Artur Landsberger
Mensch und Richter
Artur Landsberger

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XXIII.

Richard Krüger hatte vor dem Untersuchungsrichter erklärt:

»Ich gebe zu, daß der Schein gegen mich ist. Aber ich behaupte, der belgische Juwelier ist trotz des Leumunds, den er in Brüssel genießt, ein Halunke. Wer mich kennt, weiß, daß ich einer solchen Tat nicht fähig bin. Ich befand mich in geordneten Verhältnissen und wüßte wirklich nicht, was ich mit dem Schmuck hätte anfangen sollen.«

Darauf erwiderte der Untersuchungsrichter:

»Welchen Zweck konnte der Belgier damit verfolgen, sich seines Schmuckes, den er sicher auf der Brust trug, zu entledigen und einen Überfall vorzutäuschen? Das hätte doch nur einen Sinn gehabt, wenn er den Schmuck nicht mehr besessen und einen Grund für den Verlust hätte vortäuschen wollen. Wenn Sie also nicht der Täter sind, so käme nur der große Unbekannte in Frage. Dem aber steht die klare Aussage des durchaus glaubwürdigen Belgiers entgegen, der Sie als den Täter bezeichnet.«

Daraufhin erwiderte Richard Krüger:

»Ich möchte zunächst wissen, weshalb an und für sich der Belgier glaubwürdiger ist als ich.«

»Weil, was er sagt, Hand und Fuß hat – während die Erklärung, die Sie geben, sinnlos ist.«

»Ich weiß keine Erklärung – denn ich habe geschlafen –, sondern ich suche eine. Und es ist genau so logisch und so glaubwürdig, wenn ich sage: hätte ich einen Überfall auf den Belgier geplant, so hätte ich mir für den Fall des Mißlingens bestimmt eine glaubwürdige Erklärung zurechtgelegt. Vor allem hätte ich den Belgier nicht mit einem Revolver bedroht, wobei ich selbstverständlich riskieren mußte, daß er Lärm schlägt und sich zur Wehr setzt – sondern ich hätte ihn durch einen Schlag oder ein Narkotikum betäubt und in aller Ruhe ausgeraubt.«

»Das werden Sie sich hinterher gesagt haben, als Ihr Anschlag mißglückt war. Es gibt eben auch ungeschickte Verbrecher – Anfänger – Dilettanten – zu denen gehören Sie. – Talentlosigkeit ist aber kein Strafausschließungsgrund.«

Daraufhin erklärte Richard Krüger:

»Ich kenne die Kriminalgeschichte nicht. Aber ich bin sicher, daß es oft Fälle gegeben hat, die so einfach aussahen wie meiner und in denen der mutmaßliche Täter für überführt galt. Später wird sich dann mehr als einmal herausgestellt haben, daß der Schein getrogen hat und daß trotz aller belastenden Momente und aller Logik der Angeklagte oder Verurteilte unschuldig war.«

»Das trifft zu. Aber unter hunderttausend Fällen, die zur Aburteilung gelangen, gibt es keine tausend, die so klar liegen wie dieser. Hier ist nach menschlichem Ermessen ein Justizirrtum ausgeschlossen.«

»Auch wenn es sich, wie bei mir, um einen bisher nicht vorbestraften Menschen handelt?«

»Auch dann. Und es ist zu beachten, daß von hundert Verbrechen kaum zehn Prozent zur Kenntnis, Anzeige und Verfolgung gelangen. Damit also, daß jemand nicht vorbestraft ist, ist noch lange nicht gesagt, daß er noch keine strafbare Handlung begangen hat. Es gibt Verbrecher, die ein Jahrzehnt lang gegen die Gesetze verstoßen, ohne gefaßt zu werden – wie es wiederum andere gibt, die bei jedem Verstoß erwischt und abgeurteilt werden. Wir nennen sie die Pechvögel.«

»Was raten Sie mir also, das ich tun soll?«

»Gestehen. Ein Fall, der so eindeutig ist wie Ihrer, gehört zu den Seltenheiten. Es gibt kein Gericht der Welt, daß Sie auf Grund des vorliegenden Tatbestandes nicht verurteilen wird.«

Für einen Untersuchungsrichter war dieser Ton der Vernehmung ziemlich ungewöhnlich. Richard Krüger spürte denn auch irgendwie ein Wohlwollen heraus, das ihn zu der Frage veranlaßte:

»Sie geben aber zu, daß es eine vollkommene Gewißheit nicht gibt?«

»Für mich bedeutet nicht einmal ein Geständnis absolute Gewißheit. Denn es ist mehr als einmal vorgekommen, daß ein anderer aus Liebe oder für Geld die Tat eines andern auf sich genommen hat.«

»Und trotzdem würden Sie verurteilen?«

»Wenn, wie bei Ihnen, 99 Prozent für Ihre Schuld und nur 1 Prozent, und zwar Ihr fehlendes Geständnis, für Ihre Unschuld sprechen, so halte ich mich dazu für berechtigt und verpflichtet. Es würde sich ja sonst jede Prozeßführung erübrigen, da sie regelmäßig mit einem Freispruch enden müßte.«

»Es kann also ein Fall eintreten wie dieser, wo ein Unschuldiger gesteht – nur, um nicht durch zweckloses Leugnen die Richter zu verdrießen und dadurch ein höheres Strafmaß zu erreichen.«

»Der Fall ist an sich wohl denkbar – aber ich habe ihn in meiner Praxis noch nicht erlebt.«

»Ob Sie ihn nicht doch schon hundertmal erlebt haben, wissen Sie ja nicht.«

Der Untersuchungsrichter, der jetzt wohl merkte, daß ein Fortführen dieser Gedankengänge der Untersuchung nicht dienlich war, brach das Gespräch ab und sagte:

»Das einzige Argument, das gegen Ihre Schuld spricht, ist Ihre Intelligenz. Einem Menschen, der so logisch denkt wie Sie, sollte man einen derartig plump angelegten Überfall eigentlich nicht zutrauen.«

»Also habe ich Sie endlich da, wo ich Sie haben wollte. Genau das habe ich Ihnen bei Beginn unseres Gespräches gesagt – und ich wiederhole: würde ich wirklich einmal ein Verbrechen begehen, ich würde es so begehen, daß auf mich kein Schatten eines Verdachtes fiele.«

»Sie trauen sich viel zu. Und wer sich soviel zutraut, der ist wohl auch einer solchen Tat fähig.«

»Dazu habe ich also meine Zeit verschwendet! Ich bin nicht kompliziert. Und das viele Denken liegt mir gar nicht. Aber wenn man in eine Situation gerät wie ich, dann spannt man seinen Geist einmal kräftiger an als sonst. Ich hoffte, Sie dadurch von meiner Unschuld zu überzeugen. Ich sehe, das Gegenteil ist der Fall. Von nun ab sage ich nichts mehr – weder zu Ihnen, noch in der Hauptverhandlung.«

»Dann müssen Sie damit rechnen, daß man Ihr Schweigen als Geständnis auslegt.«

»Ja, was soll ich denn machen? Beteure ich meine Unschuld, so führt das bei der Klarheit des Falles zur Verschärfung meiner Strafe. Schweige ich, so leitet man daraus mein Geständnis ab – und gestehe ich, so ist man gezwungen, mich nach dem Paragraphen des Gesetzes zu verurteilen. Es gibt für mich also gar keine Möglichkeit, freizukommen.«

»Das sind Dinge, die Sie mit Ihrem Anwalt besprechen müssen.«

»Wozu ein Anwalt, wenn es doch keinen Sinn hat?«

»Er hat sich, schon bevor wir unsere Unterhaltung begannen, bei mir gemeldet.«

»Ich habe keinen Anwalt bestellt und werde mir auch keinen bestellen.«

»Ihre Mutter hat ihn für Sie genommen.«

»Meine Mutter ist eine arme Frau – und ich werde nicht dulden, daß sie auch nur eine Mark für einen Anwalt ausgibt, der von vornherein auf verlorenem Posten steht.«

»Dann stellt man Ihnen einen Offizialverteidiger. Sie können sich denken, daß der sich nicht die Beine für Sie ausreißt.«

»Sehr gescheit von ihm in einem Fall wie diesem.«

»Sie wollen Ihren Anwalt also nicht sehen?«

»Doch! Ich will ihm Grüße an meine Mutter auftragen.«

»Sie können hier mit ihm sprechen.«

»In Ihrer Gegenwart?«

»Aber nein! Ich habe eine Sitzung.« – Er stand auf und gab dem Gerichtsdiener ein Zeichen. – Gleich darauf trat Rechtsanwalt Dr. Bloch ins Zimmer. Er ging auf Richard Krüger zu, stellte sich vor und gab ihm die Hand. Dann setzte er sich zu ihm – und begann:

»Ich bin über den Fall orientiert. Auch über Ihre Person.«

»Durch wen?«

»Durch Ihre Mutter.«

»Dann wissen Sie also, daß ich unschuldig bin.«

»Ihre Mutter glaubt es – und ich will es auch glauben.«

»Sie wollen? – Das heißt, Sie tun es nicht.«

»Lieber Freund, der Fall liegt doch so: nur wenn ich weiß, wie Sie die Tat begangen haben, kann ich beweisen, wieso Sie sie nicht begangen haben können.«

»Das ist mir zu hoch.«

»Lieber Freund! Meine Kunst in einem Fall wie diesem liegt doch darin, daß ich immer dann, wenn die Verhandlung in die Bahn Ihres Verbrechens – so, wie Sie es begangen haben – läuft, der Verhandlung eine andere Richtung zu geben suche. Dazu muß ich es also kennen – und zwar genau.«

»Sie glauben also, obgleich Sie mit meiner Mutter gesprochen haben, daß ich der Täter bin?«

»Lieber Freund, darauf kommt es ja gar nicht an.«

»Worauf kommt es nicht an?«

»Ob Sie der Täter sind oder nicht.«

»Wie?«

»Vielmehr kommt es lediglich darauf an, ob es dem Staatsanwalt gelingt, nachzuweisen, daß Sie schuldig sind – oder, ob es mir gelingt, nachzuweisen, daß Sie unschuldig sind.«

»Ich verstehe.«

»Wenn Sie das verstehen, so sind wir schon einer Verständigung nahe. Ihr Fall ist so gelagert, daß bei dem Spiel um Sie der Staatsanwalt weit mehr Trümpfe in der Hand hat als ich. Wir können also nur gewinnen, wenn wir corriger la fortune.«

»Falsch spielen?«

»Lieber Freund! Was für ein häßliches Wort. Sie haben Ihren Karren auf den Mist gefahren. Ich ziehe ihn raus – und wenn ihm auch viel Schmutz anhaftet, so werde ich doch nachweisen, daß er einen ganz anderen Weg gefahren ist.«

»Auf geradem Wege bekommen Sie mich nicht frei?«

»Nein.«

»Dann muß ich Ihnen sagen: ich verzichte auf Ihre Verteidigung.«

Rechtsanwalt Dr. Bloch zog den Kopf zurück, als wollte er einer Ohrfeige ausweichen. Dann sah er sich den Mann, dem er gegenübersaß, genau an und sagte:

»Außer Ihrer Mutter hat noch jemand anders ein Interesse daran, daß Sie freikommen.«

»Wer kann das sein?«

»Hilde Gugenzeil.«

Richard Krüger richtete sich auf, sah dem Anwalt fest in die Augen und sagte:

»Das wundert mich – aber es freut mich sehr.«

»Sie kennen sie gut?«

»Als Kinder waren wir viel zusammen – und ich habe sie immer gern gehabt.«

»Sie haben sie später nicht mehr gesehen?«

»Gedacht habe ich viel an sie.«

»Sie hat Ihnen doch geschrieben?«

»Nie.«

»Aber durch Dritte hat sie sich Ihnen in Erinnerung gebracht.«

»Mama hat mir viel von ihr berichtet.«

»Es war also eine ernste Neigung?«

»Darüber habe ich nie nachgedacht. Erst jetzt, wo Sie mit mir davon sprechen, kommt mir zum ersten Male der Gedanke – oder das Gefühl – wie soll ich sagen? – daß ich sie doch recht gern hatte.«

»Habe oder hatte?«

»Ich mag sie noch.«

»Lieber Freund, das hat ein Ende. Ich bin mit Fräulein Gugenzeil so gut wie verlobt.«

»Dann haben Sie mich also nur ausgehorcht? Herr! Das ist infam.«

»Eine etwas dreiste Sprache für einen Mann in Ihrer Lage.«

»Die Sie auszunutzen suchen?«

»Inwiefern?«

»Indem Sie die Frau . . . nein! Nein! – Das ist ja Unsinn – was geht die Frau mich an?«

»Sie verschweigen etwas.«

»Und wenn sie tausendmal Ihre Braut ist, so ändert das nichts an meinem Gefühl. Ich dachte, ich hätte sie längst vergessen. Aber es genügte, daß Sie sich als ihr Bräutigam bei mir einführten . . .«

»Ich sagte, ich sei so gut wie verlobt – mehr nicht.«

»Mehr nicht? Nun, es bewirkt bei mir, daß ich den Wunsch verspüre, diese dumme Geschichte so schnell wie möglich hinter mich zu bringen und frei zu sein.«

»Sie glauben doch nicht, daß Sie bei Fräulein Gugenzeil eine Chance haben?«

»Wenn ich frei bin, weshalb nicht? Genau wie jeder andere?«

»Auch wenn mir das fast Unmögliche gelingt – Sie freizubringen – der Verdacht wird doch immer auf Ihnen haften bleiben.«

»Ein feiner Anwalt, der seinem Klienten solche Aussichten macht.«

»Jedenfalls werden Sie jetzt den Weg gehen, den ich Ihnen vorgeschlagen habe.«

»Damit Sie ihr sagen können, ich sei es gewesen – aber Sie hätten mich durch einen großen Schwindel freigebracht.«

»Was reden Sie immer von ihr? Mit welchem Recht maßen Sie sich an . . .?«

»Mit keinem anderen Recht als der Erinnerung an eine Jugend, aus der genug zurückgeblieben ist, um sich auf ein Wiedersehen zu freuen.«

»Kehren wir auf den Boden der Tatsachen zurück.«

»I Gott bewahre! Ich denke nicht dran. Ich will mich frei machen – aber auf geradem Wege.«

»Da werden Sie nicht weit kommen.«

»Warten Sie ab! Ich war bisher teilnahmslos und angewidert. Jetzt aber habe ich Lust, um meine Freiheit zu kämpfen.«

»Wie denken Sie sich das?«

»Das weiß ich nicht. Das wird der Augenblick mir eingeben. Jedenfalls fühle ich den Willen und die Kraft dazu.«

»Und der Belgier, Ihr Gegenspieler?«

»Ist ein Schuft, dem ich mitten im Gerichtssaal den Hals umdrehen werde.«

»Sie werden sich mit Ihrem Temperament aufs Schafott bringen.«

»Das ist nur die erste große Freude.«

»Worüber freuen Sie sich?«

»Über die Erinnerung –, daß ich endlich wieder etwas habe, woran ich mich aufrichten kann. Und wenn es nur der Gedanke ist, es könnte so sein, wie ich es mir wünsche. Die Vorstellung genügt, um mich stark zu machen.«

»Sie sind ein Phantast. – Ein Kind sind Sie!«

»Glauben Sie, daß ein Kind, ein Phantast, dem die bloße Erinnerung an ein Mädchen aus seiner Kindheit genügt, um sein schon erledigtes Leben mit allen Kräften neu anzupacken – glauben Sie, daß so ein Kind einen Raubüberfall im D-Zug verübt, um sich fremden Schmuck anzueignen?«

»Offen gesagt, nein! Ich halte Sie nicht dazu für fähig.«

»Obgleich ich Ihnen doch reichlich unsympathisch bin.«

»Sie haben etwas Infantiles.«

»Was ist das?«

»Sie sind in der Entwicklung zurückgeblieben.«

»Ich verstehe! Sie wollen mich für geisteskrank erklären.«

»Ich bewundere Ihren Scharfsinn.«

»Sagen Sie das nicht so laut.«

»Sie wissen, worauf es ankommt, damit man eine, die freie Willensbestimmung ausschließende, krankhafte Störung der Geistestätigkeit bei Ihnen annimmt und Sie nach § 51 freispricht.«

»Und Sie glauben, in einer Irrenanstalt würde ich mich wohler fühlen als im Zuchthaus?«

»In längstens einem Jahr sind Sie aus der Anstalt raus, während Sie bei strengen Richtern mit fünf Jahren Zuchthaus rechnen müssen. Sie sind nicht vorbestraft und vor allem: man wird Sie auch für das, was Sie später pekzieren, nicht zur Verantwortung ziehen.«

»Gut, daß ich das weiß, denn wenn Sie mit dieser Teufelsidee durchdringen, werde ich Sie nach meiner Entlassung totprügeln.«

»Sie sind also doch ein gewalttätiger Mensch – ein interessanter Fall.«

»Ich wünsche kein interessanter Fall zu sein, sondern verlange, daß man mir glaubt.«

»Fangen Sie nur nicht wieder damit an. Damit haben Sie schon den Untersuchungsrichter gereizt. Ein Angeklagter hat das Recht, zu lügen. Wirft es da nicht auf seine geistige Verfassung ein sonderbares Licht, wenn er von diesem seinem einzigen Recht keinen weitgehenden Gebrauch macht?«

»Zum Teufel! Ich will nicht lügen! Ich glaube, daß die Wahrheit sich durchsetzt.«

»Ausgezeichnet! Sagen Sie das dem Arzt, der Sie heute noch untersuchen wird. Es wird ihm die Diagnose wesentlich erleichtern.«

Rechtsanwalt Dr. Bloch legte ihm ein Vollmachtsformular zur Unterschrift vor. Richard schüttelte den Kopf und sagte:

»Nein! – Sagen Sie meiner Mutter, daß ich ein gutes Gewissen habe, mich ganz sicher fühle und daher keine Hilfe brauche.«

»Fräulein Hilde Gugenzeil wünscht, daß ich Sie verteidige.«

»Dann soll sie es mir selber sagen.«

»Sie kann Sie doch unmöglich hier aufsuchen.«

»Weshalb denn nicht?«

»Wollen Sie, daß sie ins Gerede kommt?«

»Nein, dann nicht. Obschon es mir viel geholfen hätte.«

Rechtsanwalt Dr. Bloch legte ihm die Feder in die Hand und forderte ihn nochmals auf, die Vollmacht auszufertigen.

»Nur, weil Hilde es will – aber Sie müssen mir versprechen, nichts zu tun, ohne mich gefragt zu haben.«

»Das verspreche ich Ihnen – im übrigen können Sie die Vollmacht jederzeit widerrufen.«

»Und Sie werden ihr sagen, daß ich nur ihr zuliebe . . .«

»Alles, was Sie wollen.«

Richard unterschrieb – und der Anwalt entfernte sich. Gleich darauf betrat ein Beamter das Zimmer, der Richard in seine Zelle zurückführte.

»Ich hätte es doch nicht tun sollen«, sagte Richard vor sich hin.

»Bei dem sind Sie gut aufgehoben«, meinte der Beamte. »Der kümmert sich auch noch um Ihnen, wenn Sie ins Zuchthaus sind.«

Richard lächelte und sagte:

»Nun nicht mehr.«

»Wieso? Was heißt das?«

»Aus der Jugendzeit – Sie kennen doch das Lied? Es ist blöd und trivial. Aber es gibt Augenblicke, da wird man selbst wieder ein Kind« – und er summte die Melodie vor sich hin.

»Ach so! Dahin jeht die Fahrt.«

»Wohin meinen Sie?«

§ 51.

»Fangen Sie auch mit dem Unsinn an? Ich bin so gesund, daß Staatsanwalt und Richter sich wundern werden.«

»Richtig! Feste bestreiten und behaupten, daß man jesund ist. Damit überzeugt man die Ärzte am ehesten, daß man 'n 51er ist. Wenn man aber krank ist, haben se Verdacht und denken, man simuliert.«

»Ist denn hier alles umgekehrt wie draußen?« fragte Richard und erhielt zur Antwort:

»Natürlich – das jehört sich doch so.«

 


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