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VII.
Der Hof von Teutat

Simzerla fürchtete zuerst, das Opfer einer Wette geworden zu sein. Der Ausruf ihres Gefolges, das war der Name, den die Echos ihrer Sekte unaufhörlich wiederholten, ihn verschieden betonend. Einen Augenblick dachte sie diesen Mann, den ruhigen Gegner der Gynandre, fortzujagen; doch die Schärfe ihres wütenden Blickes wurde stumpf, als sie den klaren Augen des Platonikers begegnete.

Dieser blickte sie an und faltete seine Lippen, an den Kuß erinnernd: die Wirkung war magisch.

Errötend reichte Simzerla ihm die beiden Hände:

– Mein einziger Freund, meine Damen; meine gegenwärtigen Freundinnen, Tammuz.

Die Gynandria waren verdutzt.

– Sie bleiben, Tammuz! Man wird Ihr Gepäck holen, das Sie ohne Zweifel in X gelassen haben. Sie dachten nicht, daß man einen Besuch macht, wenn man Tammuz ist und zu Simzerla kommt.-. Ich bitte Sie um ein Verweilen, das Ihrem Forschen nützlich sein wird, glaube ich. Hier ist Thelem Abtei Thelem, das künstlerische Kloster im Gargantua des Rabelais für beide Geschlechter. kein leeres Wort, man lebt nach seinem Gefallen; man ißt, wenn man Hunger hat, und eine Uhr gibt es nicht; als Vergnügen die Jagd, das Fischen, und besonders in allem wie für alle der freie Lauf der Phantasie … Ich werde Sie selbst unterbringen, wo früher der Kaplan hauste, neben der Kapelle.

Nach dieser Rede ging sie.

– Sie hat noch nie so lange zu jemandem gesprochen, bemerkte eine der Teuten (so hatten sich die Bewohnerinnen des Schlosses von Teutat getauft), eine große Schlampe, häßlich, aber drollig wie eine freiwillige Dummheit.

– Du kannst dich deiner Toilette widmen, Phalig, ich werde dem einzigen Freunde des Prinzen Gesellschaft leisten, sagte eine sehr niedliche Person.

– Phalig? fragte Tammuz.

– Ja, und ich bin Ophiel …

– Warum tragen Sie den Namen des Hausgeistes der Planeten Mars und Merkur?

– Weil es häßlich und einfältig ist, Blanche, Maria und Bertha zu sagen … Als wir eines Tages einen Hirten trafen, fanden wir, daß wir sieben waren und haben ihn lachend gefragt: »Hirt, haben Sie nicht umherirrende Namen vorbeikommen gesehen, hübsche, ungewöhnliche? Wir suchen solche.« Er begriff zuerst nicht. Als man es ihm erklärt hatte, zog er ein schmutziges Büchel aus seiner Tasche, entblätterte die schmierigen Seiten und taufte uns, jede betrachtend: Och, Phul, Phalig, Ophiel, Bethor, Hagith, Arathon. Er mußte die Namen mehrere Male wiederholen: so kam es, daß wir von einem Hirten getauft wurden.

– Nicht so übel, sagte Tammuz, erstaunt, daß der Hirte jeder der Lesbierinnen den Namen des Geistes gegeben hatte, der dem herrschenden Planeten entsprach. Die den Namen Phul trägt, ist das nicht die Blasseste, ist deren Phantasie nicht am stärksten, liebt sie nicht den Mond und das Meer?

– Ja, sagte Ophiel, Phul, mit ihrem wahren Namen Miocaines, lebt in der Nacht; und von uns allen ist sie am phantastischsten und am scharfsinnigsten in seltsamem Denken.

– Die andere, die auf Och antwortet, ist sie nicht musikalisch, die Blonde mit der zitronenfarbigen Haut, die beim Eintreten trällerte? Sie muß immer hinabsteigen, wenn sie liebt.

– Oh, wie das wahr ist, rief Phalig, sie liebt immer unter ihrem Stande, die arme Och.

– Ich wette, daß Bethor wohlwollend ist, Leckerbissen liebt und eine kleine Hand hat; daß Hagith lüstern und träge ist. Was die düstere Arathon, die Saturnische, betrifft, muß sie eifersüchtig sein, sich mit Zauberei oder Gewissensqual abgeben, fürchtet am meisten und verführt am wenigsten von den sieben.

– Es ist wahr, daß Sie erstaunlich sind!

– Weniger, als Sie gewandt sind, o Ophiel; weniger, als Sie ungestüm und tätig sind, o Phalig!


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