ist's,
      Was mich so sehr betrübet, –
      Du bist's nicht wert, du böser Mensch,
      Daß dich ein Engel liebet!
Ich sang mein Lied dir traurig vor,
      Und nun es leis' verklungen,
      Nun ist mir fast, als hätte ich
      Meine Lieb' zu Grabe gesungen.
Nein, ich kann es nimmer fassen,
      Daß du könntest von mir geh'n!
      Wenn mein Herz dich müßte lassen,
      Wär' es um sein Glück gescheh'n!
Wo du weilest ist die Stätte,
      Die mein Paradies enthält,
      Ach, und wenn ich dich nicht hätte,
      Hätt' ich nichts mehr auf der Welt! 
O, sage nicht: Wir scheiden!
      Ich kann dich lassen nimmermehr!
      Mir wär' ohn' dich an Freuden
      Die schöne Erde leer.
Du hast ja selbst die Schmerzen
      Durch Liebe sanft von mir gebannt;
      Ich fand in deinem Herzen
      Mein trautes Heimatland.
Nicht länger laß mich wähnen.
Nicht länger laß mich wähnen, –
      O, nimm den Zweifel mir!
      Mein Hoffen ist nur Sehnen
      Nach dir, nach dir!
Meine Lieder und mein Gedanke
      Leben in dir allein;
      Es kann das Herz, das kranke,
      Ohne dich nicht sein.
Doch dieser Schmerzen Fülle
      Erträgt es länger nicht, –
      O, mach' es stille, stille,
      Bevor es bricht!
Komp: 1.st, v. L. Fr. Witt.
Ohne dich, ohne dich das Herz so schwer,
      Und mir so traurig der Sinn!
      Ohne dich, ohne dich keine Freuden mehr,
      Und all mein Liebstes dahin! 
Ohne dich, ohne dich keine Frühlingspracht,
      An Blumen und Grün keine Lust!
      Ohne dich, ohne dich nur tiefe Nacht
      Und Winter und Sturm in der Brust!
Ohne dich, ohne dich, – was wollt' ich noch
      Auf dieser Erde allein?!
      Ohne dich, ohne dich würd' das Leben doch
      Ein ewiger Schmerz nur sein!
Ohne dich, ohne dich die Welt so leer,
      So arm das Herz ohne dich!
      Ohne dich, ohne dich keine Heimat mehr
      Auf der großen Erde für mich.
Was sitzt er denn und brütet still im Traum? –
      Laut heult der Winter draußen durch die Gassen
      Mit Sturm und Schnee; – vier Monden sind es kaum,
      Seit man ihm schrieb, sie habe ihn verlassen.
Nun wacht er auf, es weckt ihn das Gebraus
      Aus seinem Traum', darin er still vergangen;
      Er fährt empor, und wie er blickt hinaus,
      Sieht all' die Blumen er am Fenster prangen.
Da funkelt es in seinen Augen hell,
      Es wollt', als ob er Tränen hätt', ihm scheinen;
      O, öffne dich, du längst versiegter Quell,
      Noch einmal möcht' um seinen Schmerz er weinen!
Jüngst saßen noch sie draußen, Herz an Herz
      Und Hand in Hand und Blick in Blick versunken;
      Von ihren Lippen hat den süßen Schmerz
      Der Liebe bis zur Neige er getrunken.
 Und aus den Blumen haben sie vereint
      Die schönsten sich in heil'ger Stund' gebrochen; –
      Und Freudentränen haben sie geweint
      Und durch die Blumen haben sie gesprochen.
Und als er ging, als er den letzten Gruß
      Ihr scheidend gab, da weinte sie aufs neue,
      Und einen Blumenstrauß zum letzten Kuß
      Gab sie als Pfand ihm ew'ger Liebestreue.
Ha, schneller als die Blumen welken hin,
      Schwand ihre Treu', die ewig sie verheißen!
      Was wollt ihr nun an seinem Fenster glüh'n,
      Ihr Blumen, neu die Wunde aufzureißen?!
Er sitzt und sinnt, das dunkle Herz so schwer;
      Wo eine Blume, die ihn noch erfreute? –
      Sie welkten all' und keine blieb ihm mehr,
      Als eisige, die ihm der Winter streute! –
Und eisig fährt der Winter durch das Herz,
      Das, einst so reich, des Glück's so viel besessen,
      Das, nun so arm, so arm in seinem Schmerz,
      Die eine, die es brach, nicht kann vergessen.
Warum auch schwand der süße Wahn so bald?
      Getäuscht, – verlassen, – einsam – und betrogen?!
      O, fort mit euch, ihr Blumen bleich und kalt,
      Er weint, daß eure Schwester ihm gelogen!
Voll lauter Empörung ist die Natur;
      Ich schau' in die dunkle Nacht,
      Hab' immer die besten Lieder nur
      Beim schlechtesten Wetter gemacht.
 Juchhei! das lärmt und tobt und braust!
      Mir träumt – – ich weiß nicht was!
      Es heult so laut, und der Regen rauscht,
      Und das Auge ist mir naß!
Du wilder Sturm mit der Regenflut
      Stürm' mir den Winter ins Herz,
      Den kalten, kalten Winter! – es tut
      So weh der heiße Schmerz!
's ist späte Nacht, – doch schlafen kann ich nicht,
      Weil neu mir durch die Brust, die kranke, bricht
      Der alte Schmerz, der all mein Glück zertrümmert.
      So will ich wachen, bis die Nacht verfließt,
      Bis froh dein liebes, dunkles Auge grüßt
      Den ersten Strahl, der dir zum Feste schimmert.
Zum Feste dir?! – o Klang, so sanft und mild!
      Fort mit dem Groll, der mir die Seele füllt!
      Zu singen dir mein Lied, will ich versuchen.
      Warum auch nicht? – es soll der Mensch ja nie
      Die Menschen hassen, – lieben soll er sie
      Und segnen soll er, wo er könnte fluchen!
Gönn' mir den Traum! bis daß des Tages Licht
      Den goldnen Kranz dir um die Schläfe flicht,
      Und bis ins Morgenrot die Sterne sinken.
      Zum Träumen ist, – zum Schwärmen ist die Nacht;
      Man hat mir Wein, – man hat ein Glas gebracht,
      Doch brauch' ich nicht Begeist'rung mir zu trinken!
So komm' und reich in Frieden deine Hand!
      Was sich geliebt, bleibt ewig sich verwandt,
      Mag's noch so weit, so ewig weit sich trennen! 
      So horch'! es führt der Laute milder Klang
      Ein Eden, das verblüht ist, dich entlang;
      Vergessen auch? – o nein, du mußt es kennen!
Ob dieses Zimmer, wo die frohe Schar
      Dich morgen grüßt, wohl jenes Zimmer war,
      Wo Liebe mir dein Seelenblick gegeben?
      Ja, sieh, das war's! – an dieser Stelle hier,
      Da saßen wir, da gabst du zitternd mir
      Zuerst dich hin mit jungfräulichem Beben.
Hier drückte ich dich an die wilde Brust;
      Du weintest, – war es Wehmut, war es Lust?
      Ich weiß es nicht, – sah glüh'n dich und erblassen.
      Hier hab' ich dir ins Auge frei geschaut,
      Dein Haupt an meinem Herzen, schwor ich laut,
      Bei Gott im Himmel, nie dich zu verlassen!
Wie traurig warst du, wenn ich Abschied nahm,
      Wie glücklich warst du, wenn ich wiederkam
      Am andern Abend die gewohnte Stunde!
      So ging es fort und fort die schöne Zeit;
      Und vollen Zuges trank die Seligkeit
      Der Liebe ich von deinem Blumenmunde.
O, weißt du noch, wo, – wenn die Sonne heiß
      Am Tage schien, – in deinem Garten leis'
      Wir auf der Bank von Lieb' und Treue sprachen?!
      Und wo wir dann manch' süßen Augenblick,
      In Blumen Worte suchend für das Glück,
      Die schönsten Rosen uns einander brachen?!
Der Garten war's, wo ich beim Sternenschein
      So manchen Abend leise schlich hinein,
      Wenn hoch am Baum die Blätter traulich rauschten;
      Und wo ich dann dich in der Laube fand,
      Und wo wir, Herz an Herz und Hand in Hand,
      Im Kuß die Seelen miteinander tauschten!
 Ha, war's nicht süß?! – die Nacht so leis' und mild,
      Mit Sternen war der Himmel überfüllt,
      Und Vögel flüsterten im dunklen Baume;
      So glücklich wir! – es hauchte sanft die Luft
      Und goß auf uns herab den frischen Duft
      Der Blumen, die sich neigten still im Traume.
Und weißt du noch, wenn nach getauschtem Wort'
      Wir in dem Schatten dunkler Linden dort
      Uns auf dem Kirchhof', wie durch Zufall trafen?
      Die Liebe nährt so manchen stillen Schmerz!
      Auch jener Ort paßt für ein liebend Herz,
      Wo unterm Grün die Toten friedlich schlafen.
Dann saßen wir, – und Rosen, voll und schwer,
      Die dufteten und glühten um uns her,
      Und Kränz' und Bänder regten sich im Winde;
      Dann sah'n wir still der Blumen fröhlich Blüh'n;
      Und auf der Gräber lichtumfloss'nes Grün
      Warf ihre Blüten leise hin die Linde.
Und wenn uns beiden dann so unbewußt
      Dieselbe Ahnung zuckte durch die Brust,
      Als schritt' der Tod hinein in uns're Freude, –
      Wir schauderten – und sah'n uns schweigend an;
      Und was die Herzen wünschten, war's nicht dann
      Ein Grab, ein einzig Grab nur für uns beide?!
Doch fort von hier und weg mit diesem Bild!
      Erinn're dich, wenn abends durchs Gefild,
      Dort bei den Tannen schauten wir ins Weite;
      Im blassen Mondschein lag die Ferne mild,
      Und du, unkenntlich in dein Tuch gehüllt,
      Hingst fester deinen Arm an meine Seite.
Und weißt du noch, wie dann so feurig dich
      Mein Arm umschlang und wie so glücklich ich
      Hineinsah in der Sterne Lichtgefunkel?! 
      Und weißt du noch, wie dann auf jener Bank
      Dein zitternd Herz an meinen Busen sank,
      Dort unten in dem schwarzen Tannendunkel?!
Indes genug! – wozu noch länger dir
      Ein Eden zeigen, das durchwandelt wir,
      Wozu das einzelne noch weiter nennen?
      Wohl ist's verblüht! – vergessen auch? – o nein!
      Noch jede Stätte muß bekannt dir sein,
      Noch jede Blum' am Wege mußt du kennen!
Genug! genug, daß ich es eben war,
      Dem deine Blicke folgten immerdar,
      Bei dem du warst, wohin er sich begeben.
      Daß jeder Tag, – und war er noch so schön, –
      Verloren dir, wo du mich nicht geseh'n,
      Daß ich dir alles, – Liebe, – Glück und Leben!
O, schönes Sein verwelkter Blütenzeit:
      O, süßes Glück, mir nun so ewig weit!
      Was irr' ich noch durch deine dunklen Hallen?!
      Schon längst zerronnen ist der Frühlingstraum;
      Und längst schon sind von meinem Lebensbaum
      Die grünen Blätter welk herabgefallen.
Doch grollen? – nein, wie könnt' ich grollend sein,
      So ferne ihr, so einsam und allein?!
      Sie schläft, – ich will den Frieden ihr nicht rauben.
      Ja, schlafe süß! und zürne nicht auf ihn;
      Er ist dir gut! – er hat dir ja verzieh'n
      Und will an Lieb' und Treue wieder glauben.
So komm' und reich' im Geiste mir die Hand!
      Was sich geliebt, – bleibt ewig sich verwandt!
      Und nun hinweg, du Bild, für mich so trübe!
      Die Nacht ist hin, – noch ist das Auge naß;
      Dein Festtag ist, – und dieses volle Glas
      Ich trink' es dir und deiner neuen Liebe!! 
Lieblingsblume ist die Rose;
      Ganz vom süßen Duft erfüllt,
      Daß er voll aus ihrem Schoße
      Über Kelch und Krone quillt.
      Rot ist ja der Liebe Farbe,
      Grün, das ist der Hoffnung Schein,
      Und um ihre Blütengarbe
      Schimmert beides im Verein.
Ohne Dornen keine Freuden!
      Dornen trägt der Rosenstrauch.
      Keine Liebe ohne Leiden!
      Dornen hat die Liebe auch.
      Darum wählt voll süßer Triebe
      Nur die Rose sich das Herz:
      Ihre Blüte für die Liebe!
      Ihre Dornen für den Schmerz!
Rose ist die Lieblingsblume;
      Dornumflochten, sanft und mild
      Wohnt im dunklen Heiligtume
      Ihres Kelchs der Liebe Bild.
      Selig wird sie da beschieden,
      Wo ein Herz in Liebe spricht,
      Ach, und unter ihr in Frieden
      Schläft auch das, das Liebe bricht!
Das war ja nichts, was ihn verließ
      Und was in seiner Brust
      Um deinetwillen unterging;
      Es war ja nur die Lust! 
Das war ja nichts, warum er bleich,
      Warum so trüb' sein Blick;
      Was ihm mit dir verloren ging,
      Es war ja nur sein Glück!
Das war ja nichts, warum die Trän'
      Ihm floß die Wang' hinab;
      Was er im stillen sich gewünscht,
      Es war ja nur ein Grab!
Denk' doch an alles dies nicht mehr!
      Was kümmert dich der Schmerz?
      Da, wo du jetzt die Rosen streust,
      Da schläft ja nur ein Herz! –
Das Saatfeld rauscht, und goldne Ähren schwanken,
      Wie übers Meer die grünen Wogen zieh'n.
      Wer träumt denn hier, versunken in Gedanken?
      Laut klopft das Herz ihm in der Brust, der kranken,
      Und Blumen bricht er, die am Rande blüh'n.
's gab eine Zeit, – denkt er an ihre Stunden?
      O, stille, stille, daß er nicht erwacht!
      Laßt weilen ihn, wo Blumen er gefunden!
      So manche hat er ja für sie gewunden,
      So manchen blauen Kranz ihr heimgebracht.
Ist der es nicht, in dem ihr aufgegangen
      Mit seiner Liebe eine neue Welt!?
      Ist der es nicht, der, wenn die Lerchen sangen,
      So ganz von seiner Liebe Glück umfangen,
      Am Morgen oft durchträumt das nasse Feld!?
 Nicht der, der suchend weilte, wo am Roggen
      Der Tau in Perlen hing voll Morgenglanz!?
      Der traumumfangen dann mit ihr gesprochen
      Und zwischen goldnen Ähren sich gebrochen
      Die himmelblauen Blumen, ihr zum Kranz!?
Blau war das Auge, wie des Himmels Bläue,
      Das schöne Auge, das ihn einst geliebt.
      Blau ist die Farbe ew'ger Liebestreue;
      Ist sie verblichen, – nimmer kommt aufs neue,
      Was einmal nur das Herz dem Herzen gibt!
O, süßer Traum, warum so schnell verstrichen?!
      Warum so schnell verglüht, du schöner Tag?!
      Ihr liebes Auge ist von ihm gewichen;
      Die blauen Kränze, ach, sie sind verblichen!
      Und langsam welkt das Herz, das kranke, nach!
Sie saßen beisammen, – sie hatten vertraut
      Die Nacht sich zum Feste gemacht;
      Sie sangen, sie scherzten, sie lachten so laut;
      Ich habe nicht mitgelacht.
Sie stellten sich nah' in verschlungene Reih'n,
      Sie haben so froh sich gefühlt;
      Sie gaben sich Pfänder, – sie lösten sie ein;
      Ich habe nicht mitgespielt.
Es nannte ein jeder das Liebchen sein,
      Das lang' er treuliebend verehrt;
      Es klangen die Gläser, – sie tranken den Wein;
      Ich habe nicht mitgeleert.
 Mir war es nicht heimisch im festlichen Haus,
      Das alle zur Freude vereint;
      Ich zog mich zurück, und ich schlich mich hinaus, –
      Und draußen, – – da hab' ich geweint!
Als noch mit dir ich das Leben geteilt,
      Gedacht nicht an Scheiden und Meiden,
      Da hab' ich oft stundenlang draußen geweilt
      Im Traume der seligsten Freuden.
Und draußen, da haben die Blumen mit mir
      Von meiner Liebe gesprochen,
      Und manches Sträußchen wohl hab' ich dir
      Aus ihrer Mitte gebrochen.
Und wenn ich kam, – sie neigten sich leis',
      Es war ein Bitten und Werben,
      Sie wollten all' um den schönen Preis
      So gerne bluten und sterben.
Nun bin ich ein bleicher und finstrer Mann
      Und pflück' von den Blumen nicht eine;
      Sie blicken mich traurig und fragend an,
      Ich schweig', – geh' weiter – und weine!
Und wenn aus weiter Ferne
      Wie auf ein großes Grab
      Sanft flimmern die gold'nen Sterne
      Zur dunklen Erde herab, –
 Und wenn es so still ist, so stille
      Rings durch den weiten Raum,
      Und seiner Gaben Fülle
      Leise spendet der Traum:
Dann ruhen wohl auf Erden
      Verzweiflung, Weh und Schmerz, –
      Bald wird es Abend werden, –
      Sei still, du wildes Herz.
Am Himmel steh'n die Sterne
      Und leuchten still und halten Wacht:
      Und über Näh' und Ferne
      Liegt schwarz die Mitternacht.
Was wach' ich denn alleine?
      In Frieden schläft das große All;
      Nur laut im dunklen Haine
      Schlägt noch die Nachtigall.
Und laut in dunkler Tiefe
      Schlägt noch das Herz, – o, daß es schlief'!
      Ja, daß es schliefe, schliefe!
      Und wär's auch noch so tief!
Komp.: 1-st. v. L. W. Prase.
Am dunklen Himmel ziehen
      Viel Wolken, schwarz und schwer,
      Und in der Ferne glühen
      Die Blitze überm Meer'.
 Ihr Haupt die Blüten legen;
      Die Welt so todesmüd', –
      Und leise tönt der Regen
      Ein säuselnd Schlummerlied.
Das klingt wie Grabesläuten, –
      O Bild, so schaurig still,
      Dich kann allein nur deuten
      Ein Herz, das brechen will!
Der Winter ist so schaurig,
      Vom Himmel fällt der Schnee;
      Ich sitz' am Fenster traurig
      Und träum' von altem Weh.
Viel' tausend Flocken schweben
      Im frohen Spiel herab;
      Sie schweben und sie tanzen
      Doch all' ins frühe Grab.
So geht es mit dem Herzen,
      Wo Hoffnung Blüten treibt;
      Sie kommen – und sie schwinden
      Und – nur die Träne bleibt.
Komp.: 1-st. v. Cl. Serpenthien.
Heilige, süße Stille
      Schwebt über Berg und Tal;
      Unter weißer Friedenshülle
      Schläft leise das große All.
 So leise, o so leise,
      So schweigend und so tief,
      Wie unterm Leichentuche
      Wohl manch ein Herze schlief!
Schneeflocken, so schnell! – wohin? wohin?
      Ihr fliegt gewiß zum Süden,
      Wo ich von meinem Liebchen bin
      So traurig erst geschieden!
»Was willst du denn, wir müssen fort
      »Im schnellen Flug der Winde,
      »Und hast du noch ein liebes Wort,
      »Geschwinde sag' es! – geschwinde!«
Dann bitt' ich: seid meine Boten klein
      Und kommt ihr hin zur Süßen,
      So flüstert an ihr Fensterlein
      Und sagt: Er läßt dich grüßen!
Komp.: 1-st. v. Cl. Serpenthien, desgl. 1-st. v. L. Jessel.
Schneeflocken sind meine Lieder;
      Sie hauchte ein winterlich Herz
      Auf seine Blüten nieder,
      Die früh geknickt der Schmerz.
Schneeflocken sind meine Lieder;
      Der Sturm hat sie gestreut;
      Ihr luftiges Gefieder
      Deckt all mein Lieben und Leid.
 Und solltest du sie schauen
      Mit den schwarzen Augen dein,
      Mag wohl eine Trane tauen
      In den kalten Schnee hinein!
Wenn starr im Froste noch ruht der See,
      Noch am Fenster die Blumen von Eis,
      Dann blüht schon ein Blümchen aus kaltem Schnee,
      Grünfarbig und silberweiß.
Und wenn ein Herz auf den Frühling hofft,
      Darin es Winter zur Stund',
      So bringt Schneeglöckchen ihm unverhofft
      Zuerst vom Frühling die Kund'.
O, du mein Herz, laß das Klagen sein!
      Ob dein Winter auch töten dich will,
      Schneeglöckchen läutet den Frühling ein:
      Sei still! sei still! sei still!
Und der Frühling weckt Lieder und Blumen zumal,
      Und der Frühling kennt keinen Schmerz!
      Der hat auch wohl einen Sonnenstrahl
      Für ein armes winterlich Herz!
Er liebte sie so heiß, so rein,
      Wie nur ein Mensch kann lieben,
      Er wähnte alles, alles sein,
      Und nichts ist ihm geblieben.
 Kein freundlich Wort, kein lieber Blick,
      Kein Wiederhall der Lieder, –
      So floh mit ihr sein stilles Glück,
      Und nimmer kehrt es wieder.
Doch still und rühret nicht das Herz,
      Und laßt es nur dem Kummer,
      Ihr möchtet stören sonst den Schmerz
      Aus seinem leisen Schlummer.
Der Traum ist hin, der Traum so süß,
      Und seine Engel haben
      Das Weh, das er im Herzen ließ,
      In Liedern sanft begraben.
Schließ' auf dein Aug', das helle,
      Hauch' mir Begeist'rung ein!
      Aus dieser süßen Quelle
      Schöpf' ich die Lieder mein.
Schließ' auf dein Aug', das lichte,
      Und leuchte mir ins Herz
      Und zaub're zum Gedichte
      Mir meinen ganzen Schmerz!
Dann will ich wieder leben,
      Will Lust an allem seh'n,
      Vergessen und vergeben,
      Was Bitt'res auch gescheh'n;
Will ganz, mich ganz versenken
      In deinen Blick hinein,
      Süß träumen, selig denken,
      Und still und glücklich sein!
Daß wir uns so spät begegnet,
      War für mich ein Mißgeschick,
      Dennoch sei der Tag gesegnet,
      Der gebracht mir so viel Glück!
Denn es ward mir mehr gegeben
      Schon in dieser kurzen Zeit,
      Als ein ganzes Menschenleben
      Einem andern sonst verleiht.
In einsamer Dichterseele
      Ein Auferstehungsfest,
      Eine kleine Philomele
      Baut dort an ihrem Nest.
Mein wurdest du allmählich,
      Wie von höherer Macht gebannt
      Und wonnevoll und glückselig
      Ergriff ich deine Hand.
Nun leb' und sing' ich wieder,
      Und all mein Denken bist du,
      Und die kleinen Liebeslieder
      Flattern dir fröhlich zu!
Draußen an bescheid'ner Stelle
      Blüht ein blaues Blümelein,
      Wie dein liebes Aug' so helle,
      Leuchtet's dort im Sonnenschein!
 Deine Schwestern will ich pflücken,
      Flüsternd deinen Namen leis',
      Und das liebe Haupt dir schmücken
      Mit dem Kranz von Ehrenpreis!
Bald schon naht für uns die Stunde,
      Wo wir von einander müssen
      Und, mein Mund auf deinem Munde,
      Wir zum letztenmal uns küssen.
Du wirst in die Ferne gehen, –
      Schmerzlich werd' ich dich vermissen –
      Ob wir je uns wieder sehen?
      Gott im Himmel mag es wissen!
Denn gezählt sind meine Stunden,
      Während deine neu beginnen, –
      Und wenn du das Glück gefunden,
      Ging vielleicht ich schon von hinnen.
Aber eins sei unvergessen
      Auch im Lied, bevor ich scheide:
      Dank dir! daß ich dich besessen,
      Meines Lebens letzte Freude!
Ruhm und Glanz? – zu keinem Preise
      Wollen dies die kleinen Lieder!
      Wie sie lebten, stiller Weise,
      Wollen auch sie sterben wieder.
 Blüten sind sie aus dem Herzen,
      Dem von Lust und Leid bewegten,
      Wo die Liebe und die Schmerzen
      Sie als treue Kinder pflegten.
Nur in deinem Sonnenbilde
      Sind sie fröhlich aufgesprossen,
      Deine Liebe hat sie milde
      All' mit Lebenstau begossen.
Du nur konntest sie vollenden,
      Nur um dich ist all ihr Werben,
      Wollen nur in deinen Händen
      Liebeatmend wieder sterben.
Ruhm und Glanz? – zu keinem Preise!
      Du allein nur sollst sie brechen,
      Daß sie sterbend leise, leise
      Deinen lieben Namen sprechen!
Du im Grünen, erblüht an der Ostsee leuchtendem Busen,
      Kilia, freundliche Stadt, grüße dich herzlich mein Lied!
      So, wie im wonnigen Lenz, umschwärmt von singenden Vögeln,
      Dort ich in Düsternbrooks schattigem Dunkel es sang.
      Dämmernd, lächelnd und mild, durchflossen vom rosigen Lichte
      Aus der Ferne voll Glanz schwebte der Abend daher,
      O, und ein Abend so schön, so herrlich, als wollte der Himmel
      Selber zur Erde mit ihm senken sich leise herab.
      Dort war's auf Bellevue, wo jäh der steilere Abhang
      Wurzelt durchs Erlengebüsch bis an die Welle hinab,
      Siehe, da saß ich und sann und freute der reizenden Schöpfung,
      Freute mich deiner, mein Kiel, wie du so herrlich und schön!
      Und was da mir im Traum dort oben ging durch die Seele,
      Hier auf schimmerndem Blatt spendet die Freundschaft es dir.
Wölbend neigt sich über mich hin der schattige Buchbaum,
      Dessen riesigen Stamm unten umzingelt die Bank,
      Abendlich hauchet der Wind, – es flüstern leise die Blätter
      Von der Höhe mir zu ihren vertraulichen Gruß;
      Und ich schaue hinab auf des Hafens kristallene Fläche,
      Seegrün schimmernd und blau breitet sie weithin sich aus,
      Tragend in ihrem Schoß' der mächtigen Panzerkolosse
      Stahlumgürtete Schar, – Riese an Riese gereih't, –
      Welche Fülle von Macht, todbringend; aber nun alle
      In der glänzenden Flut schlummern sie friedlich und still.  Doch, was schimmert da fern, jenseits am bergigen Ufer,
      Wo der schweigende Wald schon sich in Dunkel gehüllt?
      Schrevenborn ist's, das stille, das liebliche Plätzchen des Friedens,
      Welches im duftigen Grün ladet den Wandrer zu ruh'n;
      Blickend auf Düsternbrook, auf Holtenau, auf die Festung
      Oder zur Vaterstadt, froh ihrer Schönheit und Pracht,
      Weilet dort oft der Kieler, entfloh'n dem Getöse der Menge
      Und der lärmenden Welt, froh an der Brust der Natur.
Mancher auch wandert vielleicht entlang den dunkelnden Waldpfad,
      Bis die Lichtung erscheint, wo ihn die Wiese empfängt,
      Dann auf elastischem Steig durch Gras und Blumen zur Mühle,
      Wo in schaumiger Flut wälzt sich das knarrende Rad,
      Plätschernd schlängelt der Bach sich hinab zum Hafen, – doch aufwärts
      Führt ihn der blumige Pfad nun in das freundliche Dorf.
Bald nach behaglicher Rast beim Trunk aus schäumenden Fasse,
      In der Veranda kredenzt, sucht er der Gründe Gebiet,
      Schreitet die Höhen hinan, Fort Stosch begrüßend, und weiter,
      Wo den Kolonnen der Weg über die Felder gebahnt,
      Bis er Korügen erreicht, das letzte, mächtige Vorwerk,
      Und ihn dahinter Laboe grüßt und das blinkende Meer.
O des entzückenden Blicks von der laubigen Gartenterrasse,
      Hoch über Giebel und First, weit in die blauende See!
      Dort Alt-Bülk mit dem Turm und dort das Fort und die Festung,
      Und von Segeln belebt unten die flimmernde Bucht.
      Sieh', ein Dampfer, und schwarz sein Deck von wimmelnden Menschen,
      Meidend die offene See, hält er nach drüben den Kurs
      Und bei Holtenau der Schleuse Tore passierend,
      Bis in die Schatten von Knoop führt er die fröhliche Schar.
Knoop, wen erfreute es nicht? wen nicht das waldige Ufer,
      Schilf- und binsenbekränzt, schmückend den stillen Kanal?
      Wen nicht der schattige Park mit dem Gut, hellleuchtend inmitten,
      Oder das ländliche Haus, Labung gewährend und Rast?!
      Sieh, nun füllen sich rasch des Gartens winkende Lauben,
      Und in die Halle hinein drängt sich das leichtere Volk, –  Platz für die Jugend! - es schallt schon herab vom Orchester der Walzer,
      Und nach lustigem Takt' dreh'n sich die Paare im Tanz.
Aber von Schrevenborn abseits, wo oben der Turm steht,
      Führt dich zu hohem Genuß', auch noch ein anderer Pfad
      Über das Gut, durch den Park und des Dorfes üppige Gärten
      Unter der Lerche Gesang hin in das blühende Feld.
      Bald ist Neumühlen erreicht, der Schwentine freundlicher Talort,
      Da, wo sie breiteren Stroms sich mit dem Hafen vereint;
      Lärmt auch der Hämmer Getön auf der fleißigen Werft und erbrauset
      Von der Maschine Gewalt dumpf der bestäubte Koloß,
      Gern doch weilet man hier abseits in schattiger Laube,
      Oder im schaukelnden Boot' treibend, wo Binsen und Schilf
      Flüsternd sich neigen zum Gruß' und die Lilien zwischen den Blättern,
      Über dem Wasser erblüht, leuchten in schimmernder Pracht;
      Gern auch, will man sich freu'n des lieblichen Tal's der Schwentine,
      Wandernd den waldigen Pfad, Rastorf besuchend und Preetz!
      Gern auch, wenn kürzer die Rast und ins Land der frohen Probsteier
      Pfingsten pilgert die Schar lustiger Burschen hinaus,
      Leichter, den Büchern entrückt, buntröckige, schelmische Mädchen
      Unterm stattlichen Dache lustig im Tanze zu dreh'n!
Doch nun weiter, dahin, wo längs aufsteigendem Ufer
      Ellerbecks Häuser ersteh'n zwischen Hollundergebüsch!
      Schaukelnder Böte Gewirr belebt den Strand, – und der Netze
      Buntes Maschengeflecht glättet die ordnende Hand.
      Brave, fleißige Leute bewohnen das friedliche Dörfchen,
      Kärglich, doch ehrlich ernährt all' sie der kleine Gewinn,
      Welchen, bis spät in die Nacht auf den tanzenden Wellen verweilend,
      Aus der Tiefe der Flut zieh'n sie geschäftig heraus.
      Mehr dann sorgt nicht der Mann, – es führt die lebendige Ware
      Nun im Kahne das Weib selber hinüber zur Stadt.
Lieblicher Garten, auch dir, Johannisberg, von der Straße
      Seinen freundlichen Gruß sendet der Wandrer hinab,
      Und allmählich hinan den steil aufsteigenden Hügel,
      Bis er den Gipfel erreicht, strebt er zu neuem Genuß'.  Sieh, was fesselt ihm nun den Blick urplötzlich? – Zu Füßen
      Schauend das herrliche Werk, glaubt er, ein Wunder zu seh'n!
      Dock an Dock ist gereiht und Bau an Bau, wo vor Jahren
      Ragte der sandige Berg, ballastgewährend, empor!
      Herwegh, was du im Lied von der deutschen Flotte gesungen
      Einst so prophetisch und schön, siehe, nun ist es erfüllt!
      Über die Meere dahin des Erdballs furcht sie die Wogen,
      Rauschet ihr flatternder Aar, donnert ihr Riesengeschütz,
      Trägt sie den eigenen Ruhm und bringt die mildernde Sitte
      Auch den Wilden, die fern noch die Kultur nicht berührt,
      Und wo immer ein Sohn der deutschen Erde gegründet
      In der Fremde den Herd, bietet sie Schutz ihm und Recht!
Noch in gewaltigem Kampf' den welschen Feind zu besiegen,
      Wird es auch später gescheh'n, war ihr bisher noch versagt.
      Preise die Helden, mein Sang, die dreimal jenen vernichtet,
      Als er mit lüsterner Gier griff nach der Rebe des Rheins!
      Hermann züchtigte Rom, – den Legionen Augustus',
      Welche Varus geführt, bringend Verderben und Tod! –
      Deutschlands Heeren erlag auf Leipzigs Eb'nen der Korse,
      Und, wo Lutetia thront, führte sie Blücher hinein! –
      Wilhelm der Erste, zum Kampf gen Frankreich zog er als König,
      Als er die Franken besiegt, kam er als Kaiser zurück! –
      Du auch folgtest erfreut dem Heerbann', – opfernd das Liebste,
      Meerumschlungenes Land, mit in den heiligen Krieg;
      Waffenerprobt war dein Arm, – denn wider dänisch Gelüste
      Führt' er nicht lange vorher wuchtig das siegende Schwert,
      Bis du selbst dich befreit, – und wieder schmählich verraten,
      Endlich nach blutigem Streit' wurdest für immer erlöst.
      Deutscher denn je bist du nun, mein Schleswig-Holstein, und Deutschland,
      Das dich errungen, vergißt nimmer, was du ihm gebracht;
      Deutschlands Größe begann in Schleswig-Holstein, – es haben
      Dessen Söhne dafür einst schon gerungen bei Bau! – – –
Grünender Hain du, gehüllt in tieferes Dunkel der Schatten,
      Unten im Glanze der Flut, schauend dein zitterndes Bild, 
      Düsteinbrook, dich suchet mein Blick und schwebt von der Höhe
      Über der Masten Gewirr nun mit Entzücken zu dir!
      Hier aus duftigem Grün gigantischer Buchen und Eichen
      Schimmern rötlich und schwarz glänzende Dächer hervor,
      Villen in stattlicher Pracht, wie kaum sie Arkadiens Himmel,
      Kaum sie Italiens Blau schöner und stolzer geseh'n!
      Wort im Dunkel der Bäume verbirgt sich diese dem Auge,
      Jene freieren Blicks lächelt in blendendem Weiß,
      Diese in gotischer Art, und jene, wie unter den Alpen
      Weiter an Söller und Dach bauet der Schweizer das Haus!
      Sieh, und zu Ende nunmehr, wo am höchsten hebt sich der Hügel,
      Überragend den Strand, dunkel von Tannen umkränzt,
      Schauet das Giebelfeld Bellevues mit flatternder Fahne
      Über der Bäume Gekron' weit in die Ferne hinaus!
      Ha, wer weilte in Kiel, nicht dort genießend die Fernsicht,
      Wie sie reizender kaum, wechselnder bietet der Harz?!
      Wer, des Auge nicht blickte von dort ins Land der Probsteier
      Oder nach Friedrichsort nähergelegenem Wall?!
      Oder noch weiter hinaus, so weit es gestattet das Auge,
      Hin, wo im schimmernden Grau Himmel und Meer sich vereint?!
      Wer, des Auge nicht blickte hinab in die schwindelnde Tiefe,
      Wenn mit Brausen der Sturm peitschte die schäumende Flut,
      Oder, wenn friedlich sie schlief und nun der heitere Himmel
      Schaute mit Wolken und Blau still aus der Tiefe herauf?!
      Bellevue du bist schön, – der Neid selbst muß es dir lassen,
      Und so scheid' ich von dir, treu mir im Herzen dein Bild!
Weiter den Blick nunmehr fortwendend, geh' ich zur Rechten,
      Wo aus dem schattigen Grün schimmert das rötliche Dach,
      Und wo am hangenden Berg, durchkreuzt von schlängelnden Gängen,
      Tannen und Haselgesträuch bilden das kleine Gehölz.
      Hier die Stufen hinan, zu erfreu'n dich des köstlichen Ausblick's
      Hoch vom Hügel herab weit über Hafen und Stadt!
      Du, Wilhelminenhöh', nun öffne dich freundlich den Gästen,
      Voller das stattliche Boot, schweben sie schaukelnd heran!
      Vorwärts kann ich indessen noch nicht, – es fesselt die Fernsicht
      Mir den schweifenden Blick immer mit wechselndem Reiz'! 
      Siehe, da hab' ich sie nun! – da lächelt im Spiegel des Hafens
      Tief mir zu Füßen der Stadt freundlich erscheinendes Bild!
      Kreuzend sich hin und her durchzieh'n sie stattliche Straßen,
      Und mit lebendiger Kraft treibt sich die Menge hindurch.
      Laut hinrollet der Wagen, – es tönt geschäftiger Stimmen
      Bunt verworrener Lärm dumpf in die Ferne hinein.
      Freundlich erglänzet das Rot der schräg sich stufenden Dächer,
      Denen leise des Rauchs wallende Säule entsteigt.
      Siehe, da hebt aus dem Knäuel verschlungener Häuser der Kirchturm
      Das gigantische Haupt ernst und prophetisch hervor!
      Ihrem Glauben geweiht, zur Andacht mahnt er die Seinen,
      Rufend ins Heiligtum laut mit der Glocken Geläut',
      Wacht und behütet sie auch und ruft sie mit dumpferem Klange,
      Wenn im Dunkel der Nacht rötet den Himmel die Glut.
      Nachbarlich ihm vereint, zur Rechten weiter, erhebt sich
      Nun das geräumige Schloß, trotzend der nagenden Zeit;
      Funkelnd blitzen die Fenster im Strahl der scheidenden Sonne,
      und an der felsigen Wand schimmert das blendende Weiß,
      Schimmert auch höher hinauf, dort wo das eiserne Gitter,
      Krönend den eckigen Turm, weit überschauet die Stadt.
Aber siehst du auch dort, umkränzt von ragenden Bäumen,
      Nahe dem Schlosse gesellt, leuchten das stattliche Haus?
      Einer Göttin gehört's – Minerva nannt' sie der Römer,
      Pallas-Athene indes hat sie der Grieche getauft;
      Aus dem Haupte entstieg sie des ewig donnernden Vaters,
      Und es erschütterte selbst ihre Geburt den Olymp;
      Mutter der Weisheit war sie, geheiligt war ihr der Ölbaum,
      Und in jeglicher Not barg sich der Kluge durch sie.
      Siehe, da geh'n sie hinaus und hinein, froh opfernd der Göttin,
      Jünglinge fröhlichen Mut's, bergend den hehren Gewinn;
      Und, allmählich gestählt im Feuer der heiligen Weisheit,
      Stützet, zum Manne gereift, treu der Beamte den Staat.
      Hier an heiliger Stätte, ein Hirte, ruft der Gemeinde
      Nun der Priester den Trost ewiger Gnade herab,
      Trägt den Verirrten entgegen das Wort versöhnender Liebe,
      Und dem Vater ans Herz wirft sich das reuige Kind. 
      Dort mit Wage und Schwert, verbundenen Auges, die Göttin,
      Wartet sie, Themis, und hält allen das strenge Gericht,
      Und ein Priester im Dienste der heiligen Rechte der Menschheit,
      Spricht der Richter den Spruch, wägend nach Recht und Gesetz.
      Hier reicht Äskulaps Sohn, der Jünger heilender Gottheit,
      Gern dem Leidenden nun, was ihm gewährte die Kunst,
      Und was in heimlicher Grotte den Gott einst Chiron gelehrt hat,
      Wie mit bezaubernder Kraft macht es den Kranken gesund.
      Hier auch streuet der Jugend den Samen bildender Weisheit,
      Wie er einst ihm geschenkt, wieder der Lehrer ins Herz;
      Eifrig im treuen Beruf', durchforschend die Werke der Alten,
      Schöpft er aus himmlischem Quell seinen Geliebten den Geist.
      So im rastlosen Ernst erziehet dem Staate die Schule
      Treu die Kinder und gibt Männer dem Staate zurück!
Sieh, welch' ein lustig Gewirr in dem laubbeschatteten Schloßpark
      Unter der Doppelallee grünendem Ulmengewölb',
      Hier, wo so liebliches Heim der alma mater gegründet,
      Ihr, die so mütterlich mild allen so lieb ist und wert!
      Ringsum Menschen, gelockt hinaus zu kühlem Spaziergang,
      Nun die Stunde nicht mehr ernst sie zu nützen gebeut.
      Aus der Ferne den Gruß, ihr fröhlichen Leute im Grünen!
      Und bevor er verhallt, geht es den Hügel hinab.
Du empfange nunmehr, Dorfgarten, freundlich den Wandrer,
      Und aus der ländlichen Tür reiche den labenden Trunk.
      Ja, auch dir gab Natur genug anziehender Schönheit,
      Wie sie reizender nicht bietet dem Städter die Stadt.
      Fruchtbare Koppeln umher, die Freude des fleißigen Landmanns,
      Wo auf duftigem Klee lagert gesättigt das Vieh;
      Hecken von Haselgesträuch mit wilden Rosen und Gaisblatt,
      Wo im bläulichen Glanz' wuchert das üppige Korn.
      Schimmernde Gärten voll Duft, und prangend neigt sich der Obstbaum,
      Blütenbesät das Gezweig, bis auf die Erde hinab.
      Quellen bilden den Bach, es schallt der Mühle Geklapper,
      Und um das kreisende Rad stäubt es im farbigem Glanz'. 
      Sieh, und dort oben hinauf, wie grüßet freundlich dich Hornheims
      Kleines Türmchen am Wald', rufend die Stunden hinab.
      So auch senden die Dächer von Krusenrott, in die Bäume
      Etwas tiefer versteckt, dir aus der Ferne den Gruß,
      So auch die Perle im Grund, wo rauscht das muntere Bächlein,
      Und aus schattigem Laub tönet der Stimmen Gewirr!
      Ja, du bist schön, Dorfgarten, und Glück und Segen dir wünschend,
      Noch im scheidenden Blick', eil' ich hinüber zur Stadt!
Hier nun umpfängt mich zuerst der Toten heiliges Saatfeld,
      Das ich einst schon als Kind immer so gerne besucht,
      Sei es mit andern im Spiel und froh der prangenden Gräber,
      Sei es träumend und still, irdischer Sorge entrückt.
      Trauereschen und Linden voll Duft entsteigen dem Rasen,
      Welcher, mit Gräbern bedeckt, friedlich die Toten umhüllt.
      Frisch noch grünet der Kranz, gewidmet von weinender Liebe,
      Und im Hauche der Luft rührt sich am Kranze das Band;
      Efeu rankt um den Stein, es blühen duftige Rosen,
      Welken und überstreu'n leise mit Blättern die Gruft.
      Schlaft, ihr friedlichen Toten, schlaft süß! – es werde zur Blume
      Jegliche Träne, die hier liebend das Auge geweint!
      Sein und gewesen, – wie bald! – und ach, wie bald auch vergessen,
      Was, von der Erde bedeckt, einst doch gelebt und geliebt!
Aber des Schmerzes genug und genug der ernsten Betrachtung,
      Wieder ins Leben zurück geh' es mit heiterem Sinn!
      Ha, wie ganz anders das Bild, das hier dem Blick' sich entfaltet,
      Nun, was da draußen zu seh'n, alles das Auge geschau't!
      Stattliche Häuser gereiht zu beiden Seiten der Straße,
      Welche, je weiter sie führt, enger und enger verläuft.
      Und es beginnet mit ihr zugleich das lautere Leben, –
      Stille kennt nur das Land, – Lärm und Geräusch nur die Stadt.
      Draußen bestellet sein Feld im ewigen Wechsel der Landmann,
      Und dem Zufried'nen genügt, was die Natur ihm bescheert;
      Hier, wo enger sich drängt indessen die größere Menge,
      Schaffen zum Leben den Stoff emsig Erfindung und Kunst. 
      Horch, erschallt nicht Geläut', – ja sieh, da hebt sich der Bahnhof,
      Und auf erhöhetem Damm zieh'n sich die Schienen entlang.
      Fern noch dumpfes Geroll, – da pfeift es, – da kommt es im Fluge, –
      Und in die Hallen hinein donnert der rasselnde Zug!
      Ehr' dem erfindenden Geist! – die Naturkraft drängt er in Fesseln,
      Zwingt, was die Alten verehrt, kühn sich zu sklavischem Dienst'.
      Näher rückt er die Stadt an die Stadt und den Menschen zum Menschen,
      Und dem Auge bekannt macht er die Fernen der Welt.
      Ewig halle der Ruhm den Männern im Munde der Nachwelt,
      Die mit so hohem Geschenk' segnend Geschlechter beglückt!
      Preise im Lied' sie der Sänger, – sie preise laut die Geschichte!
      Nur wer Großes geschafft, hat sich die Größe erkämpft!
      Mächtige ohne Verdienst schmückt oft mit Ehren die Mitwelt,
      Ach, und die sie verdient, ernten Verleumdung und Spott!
      Drum verfolgte man einst der Druckkunst großen Erfinder,
      Schmiedete Ketten dem Mann, welcher Amerika fand,
      Sieh, und ins Tollhaus sperrte man einst den Entdecker der Dampfkraft,
      Als er frohlockend der Welt, was ihm gelungen, gezeigt.
      Großer Mann, nicht dich, – die Toren blendete Wahnsinn,
      Die, es zu fassen zu klein, gar für verrückt dich erklärt.
      All' nun sind sie dahin, nicht ehrt der Dank sie der Nachwelt, –
      Aber dir um die Stirn grüne der ewige Kranz!
      Weiter indessen mein Auge der Straßen beste durchwandernd,
      Weile betrachtend nunmehr tiefer im Herzen der Stadt;
      Hier beginnt sie, die stattliche, schon, das sagt mir die Menge,
      Welche im regen Verkehr laut sie und wogend durchströmt.
      Hier begegnet dem müßigen Stutzer der rege Geschäftsmann,
      Jener im Taumel der Lust, dieser im ernsten Beruf',
      Hier die verschleierte Schöne, die stille, dem lustigen Burschen,
      Dort dem Freunde der Freund, spendend den traulichen Gruß.
      Prangend zur Rechten, zur Linken erheben sich stattliche Läden,
      Und durch das spiegelnde Glas lächelt die Ware mich an.
      Was nur erfordert die Not und was nur die Mode ersonnen,
      Schön und geschmackvoll hat hier es die Ordnung vereint. 
      Persien sandte die Schals und rauschende Seide und Perlen,
      Schimmernde Spitzen Brabant, künstliche Blumen Paris,
      Indien Silber und Gold und China die Blüten des Teebaums,
      Mokka Arabiens Flur, feurige Weine der Rhein.
      So die Produkte vom Süden, vom Norden, vom Osten und Westen
      Hat zum geschäft'gen Verkehr, all' hier der Handel vereint.
      Mehre er fort sich und fort! – zur Blume werde die Knospe,
      Und der geflügelte Gott schenke ihr fröhlich Gedeih'n!
Du auch, Phobus Apoll, Musagetes, Führer der Musen,
      Neige der Musenstadt freundlich das strahlende Haupt!
      Hier auch freut sich, der Kunst, dem Spiele deiner Camönen
      Lauschend, begeistert das Volk, wo sich dein Tempel erhebt!
      Wenn entblättert der Hain, und des Äolus mildere Kinder
      Flocken treibend daher stürmen auf ödem Gefild',
      Siehe, dann sammelt sich hier, einatmend die süße Erholung,
      Was am ermüdenden Tag' emsig gewirkt und geschafft,
      Und es füllt sich der Kreis, – es entrauschen laut dem Orchester
      Melodieen, die einst Mozart und Weber gesetzt,
      Oder die Wagner ersann, und wenn nicht dieser, ein and'rer;
      Polyhymniens Kunst zählt ja der Jünger so viel'!
      Schreitet Melpomene dann dahin auf hohem Kothurne,
      Zeigend der Hybris Gewalt, wie sie den Menschen umstrickt,
      Oder wie nach dem Rat' der unsterblichen Götter das Schicksal
      In der Sterblichen Glück greift mit vernichtender Hand,
      Ach, wie fühlt sich so klein der Mensch dann, – und auf der Tugend
      Dornigem Wege allein sieht er das rettende Ziel!
Aber nicht immer beherrscht die ernste Muse die Szene;
      Wendet die Schwester sich ab, steht schon Thalia bereit,
      Lachend, wo jene geweint, und schwingend die Geißel des Satyrs,
      Stimmt sie im heiteren Spiel' heiter uns Herz und Gemüt,
      Und wenn der Vorhang fällt, es lassen zurück uns die Bretter
      Treu das farbige Bild, welches den Menschen uns zeigt;
      Denn, was wir sein und nicht sein sollen im Leben, das sagt uns,
      Gleich der Predigt im Wort', deutlich die Bühne im Spiel'! 
      Aber zum Hafen hinab geführt nun hat mich die Straße,
      Der so oft mich erfreut, oft mir die Seele entzückt,
      Sei es, wenn stürmender Nord geschaukelt im Tanze die Schiffe,
      Sei es, wenn säuselnder Süd sanft ihn und flüsternd geküßt!
      Hell ist heute sein Grün, es plätschern leise die Wellen,
      Und von Jubel erschallt heute der luftige Strand!
      Leben rings um und um, – und, rastlos fördernd die Arbeit,
      Tummeln, wohin ich nur schau', froh sich die Menschen umher.
      Tief aus dem Raume des Schiffs beim Löschen hebt sich die Ware,
      Und es erschallen im Takt' lustig die Lieder dazu.
      Hier, wo selbst mit den Spitzen der Schiffe streiten die Speicher,
      Windet das drehende Rad langsam die Lasten herauf.
      Hoch auf den Tauen und Raa'n schwebt furchtlos dort der Matrose,
      Frei und gelüftet die Brust, jodelnd sein fröhliches Lied.
      Rauschend flattern am Mast' und schlängeln sich farbige Wimpel,
      Bunt durcheinander gemischt, künden die Farben ihr Land,
      Böte kreuzen und schwärmen, dem Städter dienend zur Lustfahrt,
      Und von Segeln umher schimmert es nahe und fern.
      Ja, hier ist es so schön! – hier weil' ich träumend so gerne,
      Hier, wenn der Sturm mich umbraust, hier wenn mich Stille umfängt,
      Sieh, und so oft es geschieht, denk' eines lieblichen Liedes
      Dann ich und denke auch der, die es begeistert uns sang:
Herz, wie gleichst du dem Meer', – und Meer, wie gleichst du dem Herzen!
      Beid', wie so innig verwandt, eins in dem andern sein Bild!
      Tief auf dem Grunde des Meeres im Dunklen birgt sich die Perle,
      Perlen auch birgt ja das Herz, schöner, als Perlen im Meer'!
      Finster und tief ist das Meer, kein Auge kann es durchschauen,
      Und auf den tiefesten Grund trat auch kein menschlicher Fuß.
      Bald mit leuchtendem Blick' und im Lichte der goldenen Sonne,
      Morgenheiter und hell, ruht es im himmlischen Glanz,
      Bald durchwühlt es der Sturm, und es türmen sich brausend die Wogen,
      Ach, und im nächtlichen Schoß' trägt es die nahe Gefahr! 
      So auch das Herz! – wer könnte der Menschen einem ins Herz seh'n?
      Wer, was es decket, durchschau'n, wer, was es sinnet, versteh'n?
      Gott nur kann es allein, kein menschliches Auge vermag es,
      Und was ich bin, das weiß Gott, der Allmächtige, nur!
      Auch das Herz, wie das Meer, trägt oft in der Tiefe den Himmel,
      Wenn es geliebt wird und liebt, glücklich und fromm ist und rein
      Aber voll Leidenschaft und im Banne böser Dämonen,
      Jeglichen Friedens beraubt, ach, wie so groß ist sein Leid!
      Kämpfend soll es sich läutern, es schickt sein Gott ihm die Prüfung,
      Und wie mit Sturmesgewalt wühlt durch die Tiefen der Schmerz;
      Das sind des Schicksals Stürme, und ringen muß es und leiden,
      Ach, und wie manch ein Herz blutete, – duldete, – brach!
      Heil ihm, hat es gesiegt! – es senkt sich leis' nach dem Unglück,
      Wie nach dem Sturme ins Meer, Frieden und Stille ins Herz!
Aber wo weile ich denn!? – mich wecken schmelzende Lieder,
      Nachtigallen umher flöten von Liebe und Schmerz,
      Dunkel ist es geworden, – es ließ die Nacht sich hernieder,
      Und du schwebtest, mein Kiel, süß, wie im Traum mir durchs Herz!
      Lauter nun schlagen sie an, – es füllt der Wald sich mit Tönen,
      Lauter zum wonnigen Klang', ströme der letzte Erguß!
      Glück und Wohlstand mit dir! – und deinen freundlichen Schönen
      Rausche das scheidende Lied allen den freundlichsten Gruß!
Nun prangst du wieder! – Schimmerndes Buchengrün
      Schmückt dir die Locken, und dir am Busen glänzt
      Dein blau Juwel im Gold' der Sonne,
      Blühende Stadt du des Holstenlandes!
Wie schön dein Liebreiz! – Süßer Syringenduft
      Und Blütenschnee und Amsel- und Finkenschlag 
      In Hag und Gärten, – und der Lerche
      Jubelnde Lieder ob Feld und Wiesen!
Und wo dazwischen, wonniger Liebe voll,
      Ein lauschig Plätzchen, schmettert die Nachtigall;
      Und wer verließ' nicht gern die Schwelle
      Lastender Sorge, sich deiner freuend?!
Wohin des Weges? – Felder- und Wälderpracht
      Nach allen Seiten! – Rauschender Wellen Spiel
      An deinem Strand', und Frühlingsweben
      Hüben und drüben und allenthalben!
Doch wo's am schönsten, nicht in dem Ringe ist's,
      Wo pulst dein Herzblut, wenn in geschäft'ger Hast
      Bewegt die Hand sich deines Fleißes,
      Wirres Geräusch dich erfüllt des Tages.
Von Viehburgs Höhen schön aus dem jungen Wald'
      Auf dich die Fernsicht, wenn du zu Füßen uns
      Aus mattem Duft' mit deinen Türmen
      Lugst und dem silbernen Meeresstreifen!
Noch schöner aber, wo in die See hinaus
      Von deinen Füßen führt uns der Wellenpfad
      Und rechts und links die grünen Höhen
      Freundliche Grüße herüberwinken.
Hier Bellevue, – Alt-Heikendorf weiterhin, –
      Dann Holtenau, – und weiter noch Friedrichsort,
      Und dann Laboe, und dann unendlich
      Weiter und weiter des Meeres Schimmer!
Und eine Perle ländlichen Reizes auch
      Seitab die Landschaft, wo der Schwentine Tal
      Sich bis nach Preetz erstreckt unnd Rasdorfs
      Liebliche Nixe herunterplätschert!
 Seitab die Landschaft, wo den Kanal bekränzt
      Die Buchenwaldung, – Knoop uns im Schatten winkt,
      Und über Schilf und Wasserrosen
      Gold'ne Libellen die Flut umschwirren!
Bald wohl noch schöner, wenn erst von Meer zu Meer
      Die Wasser fluten, – und wo die Gärten blüh'n
      Und Saaten wogen, leisen Fluges
      Mächtige Panzer vorübergleiten!
Doch allzu fern nicht schweife der frohe Blick!
      Noch eine Perle schmückt dich, geliebte Stadt,
      Wie schöner kaum auf weiter Erde
      Eine das schäumende Meer geboren!
Das Waldgelände mein' ich im Villenschmuck,
      Von dir gen Norden bis an die Bucht der Wik, –
      Dein Düsternbrook, um dessen Schöne
      Städte der herrlichsten Pracht dich neiden!
Mir in Erinn'rung grünet ein Frühlingstag
      So schön, wie dieser, – da aus dem frischen Wald'
      Am Morgen das Gefährt den Kaiser
      Trug durch die sonnigen Roggenfelder. –
Bald dumpf herüber hallte der ferne Schuß, –
      Gescheh'n die Weihe! – Und in die Stadt zurück
      Trug ihn das Schiff, – und unvergeßlich
      Bleibt uns im Herzen, was wir gesehen!
Dann Weh und Trübsal, – und in der Brust das Leid
      Auch dir, mein Kiel, – und tränenumdunkelt dir
      Das sonst so helle Aug' der Freude! –
      Ach, wie so viel in dem einen Jahre
Verlor Alldeutschland! – – Aber dieselbe Hand,
      Die schlägt und beugt uns, richtet auch wieder auf, –
      Und nach dem Schmerz' die neue Freude
      Rosenbekränzt und mit vollen Händen! 
Zwei Kaiser starben; – aber es ließ uns Gott
      Zwei Kaisersöhne! – Brüder, die mutbeseelt
      In voller Kraft und Jugendfrische
      Reichten dem trauernden Volk' die Hände!
Gar groß der eine! – Nun auf der Väter Thron
      Alldeutschlands Kaiser, – herrscht er und wird geliebt
      Von seinem Volk' wie seine Väter,
      Wieder uns werdend, was die uns waren!
Und hohen Hauptes trägt er die schwere Last
      Der Doppelkrone, – trägt er mit starker Hand
      Das Doppelszepter, seinem Volke
      Sichernd des goldenen Friedens Segen!
Und voller Jubel hast du begrüßt ihn hier
      Als Gast des Bruders! – Und wo dein teurer Prinz
      Sein Heim gegründet, Glück und Freude
      Ließen die Götter darauf hernieder!
Und nun die Zeit ging, welcher beschieden war
      Das Kleid der Trauer, – schmückt dich ein neu Gewand
      Smaragdengrün, durchwirkt mit Blumen,
      Liebliche Stadt du am Ostseestrande!
Und so begrüß' ich heute dich froh bewegt
      Mit meinem Liede, dankend dir, Kilia,
      Die für das Recht des schönen Landes
      Einst du so mutig den Schild erhoben!
Mir in Erinn'rung grünet ein Frühlingstag,
      Wo durch das Land hin brauste der Freiheit Ruf,
      Und in der Märznacht schwarz-rot-golden
      Aufging die leuchtende Wunderblume!
Frei Schleswig-Holstein! – Herrlich in ihrer Pracht
      Alldeutschlands Größe! – Blühend du, schöne Stadt!
      Und ob des alten Schlosses Zinnen
      Rauschet der Adler der Hohenzollern! 
Frau Kilia am Ostseestrand',
      Dies Lied sei dir gesungen,
      Du schönste Stadt im Holstenland',
      Von deinen Kieler Jungen!
      Wie weit wir schauen hin und her.
      Auch wo die Musen wohnen,
      Wie dich gibt's keine zweite mehr
      Im Reiche der Teutonen!
Wie schön an deinen Ufern steh'n
      Die hohen Buchenwälder!
      Wie lieblich bist du anzuseh'n
      Im Kranz' der grünen Felder!
      Doch was an deines Busens Pracht,
      Zur Lust dem Meeresgotte,
      Viel schöner noch dich hat gemacht
      Das ist die deutsche Flotte!
Nun rauscht der Hohenzollernaar
      Von deines Schlosses Zinnen!
      Und was ein Traum so lange war,
      Ging froh erfüllt von hinnen!
      O, Macht zu Land', – o, Macht zur See,
      Im Schmuck' der Lorbeerreiser!
      Alldeutschland auf der Ruhmeshöh'!
      Gott segne unsern Kaiser!
Und dir am grünen Ostseestrand',
      Du Liebliche, du Hehre,
      Wo sich gereicht die Schwesterhand
      Die beiden deutschen Meere,
      Und wo für Schleswig-Holstein ja
      Der Weckruf einst erklungen,
      Ein Vivat dir, Frau Kilia,
      Von deinen Kieler Jungen!
Komp.:1. u. 4.st. v. Cornelius Gurlitt, desgl. 1.st. v, Cl. Serpenthien.
Kiel, im Schmuck' der grünen Borden,
      Saatenreich und waldumsäumt,
      Schöne Stadt in Deutschlands Norden,
      Wo der Ostsee Woge schäumt,
      Du in deiner vollen Schöne,
      Deiner stolzen Flotte Pracht,
      Stadt der frohen Musensöhne,
      Dieser Gruß sei dir gebracht!
Froh gedenken wir der Stunde,
      Wogender Begeist'rung voll,
      Wo dem Land' aus deinem Munde
      Laut der Weckruf einst erscholl!
      Und in jener Nacht des Märzen,
      Kühn entgegen der Gefahr,
      Siegesmut in aller Herzen,
      Zog die kleine Kämpferschar!
Nun von deines Schlosses Turme
      Weht der Hohenzollernaar,
      Der in manchem schweren Sturme
      Deutschlands Hort und Retter war!
      Und nicht ferne, dir zu Füßen,
      Von der Kaiser Hand geweiht,
      Wo sich Nord- und Ostsee grüßen,
      Welch ein Denkmal großer Zeit!
Dieses Lied soll nicht verklingen,
      Dir gesungen voller Lust,
      Eh' wir unsern Wunsch dir bringen,
      Treu gehegt in aller Brust:
      Mög'st du blühen und gedeihen,
      So wie heute immerzu,
      Nun wir unsern Sang dir weihen,
      Schleswig-Holsteins Perle, du! 
O Frühling! Frühling! welche Pracht,
      Die nun dem Aug' entgegenlacht!
      Nach hartem Kampf' und schwerer Zeit
      Auf Erden, welche Herrlichkeit!
      Du Paradies für groß und klein,
      Nun sollst du meine Freude sein!
So war es nicht das letzte Mal,
      Da zog dir über Berg und Tal
      Gewitterschwüle still voraus
      Und bracht die Sorge Haus bei Haus
      Um Weib und Kind, um Hab und Gut, –
      Wer hatte da zur Freude Mut?
Nun lieg' ich unterm Apfelbaum',
      Und alles ist mir wie ein Traum,
      Ein kurzer Traum, darüber heut'
      Der goldne Tag die Blüten streut.
      Wie konnt' es doch so schnell gescheh'n?
      O, welch ein fröhlich Wiederseh'n!
Sei mir gegrüßt viel tausendmal
      Mit deinen Freuden ohne Zahl!
      Im Maiengrün und Sonnengold,
      Wie lächelst du so wonnehold!
      Wie füllest du die Seele ganz
      Mit deiner Schönheit Pracht und Glanz!
Und Lieder, Lieder überall,
      Und Liebeslust und Jubelschall!
      Kann das die Erde schon verleih'n,
      Wie muß es schön im Himmel sein!
      Es ist, als wär' es Ostern heut'
      Und nichts als Auferstehungsfreud'.
 Du machst ja auch den Hügel grün
      Und läßt darauf die Blumen blüh'n,
      Daß sie uns bringen Trost im Leid,
      Es währt ja alles seine Zeit,
      Und jede kleine Blume spricht:
      Ich soll dich grüßen, weine nicht!
O, Frühling! Frühling! welche Zeit
      Voll Trost und Hoffnung, Fried' und Freud'!
      Noch ist mir alles wie ein Traum;
      Hier unterm Baum' voll Blütenschaum
      Hab' ich dein erstes Grün geküßt;
      Sei mir gegrüßt! sei mir gegrüßt!
Und gehst auch du nach kurzer Frist –
      Es bleibt ja keiner, wo er ist,
      Unwandelbar ist Gott allein: –
      Wir werden wie die Blumen sein,
      Wie Blumen werden wir vergeh'n –
      Und wie die Blumen aufersteh'n!
Sing' immerfort
      Am Himmel dort,
      Im Blau und Sonnenschein!
      Du atmest Lust
      An Frühlings Brust
      In Gottes heil'ger Nähe;
      Und singst sie von der Höhe
      Auch mir ins Herz hinein.
Nach Winters Nacht
      Des Lenzes Pracht
      Aufs neue uns beschert.
      Mit Blumen hold, 
      Mit Grün und Gold
      Umarmt die Welt er wieder,
      O, das ist wohl der Lieder,
      Der schönsten Lieder wert!
Drum schmett're nur
      Auf Hain und Flur
      Dein Lied aus hoher Luft!
      Der Mensch allein
      Sollt' sich nicht freu'n!?
      Ich lausche deinem Klange,
      Bis mich auch zum Gesange
      Der Freude Wonne ruft!
Komp.: 1-st. v. L. W. Prase.
Es war ein heit'rer Frühlingsmorgen.
      Und lächelnd prangten Flur und Feld;
      Da ging ich still, das Herz voll Sorgen,
      Hinaus in Gottes schöne Welt.
Ich hatte wohl gekämpft, gelitten,
      Ich hatt' gerungen mit der Not',
      Ich wollte hadern, wollte bitten
      Den lieben Gott um meinen Tod.
Da lag die Schöpfung, – sanft ergossen
      Zog über sie der Morgen hin,
      Und ringsumher, vom Licht' durchflossen,
      Erglänzte das betaute Grün.
Es gaukelte um frische Rosen
      Aus off'nem Kelch' der süße Duft,
      Und tausend Blumen sah ich kosen
      Mit Sonnenlicht und Morgenluft;
 Und lustig flogen auf und nieder
      Die kleinen Vöglein allzumal:
      Unzählig' süße Morgenlieder
      Durchschmetterten das große All.
Da war's – o, wunderbare Weise!
      Als schwebten Engel durch die Flur;
      Als hätte sich zum Tempel leise
      Um mich gestaltet die Natur.
Da ward so wohl, so wohl mir wieder,
      Als müßt' es all vergessen sein!
      Und auf die Kniee sank ich nieder
      Und stimmte in den Jubel ein.
Gesündigt hatt' ich, weil vermessen
      Ich haderte, – vergib o Gott!
      Daß ich so tief mich schon vergessen,
      So früh mir schon gewünscht den Tod.
Liebliche Rose, nun du erwacht,
      Sollten, froh dich zu grüßen,
      Rings Maiglöckchen in frischer Pracht
      Dir erblühen zu Füßen,
Leuchtende Feen im weißen Kleid'
      Dich mit Weihrauch umkosen,
      Wär' dahin nicht die Lilienzeit,
      Wann die Zeit kommt der Rosen.
Doch auch hierin das Auge sieht
      Deiner Hoheit ein Zeichen:
      Liebliche Rose, nun du erblüht,
      Mußten die Lilien dir weichen!
Süße, jugendliche Wonne
      Schwellt den Busen mir mit Macht,
      Wenn die gold'ne Morgensonne
      Über Berg und Täler lacht,
      Wenn Aurorens Purpurschimmer
      Auf der grüngewirkten Au',
      In der Blumen buntem Flimmer
      Spiegelt sich im Silbertau.
Durch des Haines Tiefen schallet
      Philomelens Frühgesang,
      Das Geflöt der Drossel hallet
      Und des Lerchentrillers Klang.
      In der hohen Buchenlaube,
      Unter dunklem Blätterdach'
      Kurrt die alte Muttertaube
      Ihre kleinen Jungen wach.
Wo die hohe, stolze Eiche
      Wölbt der Zweige schützend Dach,
      Plätschert im kristall'nen Teiche
      Fischlein seiner Nahrung nach,
      Hascht die Schwalb' mit schnellen Schwingen
      Mücken hier und Käfer dort,
      Zirpen Grillen froh und springen
      Rasch von Blum' auf Blume fort.
Weiße Blüten seh' ich kosen
      Mit dem Morgenstrahl', es spielt
      Ambraduft um dunkle Rosen,
      Die der Hauch des Zephyrs kühlt.
      Schmetterling und Bien' umfliegen
      Blumen, duft- und honigreich,
      Und verliebte Vögel wiegen
      Sich auf jedem Blütenzweig'! – 
Horch! der Kirche Glocken rufen
      Laut ins Gotteshaus hinein,
      Und zu des Altares Stufen
      Wallt es hin in langen Reih'n.
      Aus den offnen Kirchenhallen
      Tönt melodischer Gesang,
      Und die Orgelklänge schallen
      Zu des Liebes Feierklang.
Ja, wenn solch ein gold'ner Morgen
      Uns're Erde froh begrüßt,
      Wenn so stille und verborgen
      Feier sich ins Herz ergießt,
      Wenn so alles jubelt Freude
      In der herrlichen Natur
      Und im bunten Feierkleide
      Liebe predigt Wald und Flur:
Dann, dann schwinden meine Schmerzen
      Fern in dunkle Nacht zurück,
      Und mit kindlich reinem Herzen
      Fühl' ich dann mein ganzes Glück!
      Eil' hinaus in Gottes Tempel,
      Wo sich Blatt und Blüte liebt,
      Und wo Andacht mir den Stempel
      Meiner Kindheit wiedergibt!
      Mondschein-Abend.
Alle Müden
      Ruh'n in Frieden,
      Und das All umschwebt der Traum.
      An des Himmels blauem Bogen
      Kommt der Mond daher gezogen
      Durch der Wolke Silbersaum. 
Tausend Sterne
      Aus der Ferne
      Senden ihren Silberstrahl;
      Freundlich grüßen sie die Erde,
      Daß ihr sanfter Schlummer werde
      Nach des Tages Müh' und Qual.
Ambradüfte
      Fächeln Lüfte,
      Wo Violen schimmernd blüh'n,
      Wo aus weiter Himmelsferne
      Hier der Mond und dort die Sterne
      Blicken durch der Blätter Grün.
Nebel wallen,
      Tränen fallen,
      Die der Himmel weint vor Lust, –
      Bis zum hellen Morgen hangen,
      Von der Blume aufgefangen,
      Schimmernd sie an ihrer Brust.
Flüsternd neigen
      Auf den Zweigen
      Sich im Traum' die Vögelein.
      Zu des Friedens Stille schallen
      Melodie'n der Nachtigallen
      Fern her aus dem dunklen Hain'.
Hier im Traume
      Unterm Baume,
      Melancholisch-süße Nacht,
      Laß mich schwärmen dir am Herzen,–
      Mit dem Morgen sind die Schmerzen,
      Ist die Sorge neu erwacht! - 
Alles ruht geheimer Weise,
      Und der Abend senkt die Flügel
      Von der Ferne blauem Hügel
      Engelleise
      Hinab ins Tal.
Wolken glüh'n in dunkler Röte,
      Nebeldampf umwallt die Felder;
      Fern durchhallet dunkle Wälder
      Das Geflöte
      Der Nachtigall.
Schöner Abend, laß mich schlürfen
      Deiner Andacht Seelenweide!
      Laß, o laß mich ganz die Freude
      Hauchen dürfen,
      Die dich umschwebt!
Ja, du winkst zum Himmelstraume,
      Wenn Violen duftend schimmern,
      Weiß' und rote Blüten flimmern
      Auf dem Baume,
      Der rauschend bebt.
Nahest du auf Zephyrwellen,
      O, wer könnte heim noch weilen!?
      Auf die Fluren muß ich eilen,
      Mich gesellen
      Zur dunklen Nacht.
Hell wird dann der Blick, der trübe,
      Glaube dann des Herzens Wähnen;
      Nieder knie' ich, opf're Tränen
      Gottes Liebe
      Und seiner Pracht. 
Seiner Pracht – im Blumenschimmer,
      In der Erde grünem Schleier,
      In des Frühlings Abendfeier,
      Wie im Flimmer
      Der Sternenbahn,
Seiner Lieb', der ewig reinen, –
      Daß zur Prüfungszeit gegeben
      Mir dies schöne Erdenleben,
      Daß ich – weinen
      Und – beten kann.
Süße Stille
      Bringt die müde Welt zur Ruh';
      Schläft sie sanft nach Kindes Weise,
      Kommt die Nacht und deckt sie leise
      Mit der Hülle
      Ihres Sternenmantels zu.
Näh' und Ferne
      Träumen, bis der Morgen lacht.
      Schlumm're nur; – dir darf nicht bangen,
      Liebe hält die Welt umfangen,
      Und die Sterne,
      Gottes Augen, halten Wacht.
Und sie flimmern
      Still, so weit der Himmel blaut. –
      Nachtigall im dunklen Haine
      Singt ihr Lied der Welt alleine,
      Blumen schimmern
      Bleicher, von der Nacht betaut. 
Tränen perlen
      Funkelnd durch bie Gräser hin.
      Flüsternd rauscht des Bächleins Welle
      Kräuselnd sich in Mondeshelle,
      Und die Erlen
      Tauchen leis' ihr Grün darin.
Blätter rauschen,
      Wenn des Windes Hauch sie weckt.
      Süße Düfte rings entsteigen
      Blumen, die im Traum sich neigen,
      Und es lauschen
      Vöglein überall versteckt.
Engel schweben
      Singend durch den stillen Raum.
      Wo ein Aug' noch weinen sollte,
      Wo ein Herz noch grollen wollte,
      O, da geben
      Ruh' und Frieden sie im Traum.
Müh' und Sorgen
      Nährt das Herz in seinem Wahn.
      Sollt' der Tag mir nicht mehr glühen,
      Herr, so laß mich selig ziehen
      Durch den Morgen
      Mit den Engeln himmelan.Im Kornfeld.
Sonnenglut auf gold'nem Meere.
      Bunte Blumen hin und wieder,
      Halm an Halm und Ähr' an Ähre,
      Hoch darüber Lerchenlieder. 
Segen, Segen und kein Ende!
      Wandelnd du in seiner Mitte,
      Falte zum Gebet' die Hände,
      Und gedenk' der vierten Bitte.
Komp.: 1st. v. Cl. Serpenthien.
Blasser glänzt das Grün der Saaten,
      Gold'ne Frucht die Ähre beugt;
      Halm und Korn ist wohlgeraten,
      Und was wir vom Herrn erbaten,
      Hat er gnädig dargereicht.
      Zephyr fliegt zum letzten Male
      Übers gold'ne Meer entlang,
      Küßt die Ähren trüb und bang;
      Denn auf Höhen und im Tale
      Tönt der Schnitter Jubelsang.
Seht im Schweiß' die Leute ringen!
      Fleiß zur Freude sich gesellt. –
      Wie sie hoch die Sensen schwingen,
      Ihre frohen Lieder singen,
      Wenn der letzte Schwaden fällt!
      Wie des Mähers Mädchen heiter,
      Wenn er seine Sense wetzt,
      Ihn mit frohem Lied ergötzt,
      Und der Hocker immer weiter
      Seine bunten Reihen setzt!
Zählend schon der Landmann schreitet
      Durch die Garbenfelder hin.
      Und wie sich die Aussicht weitet,
      Liegt nur Segen ausgebreitet,
      Vielfach doppelter Gewinn! 
      Schwerbepackt die großen Wagen,
      Schleppt er seine Schätze heim,
      Wie die Bien' den Honigseim.
      Und schon bald ist heimgetragen,
      Was erstand aus gold'nem Keim!
Ja, dort eilt der letzte Wagen!
      Ladet ein zu Spiel und Tanz!
      Freude, Freude! fort mit Klagen!
      Seht, die gold'nen Garben tragen
      Schon den grünen Erntekranz!
      Frische Kränze von Cyanen
      Fehlen Hut und Sense nicht;
      Doch bevor zum Tanz' ihr fliegt,
      Laß euch Gottes Güte mahnen.
      Zur Vollführung eurer Pflicht.
Dankt dem lieben Herrn vor allen,
      Der uns wieder Brot gereicht,
      Laßt ein Jubellied erschallen
      In des Himmels ferne Hallen;
      Segnend hat sich Gott gezeigt!
      O, so wollet denn geloben,
      Allezeit ihm treu zu sein!
      Und die Herzen fromm und rein,
      Richtet alle sie nach oben,
      Euer Danklied ihm zu weih'n!
      Zur Ernte.
O sieh, wie gelb das Kornfeld steht!
      Gar leise durch die Ähren geht
      Der Segen Gottes hin und her,
      Daß sie sich neigen voll und schwer.
      Fürwahr, nun hat es keine Not,
      Der liebe Gott gab wieder Brot. 
Möcht's überall so sein, wie hier!
      Bald steht der Winter vor der Tür,
      Und kommt er erst mit Eis und Schnee.
      Dann tut der Hunger doppelt weh.
      Uns bleibt er fern, – o möcht' so schön
      Doch überall der Roggen steh'n!
Nein, welch, ein Segen übers Feld!
      Als wär's mit lauter Gold bestellt.
      Was solch ein Körnlein werden kann, –
      Man sieht sich gar nicht satt daran, –
      Solch Körnlein klein in kühler Erd',
      Wenn Gott ihm nur Gedeih'n beschert.
Da liegt's und schläft, gebettet kaum,
      So kommt ein süßer Frühlingstraum,
      Und's schwellt in Wonne ihm die Brust,
      Daß es erwacht vor lauter Lust,
      Und Lerchensang und Sonnenschein,
      Die klopfen an sein Kämmerlein.
Mein Körnlein ist auch gleich parat,
      Da steht es schon im Sonntagsstaat',
      Smaragdengrün der kleine Rock,
      Das ist der rechte Frühlingsschmuck,
      Und hörst du wohl – 's ist Festtag heut' –
      Der Osterglocken froh Geläut'?
Ein fröhlich Fest nach dunkler Rast
      Im gold'nen Licht, du lieber Gast!
      Sag', kennst du wohl die vierte Bitt'? –
      Gar manche Hoffnung nahmst du mit,
      Gar manche Hoffnung trägst du noch,
      O, daß sie Gott erfülle doch!
Er hat's getan! Er gab Gedeih'n
      Im Regen und im Sonnenschein. 
      Er nährte dich mit kühlem Tau;
      Und zarte Blumen, rot und blau,
      Er pflanzte sie vor deine Tür
      Und gab sie zu Gespielen dir.
Gar oft, wenn dir im Auge hell
      Geblitzt der Freude Tränenquell.
      Des Morgens früh nach lauer Nacht
      Hab' ich dir meinen Gruß gebracht
      Und hab' gestanden und gelauscht
      Wie du im Morgenwind gerausch't.
Gar oft, als dir der Busen schwoll
      Und voll heraus die Ähre quoll,
      Hab' ich mich deiner Lust gefreut,
      Also wie deines Segens heut',
      Daß wohl mein Herz gesprochen hat:
      Gesegne dich Gott, du schöne Saat!
Und oft, als schon dein Grün verblich,
      Besucht' ich noch, wie früher, dich
      Und sah sie wogen hin und her,
      Die Halme, wie ein grünes Meer,
      Und sah im gold'nen Sonnenglüh'n
      Den Staub der Blüten drüber zieh'n.
Wie hat es Gott so wohl gemacht!
      Viel besser, als der Mensch gedacht!
      Da stehst du nun und neigst dich fast
      Zur Erde unter all der Last; –
      Geduld, die Frist ist schnell entfloh'n,
      Sie hämmern ihre Sensen schon,
Und morgen schon ist Erntetag,
      Da geht es lustig Schlag auf Schlag
      Von morgens früh bis abends spät.
      Das ist ein Fest! – es wird gemäht! 
      Und Hock' an Hocke aufgestellt
      Steh'n reihenweis' im Stoppelfeld.
Noch einmal warmer Sonnenschein,
      Und bald ist's auch ins Haus hinein!
      Die letzten Garben schmückt der Kranz,
      Spielt auf! es geht zum Erntetanz'!
      Spielt auf!– –o, nein! – ich meine nein!
      Es müßte noch was übrig sein.
Der liebe Gott gab wieder Brot,
      Fürwahr, nun hat es keine Not!
      Die Hände faltet zum Gebet',
      Und recht aus vollem Herzen fleht:
      Komm, Herr Jesus, sei unser Gast
      Und segne, was du bescheret hast!
      Die Fliege.
Sei unbesorgt, du kleines Tier,
      Ich habe keine Klatsche hier,
      Auch hab' ich dir kein Gift gestellt;
      Dies Stübchen ist ja deine Welt,
      Und was dir Gott, der Herr, verlieh'n,
      Wie könnt' ich's herzlos dir entziehn!
Du hast auch außerdem nicht viel.
      Bist oft der bösen Buben Spiel.
      Sie nehmen dir die Flügelein
      Und martern dich mit Höllenpein;
      O, fühlten sie nur mal den Schmerz,
      Sie quälten Wohl kein Tier zum Scherz'!
Ja, Feinde hinten, Feinde vorn!
      Neuntöter spießt dich auf den Dorn,
      Grasmücke hascht dich von der Wand,
      Ihr Netz die böse Spinne spannt, 
      Selbst Karo, der doch sonst so faul,
      Wie rührt er flugs nach dir das Maul!
Sei unbesorgt, – hier hast du Ruh;
      Gern sah ich eurem Spiele zu.
      Wie lustig ihr durch's Zimmer streift
      Und summend euch im Fluge greift!
      So spielten früher mit Geschick
      Wir Kinder auch und nannten's »Tick«.
Und stets so rein und säuberlich!
      Wie putzt du dich, wie stutzt du dich!
      Die kleinen Beinchen hin und her
      Und übers Köpfchen kreuz und quer!
      Hier seh' es mal die Reinlichkeit
      Das Kind, das noch beim Waschen schreit!
Und wie du kletterst, ei so schlank,
      Am Fenster und am Spiegel blank!
      Gar oben an der Decke stehst
      Und auf dem Kopf spazieren gehst!
      Ein solches Kunststück sah man doch
      Fürwahr in keinem Zirkus noch!
Auch weiß ich ja das Glück bei mir,
      Behalt' ich dich den Winter hier.
      Denn Wohltun üben immer frommt,
      Wer andern gibt, – von Gott bekommt,
      Und wär's am Geben nur die Freud',
      Schon das ist eine Seligkeit!
Genug des Lobes! – ist dir nun
      Um meinen Tadel auch zu tun,
      So fang' ich gleich beim schlimmsten an;
      Zu Zeiten bist du ein Tyrann,
      Ein wahrer kleiner Quälgeist du,
      Läßt Weber Mensch noch Tier in Ruh'. 
Oft, wenn ich schläfrig war und müd',
      Warst du der wahre Störenfried;
      Besonders bei der Mittagsruhe
      Da quältest du mich immerzu
      Und brummtest überdies ins Ohr
      Mir deine Gassenhauer vor.
Gar häßlich ist auch deine Spur,
      Sind's gleich so kleine.....Punkte nur,
      Naschhaftig steckst du auch den Kopf
      Nur gar zu gern in jeden Topf!
      Und dann die Neugier! – merk' dir das!
      Zum Beispiel jetzt beim Tintenfaß!
Gleich sitzt du drauf und guckst hinein
      Und denkst: was mag wohl drinnen sein?
      Da scheint nicht Sonne und nicht Mond,
      Ein schwarzer Kobold unten wohnt;
      Und siehst nicht, wie er grinst und droht?
      Entflieh! – das ist der schwarze Tod!
Nun, sagt' ich's nicht? – wärst du entfloh'nl
      Plumps! – liegst du in der Tinte schon!
      Nun ist's mit meinem Dichten aus; –
      Da hast die Feder, – kriech' heraus
      Und nimm dich künftig mehr in acht.
      Wenn einer dir ein Liedchen macht!
Herbstlicher Tage
      Wechseln und Schwanken!
      Fallende Blatter. –
      Sterbegedanken! 
Blühende Aster,
      Leuchtende Sterne!
      Grüßend die Brüder
      In himmlischer Ferne!
All der Freuden keine mehr,
      Was noch zu erwarten?
      Liederarm und blumenleer
      Feld und Wald und Garten.
Müde, was erwachte kaum,
      Sturm und Regenwetter,
      Und herab von Strauch und Baum
      Flattern schon die Blätter.
Kommen, – blühen – und verblüh'n,
      Kurzes Erdenwallen!
      Aber auch kein neues Grün,
      Eh' das Laub gefallen!
Komp.: 1.st. v. Cl. Serpenthien.
Kein Jubel, keine lauten Lieder,
      Als ob es Sabbatsstille wär';
      Zum Schlummer legt das All sich nieder.
      Und Gottesfriede ringsumher.
Das Grün erblich, und stiller Weise
      Mußt' sich die Blum' dem Tode weih'n
      Und mußt' im Sterben leise, leise
      Den Samen selbst aufs Grab sich streu'n. 
Das ist kein Trauern, sind nicht Schmerzen,
      Wenn still der Tod das All durchzieht;
      Die Hoffnung raubt man keinem Herzen,
      Daß, was da blüte, wieder blüt!
O Trost, wenn Menschen scheiden müssen,
      Tritt wohl der Friedensengel ein! –
      Süß soll er uns die Stirne küssen,
      Und hoffnungsfroh das Scheiden sein!
      Melancholie
Die Vöglein flüstern und lauschen;
      Kein Menschenauge mehr wacht.
      Es stürmt, – und die Baume rauschen,
      Und schaurig ist die Nacht.
Vom Regenwetter gefeuchtet,
      Sind Blätter und Blüten naß,
      Drauf schimmernd hernieder leuchtet
      Der Vollmond, still und blaß.
Und Wolken jagen und treiben,
      Hoch auf sich türmend mit Macht;
      Ich möchte draußen bleiben,
      Wohl bleiben die ganze Nacht.
Ich möchte sinnen und denken
      In leisen Träumen an sie
      Und all mein Leid versenken
      In die süße Melancholie! 
O sanfter Friede, leises Sterben!
      Wenn bleich und siech das All erscheint,
      Wenn Grün und Blüte sich entfärben,
      Und wenn der Himmel leise weint.
Der Himmel weint um seine Kinder
      Und um des Frühlings kurze Lust,
      Er weinet leis' den Tau der Träne
      Der bleichen Blume auf die Brust.
Die Nachtigall hat ausgeschlagen;
      Es war ihr letztes Trauerlied
      Um die geliebte, kleine Blume,
      Von der so wehmutsschwer sie schied.
Ringsum des Todes stilles Werben,
      Der nun die Erde küssen will,
      O, könnt' ich wie die Blume sterben,
      So süß beweint, so sanft und still!
Es braust der Sturm, – der Wolken dunkles Heer
      Läßt rauschend seine Flut zur Erde fallen;
      Die Blumen, – ach, die Blumen sind nicht mehr!
      Bleich ist das Grün, und keine Lieder schallen.
O, Herbstgefühl, das schaurig mich durchbebt!
      Bald schweigt das Herz, das doch so laut geschlagen;
      Was heute fröhlich noch gelacht, gelebt,
      Wird morgen oft schon still hinausgetragen.
Wie Grün und Blüten welkt der Mensch dahin;
      Ein Kommen ist das Leben und ein Wandern. 
      Die Stunden eilen, – und die Jahre flieh'n –
      Und keiner ist, der wüßte von dem andern.
Und keiner denket dessen mehr, der schied,
      Vergessen ist er, – und verstummt die Lieder;
      Der Sturmwind nur pfeift noch sein schaurig Lied,
      Und auf den Hügeln weint der Regen nieder.
Draußen streut der Winter Flocken,
      Hüllt darin die Erde leis',
      Und ein Knab' mit dunklen Locken
      Hascht die Flocken silberweiß.
Frische Rosen auf den Wangen,
      Laute Lust im Angesicht,
      Und um seine Locken hangen
      Sich die Flocken hell und dicht.
Knabe, Knabe mit den Locken,
      Wie im Fluge kommt die Zeit,
      Wo ins dunk'le Haar die Flocken
      Dir ein andrer Winter streut.
Blüh'n an deinem Fenster die Blumen von Eis,
      Denkst der Tiere du nicht?
      Der Tiere du nicht? – o, der Hunger ist heiß!
      Und noch größerer Pflicht? – 
Ja, noch größerer Pflicht! – hilf nicht Tieren allem!
      Ob auch dankbar das Tier; –
      O, der Mensch, o, der Mensch, wie viel mehr wird er's sein,
      Kommt ihm Hilfe von dir!
Blüh'n an deinem Fenster die Blumen von Eis,
      Still' des Hungernden Schmerz!
      Und gib Acht, ja, gib Acht, – deiner Liebe zum Preis!
      Wie dir wird ums Herz!
Sieh, ein freundlicher Strahl nur aus himmlischen Höh'n
      Auf dein Fenster so sacht', –
      Und durch Tranen wirst du und Blumen seh'n
      In des Winters Pracht!Blumen im Winter
Starret in des Frostes Bann,
      Was da blüte dir zu Füßen,
      Warum läßt der Winter dann
      Blumen wohl am Fenster sprießen?
Daß du froh in ihrer Näh'
      Dich erinnerst, wie im Garten
      Ihre Schwestern unterm Schnee
      All' schon auf den Frühling warten.
Komp.: 1 st v. Cl. Serpenthien, desgl. 1 st v. Th. Stoltenberg
Schön, ja schön ist's in der Nacht,
      Wenn die gold'nen Sterne flimmern,
      Und nur Gottes Auge wacht.
      Schön, ja schön ist's in der Nacht, 
Wenn in blendend weißer Pracht
      Duftende Violen schimmern.
      Schön, ja schön ist's in der Nacht,
      Wenn die gold'nen Sterne flimmern.
Komp.: 2-st. v. Cl. Serpenthien.
Hier hab' ich Ruh' fürs Herz gefunden,
      Dem selten die Erquickung lacht;
      Hier bin ich frei und ungebunden!
      Seid mir willkommen, heil'ge Stunden
      Der stillen, dunklen Mitternacht!
      Rings ruht der Erde wildes Wogen,
      Kein lebend Wesen regt sich mehr,
      Und dort am großen Himmelsbogen,
      Vom dunklen Blau der Nacht umzogen,
      Steht leuchtend Gottes Sternenheer!
Seid mir gegrüßt, ihr gold'nen Sterne,
      Gefährten ihr der sanften Nacht!
      Ihr Wunder all der weiten Ferne,
      Des Sängers Auge blickt so gerne
      Hinauf zu eurer Zauberpracht!
      Ihr bringt nach Tages Müh' und Sorgen
      Dem Schwergeplagten süße Ruh',
      Ihr seh't, was still die Nacht verborgen,
      Und strahlet bis zum hellen Morgen
      Der armen Erde Liebe zu!
Ja, seid gegrüßt, ihr Millionen,
      Als Zeugen einer schönern Welt!
      Wo ihr den ew'gen Gott seht thronen,
      Und wo die Geister aller wohnen,
      Die hier das Grab umfangen hält! 
      Es soll kein Menschenherz verzagen,
      Wie viel es Liebes auch verlor!
      Soll glaubensfroh sein Schicksal tragen.
      Die Millionen Sterne sagen:
      Hier, hier ist deiner Heimat Tor!
Komp.: 4 st. v. Em. Baldamus
Ich war noch rege, war noch wach,
      Vom süßen Schlummer fern,
      Ich schaute in die dunkle Nacht
      Und staunte an der Sterne Pracht
      Und betete zum Herrn.
Und betete den Kummer fort,
      Der in die Nacht mich stieß,
      Da war's, als ob zu jedem Wort'
      Ein jedes gold'ne Sternlein dort
      Den Segen niederließ.
Da war's so wonnig mir, so süß.
      So traulich ganz allein,
      Da war's, als ob ein Paradies
      Sich ringsumher herniederließ
      Voll lieber Engelein.
Und als ich wandte mich zurück,
      Verschwunden war der Schmerz;
      Des ganzen Himmels süßes Glück
      War durch der Sterne Silberblick
      Mir tief gehaucht ins Herz! –
Wenn dir das Herz im Kummer bricht,
      O, blick' hinauf zur Ferne
      Und sei nur still und weine nicht!
      Die Nacht hat ihre Sterne.
Und jeder glüht voll lichter Pracht
      Dir in das Herz, das trübe,
      Durch deines Lebens dunkle Nacht
      Als Vateraug' der Liebe.
Und nach der Nacht das Morgenrot,
      Und nach dem Sturm die Stille!
      Ein Friedensengel ist der Tod
      Und Segen Gottes Wille.
Und muß es denn geschieden sein,
      Dein Glück wohnt ferne, ferne;
      O, schlafe nur in Frieden ein!
      Die Nacht hat ihre Sterne.
Komp.: 4-st, v. C. W. Prase.
Hoch am Himmel, hell und hehr,
      Doch in unermess'ner Ferne,
      Leuchten uns im Äthermeer'
      Gottes Sterne.
Manch ein Sehnen richtet leis',
      Ruht des Lebens wirr Gewimmel,
      Aus der Erde dunklem Kreis
      Sich zum Himmel. – 
      Warum blicken wir so fern,
      Hoffend, daß es besser werde?
      Ist und bleibt nicht auch ein Stern
      Uns're Erde?
Auch ein Stern in dunkler Nacht?
      Tue recht und scheue keinen! –
      Freue dich an seiner Pracht,
      Laß das Weinen!
Keiner weiß, was dort für Leid;
      Trag' getrost der Erde Schmerzen,
      Und den Stern der Seligkeit
      Such' im Herzen!
Treuliebend will ich diese Scholle pflegen,
      Hier will ich Rosen auf die Erde streun,
      Mein Blumenbeet soll dieser Hügel sein.
      Darauf es blüh' im Sonnenschein und Regen.
Und um dies Kreuz will ich die Arme legen,
      Mit heißen Tränen netzen diesen Stein;
      O Vaterherz, auch so noch sei du mein!
      Und mein sei deiner Liebe reicher Segen!
Und wenn den Stab hinlegend, ich das Bette
      Zum stillen Schlaf mir such', – an dieser Stelle
      Will betend ich die Hände wieder falten.
Zum Vaterhause ward die teure Stätte;
      Ein müder Wand'rer, über seine Schwelle
      Will sehnsuchtsfroh ich meine Einkehr halten. 
O, zage nicht, was auch dem Herz
      Erdulden muß und leiden!
      Hienieden sind ja Freud' und Schmerz
      Ein Kommen nur und Scheiden.
Rasch ändern unter Lust und Leid
      Sich wechselnd uns're Lose,
      Und, wo geweint die Träne heut',
      Blüht morgen eine Rose.
Was klagst du, Freund, wenn das Geschick
      Die Hoffnung dir zertrümmert,
      Und wenn dem nachtumflorten Blick'
      Kein Rettungsstern mehr schimmert!?
Was stehst du da an dunkler Gruft
      Und senkst die Augen, nieder!?
      Kein Bangen und kein Flehen ruft
      Sie aus dem Grabe wieder.
O, sei getrost und zage nicht,
      Und lasse nur das Weinen!
      Die ganze, schöne Schöpfung spricht:
      Der Vater hilft den Seinen.
Das Vöglein im Gebüsche singt
      Am Abend wie am Morgen:
      Derselbe, der uns Speise bringt,
      Wird auch für dich wohl sorgen.
Er gibt den Blumen ihre Pracht,
      So viel' da draußen stehen, 
      Und sollte in des Kummers Nacht
      Nicht auf uns Menschen sehen!?
Und irrtest du auch fort und fort
      Umher auf dunklen Wegen,
      Und hättest auch nicht einen Ort,
      Das müde Haupt zu legen:
Blick' nur getrost in Nacht hinaus
      Und sieh die Sterne brennen!
      Da droben ist ein Vaterhaus,
      Wo alle bleiben können!
Schleicht auch fern gar oft das Sehnen
      Nach der Heimat dir ins Herz,
      Tröste dich und laß die Tränen!
      Immer währt ja nicht der Schmerz.
Blüten schwinden, Knospen treiben,
      Ewig löst der Wechsel ab;
      Unstät ist des Menschen Bleiben
      Von der Wiege bis ans Grab.
Mag dir auch die Ferne rauben
      Manche Freude, manche Lust,
      Kannst du hoffen, lieben, glauben,
      Weilt die Heimat in der Brust.
Komp. 4-st. v. E.W.Prase, desgl. 4-st. v. R, Hasselmann.
Eine Sprache hat das Herz:
      Was in tiefer Brust wir tragen, 
      Liebe, Wehmut, Lust und Schmerz,
      Ohne Worte doch zu sagen.
Sei es in dem höchsten Glück',
      Sei es in den tiefsten Leiden,
      Sagen kann ein einz'ger Blick,
      Was in Worte nicht zu kleiden.
Ach, zu oft nur trügt der Schein,
      Willst du Menschen recht verstehen:
      In die Augen schau' hinein,
      Und du hast ins – Herz gesehen!
Mit den andern willst du wandern,
      Wandern in die weite Welt?
      Weil es dir, sowie den andern,
      Länger nicht daheim gefällt?
Weil von all den vielen Stätten
      Keine dir beschert das Los,
      Wo das müde Haupt du betten
      Könntest in der Erde Schoß?
Weil kein Herze du erworben,
      Keines, das du dein genannt?
      Weil die Eltern dir gestorben,
      Und die Menschen dich verkannt?
Weil man dich geschmäht, gescholten.
      Weil man dich so tief betrübt?
      Weil man dir mit Haß vergolten,
      Wo du heiß und treu geliebt? 
      Zieh mit Gott und Gottes Segen!
      Sein ist dort wie hier die Welt!
      Aller Orten, aller Wegen
      Scheint die Sonne übers Feld. –
Wenn daheim auch manches bliebe,
      Was der Ferne doch gebricht,
      Laß den Glauben, laß die Liebe,
      Lasse nur die Hoffnung nicht!
Und so kann auf dieser Erden
      Dir nach all dem Herzeleid
      Dennoch eine Heimat werden,
      War' es noch so fern, so weit!
O, klage nicht, o, zage nicht!
      Mag noch so schwer dein Leid auch scheinen;
      Hast du getreu der Menschenpflicht
      Genug getan, – was dann zu weinen?
Geh' hin und sieh der andern Schmerz,
      Und willst du nach dem Kummer fragen,
      Du triffst wohl manch ein Menschenherz,
      Das mehr noch hat als du zu tragen.
Die Welt ist groß, – nur frisch hinein!
      Dem Manne ziemt ein männlich Ringen;
      Es kann das Leid nicht ewig sein,
      Und jeder Schmerz läßt sich bezwingen.
Und wär' dem Herzen noch so bang
      In seinem Weh auf dieser Erden,
      Und wär' der Winter noch so lang,
      Es muß doch einmal Frühling werden! 
O, klage nicht, o, zage nicht!
      Er wird mit seinen vielen Gaben
      Für dich wohl auch ein froh Gesicht
      Und eine Blume wieder haben.
Und wenn er lächelnd dann erscheint,
      Wird all dem Gram von dannen ziehen,
      Und wo die Tränen du geweint,
      Da werden seine Rosen blühen.
Komp.: 1 st. v. C. W. Prase.
O, sei nicht herzlos, sei nicht kalt,
      So oft du and´re weinen siehst;
      Wer weiß, wie unverhofft, wie bald
      Auch dir das Auge überfließt.
Und wenn du dann verlassen bist,
      Und wenn der Schmerz im Busen wühlt
      Und nicht ein Herz voll Liebe ist,
      Daß dir die Glut der Tränen kühlt:
Dann klagst du laut die Menschen an.
      Die große Welt, so liebeleer,
      Und fühlst, wie einst du selbst getan,
      Und alles wird dir doppelt schwer.
Den Armen halte lieb und wert,
      Und gib von allem gern, was dein;
      Oft in Gestalt des Armen kehrt
      Ein Engel Gottes bei uns ein.
Und stößt du nicht ihn kalt zurück
      Und nimmst dich freundlich seiner an,
      Du fühlst es bald, welch süßes Glück
      Ein Armer auch gewähren kann. 
O, sei nicht herzlos, sei nicht kalt,
      So oft du and're weinen siehst;
      Wer weiß, wie unverhofft, wie bald
      Auch dir das Auge überfließt.
Wer weiß, wie bald, wer weiß, wie bald,
      Sich deines Lebens Fackel neigt,
      Und in der Erde, tief und kalt.
      Das Herz, das lieben wollte, – schweigt!
Schwerfällig sind wir und ungeschlacht, –
      Des Kleinen hab' und des Feinen wohl acht!
      Da wollt' ich mich bücken,
      Eine Blume zu pflücken,
      Und mußt' zum Verdruß
      Mit dem plumpen Fuß'
      Zugleich ein Bienchen im Grase erdrücken.
Daß mir's passiert! – mich dünkte gar,
      Als wenn's mir noch im Tode fluchte.
      Vielleicht, daß aus der großen Schar
      Es just eine kleine Biene war,
      Die Honig für meine Kinder suchte.
Du wünschest wohl die Zeit heran,
      Auf die dein Herz in Freuden hofft,
      Und zählst, wie lang es währen kann,
      Bis daß sie kommt, die Stunden oft;
Und ist sie da, – so war's doch nur
      Ein Augenblick, der, bis er kam,
      Mit jedem Ticktack deiner Uhr
      Ein Stück von deinem Leben nahm. 
Wie manche Nacht, wie manche
      Hab' träumend ich durchwacht!
      Es währt wohl nimmer lange,
      Da wird ein End' gemacht. –
O, Kunst, du heil'ge, hohe,
      Mich fesselt deine Hand!
      Und ach, in deiner Lohe
      Wie bald bin ich verbrannt!
Wo du auch weilst, weilt einer mit
      Und geht mit dir von statten
      Es folget dir auf Schritt und Tritt
      Ein dunkles Bild, – dein Schatten.
Es mahnt dich still, wie klein die Frist,
      Wie kurz dein Erdenwallen,
      Wie bald du seinesgleichen bist,
      Dem Schattenreich verfallen.
Die Guten halten es mit Gott,
      Die Bösen halten's mit dem Teufel, –
      Du, halt' dich fern von jedem Spott',
      So oft dich übermannt der Zweifel.
Ob ein Gericht, ob kein Gericht,
      Ob ew'ger Tod, ob Auferstehen:
      Tu' du, was dein Gewissen spricht,
      Und laß die Welt in Trümmer gehen. 
Wie viel' auch deiner Feinde sind,
      Wie wenig du errungen dir, –
      Weil du ein gottbegnadet Kind,
      Obsiegst du allem, glaub' es mir!
Die Perle zeigt erst ihren Glanz,
      Wenn hin die Hülle, die sie barg,
      Und bot die Welt dir keinen Kranz,
      Dir legt der Tod ihn auf den Sarg.
Einen Rat, – verzeih' es mir,
      Wenn ich den erteile dir:
      Will's die Feder nicht mehr tun,
      Laß sie ruh'n,
      Daß nicht eigne Hand am Ende
      Deinen guten Namen schände!
Nimm den Becher nicht vom Munde,
      Lächelt dir ein süßes Glück!
      Schneller als die flücht'ge Stunde
      Ist der kurze Augenblick.
Stets ein neuer dein Begleiter,
      Führt er dich durch Freud' und Leid, –
      Und so flutet rastlos weiter
      Über dich das Meer der Zeit. 
Es schwebt ein gold'ner Schmetterling
      Im Blumenreich' der Töne,
      Ihm huldiget der Erdenring
      Und freut sich seiner Schöne!
      Wir halten hoch das Glas, das Glas
      Und bringen das
      Der lieblichen Sylphide:
      Dem Liede!
Es flammt aus einer süßen Flut,
      Die jedem Sänger teuer,
      Nicht minder des Rubines Glut,
      Wie des Demanten Feuer!
      Wir halten hoch das Glas, das Glas
      Und bringen das
      Dem flüss'gen Edelsteine:
      Dem Weine!
Es gibt ein holdes Dornröslein,
      So blüht im Menschenherzen,
      Und das im Sturm', wie Sonnenschein
      Ihm schafft viel Lust und Schmerzen!
      Wir halten hoch das Glas, das Glas
      Und bringen das
      Dem schönsten aller Triebe:
      Der Liebe!
Komp.: 2- u. 4-st. v. Cl. Serpenthien.
»Schick' uns zur Schwester,« flüsterten die Kleinen,
      Als ich sie auf mein Zimmer kaum getragen;
      »Warum denn nicht? du kannst doch gern es wagen,
      Das Gleiche mit dem Gleichen zu vereinen.
 Es stirbt sich leichter angesichts der Seinen.
      Kannst du die letzte Bitte uns versagen?
      Dort wollen wir um unser Los nicht klagen,
      Um unsern Tod, den frühen, nicht mehr weinen.«
Gestatte denn, daß ich zu dir sie sende,
      Die Kleinen all', – es war nicht zu vermeiden,
      Ich hätte sonst sie bitter müssen kränken.
Sie wollten gern, gepflegt durch deine Hände,
      Vom Blumenleben still und selig scheiden
      Und all ihr Herz im Duft' dir freudig schenken.
Der Rosen schönste ist die Mädchenröte;
      Ich wüßte von den vielen Rosen keine,
      Die so im süßen Schmelz wie diese eine
      Zugleich das Bild der Lieb' und Unschuld böte.
Ob ich sie brechen darf, ob ich sie töte?
      Als Jungfrau schön, wie eine sittlich Reine,
      In sanfter Röte unterm Lilienscheine,
      So steht sie da, die schönste auf dem Beete.
Und wär' in ihrem Schoße nicht gefunden
      Der Jungfrau lieblich Bild und deutlich Zeichen
      Hätt' sie zu brechen kaum mich überwunden.
Nun aber konnt' ich's frei und ungebunden,
      Ich wollte einem Mädchen ja sie reichen,
      Darnach sie heißen, dem sie alle gleichen. 
Die schönste Zeit, wir haben sie genossen,
      Wo Lieb' und Freude innig sich verbinden
      Und jedem Herzen laut den Sieg verkünden,
      Sei's noch so fest, so felsenfest verschlossen.
O, daß so früh, zum Leben kaum entsprossen,
      Der süße Frühling wieder mußte schwinden!
      Die schönsten Blumen sind nicht mehr zu finden,
      Im Traum' ist uns die Rosenzeit verflossen.
So mußte still sein junges, frisches Leben
      Ins Grab der Frühling mit den Blumen senken
      Und, uns entrückt, zum Himmel wieder schweben.
So kann ich leider keine Rosen schenken,
      Und hätt' sie dir so gerne doch gegeben,
      Dich bittend um ein freundlich Meingedenken.
Wie bist du hold, wie bist du schön
      In deiner Jugend Prangen!
      So oft dich meine Augen seh'n,
      Ist auch mein Herz gefangen.
Ich atme unter deinem Bann'
      Von süßer Lust getrieben,
      Und weil ich es nicht lassen kann,
      Muß ich dich heimlich lieben.
Und fühlt dein Herz auch nichts für mich
      Und nichts für mein Begehren,
      Ich küsse in Gedanken dich, –
      Das kannst du mir nicht wehren!
Mit des Jahres Ende
      Kommt eine neue Wende
      Der Zeit; – allein
      Mit jeder Stunde
      Und jeder Sekunde
      Wird's auch so sein;
Und die Moral:
      Füll' den Pokal,
      Sprich deinen Wunsch,
      Trink' deinen Punsch,
      Mein lieber Christ,
      Zu jeder Zeit, wenn du durstig bist.
Unreine Reime wollt ihr nicht,
      Wie eure Kritiken berichten?
      Wo bleibt dann Uhland vor eurem Gericht
      Mit seinen schönen Gedichten? –
Und Heinrich Heine – der Unsinn blüht,
      Tritt alles Reine mit den Füßen, –
      In seinem allerschönsten Lied
      Läßt er euch vielmals grüßen! –
Von Schiller und Goethe ganz abgesehn,
      Die auch ihr möglichstes taten, –
      Vor euch würden alle vier nicht bestehn,
      Und Nummero Eins wär' Herr Platen! 
Sieh hin, es geht zur Neige,
      Längst schwand des Sommers Grün,
      Entblättert stehn die Zweige,
      Der Blumen keine blüh'n,
      Verstummt ist Lust und Scherzen,
      Als müßt' es all vergeh'n,
      So kann's mit deinem Herzen
      Wohl auch einmal gescheh'n.
So kann der Winter kommen,
      Wo's Frühling im Gemüt,
      So wird dir oft genommen,
      Was kaum zur Lust erblüht;
      Da hilft kein warm Umfassen,
      Kein Weinen bang und still,
      Vielliebes mußt du lassen,
      Wenn's Gottes Liebe will.
O du, so früh geschieden,
      So innig du geliebt,
      Wie tut so weh hienieden
      Das Leid, das Scheiden gibt!
      In tiefer Grabesstille,
      Im dunklen Blumensarg
      Schlaf' wohl, du süße Hülle,
      Die uns're Freuden barg!
Schlaf' wohl nach all dem Leide,
      O du, mein Schwesterherz!
      Gott segnet ja die Freude,
      Gott segnet auch den Schmerz! 
      In Leid bist du gegangen,
      Dein Braut- ein Totenkranz;
      In Freud' bist du empfangen
      Vor Gott im Sternenglanz.
Dich darum neiden wollen?
      O nein, wir wollen's nicht!
      Nicht grämen und nicht grollen
      Um diese Nacht zum Licht'.
      Was dunkel hier auf Erden
      Und undurchschaut uns blieb,
      Einst wird es klar uns werden,
      Gott tat's ja doch zur Lieb'!
Und alles, was wir haben
      Von ihm an Freud' und Leid,
      Es sind ja seine Gaben.
      Und sein ist auch die Zeit;
      Und ist's von ihm gekommen,
      So segnen wir den Herrn,
      Auch wenn er das genommen,
      Was wir gehabt so gern!
O du, mein Herz, sei stille,
      So war's ja gar nicht dein,
      So war's ja Gottes Wille
      Und muß das Beste sein!
      So ist sein Tun nur Segen,
      Und Segen auch der Schmerz,
      Und was wir schlafen legen,
      Wir legen's ihm ans Herz!
Und mögen Tränen tauen
      Auf Seufzer bang und schwer:
      Am Dom, dem ewig blauen,
      Da prangt der Sterne Heer; 
      Blick' auf! und wo sie prangen,
      Im Licht' mit Gott vereint,
      Sollst wieder du umfangen,
      Was hier so heiß beweint.
So mag es Winter werden
      Mit dir und deinem Glück',
      Es kehrt ja doch auf Erden
      Der Lenz einmal zurück;
      Und wo die Tränen fließen
      Auf einen Hügel klein,
      Da werden Rosen sprießen
      Im Frühlingssonnenschein'!
Der Abend naht, – so will ich singen,
      Gesang erfreut des Menschen Herz.
      Es gibt das Lied der Freude Schwingen,
      Es stillt das Lied der Sehnsucht Schmerz.
      O, sei gegrüßt mir, Stern der Sterne,
      Voll Gnad' und Wahrheit von dem Herrn!
      Sei laut gegrüßt, du Licht der Ferne,
      Du lieber, süßer Weihnachtsstern!
Welch Heil durch dieses eine »Werde!«
      Und welch ein Frieden ringsumher!
      Durch diesen Stern auf dieser Erde
      Welch Licht und welch' ein Wonnemeer!
      Welch selig Nehmen, selig Spenden!
      Und welch ein Paradiesestraum
      Von Glück und Freuden aller Enden
      Auf Erden um den Weihnachtsbaum!
 Den hellen Baum, der heute leuchtet,
      Der lichten Freude strahlend Bild,
      So manches Aug' mit Tränen feuchtet,
      So manches Herz mit Wonne füllt!
      Den hellen Baum, mit dessen Zweigen,
      Umkränzt vom frischen Hoffnungsgrün,
      Die Gaben sich der Liebe neigen,
      Die heut' der heil'ge Christ verlieh'n!
Er kam, er trat in uns're Mitte,
      Er reichte seinen Segen dir;
      O, eine Bitte: in die Hütte
      Des Armen tritt nun du dafür!
      Sprich: Grüß' dich Gott! – Die Engel haben
      Mit diesem Gruß' mich hergesandt,
      Und drück' die Gaben, ihn zu laben,
      Der Bruderliebe in die Hand!
Und wo noch einer traurig bliebe,
      Und wo kein Licht, kein Kerzenschein,
      Da send' den Engel du der Liebe,
      O Herr, ihm in sein Kämmerlein!
      Laß keinen diese Nacht durchweinen,
      Nicht diese Nacht in seinem Schmerz!
      Und laß den Stern der Freude scheinen
      Auf jedes Haus in jedes Herz!
Wohl manchem mag kein Baum mehr brennen,
      Dem doch gebrannt so mancher Baum;
      Denn, was sich liebt, das muß sich trennen,
      Und schnell verrauscht der Jugend Traum.
      Nicht immer kann die Freude lachen,
      Wenn erst das Leben uns zerstreut,
      Und will das Heimweh mal erwachen,
      Am liebsten kommt es so wie heut'. –
 Dann denken wir der süßen Stunden,
      Wo einst auch uns der Eltern Hand
      Die Freude in den Baum gebunden,
      Der hell im Glanz' der Kerzen stand;
      Und wo, wenn sie uns traut umfingen,
      Und für die Gaben allzumal
      Die Lippen aneinander hingen,
      Sich aus dem Aug' die Träne stahl.
Herabgebrannt sind längst die Kerzen,
      Verdorret ist der grüne Baum,
      Weit voneinander sind die Herzen,
      Längst ausgeträumt der schöne Traum.
      Und manches Auge, dem entflossen
      Die Freudentränen licht und hehr,
      Das hat sich müde schon geschlossen
      Und schläft und weinet keine mehr. –
Es dunkelt still, – – und singend wallen
      Die Engel durch die Nacht des Herrn.
      O, Friede heut' und Freude allen!
      Und allen heut' ein Weihnachtsstern!
      Und allen heut' daheim euch Lieben,
      Wo jetzt er fröhlich leuchten muß,
      Von einem, welcher fern geblieben,
      Dies Lied und seinen Gruß und Kuß!!
In Tränen hab' ich dein gedacht,
      Es wird mir noch so schwer zu fassen.
      Daß auch in dieser schönen Nacht
      Die Freude uns allein sollt' lassen; 
      Es machen ja im Sternenschein
      Die Engel Gottes heut' die Runde,
      Und sieh, ich weiß ein Stübchen klein,
      Da tragen sie den Schmerz hinein,
      Anstatt der Lust zu dieser Stunde.
Ein Stübchen nur? – Wie manches noch
      Wird's außer diesem einen geben,
      Das freudenleer! – Es ist ja doch
      So reich an Schmerzen dieses Leben!
      Euch, denen Gott das Leid beschied
      Und seine Engel Tränen bringen,
      Daß keine Weihnachtskerze glüht,
      Euch sing' ich heut' mein Weihnachtslied,
      Und möcht' es euch zum Troste singen.
Sagt, habt ihr es wohl recht bedacht,
      Wohl recht bedacht in eurem Herzen?
      Es brennt auch euch in dieser Nacht
      Ein Weihnachtsbaum voll lichter Kerzen;
      Gott selber hat ihn aufgestellt
      Und läßt ihn leuchten nah und ferne,
      So strahlt er durch die ganze Welt,
      Die Krone ist das Himmelszelt,
      Und seine Lichter sind die Sterne!
O, schaut empor zu diesem Baum',
      Und freut euch seiner allzusammen!
      Das Leben ist ja nur ein Traum,
      Doch ewig leuchten diese Flammen!
      Der Geist will Licht, – er kehrt zum Licht',
      In welchem Staub' er möge wohnen!
      Wie lang' es währt, – wir wissen's nicht,
      Doch jeder Stern am Himmel spricht:
      Hier muß der Gott der Liebe thronen!
 Der Liebe! – o, wie wohl das tut,
      Zu wissen sich in ihrem Segen,
      Zu fühlen sich in ihrer Hut
      Auf allen unsern Lebenswegen!
      Sie waltet ja in jedem Raum',
      Und keinen kann sie je versäumen;
      So dunkel ist kein Tannenbaum,
      Daß nicht ein schöner Hoffnungstraum
      Sich ließ' in seinem Schatten träumen!
O, träumet denn ihn alle heut',
      Wie viel des Leid's euch Gott beschieden!
      Wer Tränen säet, erntet Freud',
      Durch Prüfung führt der Weg zum Frieden.
      Und wär' der liebe Weihnachtsstern
      Auch noch so trüb' euch aufgegangen, –
      Das Schicksal kommt von Gott, dem Herrn,
      Und wen er liebt, dem gibt er's gern;
      In Demut sollen wir's empfangen.
Das wollen wir! – Auch heute soll
      In dieser schönen Nacht der Freuden
      Kein hadernd Wort, kein bitt'rer Groll
      Die andern um ihr Glück beneiden.
      Gott segne, Gott behüte sie!
      Und wenn sie ihre Herzen zählen,
      Wie viele seine Lieb' verlieh,
      O, mög' an diesem Abend nie
      Eins um den Baum der Freude fehlen!
Da draußen schläft manch liebes Herz,
      O, hätten wir's zu dieser Stunde!
      Sei still, sei still! was soll der Schmerz?
      Es heilt dein Gott dir wohl die Wunde!
      So ward auch mir das Auge naß, 
      So konnt' auch ich es noch nicht fassen,
      Daß die, die wir ohn' Unterlaß
      So heiß geliebt, dahin – und daß
      Wir schon so früh sie mußten lassen.
In Tränen hab' ich dein gedacht
      Und möchte selig mit dir wandern,
      Du schwebst ja auch durch diese Nacht,
      Ein Engel Gottes, wie die andern.
      O, komm', zünd' uns den Christbaum an,
      Auf daß er nicht so dunkel stehe!
      Und lehre beten uns alsdann,
      Wie du's zuletzt so fromm getan:
      Dein Wille, Herr, geschehe!
Du träumst wohl heut' einen süßen Traum,
      Einen Traum der herzigen Freude:
      Es brenn'te so lustig der Tannenbaum,
      Und darunter ständen wir beide.
Wir reichten die Gaben uns froh zum Fest
      Und hielten uns selig umfangen,
      Die Lippen im Kuß auf einander gepreßt,
      In Glück und Liebe vergangen.
Da erwachst du plötzlich und schrickst zurück,
      Der schöne Traum ist zerflossen –
      Und mit dem Traume das schöne Glück,
      Das deine Seele genossen.
Du wirst so traurig, die Augen naß,
      O, könnt' ich sie trocken dir küssen! 
      Ich bitt' dich, du Liebe, du Süße, o laß
      Heut' abend die Tränen nicht fließen!
Sei wieder die alte und läch'le vergnügt,
      Die Liebe kennt keine Schranken,
      Und ob auch die Ferne dazwischen liegt,
      Wir sind doch vereint in Gedanken!
Gott weiß am besten, was besser ist,
      Und wohlgewollt ist sein Wille,
      Das sei dein Trost, wenn du traurig bist,
      Das mache die Sehnsucht dir stille.
Hoff' auf den Frühling, er kehrt zurück,
      Im Fluge eilen die Stunden, –
      Das ist die Zeit, wo Liebe und Glück
      Verbinden, was sich gefunden.
Wenn es Rosen regnet und Lilien schneit,
      Wenn Frau Nachtigall flötet im Garten,
      Dann kommt für uns erst die Weihnachtszeit,
      Bis dahin müssen wir warten.
Das Weihnachtsfest ist ein Kinderfest,
      Ein Fest der kindlichen Freude,
      Dann feiern wir Weihnacht aufs allerbest'
      Und freu'n wie die Kinder uns beide.
Und die Lilien und Rosen, die lächeln uns zu,
      Und die Nachtigall schlägt, – und ich bringe
      Dein Brautgeschenk dir, du Liebe, du!
      Und am Finger blitzen die Ringe!
Zu deines Festes heit'rem Glanz',
      Der rosig mir den Morgen lichtet,
      Nimm hin von mir den grünen Kranz
      Und dieses Lied dazu gedichtet. 
      O du mein Lieb, mein süßes Lieb,
      Ob ich dir nahe oder ferne,
      Wo ich auch sei, wo ich auch blieb',
      Kein Scheiden trennet uns're Sterne!
Dein Herz ist ja mein eignes Herz,
      Du bist ja meins, und eins wir beiden,
      So auch dein Schmerz mein eigner Schmerz
      So deine Freuden meine Freuden,
      So dieser Tag der liebste mir,
      Der liebste aller mir im Leben,
      Weil er das Liebste mir in dir,
      Das Liebste, was ich hab', gegeben.
Komm, leg' dein Haupt an meine Brust,
      Sag' alles mir, was du zu sagen.
      Sie kennt das Leid, sie kennt die Lust,
      Sie kennt die Freude und die Klagen;
      Sie soll dein Ruhekissen sein,
      Ihr Herzschlag soll für dich nur schlagen,
      So will ich stets das Liebste mein
      An fremder Stätte mit mir tragen!
O wär' es nur des Frühlings Zeit,
      Ich wüßte schon dich zu erfreuen!
      All' seine Rosen, die er streut,
      Ich wollt' sie heut' dir wieder streuen!
      Ich wollt' die lieben Vögelein
      Um ihre schönsten Lieder bitten
      Und selbst wie sie ein Sänger sein,
      Der liebste dir in ihrer Mitten!
O, wäre Reichtum mir beschert,
      Wie wollt' ich laben dich mit Gaben!
      Die, der mein ganzes Herz gehört,
      Die sollte alles, alles haben! 
      Doch ach, ich bin so arm, so arm,
      So kann ich nichts zum Angedenken
      Als nur dies Herz, so warm, so warm,
      Dein eigen längst, dir nochmals schenken.
So nimm es denn noch einmal hin,
      Wie du es nahmst so oft im Kosen,
      Du weißt, es wohnt ein Schatz darin,
      Noch lieber dir als Lied und Rosen.
      Das ist die Lieb', das ist die Lieb!
      Sie drückt den Ring in uns're Hände,
      Und wie's am Ring kein Ende gibt,
      Bleibt sie dein eigen ohne Ende!
Und nun, mein Lieb, den Scheidegruß!
      Und was wir beid' zum Frohsinn brauchen,
      Ich will es mit dem Abschiedskuß
      Tief in dein liebes Herz dir hauchen:
      Sieh, Gott ist Lieb' – und weil er's ist,
      So ist uns auch der Trost geblieben,
      Daß Gott der Herr zu jeder Frist
      Die segnet, die einander lieben!
Horch, hörst du wohl die frommen Chöre
      Der Engel unterm Sternenzelt'?
      »Allein Gott in der Höh' sei Ehre,
      Und Frieden sei der ganzen Welt?«
      So ist er da und strahlet wieder,
      Der Stern, so wunderbar erglüht,
      Und jenes Lied, das Lied der Lieder,
      Das ist der Erde Weihnachtslied.
 Wirf hin, o Mensch, was dich betrübet,
      Du, über alles ja geliebt!
      Also hat Gott die Welt geliebet,
      Wie's keine größ're Liebe gibt!
      Heut' ist der Heiland dir geboren,
      Der keinen der Geringsten läßt!
      O, keine Freud' geh' dir verloren
      Von diesem hohen Freudenfest'!
So grüß' ich dich im Glanz' der Kerzen,
      Du lieber, grüner Tannenbaum!
      Du zauberst mir in meinem Herzen
      Zurück der Kindheit gold'nen Traum.
      Heut' muß ich werden wie die Kleinen,
      Muß heut' mich wie die Kleinen freu'n;
      Und sollt' ich eine Träne weinen,
      So soll es die der Freude sein!
Der Freude? – glänzt sie auch dem Armen
      In der Bedrängnis bitt'rem Schmerz?
      O, sieh, an deiner Lieb' erwarmen
      Kann doch so leicht ein Menschenherz!
      So geh' und such' die nied're Hütte,
      Und kämst du nur mit Brot und Wein,
      Du würdest in des Elends Mitte
      Doch heut' ein Engel Gottes sein.
Der Freude? – wird zu solcher Stunde,
      Die ihrem Zauber nur geweiht,
      Nicht bluten oft so manche Wunde,
      Die schon vernarbt im Lauf' der Zeit?
      Gedenkend, was mit Gram und Leide
      Wir weinend schon zur Ruh' gelegt,
      Wie wird das Herz bei all der Freude
      Doch oft so still und leidbewegt!
Und hat dir Gott noch nichts genommen,
      Die Sorge schleicht um jedes Haus; 
      Bedenkend, was da könnte kommen,
      Wie siehst du oft so bang voraus!
      Wär's nur ums Brod, – du kannst's verschmerzen
      Es schaffen Müh' und Fleiß Gewinn;
      Doch manchem nahm der Tod vom Herzen
      Das Liebste, – Weib und Kinder, hin.
O, Weib und Kinder, welche Gabe!
      Gelobt sei Gott für solch ein Gut!
      Gelobt sei Gott, daß ich sie habe
      So fröhlich und so wohlgemut!
      Heut' laß nicht mehr die Sorge trennen
      Vom Glücke dich, daß sie sich freu'n.
      Sieh hin, die bunten Kerzen brennen,
      So ruft es froh: herein, herein!
Da sind sie schon! – der süßen Stunde!
      Wie wird mir doch das Herz so groß!
      Schon hangen sie an meinem Munde
      Und wiegen sich auf meinem Schoß'.
      So will ich Weib und Kinder herzen
      Und nur der Freude geben Raum!
      Sei mir gegrüßt im Glanz' der Kerzen,
      Du lieber, grüner Tannenbaum!
Kein Blut, wenn nicht der Rebe Blut,
      Sollt' fürder unter Menschen fließen.
      Schenkt ein, schenkt ein! wie not es tut,
      Mit neuer Lust und frischem Mut'
      Das neue Kind der Zeit zu grüßen!
      Und tut noch wo ein Herze weh, 
      Wenn so der Wein im Becher schäumet:
      Die Hoffnung ist des Lebens Fee,
      Wir wissen's ja, daß unterm Schnee
      Der Frühling schon der Freude träumet.
O, wenn nur erst die Rose blüht
      Und Nachtigall und Lerche singen,
      Daß alles Leid von dannen zieht,
      Wie soll auch dann durch mein Gemüt
      So liederreich die Freude klingen!
      Schlaf' wohl, schlaf' wohl, du liebes Herz!
      Nicht Trauer will ich fürder tragen;
      Im neuen Jahr kein neuer Schmerz,
      Nur Freude! – Freude allerwärts,
      Wo Gottes Blitze eingeschlagen!
Kein Blut, kein Blut? Was sollt' denn das,
      Als ich den Wein ins Glas gegossen? –
      Gemordet ward ohn' Unterlaß;
      O Gott, noch ist die Erde naß
      Von all dem Herzblut, das geflossen!
      War's um die Freiheit', – nun so sei
      Mit Freuden es dafür gegeben!
      Ohn' sie ist alles einerlei,
      Und stürzen muß die Tyrannei,
      Denn nur die Freiheit ist das Leben!
Doch war's um diese nicht allein,
      Wo man gezückt den Stahl zum Morden.
      O Mensch, wie könnt' es möglich sein,
      Daß dir im Kampf' um mein und dein
      Das Kreuz des Herrn zum Spiel geworden?!
      O Leid, wenn so am Kronengold'
      Im Blut' die Diamanten strahlen!
      Und wehe denen, die's gewollt,
      Daß so der Mensch sich morden sollt',
      Sie müssen's Gott, dem Herrn, bezahlen!
 Hinweg, mein Blick, von diesem Bild'
      Der Menschenschmach und Menschenschmerzen!
      Die Freude hold, die Liebe mild
      Paßt besser, wenn das Glas gefüllt
      Zum frohen Klang', für uns're Herzen.
      Und wo du nun dich hingewandt,
      Drauf weilst du ja am liebsten immer,
      Es ist mein deutsches Vaterland,
      So groß die Welt, so weit bekannt,
      Und nimmer könnt' ich's lassen, nimmer!
Das erste Glas sei ihm gebracht;
      Daß Gott im Himmel stets es hüte
      In seiner Schönheit stolzer Pracht,
      In seiner Größe Löwenmacht,
      In seiner Kunst und Weisheit Blüte!
      O, daß kein Haß es je entzwei',
      Daß seine Bürger nimmer Knechte,
      Und daß es einig, einig sei,
      Schallt wo der Ruf: Zum Kampf herbei,
      Zum heil'gen Kampf für heil'ge Rechte!
Doch wolle Gott uns Gnad' verleih'n
      Und seines Friedens Segen geben!
      Kein Krieg soll mehr die Welt entweih'n,
      Die Liebe soll die Losung sein,
      Sie ist die Poesie im Leben!
      Ihr sei das zweite Glas geweiht!
      In ihren Rosenbanden halten
      Soll jeden sie zu jeder Zeit!
      O Freude! Wo sie Blumen streut,
      Da müssen Gottes Engel walten!
Stoßt an und trinkt – Schenkt ein den Wein!
      Das dritte Glas für alle Tränen!
      Sollt' einer wo vergessen sein,
      Er soll in unsern Wunsch hinein, 
      Und keiner sich verlassen wähnen!
      Gesundheit allen! Allen Brot!
      Und wo ein Herz in Leid versunken,
      Dem Gram der Freude Morgenrot!
      Auf Rettung sei aus jeder Not
      Bis auf die Neige froh getrunken!
Und nun ein fröhlich, fröhlich Jahr!
      Auf diesen Wunsch aus vollem Herzen,
      Das letzte Glas! – Es werde wahr!
      Stoßt an und sagt's, wo nur ein Paar,
      Und denkt nicht mehr der alten Schmerzen!
      Gesungen ist das Neujahrslied,
      So mag es in die Ferne wandern,
      Und wo's ein freundlich Auge sieht:
      Viel Lust und Freud', viel Lieb' und Fried'!
      Viel Lieb' und Fried' auch allen andern!
Erloschen ist der helle Glanz der Tannen,
      Verstummt der laute Jubel um den Baum;
      Der Freude Gold, das uns die Parzen spannen,
      Verschwinden wird es gleich der Welle Schaum.
      Im raschen Fluge eilt die Zeit von dannen,
      Und was wir hatten, ach, wir hatten's kaum!
      So schwand das Jahr, – so ward im Tanz der Horen,
      Aufs neu' das Kind der Zukunft uns geboren.
Und an der Wiege stehen wir und fragen,
      Was liegt für uns in seinem Schoß' bereit?
      Wird's ros'ge Freude uns entgegen tragen?
      Wird's niederbeugen uns mit schwerem Leid? 
      Umsonst! – Die Antwort kann uns keiner sagen,
      Dank sei dem Herrn! – sie bringet erst die Zeit.
      Uns aber ziemt's mit Gott- und Selbstvertrauen
      Der Gegenwart ins Antlitz froh zu schauen.
O, härm' dich nicht um das, was schon vergangen!
      Es sei vorüber, war es noch so schwer!
      Ob Gott dir nahm, was liebend du umfangen,
      Sieh, den er lieb hat, züchtiget der Herr.
      Was dir davonging, als die Glocken klangen,
      Das bringt zurück die Träne nimmermehr!
      So trockne sie, daß hell das Auge werde,
      Und mit dem Kranz' leg' auch den Schmerz zur Erde.
Schau heiter drein und laß die Hoffnung walten,
      Sie ist der Erde liebster Himmelsstern.
      Versuch' es nur, dich selbst empor zu halten,
      So ist dir auch die Hülfe nicht mehr fern.
      Es kann der Mensch das Schicksal sich gestalten,
      Wer mutig ringt, den schützt der Himmel gern.
      So wollest heut' nicht um die Ferne bangen
      Und froh am Glück' des Augenblickes hangen.
Herbei darum nach alter, lieber Weise!
      – Was Leben heißt, verblühet gleich dem Mai. –
      Umarmt die Freude, daß sie eurem Kreise
      Der liebste Gast zu dieser Stunde sei.
      Das Alter naht, – ihm folgt das Ende leise,
      Bald sind auch wir gewesen und vorbei.
      Schenkt ein den Wein und laßt die Gläser klingen,
      Dem neuen Jahre frohen Gruß zu bringen!
Die Fackel sinkt – das Grab ist offen,
      Im Tode ringt das alte Jahr; 
      Ein neues bringt mit neuem Hoffen
      Im flücht'gen Tanz der Horen Schar.
      Wein her! vom Besten, ohne Säumen!
      Der Wein gehöret zum Gesang;
      Es läßt beim Wein sich besser träumen,
      Es gibt, wenn hoch die Gläser schäumen,
      Des Sängers Laute laut'ren Klang.
Das war ein Jahr voll bitt'rer Stunden,
      Ein Jahr voll Menschenhaß und Groll!
      O Gott, wann wird das Herz gesunden,
      Das, statt zu hassen, – lieben soll?!
      Wann bringt ein Engel uns den Frieden,
      Das Palmenblatt dem Vaterland,
      Dem jüngst noch so viel Leid beschieden?!
      Und wann umschließt uns all' hienieden
      Der Liebe süßes Rosenband?
Durch sie allein kann's besser werden;
      Fort mit des Haders Ungetüm!
      Wer in der Liebe lebt auf Erden,
      Der lebt in Gott und Gott in ihm.
      Es ist die Welt so reich an Schmerzen
      Und könnt' so reich an Freuden sein!
      Der Liebe öffnet eure Herzen!
      Was eine Stunde kann verscherzen,
      Holt oft kein ganzes Leben ein!
Im Buch der Zukunft möcht'st du lesen?
      Blick' lieber in dich selbst hinein;
      Heut' denk' zurück, was du gewesen
      Und was du hättest sollen sein;
      Heut' rüste dich zu neuem Ringen,
      Heut' stähle dich mit frischem Mut!
      Was auch die Zeiten mögen bringen,
      Das Schlimmste kann der Mensch bezwingen,
      Wenn nur der Mensch das Seine tut.
      Und du, o Herr, im Licht der Sterne,
      Du wollest auch im neuen Jahr
      Allüberall in Näh' und Ferne
      Behüten deiner Kinder Schar!
      Du wollest stärken, die da klagen,
      Und trösten jeden, der da weint!
      Du wollest allen, die verzagen
      In ihrem Leid es helfen tragen,
      Bis daß die Sonne wieder scheint!
Mach' du des Harten Sinn erweichen
      Im Mitgefühl für and'rer Schmerz!
      Gib du dem Armen, wie dem Reichen
      Ein glücklich' und zufried'nes Herz!
      Gib du den deinen allerwegen,
      Zumal wo Not und Mangel droht,
      Vom Sonnenschein, sowie vom Regen,
      Vom Traubensaft und Ährensegen
      So viel, als für jedweden not!
Und weiter wollen wir nicht sorgen;
      Getrosten Mut's ins neue Jahr!
      Bleibt auch die Zukunft uns verborgen,
      Bleibt Gottes Lieb' doch offenbar!
      Sie hilft uns auch durch trübe Zeiten,
      Wir stehen all' in ihrer Hut;
      Sie wird die Welt auch ferner leiten
      Und jedem seinen Pfad bereiten,
      Bis er in ihrem Schoße ruht.
Wein her! – vollendet ist die Runde!
      Das Leben gleicht der Blume Hauch! –
      Ein volles Glas zur zwölften Stunde
      Dem neuen Jahr nach altem Brauch!
      Da schlägt sie schon! – es geht zu Ende! 
      Mir nach! – nur bleibt, wie er war!
      Schenkt ein der Rebe gold'ne Spende!
      Die vollen Gläser in die Hände!
      Ein donnernd Hoch dem neuen Jahr'!
So hallte denn des Jahres Scheidestunde
      Bedeutsam durch die Nacht mit ernstem Klang',
      Und schweigend geht die ewig gleiche Runde
      Die greise Zeit mit festem, sicherm Gang';
      Ins tiefe Grab hat sie ein Kind gebettet,
      Ins tiefe Grab zum langen ew'gen Schlaf,
      Das manches Herz mit blut'ger Geißel traf,
      An das so manches bitt're Weh sich kettet.
Mag's schlafen denn den tiefen Grabesschlummer,
      Vergessen sei der Schmerz, den es gebracht;
      Weint irgendwo ein Aug' in stillem Kummer,
      Es blicke hoffend aus der Leidensnacht.
      Es soll kein Fluch des Grabes Frieden stören;
      Doch unvertilgbar bleibe in der Brust,
      Was es gespendet uns an Freud' und Lust,
      Und der Erinn'rung soll es angehören.
Der Freude Gruß und laute Jubeltöne
      Empfangen jetzt das jüngste Kind der Zeit,
      Gespannten Blickes steh'n die Erdensöhne,
      Ob's ihnen Trost, ob neuen Kummer beut,
      Und tausend Wünsche, die verborgen schliefen,
      Selbst kaum gekannt, in tiefer, stiller Brust,
      Entfalten sich mit frischer Lebenslust
      Und steigen auf aus den geheimen Tiefen.
 Den lichten Strahl der Wahrheit sende nieder,
      Um alle Menschen schling' der Liebe Band,
      Vernichtet sei des Glaubenshasses Hyder,
      Denn alle schuf ja eines Gottes Hand:
      Ob zum Gebet' sie Christentempel einen,
      Ob die Moschee die Betenden umfaßt,
      Ob sie der bangen Herzen Kummerlast
      Hinauf zum ew'gen Licht der Sonne weinen.
Der König auf dem purpursammt'nen Throne,
      Er mög' der Vater seines Volkes sein,
      Und immer sei in seiner gold'nen Krone
      Des Volkes Lieb' der schönste Edelstein.
      Kein Sklav' entehre mehr die Erdenlande,
      In allen Zonen halle Freiheitsruf,
      Der Mensch sei Mensch und frei, wie Gott ihn schuf,
      Und kenne nur der Liebe Blumenbande.
Laß Frieden um die Erdenlande schweben,
      Hinab zum Abgrund scheuch' den grausen Krieg,
      Des Menschen Wonne sei des Bruders Leben,
      Des Bruders Liebe sei sein schönster Sieg;
      Wenn eine Liebe alle dann umwunden,
      Dann blüht der Erde ungetrübtes Glück,
      Dann kehrt der Menschheit gold'ne Zeit zurück,
      Dann ist der reinste Quell des Heils gefunden.
Sei gegrüßt mir, Tag der Freuden!
      Ostern, sei es, du, o Stern!
      Trost im Scheiden, Licht im Leiden!
      Auferstehungstag des Herrn!
      Auferstehungstag der Erde!
      O wie schön dein Morgenrot!
      Überwunden ist der Tod!
      Leben werde! Leben werde!
 Und es wird! – Des Winters Flocken,
      Die der Erde Leichentuch,
      Wandeln sich in Osterglocken,
      Durch des Frühlings Zauberspruch;
      Und die Lerchen schmettern wieder
      Hoch im gold'nen Sonnenstrahl'
      Fröhlich über Berg und Tal
      Ihre Auferstehungslieder!
Keime schwellen, Knospen springen,
      Osterblümlein wollen blüh'n;
      Dieses Singen, dieses Klingen,
      Dieses Werden, hoffnungsgrün,
      Kannst du's deuten? – O der Wonne!
      Herz, was willst du düster sein?
      Lächelt auch zu dir hinein
      Wohl ein Strahl der Frühlingssonne!
Menschen wallen, Menschen fallen,
      Wie das Laub im Walde fällt;
      Ach, und keiner wohl von allen,
      Der nicht einst ein Grab bestellt;
      Unter Leid und heißem Sehnen
      Einst bestellt ein Blumenbeet,
      Drin er still hineingesäet
      Seine Freud' und seine Tränen!
Doch, was Liebes dir genommen,
      Was mit Erde du bestreut,
      Kommen, wie die Blumen kommen,
      Wird es einst zur Frühlingszeit!
      O die Blumen! hab' sie gerne,
      Wo sie über Gräbern steh'n!
      Grüße sind's auf Wiederseh'n
      Einst im Licht der golb'nen Sterne!
 Sieh, es gibt wohl eine Pforte,
      Geh' getrost durch sie hinein,
      Steht sie auch am dunklen Orte,
      Führt sie doch zum Sonnenschein.
      O, da wirst du froh erwarmen!
      Und woran die Seele hing,
      Ob es hier verloren ging,
      Selig wirst du's dort umarmen!
Keine Tränen, keine Sorgen,
      Was die Erde decken mag!
      Friede nur am Ostermorgen!
      Freude nur am Ostertag'!
      Freude auch dem Hoffnungslosen!
      Sonnenschein für jedes Herz!
      Und es streu' auf allen Schmerz
      Leis' der Frühling seine Rosen!
So viel' der Glocken sind, sie läuten
      Auf Gottes Erde überall.
      Was hat die Freude zu bedeuten?
      Wem gilt der frohe Klang und Schall?
      O, seht! die liebe Ostersonne
      Nach dunkler Tage bangem Schmerz'!
      In ihrem Glanz' und ihrer Wonne
      Frohlocket jedes Christenherz.
Nicht wahr? auch du hast mitgetragen
      Das Kreuz des Herrn nach Golgatha?
      Auch du in jenen dunklen Tagen
      Hast mitgefühlt, was ihm geschah?
      Und als in höchster Qual der Schmerzen
      Dein Heiland rief: es ist vollbracht!
      Nicht wahr? da ward in deinem Herzen
      Es auch, wie über Zion, Nacht.
 So brauchst du nun nicht mehr zu sorgen,
      Um dessentwillen du gebebt,
      So bringt auch dir der Ostermorgen
      Die frohe Botschaft, daß er lebt.
      O, laß sie nie dir wieder rauben,
      Ob auch die Welt dich nenne blind!
      Denn die nicht seh'n und dennoch glauben,
      Die sind's ja, welche selig sind.
Und gabst auch du von deinem Leben
      Der Erde schon ein Stück hinab,
      Wo stille Hügel sich erheben
      Auf Gottes Acker, Grab an Grab,
      Laß ruhen, was der Rasen decket,
      Denn überwunden ist der Tod!
      Auch sie aus ihrem Schlummer wecket
      Der Ostersonne Morgenrot.
Und wieder rufet Gottes Werde
      Das Leben aus des Grabes Nacht,
      Und wieder schmücket sich die Erde
      Mit ihrer ganzen Frühlingspracht!
      Und was gesä't ist unter Tränen,
      Es wird in Freuden aufersteh'n!
      Hienieden nur ein kurzes Sehnen,
      Und dort ein ewig Wiederseh'n!
Pflückt Blumen heute, – windet Kränze
      Und schmückt das Haus mit frischem Grün!
      Das ist die schönste Zeit im Lenze,
      Da Gott den heil'gen Geist verlieh'n!
      Ob er auch kam in Sturmesbrausen
      Hernieder auf der Jünger Schar,
      Er kam ja doch, als schon da draußen
      Der holde Mai erstanden war.
 Im Duft' der Lilien und Syringen,
      Im Waldesgrün und Sonnenschein',
      Dem Frühling frohen Gruß zu bringen,
      Sah schon der Morgen groß und klein.
      Wie lieb der Lenz nach Winters Leide,
      Und wie er auch das Herz erfreut,
      Er schwindet doch vor aller Freude
      Der Kirche, die gegründet heut'!
Aus ihrem Schoße quillt das Leben,
      Und keines, das dem ihren gleich!
      Ihr ward der heil'ge Geist gegeben,
      Sie schirmend trost- und gnadenreich!
      Und wie er kam, da sie beisammen
      Einmütig waren im Gebet',
      So kommt er noch in Feuerflammen
      Zu allen, die um ihn gefleht!
Wer spürt ihn nicht in seinem Herzen,
      So oft es vor Verlangen brennt,
      Zu stillen seiner Reue Schmerzen
      Vor Gott im heil'gen Sakrament'?!
      Wer fühlt ihn nicht in sich erglühen,
      So oft er hilflos sich gewähnt
      Und in des Lebens Drang und Mühen
      Nach Trost und Labung sich gesehnt?!
Was sind wir Menschen ?– Spreu im Winde!
      Mit eig'ner Kraft ist nichts gescheh'n.
      Er sprengt die Fesseln uns'rer Sünde
      Und läßt' den Weg des Heils uns geh'n.
      O, welch ein Segen seiner Gaben!
      Und welch ein Wunder, das er schafft!
      Denn daß wir teil am Himmel haben,
      Das wirkt des heil'gen Geistes Kraft!
 Und kannst du nicht das Wunder fassen,
      Weil seiner Größe du zu klein,
      O, wollest nur ihn walten lassen,
      Dann wirst du seine Wohnung sein!
      Dann füllet ganz dein Herz der Glaube,
      Und selig, die da glauben, sind!
      Dann schwebt auch über dir die Taube,
      Und's ruft: Dies ist mein liebes Kind!
Wie bist du schön in deinem Festgewande,
      O, Tag der Feier, uns vom Lenz' gebracht!
      Auf Fittigen des Frühlings durch die Lande
      Schwebst du dahin in neuerstand'ner Pracht;
      Zerrissen sind des Todes finst're Bande,
      Und Leben keimet aus des Grabes Nacht,
      Die Vöglein singen und die Blumen sprießen,
      So will im Lied' dich auch der Sänger grüßen.
O, wie so hell die Glocken heute schallen!
      Und wie die Freude grüßt von Haus zu Haus!
      Wie durch des Blumentempels bunte Hallen
      Die Sonne gießt den Strom des Lebens aus!
      Wie sonntagsfröhlich heut' die Menschen wallen
      In deiner Wälder grünen Dom hinaus!
      O Tag der Pfingsten, – so auf allen Wegen
      In Gottes Schöpfung seines Geistes Segen!
Ist's nicht derselbe, welcher einst hienieden
      An diesem Tage ward der Jünger Schar
      Im Sturmesbrausen von dem Herrn beschieden,
      Da sie einmütiglich beisammen war?
      Was willst du, Herz? – im Glauben nur ist Frieden;
      Gott ist ein Geist, – und wie er wunderbar
      Im Geist' zu jenen kam, kommt er zu allen,
      Wenn nur vor ihm sie in der Wahrheit wallen.
 Spürst du ihn nicht im Walten der Geschichte?
      Fühlst du ihn nicht im Sphärenklang' der Welt?
      Nicht in des Lebens ewigem Gerichte,
      So oft des Schicksals Wage steigt und fällt?
      Nicht in der Wahrheit klarem Sonnenlichte,
      Das siegend flammt empor zum Sternenzelt?
      O, such' ihn nur, so mußt du ihn erkennen
      Und heilig, weil dein Gott es ist, ihn nennen!
Er bricht dem Volk' der Freiheit enge Schranken,
      Er schließt das Buch der sieben Siegel auf,
      Er schlägt des Blitzes Brücke dem Gedanken,
      Er mißt der Sterne wunderbaren Lauf,
      Und sieh, an seiner ew'gen Größe ranken
      Des Ideals Gebilde sich hinauf.
      Was große Männer Großes je uns schufen,
      Sie schufen es, vom heil'gen Geist berufen.
Und sieh, er läßt dein Herze nicht erkalten,
      Er ist ja Gott – und so in Gott dir nah;
      Ob dich das Leid die Hände lehrte falten,
      Ob es zur Stunde frohen Glück's geschah,
      Du spürst gar bald sein wundersames Walten,
      Kein Frieden, keine Freud', ist er nicht da,
      So hier wie dort und so, in jedem Leben
      Vom Ostertag' dem Sein zurückgegeben.
O fei're ihn! und kannst kein Lied du singen,
      Ein Wort des Dankes findet jede Brust;
      Geh' mit hinaus, ihm frohen Gruß zu bringen,
      Misch' deine Freude in des Frühlings Lust;
      Und fühlst du dann ihn segnend dich durchdringen,
      So werde deiner Schwachheit dir bewußt,
      Beug' demutsvoll dein Knie vor ihm im Staube
      Und bet' ihn an in deinem Gott' – und glaube! 
Wenn es Gottes Wille lenkt,
      Daß der Tod die Fackel senkt
      Und sich eine Blume bricht,
      Kaum erblüht zum gold'nen Licht,
      Ach, wie voll die Träne rinnt
      Um das vielgeliebte Kind!
Aber der ein Leid dir schickt,
      Welches schier das Herz erdrückt,
      Weißt du doch, daß der es gibt,
      Welcher züchtigt, die er liebt!
      Drum vergiß nicht, armes Herz,
      Daß doch Segen auch der Schmerz!
Und auch das sei dir Gewinn,
      Daß die Blume, die dahin,
      Dennoch nicht verloren geht,
      Wie es ja geschrieben steht
      Von Jairus Töchterlein,
      Darum laßt das Weinen sein!
Sind die Wolken noch so dicht,
      Wieder kommt der Sonne Licht,
      Und auch euch erfreut einmal
      Wieder dann ihr gold'ner Strahl,
      Der den Hügel auch bescheint,
      Drauf ihr nun die Tränen weint!
Und er macht ihn wieder grün,
      Läßt darauf die Blumen blüh'n,
      Grüße aus des Grabes Nacht,
      Euch zum Troste dargebracht,
      Und ihr wißt von wem sie sind, –
      Schlaf denn wohl, geliebtes Kind!
 Ach, wie kurz ist alle Freud'!
      Und wie lang ist solch ein Leid!
      Aber, wenn nach Gottes Rat,
      Was er uns gegeben hat,
      Er es wieder nimmt, so sei's! –
      Und auch so ihm Lob und Preis!
Du liebes Mädchen, du,
      Wie wird uns doch so eigen,
      Nun dir die Augen zu
      Und deine Lippen schweigen!
      Und welch ein Herzeleid
      Ist kommen auf die Deinen,
      Nun sie im Trauerkleid'
      An deinem Sarge weinen!
Wir wissen's wohl, es sind
      Unsäglich solche Schmerzen;
      Es reißt das tote Kind
      Ein Stück vom Elternherzen. –
      Und wo ein Schicksalsschlag
      So Liebes nahm von dannen,
      Kein Menschentrost vermag
      So herbes Weh zu bannen.
Das aber stehet fest,
      Auf daß wir nicht verzagen:
      Wen liebt der Herr, den läßt
      Zumeist er Schweres tragen; –
      Und welcher heut' noch spricht:
      Die Kindlein lasset kommen
      Und wehret ihnen nicht,
      Der hat auch dies genommen.
 O, ihr in eurer Not,
      Stört nicht die Ruh' der Kleinen!
      Das Mägdlein ist nicht tot,
      Es schläft nur, – laßt das Weinen!
      Kann aus dem Dornenstrauch'
      Ein Rosenbusch erstehen,
      So kann das Leid wohl auch
      In Freuden übergehen.
Und nun ade! ade!
      Blau Aug' und blonde Locken!
      Schon läuten unterm Schnee
      Von fern die Frühlingsglocken; –
      Nach wen'ger Tage Lauf
      Schmückt sich der kleine Hügel,
      Ein Falter sonnt sich drauf
      Und hebt die gold'nen Flügel!
Viel' Abende an deinem Haus
      Schlich ich vorbei mit stillem Grauen;
      Die andern gingen ein und aus, –
      Ich durft' nach deinem Licht' nur schauen.
Ich hab' die Hände tränennaß
      Gefaltet fromm die bangen Nächte,
      Als du so krank, – o, daß, o, daß
      Ein Engel dir Genesung brächte!
Und sieh, er kam im Morgenrot,
      Den bleichen Mund dir sanft zu küssen;
      Hab' Dank, hab' Dank! es hätt' dein Tod
      Das Herz mir in der Brust zerrissen! 
Dir zur Genesung dieser Wein!
      Vor deine Füße will ich sinken
      Mit diesem Wunsch', Vielsüße mein,
      Und will im Geiste mit dir trinken.
O, daß du mir geblieben bist,
      Um die all' meine Träume ranken,
      Das will ich stets zu jeder Frist
      Dem lieben Gott im Himmel danken!
Und will dich lieben treu und wahr,
      Was immer auch mir sei beschieden,
      So innig und so immerdar,
      Wie nur ein Menschenherz kann lieben!
O, diese Seligkeit für mich!
      O, dieses wonnige Umfassen!
      Ich hielt dich ja, ich hatte dich,
      Und nimmermehr will ich dich lassen!
Geduld, Geduld, die Stunde naht,
      Nicht wollest dich in Sorgen grämen,
      Denn was uns Gott gelassen hat,
      Das kann auch Gott nur wieder nehmen.
So bist du mein, so bin ich dein!
      Du mir, ich dir in Tod und Leben!
      Und Gott, der Herr, wird mit uns sein,
      Und wird uns seinen Segen geben! 
An der dunklen Kirchhofsmauer
      Sahst du wohl den Trauerort? –
      Leise zittern Todesschauer
      Über Grün und Blüten dort! –
      All die schwarzen Kreuze sagen
      Und die Kränze und das Band,
      Wer in jenen Ostertagen
      Starb den Tod fürs Vaterland!
Was das Leben streng geschieden,
      Innig hat's der Tod vereint!
      Alle ruh'n im süßen Frieden
      Eines Grabes, Freund und Feind!
      Ausgesöhnt durch Todeswunden
      Von des Schicksals weiser Hand,
      Haben sie den Tod gefunden,
      Jeder für sein Vaterland.
Ostern, als mit Frühlingsbeben
      Leben überall erwacht,
      Ach, wie manches Blütenleben
      Brach des Todes dunkle Macht! –
      Doch das Land, darum gerungen
      Jene Helden, kühn und groß,
      Liebevoll hält es umschlungen
      Alle jetzt im kühlen Schoß'!
Knospet Rosen! – Vöglein singe
      Sanfte Trauermelodie'n! –
      Hoch um diese Kreuze schlinge,
      Efeu du, dein Hoffnungsgrün! –
      Blühet frischer rings im Kreise,
      Alte Linden, voller Duft,
      Überhaucht mit Blüten leise
      Diese große Heldengruft! –
 An der dunklen Kirchhofsmauer
      Sahst du wohl den Trauerort? –
      Leise zittern Todesschauer
      Über Grün und Blüten dort!
      Rings umher im weiten Kreise
      Schlafen sie in sanfter Ruh', –
      Und die Rosen decken leise
      Kranz und Kreuz mit Blüten zu!
O sieh, nach langer Winterszeit
      Beginnt es Frühling nun zu werden!
      So folgt die Freude doch dem Leid,
      Und alles wendet sich auf Erden.
      Das war ein Jahr, wie keines war,
      Des Vaterlandes Ruhm zu melden!
      Herbei, du deutsche Sängerschar!
      Ein Lied, ein Lied dem deutschen Aar,
      Ein Lied den Taten seiner Helden!
Von ihrem Herzblut' schmolz der Schnee,
      Wo sie gekämpft im heil'gen Bunde,
      Bei Dannewirk und Översee,
      Vor Düppel und am Alsensunde!
      Das ging im Sturme Schanz' auf Schanz'!
      So kämpfen die vom deutschen Reiche!
      Sie flochten sich im Waffentanz'
      Um ihre Stirn den schönsten Kranz
      Aus Schleswig-Holsteins Doppeleiche!
Und wo ihr Aar auf hohem Meer'
      Gerauscht von seiner Masten Spitze,
      Da floh'n die Feinde vor ihm her
      Im wilden Feuer seiner Blitze! 
      Da sank vor seinem Flügelschlag'
      Ihr Stolz, der Dannebrog darnieder.
      So ward gesühnt die lange Schmach,
      So kam der Freiheit Ostertag
      Dem hartbedrängten Lande nieder!
Gesegnet sei sein Morgenrot,
      Mit deutschem Heldenblut' erstritten!
      Fürs Vaterland ist süß der Tod!
      Gesegnet sei, wer ihn erlitten!
      Er ist des Landes liebster Sohn,
      Er wird es bleiben ohnegleichen!
      Ward auch kein Kreuz des Braven Lohn,
      Flammt doch auf seinem Hügel schon
      Das schönste Kreuz, – der Liebe Zeichen!
Der Liebe, – o, wo du auch bist,
      Es wird um dich die Liebe weinen!
      Weil keines Liebe größer ist,
      Denn daß er hingeht für die Seinen!
      Dich rühme laut des Sängers Mund
      In seinem Liede, dich vor allen!
      Und dein gedenk' zu jeder Stund'
      In Bruderlieb' aus Herzensgrund
      Das Volk, für welches du gefallen!
Und euch, die ihr zum Tod bereit,
      Nicht minder freudvoll euer Leben
      Verlaß'nem ›Bruderstamm‹ geweiht,
      Der Freiheit ihm zurückzugeben,
      Euch, die der Herr in seiner Gnad',
      Wo eure Brüder sterbend sanken,
      Beschirmt auf blut'gem Siegespfad',
      Euch wird, so lang es Worte hat,
      Dies Volk ob eurer Taten danken!
 O, wie so gern nach all dem Harm,
      Den ungebeugt sein Mut ertragen,
      Die weiße Binde um den Arm,
      Hätt' es mit euch den Feind geschlagen!
      Erprobt war längst sein gutes Schwert
      In manchem blutigen Gefechte;
      Doch ward die Freude ihm verwehrt,
      Zu kämpfen für den eig'nen Herd
      Und seines Fürsten heil'ge Rechte.
Ihr habt's vollbracht! – fern sei der Neid,
      Vergessen alles, was erduldet!
      Und fern die Frage, wer das Leid
      An Schleswig-Holstein einst verschuldet.
      Gott sei's gedankt, es ist vorbei,
      Gedankt dem deutschen Heldenmute!
      O, Schleswig-Holstein, du bist frei!
      Unsterblich deinem Herzen sei,
      Wer das getan mit seinem Blute!
Und du, o hohes Herrscherpaar,
      Sei hochgelobt und hochgepriesen!
      Du hast zur Stunde der Gefahr
      Dich ja als rechter Hort erwiesen!
      O, wollest das auch fürder sein,
      Daß keine Handvoll deutscher Erde
      Und keiner Mark bemooster Stein,
      Auch da, wo nicht die Grenze dein,
      Von Deutschland je gerissen werde.
Du bist bestimmt zu solcher Wacht,
      Und wenn die andern mit dir gehen,
      Wo wär' auf Erden eine Macht,
      Die dieser könnte widerstehen?!
      So schirme du das Vaterland, 
      So oft es ruft zum heil'gen Streite!
      So stehe dir mit Herz und Hand,
      Umschlungen von der Eintracht Band,
      Das ganze deutsche Volk zur Seite!
Und Gott im Himmel jederzeit
      Geleite jedes deiner Werke
      Zu Deutschlands Ehr' und Einigkeit,
      Zu Deutschlands Ruhm und Deutschlands Stärke!
      Und daß, wofür der Deinen Schwert
      Gekämpft in Schleswig-Holsteins Namen,
      Auch Schleswig-Holstein sei gewährt:
      Sein heilig Recht, sein freier Herd,
      Das walte Gott im Himmel! Amen.
Hurra! Hurra!
      Die Zeit ist da!
      Alldeutschland ist erwacht!
      Das Schwert zur Hand!
      Fürs Vaterland
      Geht's lustig in die Schlacht!
Frei himmelan
      Führt uns're Bahn,
      Wir geh'n sie froh und gern!
      Das blanke Schwert,
      Des Helden wert,
      Blitzt uns voran als Stern.
Tot oder frei!
      Das Schlachtgeschrei;
      Und nimmermehr zurück! 
      Sei nur ein Held,
      Und dein die Welt!
      Dem Mut'gen lacht das Glück!
Es blitzt, es kracht!
      Es braust die Schlacht!
      Hurra! wir müssen fort!
      Die Fahnen weh'n! –
      Auf Wiederseh'n,
      Hier unten oder dort!
So macht's der Ulan:
      Er läßt flattern die Fahn'
      Und gibt dem Roß die Sporen,
      Daß nicht auf blutiger Siegesbahn
      Der welsche Feind geh' verloren.
So macht's der Ulan:
      Er läßt flattern die Fahn'
      Und läßt die Lanze sausen,
      Wo immer die Feinde sich wieder nah'n,
      Darein mit Wetterbrausen.
So macht's der Ulan:
      Er läßt flattern die Fahn'
      Und jagt mit verhängtem Zügel,
      Bis daß er hält den gallischen Hahn,
      Napoleon, beim Flügel.
So macht's der Ulan:
      Er läßt flattern die Fahn'
      Und läßt die Trompeten erschallen,
      Und dem kühnen Reiter, der das getan,
      Ein donnernd Hoch von allen!
So kommt's! – nun schlagen sie nicht faul
      Den Parlezvous-Franzosen
      Schon lustig auf das große Maul
      Und auf die roten Hosen!
      Trotz Turkos, Zuaven und Spahis
      Und allerlei Banditen
      Geh'n schon im Sturmmarsch' auf Paris
      Die preußischen Eliten.
Bei Weißenburg der Gaisberg liegt,
      Da ging's auf allen Vieren,
      Da wurden sie zuerst besiegt
      Und mußten retirieren.
      Bei Spicheren ging's ebenso,
      Und weiter ging's und weiter,
      Und hinterher in jubilo
      Das Heer der deutschen Streiter.
Und als der Herr Mac Mahon sich
      Bei Wörth nicht wollte drücken,
      Da bleute Kronprinz Friederich
      Ihm jämmerlich den Rücken.
      Da büßten sie den Adler ein,
      Die afrikan'schen Bösen,
      Und ließen gar noch obendrein
      Im Stich' die Mitrailleusen.
Bei Metz, da hat es was gesetzt,
      Drei heiße, blut'ge Tage,
      Da kriegte auch Bazaine zuletzt
      Die allerdickste Lage.
      In Metz, da sitzt der Herr Bazaine
      Nun in der Mausefalle;
      Wenn das die Mexikaner säh'n,
      Wie jubelten wohl alle!
 Wo ist denn Er? und wo Lulu?
      Wo sind sie? – Allewetter!
      Was sagt denn seine Frau dazu?
      Und was Plon Plon, der Vetter?
      Sie sagen nichts, – sie packen all',
      Daß keine Zeit verloren,
      Denn draußen steht schon Hannibal
      Der Zweite, vor den Toren.
Nun, hat es denn so große Eil',
      So laßt sie flöten gehen,
      Die Deutschen werden sich derweil
      Paris einmal besehen.
      Und während sie bei Wein und Bier
      Französ'sch einmal parlieren,
      Wird König Wilhelm zu Papier
      Den Frieden hübsch diktieren.
So kommt's! und wenn Herr Benedett'
      Dann just zu Hause wäre,
      So nähm' der König ihn, ich wett',
      Dabei zum Sekretäre;
      Denn keiner kann es so wie der,
      Er würd' es leicht vollbringen,
      Und wenn es auch nichts and'res war'
      Als – Elsaß und Lothringen!
Hurra! wie schlagen sie darauf
      Für Deutschland, uns're Braven!
      Wie bringen sie sie auf den Lauf,
      Die Turkos und die Zuaven!
      Wo liegt Paris? – ist nicht mehr weit;
      Nur wenig blut'ge Stunden,
      Und aus ist's mit der Herrlichkeit
      Und Babel überwunden!
 Zusammen stürzt der morsche Thron
      Vor unsern Feuerschlünden,
      Napoleon empfängt den Lohn,
      Den Lohn für seine Sünden.
      Verloren hat er Ruhm und Ehr';
      Von einer Stadt zur andern,
      Verspottet von dem eignen Heer,
      Muß Frankreichs Kaiser wandern.
Ihm nach der Blutstrom seiner Schuld
      Seit den Dezembertagen!
      Ihm keine Stätte, die ihn duld',
      Nun ihn die Furien jagen!
      Und wenn er mit des Windes Flug'
      Auch um die Erde renne,
      Ihm nach mit seinem Leichentuch'
      Die Toten von Cayenne!
Hurra! was er vernichten wollt'
      In seinem Größenwahne,
      Er hat's errichtet: Schwarz-Rot-Gold,
      Die deutsche Einheitsfahne!
      Kein Nord, kein Süd mehr und kein Main!
      Kein Reich, das uns könnt' zwingen!
      Weit übern Rhein, weit übern Rhein,
      Auch Elsaß und Lothringen!
Ist denn der Alte aufgewacht,
      Der Rotbart im Kyffhäuser?
      Er ist's zu Deutschlands Ehr' und Macht,
      Der alte deutsche Kaiser!
      Und weithin über Land und Meer
      Aus allen Herzen schall' es:
      Hoch König Wilhelm! Hoch sein Heer!
      Hoch Deutschland über alles! 
Viktoria! laßt die Flaggen weh'n
      Und laßt die Häuser prangen!
      Unglaubliches, es ist gescheh'n:
      Der Kaiser ist gefangen!
      Ist's Wahrheit? – ist es denn kein Traum?
      So geht's von Mund zu Munde,
      Man hört sie wohl, doch glaubt man kaum
      Die wunderbare Kunde.
Ja, was ist heut' noch wunderbar
      Und könnte nicht geschehen?
      Wir alle haben's sonnenklar
      So Tag für Tag gesehen.
      Sechs Wochen, – und sie machten's gut!
      Nun sei der Herr gepriesen!
      So hat den Welschen deutscher Mut,
      Was er vermag, bewiesen.
Vernichtet ist die stolze Macht,
      Die uns vernichten sollte!
      Und der ist in den Staub gebracht,
      Der uns zertreten wollte!
      Nun ist es aus, – ihr habt ihn schon!
      Hurra! Ihr deutschen Krieger,
      Zu Füßen liegt Napoleon
      Dem königlichen Sieger!
Komp.: 1-st. v. Ad. Fey.
Zur Sonne siegreich hob sich der deutsche Aar,
      Und groß ist Deutschland, größer, als je es war! 
      Nun faltet zum Gebet' die Hände,
      Dankend der Gnade, die sonder Ende!
Und schmückt die Häuser, feiernd den Siegestag!
      Laßt weh'n die Fahnen hoch von des Giebels Dach!
      Laßt fahren aller Sorgen Bürde
      Ob des gekommenen Festes Würde!
Und windet Kränze, frisch aus der Eiche Grün!
      Und pflücket Blumen, wo sie am schönsten blüh'n,
      Zu schmücken heut' den Hügel allen,
      Die auf dem Felde des Ruhm's gefallen!
Nicht größ're Liebe gibt es auf dieser Welt,
      Und mehr der Opfer keines dem Herrn gefällt,
      Als für das Vaterland erblassen
      Und für die Seinen das Leben lassen!
Schlaft sanft, ihr Toten! – Frieden, wo alle ruh'n! –
      Was lebet, freu' sich; öff'ne der Freude nun
      Das Herz ob dieses Tages Sonne
      Und der verliehenen Siegeswonne!
Zumeist die andern, welche nicht minder gern
      Hinausgezogen, doch die Hand des Herrn
      Beschirmt, wo jene sterbend sanken! –
      Laßt uns sie ehren und ihnen danken!
Denn was wir haben, was uns der Kampf gebracht
      An Ruhm und Würden und an erstand'ner Pracht,
      Sie waren's, die es mit errangen,
      Als sie mit jenen den Feind bezwangen!
Und unter ihnen leuchtet, – ein hehrer Stern,
      Dem sie gefolgt sind, ihrem geliebten Herrn,
      Zu pflücken blut'ge Lorbeerreiser, –
      Leuchtet vor allen weit unser Kaiser!
 Viel Preis, viel Heil ihm! – Reichlichster Gotteslohn!
      Und wie dem Vater, so dem geliebten Sohn,
      Von Wörth dem Sieger! – – Daß wir beide
      Segnen in unserer Herzensfreude!
Schlaft sanft in stillem Frieden
      In kühler Erde Schoß!
      Was euch der Herr beschieden,
      War doch ein herrlich Los!
      Ihr seid des Ruhmes Erben,
      Dem kein Erlöschen droht,
      Und für den Bruder sterben,
      Das ist der schönste Tod.
Ihr habt so treu gehalten,
      So treu die Wacht am Rhein!
      Nie soll die Lieb' erkalten,
      Die wir euch dankend weih'n.
      Ob euch auch fern erkoren
      Der Tod im blut'gen Streit',
      Ihr bleibt uns unverloren
      Im Herzen allezeit!
O, wären nichts als Kränze
      Auf Gottes weiter Welt!
      Die Rosen all im Lenze,
      Die Blumen all im Feld',
      Wir wollten sie euch reichen,
      Euch, aller Kränze wert,
      Ihr Braven sondergleichen,
      Die nun der Tod verklärt!
Ihr habt mit eurem Blute
      Zu Ehren uns gebracht. 
      Euch kommt es nicht zu Gute,
      Ihr schlaft in Grabesnacht.
      Nun wird sie wahr die Sage
      Von Deutschlands Herrlichkeit,
      O, daß an Ehrentagen
      Ihr auch so ferne seid!
Doch ziemt es nicht, zu fragen,
      Warum es mußt' gescheh'n.
      So wollen wir nicht klagen,
      Daß wir euch nicht mehr seh'n.
      Der Ruhm, den ihr erworben,
      Macht alle Leiden klein;
      Fürs Vaterland gestorben,
      Das heißt: unsterblich sein!
Schneeglöckchen schon und Veilchen träumen,
      Daß sie aus dunkler Nacht erblüh'n,
      Bald wird die Lerche nicht mehr säumen,
      Und sprießen wird das junge Grün.
      Dann schwärmt ins Licht der gold'nen Sonne
      Die kleine Biene froh hinaus
      Und bringt aus süßer Frühlingswonne
      Den ersten Honig schon nach Haus.
Da wird es Zeit, die Hand zu rühren,
      Die schaffende, zu frischer Tat,
      Den Pflug hinaus aufs Feld zu führen
      Und auszustreu'n die neue Saat;
      Und wem kein Acker ward zu eigen,
      Und nur ein Plätzchen noch so klein,
      Er muß sich diesem dienstbar zeigen
      Und auch im kleinsten tätig sein.
 Wohl dem, der nach der Scholle Schlummer,
      In deren Schoß schon liegt der Keim,
      Hinblicken kann ohn' Sorg und Kummer
      Auf sein geliebtes teures Heim!
      Wohl dem, der ohne zu vergießen
      Die Tränen um ein bitt'res Leid,
      Sein Herz der Freude darf erschließen,
      Die ihm der erste Lenztag beut!
Nicht allen wird solch Glück beschieden,
      Und ward es dir, dank deinem Herrn
      Und reich', wo Leid verscheucht den Frieden,
      So viel du kannst, des Trostes gern!
      Folg' willig jedem Mitleidstriebe,
      Der sich in deinem Busen regt;
      Denn was da gibt die Bruderliebe,
      Das wird in Gottes Hand gelegt!
Sieh, trübe Kund' ward auch gen Norden
      In dieses kleine Land gebracht:
      Um unsers Rheinstroms schöne Borden
      Brach jäh herein des Unglücks Nacht,
      Und hinter ihr der Sorge Grauen
      Und Not und Armut, bang und schwer,
      Daß nun die alten Burgen schauen
      Wohl viel des Jammers weit umher.
Der reifen läßt in grünen Reben
      Des gold'nen Weines süße Glut,
      Wie manch ein glücklich Menschenleben
      Begrub er jäh in seiner Flut!
      Verfallen ihrem dunklen Grabe
      Wie vieler Armen täglich Brot!
      Ach, der gewährt so süße Labe,
      Wie bracht er nun so herbe Not! 
Und doch hat ihn sein Volk gepriesen
      In Lied und Wort zu jeder Zeit
      Und hat ihm Lieb' und Treu' erwiesen
      Und hat ihm Herz und Hand geweiht
      Und hat in vielen bösen Tagen
      Für ihn mit wahrem Heldenmut'
      So manche heiße Schlacht geschlagen,
      Hingebend froh ihm Gut und Blut!
Und das konnt' er?! – Zu welchen Zwecken?! –
      Hier schweigt der menschliche Verstand;
      Doch war auch er mit seinen Schrecken
      Ein Werkzeug in des Höchsten Hand.
      So dürfen wir nicht hadernd fragen,
      Was Gott uns schickt, ist immer gut!
      Nur rasch die Gabe hingetragen
      Und Hilfe, wo sie nötig tut!
»Das Leid in seiner Nacht beglücken,
      Als Mensch auch wirklich menschlich sein,
      Den Bruder an die Brust zu drücken,
      Wie viel des Glückes schließt es ein!
      Die Welt ist ja so reich an Schmerzen,
      Wen nie des Nächsten Leid gerührt,
      O, der hat nie in seinem Herzen
      Das Himmelreich der Lieb' gespürt!«
O, daß die Blumen schon vergangen,
      Nun du erblüht in neuem Glanz'!
      Dir sollte heut zu Füßen prangen
      Ringsum gebettet Kranz an Kranz!
       Wie schön du bist! – und dieser Hülle
      Kommt Unermess'nes noch hinzu! –
      Verklärt dich erst des Geistes Fülle,
      Des Herrlichen, – wie schön bist du!
Sieh, was dem Auge gibt das Leben,
      Ist doch allein des Geistes Kraft!
      Und was die Menschheit mag erstreben,
      Verdankt sie nur der Wissenschaft!
      Uns leuchtet zu dem Stein' der Weisen
      Hier keiner andern Sonne Strahl!
      Sie müssen auch die Künstler preisen
      Im Ringen nach dem Ideal!
Hienieden Kampf! – Du, stark zum Streiten,
      Hoch halt' den Schild und hoch das Schwert!
      O, zeige dich zu allen Zeiten
      Der Macht, die dir verliehen, wert!
      Hinaus, hinaus aus Finsternissen
      Und in den Staub mit allem Gleis!
      Kein wirklich Leben ohne Wissen
      Und ohne Kampf kein Siegespreis!
Und denkst du heut' der ernsten Jahre,
      Der vielen, die du mit erlebt,
      Dem Volk voran! – Das ist das Wahre,
      Wonach du immerdar gestrebt!
      Als edles Zweiglein einst gepriesen,
      Da du für uns erstanden bist,
      Längst hast du dich als das erwiesen,
      Was doch am Baum' das Schönste ist!
Und heute zu der neuen Weihe
      Wer hätte nicht ein Segenswort?!
      O, grüne, blühe und gedeihe
      Zum Heil' des Landes fort und fort! 
      Dem Kaiser und dem deutschen Reiche
      Sei du mit stolzer Freudigkeit
      Von Schleswig-Holsteins Doppeleiche
      Die Krone! – sei es allezeit!
Nun, wie geht's dir? – gleich nach verrauschtem Feste,
      Sei's erlaubt mir, teuerster aller Gäste,
      Eh' des Abschieds schmerzliche Stund' geschlagen,
      So dich zu fragen.
Wie mir scheint nicht optime, – grauer Asche
      Gleicht dein Antlitz, – nahe der Wasserflasche
      Hockst du wortkarg, – Liebster, um Gottes willen
      Meide die Grillen!
Quält dich Heimweh? – weilst du bei Muttern ferne
      In Gedanken? – ihr, die nicht allzugerne
      Ließ nach Kiel dich zieh'n, einst den Flotten, Losen
      Und Burschikosen? –
Ist's die Sehnsucht nach den geliebten Kleinen,
      Welche drückt dich? – Keiner verläßt die Seinen
      Ohne Furcht, sie könnt', bis er kehrt, derweilen
      Schlimmes ereilen.
Oder sinnst du, welcherlei Angedenken
      Du jedwedem möchtest von ihnen schenken,
      Wenn du heimkehrst und den Papa mit Küssen
      Alle begrüßen?
 Schwerlich! schwerlich! – Wärest nicht so verdrossen
      Und griesgrämlich, freundlichem Wort verschlossen!
      Ha, ich hab's! o, trotz' ihm und halt dich strammer!
      Das ist der Jammer!
Er, der Menschheit schrecklichster Attentater!
      Nach der Kneipnacht leise beschleicht der Kater
      Die gerieben klappernden Salamander
      All miteinander.
O, des Jammers! – aber du sei gerüstet,
      Zu bekämpfen, welchen nach dir gelüstet,
      Rücke mutig nun mit probatem Mittel
      Ihm auf den Kittel!
Ist dir übel, schlürfe, Gambrin zum Hohne,
      Doppelt stark das schwärzliche Naß der Bohne,
      Oder spürst du fröstelndes Gliederzittern,
      Tee trink', den bittern!
Grimmt's im Bauch' dir, und, mit Respekt zu sagen,
      Knurrt und murrt es, – etliches biet' dem Magen,
      Frommt ihm nicht mehr saftigen Beefsteaks Nahrung
      Frommt noch der Harung!
Tut's auch der nicht, sei des Versuchs beflissen,
      Ihm zum Trotz', eh' ganz er dich hingerissen,
      Nimm was and'res, – spieß auf die blanke Furke
      Salzige Gurke!
Hilft auch die nicht, – fort mit dem grünen Knollen!
      Mehr der Mittel gibt es, – dem Jammervollen
      Gar nicht selten halfen mit einem Male
      Sauere Aale.
Auf die Aale, daß sie das Schwänzchen rühren,
      Etwas Feuchtes! – Laß dich zum Schnaps verführen!
      Und so nahen endlich die drei famosen
      Spirituosen:
 Hilft kein Lütjenburger dir mehr, Duckmäuser,
      Tut's vielleicht rechtzeitig noch ein Nordhäuser,
      Macht vielleicht ein doppelter Bommellundter
      Wieder dich munter.
Prosit, Bruder! – Was du um ihretwillen
      Nun erleidest, sollt' sie es dir nicht stillen?
      O, du, hilf ihm! – hilf ihm, o, alma mater,
      Sanft durch den Kater!
Die Kanalfee bin ich von Holtenau,
      Eine Freundin der plätschernden Welle,
      Wo der Wald so grün und der Himmel so blau,
      Und wo schwirret die gold'ne Libelle, –
      Wo die Erle sich neigt über Binsen und Ried,
      Wo die Wasserose so lieblich erblüht,
      Da wohn' ich an lauschiger Stelle.
Und wenn grüßet vom Himmel der leuchtende Mond
      Über Knoop und den waldigen Höhen,
      Und im schlummernden Dorf', das von Menschen bewohnt,
      Sich die luftigen Träume ergehen, –
      Und wenn Blütenduft füllet den weiten Raum,
      Und die Nachtigall flötet im Apfelbaum',
      Dann läßt die Kanalfee sich sehen.
Dann durchwandle ich froh mein geliebtes Gefild,
      Bis ich komm' zu den duftigen Linden,
      Wo da ragt der Germania gold'nes Gebild,
      Und der Stein, der geweihte, zu finden! –
      Und da steh' ich und breite die Arme aus:
      Gott segne, Gott segne das Kaiserhaus!
      Und ich ruf' es nach allen vier Winden.
Und von Westen nach Osten, von Osten nach West
      Erschallt es wie jubelndes Grüßen, 
      Und noch einmal durchleb' ich das herrlichste Fest
      An dem Stein' zu Germanias Füßen. –
      Und dann dämmert der Morgen, dann treibt es mich fort,
      Und dann eil' ich zurück an den lauschigen Ort,
      Wo die Wasser mich wieder umschließen.
So war es einmal, als der Grundstein geweiht,
      Und das herrliche Werk war begonnen, –
      Und ach, – was im Fluge der eilenden Zeit,
      Schon mit ihr dahin und verronnen!
      Kaiser Wilhelm tot! – – Kaiser Friedrich tot! –
      Doch mit Alldeutschland hat's keine Not,
      Was immer die Nornen gesponnen!
Der Enkel und Sohn führt das Szepter mit Macht,
      Wie groß auch die Last ihm beschieden!
      Und das Werk steht vollendet in herrlichster Pracht,
      Den Völkern zur Freud' und zum Frieden!
      Und nun füllen die Bucht sie, die mächtige, ganz
      Und bringen ihm jubelnd den Ehrenkranz,
      So schön, wie kein schön'rer hienieden!
Und durch Schleswig-Holstein, sein liebliches Land,
      Welch ein Jubel in festlicher Stunde!
      Zwei Meere reichen sich freudig die Hand
      Heut' zum ewig gesegneten Bunde!
      Und vom Elbstrom' hinauf bis zum Skagerrak,
      Wo hinab schon gesunken so manch ein Wrack,
      Ihn preisen die Toten im Grunde!
Und du, kleine Nymphe, nah' deinem Bereich',
      Das nun an so viele vergeben,
      Grünt ferner wohl auch noch ein Erlenzweig
      Und blüht eine Rose daneben, –
      Wo du magst weilen und glücklich sein,
      Und heut in den Jubel stimm' auch mit ein:
      Kaiser Wilhelm der Zweite soll leben! 
Ei, ei, Herr Mai, wie prächtig doch,
      Daß du so hold entsprossen!
      Nun werden wir selbander noch
      Zwei lustige Genossen.
      Ich mit dem Ränzel und dem Stock
      Im frohen Jugenddrange,
      Und du mit deinem Blumenschmuck'
      Und süßem Liederklange.
Gib etwas Grün mir, sei so gut,
      Zum Kranz' für meine Locken;
      Gib einen Strauß mir für den Hut
      Von deinen Lilienglocken.
      Sieh so! – nun kann es vorwärts geh'n
      Von einem Haus zum andern,
      O Lenz, o Lenz, wie ist es schön,
      Mit deinem Mai zu wandern!
Wohin ich blicke, welch ein Bild
      Des Jubels und der Wonne!
      Wie blaut der Dom, wie glänzt so mild
      Die liebe Frühlingssonne! 
      Wie schwärmen Bien' und Schmetterling
      Und Käfer um die Wette!
      Und wie umschlingt den großen Ring
      Der Liebe Blumenkette!
Und wo wir so vorüberzieh'n
      Bergaufwärts und talnieder,
      Da lugen Knospen aus dem Grün!
      Da klingen froh die Lieder!
      Da schmückte sich das Buchenreis
      Mit seiner Blätterfülle!
      Da flattert von den Bäumen leis'
      Die weiße Blütenhülle.
Dort kommt das Dorf, versteckt im Tal',
      Drin wohnen liebe Leute.
      Es sind die Türen allzumal
      Bekränzt mit Maien heute.
      Und draußen sonnt sich groß und klein,
      Daß es im Grünen raste; –
      Halt ein, Herr Mai! Herr Mai, halt ein!
      Hier wollen wir zu Gaste!
Sieh da die Kinder! – dacht' ich's nicht?
      Da kommen sie gesprungen!
      Ich hab' ja auch schon manch Gedicht
      Den Kleinen vorgesungen.
      Die Tasche auf? – den Boten her?
      Viel tausendmal willkommen!
      Die Tasche auf? – nein nimmermehr,
      Bevor ihr mich vernommen!
Sagt, kennt ihr den? – die Mützen ab!
      Den selt'nen Gast zu ehren!
      Was der euch gibt, noch keiner gab,
      Weil's keiner kann gewähren! – 
      Und was ihr Liebes tut mir kund,
      So oft ich komm' gegangen,
      Heut' gebt es ihm, küßt ihm den Mund
      Und streichelt ihm die Wangen!
Was steht ihr denn und zögert noch?
      Und könnt euch nicht entscheiden?
      O, heut' ist er der Beste doch
      Bei weitem von uns Beiden!
      Darum für ihn und nicht für mich
      Den besten Gruß! – – geschwinde!
      Er streut euch Blumen, – aber ich
      Ein Blättchen nur im Winde!
Hurra! Hurra! – ruft mit Hurra!
      Der liebe Storch ist wieder da!
      Willkommen denn, Herr Adebart!
      Das nenn' ich eine Extrafahrt!
      Hoch oben übers Mittelmeer
      Direkt vom Vizekönig her.
Was macht er denn? noch so la, la?
      Und ohne Gicht und Podagra?
      Bringt wohl die Zeit mit Rauchen hin?
      Und die Frau Vizekönigin
      Stopft ihm die Pfeifen wohl, nicht wahr?
      Und kocht dabei den Kaffee gar?
Nun, 's muß so übel dort nicht sein,
      Wär' nur das eine nicht, – ich mein'
      Die Ungeheuer in dem Nil; –
      Hat das ein Maul, so'n Krokodil!
      Ich sah die Bestie schon genug,
      Sie steht in meinem Bilderbuch'.
      
Indessen, was ich sagen wollt',
      Bevor ich es vergessen sollt' –
      's recht! wo baust denn dort dein Haus?
      Suchst dir 'ne Pyramide aus?
      Grad' auf der Spitz', da säß' es schön,
      Und du darin, – das möcht ich seh'n!
Doch Spaß beiseit', Herr Klappermann,
      Was hast für hübsche Strümpfe an!
      Schier wie zwei Stangen Siegellack!
      Dazu im blanken, schwarzen Frack,
      Mit weißer Weste gar dabei,
      Geschniegelt wie ein Hoflakei.
Ja, solch ein Parvenu, wie du,
      Der kann wohl schniepeln immerzu.
      Muß jeden Tag zu Hofe geh'n
      Ins Schloß zur Königin der Fee'n;
      Sie hat im blauen Mühlenteich',
      Wo all die Lilien steh'n, ihr Reich.
Und was für eins! – du liebe Zeit!
      Wie's da nicht winselt, quiekt und schreit!
      Die guten Fee'n, – gibt's da zu tun!
      Und kommt der Storch hinein, – i, nun,
      So reicht sogleich die Königin
      Ihm einen kleinen Schreihals hin.
Mein lieber Storch, den Schnabel auf,
      Und schnell zur Oberwelt hinauf!
      Hier, dieses kleine Wickelkind
      Bring's mal der Müllersfrau geschwind,
      Doch mußt auch hübsch behutsam sein,
      Und beiß' sie nicht zu sehr ins Bein!
So geht es Tag und Nacht in Hast,
      Gar mancher wünscht solch kleinen Gast,
      
      Und hat er sich an dich gewandt,
      So bist du auch sogleich zur Hand,
      Und durch den Schornstein bringst geschwind
      Du seiner Frau das Wickelkind,
Nun wird mir's auch auf einmal klar,
      Was stets mir unerklärlich war,
      Du tust so dreist vor jedermann,
      Und dennoch rührt dich keiner an.
      Man macht sich gar 'ne Freud' daraus,
      Und baut das Nest dir auf dem Haus.
Wie stehst darin auf einem Bein!
      Muß das 'ne schöne Aussicht sein!
      So grad' ins Dorf, – und links sogleich
      Die Wiesen mit dem Mühlenteich',
      Und rechts der Wald mit seinen Höh'n,
      Wo all die gelben Primeln steh'n.
Wie ist's denn? – hast du über Nacht
      Den Frühling auch schon mitgebracht?
      Das wäre nett! – zieht der erst ein,
      Gibt's wieder Grün und Sonnenschein
      Und Blumen, Vogelsang und Freud'
      Durchs ganze Land für alle Leut'.
Wird das ein Leben! o der Zeit,
      Wenn's Perlen taut und Blüten schneit!
      Und wenn die Lerche jubiliert!
      Und wenn die Drossel musiziert!
      Und wenn voll Duft und Sonnenschein
      Der blaue Himmel glänzt darein!
Und wenn im Schmuck' die Wiesen steh'n,
      Und wenn wir dann zu mähen geh'n,
      Dann weiß ich zwei, die sind dabei,
      Ob sie auch feind sich, – einerlei!
      
      Und das bist bu in deinem Frack
      Und dann der grüne Meister Quack.
Ja, Meister Quack! – ei, sieh mal an,
      Was solch ein Wort schon machen kann!
      Da rührst sogleich den Schnabel du
      Und machst ihn auf und klappst ihn zu,
      Na, warte nur, – es währt nicht lang,
      So schallt schon Meister Quacks Gesang.
Doch was ist das? – es saust husch! husch!
      Fast wie der Ziethen aus dem Busch'!
      Fehlt Ziethen auch, – der Busch ist da.
      Das ist die Frau Gemahlin ja,
      Sie hat den ganzen Schnabel voll,
      Ich weiß auch schon, wozu es soll.
Warum auch nicht? – Ihr bringt ja beid'
      In manch ein Haus die Kinderfreud',
      Und wer ein solches Glück beschert,
      Ist dessen selbst doch auch wohl wert,
      So macht das Nest nur nicht zu klein,
      Damit ihr alle könnt hinein.
Die Sonne sinkt, – es ist schon spät, –
      Ihr plappert euer Nachtgebet;
      Wie man's auch spricht, egal – es frommt
      Wenn's nur so recht von Herzen kommt.
      So will auch ich dasselbe tun,
      Und wünsch' euch beiden, wohl zu ruh'n.
Kuckuck! Kuckuck! – Ei, du Kujon!
      Bist auch schon da? – ich hör' dich schon! 
      Was rufst denn so ins Land hinein?
      Kannst weiter nichts, als Kuckuck schrei'n,
      Und brüstest dich auf deinem Ast'
      Wie ein Baron schier, du Hansquast!
Kuckuck! Kuckuck! – Ja komm' nur an!
      Du findest heute deinen Mann!
      So lang es nicht an Stoff gebricht,
      Streich' ich vor dir die Segel nicht;
      Und Stoff genug die Menge hier,
      Zu lesen die Leviten dir.
Kuckuck! Kuckuck! – Kaum blüh'n im Tal'
      Die grünen Wiesen allzumal,
      Besudelst du die Blümelein
      Mit deinem Speichel, – o du – –
      Im Punkte der Unreinlichkeit,
      Das alles Schöne so bespeit!
Kuckuck! Kuckuck! – Du Galgenstrick,
      Wie nenn' ich dich im Augenblick'?
      Und welch ein Beiwort paßt sogleich
      Am besten für den Schelmenstreich,
      Den frech du zu begehen pflegst,
      Wenn du die Kuckuckseier legst?!
Kuckuck! Kuckuck! – Du fauler Wicht!
      Du baust kein Nest und brütest nicht,
      Du fütterst keine Junge groß,
      Streichst nur umher und freust dich blos,
      Wenn dir mit deiner argen List
      Das Bubenstück gelungen ist.
Kuckuck! Kuckuck! – Ich weiß recht gut,
      Wie du es machst mit deiner Brut;
      Du suchst dir wo ein Nestchen traut,
      Das sich ein and'res Paar gebaut, 
      Und sind erst Eierchen darin,
      So paßt es grad' nach deinem Sinn.
Kuckuck! Kuckuck! – Dann schnell zur Hand,
      Setzst du dich hin und legst im Sand'
      Und spähst den Augenblick dir aus,
      Wo just das Pärchen nicht zu Haus,
      Flugs kommst du mit dem Kuckucksei
      Und legst behutsam es dabei.
Kuckuck! Kuckuck! – Und wie der Wind
      Machst du dich aus dem Staub geschwind;
      Und ist das Pärchen wieder da,
      Es weiß nicht recht, was ihm geschah; –
      Doch 's ist ja so! – was soll es tun?
      Es setzt sich hin und brütet nun.
Kuckuck! Kuckuck! – Und der es tat,
      Nicht einmal ein Gewissen hat.
      Es fragt der Spitzbub' nichts darnach,
      Er faullenzt weiter Tag für Tag
      Und lügt inzwischen manchem Tor
      Noch seine Lebensjahre vor.
Kuckuck! Kuckuck! – Nach langer Zeit
      Das Elternpaar sich endlich freut;
      Doch traut es seinen Augen nicht,
      O weh! ist das ein großer Wicht!
      Nimmt fast allein das Nestchen ein,
      Wo bleiben die Geschwisterlein?
Kuckuck! Kuckuck! – Und wie er schlingt
      Und sie um ihren Anteil bringt!
      Da ist auch Holland schon in Not,
      Er drückte eins der Kleinen tot.
      Du armes, armes Elternpaar,
      Das solchen Basilisk gebar! 
Kuckuck! Kuckuck! – Der Eltern Müh'
      Hat keine Ruhe spät und früh,
      Sie schleppen sorgend Tag und Nacht,
      Bis sie ihn endlich groß gemacht;
      Indeß die Kleinen, – welche Qual!
      Sie sterben Hungers allzumal!
Kuckuck! Kuckuck! – Nun ist er groß,
      O Undank, herbes Elternlos!
      Da bricht er noch das Nest entzwei
      Und denkt: Nun ist mir's einerlei;
      Ruft Kuckuck! spreizt die Flügel aus,
      Und wuppdi! nimmt er schon Reißaus,
Kuckuck! Kuckuck! – Er ist entfloh'n. –
      Du aber da, du Erzkujon,
      Der diesen Gaunerstreich erdacht
      Und ihn so listig hat vollbracht, –
      Ku – Kuckuck! – Ja, du sollst nur seh'n
      Es wird dir nochmal schlecht ergeh'n.
Ku – Kuckuck! – Rufst noch immerfort?
      Da komme einer mal zum Wort!
      Ku – Kuckuck! – Ei, ich möchte wohl,
      Daß dich der Kuckuck selber hol'!
      Ku – Kuckuck! – Donnerwetter! schweig!
      Sonst hol' ich noch den Püster gleich!
Na, dacht' ich's nicht! – so rechtes Pack!
      Verhöhnst mich noch zum Schabernack!
      Was nützt's, daß ich gehudelt dich?!
      Wer Pech angreift, besudelt sich!
      's kommt nimmer was dabei heraus, –
      Da fliegt er hin und lacht mich aus! 
Es neckt der Hans
      Die alte Gans,
      Er nimmt ihr frech
      Ein Küchlein weg;
      Doch diese schreit
      Vor Angst und Leid:
      O, helft geschwind!
      Mein Kind! mein Kind!
Das hört im Teich'
      Ihr Mann sogleich;
      Mit einem Satz'
      Ist er am Platz'.
Doch läuft der Hans
      Vor keiner Gans;
      Das Küchlein hält
      Er hoch und stellt
      Zur Wehre sich
      Dem Gänserich'.
Nun geht es los!
      Hans hebt zum Stoß'
      Bereits den Fuß,
      Doch dabei muß
      Das and're Bein
      Ihm Stütze sein.
Dies merkt sich schlau
      Des Gäns'richs Frau,
      Und als ihr Mann
      Greift vorn ihn an,
      Schlägt hinten sie,
      Den Hans ins Knie;
      Pardauz! da liegt
      Er schon besiegt.
 Nun rächen sich
      Ganz fürchterlich
      Der Gänserich
      Und seine Frau.
Schier braun und blau
      Und ganz zerfetzt,
      Entflieht zuletzt
      Der arme Hans.
      Die alte Gans
      Höhnt noch dazu:
      Du Schlingel, du!
      Der Übermut
      Tut niemals gut!
Laterne! Laterne!
      Wie Sonne, Mond und Sterne,
      So leuchtest du uns wunderschön,
      Wenn wir mit dir spazieren geh'n,
      Laterne, Laterne,
      Wie Sonne, Mond und Sterne!
Laterne! Laterne!
      Wie Sonne, Mond und Sterne
      Das Herz erfreu'n mit ihrem Schein',
      So sollst du uns're Freude sein!
      Laterne, Laterne,
      Wie Sonne, Mond und Sterne!
Laterne! Laterne!
      Wie Sonne, Mond und Sterne
      Dem lieben Gott zum Preise sind,
      So sei es auch ein jedes Kind!
      Laterne, Laterne,
      Wie Sonne, Mond und Sterne!
Nach der bekannten Volksweise zum Singen eingerichtet 1- und 2-st. v. Em. Valdamus
Die Blätter fallen; – gib acht, mein Kind!
      Einst rauschten sie lustig im Frühlingswind'.
      Vom blauen Himmel die Sonne schien
      Auf Blumenschimmer und Saatengrün,
      Die Vöglein sangen, – dich küßte der Mai;
      Nun ist alles vorbei. –
Die Blätter fallen; – gib acht, mein Kind!
      Die Zeit ist kostbar, – die Stunde verrinnt,
      Du mußt sie nützen mit Fleiß und Müh',
      Es flieh'n die Jahre so früh, so früh!
      Doch auch im Sommer noch, warm und heiß,
      Mußt du schaffen im Schweiß'.
Die Blätter fallen; – gib acht, mein Kind!
      Wohl zwischen den Blättern die Früchte sind. –
      O, hast du gesucht sie, gesammelt sie ein,
      Wie wirst im Segen des Herbstes dich freu'n!
      Dann kannst sie genießen, dann tu's und erbarm'
      Dich des Bruders, der arm.
Die Blätter fallen; – gib acht, mein Kind!
      Die Menschen wie Blätter im Walde sind.
      Sie kommen und gehen, – bald ist es genug,
      Leis' webet der Winter das Leichentuch,
      Und ist es fertig, dann deckt er sie zu,
      Und sie schlummern in Ruh'.
Die Blätter fallen; – gib acht, mein Kind!
      Ob nicht der Frühling aufs neue beginnt?
      Sei brav und gut nur dein Leben lang,
      Dann wird er kommen mit Sang und Klang,
      Dann wirst ihn seh'n wohl noch einmal so schön
      In den himmlischen Höh'n! 
He, Jakob, mach' mehr Brennholz klein!
      Dann knallt die Lise besser ein.
      Nun leben wir, als wie am Pol,
      So war es anno damals wohl,
      Als unser Freund, der Franzmann, kam
      Und uns vom Nest' die Hühner nahm.
Der sackerlot'sche Herr Franzos!
      Er pumpte wie ein Studios,
      Sprach: parlevu franzä, Musje?
      Und wuppdi! hatt er's weg, o weh!
      Drum schaut er auch wohl übern Rhein
      So gern nach Deutschland noch hinein.
Na, wenn er käme, – ich und du,
      Wir wollten ihm bei parlevu!
      Das weiß er auch und läßt es sein.
      Nun, Jakob, mach' mehr Brennholz klein,
      Und pack' den Korb bis oben voll,
      Wir haben sechzehn unter Null.
Das nenn' ich Winter! – nichts als Schnee,
      So weit ich in die Landschaft seh'!
      Es will der Fuß auch gar nicht mit,
      Und wie es knarrt auf Schritt und Tritt!
      Am Dach' herunter, langgespitzt,
      Ein Zapfen bei dem andern sitzt.
Wie öd' das Feld, wie still die Welt!
      Der Tod hat seine Saat bestellt.
      Herunter fiel's und stand nicht auf,
      Das ist nun so der Zeiten Lauf;
      So fall' auch ich, so fällst auch du,
      So deckt auch uns der Schnee mal zu.
 Brr! muß es kalt darunter sein.
      Das meinst du wohl; – indessen nein!
      Ich sag' dir, Jakob, wenn es schneit,
      Dann webt der liebe Gott ein Kleid
      Und zieht's gar leise jedem an,
      Der keinen Frost vertragen kann.
Quillt unterm Schnee nicht frisch der Born?
      Und grünt darunter nicht das Korn?
      Und hast im Garten nicht geseh'n,
      Wie warm die Keime drunter steh'n?
      Wo blieb auch manch ein kleines Tier,
      Hätt' Gott nicht solch ein Kleid dafür.
O sieh, die Blumen, bunt und kraus,
      Staffieren uns die Fenster aus!
      Hatt' immer meine Freude dran
      Und dacht', sie still bewundernd, dann:
      Die bringen wohl schon einen Gruß,
      Daß's wieder Frühling werden muß.
So ist es auch! – nach kurzer Nacht
      Jedwedes schon vom Schlaf' erwacht
      Und meint, nun wird's zu warm im Haus,
      Wir halten's drin nicht länger aus.
      Das tut der liebe Sonnenschein,
      Er äugelt überall hinein.
Und siehst du, Jakob, ich und du,
      Wir schlafen auch nicht immerzu.
      Einst wird ein Engel, hold und schön,
      Vor unsrer stillen Türe steh'n
      Und wird uns führen aus der Nacht
      Zu lauter Licht und Frühlingspracht.
 Was wirst auf einmal so gerührt?
      Brr! wie es heut' entsetzlich friert!
      Dir hängt der Bart ja ganz voll Reif!
      Und alle Finger sind dir steif!
      So komm nur erst einmal herein,
      Ich heize dir ein wenig ein.
Gesundheit, Jakob! – schmeckt er gut?
      Der stärkt den Magen, wärmt das Blut
      Bei dieser Kälte, trink' nur aus
      Und zieh mir nicht das Maul so kraus.
      Nun schlage Holz, dann wirst du warm,
      Sonst schlägt uns Lise noch Alarm.
Nachher kannst mal zum Nachbar geh'n,
      Er soll auf schwachen Füßen steh'n;
      Viel liebe Kinder um ihn her,
      Dem wird der Winter wohl recht schwer,
      So bring' ihm freundlich einen Gruß,
      Wir haben's ja im Überfluß.
Da liegt ein frischgeback'nes Brot,
      Das wird schon nützen in der Not;
      Nimm einen Schinken aus dem Rauch
      Und einen Sack Kartoffeln auch;
      Ich denke, er verschmäht es nicht,
      Und Nächstenlieb' ist Christenpflicht.
Sagt, habt ihr ihn schon mal geseh'n,
      Ganz überschneit von Flocken?
      Erst wenn die Kinder schlafen geh'n,
      Macht er sich auf die Socken.
      Dann wandert er von Haus zu Haus,
      Nicht fürchtend die Gespenster.
      Nicht achtend Winters Sturm und Graus,
      Und kommt vor alle Fenster.
 Und sind die Eltern schon allein,
      So klopft er an, – ich wette.
      Wer da? Knecht Ruprecht! – Nur herein!
      Die Kinder sind zu Bette.
      Und in die Stube tritt er dann;
      Ei sieh, da bist ja wieder,
      Du lieber, alter Weihnachtsmann,
      Nun komm' und setz' dich nieder.
Der alte Ruprecht! – wie ihm schwitzt
      Das Haupt, das lockenvolle!
      Wie der auch in dem Schafsfell sitzt,
      Sitzt keiner in der Wolle!
      Fast nichts als Rauhwerk ist sein Rock,
      Daß desto mehr er schütze;
      Auch trägt er einen langen Stock,
      Und eine Pudelmütze.
Und an der Mütze obendrein
      Zwei große Ohrenklappen,
      So mag es wohl die Mode sein
      Im Eisbärnland der Lappen.
      Und weil in einer Nacht einmal
      Die Nase Not gelitten,
      Hat er sich gar ein Futteral
      Dafür zurecht geschnitten.
Und dann die Stiefel! – Himmel, nein!
      Die sind ja wie Kanonen.
      Ich glaube fast, es könnt' darein
      Von euch schier einer wohnen.
      Und dann das rote Handschuhpaar!
      Knecht Ruprecht ist nicht eitel,
      Sonst trüg' der Alte doch fürwahr
      Nicht solche Fuchsfellbeutel.
 Und nun erst recht der Bart! – – gewiß.
      Der macht euch alle bangen!
      Er ist ganz grau und überdies
      Mit Reif und Schnee behangen.
      Zwei Ellen mißt er, daß es brummt,
      Schon ohne ihn zu recken,
      Und wenn er in die Stube kommt,
      Gleich fängt er an zu lecken.
Wo wohnt er denn, der alte Knecht?
      Da könnt ihr alle fragen!
      Von allen weiß es keiner recht,
      Und keiner kann's recht sagen.
      Er geht hinaus, er kommt herein,
      Sein Leben ist das Wandern
      In dunkler Nacht und ganz allein
      Von einem Ort' zum andern,
Und sieh, was trägt er huckepack
      Auf seinem krummen Nacken?
      Ihm hängt ein ungeheurer Sack
      Herab bis auf die Hacken.
      Und unterm Arm noch ein Paket, –
      Wer wär' sich das vermuten?
      Es guckt was raus! – o seht! o seht!
      Das sind ja lauter Ruten!
Nun Sack herab und Bündel auf,
      Die Kinder zu bedenken!
      Von allem hat er nichts zu Kauf,
      Doch alles zu verschenken.
      Sagt an, ihr lieben Eltern beid',
      Nun, geht's nach Reih' und Nummer,
      Wer machte euch am meisten Freud',
      Und wer am meisten Kummer?
 Das muß ihm haarklein nun Mama
      Von jedem Kind' erzählen,
      Und ebenso darf auch Papa
      Das Kleinste nicht verhehlen.
      Und ganz darnach, wie jedes war,
      Ob gut mehr oder minder,
      So reicht er nun die Gaben dar
      Zum Christfest für die Kinder.
Wer artig war, sich brav gemacht,
      Wer freundlich, und bescheiden,
      Der wird im Überfluß bedacht,
      Den mag er gerne leiden.
      Doch wer geartet gar zurück
      Ins Gegenteil, o, Schande!
      Dem gibt er nur ein einzig Stück
      An einem seid'nen Bande. –
Und was für eins! – Ob ihr es kennt,
      Ihr alle, liebe Kinder!
      Es hängt am Christbaum, wenn er brennt,
      Und warnt die kleinen Sünder.
      Knecht Ruprecht weiß gar wohl Bescheid,
      Das müßt ihr wohl bedenken,
      Und wird die Gaben allezeit
      Nur nach Verdienst verschenken.
Nun packt er ein; – es ist sein Wunsch,
      Noch andre zu besuchen.
      Der Vater gibt ihm ein Glas Punsch,
      Die Mutter einen Kuchen.
      Und eh' er noch das Haus verläßt,
      Ruft er zurück im Gehen:
      Adieu! ein fröhlich Weinachtsfest!
      Ein fröhlich Wiedersehen! 
Knecht Ruprecht machte still die Runde
      Von Haus zu Haus in dunkler Nacht,
      Und heute schlägt die frohe Stunde,
      Da ihr empfangt, was er gebracht.
      O, süßes Harren und Verlangen
      Auf dieses Augenblickes Lust!
      Wie glüh'n die Rosen auf den Wangen,
      Wie pocht die Freude in der Brust!
Da klingt die Glocke, – euch das Zeichen,
      Zu nahen dem geweihten Raum;
      Herein! herein! – die Schranken weichen,
      Und Leben wird der schöne Traum.
      Da grünt vor euch in Frühlingsfrische,
      Umstrahlt vom gold'nen Kerzenglanz',
      Die Tanne auf dem Weihnachtstische,
      In der Geschenke buntem Kranz'.
Ihr steht erstaunt im Licht' der Kerzen
      Und schweigt, – ich weiß auch wohl, warum?
      So große Freud' im kleinen Herzen
      Macht euch die roten Lippen stumm.
      Doch nur auf kurze Zeit gebunden
      Bleibt euch der Jubel in der Brust;
      Nun habt ihr schon das Wort gefunden,
      Und laut erbrausen Glück und Lust.
O, tausend Dank den lieben beiden!
      An ihren Hals geschwind! geschwind!
      Die sich am Glück' der Kinder weiden
      Und heut' mit ihnen Kinder sind.
      Die nassen Auges auf euch sehen,
      O, küßt das liebe Angesicht!
      Ihr könnt die Freude doch verstehen,
      Wenn auch noch ihre Tränen nicht!
 Im raschen Fluge flieh'n die Stunden,
      Nur die Erinn'rung bleibt zurück,
      Ob sie aufs neue heut' empfunden
      Der Kindheit längst verscholl'nes Glück?
      Es flieht auch euch der gold'ne Morgen
      Dahin mit raschem Flügelschlag',
      Und ach, des Lebens Kampf und Sorgen
      Bringt schon des Lebens heitrer Tag.
Ob ihre Wünsche, ob ihr Hoffen
      Für euch die Zukunft einst gewährt?
      So manch ein Wunsch, nicht eingetroffen,
      Ward doch in stiller Lieb' genährt.
      So manch ein Herz brach schon der Kummer,
      Das wert der reinsten Freude Glück,
      Ach, aus des Grabes tiefem Schlummer
      Ruft auch die Reue nichts zurück!
O, heut' zumal geloben sollet
      Ihr ihnen recht aus Liebesdrang,
      Daß fromm und gut ihr werden wollet
      Und bleiben euer Leben lang!
      Die diesen Abend euch erhellten,
      Wer weiß, wann ihr sie nicht mehr seht,
      Und Elternliebe zu vergelten,
      Ist's, ach, so bald, so bald zu spät!
Der gold'ne Stern ist aufgegangen,
      Die Engel singen durch die Nacht, –
      O, der, den heut' die Welt empfangen,
      Der hat euch all die Freud' gebracht!
      Und wollt ihr liebe Kinder werden,
      Den Vater und die Mutter ehrt!
      Dann wird's euch wohlergeh'n auf Erden,
      Und seiner Liebe seid ihr wert! 
Potz Tausend! siehst du lustig aus!
      Bist wohl ein recht fideles Haus?
      Was doch die liebe Jugend tut!
      Du hebst den Stock und schwenkst den Hut
      Und jubelst in die Welt hinein,
      Als wollt'st du sagen: alles mein!
Ich merk's schon an dem langen Haar'
      Und an dem hohen Stulpenpaar',
      Auch an dem Rock' und an dem Bart',
      Das ist so recht Studentenart;
      Bist wohl ein Bruder Studio,
      Vor Jahren war ich's auch mal so.
Nun trag' ich längst die Zipfelmütz',
      Und wenn ich so im Lehnstuhl sitz'
      Mit Schlafrock und Pampuschen an,
      Dann bin ich schon ein alter Mann;
      Doch kommt einmal ein Studios,
      Gleich wird das Herz mir wieder groß!
O, komm' herein, so wie du bist!
      Und weil es just Sylvester ist,
      So gönn' dir eine kurze Rast
      Und setz' dich nieder, sei mein Gast;
      Ich schenk' dir ein vom besten Wein,
      Sollst herzlich mir willkommen sein!
Willst also auf die Reise geh'n
      Und dir einmal die Welt beseh'n?
      Was sagte denn der Herr Papa?
      Wie weinte wohl die Frau Mama!
      Ich weiß es noch von damals her,
      Es wird den Eltern oft recht schwer.
 Zuerst die Sorge früh und spät,
      Wie's wohl dem lieben Söhnlein geht?
      Ob er gesund und munter ist?
      Ob er die Tugend nicht vergißt?
      Da draußen sind der Wege viel',
      Doch nur der rechte führt ans Ziel.
Und dann, – du weißt wohl auch Bescheid,
      Was kostet nicht ein neues Kleid;
      Und was erst recht das Reisen nicht;
      Sieh, jeder blanke Taler spricht:
      Es hat Papa mit Müh' und Fleiß
      Für mich gegeben seinen Schweiß.
Nun? – wird dir schon das Auge naß?
      Das wollt' ich nicht, – doch freut mich das!
      So weiß ich ja, du hast Gemüt,
      Und daß dir Lieb' im Herzen glüht.
      Nun nimmst du mir's wohl auch nicht krumm,
      Wenn ich dir gleich noch näher komm'.
Als ich den Ränzel einst geschnürt,
      Hat mich der Vater instruiert;
      Der war so recht ein braver Mann
      Und sagte dazumal: Johann,
      Sieh, willst du wohlgelitten sein,
      So merk' dir, was ich sage, fein!
Vor allen Dingen nimm, mein Kind,
      Dich ja in acht vor jeder Sünd',
      Und hast du mal getan nicht recht,
      So sage gleich: Pfui! das war schlecht!
      Und mach' es zehnmal wieder gut,
      So oft dir weh die Reue tut.
In Demut knie' vor Gott, dem Herrn,
      Nie habe Furcht, – doch Ehrfurcht gern. 
      Sei stets ein Feind der Heuchelei
      Und forsche, wo die Wahrheit sei,
      Weil doch zuletzt nur sie allein
      Das Rechte wird von allem sein.
Auch achte nie das kleinste Ding,
      Was Gott erschaffen hat, gering;
      Verstehst du's nur mit rechtem Sinn,
      Liegt Zweck und Poesie darin,
      Und alles trägt in der Natur
      Von Gottes Weisheit eine Spur.
Bald bieten viele dir die Hand,
      Die Meisten sind dir unbekannt;
      Dann mußt du dich darauf versteh'n,
      Ins Aug' und in das Herz zu seh'n
      In deiner Wahl sei ohne Scheu,
      Den Weizen nimm und laß die Spreu.
Bewahre stets den frohen Mut,
      Der oft so not im Leben tut;
      Verlier' auch nie den frischen Sinn,
      Sieh, beide bringen viel Gewinn;
      Mit beiden bist du wohl bestellt
      Und kommst am weit'sten in der Welt.
Auch hübsch bescheiden allezeit!
      Bescheidenheit ein schönes Kleid!
      Man nimmt sich ein Exempel dran
      Und sagt: Der war ein netter Mann,
      Und sieht er wieder bei uns ein,
      So soll er uns willkommen sein.
Sieh, damit ging ich wohlgemut,
      Und wo ich kam, da ging's mir gut.
      Das sagte einst der Vater mir,
      Und darum sagt' ich's wieder dir; 
      Der alte Mann, so lieb und brav,
      Er schläft schon längst den ew'gen Schlaf.
Nun? – wird auch mir das Auge naß? –
      Das wollt' ich nicht, – komm mit dem Glas!
      Wir sind ja in der Neujahrsnacht,
      Ein lustig Hoch sei dir gebracht!
      Rein aus! rein aus den Rebensaft!
      Viel Glück auf deiner Wanderschaft!
Sieh so, da steht der Baum geschmückt!
      Wie das ein Elternherz entzückt!
      Als ob's der Stern der Weisen wär',
      So zaubert er die Freude her,
      Die Freude in den kleinsten Raum,
      Der liebe, grüne Tannenbaum.
Herein! herein nun, groß und klein!
      All was er trägt, soll euer sein.
      Habt lang' genug auf ihn geharrt,
      Bis 's endlich Weihnachtabend ward; –
      Da kommen sie! – o, Kinderfreud',
      Wann wärst du größer wohl als heut'!
Wie klopft so laut die kleine Brust
      Vor all dem Glück und all der Lust!
      Sie sind ja Kinder, – und die Zeit
      Ist doch so reich an Sorg' und Leid!
      Wie manch ein Aug' in dieser Nacht,
      Daß unter heißen Tränen wacht!
Das letzte Mal so traut vereint,
      Und nun – im Felde vor dem Feind! 
      Das letzte Mal so kerngesund,
      Und nun – ein Krüppel, matt und wund!
      Das letzte Mal noch so vergnügt,
      Und nun, – wer weiß es, wo er liegt! –
Getröste Gott die armen Leut',
      Die solche Weihnacht haben heut'.
      Da mag es wohl recht dunkel sein,
      Kommt nicht ein Engel leis' hinein
      Und spricht: Mich sandte Gott herab,
      Seid still und wischt die Tränen ab!
Denn größ're Lieb' kann nicht gescheh'n,
      Als für den Bruder sterben geh'n.
      Er tat es selber, wie ihr wißt,
      Der heut' für euch geboren ist.
      O, neidet nicht in eurem Wahn
      Die Kinder, die es auch getan!
Das hilft, solch Engel, der versteht's,
      Und grad' wie bei den Hirten geht's,
      Da klingt's auch ihnen durch's Gemüt
      Als wie ein süßes Weihnachtslied,
      Und Friede wird's in ihrer Brust;
      Der Engel hat es wohl gewußt.
Mama, Mama! komm, küsse mich!
      Sieh deine Kinder, – freue dich!
      Wir sind doch alle froh vereint
      Und haben noch um keins geweint;
      Zur guten Stunde sei's gesagt;
      Heda, wie schon der Peter jagt!
Das ist 'ne Flinte, Sapperment!
      Da wächst kein Gras, wo die hinbrennt.
      Er macht sich wie ein Grenadier,
      Ich glaub', das hat der Schelm von mir; 
      Man wird den Takt und strammen Gang
      Nicht wieder los sein Lebenlang.
Halt, Junge, steck' den Säbel ein
      Und schieß' mir nicht das Schwesterlein!
      Die hat's von dir, Mama, – wie du,
      Bringt sie das Püppchen auch zur Ruh'
      Und macht das Stübchen nett und fein,
      Ja, Ordnung muß im Hause sein!
Ein jedes so nach seiner Art;
      Der Paul ist auch schon in der Fahrt.
      Er hat die Braunen vorgespannt
      Und schwingt die Peitsche in der Hand;
      Der wird ein Landmann, das ist klar,
      Er macht's ihm nach schon auf ein Haar.
Was treibt denn Hänschen Superklug?
      Sitzt wieder mit der Nas' im Buch!
      Die Bücher sind so seine Lust,
      Knecht Ruprecht hat's gewiß gewußt,
      Das Hänschen denkt: ich bin kein Tor,
      Am besten hab' ich's als Pastor. –
Na, meinetwegen! – Hätt' ich da
      Den Nähr- und Wehr- und Lehrstand ja!
      Das wäre ein Trifolium!
      Nur klein Mariechen, – ei, wie dumm!
      Mama ihr bestes Töchterlein,
      Das würd' allein noch übrig sein.
Du lachst, Mama, und denst dein Teil;
      Nun ja, es hat noch gute Weil'.
      Doch geh'n die Jahre pfeilgeschwind,
      Ein Fräulein wird das Mutterkind,
      Ein Ringlein blitzt an seiner Hand, –
      Und das Fräulein auch hat seinen Stand. –
      
Das wär' wohl nicht nach deinem Sinn,
      Man gibt so leicht sein Kind nicht hin, –
      Und doch, – kam' so ein Schelmfranzos
      Noch einmal, wenn die Jungen groß,
      Ich sagte: Haut ihn alle drei!
      Und wär' am End' noch selbst dabei!
Was qualmt denn da? – Potz Element!
      Geschwind, geschwind! der Baum der brennt!
      Die meisten Lichter schwälen schon,
      Steig' auf und lösch' sie aus, mein Sohn!
      Und ihr, nun packt die Sachen ein
      Und nascht mir nicht so viel hinein!
Da kommt der Pudding, – dacht ich's nicht?
      Margret' kennt unser Leibgericht.
      Nun bring' uns auch 'ne Flasche Wein,
      Und Gläser auch, – sechs müssen's sein,
      Mama und ich – und uns're vier;
      Gelobt sei Gott, daß alle hier!
So naht für euch die ernste Stunde,
      Wo ihr, als Christen neu erprobt,
      Geloben sollt mit lautem Munde,
      Was andre einst für euch gelobt,
      Und wo, aus eigenstem Verlangen
      Nach seinem höchsten Gnadengut',
      Zum erstenmale nun empfangen
      Ihr sollt des Heilands Leib und Blut.
O, würdig solch ein Mahl genossen,
      Wie hohe Gnade schließt es ein!
      Für euch gegeben und vergossen,
      Könnt' eine Liebe größer sein? 
      Und Lieb' um Liebe! – ihm zum Lohne,
      Euch selbst für seine Leidensnot!
      Ein Herz für eine Dornenkrone,
      Ein Leben für den blut'gen Tod!
Ein Leben? – ach, was ist ein Leben?
      So hilflos wie im Staub' der Wurm!
      Und tausend Kämpfen preisgegeben,
      Ein wankend Rohr im wilden Sturm'!
      So haltlos unter Müh' und Sorgen,
      So reich an Zweifeln, arm an Mut!
      Und oft dahin, eh' noch dem Morgen
      Gefolgt des Tages heiße Glut!
O, frische, frohe Menschenblume,
      Du kannst nicht so verloren geh'n!
      Du, aufgeblüht zu Gottes Ruhme,
      Wirst auch zu seinem Ruhm' besteh'n!
      Es mag der Kindheit Schranke fallen,
      Bleibst du nur fürder hold und rein,
      Wird Gott in deinem Erdenwallen
      Dir Schutz und Schirm und Stütze sein!
Und seht, das hoffen auch die Lieben,
      Die euch so früh dem Herrn geweiht.
      Ihr seid es ja bisher geblieben,
      O, bleibt es denn zu jeder Zeit!
      Laßt nichts euch aus dem Herzen rauben
      Von allem, was sie ihm verlieh'n,
      Dann könnt mit eurem Christenglauben
      Getrost ihr in die Fremde zieh'n.
Dann wird der Tag ein Tag voll Segen,
      An dem erneuert ihr den Bund;
      Dann habt ihr Christum allerwegen,
      Wie ihr ihn habt zu dieser Stund'. 
      Dann mag des Lebens Brandung tosen,
      Euch feit das Kleinod, das ihr hegt;
      Der Sturm entblättert keine Rosen,
      Wenn sie die Hand der Liebe pflegt!
Das ist ein Tag, wie keinen ihr begrüßt,
      So wonnereich und hold!
      Der Odem Gottes hat die Welt geküßt,
      Nun Ostern kommen wollt',
      Und Blumen sind herabgefallen
      Euch auf den Pfad, den heut' ihr wallen
      Zur Kirche sollt.
Und ihr, ihr habt, vom Schlummer kaum erwacht,
      In früher Morgenstund'
      Dem lieben Gott wohl euren Dank gebracht
      Aus tiefem Herzensgrund',
      Daß er gefristet euch das Leben
      Und Gnad' und Heil euch hat gegeben
      Zum neuen Bund'.
So schließt ihn denn, – es gibt nicht schön're Tat,
      Als Christo sich zu weih'n.
      Gott ist die Liebe, und wer Liebe hat,
      Der wird auch Gottes sein;
      Und was getan der und gesprochen,
      Des Herz für euch am Kreuz gebrochen,
      War Lieb' allein.
O, eins und alles sei euch ihr Gebot,
      Weil es kein größ'res gibt,
      Und euren Heiland liebt bis in den Tod,
      
      Wie er euch hat geliebt!
      Wer Liebe übt, dem wird vergeben,
      Zum Paradiese macht das Leben,
      Wer Liebe übt.
Dann seid ihr, – Blumen selbst–der Blumen wert,
      Die euch der Morgen heut'
      Mit frohem Gruß' so reichlich schon beschert
      Und auf den Pfad gestreut,
      Dann habt ihr, was euch frommt auf Erden,
      Und welche Freude wird es werden
      Zur Osterzeit! 
(Meinen lieben Kindern Anna und Bertha.)
Des Vaters Sprüche, nehmt sie hin,
      Die Stunden flieh'n, die Jahre gehen,
      Was jetzt noch dunkel eurem Sinn,
      Ihr lernt es mit der Zeit verstehen.
Und blättert ihr dereinst darin,
      Wenn rauh des Lebens Stürme wehen,
      So wisset, daß ich bei euch bin,
      Und daß wir uns im Geiste sehen. 
Anna – das heißt Gottes Huld; –
      Willst du hören gute Lehre:
      Zeig' dich stets wie laut'res Gold,
      Bet' und arbeit', lieb' und duld',
      Also machst du, rein von Schuld,
      Deinem schönen Namen Ehre.
Bertha, – meine jüngste Kleine,
      Merk' es dir, das heißt die Helle;
      Zeig' in deinem Sonnenscheine
      Nie sich eines Schattens Stelle;
      Deine Freude sei das Reine!
      Halt' das Schmutzige, Gemeine
      Fern aus deinem Herzensschreine
      Und von deines Hauses Schwelle.
Du rote Rose, wie lieb' ich dich!
      Nicht bloß ob deiner Schönheit Prangen,
      Auch deines Duftes freu' ich mich;
      Und küß' ich dich, so denke ich
      An meiner Kinder rote Wangen. 
Nichts ziert die Jugend so sehr
      Als ein kindlicher Sinn; –
      Duftet die Rose nicht mehr,
      Ist ihr Liebreiz dahin.
Das Leben ist eine Reise, –
      Aber sieh, ich finde,
      Eine Reise im Kreise;
      Das Kind wird zum Greise
      Und der Greis zum Kinde.
Ein Tropfen im Meer', –
      Was will das sagen?
      Sieh um dich her,
      Brauchst nicht lange zu fragen;
      Du bist es und ich
      Und ein jeder für sich.
Die Augen offen,
      Das Herze rein,
      Auf Gott dein Hoffen
      Und mutig in die Welt hinein! 
Hab' Gott vor Augen
      Und Gott im Herzen;
      So wirst du taugen
      In Freud' und Schmerzen.
Und wärst du noch so reich geboren,
      Mit Schätzen überhäuft wie keiner,
      Du wärest doch der Ärmsten einer,
      Wenn du den lieben Gott verloren.
Aller guten Dinge sind drei. –
      In bezug auf die zwei
      Gibt's zwar mancherlei, –
      Doch das Dritt' möcht' ich nimmer vermissen:
      Ein gut Gewissen!
Fleiß
      Will Schweiß; –
      Mußt du Tropfen schwitzen,
      Was schadet's? – Ich meine:
      Von allen Perlen, die blitzen,
      Sind besser als diese doch keine. 
Sprich nie: mir wird die Zeit so lang;
      Die Zeit, mein Kind, hat Eile,
      Du aber fröhnst dem Müßiggang',
      Plagt dich die Langeweile.
Verlange nicht, daß andre gleich dich preisen;
      Du bist, wie eine Münze ist;
      Ob echt du oder unecht bist,
      Das soll erst der Gebrauch an dir erweisen.
Wer ist der Beste? – Zu allermeist
      Hüt' dich, zu glauben, daß du es sei'st, –
      Wenn du es wärest, sieh, ich mein':
      Wie schlecht müßten dann wohl die andern sein!
Das merk' dir, mein Lieber:
      Die Lüge ist eine Brücke, –
      Bist du einmal hinüber,
      Kannst du nicht mehr zurücke. 
Einmal ist keinmal, – ich sage nein!
      Vor solchem Trost' nimm dich in acht,
      Er schläfert das Gewissen ein,
      Wenn du den Anfang schon gemacht.
Sicherlich meint
      Es mit dir am besten,
      Wer ein offener Feind
      Deiner Fehl und Gebresten.
Muß
      Ist eine harte Nuß;
      Ist aber Wollen dabei,
      So geht sie leichter, als du glaubst, entzwei.
Schmollen, –
      Nicht darfst du's wollen
      Und mußt es lassen;
      Es führt zum Grollen
      Und der Groll zum Hassen. 
Ergeht dir's gut,
      Sei auf der Hut;
      Gar leicht erscheint
      Ein arger Feind:
      Der Übermut.
Der böse Neid,
      Wenn der nicht wär',
      Wie manch ein Leid
      Wär' dann nicht mehr!
Wer da glaubt, er sei klug,
      Der weiß nimmer genug;
      Wer was Rechtes will lernen,
      Muß allen Dünkel entfernen.
Scheinen lügt,
      Und Meinen trügt
      Gar oft im Leben.
      Bald wirst du finden,
      Man kann aus Gründen
      Auf vieles doch nur wenig geben. 
Wenn zwei sich zanken, halt' dich fern!
      Denn wolltest du Vermittler spielen,
      So will's vielleicht dein Unglücksstern,
      Daß du zuletzt das Bad mußt kühlen.
Anhalten tut kriegen,
      Aber Nachlassen – unterliegen;
      Drum merk' dir's fein:
      Willst du siegen,
      So mußt du standhaft sein!
Verstehst du, auf den rechten Raum
      Den kleinen Holzklotz nur zu legen,
      So läßt mit einem Hebebaum'
      Ein Mühlenstein sich schon bewegen.
Das Glück ist Glas, –
      Tu' deine Pflicht,
      So heut' wie morgen,
      Und laß für das,
      Was sonst gebricht,
      Den lieben Gott im Himmel sorgen. 
Wer kann von Glück
      Im Leben sagen?
      Wen kein Mißgeschick
      Je zu Boden geschlagen?
      Der Weise spricht:
      Wer seiner Pflicht
      Genug getan in allen Lagen.
Zwischen heut' und morgen
      Oft welche Freud'!
      Oft welche Sorgen
      Und welch ein Leid!
Unglücklich ist
      Der Pessimist;
      Denn, wem die Erde nicht des Lebens wert,
      Dem gibt sie nicht, was er begehrt,
      Und so entbehrt
      Er stets hienieden
      Den Frieden.
Du suchst das Glück auf allen Gassen?
      Laß ab, mein Freund, du tappst im Blinden.
      Kannst du's nicht in dir selber finden,
      So bleibst du ewig glückverlassen.
Warum klagen
      Und gar verzagen?
      Tu' du das Deine,
      Gott tut das Seine.
Das merke, wer gefrevelt hat:
      Was ist gescheh'n, das bleibt geschehen; –
      Doch gibt es einen guten Rat,
      Der gute Rat heißt gute Tat;
      So kann vielleicht die Schuld vergehen.
Nachsicht und Liebe – wer die vergaß,
      Der hat sich selber vergessen,
      Dieweil ein jeder nach seinem Maß'
      Dereinst wird wieder gemessen.
Ist deinem Bruder was gescheh'n,
      Darüber alle Menschen schrei'n:
      Kannst du durch seine Nacht nicht seh'n,
      So wirf auch nie den ersten Stein. 
Warst du so vermessen
      In deinem Glück',
      Daß du Gottes vergessen,
      Mußte über dich kommen
      Wohl ein Mißgeschick, –
      Aber dir zum Frommen,
      Daß es dich führte zu ihm zurück.
Wessen Liebe der Preis?
      Und wessen Opfermut'?
      Dessen Linke nicht weiß,
      Was die Rechte tut.
Zeig' dem Schicksal dich als Mann,
      Und im Hoffen bleib' geduldig!
      Wer da leistet, was er kann,
      Der ist keinem mehr was schuldig.
Tue Recht und scheue keinen,
      Mehr bedarf's nicht der Moral.
      Was von dir die Menschen meinen,
      Ist dem lieben Gott egal. 
Ohne Sorgen, – solch ein Fall
      Wird dich nie erfreuen;
      Denn, eh' noch die alten all,
      Kommen schon die neuen.
Lieber um bescheid'nen Genuß
      Mit stolzem Nacken
      Mich plagen und placken
      Ehrenvoll, –
      Als beim Überfluß
      Mit geschmeidigem Rücken
      Mich biegen und bücken, –
      Eine Null.
Du sitzest still an deinem Herd,
      Gedenkend aller, die dich kränken;
      Der ganze Plunder ist's nicht wert,
      Auch nur darüber nachzudenken.
Ob Freude dir den Busen schwellt,
      Ob dir die Stirn in Falten, –
      Wie du sie ansiehst, wird die Welt
      Sich auch für dich gestalten. 
Es ist doch wirklich kurios,
      Als wenn ganz unentbehrlich wär'
      Der Ärger für das Menschenleben;
      Denn kaum sind wir den einen los,
      So sind wir schon dahinter her,
      Dem anderen uns hinzugeben.
Wer glaubt, daß er sich ärgern muß,
      Dem wär' es wohl zu sagen gut:
      Kein anderer macht dir Verdruß,
      Du bist es selber, der es tut.
Geht's dem Bösen gut und dem Guten schlecht,
      Du darfst nicht meinen, das sei nicht recht;
      Der Sonne Strahl
      Löst des Eises Rinde; –
      Und wen liebt der Herr,
      Den züchtiget er,
      So frommt die Qual
      Auch dem Gotteskinde.
Bist du unzufrieden mit deinem Los,
      Hör', was ich sage, und merk' dir's fein:
      Dein Mißgeschick ist nimmer so groß,
      Daß es nicht könnt' noch viel größer sein! 
Hat einer dir getan ein Leid,
      O, vergib ihm, vergib
      Und vergelt's ihm mit Lieb',
      Daß aus dem Leid' dir erblühe die Freud'.
Geht's einmal nicht nach deinem Sinn,
      Erblick' nicht gleich ein Unrecht drin,
      Und bleibe hübsch geduldig;
      Was zu empfangen,
      Darfst du verlangen?
      Ist dir der liebe Gott was schuldig?
Wenn einer, was er konnte, tat
      Und bracht' doch nichts zustande,
      So halt' er sich den Trost parat:
      Was einer nicht verschuldet hat,
      Macht einem keine Schande.
Du gehst und klagst und kannst doch geh'n, –
      Was gibt's zu klagen?
      Ich hab' einen kranken Mann geseh'n,
      Den mußte man tragen. 
Du seufzest, und die Träne rinnt, –
      O, wollest nicht so düster schauen!
      Zwei Freunde gibt's, wer die gewinnt,
      Kann fest auf ihre Hülfe bauen,
      Und stärk're gibt es keine;
      Mut heißt der eine,
      Der and're: Gottvertrauen.
Das tröste dich, wenn Schlimmes kommt:
      Wir wissen nicht, wozu es frommt;
      Laß nur die Zeit darüber geh'n,
      Fast immer wird's nachher gescheh'n,
      Daß wir drin Gottes Fügung seh'n.
Bist du der Trübsal
      Zu sehr ergeben,
      Ist's nicht wie Diebstahl
      Am eig'nen Leben?
Wenn du so recht müde bist
      Und in Qual und Not, –
      Wer ermißt,
      Was dir wäre der Tod,
      Der des Schlummers ein Bruder ist?! 
Durch Gottvertrau'n und mut'ge Tat
      Ward manch ein Leid beschworen;
      Wer sich nicht selbst verloren hat,
      Der ist noch nicht verloren.
Nur Mut, nur Mut, trotz allem Leid!
      Wir dürfen stets zu hoffen wagen, –
      Wie könnt' nach trüber Winterszeit
      Ein Dornstrauch sonst wohl Rosen tragen? !
Einmal muß sich alles legen,
      Diese Hoffnung bleibe dein!
      Wandelst du auf Dornenwegen,
      Auch der Schmerz ist Gottessegen,
      Und es kommt nach Sturm und Regen
      Wieder gold'ner Sonnenschein.
Vor einem Rätsel steh'n alle wir
      Und grübeln und raten vergebens.
      Auch nicht der Weiseste löst es hier,
      Erst hinter des Grabes geheimer Tür
      Wird gelöst uns das Rätsel des Lebens. 
Gott ist Liebe. –
      O tröstlich Wort!
      Wenn nichts verbliebe,
      Eins dauert fort:
      Es bleibt die Liebe! –
      Denn würd' auch sie vergeh'n
      Wie könnte Gott besteh'n?
Schließ' jeden Tag die Rechnung ab;
      Schon manchem, der der Ruhe pflegte,
      Ward, eh' der Morgen kam, zum Grab
      Das Bett, d'rin er sich schlafen legte.
Unser Leben ist kurz, – und bald liegst du verklärt, –
      Und hoch über dir schwebt eine Wage, –
      Auf der einen Schale was Gott dir beschert,
      Auf der andern das Werk deiner Tage.
Wie es kommt, ist's nimmer schlecht,
      Und wer's schickt, den preise!
      Heilig ist er und gerecht,
      Gütig und allweise! 
Wohin du dich auch verirrst,
      Bis zum Kirchhof ist nicht weit, –
      Und je älter du wirst,
      Desto schneller fliegt die Zeit.
Wie mancher schloß die Augen zu,
      Der noch viel jünger war als du!
      Wann klopft der Tod an deine Tür? –
      So lange du am Leben bist,
      Betracht' als eine Gnadenfrist
      Jedwede Stunde,
      Und danke deinem Gott dafür
      Aus Herzensgrunde!
Dank' Gott, daß dir es nicht vergönnt
      Zukünftiges vorauszusehen;
      Uns klugen Menschenkindern könnt'
      Nichts Schlimmeres als das geschehen!
      Denn was für uns an Schmerz und Leid
      In ihrem Schoße birgt die Zeit,
      Es würd' uns stets vor Augen stehen,
      Verbittern uns jedwede Freud', –
      Und friedlos und in Traurigkeit,
      So würden wir durchs Leben gehen. 
Die Jahre verstreichen
      Uns um ein kleines,
      Und alle wir gleichen
      Den Blättern des Haines.
Die Blätter des Haines
      Verwelken, zerstieben, –
      Und, um ein kleines, –
      Wo sind wir geblieben?!
Mein!
      Was ist dein?
      Schon morgen kann's eines andern sein!
Ach, was ist Reichtum und Schönheit und Pracht?!
      Sterben muß jeder, und kommt 'mal die Nacht,
      Drunten ist's dunkel und Staub das Gebein,
      Traum nur und Schaum nur all irdischer Schein!
Entsag', entsage!
      Und dein Schicksal trage!
      Hoff' auf ein anderes Werde
      Und auf bessere Tage
      Auf einer schöneren Erde! 
Ich wollt', ich wär' reich! –
      Und wärst du's gleich,
      Du würdest sagen:
      Ein jeder Mensch hat seine Plagen.
Wenn du vergnügt beim Glase warest,
      Fiel nie ein Tropfen Wermut drein?
      Es kann der Groschen, den du sparest,
      Schon eines Armen Freude sein.
Gib gern von deinem Überfluß,
      Wo einer so in Nöten ist,
      Daß er bei andern bitten muß, –
      Und danke Gott, daß du's nicht bist.
In vino veritas, – gewiß!
      Im Wein ist Wahrheit. –
      Bedenk' es aber, Brüderlein,
      Das Gegenteil liegt auch im Wein',
      Denn schenkst du allzu fleißig ein,
      Umnachtet er mit Finsternis
      Des Geistes Klarheit. 
O, glaube mir, in gut und bösen Tagen
      Eine bess're Freundin find'st du nie,
      Die Freud' und Leid dir hülfe tragen,
      Eine bess're als Philosophie!
Ich bin ich. –
      Ei, sicherlich!
      Gibt's einen Witz, der dummer ist,
      Als der, daß du kein and'rer bist?
Hör' weiter zu:
      Wär'st du nicht du,
      So wär'st du nicht; –
      Und der, so dies behauptet, spricht:
      An wen sollt' ich mich richten
      Mit meinen Sinngedichten?
An gutem Stoff' gebricht es nie,
      Magst du ihn noch so sehr vermissen,
      In jedem Ding' liegt Poesie,
      Man muß sie nur zu finden wissen.
Du klagst, daß man dir Unrecht tut,
      Weil dich kein Rezensent will loben?
      Mein lieber Freund, nur ruhig Blut!
      Allmählich klärt sich erst die Flut;
      Ist, was du dichtest, wirklich gut,
      Dann kommt es schon von selbst nach oben. 
Hält man deine Gedichte
      Daheim für Tand,
      Acht' als Poet
      Dir's nicht zu Schande.
      Ist 'ne alte Geschichte,
      Die weltbekannt:
      Nichts gilt der Prophet
      Im Vaterlande.
Wirst in den Schatten du gestellt,
      Mißgönnt man dir der Sonne Strahl,
      Laß ihren Lauf getrost der Welt;
      Wenn erst das Laub zu Boden fällt,
      Erquickt auch dich das Licht einmal.
April! April!
      Mag er tun, was er will!
      Um ein Weilchen
      Da blüh'n schon die Primeln und Veilchen!
Regen, Regen,
      O, du Gottessegen!
      Wo du getropfet allüberall,
      Wie wird dich preisen der Gärten Blüh'n
      Und der Bäume Grün
      Und die Nachtigall
      Und der Mensch, – der immer zu klagen, –
      In den kommenden, wonnigen Tagen! 
Als im Garten soeben
      Ich mich erging,
      Und über Tod und Leben
      In Gedanken hing:
      Tat gar lustig daneben
      Ein bunter Schmetterling
      Von Blume zu Blume hinschweben.
So klein und gering
      Ist kein Ding,
      Daß nicht der rechte Mann
      Fänd' etwas Großes daran.
Was still die kleine Blume beut,
      Das könnt' dir schon als Beispiel dienen:
      Sie blüht zu aller Augenfreud'
      Und birgt den Honig für die Bienen.
Ihr Blumen blau und rot
      Cyanen und Kornraden,
      Ihr blüht in unserm Brot
      Dem Landmann' zwar zum Schaden.
      Doch woll' er auch bedenken,
      Daß wir Blumen pflücken, 
      Um den Kuchen zu schmücken,
      Bevor wir ihn verschenken, –
      Und Blumen sollte zu den Ähren
      Uns nicht der liebe Gott bescheren?
Dich sticht die Nessel,
      Willst du sie brechen; –
      Brichst du die Rose,
      Sollt' sie dich nicht stechen?
Am Hasel die Äste
      Saßen voller Blüten und Quäste,
      Kamen die kleinen Gäste
      Und brachen munter
      Sich die hübschen Pfeifen mit den Troddeln herunter.
Wenn nach solchem Schinden,
      Nun die Früchte reifen,
      Keine Nüsse zu finden,
      Kannst du's begreifen?
Die Schmarotzer im Rosenstrauch'
      Hegen und Pflegen den dicken Bauch,
      Viel arge, böse Gesellen;
      Aber da kommst du,
      Kleine Gotteskuh,
      Luft schaffend umlagerten Stellen,
      Und die Knospen nicken dir dankend zu
      Und beginnen fröhlich zu schwellen. 
Ein Schneckenhaus
      Sieht prächtig aus,
      Und sehr bequem
      Und angenehm
      Mag's wohl der Schnecke scheinen; –
      Doch hätt' ich's so,
      Ich wär' nicht froh, –
      Wo hätt' ich Platz
      Für meinen Schatz
      Und uns're lieben Kleinen?!
Fällt ein Blatt vom Baum',
      Welk und lebenssatt,
      Auf dem kleinsten Raum'
      Seiner Lagerstatt
      Kann es gleichwohl nützen
      Und vor Erstarrung ein Tierlein schützen.
Auch das kleinste Tier
      Hat ein Recht ans Leben,
      Das, wie dir und mir,
      Ihm zur Lust gegeben;
      Wolltest du's töten,
      Wenn's nicht vonnöten,
      Du müßtest daneben
      Vor dir selber erröten. 
Das Tier auch steht in Gottes Schutz,
      Empfohlen sei es deiner Hut!
      Es bietet seinem Schöpfer Trutz,
      Wer am Geschöpf ein Unrecht tut.
Fürwahr, der Mensch hat kein Gemüt
      Und steht der wahren Liebe fern,
      Der, wenn ein Tier er leiden sieht,
      Nicht auch ihm Hilfe brächte gern!
Versünd'ge dich an keinem Tier',
      Ein Gott erschuf euch beide
      Und gab dem Tier', so gut wie dir,
      Des Daseins süße Freude.
Ein Haustier quälen? – pfui doch! nein!
      Das hat mich allemal verdrossen.
      Wer macht denn seinen Freunden Pein,
      Und quält die treuen Hausgenossen?!
Wird irgendwo ein Tier gequält,
      O, sei auf seinen Schutz bedacht!
      Der Gott, der deine Tränen zählt,
      Gibt auch auf seine Seufzer acht. 
Keins deiner Tiere hab' es schlecht!
      Was stets zu nützen dir bereit,
      Hat sicherlich ein bündig Recht
      Auf deine volle Dankbarkeit.
Tierquälerei ist wie Verrat
      Am schönsten, was ein Herz mag laben;
      Wer mit dem Tier' kein Mitleid hat,
      Wird's auch nicht mit den Menschen haben.
Jeder Arbeiter ist
      Seines Lohnes wert!
      Wer das ermißt,
      Quält gewiß kein Pferd:
Wenn ein Dorn dich sticht,
      Vergilt's dem Strauche nicht
      Und freu' dich seiner schönen Blüte
      Und daß durch deines Schöpfers Güte
      Im Schnee des Dornstrauchs rote Beeren
      Die armen, kleinen Vöglein nähren. 
Schnee! nichts als Schnee!
      Und der Hunger tut so weh!
      Streut Krumen, Krumen
      Auf die Erde nieder,
      Daß nicht fehlen die Lieder,
      Wenn da kommen die Blumen!
Du reichst die Hand zum Abschied mir
      Und bittest mich, ich möge dir
      Ein Liebeszeichen schenken?
      Viel teurer als ein gold'ner Ring,
      Viel besser als jedwedes Ding
      Ist einem, welcher von uns ging,
      Wenn treu wir sein gedenken.
Wieder mal in stiller Nacht
      Nur ein kleines Lied gemacht!
      Wieder mal in Freud' und Schmerzen, –
      Mag es Weib und Kind vergeben, –
      Nur ein Stück von deinem Herzen,
      Und zugleich von deinem Leben!
Daß der Himmel dich schütze,
      O Poesie!
      Mein Trost und meine Stütze,
      Verlaß mich nie!
 Sollt' ich deiner mich ganz entschlagen,
      Ach, es wär',
      Was in schlimmen Tagen
      Das Herz muß tragen,
      Noch einmal so schwer!
Kummer und Trübsal sind überall,
      Und Leiden läutern das Leben. –
      Wie trüge der Mensch auch im andern Fall',
      Was an Glück und Freud' ihm gegeben,
      Ohn' sich zu überheben?!
Hat man verlästert dich
      Und warst du ohne Schuld,
      Obsiegst du sicherlich, –
      O, habe nur Geduld!
      Verfolgt von der Gemeinheit
      Strahlt um so heller die Reinheit!
Es ist mal so im Menschenleben,
      Der Neid läßt selten jemand ruh'n,
      Hofft einer mal mit seinem Tun
      Ein wenig sich empor zu heben
      Und aufzurichten den müden Rücken.
      Gleich werden andre sich bestreben,
      Ihn um so tiefer hinab zu drücken. 
Verlästert werden ist zwar hart,
      Doch bleibt der Neid ein eitler Wahn, –
      Und der noch nie befeindet ward,
      Der hat auch nie was Recht's getan!
Zwei Bücher die von allen
      Am meisten mir gefallen, –
      Du kennst sie beide, – lies sie nur!
      Die Bibel ist das eine,
      Das andre? – nun ich meine:
      Die Bibel der Natur.
Das Buch der Bücher, – vergleich' ich's nnr
      Vernünftig mit dem Buche der Natur,
      Wenn in Gottes Schöpfung ich wandre,
      So wird mir's klar,
      Er schrieb sie beide wunderbar, –
      Das eine zwar unmittelbar, –
      Und mittelbar das andre!
Die Musik ist für Gefühl und Gemüt!
      Sie ist Melodie
      Und Harmonie,
      Zu einer himmlischen Schönheit erblüht. –
 Aber höher noch schätz' ich die Poesie;
      Denn sie nicht nur das Gemüt bezwingt,
      Sondern auch in die Tiefen des Geistes dringt,
      Und will die Musik ihr in diesem gleichen,
      Muß ihr die Dichtkunst das Wort erst reichen.
Wie eine Rose, frisch erblüht,
      Ist die Musik nur fürs Gemüt.
      Es freut das Herz sich ihrer Pracht
      Und ihres Duftes süßer Macht;
      Wir küssen ihr lieb Angesicht,
      Doch Worte hat die Rose nicht!
Das deutsche Lied, – wie ist's so sinnig!
      Wie ist's so süß, so minnehold!
      Wie ist's so hehr, wie ist's so innig!
      Wie ist's so rein, so laut'res Gold!
      Und wie entflammt es doch die Menge
      Zugleich mit der Begeist'rung Brand!
      Auf deine Lieder und Gesänge
      Sei stolz, mein deutsches Vaterland!
Mag, was im Haine der Musen erblüht,
      Nicht den Philistern behagen, –
      Singt doch die Lerche ihr jubelnd Lied,
      Ohne die Spatzen zu fragen. 
Ob dein Gedicht gut oder nicht? –
      Die besten Richter
      Sind andere Dichter.
      Wenn sie daran erfreuen sich
      Und gar darum beneiden dich,
      Im stillen wünschend, daß sie es gemacht:
      Dann hast du was Gutes zustande gebracht.
Nun hast du alles hübsch und fein
      Und kannst dich in der Welt bewegen;
      Dein Garten blüht im Sonnenschein',
      Dein Haus ist voll von Gottessegen;
      Es fehlt nur noch ein Plätzchen klein;
      Erwirb es bald, damit es dein, –
      Das, wo sie dich zur Ruhe legen.
Und bist du dreißig Jahre tot,
      Und Weib und Kind sind noch am Leben,
      Verlieren sie vielleicht ihr Brot,
      Was sterbend ihnen du gegeben.
      Dann wird dein geistig Eigentum
      Gemeingut, – und dem Reichstag' blüht der Ruhm,
      Wenn dann, infolge von Beschlüssen,
      Die nunmehr kommunistisch sind,
      Des toten Dichters Weib und Kind
      Vielleicht noch Hungers sterben müssen! – 
Macht dir ein Rezensent Verdruß,
      Quäl' dich nicht allzusehr darum;
      Maßgebend ist als Kritikus
      Doch schließlich nur das Publikum.
Sieh, hier hat dich Gott gesä't,
      Und, auf seinen Wink erschienen,
      Wie ein blaues Blumenbeet,
      Schimmerts, wo du blühst im Grünen.
Galt auch all mein Müh'n und Fleiß
      Nur der Ehre und dem Ruhme,
      Bliebst mir, kleiner Ehrenpreis,
      Doch die blaue Märchenblume!
Nichts errungen, nichts erjagt
      Von dem schönsten Glück' auf Erden!
      Was dem Lebenden versagt,
      Soll es noch dem Toten werden?
Grünt kein Lorbeer wo ich ruh',
      Schmückt kein Monument die Stätte:
      Kleine blaue Blume, du
      Blühst vielleicht auf meinem Bette!