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Erstes Kapitel.

Es war zu Frühlingsanfang in einer kalten Provinz Schottlands. Die Natur war aus dem Winterschlaf erwacht. Wenn auch noch nicht die Vegetation verriet, dass die kalte Jahreszeit im Weichen begriffen, so doch die Luft.

Zwei Wanderer, ihrer Tracht nach als solche auf den ersten Blick kenntlich, kamen in der Richtung aus Südwesten her und zogen in der Richtung nach dem Schloß Douglas zu, an einem Flußlaufe gelegen, dessen Tal zu der seltsamen mittelalterlichen Feste eine Art Eingangstor bildete.

Der Fluß, klein im Verhältnis zu dem Ruf, in welchem er stand, zeigte den Weg an dem Dorfe vorbei zu dem Schlosse hinauf. Es war ein rauher Pfad. Die mächtigen Feudalherren, denen das Schloß schon seit Generationen zu eigen gehörte, hätten sich leicht bequemeren Zugang schaffen können. Allein zu jener frühen Zeit war man noch nicht so klug wie jetzt, und man hielt noch nicht dafür, dass es besser sei, einen Umweg um den Fuß eines Berges zu machen, als in schnurgerader Richtung auf der einen Seite hinauf und auf der anderen hinunter zu steigen.

Noch viel weniger hatte man Ahnung davon, dass der Welt ein Mac Adam beschert werden würde, der aus unwegsamen Naturpfaden durch künstliches Pflaster Salonwege schuf.

Wozu hätten indes die alten Schloßherren vom berühmten Geschlechte der Douglas solche Grundsätze zu den ihrigen machen und anwenden sollen, selbst wenn sie schon bekannt gewesen wären? Von Wagen, die auf Rädern liefen, hatte man, den plumpsten Ackerkarren ausgenommen, noch keine Kenntnis. Selbst die zarte Damenwelt war auf das Roß als einziges Beförderungsmittel angewiesen, im Fall schlimmer Krankheit höchstens auf eine Sänfte oder besser Trage, die aus Weiden geflochten oder aus Brettern zusammengefügt wurde. Die Männer brauchten die eignen derben Gliedmaßen oder den kräftigen Gaul, um von einem Orte zum anderen zu gelangen. Wanderern und besonders Frauen entstanden durch die rauhe Natur des Bodens keine geringen Beschwernisse. Daß ein angeschwollener Wasserlauf ihren Weg schnitt und sie zum Halt nötigte, bis sich das Wasser verlief, war keine Seltenheit; auch nicht, daß ein schweres Gewitter eine Überschwemmung oder ein anderes Naturereignis andere Schäden bewirkte. Wen dergleichen auf seiner Wanderschaft traf, war dann angewiesen auf seine eigne Kenntnis der Gegend, denn sich Kunde bei Leuten über Wegrichtung oder dergleichen zu schaffen, war insofern fast immer ausgeschlossen, als Leute im Freien, auf die Verlaß war, so gut wie nicht zu finden waren. Wer zu jener Zeit seine Scholle nicht verlassen mußte, setzte den Fuß nicht von ihr hinweg.

Der Douglas entspringt in einem Amphitheater von Gebirgen, das nach Süden zu das Tal abschließt, aus dessen Bächen er sein geringes Wasser bekommt, das sich freilich oft durch starke Regengüsse zum Strome mehrt. Das Land, durch das er seinen Weg nimmt, bietet im allgemeinen das gleiche Bild, wie alle Viehzucht treibenden Gebirgsstriche des südlichen Schottlands mit ihren ärmlichen, einsamen Pachthöfen in wilder Gegend.

Zur Zeit, da unsre Geschichte spielt, waren viele dieser Striche, wie ja ihre Namen noch heute besagen, mit Wald bestanden. Die unmittelbar am Douglas gelegenen Striche waren Äcker, schon damals reich ergiebig an Hafer und Roggen; in nicht zu weiter Entfernung vom Ufer mischte sich der Ackerboden mit Viehweide, weiterhin mischte die Viehweide sich mit Waldboden, der dann zu ödem, meist unzugänglichem Moorland sich wandelte.

Damals war Schottland im Kriegszustand; Rücksichten auf Bequemlichkeiten des Lebens mußten der ständigen Lebensgefahr, die den Menschen umgab, weichen. Niemand fiel es ein, Weg oder Steg gangbarer zu machen: je ungangbarer er war, desto sicherer konnte man sich fühlen, desto leichter war es, dem Feinde oder auch nur Fremden den Zugang zu wehren.

Was der Mensch im Hochlande brauchte, um sein karges Leben zu fristen, lieferte ihm Natur und Boden. Andere Bedürfnisse als diese kannte er nicht. Für die Rindvieh- und Schafherden brachten die besseren Striche im Gebirge und in den mit Wald bestandenen Tälern das Futter. Ackerbau war in geringem Maße vorhanden und wurde roh betrieben; die Viehzucht war das eigentliche Element. Zudem fehlte es in den tiefen Wäldern, die außer vom Jäger kaum von einem Menschen betreten wurden, nicht an allerhand Wild, vornehmlich zu solcher Zeit, wo der Grundherr dem Kriegshandwerk oblag und das Weidwerk an den Nagel gehängt hatte, die Tiere also »frei tanzen« durften. Wen damals der Weg durch die rauheren Striche dieses gebirgigen wilden Landes führte, der stieß nicht allein auf alle Arten von Rotwild, sondern auch auf das dem schottischen Hochland eigentümliche wilde Rind; die Wildkatze war in der wilden Gebirgsschlucht, im sumpfigen Dickicht keine Seltenheit; der Wolf, in den dichter bewohnten Strichen der Lothian-Grafschaften schon damals fremd, behauptete sich im Gebirge noch tapfer gegen seinen Urfeind, den Menschen. Zur Winterszeit, wenn ihnen das Futter knapp wurde, zogen sie in Rudeln auf die Kirchhöfe nach Leichenfraß oder umschlichen, wie heute der Fuchs, den Hühnerstall, den einsamen Pachthof, gierig auf Beute lauernd.

Aus dem hier Gesagten vermag sich der Leser ein ziemlich richtiges Bild von dem oberen oder dem »wilden« Douglas-Tale, wie es um die Zeit des 14. Jahrhunderts herum aussah, zu machen.

Die untergehende Sonne warf ihre Strahlen über ein Moorland, das nach Westen zu langsam aufstieg, um in dem Gebirge zu endigen, das als »großer« und »kleiner Cairntable« bekannt ist. Der »große Cairntable« war gleichsam der Vater der umliegenden Höhen, der Hunderten von Bächen das Leben gab, und der höchste Berg der Kette, auf seinen finsteren Hängen von noch finsterern Schluchten durchklüftet und mit jenem Urwald bestanden, der damals noch alles hochgelegene Land und vor allem die Berge deckte, unter dem die Wald- und Gießbäche und größere Wasserläufe, die nach Osten zu laufenden ebensowohl als die in den Solway mündenden, nach Einsiedlerweise ihre spärlichen Quellen versteckten.

Der ältere und stärkere der beiden Wanderer, von denen eingangs gesprochen wurde, war ein stattlicher Herr, in der prunkhaften Tracht der damaligen Mode, und trug auf dem Rücken, nach damaligem Sängerbrauch, einen Ledersack, in welchem eine Harfe, Leier oder Geige oder sonstwelches Musikinstrument geborgen war, das seine Stimme begleiten mußte.

Der Wanderer trug ein blaues Wams und violettfarbenes Beinkleid mit blau abgefütterten Schlitzen. Den Mantel, der nach Landessitte zur Kleidung gehörte, hatte er, der warmen Sonne wegen, zusammengelegt und über die Schultern geworfen. Die Akkuratesse, mit welcher er diese Arbeit verrichtet hatte, ließ in ihm einen Wandersmann von guter Erfahrung vermuten, der gewohnt war, alle Mittel auszunützen, die durch den Witterungswechsel zum Vorteil ausschlugen. Statt der vielen schmalen Bänder oder Schnüre, mit denen Wams und Beinkleid geknüpft wurden, taten Blumen oder Knoten von violettem Band an dieser Tracht den Dienst, und als Kopfbedeckung trug der Sänger die vierkantige Mütze, mit der man in der Regel Heinrich den Achten und seinen Sohn Eduard den Sechsten abgebildet sieht. Nach dem schmucken Zeuge, aus dem sie gefertigt war, zu urteilen, war sie mehr für den Auftritt als Sänger als für Reisen in Sturm und Wetter berechnet. Sie war bunt, denn sie war aus verschiedenfarbigen, meist braunen und violetten Streifen zusammengesetzt. Die Feder von beträchtlicher Länge wies die gleichen, also offenbar Lieblingsfarben des Sängers, auf. Die Gesichtszüge, die von der Feder beschattet wurden, zeichneten sich durch irgendwelchen besonderen Ausdruck nicht aus. Nichtsdestoweniger war es in solch öder, einsamer Gegend wie dem westlichen Schottland nicht eben leicht, an dem Manne vorbeizugehen, ohne ihn genauer ins Auge zu fassen – was ihm vielleicht anderswo, wo der Charakter der Landschaft den Blick mehr auf sich gelenkt hätte, nicht passiert wäre.

Sein Gesichtsausdruck war munter und offen, ermangelte auch nicht einer gewissen Festigkeit, die ihn für ernste Vorfälle gewappnet erscheinen ließ, wie ihrer auf solchen Wanderungen genug an ihn herantreten mochten. Sonst war aber von Waffen, die ihm Schutz hätten sein können, außer einer Art von Krummsäbel, den er an der Seite trug, nichts an ihm wahrzunehmen. Sein Gefährte, sichtlich um vieles jünger, war ein sanfter artiger Jüngling, dessen slowenischer Kittel, das rechte Pilgergewand, dichter um den Körper geschlungen war, als die Kälte notwendig zu machen schien. Sein Gesicht war unter dem Pilgerhute nur wenig sichtbar, zeigte aber Züge von höchst einnehmendem Ausdruck; auf seiner Stirn lagen Spuren von Kummer, in seinen Augen standen Spuren von Tränen. Der Degen, den er an der Seite trug, schien mehr einen Tribut gegen die herrschende Mode darzustellen, als daß er auf Absicht, sich seiner zum Schutze zu bedienen, hätte schließen lassen. Er schien von solcher Müdigkeit übermannt zu sein, daß selbst sein rauher veranlagter Gefährte sich des Mitgefühls nicht erwehren konnte, während er anderseits sichtlich Anteil, wenn auch nur geheimen, an dem Grame nahm, der auf solch liebenswürdigem Antlitz sichtbare Spur hinterlassen hatte.

Beide sprachen zusammen. Der Ältere, in dessen Mienenspiel deutlich jene Achtung zum Ausdruck kam, die dem Manne untergeordneten Ranges dem höher gestellten gegenüber zukommt, verriet seine Teilnahme und Zuneigung im Ton und im Benehmen.

»Freund Bertram,« sprach der jüngere Wanderer, »wie weit sind wir noch von Douglas Castle entfernt? Wir sind doch schon über zwanzig Meilen gewandert, und du sagtest doch, weiter sei es von Cammock aus nicht. So nanntest du doch die letzte Herberge, die wir bei Tagesanbruch verließen?«

»Cumnock, teuerste Dame! – ach, gnädigster junger Herr, wollte ich sagen – bitte tausendmal um Verzeihung!«

»Nenne mich Augustin, Bertram,« versetzte der Jüngere, »wenn du mich anreden willst. Es schickt sich besser für diese Zeiten.«

»Was das anbetrifft,«.sagte Bertram, »muß ich sagen, daß meine persönliche Erziehung, wenn sich auch Eure Ladyschaft herbeiläßt, ihren Stand beiseite zu setzen, nicht so mit mir verwachsen ist, daß ich sie ablegen und anlegen dürfte, ohne daß Stiche dabei verloren gingen! Geruht nun Eure Ladyschaft, der ich Gehorsam gelobt habe, mir zu befehlen, daß ich sie behandle als meinen Sohn, so wäre es doch eine Schande für mich, wollte ich ihr nicht die Liebe eines Vaters erweisen, vornehmlich wenn ich meinen heiligsten Eid ablegen kann, daß ich ihr solche Pflicht schuldig bin, trotzdem hier, wie ich recht wohl weiß, der Fall vorliegt, daß der Vater von seines Kindes Güte und Freigebigkeit das Leben fristet. Denn wann wäre nicht, wenn es mich hungerte oder dürstete, der Seitentisch von Berkeley für mich gedeckt gewesen?«

»So wenigstens war es mein Wille«, versetzte der junge Pilger. »Wozu sollen die Berge von Rindfleisch, die unser Vieh gibt, und das Meer von Bier da sein, das, wie es heißt, auf unseren Gütern gebraut wird, wenn sich Hungrige unter unseren Vasallen befinden? Wenn gar du hungern oder dursten solltest, du, Bertram, der unserm Hause mehr denn zwei Jahrzehnte als Sänger gedient hat?«

»Freilich, edle Dame,« erwiderte Bertram, »das wäre ja ähnlich der Katastrophe, die man vom Baron von Fastenough erzählt, als die letzte Maus in seiner Vorratskammer verhungert war. Entgehe ich solchem Unglück auf dieser Reise, so lasse ich mir nicht mehr ausreden, daß Hunger und Durst mir mein Lebtag nichts mehr anhaben können.«

»Ein paarmal hast du wohl schon recht darunter gelitten, mein armer Freund?« fragte die junge Dame.

»Was ich gelitten, hat wenig zu sagen. Undankbar wäre ich, wollte ich solcher geringfügigen Unbequemlichkeit, wie dem Mangel eines Frühmahls oder andern Essens, solch ernste Benennung geben. Aber kaum zu begreifen bin ich imstande, wie Eure Ladyschaft solchen Marsch länger ertragen soll. Daß es kein Spaß ist, in diesen Hochlanden zu wandern, wo uns der Schotte solch reichliches Maß von seiner Meile gibt, müßt Ihr nun selber fühlen; und was Schloß Douglas angeht, so muß ich wohl sagen, gute drei Meilen ist es noch immer bis zum Fuße des Berges, auf welchem es steht.«

»Es fragt sich also,« antwortete die Dame mit mattem Seufzer, »was hier zu tun ist, wenn wir noch solch weiten Weg haben; denn es läßt sich wohl annehmen, daß das Schloßtor längst geschlossen sein wird, ehe wir hinkommen.«

»Die Tore des Schlosses Douglas stehen unter Obhut von Sir John de Walton und öffnen sich nicht so leicht wie die Wände von unserem Butterschrank in Eurem Schlosse, wenn die Angeln gut geschmiert sind. Wenn sich Eure Ladyschaft meinem Rate fügen und umkehren will, dann sind wir nach höchstens zwei Tagen wieder in einem Lande, wo für menschliche Bedürfnisse in guten Gasthöfen schnell gesorgt wird. Dann wird außer uns beiden, so wahr ich beeidigter Sänger und ein Mann von Wort bin, kein Sterblicher je von dem Geheimnis dieser kleinen Wanderung etwas erfahren.«

»Vielen Dank für deinen ehrlichen Rat, Bertram!« antwortete die Dame; »aber ich kann keinen Gebrauch davon machen. Solltest du bei deiner Ortskenntnis irgendwo in der Nähe ein anständiges Haus wissen, gleichviel ob es reichen oder armen Leuten gehört, so würde ich gern dort nächtigen, falls ich bis zu morgen früh dort Unterkunft bekommen könnte. Die Tore vom Schlosse Douglas werden sich dann für Gäste solch friedlichen Aussehens schon öffnen – und – nun ja, warum soll ich es nicht sagen? – wir würden dann wohl auch Zeit finden, solcher Art für unseren äußeren Menschen zu sorgen, daß wir uns freundlicher Aufnahme für sicher halten könnten!«

»Ach, teure Lady!« versetzte Bertram; »käme nicht Sir John de Walton in Frage, so möchte ich fast lieber sagen, eine ungewaschene Stimme und ungekämmtes Haar und schmutzige Tracht waren geeigneter, die Maske eines Sängerknaben zu bewahren, für den Ihr im gegenwärtigen Kostüm doch gehalten sein wollt.«

»Ist es dir wirklich recht, Bertram, daß deine Zöglinge solch täppisches, unsauberes Äußere haben?« fragte die junge Dame; »ich wenigstens mag ihnen nicht nachtun, und sollte nun Sir John im Schlosse Douglas sein oder nicht, so will ich auch den Soldaten nicht, denen solch ehrenvolle Wache übertragen, mit ungewaschener Stirn und ungekämmtem Haar aufspielen. Daß ich Kehrt machen sollte, Bertram, ohne ein Schloß gesehen zu haben, das mir sogar im Traum erscheint, das ist ausgeschlossen. Du kannst umkehren, wenn du willst, Bertram; aber in meiner Begleitung wird es nicht geschehen.«

»Wenn ich mich von Eurer Ladyschaft trennen sollte auf solche Bedingungen hin,« versetzte der Sänger, »so könnte mich, nachdem Eure Maskierung fast völlig gelungen ist, nur der Böse in Person oder ein andres feindliches Wesen, aber nicht geringer als er, von Eurer Seite reißen. Bis zum Hause eines gewissen Tom Dickson von Hazel-Side ist es nicht weit von hier. Er ist einer der ehrlichsten Bursche im ganzen Tal und, wenn auch bloß Bauersmann, von gleich hohem Range wie je ein Krieger oder Edelmann, der mit den Scharen der Douglas ritt, als ich noch hier im Lande war.«

»Er ist also Soldat?« fragte die Dame.

»Soldat, wenn sein Vaterland oder sein Lehnsherr sein Schwert braucht«, versetzte Bertram; »und da die Schotten selten ruhig sitzen, kommt ja sein Schwert nicht zum Rosten. Sonst aber ist er bloß den Wölfen feind, die seine Herde zerfleischen.«

»Vergiß nicht, Bertram,« warf die Dame ein, »daß englisches Blut in unsern Adern fließt, daß wir demnach Gefahr zu besorgen haben von seiten aller, die sich als Feinde des roten Kreuzes bekennen.«

»In die Treue des Mannes setzt keinen Zweifel«, sprach Bertram; »Ihr dürft ihm trauen wie dem besten Ritter oder Edelmann des Landes! Vielleicht erwerben wir uns Quartier durch ein Lied, und ich möchte hier daran erinnern, daß ich es unternommen habe, mich mit den Schotten auf etwas guten Fuß zu stellen. Der Schotte liebt Musik. Wollen wir es also bei Tom Dickson auf solche Art hin versuchen?«

»O, seine Gastfreundschaft wollen wir gewiß annehmen,« erwiderte die Dame, »da du dein Wort als Sänger gegeben hast, daß er treu und verläßlich ist. Tom Dickson nanntest du ihn?«

»Ja, so heißt er,« sagte Bertram, »und da wir dort Schafherden sehen, befinden wir uns, wie ich glaube, schon auf seinem Grund und Boden.«

»Was du sagst!« rief die Dame nicht ohne Überraschung; »wie und woran kannst du das sehen?«

»Die Schafe tragen, wie ich sehe, die Anfangsbuchstaben seines Namens«, entgegnete der Sänger; »Gelehrsamkeit und Weisheit, meine Dame, bringen einen Mann durch die Welt, als besäße er den Ring, durch dessen Zauberkraft, wie alle Dichter sagen, Adam die Sprache der Tiere im Paradiese verstand. Ach, Madame! Weit klügere Dinge werden in Schäferhütten gelehrt als Damen glauben, die sich in der Sommerstube ihr buntes Kleid nähen.«

»Es mag wohl so sein, Bertram, wenngleich ich in der Kenntnis des geschriebenen Wortes nicht so bewandert bin wie du! Drum wandern wir, bitte, auf nächstem Wege zu Tom Dicksons Hütte, den uns übrigens seine Schafe wohl auch weisen. Hoffentlich haben wir nicht mehr weit; die Gewißheit, unsre Wanderung für heute um ein paar Meilen zu kürzen, macht mich übrigens so frisch und munter, daß ich den ganzen übrigen Weg ohne Mühe bezwingen könnte.«


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