August von Kotzebue
Die deutschen Kleinstädter
August von Kotzebue

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Neunte Szene

Bürgermeister. Frau Staar. Herr Staar. Frau Brendel. Frau Morgenrot.

Frau Brendel. Da sind wir auf des Herrn Bürgermeisters Verlangen.

Frau Staar. Was begehrst du, mein Sohn?

Herr Staar. Was will der Herr Bruder?

Bürgermeister. Es ist eine Familienangelegenheit zu beratschlagen; da hab ich denn die lieben Angehörigen versammeln wollen.

Frau Brendel und Frau Morgenrot. Ei, was denn? Herr Vetter, was denn?

Bürgermeister. Etwas Nagelneues.

Frau Brendel. Doch nicht wegen der neuen Frau Steuereinnehmerin, die der alten würdigen Frau Muhme beim heiligen Liebesmahl durchaus vortreten will?

Frau Staar. Sie soll sich nur unterstehen –

Bürgermeister. Nein, das ist es nicht.

Frau Morgenrot. Oder wegen Feldschers Christian, der ihren Gottlieb einen Strohkopf geschimpft hat?

Bürgermeister. Auch nicht. Die Sache ist jetzt vor einem Hochedeln Rat und kann unter zwei Jahren nicht beendigt werden.

Frau Staar. Nun so expliziere dich, mein Sohn.

Bürgermeister. Nehmen wir zuvor Platz, um in gehöriger Ordnung zu prozedieren. Die Frau Mutter, als Familienpräses, in der Mitte; die Stammhalter zu beiden Seiten. Die Frau Muhmen auf dem rechten und linken Flügel. So.

Frau Brendel (indem sie sich setzt). Ich sterbe vor Verlangen.

Frau Morgenrot (ebenso). Ich platze vor Neubegier.

Bürgermeister (räuspert sich). Es ist ihnen allerseits wohl bewußt, welchergestalt meine älteste eheleibliche Tochter Sabina nunmehro die mannbaren Jahre erreicht hat.

Frau Staar. Freilich, sie soll ja heiraten.

Frau Brendel. Etwas zu jung möchte sie allerdings noch sein.

Frau Morgenrot. Wenn sie nicht meine liebe Muhme wäre, so würde ich sagen, sie sei noch ein wenig naseweis.

Herr Staar. Getroffen. Die Bücher aus meiner Lesebibliothek sind ihr alle nicht gut genug.

Frau Brendel. Ein ziemliches Weltkind, das die neuesten Moden aus der Residenz bekömmt.

Frau Morgenrot. Neulich spottete sie gar über unsere Manier, uns zu verneigen.

Frau Brendel. Unser alter Tanzmeister war zu seiner Zeit doch ein berühmter Mann.

Frau Morgenrot. Freilich wußte er nichts von dem neumodischen Hopsasa!

Frau Brendel. Und litt auch nicht, daß man auf der Straße die Schleppe um sich wickelte wie einen nassen Lappen.

Frau Staar. Nun, nun, liebwerteste Frau Muhmen, der Jugend muß man etwas zugute halten. Mein Sabinchen hat doch ein ehrliches Gemüt. Fahre fort, mein Sohn Niklas.

Bürgermeister. Obbesagte meine Tochter Sabina gedenket nunmehro der Herr Bau-, Berg- und Weginspektorssubstitut Sperling als sein eheliches Gemahl heimzuführen.

Herr Staar. Ist zur Gnüge bekannt. Nur weiter.

Bürgermeister. Es findet sich aber, daß, ehe noch die Sponsalia vollzogen worden, ein Mitbewerber auftritt, welcher gleichfalls christliche Absichten heget.

Alle. Wer? wer?

Bürgermeister. Es ist solches der mir von Sr. Exzellenz dem höchst zu verehrenden Herrn Minister auf das dringlichste empfohlene Herr Olmers.

Frau Staar. Der?

Herr Staar. Hm!

Frau Brendel. Ei!

Frau Morgenrot. Seht doch!

Frau Staar. Wirklich?

Herr Staar. Kurios.

Frau Brendel. In der Tat.

Frau Morgenrot. Unvermutet.

Bürgermeister. Was meinen nun die lieben Angehörigen nach reiflicher der Sache Erwägung?

Frau Staar. Je nun –

Herr Staar. Ich meine –

Frau Brendel. Was mich betrifft –

Frau Morgenrot. Ich habe so meine eigenen Gedanken.

Frau Brendel. Die Heiraten nach der Residenz gedeihen nicht allzuwohl. Man hat Beispiele.

Frau Staar. Ganz recht, Frau Muhme, die Stadtsekretärs-Tochter.

Frau Brendel. Das war ein Juchhe und eine Herrlichkeit, wie sie den Journalenschreiber heiratete.

Frau Morgenrot. Drei neue Kleider auf einmal wurden angeschafft.

Frau Staar. Aber es dauerte kein Jahr, so kam sie mit einem Würmchen zurück.

Frau Brendel. Sitzt nun da und nagt am Hungertuche.

Frau Morgenrot. Die seidenen Fähnchen sind verkauft.

Frau Staar. Natürlich, wo soll es herkommen!

Frau Brendel. Das Leben wird alle Tage teurer.

Frau Morgenrot. Jawohl, Frau Muhme, die Butter hat auf dem letzten Markttage wieder einen Groschen mehr gekostet.

Frau Staar. Wo will das hinaus

Frau Brendel. Die Frau Rentkammerschreiberin Wittmann traktiert doch alle Tage.

Frau Morgenrot. Ich höre ja, sie hat gestern wieder Kuchen gebacken?

Frau Staar. Was Sie sagen!

Frau Brendel. Ihr Mann ist doch nur Supernumerarius.

Frau Staar. Wo nehmen nur die Leute das Geld her?

Frau Morgenrot. Ja, wenn ich reden wollte –

Frau Staar und Frau Brendel. O reden Sie, liebe Frau Muhme, reden Sie.

Bürgermeister. Ein andres Mal, wenn ich unmaßgeblich bitten darf. Wiederum auf meine Sabina zu kommen –

Herr Staar. Wo denkt der Herr Bruder hin? Der Mensch hat ja gar keine Familie.

Frau Brendel. Man weiß ja nicht einmal, wie er geboren ist?

Frau Morgenrot. Ob man Hoch- oder Wohledel an ihn schreibt?

Frau Brendel. Sie wissen, daß die Honoratioren unserer Stadt seit undenklichen Zeiten alle untereinander verwandt sind.

Frau Morgenrot. Der Familie wegen werden ja eben die Heiraten gestiftet.

Herr Staar. Das hilft sich einander in den Hochweisen Rat.

Frau Brendel. Der Herr Vetter wissen das selber am besten.

Frau Morgenrot. Ein Fremder ist eine Raubbiene in unserm netten Bienenkorbe.

Herr Staar. Weiß nichts von unsern alten ehrwürdigen Gebräuchen –

Frau Brendel. Macht sich lustig über unsere ehrbaren Sitten –

Frau Morgenrot. Vergiftet die liebe Jugend, die ohnehin täglich schlimmer wird –

Frau Staar. Jawohl, Frau Muhme! zu unserer Zeit –

Frau Morgenrot. Ei jawohl! jawohl!

Frau Staar. Ich wundre mich nur, wie sie die Hauptsache vergessen können! Der Mensch ist gar nichts, nicht einmal ein Supernumerarius oder so etwas dergleichen. Seht doch! das gefällt mir nicht übel. Die Tochter eines Bürgermeisters, auch Oberältesten! Die Enkelin eines Untersteuereinnehmers! Die Nase steht ihm hoch.

Bürgermeister. Das Konklusum dieser Beratschlagung fiele also dahin aus –

Frau Staar. Nein, er bekömmt sie nicht.

Alle. Er bekommt sie nicht.

Bürgermeister. Bene! optime! Das ist auch meine Meinung. Nur stehet annoch zu erörtern, wie man auf eine glimpfliche Weise ihm solches insinuieren möge? Denn aus schuldigem Respekt vor Sr. Exzellenz dem Herrn Minister muß solches mit besonderer Schonung traktieret werden.

Frau Staar. Wenn er alle Tage zu Gaste geladen wird, so kann er schon zufrieden sein.

Bürgermeister. Das wäre etwas.

Frau Brendel. Der Herr Vetter können ihm ja von Rats wegen den Ehrenwein schenken.

Bürgermeister. Nein, Frau Muhme, das wäre zuviel.

Frau Morgenrot. Oder bei der nächsten Kindtaufe, welche in der Familie vorfällt, könnte man ihn zu Gevatter bitten.

Bürgermeister. Das läßt sich hören.

Herr Staar. Wie wär' es – da es ihm doch hauptsächlich darauf ankommt, sich hier in Krähwinkel zu etablieren – wenn man ihm eine andre Frau proponierte?

Bürgermeister. Da hat der Herr Bruder einen gesunden Einfall.

Frau Staar. Ja, aber wen?

Herr Staar. Deine Ursula. Sie geht ins neunte Jahr. Er kann warten; kann unterdessen mit Hülfe des Ministers ein ordentlicher, honetter Mensch werden; kann in unsern Gesellschaften Lebensart lernen; durch meine Lesebibliothek sich ausbilden und dann wieder zufragen.

Frau Staar. Recht. Man bliebe dann noch immer Herr, zu tun oder zu lassen.

Bürgermeister. Wenn er aber nicht so lange warten will? Denn ich kenne die jungen Herrn, wenn sie einmal das Heiraten anwandelt, so geht es über Hals und Kopf.

Herr Staar. I nu, ich wollt' ihm auch wohl eine reife Schönheit vorschlagen.

Alle. Wen denn?

Herr Staar. Da, unsere Frau Muhme, die Frau Oberfloß- und Fischmeisterin.

Frau Brendel (verschämt). Ah! Sie spaßen.

Herr Staar. Sie ist schon acht Monat' Witwe.

Frau Brendel. Bald neun Monat', Herr Vizekirchenvorsteher, bald neun Monat'.

Herr Staar. Sie hat Vermögen, kann ihm irgendeinen Titel kaufen, sie sind wohlfeil zu haben. Ein hübscher Mensch ist er doch nun einmal.

Frau Brendel. Ja, hübsch ist er, das muß man gestehn.

Herr Staar. So käm' er denn doch in die Familie.

Frau Staar. Und darum scheint es ihm besonders zu tun.

Bürgermeister. Ja, wie wär' es, Frau Muhme?

Frau Brendel (sich hinter dem Fächer versteckend). Ach lassen Sie doch den lieben Gott walten.

Zehnte Szene

Olmers. Vorige.

Olmers. Verzeihen Sie der Ungeduld der Liebe, die mich rastlos umhertreibt. Ich sehe Sie versammelt. Vielleicht ist mein Schicksal schon entschieden. Darf ich mir schmeicheln, bald mit in diesen Kreis zu gehören?

Bürgermeister (verwirrt und umständlich). Ja – ja – Se. Exzellenz der Herr Minister haben dieselben allerdings so dringend empfohlen – wenn auch gewisse Wünsche nicht grade angebrachtermaßen –

Frau Staar. So gäb' es denn doch noch Mittel –

Herr Staar. Mit einigen Modifikationen –

Frau Brendel. Ach, ich bitte! schweigen Sie.

Frau Morgenrot. Die Familie ist, dem Himmel sei Dank, groß –

Frau Brendel. Sie machen, daß ich glühe.

Olmers. Was soll ich aus diesen abgebrochenen Sätzen schließen? Ich bitte, Herr Bürgermeister, erklären Sie sich deutlich.

Bürgermeister. Meine Frau Mutter ist das Haupt der Familie, ihr kömmt es zu, das Wort zu fuhren. (Ab.)

Olmers. Von Ihren Lippen, Madam, erwart' ich also den Ausspruch.

Frau Staar (niest).

Alle (außer Olmers). Zur Gesundheit! Gott stärke Sie!

Frau Staar (beiseite). Nicht einmal Prosit sagt der Unmensch. (Laut.) Nein, mein Herr, die Madam hat hier nichts auszusprechen. Rede du mein Sohn, du kennst meine Gedanken. (Ab.)

Olmers. O geschwind, mein Herr, lassen Sie mich nicht länger in dieser marternden Ungewißheit.

Herr Staar. Eine delikate Sache. Heiraten und Nähnadeln müssen die Frauenzimmer einfädeln. Bitte daher, sich an die Frau Muhmen zu halten. (Ab.)

Olmers. Sie also meine Damen?

Frau Morgenrot. Das Herz eines Jünglings, mein Herr, weiß nicht immer, was es wünscht. Oft wähnt es sich fern vom Ziele, indessen Amor, durch einen glücklichen Tausch, es zu beseligen im Begriff steht.

Olmers. Was soll das heißen?

Frau Morgenrot. Fragen Sie nur die Frau Gevatterin. (Ab.)

Olmers. Werden Sie mir endlich diese Rätsel lösen?

Frau Brendel (minaudierend). Die Familie hat Absichten – sie glaubt Ihnen Ersatz schuldig zu sein – man tut Vorschläge – man entwirft Pläne – aber Sie fühlen wohl, mein Herr, daß es unschicklich wäre, wenn eine junge Frau sich auf etwas einlassen wollte, die erst seit zehn Monaten Witwe ist. (Ab.)

Eilfte Szene

Olmers (allein).
Was Teufel soll das bedeuten? – Man ist doch wahrhaftig übel daran, wenn man sein ganzes Leben in einer großen Residenz zugebracht hat. Führt einen der Zufall dann in eine kleine Stadt, so steht er da wie eine Eule auf der Stange; die Krähen flattern ringsumher und ärgern sich über den Fremdling.

Zwölfte Szene

Sabine und Olmers.

Sabine. Sind Sie endlich allein?

Olmers. Jawohl, aber nicht in der besten Laune.

Sabine. Ich habe Ihnen tausenderlei zu sagen.

Olmers. Ich Ihnen nur einerlei.

Sabine. Daß Sie mich lieben? nicht wahr?

Olmers. Getroffen.

Sabine. Dazu ist jetzt nicht Zeit. Der verdammte Sperling sitzt mir überall auf der Ferse. – Ach mein Gott! da ist er schon wieder!

Dreizehnte Szene

Sperling. Vorige.

Olmers (leise). Soll ich ihn zur Tür hinauswerfen?

Sabine (leise). Um 's Himmels willen! verderben Sie nicht alles.

Sperling. Da bin ich, da bin ich, mein reizendes Sabinchen, treu und folgsam wie die Schleppe an ihrem Kleide.

Olmers. Da stehen Sie in Gefahr, getreten zu werden.

Sperling.

                Ach! aber ach! das Mädchen kam
Und nicht in acht das Veilchen nahm,
Zertrat das arme Veilchen –

Olmers. Die Grausame!

Sperling. Hat nichts zu bedeuten. Nicht wahr, mein Binchen? Wir wissen schon, wie wir miteinander stehen.

Olmers. Nur nicht vor dem Altare.

Sperling. Bald! bald! –

                Die Myrtenkron' im blonden Haar,
Führ ich die Holde zum Altar.

Olmers (der nur mit Mühe noch an sich hält). Wie aber, mein Herr Bau-, Berg- und Weginspektorssubstitut, wenn Sie sich vorher noch mit einem Nebenbuhler den Hals brechen müßten?

Sperling. Ei, ei, wie das?

Olmers (rückt ihm näher). Wenn man Ihnen kurz und rund heraus sagte –

Sperling (retiriert). Ei, was denn? was denn?

Sabine (tritt zwischen sie). Ja, Herr Olmers, Sie haben recht, es wird am besten sein, diesen Herrn um Rat zu fragen.

Sperling. Worin denn?

Sabine (Olmers winkend). Er versteht sich darauf, das dürfen Sie mir sicher glauben.

Sperling. Worauf denn, mein Engel?

Sabine (zu Sperling). Sehn Sie nur, dieser Herr hier steht im Begriff einen Roman zu vollenden.

Olmers. Ich einen Roman?

Sabine (leise). Ei, so schweigen Sie doch.

Sperling. Einen Ritterroman?

Sabine. Ja, ja, es ist so eine Art von Ritterroman. Um nun die Katastrophe vorzubereiten, ist es durchaus notwendig, daß der Ritter mit seinem Mädchen eine geheime Unterredung habe.

Olmers. Ja, mein Herr, das ist durchaus notwendig.

Sperling. Wohl, wohl, ich begreife das.

Sabine. Nun ist aber das arme Mädchen den ganzen Tag von lästigen Augen bewacht. Bald der Vater, bald die Mutter, bald der Nebenbuhler –

Sperling. Aha! ist auch ein Nebenbuhler dabei? vermutlich eine widerliche Kreatur?

Olmers. Jawohl, mein Herr, ein unerträglicher Narr!

Sperling. Ich verstehe, hä! hä! hä! hä! hä!

Sabine. Es muß also eine List ersonnen werden, um der Dirne Gelegenheit zu verschaffen, unbemerkt mit ihrem Ritter zu schwatzen, denn (mit Beziehung) sie hat ihm höchst wichtige Dinge zu sagen.

Sperling. Die der Nebenbuhler nicht hören darf?

Sabine. Nun freilich.

Sperling. Ich verstehe. Und nun ist der Herr da in Verlegenheit, wie er das Ding einfädeln soll?

Olmers. Allerdings. Wenn Sie die Güte haben wollten, mir mit gutem Rat beizustehn –

Sperling. Herzlich gern. Nichts leichter auf der Welt. (Er sinnt nach.) Sehen Sie – zum Exempel – am Tage darf die Zusammenkunft schon nicht geschehn, denn da geht der abgeschmackte Nebenbuhler dem Mädchen nicht von der Seite.

Olmers. So ist's mein Herr.

Sperling. Also bei Nacht! und zwar in der Geisterstunde! um Mitternacht!

Sabine. Das möchte bedenklich sein, weil das Mädchen zwar munter und mutwillig, aber doch sehr sittsam geschildert worden.

Olmers. Das hätte doch so viel nicht zu bedeuten, da der Ritter ohnehin schon halb und halb ihr Bräutigam ist.

Sabine. Nein, Herr Olmers, die Ehre Ihrer Heldin ist mir zu lieb. Um Mitternacht wird nichts daraus. Allenfalls den Abend.

Sperling. Wohl, wohl, den Abend. Vermutlich ist der Nebenbuhler eine Schlafmütze, die früh zu Bett geht?

Sabine. Getroffen.

Sperling. Nun, so bleiben wir bei dem Abend. Da ist denn ein langer, einsamer Gang in der Burg, von einem Lämpchen schwach erleuchtet –

Sabine. Nein, nein, das Lokal ist bereits sehr umständlich geschildert. Da ist kein solcher Gang.

Sperling. Oder ein Garten, wo zwischen düstern Taxushecken –

Sabine. Sie vergessen, Herr Sperling, das sittsame Mädchen geht nicht zwischen die düstern Taxushecken.

Olmers. Mich dünkt doch, dahin könnte man sie immer gehen lassen.

Sabine. Ei bewahre! das tut sie nicht.

Sperling. So könnte der Ritter sich kurz und gut in ihr Schlafzimmer schleichen?

Sabine. Behüte der Himmel! das tut sie noch weniger.

Olmers. Es scheint fast, sie hat kein Vertrauen zu ihrem Geliebten.

Sabine. Das wohl. Aber was würden die Rezensenten von der Moralität sagen? nein, auf solche Dinge läßt sie sich durchaus nicht ein.

Sperling. Ja, dann sind wir doch wirklich in einiger Verlegenheit. Ich wollte, weiß Gott! herzlich gern die Sache befördern. – Schade, mein Herr, daß Sie den Charakter des Mädchens fast ein wenig zu streng und sittsam angelegt haben.

Olmers. Sie haben recht. Ich sehe wohl, sie wird am Ende doch noch dem albernen Nebenbuhler zuteil werden.

Sperling. Nein, nein, nein! das muß nicht geschehn. Nein durchaus nicht! das wollen wir zu verhüten suchen. (Nachsinnend.) Wie – wenn – das einzige, wozu das Mädchen sich allenfalls verstehen könnte, wäre etwa, vor Schlafengehn, eine kurze Unterredung vor der Haustür. Da wäre denn noch alles ringsumher wach – es gingen Leute vorüber, der Nachtwächter und dergleichen. – Was meinen Sie dazu?

Olmers. Ein herrlicher Einfall.

Sabine. Recht schicklich kömmt es mir freilich auch nicht vor –

Sperling. Sein Sie ganz ruhig, das nehm ich auf mich. (Zu Olmers.) Veranstalten sie in Gottes Namen die Zusammenkunft auf diese Weise; dagegen kann niemand etwas einwenden.

Sabine. Nun ja, Herr Olmers, wenn es Ihnen so gefällt –

Olmers (zu Sperling). Ich befolge Ihren Rat mit Freuden.

Sperling (reibt sich sehr zufrieden die Hände). Na, so hätten wir denn doch dem armen sittsamen Mädchen aus der Klemme geholfen.

Sabine (macht einen Knicks). Dafür muß sie sich bei Ihnen bedanken.

Sperling. Ist gern geschehn. Vielleicht könnte man es auch so einrichten, daß der Nebenbuhler dabei auf eine lächerliche Weise hinter das Licht geführt würde?

Sabine. Allerdings.

Sperling. Wenn er nämlich dumm genug dazu ist?

Olmers. O ja, dafür steh ich Ihnen.

Sabine. Wie, wenn das Mädchen in Gegenwart des Nebenbuhlers ihr Rendezvous mit dem Geliebten veranstaltete?

Sperling. Bravo! bravo! Da gibt es etwas zu lachen.

Sabine. Man könnte ihn sogar selbst mit lachen lassen.

Sperling. Immer besser! immer besser! (Er lacht von ganzem Herzen.)

Sabine. Horch! die Gäste brechen auf. Gute Nacht, meine Herren! morgen wollen wir mehr darüber lachen, denn vermutlich wird Herr Olmers noch diesen Abend alles in Richtigkeit bringen.

Olmers. Ganz gewiß.

Sabine. Nun dann, auf Wiedersehn! (Ab.)

Sperling. Sie wollen noch heute daran arbeiten?

Olmers. Ja, das erste Feuer muß man nutzen.

Sperling. Sie haben – recht. – Hören Sie – wenn Ihr Roman fertig ist – darf ich mir wohl ein Exemplar davon ausbitten?

Olmers. Er soll Ihnen dediziert werden. (Ab.)

Vierzehnte Szene

Sperling (allein).
Zu viel Ehre, mein Herr! allzuviel Ehre! – Kam es mir doch beinahe vor, als ob er sich lustig über mich machte? – der Herr Romanenschreiber! –

                Er bläht sich auf gleich Superintendenten!
Hofft Ehr' und Geld – nun nun, der Himmel geb's!
Daß sein Roman von zwanzig Rezensenten
Gelästert wird, gebt Achtung, ich erleb's.
Zwar half ich ihm mit eigenen Talenten;
Er ohne mich – ging rückwärts wie ein Krebs:
Das Mägdelein hinunter auf die Straßen
Dies große Wort hab ich ihm zugeblasen! (Ab.)

Ende des dritten Akts


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