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12. Gebet, Fürbitte und Dank sei das Geschäft.

Wachet und betet

Berufne Seelen, schlafet nicht!
Zur Ewigkeit steht aufgericht't:
Wir wandeln nur im Schatten hier;
Was träumen wir
Und zärteln unser träges Tier?

Legt ab die Last und was euch hält,
Lust, Gunst und Umgang dieser Welt,
Geht aus Natur und Eigenheit,
Seid stets bereit,
Der Bräut'gam kommt, er ist nicht weit.

Auf, laßt uns ihm entgegengeh'n
Und, was hier stehet, lassen steh'n,
Nehmt seinen Ruf im Geiste wahr;
Hier wird er gar
Den reinen Herzen offenbar.

Bleibt eingekehrt, da man's geneußt,
Und betet immerdar im Geist,
Daß man euch Zeit und Kraft nicht stehl;
Ach, sammelt Oel,
Jetzt, jetzt, damit euch's dann nicht fehl'.

Nun ganz für Gott! dort gilt kein Schein;
Herr, flöß' uns Oel der Liebe ein
Zu unsers Lebens Treibgewicht
Und Seelenlicht,
Das auch im Tod verlösche nicht.

O Jesu, weck uns selber auf
Zum innig muntern Pilgerlauf:
Hilf wachen, beten, sterben nun
Und nirgend ruhn,
Bis du uns findest also tun.

Brüderliche Fürbittseufzer

Jesu, der du bist alleine
Haupt und König der Gemeine,
Segne mich, dein armes Glied:
Wollst mir neuen Einfluß geben
Deines Geistes, dir zu leben,
Stärke mich durch deine Güt'.

Ach, dein Lebensgeist durchdringe,
Gnade, Kraft und Segen bringe
Deinen Gliedern allzumal,
Wo sie hier zerstreuet wohnen
Unter allen Nationen,
Die du kennest überall.

O wie lieb ich, Herr, die Deinen,
Die dich suchen, die dich meinen,
O wie köstlich sind sie mir!
Du weißt, wie mich's oft erquicket,
Wenn ich Seelen hab' erblicket,
Die sich ganz ergeben dir.

Ich umfasse, die dir dienen,
Ich verein'ge mich mit ihnen
Und vor deinem Angesicht
Wünsch' ich Zion tausend Segen:
Stärke sie in deinen Wegen,
Führ' sie selbst nach deiner Pflicht.

In der argen Welt sie rette
Und den Satan bald zertrete
Gänzlich unter ihre Füß:
Töte durch den Geist von innen
Fleischeslust, Natur und Sinnen,
Sei nur du den Deinen süß.

Die in Kreuz und Leiden leben,
Stärke, daß sie ganz ergeben
Ihre Seel' in deine Hand:
Laß sie dadurch werden kleiner
Und von allen Schlacken reiner,
Lauterlich in dich gewandt.

Laß die Deinen noch auf Erden
Ganz nach deinem Herzen werden,
Mache deine Kinder schön,
Abgeschieden, klein und stille,
Sanft, einfältig, wie dein Wille
Und wie du sie gern willst seh'n.

Sonderlich gedenke deren,
Die es, Herr, von mir begehren,
Daß ich für sie beten soll:
Auf dein Herz will ich sie legen,
Gib du jedem solchen Segen,
Wie es not, du kennst sie wohl.

Ach, besuch' zu dieser Stunde
Ihre Herzen und im Grunde
Sie erfreu' in dir allein;
Zeuch mit deinen Liebeszügen
Ihre Lust und ganz Vergnügen
Wesentlich in dich hinein.

Ach, du hast uns teu'r erworben,
Da du bist am Kreuz gestorben;
Denke, Jesu, wir sind dein:
Halt uns fest, solang wir leben
Und in dieser Wüste schweben;
Laß uns nimmermehr allein.

Bis ich einst mit allen Frommen
Droben werd' zusammenkommen
Und von allen Flecken rein
Da vor deinem Throne stehen,
Uns in dir, dich in uns sehen,
Ewig eins in dir zu sein.

Wer richtet, wanket schon

Nur Gutes schau' und lieb' in allen:
Fällt einer, bet' und richte nicht;
Er kann aufsteh'n, und du kannst fallen;
Schau Gott an, halt dich, eh's geschicht.

Vom Kreuz

Das Kreuz ist dennoch gut,
Ob es gleich wehe tut:
Der gute Gott es gibet,
Drum muß es sein geliebet.
Ei, fasse guten Mut!
Was bitter ist im Munde,
Ist innerlich gesunde,
Es ist so gut, so gut.

Das Kreuz ist dennoch schön,
Kann's gleich Vernunft nicht seh'n,
Man wird im Kreuz geehret,
Mit Gottes Sohn verkläret;
Die Engel um dich steh'n,
Sie schauen dich mit Freuden
Im stillen Geiste leiden:
Es ist so schön, so schön.

Das Kreuz macht gottgemein:
Es treibt den Sinn hinein,
Der sonst gern ausspazierte
Und leicht das Herz verführte;
Nun sammelt er sich fein:
Er mag von Welt nicht hören,
Er muß in Gott sich kehren
Und wird mit Gott gemein.

Wo Kreuz ist, da ist Licht:
Du kennst dich selber nicht,
Solang du nicht probieret;
Du hast, wie sich's gebühret,
Von Gott auch kein Gesicht:
Kreuz lehrt dich alle Wahrheit,
Kreuz führt dich in die Klarheit;
Wo Kreuz ist, da ist Licht.

Das Kreuz macht hell und rein,
Es fegt den falschen Schein,
Die heimelichsten Flecken
Im Kreuze sich entdecken,
Geschieht es gleich mit Pein:
Der Schaum der Eigenheiten
Zerschmilzt in Kreuz und Leiden:
Es macht so rein, so rein.

Das Kreuz macht dich gebeugt,
Geschmeidig und erweicht,
Der ungebrochne Wille
Wird kindlich, sanft und stille;
Der Geist vor Gott sich neigt,
Das Herz will gern zerfließen
Zu aller Menschen Füßen:
Es wird so gar gebeugt.

Im Kreuze wird man klein:
Der eingebild'te Schein
Und alles hohe Dünken
Muß in dem Kreuze sinken;
Da lernt man Gott allein
Verehren und erheben,
In seinem Nichts zu leben:
Man wird so klein, so klein.

Kreuz führt dich aus der Not
Ins Leben durch den Tod:
Kannst du dein eig'nes Leben
Dem Tod am Kreuz ergeben
Und ganz dich lassen Gott,
Bald steht der Geist im Frieden,
Vergnügt und abgeschieden
Von Jammer, Angst und Not.

Ich lieb das liebe Kreuz
Und wollt' aus heil'gem Geiz
Der ganzen Welt Vergnügen
Dafür wohl lassen liegen,
Ich küss' es ja bereits.
Mein Kreuzesfürst, mein Leben
Sei völlig dir ergeben
Und deinem lieben Kreuz.

Vom Kreuz ins Paradies,
Vom Leiden zum Genieß
Ist Jesus vorgegangen:
Willst du die Kron' erlangen,
So halt' das Kreuz gewiß.
O Jesu, mit mir leide,
Bis daß ich endlich scheide
Vom Kreuz ins Paradies.

 

*

 

Ausklang.

Die Blümlein stehen hier
Gepflanzet aufs Papier:
Gott wolle selbst sie malen,
Begießen und bestrahlen;
Das Herz sei deine Erd',
Und jedes Blümlein werd'
Zur Wahrheit, Kraft und Wesen,
In allen die sie lesen.


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