Edward Bulwer
Paul Clifford. Erstes Bändchen
Edward Bulwer

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Fünftes Kapitel.

O Königreiche, die kein Aug erblickt!
O Federn, von ergrimmter Hand gezückt!
Laßt, Fürsten der Kritik, in treuen Bildern
Mich Eures Treibens myst'sche Wunder schildern.

Virg. Aen. VI. B.

Das Glück hatte dem Herrn Mac Grawler gelächelt, seit er zuerst den Unterricht bei dem Pflegsohn der Mrs. Lobkins übernommen. Er bewohnte jetzt einen zweiten Stock und sprach dem Sheriff und seinen bösen Geistern Hohn. Es war bei anbrechendem Abend, als Paul ihn zu Hause und allein antraf. Vor dem gewaltigen Mann stand ein Krug mit Londoner Porter; eine Kerze mit unbeschnittenem Docht warf ihr einsames Licht auf seine Arbeiten, und eine junge Katze spielte schäckernd zu seinen gelehrten Füßen und vertrieb sich die träge Zeit mit den Resten der Zipfelkappe, womit der Kritiker bisher, statt eines Lorbeers, des Nachts seine Stirne geschmückt hatte.

Sobald Mac Grawler durch die trübe Rauchwolke, welche in dem Zimmer schwebte, hindurch, die eintretende Person erkannt hatte, runzelte er die Stirne.

»Hab' ich es Euch nicht gesagt, junger Herr!« knurrte er, »Ihr sollet nie ohne vorher zu pochen in eines Gentleman Zimmer treten? Ich sag' Euch, Sir, Lebensart ist nicht minder wesentlich zum menschlichen Glück, als Tugend; stört also nicht einen Gentleman in seinen Geschäften und setzt Euch nieder, ohne die Katze zu belästigen.«

Paul, wohl wissend, daß sein verehrter Lehrmeister es ungern sah, wenn Jemand der Quelle des wunderbaren Geistes, den er seinen kritischen Werken einhauchte, auf die Spur kam, stellte sich, als sehe er die zinnerne Hippokrene nicht, und unter vielen Entschuldigungen wegen der unterlassnen Höflichkeit beim Eintreten setzte er sich wie er angewiesen war. Dann entspann sich folgendes erbauliche Gespräch. »Die Alten,« begann Paul, »waren sehr große Männer, Herr Mac Grawler.«

»Das waren sie, Sir,« erwiederte der Kritiker, »wir machen die Erörterung dieser Wahrheit zu einem Hauptgrundsatz in unserer gelehrten Thätigkeit.«

»Aber Sir,« sagte Paul, »dann und wann haben sie doch Unrecht.«

»Nie! ignoramus, nie!«

»Sie lobten die Armuth, Herr Mac Grawler!« sagte Paul mit einem Seufzer.

»Hm!« versetzte der Kritiker, ein wenig verblüfft; fand aber sogleich seinen eigenthümlichen Scharfsinn wieder und bemerkte:

»Es ist wahr, Paul; aber nur die Armuth bei andern/i> Leuten.«

Hier entstand eine kleine Pause. »Kritik,« fieng Paul wieder an, »muß eine sehr schwierige Kunst seyn.«

»Ah! – hm! und welche Kunst giebt es, Sir, die nicht schwer wäre? wenigstens wenn man es zur Meisterschaft bringen will.«

»Wahr,« seufzte Paul, »oder sonst – –«

»Oder was sonst, Knabe?« wiederholte Herr Mac Grawler, der bemerkte, daß Paul entweder aus Furcht vor seiner überlegnen Einsicht (und dieß nahm die Eitelkeit des Kritikers an), oder, was eben so leicht möglich war, aus Mangel an einem bezeichnenden Worte für seine Gedanken!, stockte.

»Nun, ich dachte, Sir,« sagte Paul mit dem Muthe der Verzweiflung, welcher der Stimme eines Jeden, welcher sein Schicksal auf Einen Wurf setzt, oder zu sehen meint, einen so scharfen und lauten Ton giebt.

»Ich dachte, ich könnte selbst auch wohl ein Kritiker werden!«

»Uh – hu,« ließ sich Mac Grawler vernehmen, und zog die Augenbraunen in die Höhe. »Uh –hu! große Dinge sind aus kleinem Anfang hervorgegangen.«

So ermuthigend diese Aeußerung war, entfliessend dem Munde eines so großen Mannes und Kritikers, und zudem in einem Augenblick, da man nichts geringeres als einen Bannfluch gegen Hochmuth und Anmaßung aus diesen Pforten der Weisheit zu vernehmen erwarten konnte: so würden doch, so trüglich sind alle menschlichen Hoffnungen, es würden die, welche Paul hegte, um etwas Beträchtliches herabgestimmt worden seyn, wenn er, eben als sein Ohr den Balsam dieser anmuthigen Worte einschlürfte, in die Quelle, aus der sie entsprangen, hätte hinabtauchen können.

»Kenne dich selbst!« war eine Lehre, welche zu befolgen der weise Mac Grawler sich bemüht hatte; und das Ergebnis seiner Folgsamkeit war, daß er sich selbst mehr kannte, als er sich zutraute. Wie er auch Andern erscheinen mochte: er selbst hatte in Wahrheit kein eitles Vertrauen zu der Unfehlbarkeit seiner Talente und Hülfsquellen, eben so gut könnte ein Fleischer sich von dem häufigen Abschneiden von Hammelsfüßen her für einen vollendeten Anatomen halten, als der Kritiker des Asinäums, seiner Seele mit dem süßduftenden Wahne schmeicheln: er sey in der That ein Meister in der Kunst der Kritik, oder auch nur mit einem ihrer gemeinsten Grundsätze vertraut, weil er mit der größten Eile jedes Buch aufschneiden und zerstückeln konnte – vom kleinsten bis zum größten, vom oberflächlichsten bis zum tiefsinnigsten, und so hatte er nie der Aufrichtigkeit so ermangelt, daß er sich selbst über seine Talente getäuscht hätte. Paul hatte also nicht sobald seinen Wunsch geäußert, als ein unbestimmtes aber goldnes Bild von künftigem Gewinn das Gehirn Mac Grawlers erleuchtete; mit Einem Wort, er beschloß: Paul solle von nun an das Geschäft seiner Kritik theilen; und Er, Mac Grawler, den ganzen Gewinn einziehen, zum Ersatz für die Ehre, die er dabei seinem Gehülfen zufließen ließ.

Herr Mac Grawler sah also unsern Helden mit wohlwollender Miene an und fuhr also fort:

»Ja,« ich wiederhole es, »große Dinge sind aus kleinem Anfang hervorgegangen, Rom wurde nicht in Einem Tage erbaut, und ich, Paul, ich war auch nicht von Anfang an Herausgeber des Asinäum. Ihr bemerkt weislich: Kritik ist eine große Wissenschaft, eine sehr große Wissenschaft – man kann sie in drei Zweige theilen: das Kitzeln, das Zwiebeln und das Pflastern. In allen dreien glaube ich, ohne Ruhmredigkeit, ein tiefer Adept zu seyn. Ich will Euch in alle einweihen. Eure Arbeit soll gleich diesen Abend anfangen. Ich habe da drei Werke auf meinem Tisch; die sollen bis morgen Abend abgefertigt seyn, ich will das schwierigste auf mich nehmen und Euch die andern überlassen. Diese drei Werke sind: Ein Roman, ein episches Gedicht in zwölf Büchern und eine Untersuchung über die menschliche Seele in drei Bänden; ich, Paul, will den Roman kitzeln; Ihr sollt diesen Abend noch das Epos verpflastern und die Untersuchung zwiebeln.«

»O Himmel, Herr Mac Grawler !« rief Paul in Bestürzung aus; »was denkt Ihr von mir? Ich wäre nie im Stande, ein Epos in zwölf Büchern zu lesen und bei dem ersten Blatt der Untersuchung würde ich einschlafen. Nein, nein, laßt mir den Roman und nehmt Ihr Euch der zwei andern Bücher an!«

Obgleich große Geister immer wohlwollend sind, konnte doch Herr Mac Grawler bei der Einfalt seines Zöglings ein Lächeln voll unaussprechlicher Verachtung nicht unterdrücken.

»Wißt, junger Herr!« sagte er feierlich, »der fragliche Roman muß gekitzelt werden; es ist rohen Anfängern nicht gegeben, gleich dieß große Mysterium unsrer Wissenschaft sich anzueignen.«

»Ehe wir weiter gehen, erklärt doch die Kunstworte!« sagte Paul ungeduldig.

»Hört denn!« hob Mac Grawler an, und während er redete, warf die Kerze einen ehrwürdigen Schimmer auf sein Antlitz. »Zwiebeln, das heißt, um mit der Grammatik zu sprechen, den Accusativ oder anklagenden Casus anwenden; da müßt Ihr Euer Buch rechts und links, von hinten und von vornen, mit Stiel und Stumpf zusammenhauen. Ein Buch pflastern heißt, den Dativ oder gebenden Casus anwenden, und dann müßt Ihr auf ein Werk alle Superlative der Sprache zusammenhäufen, Euer Lob dick und dünn auftragen, und dürft keine Ritze unverkleistert lassen. Aber kitzeln, Sir, ist ein inhaltschweres Wort; es begreift alle die unendlichen Abstufungen, welche zwischen dem Zwiebeln und Pflastern mitten inne liegen; dieß ist die Krone der Kunst und Ihr könnt nur durch Uebung dahin gelangen; einige wenige Beispiele werden hinreichen, Euch einen Begriff von den Feinheiten dieser Art zu geben. Wir wollen mit dem ermuthigenden Kitzeln anfangen. »Obgleich dieß Werk voll von Fehlern ist, obgleich die Charaktere unnatürlich sind, die Verwicklung gänzlich unwahrscheinlich erfunden, die Gedanken abgedroschen, und der Styl ungrammatikalisch, möchten wir doch keineswegs den Verfasser von Verfolgung seiner Bahn abschrecken; und inzwischen empfehlen wir das Werk zuversichtlich der Aufmerksamkeit des lesenden Publikum.«

Jetzt ein Beispiel vom rathertheilenden Kitzeln.

»Diese kleinen Bändchen haben viel Verdienstvolles, obgleich wir die offenbare Eilfertigkeit, womit sie geschrieben sind, bedauern müssen. Der Verfasser könnte Besseres leisten; wir empfehlen ihm das Studium der bessern Schriftsteller,« und dann macht Ihr den Schluß mit einem lateinischen Citat, das Ihr von einem Motto im Spectator entlehnt.«

»Jetzt, junger Herr, auch ein Beispiel des bildlichen Kitzelns.«

»Wir ersuchen diesen aufstrebenden Poeten, an das Schicksal des Pyrenäus zu denken, welcher den Musen folgen wollte, aber vergaß, daß er nicht die Flügel der Göttinnen hatte, und indem er sich von dem höchsten Gipfel, den er erreichen konnte, herabstürzte, elend zu Grunde ging.« Dieß, Paul, ist, wie Ihr seht, eine erhabenere und gelehrtere Art des Kitzelns und kann für die Männer vom Quarterley Review aufgespart werden. Werft dergleichen nie unnötigerweise weg!«

Nun eine Probe des witzigen Kitzelns.

»Herr – – hat einen ansehnlichen Namen errungen! Einige hübsche Damen halten ihn für einen Filosofen und er ist vor unsern Ohren von einigen Cambridger Genossen wegen seiner Kenntniß des fashionabeln Lebens gerühmt worden.«

»Zu dieser Art von Kitzeln gebrauchen wir gewöhnlich die Einfältigsten unsrer Zunft, und ich habe vorstehendes Beispiel aus den Kritiken eines ausgezeichneten Mitglieds des Asinäums entnommen, den wir vorzugsweise den Esel nennen.

Es giebt noch verschiedne andre Arten des Kitzelns; das vertrauliche, das gemeine, das höfliche, das gutmüthige, das bittere, aber im Allgemeinen wird angenommen, daß alles Kitzeln, wie versteckt es auch ist, die eine der beiden Ansichten andeuten soll: dieß Buch wäre außerordentlich gut, wenn es nicht außerordentlich schlecht wäre; oder: dieß Buch wäre ausnehmend schlecht, wenn es nicht ausnehmend gut wäre.

Habt Ihr jetzt, Paul, im Allgemeinen eine Vorstellung von der überlegenen Kunst, welche beim Kitzeln erforderlich ist?«

Unser Held drückte seine Zustimmung durch eine Art von hysterischem Ton aus, der zwischen Lachen und Stöhnen die Mitte hielt. Mac Grawler fuhr fort: »Es ist noch eine große Schwierigkeit, welche dieser Art von Kritik eigenthümlich ist – es ist durchaus nothwendig, einige Blätter des Werkes zu lesen, weil wir selten kitzeln, ohne Auszüge zu geben; und es erfordert einiges Urtheil, um den Text in Uebereinstimmung mit dem Auszug zu bringen; aber selten ist beim Zwiebeln und Pflastern das Ausziehen nöthig; beim Zwiebeln ist es besser, im Allgemeinen etwa so zu schließen:

»Nach dem was wir gesagt, brauchen wir nicht erst beizusetzen, daß wir den Geschmack der Leser durch keine Anführung aus dem heillosen Plunder beleidigen können.« Und beim Pflastern könnt Ihr mit der Redensart Euch durchhalftern: »Wir bedauern, daß die uns gesteckten Grenzen uns nicht gestatten, Auszüge aus diesem wundervollen, unübertrefflichen Werk zu geben. Wir müssen unsre Leser auf das Buch selbst verweisen.«

»Und nun, Sir, denk' ich, hab' ich Euch einen hinreichenden Grundriß von der edlen Wissenschaft Skaligers und Mac Grawlers gegeben. Ohne Zweifel habt Ihr Euch jetzt mit dem Euch zugetheilten Geschäft ausgesöhnt, und während ich den Roman kitzle, könnt Ihr die Untersuchung zwiebeln und das Epos pflastern.«

»Ich werde mein Bestes thun, Sir!« sagte Paul mit der bescheidnen und doch edeln Einfalt, welche dem tugendhaften Ehrgeiz ziemt; und sofort gab ihm Mac Grawler Federn und Papier und ließ ihn an sein Geschäft sich hinsetzen.

Er hatte das Glück sich den Beifall Mac Grawlers zu erwerben, der, nachdem er einige Verbesserungen im Styl angebracht, erklärte: er zeige ausgezeichnetes Talent für diesen Zweig der Schriftstellerei.

»Und jetzt,« sagte Paul, aufgeblasen durch dieß Lob, seinem Lehrer verächtlich ins Angesicht blickend und die Beine hin und her schwenkend: »Und wie Viel, Sir, werde ich für das gepflasterte Epos und die gezwiebelte Untersuchung bekommen?«

Wie das Angesicht des Schulknaben, der, wenn er nach seiner Meinung den Sinn eines geheimnißvollen Wortes im Cornelius Nepos richtig errathen und nun nicht die süße Aufmunterung des Lobes erhalt, sondern einen plötzlichen Streich über Kopf oder Schultern – eben so verwirrt, verblüfft und vom Donner gerührt wurde das Angesicht des Herrn Mac Grawler, bei der plötzlichen, in Staunen sitzenden Kühnheit Pauls.

»Bekommen!« wiederholte er, »bekommen! Ha Ihr unverschämter, undankbarer Schlingel! Wollt Ihr Eurem alten Lehrer das Brod stehlen? Wenn ich für Eure ungeschlachten Artikel die Aufnahme in die glanzvollen Spalten des Asinäums erlangen kann, werdet Ihr Euch durch diese Ehre, Sir, nicht hinlänglich belohnt glauben? Darauf antwortet mir. Ein Anderer als ich, junger Herr, würde Euch für seine Anleitung eine Erkenntlichkeit angesetzt haben; und nun hab' ich Euch in Einer Stunde alle Geheimnisse der Wissenschaft und das umsonst mitgetheilt: Und Ihr sprecht mir von Bekommen, bekommen! Junger Herr, um mit den Worten des unsterblichen Sängers zu reden: Ich wollte eben so gern Euch von Rattengift sprechen hören.«

»Kurz und gut denn, Herr Mac Grawler, ich soll für meine Mühe nichts haben?« sagte Paul.

»Gewiß nicht, Sir; der beste Schriftsteller im Asinäum bekommt nur drei Schillinge für den Artikel!« Beinah mehr als er verdient, hätte der Kritiker hinzusetzen können, denn derjenige, der für Niemand schreibt, sollte gar Nichts bekommen.

»Nun dann, Sir,« fuhr der lohnsüchtige Paul roh heraus, stand auf und schleuderte mit Einem Fußtritt Katze, Epos und Untersuchung an das andere Ende des Zimmers, »dann Sir, mögt Ihr alle zum Teufel gehen!«

Wir suchen, gütiger Leser, diesen hastigen Fluch nicht zu entschuldigen; die Angewöhnungen der Kindheit brechen zuweilen trotz der spätern wohlthätigen Wirkungen der Erziehung hervor. Und wir stellen Dir auch Paul nicht als ein Muster der Tugend und Weisheit zur Nachahmung auf, wie Du nach unsrer Absicht ein solches in Mac Grawler finden sollst.

Als dieser große Kritiker sah, daß Paul aufgestanden war und sich in heftigem Groll gegen die Thüre zurückzog, stand auch er auf und wiederholte Pauls letzte Worte: »mögt Ihr zum Teufel gehen? nicht so rasch, junger Herr, Eile mit Weile! Alles zu rechter Zeit. Obgleich ich, über Eure unzeitige Forderung erstaunt, sagte, Ihr würdet nichts bekommen, so, kann mich doch meine große Liebe zu Euch bewegen, etwas zu Euren Gunsten zu thun. Das Asinäum gibt zwar nur 3 Schillinge für einen Artikel gewöhnlich; aber ich bin sein Herausgeber und will mich bei den Eigenthümern für Euch verwenden. Ja, Ja! ich will sehen was zu thun ist. Bleibt noch ein wenig, mein Junge!«

Paul, obwohl sehr reizbar, war doch leicht begütigt; er setzte sich wieder, ergriff Mac Grawlers Hand, und sagte:

»Vergebt mir meine Unart, theurer Sir! – aber um Euch klaren Wein einzuschenken, ich bin eben jetzt weit heruntergekommen in der Welt und muß auf einem oder dem andern Wege Geld haben; kurz, ich muß entweder Taschen fegen, oder fürs Asinäum (und nicht umsonst) schreiben.«

Und ohne weitere Einleitung erzählte Paul dem Kritiker seine dermalige Lage; erklärte seinen Entschluß, nicht in den Krug zurückkehren zu wollen und begehrte von der Freundschaft seines alten Lehrers wenigstens das Zugeständnis eines Nachtlagers.

Mac Grawler wurde bei der Mittheilung einer so übellautenden Schilderung von seines Zöglings Finanzen und Aussicht über die Maaßen bestürzt denn er hatte es heimlich darauf abgesehen, sich diesen Abend mit einer Bowle Punsch etwas zu Gute zu thun, und Paul hätte, seinem Plane gemäß, dafür bezahlen sollen; da er aber den aufgeweckten Geist des jungen Menschen kannte, so wie die große Zärtlichkeit, welche Mrs. Lobkins für ihn hegte, welche aller Wahrscheinlichkeit nach am folgenden Tag seine Rückkehr verlangen würde, so hielt er es für wohl möglich, daß Paul dasselbe gute Glück haben werde, das über seiner ihm Gesellschaft leistenden Katze waltete; diese, war sie gleich erst vor einem Augenblick in die andre Ecke des Zimmers geschleudert worden, nahm jetzt schon wieder, unbeschädigt und eben so lustig wie früher, ihre vorige Beschäftigung auf. Er hielt es also für unklug, seinen weiland Zögling trotz seiner jetzigen Armuth abzuweisen, und zudem, wiewohl sein erster glücklicher Anschlag, den ganzen durch Pauls Fleiß zu erzielenden Gewinn in seine Tasche zu stecken, jetzt aufgegeben werden mußte, so sah er doch noch große Möglichkeit, wenigstens einen Theil jener Quelle auf sein Land zu leiten. Er antwortete daher Paul mit vieler Wärme: er nehme an seiner gegenwärtigen betrübten Lage innigen Antheil; was ihn betreffe, so würde er gern seinen letzten Schilling mit seinem geliebten Zögling theilen, aber zu seinem Bedauern habe er nur 11 1/2 Pfennig in der Tasche; er wolle sich jedoch die größte Mühe geben, um Pauls literarischem Genius ein Feld zu eröffnen, und wenn Paul den Theil des Zwiebelns und Pflasterns von seinem Geschäft übernehmen wolle, so sey er bereit, ihm dieß abzutreten und ihm den ganzen Gewinn, wie er nun ausfalle, zu überlassen. Inzwischen bedauerte er, daß ein heftiger Rheumatismus ihm verwehre, sein eignes Bett seinem Zögling einzuräumen; aber er könne mit allem ersinnlichen Wohlbehagen auf der Pritsche am Kamin schlafen. Paul war über die Güte des würdigen Mannes so gerührt, daß er, obgleich sonst eben nicht von hinschmelzender Gemüthsart, Thränen der Dankbarkeit vergoß; darauf bestand er jedoch, nicht die ganze Belohnung für seine Arbeiten anzunehmen, und zuletzt wurde, trotz des edlen Sträubens von Seiten Herrn Mac Grawlers, festgesetzt, sie solle zwischen dem Kritiker und des Kritikers Zögling gleich getheilt werden, da die Hälfte des Gewinns billigerweise Herrn Mac Grawler für seinen Unterricht und seine Empfehlung zuerkannt wurde.


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