Adolf Glaßbrenner
Neuer Reineke Fuchs
Adolf Glaßbrenner

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Zehntes Capitel.

               

Der Fuchs ward alsobald berufen
    Als Staatsmann zu des Thrones Stufen
Des Königs Braun, vom Hause Bär,
    Der in Verlegenheit war sehr.

Des großen Adlers hoher Geist,
    Den noch der Thiere Zunge preist,
Der hatte mit den Vögeln allen
    Des Bären Reich in Krieg befallen
Und balde zur Provinz erklärt,
    Weil es erbärmlich ward verwehrt
Vom Adel, der mit großem Maul
    War eitel, feige, dumm und faul.

Der Adler zog nun hin und her,
    Eroberte noch immer mehr,
Und wollte eher satt nicht werden,
    Als bis er König sei der Erden, –
Und seine neugemachten Prinzen
    Die wurden Herrscher der Provinzen.

Doch war ein Vetter noch des Bären,
    Der thät sich sehr dagegen wehren:
Des Eisbär's großes Reich im Norden,
    Das war noch nicht des Adlers worden.
Gen Den zog er mit Glanz und Pracht
    Und mit ganz ungeheurer Macht,
Und dachte wohl: in wenig Stunden
    Hast Du den Bären angebunden!
Und drohte Gott auch mit dem Finger
    Dem übermüth'gen Weltbezwinger,
Ihn blendete der neue Preis
    Des Sieges und – er ging auf's Eis.

Wohl hatte Gott der Herr gedacht:
    Ich habe Dich so hoch gebracht;
Du aber hast, was Dich erhoben,
    Verfolgt mit Strenge und mit Toben;
Drum wollen wir doch einmal sehen,
    Ob Du nicht solltest untergehen!
Denn wer sich stemmt gen Geist und Wort,
    Das bin ich selbst, den jag' ich fort.

Und Das war seines Sturzes Schuld
    Auch ganz allein, daß Gott es wullt'.

Wie er nun war in grauser Noth,
    Und um ihn wüthete der Tod,
Und jeden Vogel also fror,
    Daß bald er die Geduld verlor
Und auch sein Leben und sein Blut,
    Nur nicht die Ehre und den Muth:

Da zog ihm aus des Bären Reich
    Ein Heer entgegen alsogleich,
Das sang unter hellem Waffengetön
    Von seiner Freiheit so wunderschön,
Und schwur, daß kein hold Mädchen küßt
    Den, der sein Vaterland vergißt!
Und Weiber gaben Schmuck und Ringe
    Und alle ihre lieben Dinge,
Und selbst ihr liebstes Ding, den Sohn,
    Zu retten Vaterland und Thron.
Verlassen war jedwede Braut:
    Freiheit, Freiheit! erscholl es laut,
Und wer es heut zu Tag noch liest,
    Wohl eine Thräne drum vergießt. –

Da sah nun König Braun, der Bär,
    Erst ein, wie eitel Ding es wär',
Wie hilflos und wie arm ein Reich,
    In dem nicht jeder Bürger gleich;
In dem der falsche Adel leert
    Die Töpfe auf der Knechte Heerd,
Das Volk nicht selbst den Schatz bewahrt
    Natürlicher und geist'ger Art,
Und Keiner sieht und Keiner weiß,
    Was seines Thun und Muthes Preis,.
Und wie jedwede Tyrannei
    Das schrecklichste Verderben sei.

Da gab's ihm Gott im Himmel ein,
    Es sollte fürder anders sein.
Er schrieb und sandte Boten drauf,
    Rief all' sein gutes Volk nun auf,
Aus daß es selbst sich von der Kette,
    Und ihn aus tiefster Noth errette,
Und nach dem Sturz des Adlers sei
    Ein mächtig Volk und groß und frei!
Auch wurde öffentlich erklärt,
    Der Adel habe aufgehört;
Was seine Ahnen einst erworben
    An Ehren, sei durch ihn verdorben;
Auch könnte singen oder schrei'n
    Jed's Thier, wie's Gott ihm gäbe ein;,
Nur Kindern nütze Vormundschaft,
    Den Männern nähme sie die Kraft,
Drum einem Mannvolk' es gebühre,
    Daß selbst das Regiment es führe,
Daß es sich selbst Gesetze gebe,
    Nach eigenem Ermessen lebe,
Und um ein eigen Land und Gut,
    Wär's Noth, vergösse einst sein Blut.

Da hörte man rings ein Freudengeschrei:
    Wir sind frei, erscholl es, wir Bären sind frei!
Und ließen dem großen Adler nicht Ruh,
    Sie trieben ihn immerzu, immerzu;
Sie schlugen ihn in hundert Schlachten,
    Da sie des Königs Wort gedachten,
Und endlich auf einem Felsen haben
    Sie einsam ihm ein Grab gegraben.

Doch zu der Zeit, von der wir reden,
    War schon zu Ende all' dies Fehden,
Und König Braun war wieder jetzt
    Auf seiner Väter Thron gesetzt
In aller Pracht und allem Glanz,
    Geschmückt selbst mit dem Lorbeerkranz,
Zu dem sein Volk wohl jedes Blatt
    Bezahlt mit tausend Leben hat.

Nun's aber galt, sein Wort zu lösen,
    Ward er getrieben von dem Bösen,
Daß er den Fuchs sich kommen ließ,
    Die Schlange in dem Paradies.


 << zurück weiter >>