Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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26. An die Herzogin Anna Amalia

Franckfurth d 17ten Augst 1778

Theureste Fürstin! Tausend und aber Tausend Danck vor alle uns erzeigte Gnade, und Liebe. O! wie seelig waren wir in dem Umgang einer Fürstin, Die die Menschen liebt, Ihres hohen standes Sich so entäusserte, Sich herab läßt und wird wie unser einer, und da solte sich nicht alles alles freuen eine solche vortreffliche Dame wiederzusehn? wäre es möglich daß es solche Unholden in der Natur gäbe; so müsten sie mir Stafache des Bergs Caukasus seyn, und das biß an den jüngsten Tag. Meine Freude daß ich einen Höllen Bregel zu selbst eigenem besitz haben soll, können Ihro Durchlaucht Sich ohnmöglich vorstellen, da darf ich doch auf meine eigne Hand lachen, ohne Herrn Krauße böße zu machen – nur schade daß die gnädige Freulein Thusnelde nicht dabey ist, wir wolten ein solches gekickerre verführen, wie über die Moppelger bey Herrn Ettling. Ich statte also meinen Unterthänigen Danck zum Voraus davor ab. Es hat mich biß zu Thränen gerührt daß meine gnädige Fürstin so gar auf der Reiße an Mutter Aja denckt und ihr Freude zu machen sucht. So bald der Höllen-Bregel ankommt wird er in die kleine Stube meinem Wohnzimmer gegenüber aufgestelt, sonst hieß sie gelbe, jetzt heißt sie die Weimarer Stube, und alles was ich von Weimar schon besitze, und wils Gott noch besitzen werde |: Denn Herr Krauße hat mir auch etwas versprochen :| soll als ein Heiligthum drinnen aufbewahrt werden und wenn mir meine Einsamkeit und die schlechten Menschen um mich herum zur Last fallen, daß mirs in dem Luft Creiß zu schwer wird zum Odem zu kommen; so will ich in diese liebe Stube gehn, mich zuerst erinnern daß die Beste aller Fürstinnin auch hir auf und abgegangen ist, hernach alle meine sachen eins nach dem andern andächtig beschauen. Flugs wird mich meine Einbildungskrafft nach Weimar versetzen und aller Druck – üble Laune – lange weile – und wie die bößen Geister alle heißen, werden über Hals und Kopf den reißaus nehmen. Der Vater hat eine solche Freude daß Ihro Durchlaucht sich seiner so gnädig erinnert haben und rechnet es unter den glücklichsten Zeitpunckt seines Lebens, daß er eine solche vortreffliche Fürstin die gnade gehabt hat kennen zu lernen: Er wird es ewig nicht vergeßen, und läßt sich Ihro Durchlaucht zu fernern Hulde und gnade unterthänigs empfehlen.

Freund Mercken habe ich seit seinem Abschied im rothen Hauß mit keinem Auge gesehen, aber ein gar herrlich Briefelein, worin unsere liebe Fürstin den Anfang und das Ende ausmachen, habe vorige woche von ihm erhalten. Diese woche hoffe ich ihn zu sehen – wie wird er sich freuen wann ich ihn versichere daß die herrlichste Fürstin und die vortrefflichste unter dem Menschengeschlecht noch mit Wohlgefallen an ihn denckt und Sich seiner Gesellschafft so gnädig erinnert. Johann Caspar Bölling begreift biß diese Stunde nicht wie er als Kornhändler aller der großen Seeligkeiten hat theilhafftig werden können – danckt mit innigem Freuden gefühl vor das gnädige Andencken – und wird es biß an den letzten seiner Tage nicht vergeßen wie wohl es ihm vom 15ten biß den 20ten Juni |: wo er die Römergläßer ins Schiff besorgte :| und vom 18ten biß den 27 Juli |: da er die gnade hatte Abschied zu nehmen :| in seiner Seele geworden ist. Ich weiß Ihro Durchlaucht halten mir dieses lange geschreibe zu gnaden, den so lang ich von Ihnen rede oder dencke so könte ich 10 Jahre in einem fort machen und schreiben. Vor diesesmahl aber will ich doch nur noch das thun – den Vater, mich und den Docter Wolf zu fernerern gnaden Unterthänigst zu empfehlen. Ich verharre Ew. Durchlaucht

Unterthänige und gehorsamste Dienerin Frau Aja.


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