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Drittes Kapitel.

Die Gaststube des »Schwarzen Bären« in Cumnor, wohin unsre Erzählung zurückkehrt, durfte sich an dem Abend, von dem wir reden, einer nicht gewöhnlichen Versammlung von Gästen rühmen. Es war Markt in der Nachbarstadt gewesen, und der Schnittwarenhändler von Abingdon hatte mit einigen, andern dem Leser als Gäste und gute Bekannte von Giles Gosling bereits bekannt gewordenen Personen schon zeitig einen Kreis um das abendliche Feuer geschlossen und diskutierte mit ihnen eifrig die Tagesvorgänge.

Es war ein muntrer, pfiffiger, lauter Patron, dessen Warenballen nebst dem Ellenmaß aus Eichenholz, das mit messingnen Punkten angemessen übersät war, ihn deutlich als »einen von des Zukunft des Autolykos« kennzeichnete. Er nahm einen großen Teil der Aufmerksamkeit für sich in Anspruch und sorgte andrerseits fleißig für Unterhaltung. Die Hausierer jener Zeit waren, wie hier erinnert sein mag, Leute von weit größrer Wichtigkeit, als ihre verbummelten und von der Zeit überholten Kollegen von heute. In der Hand dieser »wandelnden Kaufleute« lag zum weitaus größten Teile der »Handel« mit den bessern Manufakturwaren »über Land« für die Frauentracht, der Zeit, und wenn es ein solcher Handelsmann so weit gebracht hatte, daß er ein Packpferd sein eigen nannte, so galt er schon als eine recht angesehene Person im Lande, und für jeden Landsassen, der ihm unterwegs begegnete, als eine durchaus anständige und willkommne Reisegesellschaft.

Der Handelsmann, von dem hier die Rede ist, nahm demzufolge an der fröhlichen Zeche, die in dem gemütlichen »Schwarzen Bären« in Cumnor von den Stammgästen desselben gehalten wurde, einen tätigen und allgemein willkommen geheißenen Anteil. Er liebäugelte mit der niedlichen »Jungfer Cilchen«, lachte mit dem Wirt und scherzte mit Herrn Goldfaden, der diesmal, ohne es zu wollen, für die Gesellschaft die Zielscheibe des Witzes war. Er war mit dem Hausierer in einen heftigen Diskurs geraten über den Vorzug, der den spanischen Strümpfen gegenüber den schwarzen Gamaschen, die aus der Gascogne eingeführt wurden, gebühre, und der Herr Wirt hatte eben den Gästen zugeblinzelt, wie wenn er ihnen sagen wollte: »Jetzt aufgepaßt, meine Herrschaften, jetzt werden wir was erleben!« ... als im Hofe Pferdegetrappel laut wurde und mit lauter Stimme nach dem Wirt gerufen wurde, dazwischen hinein, auch einige der damals landesüblichen Flüche geschrieen wurden.

Wie ein Sturmwind war Will, der Hausknecht, draußen und hinter ihm her sauste, wie ein andrer Sturmwind, Johann der Kellner; und hinter beiden her der ganze Troß der Bedienerschaft, die alle von ihren Posten gewichen waren, um ein bißchen teilzunehmen an den Zechfreuden, die heute hier herrschten. Auch der Herr Wirt stürzte hinaus, um seinen neuen Gästen den Willkommen zu bieten, und kam sogleich wieder herein, seinen würdigen leiblichen Neffen, Michael Lambourne, vor sich herschiebend, der ziemlich anständig betrunken war und den Astrologen, am Schlafittchen führte.

Alasco, wenngleich noch immer ein kleines altes Männchen, hatte doch dadurch, daß er sein Wams mit einem Reitrocke vertauscht und sich Bart wie Brauen abgeschnitten hatte, ein Aussehen um zwanzig Jahre jünger gewonnen und konnte jetzt für einen rüstigen Mann zu Anfang oder Mitte der sechziger gelten. Er zeigte ein äußerst unruhiges Wesen und hatte viel in Lambourne hineingeredet, nicht erst im Gasthofe Einkehr zu halten, sondern ohne Aufenthalt sich an das Ziel ihrer Fahrt zu begeben. Aber Lambourne hatte nichts davon hören mögen.

»Onkel!« schrie Lambourne, als er die Gaststube glücklich erreicht hatte, »ein großes Maß von Euerm besten Sekt! es gilt eine Runde für den edlen Lord of Leicester! ... Was? Sollen wir einander nicht begrüßen? Sollen wir unsre Verwandtschaft nicht begießen? Ha, das wäre noch schöner! Wir beide, und nicht mitsammen einem paar Pullen die Hälse umdrehen! Hahaha! Das wäre!«

»Gewiß, Vetter! Das tun wir und mit ganzem Herzen!« sagte der Wirt drauf, auf dessen Gesicht aber ziemlich deutlich zu lesen stand, daß er den Patron am liebsten wieder los wäre, »aber kannst Du soviel Wein auch berappen?«

Diese Frage, die manch andern Zecher in Verlegenheit gesetzt hätte, änderte an dem Vorsatz Michael Lambournes nicht das geringste.

»Nanu, Onkel! Nach Geld fragt Ihr? Holt Euch Bescheid in Mexiko und Peru!« und bei den Worten warf er eine Handvoll Goldstücke auf den Tisch; »stellt Eure Frage an den Lordschatzmeister der Königin ... Gott segne Majestät! ... meines guten Herrn gnädige Dame!«

»Schön, schön, mein lieber Neffe,« versetzte drauf der Wirt, »mein Geschäft ist, Wein an Leute zu verkaufen, die bezahlen können ... , na, Johann, Nu kannst nun auftragen ... Aber gern erfuhr ich aus Deinem Munde, auf welche Weise man so schnell' zu Geld kommt, Michel?«

»Hm, Onkel, dies Geheimnis will ich Euch künden.... Seht Ihr das kleine Männchen da? Ein Kerl, verwelkt wie ein Span, mit dem sich der Teufel ein Süppchen gekocht! ... Und doch, Onkel, unter uns gesagt, in seinem Gehirn hat Witz seinen Sitz ... Mord und, Tod! Der Kerl macht aus Häckerling Gold! flinker als ich fluchen kann!«

»In meinem Beutel mag ich aber doch nichts haben aus seiner Münze, Michel,« meinte der Wirt; »ich weiß, was für Strafe drauf steht, wenn man falsches Geld unter die Leute bringt.«

»Du bist ein Esel, Onkel, so alt Du sein magst – zieh mich doch nicht am Aermel, Doktor; auch Du bist ein Esel! Ein gründlicher Esel! Und da Ihr beide Esel seid, so sage ich Euch hiermit, daß ich bloß im Bilde gesprochen habe.«

»Seid Ihr von Sinnen? Steckt der Teufel in Euch? ... Könnt Ihr uns nicht hier ruhig sitzen lassen, ohne daß sich alle Gäste nach uns umsehen!« flüsterte Alasco.

»Meinst Du?« sagte Lambourne, »da bist Du im Irrtum, Alter. ... Keiner soll Dich ansehen, darauf gebe ich Dir mein Wort! Hörst Du? ... Beim Himmel, Leute! Wer sich erfrecht, dem alten Männchen hier ins Gesicht zu sehen, dem stech ich mit meinem Dolch die Augen ans dem Schädel! ... So, nun setz Dich, Alterchen, und sei vergnügt ... die Leutchen hier sind meine Sippe ... meine alten Kumpane und Kameraden, die werden niemand verraten oder hineinlegen.«

»Wärs nicht gescheiter, Neffe,« meinte Giles Gosling, »Du nimmst Dir ein besondres Zimmer ... Du redest gar so wunderliche Dinge, und Aufpasser und Horcher gibts doch überall!«

»Um die scher ich mich nicht,« rief der großspurige Michael. ... »Aufpasser? Prrr! ... Ich bin in Diensten bei Lord Leicester ... Da kommt der Wein ... Füll einen Becher, Mundschenk! eine Runde für den edlen Lord of Leicester, die Blume von England! Für den edlen Lord Leicester, sage ich ... wer nicht mir Bescheid trinkt, ist ein Schwein von Sussex, und er soll mir auf den Knien saufen oder ich schneid ihm die Keulen vom Leibe und räuchre sie zu Schinken!«

Keiner riskierte es daraufhin, dem rohen Patron nicht Bescheid zu tun, und Michael Lambourne, dessen Trunkenheit natürlich durch diese neue Füllung nicht gemindert wurde, fuhr in seiner rüpelhaften Weise fort, in dem Gastzimmer herumzuschreien, erneuerte mit manchen der Gästen die frühere Bekanntschaft, von denen manche ihm mit Respekt, manche mit Furcht, manche mit einer zwischen beiden schwankenden Empfindung entgegentraten, denn es waren wahrlich genug Gründe vorhanden, auch dem niedrigsten von Leicesters Dienerschaft, besonders wenn er ein Mensch war wie Lambourne, mit Vorsicht zu begegnen.

Mittlerweile ließ der alte Mann, da er seinen Führer in dieser unzurechnungsfähigen Laune sah, weitere Einreden sein, setzte sich in die finsterste Ecke der Stube und bestellte sich ein kleines Glas Warmbier, über dem er, wie es schien, einzunicken anfing. So viel wie möglich entzog er sich der allgemeinen Beachtung, tat wenigstens nichts, was seine Gegenwart dem Reisegefährten in die Erinnerung führen konnte, der sich zu seinem alten Kameraden Goldfaden von Abingdon gesetzt hatte und Erinnerungen aus frühern Tagen mit ihm aufwärmte.

»Wenn ich sage, muntrer Michel, ich war über Deinen Anblick nicht so froh wie über den meines besten Kunden, der mirs Geld auf den Tisch legt,« sagte Krämer Goldfaden, »so glaubtest Du mir doch nicht! ...Ei, Freund Michel, Du kannst sicher bei einem Fest oder Maskenspiel einem Freund zu einem guten Plätzchen verhelfen ... ja, und wohl auch Mylord was ins Ohr flüstern ... wenn er in die Gegend herkommt und einen neuen Kragen oder sonstwas braucht ... kannst ihm sagen, da ist ein alter, guter Freund von mir, der Lorenz Goldfaden aus Abingdon, der hat gute Ware, ist auch ein hübsches Mannsbild, wie nur eins in Berkshire, und könnte es für Eure Herrlichkeit aufnehmen mit jedem andern seines Schlages ... dann könntest Du noch sagen ...«

»Noch hundert verdammte Lügen mehr kann ich sagen,« erwiderte Lambourne, »indessen soll mirs auf ein gutes Wort für einen Freund nicht ankommen.«

»Auf Deine Gesundheit, Michel, von ganzem Herzen!« sagte der Krämer; »kannst auch für die neuen Moden gutsagen ... aber da war doch ein Schelm von Hausierer vorhin anwesend ... der die altmodischen spanischen Strümpfe weit über die neuen Gascogner Gamaschen stellte ... wo ist er denn hingekommen? Heda, Herr Wirt! Wo steckt denn der Hausierer?«

»Wo jeder andre vernünftige Mensch auch stecken sollte, der morgens bei der Kundschaft auf dem Posten sein will ... in seine Kammer hinauf ist er gegangen, hat sich eingeschlossen und macht Kasse.«

»Soll er hängen, der pedantische Filz!« rief der Krämer; »aber Lust hätte ich, ihm seine Waren abzunehmen! Diese Gauner von Hausierer fügen durch ihr Herumziehen im Lande bloß dem ansässigen Geschäftsmanne den größten Schaden zu. ... In Berkshire gibts Kerle, die ihren Mann stehen ... man trifft den Patron schon einmal auf der Landstraße ...« »Hm,« machte der Wirt lachend; »er steht schon auch seinen Mann ... wer dem an den Kragen will, muß Mark und Knochen haben und derb zupacken ...«

»So?« fragte Goldfaden.

»Jawohl, so!« entgegnete der Wirt; »bei Hahn und Elster! Er ist der Hausierer wie er sein soll, genau wie der, der dem Robin dem Roten so tüchtig aufs Leder rückte... wies in dem Verse heißt:

Da zog der Robin Hood sein Schwert,
Den Knief der Handelsmann,
Und deckte Robin Hood so gut,
Wies keiner besser kann!

»An den Galgen mit dem Hund! Mag er laufen!« rief der Krämer, »stehts so mit ihm, so wäre wenig Ehre mit ihm zu holen ... und nun sagt mir, Michel ... braver Michel ... wie trägt sich das holländische Leinen, das Ihr mir abgewonnen habt?«

»O, famos, wie Ihr ja sehen könnt, Meister Goldfaden,« erwiderte Michel, »Du sollst noch einen Trunk dafür haben ... Füll mal die Pulle, Musje Kellner!«

»Mit derlei Wetten, Michel, wirst Du noch mehr Holländisch-Leinen gewinnen,« meinte der Krämer, »denn der Brummsack Tony Foster schimpft in einem weg auf Dich und schwört, Du solltest ihm nicht wieder über die Schwelle, denn Du könntest, hols der Teufel, das Dach von einem Christenhause herunterfluchen!«

»So? Hat er sich so vernehmen lassen, dieser heuchlerische, duckmäuserische Hundsfott?« wetterte Lambourne, »na, dann soll er doch herkommen und hören, was ich ihm heut zu bestellen habe; her, unter meines Onkels Dach, soll er kommen! ... Und solch schwarzen Sanktus will ich ihm singen, daß er noch ganze vier Wochen meinen soll, der Teufel halte ihn am Schlafittchen, wenn er bloß meint, mich zu hören!«

»Schockschwerenot! Jetzt ist der Topf aber voll zum Ueberlaufen!« rief der Krämer. »Was? Tony Foster soll auf Deinen Pfiff parieren? ... Ei, ei, mein lieber Michel, pack ein, pack ein!«

»Ich sage Dir, Du schmalgesichtiger Tropf!« rief Michael Lambourne heftig, »...fünfzig Goldfüchse halte ich gegen die fünf vordersten Regale Deines Ladens, von der Hinterlichtseite angefangen, mit allem, was drin ist, daß ich Tony Foster hierher in diesen Gasthof lotse, noch ehe wir drei Runden gesoffen haben.«

»Eine Wette in solcher Höhe geh ich nicht ein,« sagte der Krämer, durch ein Angebot einigermaßen ernüchtert, das eine ziemlich genaue Kenntnis von der Beschaffenheit und Einrichtung seines Ladens verriet, ... »nein, für solche Wette danke ich; »aber fünf Füchse will ich halten gegen Deine fünf, wenn Dir das recht ist, daß Tony Foster seine vier Pfähle nicht verläßt, am wenigsten, um in eine Gaststube nach der Gebetstunde zu kommen Deinethalben oder wegen sonst jemand.«

»Einverstanden,« sagte Lambourne. »Hier, Onkel, die Wette gilt, und laßt eins von Euren jungen Blutfäßchen herschaffen ... einer von Euren Kellnerbuben soll hinüber ins Herrenhaus laufen und Meister Foster hier den Brief abgeben und ihm sagen, daß ich, sein »Bester«, Michael Lambourne, ihn auf meines Onkels Schloß bitten lasse, woselbst ich ihm Dinge von hoher Wichtigkeit zu sagen hätte.... Hinweg mit Dir, Junge, denn die Sonne ist schon unter, und der Kerl geht mit den Hühnern schlafen, um ein Talglicht zu sparen ... allons, lauf!«

Gleich darauf war der Junge verschwunden ... die Pause wurde mit Zechen und Lärm ausgefüllt ... und nicht lange, so kam er mit dem Bescheide wieder, daß Meister Foster sich einfinden werde.

»Gewonnen! Gewonnen!« rief Lambourne und griff nach dem Gelde.

»Erst wenn er da ist, bitte,« sagte der Krämer.

»Ei, der Teufel! Er steht ja schon auf der Schwelle!« versetzte Michael ... »was sagte er, Jungen?«

»Mit Verlaub, Euer Gnaden,« antwortete der Bote, »er guckte aus dem Fenster, mit einem Schießprügel in der Hand, und als ich Euern Auftrag ausrichtete, was ich mit Furcht und Bange getan, da rief er mit einem Gesicht, so sauer wie Essig, Ihr mochtet hinfahren, wo Satan haust.«

»Oder in die Hölle, nicht wahr?« meinte Lambourne, »dorthin wünscht er alle, die nicht zur Brüderschaft gehören.«

»Ganz recht, so sagte er auch, doch brauchte er eine Redensart, die um einiges poetischer war.« »Ein gescheiter Kerl, der Junge!« sagte Michael; »sollst einen Tropfen haben, um Deine poetische Ader zu begießen ... Und was hat Foster sonst gesagt?«

»Zurückgerufen hat er mich,« antwortete der Junge, »und hat mir aufgetragen, zu bestellen, Ihr solltet doch zu ihm kommen, wenn Ihr was zu bestellen hättet.«

»Und was sonst noch?« fragte Lambourne.

»Er hat den Brief gelesen, und da schien es, als besänne er sich, und dann fragte er, ob Euer Gnaden beim Schoppen säßen ... und ich sagte, Euer Gnaden sprächen ein bißchen Spanisch, wie einer, der auf den Kanarischen Inseln geboren sei.«

»Weiter, Du Diminutivum von einem Bierkrug! ... Ergehst Dich ja in kühnen Vermutungen ... was hat er noch gesagt?«

»Hm, er brummte, wenn er nicht käme, dann möchten am Ende Euer Gnaden ausposaunen, was besser einbehalten würde, und so griff er nach seiner alten Filzkappe und warf den verschlissenen blauen Mantel um, und, wie ich schon sagte, er wird im Handumdrehen hier sein.«

»Es steckt Wahrheit in dem, was er sagt,« erwiderte Lambourne, wie wenn er zu sich selbst spräche, »mein Hirn hat mir wiederum die alten Hundsstreiche gespielt ... aber Couragio! ... Mag er kommen! ... Ich habe mich nicht so lange in der Welt herumgetrieben, um vor Tony Foster ins Mauseloch zu kriechen, gleichviel, ob ich nüchtern bin oder besoffen. ... Bring mir eine Flasche kaltes Wasser, um meinen Sekt zu taufen!«

Während Lambourne, den Fosters Nähe zur Besinnung gebracht zu haben schien, sich zu seinem Empfange rüstete, schlich Giles Gosling nach der Kammer, in die sich der Hausierer zurückgezogen hatte. Er traf ihn, wie er mit großen Schritten den engen Raum durchmaß.

»Ihr habt Euch ja so plötzlich zurückgezogen von unsrer Gesellschaft?« fragte der Wirt seinen Gast.

»Es war Zeit, da der Teufel sich bei Euch einfand,« versetzte der Hausierer.

»Höflich ist es nicht von Euch, meinen Neffen mit solchem Namen zu belegen,« meinte Gosling, »noch schickt es sich für mich, in diese Tonart einzustimmen, und doch mag Michel in gewissem Grade als Satanskumpan gelten dürfen.«

»Pah! Ich rede nicht von Eurem Trunkenbold von Neffen,« entgegnete der Hausierer, »sondern von dem andern ... ihn meine ich ... aber wohin wollen sie und woher kommen sie?«,

»Sapperlot! das sind, viel Fragen auf einmal, von denen ich keine beantworten kann,« versetzte der Wirt, »aber, Herr, Ihr habt mir von dem wackern Herrn Tressilian ein Andenken überbracht ... es ist ein gar schöner Stein ...«

Er nahm den Ring aus der Tasche und betrachtete ihn; dann setzte er, ihn in seine Börse schiebend, hinzu: daß es ein Gueridon sei, und viel zu wertvoll für allen Dienst, den er dem Herrn vielleicht geleistet habe oder leisten könne. Er stände, sagte er, im Gasthofsberufe, und es stände ihm übel an, allzu neugierig hinter andrer Leute Geheimnissen her zu sein; er hätte schon gesagt, daß er nichts hätte hören können, daß aber die Dame noch immer in Cumnor-Place, in der größten Verborgenheit, lebe und allen, die sie einmal gesehen, in Sinnen vertieft und unzufrieden mit ihrer Lage vorkomme.

»Jetzt aber,« fuhr er fort, »ist die günstigste Gelegenheit, wenn Ihr den Wunsch hegt, Eurem Herren zu dienen, die sich nur irgend bieten kann. Tony Foster kommt her, und ich darf den Neffen bloß noch eine Flasche ausstechen lassen, so bringt ihn selbst, der Königin Befehl nicht mehr von der Bierbank weg. ... Die sitzen wohl noch eine Stunde hier fest. ... Wenn Ihr nun Euren Warenballen packtet und jetzt hinginget – was Euch der beste Vorwand wäre – so könntet Ihr am Ende Euch Gehör bei der alten Dienstmagd verschaffen; eben weil sie sich durch die Abwesenheit des Herrn sicher fühlen dürfte ... so könnte es wohl sein, daß Ihr mehr Kunde über die Dame und ihre Lage hortet, als ich oder sonst jemand Euch je zu schaffen vermöchte.«

»Wahr, sehr wahr,« erwiderte Wieland, denn er war es, »ein trefflicher Rat, aber wie mich bedünkt, nicht ohne Gefahr ... denn angenommen, Foster käme zurück?« ...

»Sehr leicht möglich, allerdings,« versetzte der Wirt.

»Oder ferner angenommen,« fuhr Wieland fort, »die Dame käme meinen Bemühungen mit Kälte entgegen?«

»Auch das ist nicht unwahrscheinlich,« erwiderte Giles Gosling. »Ich glaube, Junker Tressilian wird für seine Bemühungen um sie und ihr Wohl nicht viel Dank ernten.«

»In beiden Fällen möchte ich schön ankommen,« erwiderte Wieland, »und darum gefällt mir schließlich Euer Rat doch nicht recht.« »Na, das müßt Ihr mit Euch selbst abmachen, mein lieber Gefolgsmann,« sagte der Wirt, »mich geht die Sache ja nichts an, sondern Euren Herrn. Ihr müßt am besten wissen, was sich wagen läßt, und wie weit Ihr gehen könnt. Aber was Ihr selbst nicht wagen wollt, das könnt Ihr auch von andern nicht erwarten.«

»Still, still,« sagte Wieland, »bloß eins sagt mir noch: Begibt sich jener alte Mann nach Cumnor-Place?«

»Meiner Meinung nach, ja,« versetzte der Wirt, »der Diener hat mir gesagt, er bringe ihr Gepäck hinüber, aber auf ihn hat der Bierkrug die gleiche Wirkung geübt, wie auf Michael die Sektflasche.«

»Genug,« sagte Wieland, ein Wesen annehmend, das auf einen hohen Grad von Entschlossenheit deutete, »die Pläne, mit denen dieser Schuft sich tragt, will ich durchkreuzen ... mein Grauen ob seines Anblicks fängt an zu schwinden, und mein Grimm und Haß zu steigen. Helft mir meinen Pack aufheben, wackrer Wirt ... und Du, alter Albumasar! sieh Dich vor! ... In Deinem Horoskop herrscht ein böser Einfluß, und er flammt aus dem Sternenbilde der Ursa major, des großen Bären!«

Mit diesen Worten hob er seinen Ballen auf den Rücken, der Wirt führte ihn bis zum hintern Tor des Gasthofs, dann schlug Wieland den entlegensten Seitenweg ein nach Cumnor-Place.


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