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77. Karl Siebrecht wird Aufkäufer

Siebrecht fand den Händler Emil Engelbrecht in seinem kleinen Büro, wie er Papiergeld sortierte. Tische und Stühle waren mit Bergen von Scheinen bedeckt, ein zusammenstürzender Geldhaufen hatte einen Regen dieser bunten Zettel auf den Fußboden fallen lassen. Karl Siebrecht bückte sich schweigend und fing an aufzusammeln.

»Ach, lassen Sie doch«, sagte Engelbrecht. »Eigentlich könnte der Dreck ebensogut ausgefegt werden. Er macht bloß Arbeit. Und man bildet sich ein, man hätte Geld. – Haben Sie in den nächsten Tagen ein bißchen Zeit?«

»Ich habe sogar viel Zeit in den nächsten Tagen!«

»Schön. Dann werden wir Ihnen zwei Handtaschen mit diesem Dreck vollstopfen, und Sie werden für mich einkaufen gehen.«

»Was soll ich denn für Sie einkaufen?«

»Irgendwas! Fahrräder, Autos, Stoffe, Uhren, Seife – was Sie eben kriegen. Ist ja ganz egal, bloß, daß ich dies Zeugs loswerde!«

»Ich fürchte, ich bin ein schlechter Händler, Herr Engelbrecht.«

»Sie sollen auch gar nicht handeln, Sie sollen kaufen, was Ihnen vor die Nase kommt. Am schönsten wären Autos – wissen Sie nicht jemanden, der mit alten Autos handelt?«

Karl Siebrecht fiel jemand ein. Er antwortete kurz: »Vielleicht.«

»Na schön«, sagte Engelbrecht. »Klemmen Sie sich tüchtig dahinter, es soll Ihr Schade nicht sein. Ich werde Sie mit Ware, nicht mit Geld bezahlen.«

»Herr Engelbrecht, ich suche aber eine dauernde Beschäftigung, ich würde auch einen Lastzug hier in Berlin führen. Ich brauche auch ein Zimmer hier in der Nähe, einen Vorschuß ...«

Der Händler richtete seine dunklen, glanzlosen, zu kleinen Augen auf ihn. »Na schön, das können Sie alles haben. Vorschuß nehmen Sie sich von dem Geld, soviel Sie brauchen. Den verrechnen wir später. Wohnen können Sie hier, waschen werden Sie sich im Stall drüben. Lange halten Sie es ja doch nicht bei mir aus. Sie fangen bestimmt selbst was an.«

»Glauben Sie? Ich suche schon Jahre danach.«

»Manchmal sucht man, was man schon hat«, meinte der Händler dunkel. »Übrigens hat der Dumala nach Ihnen gefragt.«

»Der –? Was will er denn? Ich soll ja nicht mehr für ihn fahren.«

»Vielleicht werden Sie doch noch einmal für ihn fahren.«

Sie sahen sich beide an, beide lächelten.

Dann sagte Karl Siebrecht? »Haben Sie wohl einen Boten, den ich in die Wohnung nach meinen Sachen schicken könnte?«

Es war das Gute an dem Händler Engelbrecht, daß er nie fragte, daß er nicht neugierig war. »Ich schicke Ihnen einen Bengel aus dem Stall, geben Sie ihm ein paar Zeilen mit«, sagte er und ging.

Karl Siebrecht setzte sich an den Schreibtisch, legte Papier vor sich und schrieb. Er schrieb die kurze Bitte um seine Sachen vier- oder fünfmal. Bei jedem Schreiben wurde sie noch etwas kürzer, zum Schluß war es nur noch ein einziger Satz, ohne Anrede.

Als der Bote gegangen war, setzte er sich hin und bündelte das Papiergeld. Er stopfte zwei große Ledertaschen bis oben voll. Er legte sich Listen an, Listen mit unendlich vielen Nullen. Die Schlußzahl war nur schwierig und stockend zu lesen. Nun gut! dachte er. Dafür sollte man etwas kaufen können!«

Überraschend schnell kam der Bote zurück, er kam mit leeren Händen. »Wenn Se wat wollen, sollen Se selba kommen, läßt se sagen«, bestellte er.

»Es ist gut«, sagte Karl Siebrecht, nahm seine beiden Taschen, die schwer waren, obwohl sie nur Papier enthielten, und ging auf seinen ersten Einkauf. Fest stand für ihn, daß er nie wieder die Wohnung in der Eichendorffstraße betreten würde.

Es dunkelte schon, als er auf der Straße stand, und er hatte an seinen beiden Taschen zu schleppen. Trotzdem war er entschlossen, noch in die Wallstraße zu fahren. Die Worte des Händlers Engelbrecht hatten ihn an seinen alten Feind, den Haifisch Tischendorf, erinnert. Bestimmt wollte er nichts Zweifelhaftes kaufen, die Papiere mußten in Ordnung sein, aber hinsehen wollte er wenigstens einmal. Übrigens gab es vielleicht gar kein Geschäft Tischendorf in der Wallstraße, die Ratte war immer ein Prahler gewesen.

Es sah wirklich so aus, als gäbe es in der Wallstraße dies Geschäft für Gebrauchtwagen nicht. Zweimal war Siebrecht, seine Tasche verfluchend, die Straße schon auf und ab gegangen und hatte nichts von einem Autogeschäft entdeckt. Erst beim dritten Weg, als er kein Ladenfenster ohne genaue Untersuchung ließ, entdeckte er an zwei herabgelassenen eisernen Jalousien den schon halb wieder verwischten Zettel: »Geschlossen. Nachfragen in Hof I.« Kein Name, keine Firma, aber eine ziemliche Klaue, wie sie einem Tischendorf wohl zuzutrauen war. Also in den Hof I. Es gab da eine ganze Menge Türen, Karl Siebrecht versuchte sie alle der Reihe nach. Schließlich geriet er erst in eine Werkstatt, die aussah, als hätten hier die Räuber gehaust, und dann in ein Bürochen, von dessen Decke an zwei Drähten eine einzige funzlige Birne hing ...

»Hallo!« sagte Hans Tischendorf, der damit beschäftigt war, Papier in einen spuckenden, glühenden Eisenofen zu stecken. »Ich bin für niemanden zu sprechen!«

»Hallo, Haifisch!« sagte Karl Siebrecht und ließ sich aufatmend auf einen Rohrstuhl fallen. »Schön warm hast du's hier!«

Ablehnend fragte Tischendorf: »Was willst du denn? Ich kann dich nicht brauchen, ich verreise.«

»Auch recht«, antwortete Karl Siebrecht. »Ich will nur mal ein bißchen Luft schnappen. Diese verdammten Taschen! Verbrenne du nur ruhig deine Firma weiter, der Kanonenofen ist direkt sympathisch!«

»Was willste denn mit den Taschen?« fragte Tischendorf und steckte einen ganzen dicken Schnellhefter in das Ofenloch. Es heulte und bullerte, dann schlug eine Flamme heraus.

»Ich zieh um«, antwortete Karl Siebrecht. »Hast du nicht eine Beschäftigung für mich? Als Chauffeur, als Motorenschlosser, als Buchhalter –?«

»Ich habe den Laden zugemacht«, erklärte Hans Tischendorf etwas menschlicher. »Ich hau ab. Hier in Deutschland ist doch nichts mehr zu holen! Übermorgen geht mein Dampfer nach New York.«

Er hatte nie das Schwatzen lassen können, das Prahlen, dieser zweifelhafte Bursche. Schon taute er auf, er würde noch mehr erzählen.

»Was willst du denn drüben werden?« fragte Karl Siebrecht. »Alkoholschmuggler oder Gangster? Ich glaube, Capone sucht Leute.«

»Rede bloß keinen Stuß! Ich gehe nach Detroit zu Ford, werde da Verkäufer. Ich habe meinen Vertrag schon in der Tasche!«

»Kieke da!« sagte Karl Siebrecht, nun doch etwas verblüfft. »Aus Kindern werden wahrhaftig Leute! Ich kann mich noch gut an deine grauen Korkzieherhosen erinnern, Haifisch!«

Der Haifisch fühlte sich geschmeichelt. Er fetzte aus einem Ordner Rechnungen und gab dem Öfchen neuen Fraß. »Ich gehe nicht ohne Geld rüber«, prahlte er. »Ich habe einen ganz hübschen Haufen Devisen, wo ihn kein Zollbeamter findet. Und einen Gehpelz und einen Brillantring habe ich auch!«

»Dann ist ja alles in Butter.« Siebrecht bedachte ein wenig ärgerlich das, was der andere in diesen Jahren geschafft hatte – er aber stand leer und arm da. Freilich hätte er mit Tischendorf nie tauschen mögen, auch für Gehpelz, Devisen und Brillantring nicht.

»Ich habe dir immer gesagt, Handeln ist die Losung!« prahlte Tischendorf weiter. Er betrachtete verächtlich den besten Anzug Siebrechts. »Und du läufst noch immer nach Arbeit rum. Nein, ich habe keine Arbeit für dich.«

»Aber vielleicht hast du was zu handeln für mich? Wir könnten es ja mal versuchen!«

Tischendorf sah ihn prüfend an. »Hast du denn Geld?«

»Ein bißchen.«

»Papier oder Devisen?«

»Papier – aber davon ein paar Waschkörbe voll. Genau gesagt, wollte ich eigentlich ein Auto von dir kaufen. Am liebsten einen Lastwagen – aber die Papiere müßten sauber sein.«

»Vielleicht kriege ich Papiergeld noch eingewechselt«, überlegte Tischendorf. »Ich würde eine Masse Geld daran verlieren, aber wenn du anständig zahlst –«

»Für anständige Ware zahle ich auch anständige Preise.«

»Anständige Ware! Du bildest dir doch nicht ein, ich gebe dir für Papier anständige Ware. Außerdem habe ich nichts mehr, alles verkauft!«

»Dann ist es ja gut. Warum sollen wir dann davon noch reden?« sagte gleichmütig Karl Siebrecht. Er hatte wohl gemerkt, daß der Fisch angebissen hatte.

Tischendorf war jetzt damit beschäftigt, ein Geschäftsbuch in seine Bestandteile zu zerlegen. Er tat es sehr nachdenklich. »Ich will dir was sagen, ich habe doch noch ein paar Wagen. Sie stehen irgendwo draußen in Weißensee, auf einem Bauplatz. Ich habe sie lange nicht gesehen, aber sie sind bestimmt noch da. Es ist ein Zaun um den Bauplatz, und auch ein Wächter ist nachts dort.«

»Das müssen ja komische Wagen sein, die du dir so lange nicht angesehen hast! Interessiert sich vielleicht die Polizei dafür?«

»Nee! Die Papiere sind tadellos in Ordnung!« Tischendorf grinste. »Natürlich sind es nicht gerade neue Wagen mehr. Ich will dir die ganze Wahrheit sagen, eigentlich wollte ich sie zum Ausschlachten verkloppen. Ich bin nur nicht mehr dazu gekommen, ich habe mich ganz plötzlich zu dieser Reise entschlossen.«

»Ach ja, diese elende Polizei –« seufzte Siebrecht.

»Ich möchte wissen, was du ewig mit der Polizei hast, das verbitte ich mir!« rief giftig Tischendorf. »Mein Paß ist in Ordnung. – Also, die Wagen sind nicht fahrfertig. Aber wer Geschick hat und ein bißchen basteln kann, kriegt noch ein paar tadellose Autos daraus.«

»Baujahr neunzehnhundert?«

»I wo! Alle in oder nach dem Kriege gebaut! Motoren und Bereifung sind auch noch da! Ich bin einfach nicht mehr dazu gekommen! Ich wollte sie durch meinen Anwalt verkaufen lassen, aber die Brüder rechnen immer für alles ihre Gebühren auf!«

»Es sitzt sich so schön warm bei dir«, meinte Karl Siebrecht. »Wenn du die Wagenpapiere gerade da hast, kann ich sie mir ja einmal ansehen.«

Hans Tischendorf warf ihm einen unentschlossenen Blick zu, überlegte und ging dann zu seiner Aktentasche, in der er herumsuchte. »Da!« sagte er. »Sieh's dir meinetwegen an. Es sind fünf Personenwagen und zwei Lastwagen. Aber ich schenke dir nichts, das sage ich dir gleich!«

»Habe ich nie anders erwartet, Haifisch!« antwortete Siebrecht und nahm die Papiere. Sie sahen ganz manierlich aus, die Papiere. Natürlich, es waren alte Wagen, es waren auch sehr gefahrene Wagen, aber eigentlich mußte mit ihnen etwas anzufangen sein. Besser als Papiergeld waren sie jedenfalls. »Na, schön, Tischendorf«, sagte Karl Siebrecht und legte die Papiere wieder zusammen. »Das kann unter Umständen was werden. Ich will mir die Autos morgen früh mal ansehen.«

»Morgen früh!« rief Tischendorf. »Ich habe dir doch gesagt, daß ich heute abend noch nach Hamburg fahre! Oder habe ich es noch nicht gesagt? Jedenfalls dampfe ich heute abend ab, und wenn du die Autos kaufen willst, mußt du sie jetzt kaufen oder gar nicht!«

»Aber ich kann die Autos doch nicht kaufen, ohne sie überhaupt gesehen zu haben!« rief Karl Siebrecht verblüfft. »Das kannst du doch wirklich nicht verlangen.«

»Ich verlange gar nichts«, antwortete Tischendorf kühl. »Ich sage dir nur, wenn du kaufen willst, kaufst du jetzt.« Er seinerseits hatte nun auch gemerkt, daß der Fisch an der Angel saß, und war nicht geneigt, ihn wieder vom Haken zu lassen. »Ich kann die Papiere nachher immer noch meinem Anwalt raufbringen.«

»Und verlierst den halben Kaufpreis an Gebühren!«

»Dafür kriegst du bei mir die Wagen billiger!«

Sie sahen einander beide prüfend an. Jeder in einiger Unruhe, es könnte aus dem Geschäft doch nichts werden.

»Na schön«, sagte Karl Siebrecht dann. »Werde ich mir ein Taxi nehmen und schnell nach Weißensee rausfahren. Es ist zwar dunkel, aber etwas werde ich von den Autos doch sehen.«

»Ehe du aus Weißensee zurück bist, sitze ich in meinem Hamburger Zug. Bedaure, mein Lieber, jetzt oder gar nicht.«

»Es scheint dir ja verdammt viel daran zu liegen, daß ich die Wagen kaufe, ohne sie zu sehen!«

»Ich habe dich nicht darum gebeten, sondern du mich! Sie stehen ganz gut, wo sie stehen. Also laß die Sache.«

»Stehen sie überhaupt noch dort?«

»Ehrenwort! Außerdem hätte ich sonst die Papiere nicht mehr.«

Ein Haifischehrenwort war nicht sehr überzeugend, aber der Einwand mit den Papieren war stichhaltig – wenn nichts geschoben worden war. Karl Siebrecht sah nachdenklich vor sich hin. Es war ein verdammtes Risiko – und es war nicht sein Geld, das er riskierte! Diesem Tischendorf war überhaupt nichts Gutes zuzutrauen. Und doch – Karl Siebrecht hatte das Gefühl, daß der Haifisch diesmal nicht soviel geschwindelt hatte wie sonst. »Was soll der Dreck denn kosten?« fragte er widerwillig.

»Das muß ich mir erst ausrechnen!« sagte Tischendorf ungerührt. »Aber einen Aufschlag für die Markentwertung muß ich dir berechnen.«

»Wenn ich heute kaufen soll, mußt du auch den heutigen Kurs rechnen.«

Tischendorf sah ihn nur nachdenklich an, den Kopf schon voller Zahlen. Dann griff er nach Papier und fing an, eilig Zahlen hinzumalen. Es wurden immer mehr Zahlen. Auch Karl Siebrecht hatte sich Papier genommen und rechnete. Wenn er den Wagen mit dreihundert Friedensmark einsetzte, nein, zweihundert Mark waren für solche Wracks schon genug ... »Also –?« fragte er, als Tischendorf wieder hochsah.

Tischendorf versuchte, ihn fest anzusehen, aber gleich irrten seine Augen wieder ab. Dann sagte er: »Siebenhundert Milliarden sind mein äußerster Preis.«

»Wie –?« fragte Karl Siebrecht und legte die Hand an die Ohrmuschel.

»Jawohl! Siebenhundert Milliarden!« wiederholte der Haifisch trotzig.

»Bei dir muß was nicht richtig sein! Ist dir klar, daß das siebenhunderttausend Millionen sind?«

»Stimmt. Dir ist ja wohl auch klar, daß das richtige Autos sind, aus allen möglichen Metallen und Gummi und Lack, kein Papier!«

»Richtige Autos, mit denen man bloß nicht fahren kann! Das sind ja über fünfhundert Friedensmark für einen Ausschlachtwagen!«

»Na und –? Zahlst du mir Friedensmark oder zahlst du mir Papiermark? Was glaubst du denn, was ich für einen Aufschlag zahlen muß, wenn ich den Dreck in gute amerikanische Dollars einwechsele?«

»Dreck für Dreck!« antwortete Karl Siebrecht. »Früher hat man solchen Bruch in den nächsten See gefahren. Gibt's denn in Weißensee keinen See?«

»Nicht lange mehr, dann kannst du mit deinen Milliardenscheinen das Klo tapezieren! An den Hut stecken kannst du sie dir!«

Lange wogte der Kampf, manch beißendes Wort fiel, auch die Vergangenheit wurde wieder aufgerührt. Aber schließlich gab Hans Tischendorf das erste Zeichen von Schwäche zu erkennen: »Na, dann sag doch, was du zahlen willst!«

»Zweihundert Milliarden, das ist mein äußerstes Gebot!« sagte Karl Siebrecht.

»Auf so 'nen Stuß antworte ich gar nicht!« schrie Tischendorf. »Hau bloß ab, du! Du sitzt hier bloß und stiehlst mir Wärme! Ich habe was anderes zu tun!«

Und von neuem begann die Schlacht, und wiederum war es Tischendorf, der zuerst ermattete. »Hast du denn überhaupt genug Geld, um alles sofort zu bezahlen?« Er sah argwöhnisch die Ledertaschen an. »Ich verlange das Geld bar in die Hand.«

»Hier habe ich nicht genug, aber zu Haus ist noch mehr. Du kannst sofort mitkommen und es dir holen. – Also jetzt ein vernünftiges Wort, Haifisch, dreihundert Milliarden sind auch ein schönes Geld!«

»Sechshundert!« antwortete der Haifisch, und die Schlacht ging weiter.

Endlich einigten sie sich auf vierhundert Milliarden, sie gaben sich die Hand darauf. Aber auch da wäre das Geschäft noch beinahe wieder zurückgegangen, denn nun verlangte Tischendorf die beiden Ledertaschen als Aufgeld. »Worin soll ich denn das Geld fortschaffen? Nee, die gehören dazu!«

Sie stritten sich erbittert, aber Tischendorf war im Nachteil, denn er hatte es allmählich wirklich eilig.

»Also schön«, sagte er. »Bei dir ist aber auch gar nichts los. Wollen wir das Geld jetzt zählen?«

Gottlob wurden nur die Packen gezählt, auf ein paar Millionen kam es beiden nicht an. »Und nun los, in deine Bude!« sagte Tischendorf. »Eichendorffstraße, was?«

»Nein, ich wohne bei Engelbrecht«, antwortete Siebrecht. »Ich habe die Wagen für den Viehhändler Engelbrecht gekauft.«

»O verdammte Scheiße!« brach Tischendorf los. »Das hätte ich wissen sollen! Ich habe gedacht, du kaufst für dich und hast nicht mehr Geld! Und nun für Engelbrecht – keine Mark hätte ich nachgelassen!« Die ganze Autofahrt zum Fuhrhof schimpfte er weiter, und ein gewisser Trost lag für Karl Siebrecht in dieser Schimpferei, denn sie bewies, daß nicht nur Luft, sondern wirklich Ware verkauft worden war.

Er hatte gehofft, Engelbrecht bei seiner Rückkehr auf dem Hof anzutreffen. Zu gerne hätte er ihm den Handel vorgetragen, zu gerne wäre er ein Stück der Verantwortung losgewesen. Aber Engelbrecht war nicht da. Statt seiner saß jemand anders wartend auf dem Büro, jemand, den er im Augenblick gar nicht brauchen konnte. Dieser Jemand zog die Brauen sehr erstaunt hoch, als er Siebrecht mit dem Haifisch eintreten sah. Beide erkannten sich gleichzeitig.

»Hallo, Kalli!« sagte Tischendorf.

»Hallo, Haifisch!« sagte Kalli Flau.

»Einen Augenblick, Kalli!« bat Siebrecht. »Ich bin gleich mit Tischendorf fertig.«

Und nun zählten sie wieder Geld, sie zählten es sogar zu dreien. Die Autopapiere wechselten ihren Besitzer, und Hans Tischendorf fuhr in einem Taxi ab, umgeben von Geldpaketen, die nur notdürftig in Zeitungspapier eingewickelt waren. Er war die letzten Minuten verdammt vergnügt gewesen. Karl Siebrecht wurde es sehr ungemütlich. Er hatte eine dunkle Ahnung, als habe er doch nur Luft gekauft.


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